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Die Träume Tief In Dir

Taito-
von

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"Du bist doch schwul!"

Titel: Die Träume Tief In Dir

Kapitel: 1/?

Autorin: Ichiat

Serie: Digimon Adventure 2

Genre: Shônen Ai, Romantik

Pairing: Taito/ Yamachi

Widmung: Die geht an alle meine Freunde hier bei animexx und auch "außerhalb". ^.^ HEL

Disclaimer: Mir gehören weder Tai, noch Yama, oder sonst einer der DigiRitter *Taichi haben will* und ich verdiene auch kein Geld hiermit. Außerdem hab ich auch keine Rechte an dem Liedtext zu "Wonderwall", die haben nämlich OASIS. ^.^
 

Kapitel 1: "Du bist doch schwul!"
 

"Yamato!" Zum dritten Mal schon klopfte Herr Ishida nun an die Tür seines Sohnes, dieses Mal mit der Faust und fast rasend vor Wut. "Verdammt noch mal, steh' endlich auf!" Wieder drehte sich der Blonde nur um, dachte gar nicht daran, seinem Vater zu gehorchen.

Die ersten Sonnenstrahlen, warm und orangefarben, brachen durch die Vorhänge seines Zimmerfensters. Es würde bestimmt ein herrlicher Frühlingstag werden, mit viel Sonnenschein, Vogelzwitschern, lachenden Kindern und... Schule. Und wenn es etwas schlimmeres gab, als in die Schule zu müssen, dann war es wohl die Tatsache, in eine neue Schule zu müssen. Wieder einmal nämlich hatte der Junge aufgrund des Jobs seines Vaters die Schule wechseln müssen. Glatte fünf Mal der gleiche Kack, - und mit jedem Mal wurde Yamatos Einstellung dazu negativer.

Wie ein aufgescheuchtes Huhn hörte er seinen Vater durch die Wohnung eilen. Dann flog plötzlich die Tür zu seinem Zimmer auf, und der Herr der Schöpfung stand da; mit offenem Hemd und Rasierschaum um den Mund.

"Sag mal, willst du mich provozieren?!" War das eine rhetorische Frage? Interessiert richtete sich Yamato etwas auf. Er hatte heute eine richtige Scheiß- Laune, und warum sie nicht an seinem Vater auslassen und mit ihm streiten?

"Du kommst zu spät, wenn du jetzt nicht aufstehst. Und das an deinem ersten Tag..."

"Ich komm nicht zu spät; ich komm gar nicht."

"Was?!"

"Ich geh da nicht hin."

"Mensch, Yamato, das haben wir doch erst gestern Abend durchgekaut... Steh jetzt auf und mach dich endlich fertig."

"Und was wenn nicht?"

"Dann kannst du gern den ganzen Tag hier verbringen, und weil's so schön ist, auch die nächsten Wochen! Dann gibt's nämlich Hausarrest! - Keine Bandprobe, kein Kino und ...auch kein Takeru!"

"Was?! Das kannst du nicht machen!"

"Du bist ja immer noch da..."
 

Wütend wurde die Haustüre zugedonnert und die Treppen hinunter gerannt. Als auch die Tür zu dem Mietshaus, in dem er dieses Mal wohnte, zufiel, zog der Blonde geschickt seinen schwarzen Rucksack nach vorn, wühlte in dem Chaos aus Blättern, Spitze und CDs. Dann zog er eine halb zerknüllte Zigarettenschachtel heraus; mit einem Murren wurde die letzte der Kippen angezündet und entspannt an der Wand lehnend geraucht. Schon wieder musste der Blonde an seinen Traum der letzten Nacht denken; es war alles überaus merkwürdig gewesen: Er stand auf einer riesigen Bühne, mutterseelenallein und vor ihm nur ein Ständer mit einem Mikrophon. Dort, wo das Publikum sein sollte, blickte er nur in totale Schwärze und doch hörte er das Stimmengewirr tausender Menschen. Als er dann beginnen wollte zu singen, brachte er kein Wort heraus- wie stumm. Als er weglaufen wollte, hinter die Bühne, klopfte es laut und die tiefe Stimme seines Erzeugers weckte ihn unsanft auf.

"Yamato?!" Der Blonde erschrak so sehr, das er kurz husten musste. Wie ein Geist stand sein Vater plötzlich neben ihm, mit hochrotem Kopf und schnaubend vor Wut.

"Ich glaub, ich spinn! Ich hab doch gesagt, du sollst in die Schule! Und was seh' ich hier?!" Wäre der Junge keine 17, sondern acht und wäre man hier vor allem nicht in der Öffentlichkeit, hätte er jetzt wohl eine gefangen.

"Und hab ich die nicht schon tausend mal gesagt, du sollst nicht rauchen! - Das bringt dich noch ins Grab!" Der Blonde runzelte verächtlich die Stirn. Sein alter Herr rauchte selbst wie ein Schlot, und da sollte er sich so was von IHM anhören? Yamato musste grinsen.

"Du steigst jetzt in den Wagen, ich fahr dich zur Schule!"

"Bloß nicht, ich geh ja schon!" Schnell wurde die Kippe ausgetreten, und der Rucksack erneut geschultert. Bevor sein Vater wieder etwas erwidern konnte, war der Junge auch schon auf und davon.
 

Kritisch musterte Yamato das Gebäude seiner neuen Schule. Wie die anderen halt auch, dachte er sich, nur noch etwas sauberer als die, auf die er zuletzt ging. Seufzend lief er über den Hof. Mittlerweile war er es schon gewohnt, von den Leuten angeglotzt zu werden, die jeden- wirklich jeden- der jeweiligen Schule kannten. Solchen wurden einfach nur die fiesesten und kältesten Blicke zugeworfen, die die blauen Augen zu bieten hatten. Wie immer drehten sich auch ein paar Mädchen nach ihm um oder begannen zu tuscheln, wenn er vorbeilief.

Als der Junge im Schulhaus war, sah er sich um; hielt Ausschau nach einer Art Raumplan. Er lief in eine große Aula, suchte die Wände sorgfältig mit den Augen ab- nichts. Diese verdammte Schule hatte noch nicht einmal einen bekackten Raumplan!

"Hey, hallo, kann ich dir irgendwie helfen?" Erschrocken drehte sich der junge um, als er eine Hand auf seiner Schulter spürte. Er blickte direkt in zwei rotleuchtende Augen. Vor ihm stand ein Mädchen, etwa in seinem Alter, mit rotem, kurzem Haar. Sie war hübsch, ohne Zweifel, doch Yamato interessierte sich schon seit langem nicht mehr für Mädchen. Hielt nichts mehr von der Liebe. Oft genug hatte er gesehen, ja selbst miterlebt, was für ein falsches Spiel jede ach so tolle "Liebe" doch nur ist.

Immer noch wartete das Mädchen auf eine Antwort und so schob Yamato nur die fremde Hand von seiner Schulter und meinte: "Wenn du dich hier auskennst, ja." Etwas überrascht von der kühlen Art des Blonden, wurde das Lächeln des Mädchens kleiner.

"Ja, tu ich. Ich heiße übrigens Sora Takenouchi, und bin Schülersprecherin hier." Sie hielt kurz inne. "Also, wo musst du hin?"

"In die 2E." Urplötzlich wurde das Grinsen wieder größer und Yamato schwante nichts Gutes.

"Bist du der Neue? - Schön, dass wir uns so gleich kennen lernen!" Toll. Ganz toll. Yamato zwang sich zu einem Lächeln.

"Schön, können wir dann mal ins Klassenzimmer... Sara?"

"Sora." XD
 

Als Sora und Yamato das Klassenzimmer betraten, hatte es bereits geklingelt. Jetzt wurde der Blonde von 30+ einem Augenpaar angeglotzt wie ... ja, wie ein Stück Schinken..., als er nach vorn zum Lehrer, der am Pult saß, lief. Das rothaarige Mädchen tuschelte kurz mit diesem, zwinkerte dem Blonden demonstrativ zu und setzte sich dann auf ihren Platz. Der Lehrer erhob sich, drehte Yamato grob der Klasse zu, patschte ihm kurz auf die Schulter und berichtete seinen Schülern dann schon fast stolz:

"Das ist Yamato Ishida. Er ist, wie ihr seht, unser 'Neuer', also seid nett zu ihm und helft ihm, wenn er Fragen oder Probleme hat, ja?"

"Ja, Murakami-sensei!" Genervt wurden die blauen Augen gerollt. Wo war man denn hier gelandet? Im Kindergarten? Das durfte doch nicht wahr sein...

"Setz dich bitte dort auf den freien Platz, Ishida." Es wurde genickt, sich ein 'Ja, Murakami-sensei' verkniffen und auf seine vier Buchstaben gesetzt.

"Hi, Ishida!" Wer nervte denn jetzt SCHON wieder? "Schön, dass wir nebeneinander sitzen. Mein Name ist Taichi, Taichi Yagami!" Musste man die Hand jetzt auch noch anfassen, die einem freundlich entgegen gestreckt wurde? Angewidert sah der Blonde auf. Der Junge neben ihm - Taichi- hatte völlig verwuscheltes, braunes Haar und die wohl leuchtendsten , braunen Augen, die der Blonde jemals gesehen hatte. Kurz wurde überlegt auf welchen Drogen sein Gegenüber wohl gerade war, so unnatürlich war das Leuchten, als man dann doch endlich nach der Hand griff. Sie war war, viel dunkelhäutiger als die eigene und irgendwie... in einer gewissen Weise wirkte sie beruhigend.

"Wenn du irgendwas wissen willst, frag mich einfach, okay?" Ein kurzes Nicken versicherte Taichi, dass der Blonde verstanden hatte.

Erneut musterte Yamato die Hand Taichis. Unruhig klickerte diese an einem Kulli herum; die Haut war wirklich unüblich braun...

"Gibt's 'nen Grund dafür, dass du meine Hand so anstarrst?"

"Was?" Der Braunhaarige deutete seine Frage mit den Händen noch einmal.

"So ein Schwachsinn..."

"War ja nur 'ne Frage."

"Und was für eine beschissene!"

"Ey, hast du 'n Problem mit mir?"

"Nee, wieso sollte ich?!"

"Hier ankommen, und gleich rumstressen, das ist ja genau der Richtige!"

"Ich glaub, du hast 'n Problem mit MIR!"

"Kann schon sein!"

Die beiden Jungen waren mittlerweile so in ihren Streit vertieft, dass keiner der beiden bemerkte, wie die gesamte Klasse die Diskussion mitverfolgte. Auch Murakami-sensei sah entsetzt in die letzte Reihe.

"Könnten die zwei Herrschaften ihre Meinungsverschiedenheiten bitte auf nach den Unterricht verschieben?"

"Was kann ich dafür, dass der mich so angafft!?"

"Das hättest du wohl gerne...!"

"Hast du irgendwie Alzheimer, oder so, und hast es wieder vergessen?"

"Nicht die Spur, aber ich sag dir was: Du bis paranoid, mein Guter!"

"Gut, dann sag ich dir was, mein 'Guter': Du bist doch schwul...!"

- "Jetzt ist Schluss, hab ich gesagt!!" Wütend funkelte der Lehrer die beiden Streithähne an. "Verstanden?"

"Ja, Murakami-sensei..."
 

Den ganzen restlichen zwei Stunden sahen sich die beiden nicht an, geschweige denn sprachen ein Wort miteinander.

In der Pause saß Taichi wie üblich zusammen mit seinen besten Kumpels Izzy, Joe und Davis, und dessen Klassenkameradinnen Mimi und Yolei an einem Tisch, und ließ sich sein Frühstück schmecken. Gut gelaunt kam Sora auf die Gruppe zu, hob kurz die Hand zum Gruß und setzte sich aufdringlich mit an den Tisch, indem sie sich zwischen Izzy und Joe quetschte.

"Hallo Jungs! Hi Mädels." Sie nickte Mimi und Yolei zu. Dann sprudelte es aus ihr heraus: "Mann, Taichi, was war denn heute mit dir und Ishida los? Ihr seid ja aufeinander losgegangen, wie die Raubtiere... Ich mein, er ist neu hier und wir sollen nett zu ihm sein, hat Murakami gesagt, oder nicht?"

"Ich weiß..."

"Aber wieso fährst du ihn dann so an und nennst ihn schwul und so was?"

"Mensch, Sora, dass ist doch meine Sache..."

"Na, ich versteh dich nicht... Aber stimmt- zu mir war er heute morgen auch nicht besonders freundlich..."-

"Sora, bitte."

"Was denn?" Auffällig nickte Taichi mit dem Kopf an den Tisch gegenüber von ihnen. Doch die Rothaarige verstand nicht (blöd, wie sie ist... *sorry*), auf was der Junge rauswollte. Sie redete nur fleißig weiter.

"Sora!" Jetzt hatte sich Mimi eingeschaltet. Wütend richtete sie ihren Daumen in Richtung Nebentisch. Sora folgte ihm und entdeckte entsetzt den Grund für die beschämten Blicke der anderen, die mit ihr am Tisch saßen: Gegenüber saß, mit leicht rötlichen Wangen, Yamato; alleine an einem Tisch und schlürfte an seinem Joghurt herum, während er ab und zu mal von seiner Milch nippelte. Sora hustete verlegen, sah dann wieder zu Taichi.

"Tut mir Leid..." Dieser schüttelte nur den Kopf. Das Brett, das das Mädchen vor dem Kopf hatte, musste mindestens 7 cm dick sein...

"Aber wartet mal. Wieso sitzt der eigentlich alleine da drüben?" Bevor auch nur jemand etwas erwidern, oder Izzy das Mädchen festhalten konnte, war sie auch schon aufgestanden und stand hin und herwippend am besagten Tisch gegenüber. Laut hörten die Freunde ihre piepsig- schrille Stimme: "Mann, Ishida, wieso sitzt du denn hier allein rum? Komm doch mit zu uns rüber, hm?" Sie deutete auf Taichi und die anderen. Der Blonde verzog nur genervt das Gesicht.

"Glaubst du wirklich, ich setze mich zu einem Haufen von Leuten, die noch vor fast zwei Minuten über mich herziehen wollten...?" Fragend sah er sie an.

"Ach, was ich hab nur den andern erzählt, was mein erster Eindruck von dir war, das ist alles. Diesen Eindruck kannst du ja jetzt zum Guten ändern!" Sie smilte den Blonden an und zeigte ihm an, dass sie wartete.

"Na danke auch."

"Mann, jetzt spiel doch nicht das kleine Kind..." Genervt stand Yamato auf, er nahm sein Joghurt und die Milch, und sah zu dem anderen Tisch.

"Da ist ja nicht mal mehr Platz..."

"Ach, was, da rücken wir etwas zusammen und schon geht das!" Voller Tatendrang drückte sie Davis und Taichi auseinander, patschte mit der Handfläche auf den freigewordenen Platz zwischen den beiden. "Hier.", meinte sie nur kurz. "Setz dich." Nein, nicht wieder neben den... Mit einem unwohlem Blick glitten die blauen Augen über seinen Platz und seinem Nachbar. Taichi.

Dann nahm er sich zusammen, atmete auf, und quetschte sich langsam zwischen die beiden Jungen. Der Blonde kam sich ziemlich bescheuert vor, immerhin hatte er hier nichts zu suchen; sein Platz war dort drüben an dem leeren Tisch. Er war doch der einsame Rebell. Niemanden um sich. Kühl und abweisend zu jedem. Oder nicht...?

"Au!"

"Sorry, wollte ich nicht..." Jetzt hatte dieses ungepflegte Zottelmonster ihm ach noch seinen Ellenbogen in die Seite gerammt...

"Also, Ishida, mich kennst du ja schon, und das sind Davis, Izzy, Joe, Yolei und Mimi. Und.. Den kennste ja schon..." Sora lächelte verlegen.

"Okay. Hallo, zusammen." Er nickte ihnen kurz zu.

Super. So saßen nun 8 Jugendliche an einen Tisch gepfercht, der für 6 gedacht war, und hatten sich nichts²+ nichts³= also rein gar nichts zu sagen. Warum nicht? Mal was Neues.

So war es einmal mehr Sora, die das Wort ergriff: "Also, Ishida, erzähl mal. Wo hast du denn gewohnt, bevor du hierher gezogen bist?" Der Blonde erschrak etwas; einerseits, weil ER gemeint war und andererseits, weil jetzt 14 Augen darauf warteten, was denn als Antwort käme.

"Also... ich hab auf Hokkaido gewohnt,in so einem kleinen Ort,den kennt ihr eh nicht..."

"Ui, Hokkaido! Eine schöne Gegend dort! Meine Großeltern wohnen auch da!", mischte sich Davis neben ihm ein. Yamato nickte nur verständnisvoll.

"Und wie gefällt es dir hier so?" Das war Mimi, das Mädchen mit den langen rosa Haaren.

"Naja, sehr gewöhnungsbedürftig... Aber geht schon. Außerdem..." ...ziehe ich nicht gerne um... "Ach egal." Mimi nickte auch, zeigte, dass sie verstanden hatte. Die Freunde Taichis schienen das krasse Gegenteil ihres braunhaarigen Kumpels zu sein: nett, freundlich und verständnisvoll.

Bis es zum Ende der Pause geläutet hatte, hatten ihn die Freunde gelöchert, jeder musste etwas von dem Blonden wissen, und gerade von Sora hatte er schon gedacht, sie würde ihn noch nach der Zahnpasta fragen, die er benutzte. Nur einer sagte die ganze Zeit über kein einziges Wort: Taichi. Wahrscheinlich war er immer noch eingeschnappt wegen der Sache in der ersten Stunde. Aber sollte er doch. Wenn er schmollen wollte, bitte. Der Blonde würde sich ~bestimmt~ nicht entschuldigen! Immerhin hatte ja Yagami mit den blöden Sprüchen angefangen...
 

Mittlerweile waren zwei Stunden Chemie vorüber und gerade bewegte sich die Klasse vom Biologie- zum Musiksaal. Letzte Stunde also Musik. Und schon zog sich ein entspanntes Lächeln über das Gesicht des Blonden. Musik war sein Lieblingsfach. Musik war sein Hobby. Musik war sein Leben...

In diesem Klassenraum bestanden die Sitzplätze aus Einzelplätzen, praktisch aus einem Stuhl mit 'integriertem' Tisch. Gar nicht so schlecht, immerhin bestand für Yamato so nicht die Gefahr, sich wieder einen Tisch mit Taichi teilen zu müssen, der immer noch mufflig vor sich hinschmollte. Also wurde sich locker auf einen der Stühle niedergelassen, genießerisch gestreckt und erst einmal die Lehrerin genauer inspiziert: Die sehr klein gewachsene Frau stand etwas gebieterisch vor der Klasse und wartete bis diese sich beruhigt hatte. Schließlich begann sie mit ihrer dünnen Stimme zu erklären: "Guten Tag, mein Name ist Nomai und ich werde sie in diesem Schuljahr durch das Schulfach Musik führen." Was war denn das für eine? Irgendwie war sie dem Blonden unsympathisch. "Einige von ihnen kennen mich ja noch aus dem letzten Jahr..." Getuschel machte sich neben einem breit. "...während mir andere Gesichter gänzlich unbekannt sind." Sie blickte auffällig zu Ishida. "Nichtsdestotrotz möchte ich heute gar nicht viel reden, sondern sie gleich in unser erstes Projekt einweihen. Danach können wir noch ein Lied singen." Sie trat zu ihrem Pult und blätterte in ihren Unterlagen.

"Wie gesagt, ich möchte das Schuljahr mit einem kleinen Projekt beginnen. So möchte ich, dass jeder von ihnen- und ich meine wirklich jeder- innerhalb der nächsten acht Wochen beginnt ein Stück auf einem ausgewähltem Instrument einzuüben. Ganz egal, ob sie dieses Instrument schon seit Jahren beherrschen oder noch nie eines in der Hand hatten." Aufgeregtes Gemurmel ging durch die Reihen. Na, das konnte ja ein Kinderspiel werden. Acht Wochen voll nichts tun. Innerlich grinste der Blonde. "Nun gut, ich merke an der Reaktion die Überraschung von ihnen. Des weiteren möchte ich aber hinzufügen, dass jeder Nicht-Musiker sich von einem Musiker helfen lassen soll. Dazu frage ich: Wer von ihnen spielt bitte ein Instrument?" Langsam hob Yamato seine Hand. Dazu drehte er sich um, sah in die Reihen. Viele der Hände waren oben, aber bei weitem nicht alle. Als man zu dem Braunhaarigen blickte, bemerkte man, dass dieser zu letzteren gehörte.

Nomai zählte sorgfältig durch, kam dann auf 14 Schüler, die ein Instrument beherrschten. "Gut, der Klassenliste zufolge sind dann 15 Leute übrig, die kein Instrument spielen." Wichtigtuerisch erklärte sie ihr weiteres Vorgehen: Sie wollte jetzt auslosen, welcher Kein -Instrument-Spieler mit welchem Instrument-Spieler für die nächsten acht Wochen zusammenarbeitete. Sie wollte nämlich Teams bilden, die sich dann im Unterricht und auch freiwillig zu Hause ein Stück aussuchten und gemeinsam einübten.

Yamato wurde unwohl bei dem Gedanken daran, wie einer dieser Spastis bei ihm zu Hause rumhing, und dem er dann auch noch das Spielen auf einem Instrument beibringen sollte.

Dann verteilte die Lehrerin Zettelchen an die Schüler, die ein Instrument spielten, mit den Namen der Nicht-Musiker. Als die Musiktussi zu Yamato kam, zögerte er erst kurz, überlegte und griff dann nach einem Zettel. Er drehte und wendete ihn noch einmal, bevor er ihn langsam auseinander zupfte. Währenddessen entstand in der Klasse wieder große Unruhe. Soras Stimme quäkte laut heraus: "Minami, ich hab dich gezogen!" Dann faltete der Blonde noch einmal auf, las den Namen und sein Hirn begann langsam zu arbeiten. In ordentlich geschriebenen Hiragana stand auf dem weißen Papier zwischen seinen Fingern: TAICHI YAGAMI.

Vom Schicksal vorbestimmt. Prädestiniert. Verdammt dazu, wieder mit ihm zu reden.

Wie in Zeitlupe drehte sich der Junge um, sah schräg hinter sich. Als hätte er es schon geahnt, sah auch Taichi ihn an. Die blauen Augen trafen die braunen. Yamato nickte kurz, bestätigte Taichis Befürchtung. Als dieser sah, dass alle anderen 'Partner' aufgestanden waren und nun miteinander redeten, erhob auch er sich, drängelte sich durch die rumstehenden Mitschüler. Yamato war auch aufgestanden und so blickten sie sich wortlos an. Beide dachten es wohl, doch keiner konnte sich dazu durchringen, diese vier kleinen Worte dem anderen ehrlich ins Gesicht zu sagen, und somit den Streit vom Früh klarzumachen.

"Es..."- Es hatten beide gleichzeitig angefangen, zu sprechen und so mussten auch beide lächeln. Yamato deutete dem Freund, er solle ruhig reden und so begann dieser noch einmal. "Es tut mir Leid..." Yamato nickte lächelnd. "Ich mein, das wegen heute Morgen. Ich hab etwas übertrieben reagiert. Sorry..."

"Sagst du das jetzt, weil ich dir ein Stück beibringen soll?" Etwas gekränkt sah der Braunhaarige zu Boden, schüttelte dann aber energisch den Kopf.

"Nein, ich wollte mich eigentlich schon beim Frühstück entschuldigen, aber vor den andern..."

"...bist du dir blöd vorgekommen." , beendete Yamato seinen Satz.

"Ja. Wärst du dir sicher auch, oder?" Yamato sah ihn lange an. Wäre er das? Nein, eher nicht. Immerhin kannte er die Leute kaum bis gar nicht. Und er hätte sich wohl auch nie entschuldigt. Das passte einfach nicht zu seinem Image. Also schüttelte er den Kopf. Taichi sah ihn fragend an; dann verzog sich dessen Gesicht, die Augenbrauen zogen sich tiefer und der Braunhaarige begann wütend: "Klar, du bist ja perfekt!" Was war denn jetzt wieder los? "Nein, du hättest dich ja eh nicht entschuldigt! Der große Ishida. Der stolze Hengst. Mann, du gehst mir so auf den Sack!"

"Sag mal, bist du schizophren oder so? Was soll das jetzt?"

"Klar, wieder der andere ist es. Das hat dir bestimmt richtig gut getan, als ich gesagt hab, dass ich übertrieben hab, oder?"

"Ja was willst du eigentlich von mir?"

"Oder als Sora dich angebettelt hat, dich zu uns zu setzen?"

"Was hat das damit zu tun?" Der Blonde wusste weder aus noch ein. Was war denn plötzlich in Yagami gefahren? Der flippte ja total aus...

"Damit wollte ich dir eigentlich nur sagen, dass du ein total arroganter Arsch bist... !Das hab ich schon an deinem Blick gesehen, als du heute morgen das erste Mal in die Klasse geschaut hast!" Yamato war sprachlos. Wohl noch nie hatte ihm jemand so direkt seine Meinung ins Gesicht gesagt. Er sah noch wie der Braunhaarige zurück auf seinen Platz verschwand. Dann ließ er sich langsam auf seinen Stuhl fallen. Immer noch geschockt hielt er sich die Hand vor den Mund und starrte vor sich hin. War er wirklich so arrogant wie Taichi gemeint hatte? Oder wollte der Junge einfach nur Wut an ihm auslassen? In Gedanken versunken bemerkte er gar nicht, wie sich die Unruhe im Raum legte und die Lehrerin irgendwelche Worte sprach. Für den Blonden bewegte sie nur den Mund, hören konnte er kein einziges Wort. Erst als er sah, wie sie auf ihn deutete und eine Handbewegung machte, wurde ihm klar, dass sie mit ihm sprach.

"Wie bitte?"

"Ich wollte wissen, welches Instrument sie spielen? Wir wollen doch noch ein Lied zum Abschluss singen."

"Ich spiele Gitarre, Klavier und ein bisschen Schlagzeug."

"Oh, ein kleiner Musikfreak." Mittlerweile wünschte sich der Blonde das nicht zu sein. Dann hätte er wenigstens nicht Taichi zugelost bekommen und die beiden würden sich weiterhin 'nur' anschweigen. "Dann kannst du dich ja ans Klavier setzen und uns begleiten, bitte?" Sie deutete auf das Klavier, das vor der Klasse stand. Der Junge erhob sich und setzte sich an das Instrument. Er blickte in die Klasse; sah zu dem Braunhaarigen, der ihn nur erwartend ansah, während die Musikbücher herum gereicht wurden. "Du kannst dir auch ein Lied aussuchen, Ishida." Verwirrt sah er auf das Buch vor ihm. Dann fiel ihm etwas ein. Er blätterte zum Register. 'W' ... Seite 110. Der Blonde blätterte auf die Seite. Dann schaltete sich die Lehrerin wieder ein:

"Sag bitte Titel, Gruppe und Seite für die Klasse." Alle warteten gespannt.

"'Wonderwall' von Oasis, auf Seite 110." Überraschtes Tuscheln ging wieder durch die Reihen und auch Nomai-sensei lächelte.

Dann begann Yamato ein kleines Vorspiel zu spielen, bevor er zu den ersten Tönen anfing zu singen:
 

<<Today is gonna be the day

That they're gonna throw it back to you

By now you should've somehow

Realised what you gotta do

I don't believe that anybody

Feels the way I do about you now

Backbeat the word was on the street

That the fire in your heart is out

I'm sure you've heard it all before

But you never really had a doubt

I don't believe that anybody feels

The way I do about you now
 

And all the roads we have to walk are winding

And all the lights that lead us there are blinding

There are many things that I would

Like to say to you

but I don't know how
 

Because maybe

You're gonna be the one that saves me ?

And after all

You're my wonderwall >>
 

Etwas sprachlos war die Klasse erst gewesen, als Yamato angefangen hatte, die ersten Worte zu singen. Rein, klar, hell und traumhaft schön klang dessen Stimme in Begelitung zu seinem Klavierspiel. Mittlerweile hatten sich aber alle wieder gefangen, sangen mehr oder weniger fleißig mit. Die Mädchen um Yamato zum imponieren und die Jungen um den Mädchen zu imponieren. Einzig und allein Taichi machte sich nichts vor: Er wusste von sich, dass jeder Ton, der seinen Mund verlassen würde, falsch sein würde, und so saß er einfach nur da, blickte den Blonden an, wie er dort vorne träumerisch am Klavier saß, mit geschlossenen Augen und der Sonne im Nacken, die ihn mit seinen blonden Haaren fast wie einen Engel scheinen ließ.
 

<<Today was gonna be the day?

But they'll never throw it back to you

By now you should've somehow

Realised what you're not to do

I don't believe that anybody

Feels the way I do

About you now
 

And all the roads that lead you there were winding

And all the lights that light the way are blinding

There are many things that I would like to say to you

I don't know how
 

I said maybe

You're gonna be the one that saves me ?

And after all

You're my wonderwall
 

I said maybe

You're gonna be the one that saves me ?

And after all

You're my wonderwall
 

Said maybe

You're gonna be the one that saves me

You're gonna be the one that saves me

You're gonna be the one that saves me>>
 

Die letzten Töne verklangen im Raum und Taichi konnte seinen Blick immer noch nicht von Ishida wenden. Er konnte sich einfach nicht erklären, wie jemand, der so hartherzig und kühl schien, ein Lied mit solch einer Wärme herüberbringen konnte, dass es sogar dem Braunhaarigen wohl ums Herz wurde. Die Lehrerin lobte Yamato für seine "außerordentliche" Leistung, wie sie es nannte, und so verabschiedete sich von ihrer Klasse.

Dieser blonde Junge war Taichi wirklich ein Rätsel und genau das war wohl auch der Grund, wieso er sich schnell seine Rucksack schnappte und Ishida hinterher rannte, als dieser das Klassenzimmer verließ. Er tippte ihm kurz auf die Schulter und sah in verwunderte blaue Augen, die nun im Gegensatz zu vorhin richtig traurig aussahen.

"Was willst du noch?"

"Ich... es klingt jetzt bestimmt scheiße Ishida, aber... es tut mir leid." Yamato dachte im ersten Moment er habe sich verhört. Etwas verwirrt sah er den Braunhaarigen an, doch dieser schien es ernst zu meinen. Er biss sich leicht auf die Unterlippe, spielte gleichzeitig nervös an seinen Rucksackträgern herum. "Ich mein, ...ich hab voll..."- "Überreagiert.", grinste der Blonde. "Ich versteh schon, kann doch jedem mal passieren, auch mir." , meinte er sachlich. Taichi fiel ein Stein vom Herzen. Vor 30 Minuten wäre es ihm noch total egal gewesen, wie der Blonde von ihm dachte oder wie ihr Verhältnis in Zukunft sein würde. Doch nun, nachdem er über seine Worte, die er Ishida an den Kopf geworfen hatte, nachgedacht hatte und auch über dessen Verhalten den ganzen Tag über, war er zu einem Schluss gekommen: Er und Yamato unterschieden sich wie,... ja wie schwarz und weiß, wie ...Tag und Nacht eben. Er, kontaktfreudig und aufgedreht, eher der aktive Typ, der alle um sich haben wollte, und Yamato, der distanzierte, ruhige und zurückhaltende Junge, der aber sicherlich auch gerne Leute um sich hätte. Garantiert war es nicht einfach, als 18-jähriger in einer neuen Stadt auf einer neuen Schule Leute kennen zu lernen, Freunde zu finden. Doch einen hatte Yamato, soweit war sich der Braunhaarige sicher: ihn; eben jenen kontaktfreudigen, aufgedrehten und aktiven Jungen, mit dem er sich seit sie sich kannten unentwegt gestritten hatte. Genau den.

Wieder patschte Taichi seine Hand auf die Schulter des Blonden; irgendwie würde er diesen Eisbrocken schon schmelzen- auch wenn das harte Arbeit bedeuten würde. Und während die beiden die belebte Einkaufsmeile der City entlang nach Hause liefen, fragte der Braunhaarigen seinen Begleiter neugierig:

"Und, wann gibst du deine erste Stunde Klavier für mich, Ishida?"
 

°Ende, Kapitel 1°
 

Nachwort: Kritik, Wünsche oder Lob? Immer her damit. Hier als Kommi, in mein GB oder an: Little.Ichiat@lycos.de .

"Verzeih ihm..."

Titel: Die Träume Tief In Dir

Kapitel: 2/?

Autorin: Ichiat

Serie: Digimon 02

Genre: Shônen Ai, Romantik

Pairing: Taito/ Yamachi

Disclaimer: Siehe Kapitel 1.
 


 

Kapitel 2: "Verzeih ihm..."
 

Was hatte er sich nur dabei gedacht, als er Taichi dieses hirnrissige Versprechen gemacht hatte?

(...)

"Und, wann gibst du deine erste Stunde Klavier für mich, Ishida?"

"Wenn du Zeit hast, kannst du noch heute Nachmittag kommen; wir haben ein Klavier im Keller stehen."

"Jetzt im Ernst?"

"Klar doch."

"Cool...dann bin ich um drei bei dir, okay?"

"Ja, warte..." Der Blonde kramte einen Zettel heraus, kritzelte seine Adresse darauf und reichte sie Yagami. "Da."

"Danke, Ishida!" So strahlen sah der Blonde seinen 'Schüler' das erste Mal. Kunststück, wenn man sich erst knappe sechs Stunden kannte, doch irgendwie war es schon seltsam. Denn schon lange nicht mehr hatte man eine Person so glücklich gemacht wie eben diesen Junge gerade.

(...)

Nun musste er noch wenigstens ein wenig klar Schiff machen; so gut das eben ging bei einer Wohnung, die aussah als hätte bis gerade eben noch der 3. Weltkrieg ihn ihr stattgefunden. So räumte der Blonde Geschirr in die Spülmaschine, kramte Klamotten zusammen, die überall verstreut lagen und entfernte Essensreste vom Wohnzimmer- und Küchentisch. Im eigenen Zimmer verstaute er seine Gitarre sorgfältig im Schrank- nicht, dass ihr noch etwas passierte- und räumte sämtliche Bücher und CDs, die überall auf Bett, Boden und Schreibtisch lagen, in seine Regale. Ja, jetzt konnte sich sein Reich sehen lassen! Genau genommen hätte er sich das ja sparen können, immerhin stand das Klavier ja, wie er Taichi bereits erzählt hatte, unten im Keller. Als hätte er ihn mit den Gedanken an ihn gerufen, klingelte auch schon der Braunhaarige Sturm an der Haustüre. Genervt stapfte Yamato zur Tür, riss sie auf und blickte dem Jungen vorwurfsvoll ins Gesicht.

"Sag mal, denkst du ich bin taub?!" Taichi grinste frech.

"Ne, Ishida, es macht mir einfach nur riesigen Spaß, dich auf die Palme zu bringen!" Das konnte doch nicht...! Dieser undankbare Sack! Man riss sich hier den Arsch auf, beseitigte wegen ihm das geliebte Chaos und der musste einen schon wieder triezen! Wieder platzte es aus dem Braunhaarigen heraus: "Hey, willst du nicht mal so 'ne Art Hausführung machen und mir nebenbei dein Zimmer zeigen?"

"Wieso sollte ich?" Als hätte man es geahnt, dass sich Yagami nicht mit dem Keller begnügen würde...

"Sagen wir mal,... weil du mich so gern hast?" Irgendwie war Taichi ganz anders als heute morgen in der Schule. Was hatte der den zu Mittag gegessen? Irgendwas, das dumme Sprüche und Dauergrinsen verursachte, soviel war sicher.

Entnervt fuhr der Blonde sich durch seine Haare. Dann machte er seinem Klavierschüler mit einer Handbewegung klar, dass er hereinkommen sollte. Die beiden gingen durch den langen Wohnungsflur, Yamato hinter dem Braunhaarigen. Der Junge hatte eine schwarze, der Risse und Löcher in der hinteren Tasche nach zu urteilen scheinbar schon ältere Jeans an. Darauf ein ziemlich knalliges, oranges T-Shirt und eine blaue Trainingsjacke mit weißen Streifen an den Ärmeln. Auf der Jacke hinten stand in blauen Lettern: Yuban-High Fußball-Team.

"Unsere Schule hat eine eigene Fußballmannschaft?" Lächelnd drehte sich Yagami zu dem Blonden.

"Ja, klar!"

"Und du spielst?"

"Ja, schon seit Jahren. Ich bin der Team-Kapitän." Stolz erzählte der Braunhaarige vom letzten Sieg der Mannschaft 'auswärts' bei einer Schule, die laut Taichi, 'eine der stärksten der ganzen Saison' war. Ohne es richtig zu registrieren waren die beiden Jungen in Yamatos Zimmer angekommen, während Yagami immer noch fleißig berichtete: "Dann haben die ihre Deckung vernachlässigt, ich hab mir den Ball geschnappt und doch glatt das 0:4 reingemacht! Mann, die haben wir abserviert! Und der Blick von denen ihrem Trainer... genial!" Erst jetzt bemerkte er, wo er eigentlich war und sah sich interessiert um. Als er die vielen Bücher sah meinte er: "Bist eine ganz schöne Leseratte, hm?" Er nahm sich ein Buch aus dem Regal, 'Die Blechtrommel' von Günther Grass. Dann sah er den Blonden fragend an. "Und das hast du gelesen?" Der Blonde lächelte verlegen.

"Ja, ich liebe deutsche Schriftsteller..." Er hielt kurz inne. "Und Bücher, in denen es um die Gefühle von Menschen und ihre Träume geht." Fasziniert sah Taichi auf.

"Hast du denn auch einen Traum?" Bei dieser Frage verfinsterte sich Yamatos Blick, als plötzlich das Telefon klingelte. Mit einem 'Ich bin gleich wieder da' rannte Yamato zum Telefon.

Taichi sah sich derweil weiter um. Der Blonde schien sehr intelligent zu sein. Erst diese Bücher, und dann entdeckte er noch wahnsinnig viele Lexika und intellektuelle Bücher über Musik. Auf dem Nachttisch lag auch ein Buch, ein Lesezeichen sah etwa bei der Hälfte heraus. Der Braunhaarige nahm es, sah auf den Titel: 'Einsam. Was tun?' Erschrocken starrte der Junge auf das Buch. War es nur Zufall, dass der Blonde so etwas las oder hatte er es sich gekauft, weil er sich selbst auch einsam fühlte? Yagami überlegte. Hatte Yamato eigentlich Geschwister? Nein, er hatte kein einziges Zeichen dafür entdecken können. Und wo waren seine Eltern? Wahrscheinlich arbeiteten sie beide. Wie schon heute Morgen musste er daran denken, dass Ishida wohl noch keine Freunde hier hatte, wo er doch erst hergezogen war. Vielleicht einer der Gründe, weshalb er ihn, Taichi, so schnell zu sich eingeladen hatte...

"Interessiert dich das Buch?" Erschrocken drehte sich der Braunhaarige herum. Yamato stand wieder da, deutete auf seine Bettlektüre, die der Junge immer noch festhielt.

"Was?... Nein...Doch. Ich hab mich nur gefragt, wieso du so was liest?" Yamato zuckte mit den Schultern. Er wusste nicht recht, was er antworten sollte.

"Vielleicht, weil ich auch oft einsam bin... Ja, das wird es sein." Noch nie war der Braunhaarige in einer solchen Situation gewesen. Er hatte keine Ahnung, was er antworten sollte. Ob er antworten sollte. Er hob langsam seine rechte Hand, wollte sie dem Blonden gerade freundschaftlich auf die Schulter legen, als dieser sich sein Buch schnappte, auf den Nachttisch zurücklegte und zur Zimmertür ging.

"Wir sollten jetzt anfangen, immerhin will ich den besten Klavierspieler unserer Klasse aus dir machen, Yagami! Hinter mir natürlich..." Damit trottete er grinsend Richtung Wohnungstür, einen etwas verwirrten Taichi hinter sich her schleppend.
 

Der "Keller" bestand aus einem einzigem Zimmer, das nur ein Fenster hatte, winzig klein und bis oben hin zugestopft war. Etwas freigeräumt war das besagte Klavier, von dem der Blonde gerade den Deckel hochklappte, dann einen Ton anstimmte. "Einwandfrei." Dann sah er zu Taichi, der noch immer bei der Tür stand. "Kommst du her oder willst du noch weiter Löcher in die Luft starren?" "Klar!" Mit einem Sprung stand er bei Yamato, dieser deutete ihm sich auf den länglichen, lehnenlosen Hocker zu setzen. Taichi setzte sich und der Blonde erklärte ihm die grundlegenden Dinge, Töne und Sachen, die er zu beachten hatte.

Danach übten die beiden fast eine Stunde. Yagami stellte sich gar nicht so blöd an, wie Ishida vorerst gedacht hatte. Im Gegenteil: Er begriff schnell, war motiviert und lernte aus seinen Fehlern- der perfekte Schüler eben.

Als der Braunhaarige jedoch zum dritten Mal daneben griff mit den Tönen, seufzte Yamato innerlich.

"Rutsch mal..." Taichi rückte ein Stück auf dem Hocker beiseite und der Blonde ließ sich links neben ihm nieder. Dann legte er den rechten Arm um Taichis Rücken, griff mit seiner Hand nach der des Braunhaarigen. Dieser erschrak, als sich der Junge so nah an ihn drückte, er die kalte Hand auf der eigenen spürte. Dann legte der Blonde die Hand des anderen auf die passenden Tasten, Zeigefinger auf Zeigefinger, genauso die anderen Finger. Wieder wurde der starke Kontrast zwischen den beiden deutlich: die helle, blasse Haut auf der braunen und viel gesünder wirkenden Yagamis. Dann begann Yamato vorsichtig und unendlich zärtlich die Melodie zu spielen- unter ihm die Hand eines Jungen, dessen Herz gerade bis zum Hals schlug...

Als das Teilstück der Melodie, die Taichi sooft verhauen hatte, zu Ende war, nahm auch Yamato seine Hand von der des Braunhaarigen, sah ihn an. "Weißt du jetzt, wie es geht...?" Yagami war rot angelaufen und er starrte apathisch auf seine Hand. Um sich zu beruhigen, atmete er langsam und tief aus, dann hob er seinen Kopf, boxte Yamato gegen die Schulter, sodass dieser fast vom Hocker fiel, und meinte dann fröhlich: "Ja, klar! Bist ein super Lehrer!" Er lachte, doch Yamato sah ihn nur verwundert an. Dieser Typ musste doch irgendwelche Drogen nehmen... -.-
 

Nach einer weiteren halben Stunde verloren die Jungen allmählich die Lust und so wurde beschlossen, den Unterricht für heute zu beenden. Da Taichi seine Jacke noch in der Wohnung drei Stockwerke über ihnen hatte, musste er vorher noch einmal hoch, bevor er sich auf den Weg nach Hause machte.

"Mann, wo hab ich die denn hingelegt?" Taichi sah sich suchend im Zimmer des Blonden um. "Das kann doch nicht sein..." Auch der Blonde hatte nicht die geringste Ahnung, wo das Teil sein konnte. Als er aber Klappern von Geschirr aus der Küche hörte, ahnte er schon wo die Taichis Jacke war.

"Komm, ich glaub, ich weiß wo sie ist..." Er gab dem Braunhaarigen ein Zeichen, ihm zu folgen. Die beiden liefen in zur Garderobe, an der ganz vorn das gesuchte Stück hing.

"Die hat bestimmt mein Vater dahin verfrachtet, hört sich so an, als wäre er da..."

"Ja, ist er." Meinte Taichi kurz, und Yamato merkte, dass er hinter ihn sah. Er drehte sich herum und... tada! Gestatten: Masaharu Ishida. Ja.

"Jep, das ist er wohl."

"Hallo, ihr beiden. Wie ich sehe, hast du ja schon einen neuen Freund gefunden, Yamato?"

"Ja, sieht so aus..." Genervt ging der Blonde auf Taichi zu, wollte ihn in Richtung Tür schieben, doch dieser hielt dagegen, platzierte Ishida auf die Seite und streckte Masaharu die Hand entgegen, lächelte wieder.

"Hallo, mein Name ist Taichi Yagami, und ich gehe in Yamatos Klasse. Er gibt mir Klavierunterricht!" Was blubberte der den alles aus? Das ging seinen Vater überhaupt nichts an, sonst interessierte dieser sich schließlich ja auch nicht für einen!

"Klavierunterricht? Wie denn das?"

"Ist eine lange Geschichte!" Meinte der Blonde wütend, zog jetzt an Taichis Arm.

"Komm, ich geh noch ein Stück mit dir!" Verdattert über dessen Verhalten wurde er von braunen Augen angesehen. Dann verbeugte sich Taichi kurz und verabschiedete sich:

"Tschüß, schön sie kennen gelernt zu haben. Ich werde sicherlich noch öfter kommen!" ^.^

Damit fiel auch schon die Tür hinter den beiden zu. Der Braunhaarige war etwas überrascht von der doch recht eigenwilligen Beziehung zwischen Yamato und seinem Vater, und er fragte sich, was eine solche verursacht hatte.

"Hey, wieso gehst du eigentlich noch mit? Ich hätte schon alleine nach Hause gefunden..." Nicht, dass es ihn störte, nein, im Gegenteil! Er freute sich über die Gegenwart des blonden Jungen; doch passte das nun gar nicht zu seiner Art.

"Ich brauch ein Päckchen Zigaretten.", war die schlichte Antwort.

"Du rauchst?" Immer noch stapfte der Blonde voran und so musste Taichi ein Stück rennen, um neben Ishida herlaufen zu können. Dieser suchte in seinen Hosentaschen nach genug Kleingeld.

"Ja, was dagegen?" Energisches Kopfschütteln.

"Ich kann mir das nicht leisten, sonst bring ich die Ausdauer im Fußball nicht mehr auf..." Erklärte Yagami wichtigtuerisch.

"Aha." Der Blonde hatte einen Automaten gesichtet, steuerte darauf zu und zog sich ein Päckchen. Gleich wurde eine Kippe angezündet und genüsslich geraucht. Entspannt sah Ishida auf den Braunhaarigen. Dieser stand vor ihm, sah etwas betrübt aus.

"Sag mal, Yamato, wieso bist du so zu deinem Vater?" Erst sah der Blonde etwas überrascht, dann starrte er kurz in den Himmel und meinte: "Das verstehst du eh nicht..." Er erntete einen abwertenden Blick von Yagami, dann sprach er weiter: "Okay, okay... aber schau nicht so." Nervös fuhr er sich durch die Haare. "Ich glaub, ich bin so zu ihm, weil..." Er überlegte kurz. "... weil er für alles verantwortlich ist, weswegen ich mich mies gefühlt habe oder es immer noch tue..."

"Wie meinst du das?"

"Er hat sich vor etwa 10 Jahren von meiner Mutter getrennt, weil er eine andere hatte. Somit hat er mir meinen Bruder und meine Mutter weggenommen. Seit der Trennung sitze ich fast immer alleine zu Hause, weil er bis tief in die Nacht arbeitet. Vorhin war er bestimmt auch nur kurz da, um was zu holen..." Taichi sah ihn immer noch etwas traurig an. "Es kotzt mich einfach an, dass er mit seiner scheiß egoistischen Art MEIN Leben kaputt macht... Er kotzt mich an!" Wütend warf er den Zigarettenstummel zu Boden, trat ihn aggressiv aus. "In den letzten zwei Jahren bin ich fünf mal umgezogen, wegen SEINEM Job, ich musste mich mittlerweile an vier verschiedene Tussis gewöhnen, die er mir als seine Freundin vorgestellt hatte, und das wegen SEINER sexuellen Triebe. Immer nur ER, ich seh das einfach nicht mehr ein!" Da hatte Taichi wohl wirklich einen wunden Punkt in der Psyche des Blonden getroffen; völlig außer sich fuhr sich dieser wiederum durchs Haar. Klar, konnte der Braunhaarige die Wut auf Herrn Ishida verstehen, aber andererseits wusste er selbst genau wie wichtig Familie sein konnte. So hob er vorsichtig die Hand, legte sie Ishida auf die Schulter, wie heute schon einmal, und meinte leise:

"Ich kann mir vorstellen, wie du dich fühlst, aber glaub mir eines, Yamato: Das alles hat dein Vater bestimmt nicht nur aus egoistischen Gründen getan. Für dich mag es vielleicht so scheinen, aber er liebt dich- das weiß ich. Und ich rate dir: Verzeih ihm, er will bestimmt nur das Beste für dich..." Mit diesen Worten drehte sich Taichi um, und lief in Richtung zu Hause. Der Blonde blieb wie angewurzelt stehen, konnte sich nicht bewegen, brachte gleichzeitig kein Wort heraus. Die Aussage Yagamis gerade war so verständnis- und liebevoll und gleichzeitig so erwachsen, als wäre kein 17- Jähriger, sondern ein dreifacher Vater vor ihm gestanden. 'Verzeih ihm...' Das war so einfach gesagt. Aber schon zu oft war er von seinem Vater enttäuscht worden, denn wie oft hatte er sein Erscheinen bei Schulveranstaltungen versprochen, und war nachher doch nicht aufgetaucht. Wie oft hatte er ihm gesagt, er würde dies und jenes für ihn machen, hier und da mit ihm hingehen? Nichts war gekommen. Und wie oft, ja wie oft, hatte er ihm nach der Scheidung von seiner Mutter gesagt: 'Es wird alles wieder gut.'? Es war nichts besser geworden, bis heute nicht.

Nachdenklich und enttäuscht machte sich der Blonde auf den Weg. Wohin? Keine Ahnung. Nur jetzt nicht nach Hause. Einfach nur weg.
 

Als Yamato wieder aufwachte und aus der verglasten Tür sah, bemerkte er, dass es bereits dunkel und somit schon Nacht war. Er streckte sich und sah sich desinteressiert um. War er doch tatsächlich heute Nachmittag hier eingeschlafen. 'In Kürze fährt der Intercity-Express nach Sapporo ein.' Mechanisch klag die Stimme der jungen Frau, die durch das Bahnhofsgebäude drang, und doch machte sie Ishida wieder wirklich bewusst, wo er war.

Langsam stand er auf, schlenderte zu den Fahrplänen. Jetzt weit wegfahren und nie wieder zurückkommen, dachte sich der Blonde. Würde das überhaupt jemand bemerken? Sein Vater sicherlich nicht. Und sonst? Gab es überhaupt noch jemanden, für den es sich lohnte, hier zu bleiben? Yamato schloss die Augen, uns so absurd es klingen mag, die erste Person, die vor seinem geistigen Auge auftauchte, war ein Junge, dessen braune Augen einen anstrahlten, die Haare in alle Richtungen abstehend und der einem Worte zurief, die man nicht verstehen konnte. Es war zu laut... Überall dieses Stimmengewirr, die ständigen Durchsagen... Noch einmal konzentrierte er sich auf die Lippen, die Stimme des Braunhaarigen. Was hatte er einem zu sagen? ... 'Verzeih ihm...' Schlagartig öffnete der Junge seine Augen, hatte wieder den Fahrplan vor sich. Wieder diese zwei Worte. Nein, auf Verzeihung konnte sein Vater lange warten, und dennoch- langsam aber stetig machte sich der Junge auf. Lief aus dem Gebäude in Richtung zu Hause. Als er an dem Zigarettenautomaten von heute Nachmittag vorbeilief hielt er kurz inne, musste wieder an Taichi denken, setzte dann aber seinen Weg fort.

Zu Hause angekommen durchsuchte er seine Taschen nach dem Schlüssel; nur schwer konnte er in dem schummrigen Licht des Treppenhauses das Loch finden, dann trat er ein, zog sich die Schuhe aus und wollte gerade in sein Zimmer verschwinden, als sein Vater aus dem Wohnzimmer gesprungen kam und ihn ansah wie einen Geist.

"Yamato!" Mit hochgezogener Augenbraue betrachtete der Blonde seinen Vater. Und ohne auch nur das geringste zu ahnen, spürte er einen brennenden Schmerz auf seiner Wange- Er hatte ihm eine Ohrfeige verpasst. Entsetzt strich Yamato über seine Wange. "Weißt du eigentlich, WIE spät es ist?! Wo verdammt noch mal warst du?!" Genervt drehte sich der Blonde um, und wollte in sein Zimmer, als ihn eine große Hand am Arm festhielt. "Ich rede mit dir, junger Mann!"

"Ist doch egal, wo ich war..."

"Find ich nicht! Ich hab nach dir gesucht! Fast drei Stunden lang..." Etwas belustigt machte sich Yamato von der Hand seines Vaters los und war schon fast in seinem Zimmer, als er sich noch einmal kurz rumdrehte und meinte: "Das ist ja schön für dich. Aber nur zu deiner Info: Ich bin 17 Jahre alt und kein kleiner Junge mehr ... Außerdem scherst du dich sonst doch auch einen Dreck um mich!" Damit fiel die Tür zu und Yamato lehnte sich von innen dagegen. So hatte er es seinem Altem noch nie gesagt, aber konnte er es gerade nicht mehr zurückhalten. Kurz klopfte Herr Ishida noch an die Tür seines Sohnes, doch auf ein "Ich will jetzt schlafen, lass mich zufrieden." entfernten sich Schritte und der Blonde ließ sich auf seinem Bett nieder. Ein Blick auf seinen Wecker verriet ihm, dass es bereits kurz nach zwei war und somit wirklich Zeit für die Federn.
 

Einige Stunden später weckte ihn nur das schrille Piepen jenes Weckers; kein Klopfen an der Tür und auch keine wütenden Worte seines Vaters. Etwas irritiert dadurch stand der Blonde auf, lief nacheinander in Wohnzimmer und Bad. Niemand da. Als er in die Küche lief, entdeckte er seinen Vater an einem der Stühle sitzen, den Kopf in die auf dem Tisch verschränkten Arme gelegt. Der Blonde machte sich sonst welche Gedanken... und dieser Affe pennte hier einfach rum. 'Verzeih ihm...' Na gut, man konnte es ja zumindest in Ansätzen versuchen. Aber nur um Taichis Willen. Außerdem konnte man diesem verschlafenen Etwas nun nicht wirklich richtig böse sein. Er grinste seinen Vater an, bereitete ihm dann aber einen Kaffee und Frühstück.

Als die Toasts mit einem kleinen Knall aus dem Toaster flogen, schreckte Herr Ishida auf. Verwirrt sah er sich um, verstand erst langsam, wo er doch eingeschlafen war.

"Yamato?"

"Nein, das war der Toaster." Herr Ishida sah etwas erleichtert aus, als er bemerkte, dass der Krieg der letzten Nacht beendet war. Er sah auf die Uhr.

"Musst du nicht langsam zur Schule?" Yamato nickte vor sich hin, stellte dabei Marmelade, Butter und Honig auf den Tisch.

"Ich mach mich jetzt schnell fertig, und dann hau ich ab." Mit einem 'Lecker, danke!' griff Herr Ishida auch schon kräftig zu, während sein Sohn im Badezimmer verschwand und sich schulfertig machte.
 

"Ich bin dann weg!" Gerade wollte der Blonde die Haustür hinter sich schließen, als er seinen Vater rennen und rufen hörte: "Warte mal!" Etwas verwundert sah er ihn an, wie er da vor ihm stand, den halben Toastbelag noch um den Mund. Wieder musste Yamato grinsen.

"Du weißt, ich bin kein Mann von großen Worten drum..." Damit machte er einen Schritt auf seinen Sohn zu und nahm in etwas zaghaft in den Arm. Der blonde Junge staunte nicht schlecht, DAMIT hatte er nun wirklich nicht gerechnet; etwas peinlich berührt standen die beiden nun da, bis Yamato einfiel: "Ich muss dringend los!"

"Okay, bis heute Abend."
 

"Ishida-kun!!!"

Nicht schon wieder dieses Weib... Genervt ging Yamato noch einen Schritt schneller. Warum war er nicht taub auf die Welt gekommen? Er fuhr sich durch die Haare.

"Hey, hörst du nicht?" Die Rothaarige sah ihn fragend an, kreischte dann aber: "Guten Morgen!"

"Oh, hallo, Sara..."

"Sora."

"Ja, genau..."

"Und, wie stellt sich Yagami-kun so an?"

"Ganz gut."

Schweigend liefen sie ein Stück nebeneinander her. Sora sah nachdenklich aus. Seltsam, dass die auch so eine Seite hat, hätte der Blonde gar nicht gedacht. Dann bemerkte sie seinen Blick und meinte:

"Weißt du... Taichi hat's nicht einfach..."

"Was?" Er horchte auf; was meinte sie damit?

"Sei einfach nett zu ihm, okay? Er hat es nicht verdient, scheiße behandelt zu werden. Er nicht..." Damit lief sie schneller und ließ Yamato hinter sich. Dieser legte verwirrt auch an Geschwindigkeit zu. Er war neugierig geworden.

"Wie meinst du das? Wenn du mir schon davon erzählst, will ich wenigstens alles hören. Und woher weißt du, dass es ihm nicht gut geht?"

"Ich hab nie gesagt, dass es ihm schlecht geht; nur, dass er es nicht einfach hat. Das weiß ich, weil ich immerhin fast zwei Jahre mit ihm zusammen war..." Jetzt war der Blonde etwas baff. Er wusste nur nicht, ob es die Tatsache war, dass die überhaupt schon einen Freund hatte oder wieso sich Taichi mit einer wie ihr eingelassen hatte, was ihn so verwirrte. Dann wartete er auf ihre weiteren Worte.

"Weißt du... Taichi lebt bei seiner Oma."

"Ja, und weiter?" Er wusste nicht, worauf sie hinaus wollte.

"Verstehst du nicht? Taichi hat keine Eltern mehr... sie sind vor zehn Jahren gestorben..."
 

°Ende, Kapitel 2°
 


 

Nachwort: Sorry, dass das zweite Kapitel so kurz geworden ist, aber ich wollte an dieser Stelle aufhören, weil es ganz gut gepasst hat. Ich hoffe, es hat euch trotzdem gefallen und ihr seid auch beim dritten Kapitel wieder dabei, in dem es dann mehr über Tais Familiensituation und eine Klassenfahrt für die Klasse von Taichi und Yama geben wird! ^.^b

"Du bist ja total besoffen, Ishida..."

Titel: Die Träume Tief In Dir

Kapitel: 3/?

Autorin: Ichiat

Serie: Digimon 02

Genre: Shônen Ai, Romantik

Pairing: Taito/ Yamachi

Disclaimer: Siehe Kapitel 1.
 

Kapitel 3: "Du bist ja total besoffen, Ishida..."
 

Es dauerte sehr lange, bis Yamato begriff, was diese Worte bedeuteten, die er gerade aus Soras Mund hatte hören müssen. Er blieb stehen, Sora auch.

"Du meinst... er ist ganz allein...?"

"Nicht ganz; wie gesagt, er wohnt bei seiner Oma."

"Und Geschwister?"

"Seine Schwester kam auch damals ums Leben." So viele Dinge gingen dem Blonden nun durch den Kopf. Alle drehten sich um den vorherigen Tag:

Er und Taichi stritten sich, er hatte ihn beschimpft und wenig später saßen sie bei ihm zu Hause am Klavier.

Der Augenblick, als er Taichi in seinem Zimmer mit dem Buch 'Einsam. Was tun?' hat stehen sehen. Dieser fast leere und doch mitfühlende Blick damals.

Und dann die Sache mit seinem Vater. 'Verzeih ihm...' Yamato musste schlucken. Klar, dass der Braunhaarige das wollte. Er selbst wusste ganz genau, wie es war keinen Vater zu haben...
 

Er erzählte Sora nichts von seinen Gedanken oder den Ereignissen, die sich mit Taichi zugetragen hatten. Aber auch Taichi wollte er nicht auf seine Familiensituation ansprechen und so verging der Schultag wie jeder andere auch. Die Lehrer nervten, gaben Unmengen an Hausaufgaben auf und auch die Suche nach einem geeignetem Club stellte sich für den Blonden als schwieriger und langatmiger heraus, als er erst gedacht hatte.

So lebte sich Yamato relativ gut ein. Die Tage verstrichen, aus ihnen wurden Wochen und aus jenen wiederum Monate. Die Musiktussi hatte das Projekt noch einmal um ein paar Wochen nach hinten verschoben, weil sich einige einfach nicht wirklich Mühe gaben und ihr Instrument somit immer noch nicht beherrschten. Taichi beherrschte sein Stück nun fast im Schlaf, und wüsste es der Blonde nicht besser, würde er denken, sein Freund hätte sein ganzes Leben nichts anderes gemacht, als Klavier zu spielen.

An einem lauen Vorsommertag im Juni waren die beide gerade dabei das Schulgebäude zu verlassen, als Koushiro auf sie zugerannt kam.

"Hey, Leute, wartet mal kurz!" Beide drehten sich um.

"Wir haben jetzt was ausgemacht wegen den Getränken für die Klassenfahrt..." Zwei Punkte um klarzustellen, von was Izzy hier eigentlich sprach: zum einen, ja, sie würden auf Klassenfahrt fahren, morgen früh auf Okinawa, und zum anderen, wenn von 'Getränken' die Rede war, ging es schlichtweg um Alkohol.

"Lass hören."

"Wir machen's jetzt so, dass jeder was mitnimmt- natürlich möglichst unauffällig- und wir alles gemeinsam trinken. Ist das okay für euch beide?" Yamato sah zu dem Braunhaarigen; dieser blickte zurück, nickte Izzy dann an.

"Ja, geht klar." Damit rauschte Koushiro wieder ab, die beiden Jungen setzten ihren Weg fort.

"Hast du schon was gekauft... Ich mein für morgen?" Der Blonde schüttelte den Kopf, strich sich ein der frechen Strähnen aus dem Gesicht.

"Du etwa?" Auch Yagami schüttelte den Kopf.

"Wenn du Lust hast, können wir ja jetzt noch was kaufen gehen, das Geld, das ich dabei hab, müsste reichen."

"Ja, wär' cool, wenn du mir, was leihen könntest."

"Klar doch!"

"Da vorne um die Ecke ist ein Laden, da können wir rein. Gehörte mal meinem Opa, und der Besitzer kennt mich ganz gut. Der gibt uns das Zeug ohne Scheu und vielleicht sogar ein bisschen billiger." Damit zeigte er zu einer Ecke vor ihnen.

"Cool, klar!"
 

Es bimmelte ein kleines Glöckchen, als die beiden den Laden betraten. Es roch stark nach Rauch, vermischt mit Teegeruch und dem Gestank von altem Leder. Der Blonde rümpfte erst die Nase, musterte dann aber neugierig die Getränke zu ihrer rechten, vor deren Regalen der Braunhaarige bereits stand. Er trat dazu, kam sich aber etwas blöd vor. Immerhin hatte er keine Ahnung, wie es seine Schulkameraden und vor allem Taichi so mit dem trinken hielten... Er versuchte rauszufinden, auf was der Blick Yagamis gerade hing, als dieser aufblickte. Er sah direkt in diese braunen Augen, die er schon sooft bewundert hatte. Immer wenn er daran dachte, wie einsam der Braunhaarige doch sein musste, meinte er in diesen Augen die Traurigkeit wieder zufinden, die auch tief in seinem Herzen verborgen lag. Und doch strahlten sie soviel Wärme aus und soviel Geborgenheit. Verwirrt schloss der Blonde kurz seine Augen, schüttelte den Kopf.

"Ist dir nicht gut, Ishida?"

"Nein, nein... Schon okay." Er starrte auf die Dosen und Flaschen vor ihm.

"Was trinkt ihr eigentlich eher so...? Ich meine, eher Bier, Cocktails oder härteres Zeug?" Irrte sich der Bonde da, oder wurde Taichi etwas rosa im Gesicht?

"Ähm... also Bier ist okay. Aber... die andern... trinken auch anderes. Das ist...ähm... verschieden..."

"Ahja..." Anscheinend war es dem Braunhaarigen etwas unangenehm über seine Saufgewohnheiten zu sprechen uns so griff der Blonde einfach gezielt nach der ein oder anderen Flasche, suchte sich einen Korb, die der Ladenhalter neben der Eingangstür platziert hatte, und lud weiter ein. Taichis Augen hingegen wurden immer größer, er selbst hatte nur einen Sixpack Bier unterm Arm. Als die beiden dann zum Zahlen an die Kasse kamen, staunte auch der Kassierer nicht schlecht.

"Was habt ihr denn mit dem ganzen Zeug vor?"

"Feiern." Meinte Yamato nur kurz.

Nachdem er gezahlt hatte, packten die beiden die Getränke in ihre Rucksäcke und machten sich wieder auf den Weg.

"Sag mal, willst du das alles allein trinken?", fragte Taichi etwas kleinlaut.

"Um Gottes Willen, da hol ich mir ja 'ne Alkoholvergiftung!", antwortete Yamato schmunzelnd. "Nein, nein, ich hab auch für die anderen mitgekauft... Schließlich muss ich mich doch beliebt machen." Er grinste wieder. Meinte es jedoch durchaus ernst. Immerhin war er bereits fast vier Monate auf der neuen Schule, und doch hatte er außer Taichi noch keine wirklichen Freunde. Und selbst bei diesem war man sich öfter nicht sicher, ob man eigentlich erwünscht war...

"Hey, du brauchst dich nicht bei denen einschleimen. Wir können auch so unseren Spaß haben..." Wieder diese Augen. Sie meinten es ernst, waren entschlossen.

"Du hast Recht..." Doch der Blonde war etwas stutzig geworden bei den Worten Taichis. '...unsern Spaß haben...' Yamato wurde etwas rot bei dem Gedanken, was sich Yagami darunter vorstellte.

Dann kam die Kreuzung, an der die beiden getrennte Wege gehen mussten und so verabschiedeten sie sich kurz, machten noch aus am morgen gemeinsam zur Schule zu fahren und liefen dann in die jeweiligen Straßen.
 

Am nächsten Morgen klingelte der Wecker bereits um halb sechs und nach einer über zehn- stündigen Fahrt im Bus mit allem was so dazu gehörte- Karten spielen, Kotzen, Maulen, einer kleinen Schlägerei, ...-, kamen die Klassen, zwei Stück an der Zahl, an ihrer Jugendherberge auf Okinawa an.

Sogleich wurde noch zu Abend gegessen und dann die Zimmer bezogen. Taichi schlief zusammen mit Yamato, Koushiro und Shin, einem Jungen aus ihrer Klasse, in einem Zimmer. Üblicherweise bestanden diese aus zwei bzw. in manchen aus drei Stockbetten, von denen jeweils Yamato und Shin die oberen bezogen. Taichi schlief unter Yamato und Koushiro somit unter Shin. Als so ziemlich alles ausgepackt war und Taichi es sich gerade auf seinem Bett gemütlich gemacht hatte um zu chillen, kam auch schon Naruki ins Zimmer gepoltert.

"Hey, Jungs, ab jetzt ist Party bei uns drüben im Zimmer. Ist zwar etwas eng, aber das kriegen wir schon hin..."

"Etwas eng ist gut, wie wollt ihr da sechzig Leute reinkriegen?!", fragte Koushiro altklug.

"Ach, von wegen sechzig Leute... Sind nur 'ausgewählte' Personen eingeladen..." Das schwarzhaarige Mädchen grinste verschmitzt, schmiss dann die Tür hinter sich zu und war schon wieder verschwunden.

"Ich schlage vor, wie erholen uns"- Taichi wurde von dem Blonden unterbrochen. "Wollt ihr das hier mitnehmen oder lieber das?" Er hielt zwei Flaschen hoch. Shin zeigte auf die eine und Yamato packte sie zusammen mit ein paar Plastikbechern in eine Stofftasche. "Für dich ein Bier, Yagami?" Jetzt lag der Blick der blauen Augen af Taichi. Dieser nickte kurz. "Ja..."
 

Wenige Minuten später standen die vier Jungs vor dem Zimmer mit der Nummer 047, dem Narukis und ihrer Freundinnen. Kurz wurde geklopft und ein Kopf kam zum Vorschein. "Ihr seid's. Kommt rein." Als die Jungen das Zimmer betraten, war klar, was vorhin mit 'ausgewählten' Personen gemeint war: Überall saßen, standen und lümmelten sich Jungs und Mädchen rum, die eindeutig nicht zu den Outsidern beider Klassen gehörten. Es waren also nur die erwünschten Leute eingeladen, was Yamato einerseits fröhlich stimmte, da er zu eben jenen gehören durfte, andererseits aber etwas nachdenklich werden ließ, da es nicht wirklich fair war, Klassenkameraden einfach auszuschließen. So sah er kurz zu Taichi, der das Fehlen einiger Leute wohl auch schon bemerkt hatte. Etwas unbeholfen und hilflos stand er da, die Haare wie immer in alle Richtungen abstehend, mit seiner hellgrauen Trainingshose und dem schönen, etwas engerem schwarzen T-Shirt. Er war wirklich hübsch, der Braunhaarige, das musste sich Yamato eingestehen. Und wie er so verloren dastand, sah er auch richtig niedlich aus. Aber das tat jetzt nichts zur Sache. Überall im Raum lag bereits der leichte Alkoholgeruch und so kam der Blonde nicht umhin, sich auch mal einen Schluck abzuholen, wo er doch selbst auch eine Menge dabei hatte. Er schenkte sich also kräftig ein; Wodka-O, wobei wohl ein Mischverhältnis von 4:1 herrschte, was der Blonde sofort beim ersten Schluck und dem darauffolgendem Brennen bemerkte... Dann hielt er Taichi sein Bier hin und deutete auf eine freie Stelle an der Wand, wo bisher keiner stand. Der Braunhaarige griff nach der Dose, öffnete sie mit einem leichten Zischen und nippte kurz daran, während er sich mit dem Blonden an die besagte Wand lehnte. Es drang leichte Metal-Musik durch den Raum und das Stimmengewirr der anderen.

Anfangs unterhielten sich die beiden noch über alltägliche Dinge und die Fahrt, die sie heute hinter sich gebracht hatten. Doch etwa eine Dreiviertelstunde später, holte sich Yamato bereits seine dritte Ladung Wodka-O, während der Braunhaarige immer noch sein erstes Bier in den Händen hielt. Als der Blonde wieder auf Yagami zukam, bemerkte dieser schon die wankenden Schritte seines Freundes.

"Du solltest etwas langsamer tun, Ishida."

"Ach, was, das steck ich locker weg..." Er grinste blöd, und patschte Taichi kräftig auf die Schulter. Dann sah er auf eines der Betten. In eines quetschten sich meist vier oder fünf Leute; doch in dem, auf das nun auch der braunhaarige Junge sah, lagen nur drei. Einer, ein Junge, lehnte anscheinend schlafend halb sitzend halb liegend an der Wand. Und auf der anderen Betthälfte saß knutschend Shin und auf dessen Schoß Naruki. Schamlos befummelte der Junge mit den zotteligen blondgefärbten Haare das Mädchen, während diese nur wild weiterknutschte.

Yagami war etwas peinlich berührt und sah weg, während der Blonde interessiert zusah, wie die beiden weiter ihr kleines Fummelspielchen abzogen. Dann drehte er sich zu Taichi, sah ihm direkt in die Augen, kam näher und flüsterte ihm ins Ohr: "Willst du auch mal...?" Taichi wurde knallrot, merkte richtig wie heiß seine eh schon aufgewärmten Wangen glühten. Dann drückte er den Blonden von sich und meinte ernst: "Du bist ja total besoffen, Ishida..." Es war ihm unheimlich unangenehm dem Blonden ins Gesicht zu sehen, doch er versuchte trotzdem dessen Blick Stand zu halten.

"Mag sein,... aber das war mein Ernst." Warum? Warum klangen diese Worte so verdammt normal? So, als würde es Ishida ohne Einfluss von Alkohol sagen? Etwas zitternd stellte Taichi seine Dose neben den Schrank auf den Boden, nahm auch Yamato seinen Becher aus der Hand, der darauf dreinschaute, wie ein kleines Kind, dem gerade sein Lolly weggenommen worden war, und stellte ihn daneben. Langsam drückte er Ishida Richtung Tür.

"Es ist glaub ich besser, wenn wir jetzt ins Bett gehen..." Entschlossen machte er die Tür auf, schob den Blonden auf den Gang. Dieser grinste wieder dümmlich.

"Okay, wenn du gleich soweit gehen willst..."

"Von wegen! Du weißt ganz genau, wie ich das meine!" Betrunken war der Kerl ja noch schwerer auszuhalten, als im Normalzustand schon... Yagami hatte seinen Arm unter die Achseln des Blonden gelegt, trug ihn so mehr über den Gang, als dieser selbstständig lief.

"Nicht gleich sauer sein, Tai-chan... War doch nur ein Scherz..."

"Sehr witzig, ich lach mich tot." Plötzlich hielt Ishida inne, er machte sich von Tai los und wollte in die entgegengesetzte Richtung laufen, als ihn die Hand des Braunhaarigen am Oberarm festhielt.

"Wo willst du hin?"

"Nur noch eine rauchen..." Grob zog ihn Yagami zurück.

"Kannst du jetzt eh vergessen, die Haustüre vorne ist schon lang zugesperrt..." Verwirrt blickten ihn die blauen Augen an und nervös wurde sich durch die blonden Haare gefahren.

"Scheiße... Ich brauch jetzt aber eine..." Er kramte die Packung heraus, wollte gerade eine Kippe anzünden, als ihm Taichi auf die Finger schlug.

"Bist du wahnsinnig?! Du bringst uns noch in Teufelsküche, wenn du das jetzt hier abziehst!" Er sah sich nervös um, nahm dann die Hand Yamatos und steuerte auf die Jungentoilette zu. Erst als die Tür hinter ihnen zuschlug, sprach er wieder: "Hier, wenn's unbedingt sein muss, dann hier. Doch nicht auf'm Gang..." Genervt wartete er darauf, dass der Blonde endlich seine Kippe rauchte, doch nichts geschah. Als er sich herum drehte, stand Yamato immer noch da, starrte ihn an. Die Blicke waren mehr als unangenehm und so trat Yagami von einem Bein auf das andere.

"Du bist voll schön, Tai..." Das Herz des Braunhaarigen sprang bis zum Hals, bei diesen Worten. Wieder lief er rot an. Er hatte keine Ahnung, was er darauf antworten sollte und so trat er nur einen Schritt zurück, nur weg von Ishida. Dieser kam jedoch wieder näher.

"Und du bist total dicht, Ishida..." Der Blonde fuhr sich wieder durchs Haar.

"Glaubst mir wohl nicht, hm?"

"Ich glaube nur, du sagst das weil du den ganzen Wodka gesoffen hast..."

"Was würdest du denn tun, wenn ich auf dich stehen würde...?" Taichis Hände wurden immer feuchter, er war schon so weit zurück getreten, dass er das Fensterbrett berührte, das seine Höhe etwa zwischen Po und Oberschenkel hinter ihm hatte. Er sah Ishida mit großen Augen an und bekam es allmählich mit der Angst zu tun. Er hatte wirklich keinen Schimmer mehr, was er darauf noch sagen sollte...

"Keine Ahnung also, aha." Wieder trat er einen Schritt auf Taichi zu; stand nun direkt vor ihm. Er musste seinen Kopf nur ganz leicht neigen, da Taichi um zwei, drei Zentimeter kleiner war als er. Er drückte sich immer näher an seinen Kumpel, legte schließlich seine rechte Hand auf dessen Hals an die Seite. Bei dieser Berührung zuckte der Braunhaarige heftig zusammen, sein Atem wurde noch etwas schneller und schließlich saß er auf dem Fensterbrett auf.

"Du brauchst keine Angst zu haben, Taichi, ich tu dir nichts..." Das sagte er zwar, dennoch rückte er weiter zu ihm. Der braunhaarige Junge saß nun komplett auf dem etwas breiterem Fensterbrett, die Beine baumelten über dem Boden; und genau zwischen diese schob Yamato nun sein linkes Bein. Er bückte sich so nach unten, dass sich die beiden Gesichter direkt gegenüber waren und die Nasenspitzen fast berührten. Die blauen Augen fesselten mit ihrem Blick den der braunen und so starrte Yagami sein Gegenüber einfach nur verkrampft an.

"Werd mal etwas lockerer... Das is' ja schlimm." Damit legte der Blonde sanft seinen Arm um Yagami, fuhr mit der Hand vom Hals ins Haar. Taichi dagegen zitterte immer noch, als er plötzlich leise, sanfte Worte an seinem Ohr hörte:

"Ich weiß, du bist allein... Genau wie ich...Komm, ich helf dir aus deiner Einsamkeit..." Was redete der Blonde da? Wusste er von seinen Eltern? Es konnte nicht anders sein... Andererseits war der Blonde auch wirklich total zu... Traurig schloss Taichi seine Augen, legte auch seine Arme um Yamato. Es tat so gut... Schon ewig hatte er keine solche sanfte Umarmung mehr gespürt. Und schon lange nicht mehr hatte er abgesehen von seiner Großmutter einen Menschen gehabt, der ihm dermaßen viel bedeutete... Er öffnete die Augen wieder und bemerkte, wie sie sich mit Tränen füllten, die er sogleich wegwischte. Yamato löste sich wieder von ihm, sah ihm tief in die Augen. Dann kam er näher, immer näher und legte vorsichtig seine Lippen auf die des Braunhaarigen. Im ersten Moment dachte Taichi nur an die Tatsache, dass Yamato dies vielleicht gar nicht aus feien Stücken tat, schmeckte, wie zur Bestätigung, den Alkohol auf dessen Lippen. Doch dann merkte er auch, wie sehr er es genoss. Diese weichen Lippen, die zarten Händen des Blonden an seinem Hals und an der Hüfte. So ließ er auch die Zunge gewähren und spürte sie kurz darauf wie sie neugierig alles abtastete. Er spürte, wie die Hand an seiner Hüfte unter das T-Shirt fuhr, hinter zum Rücken und von dort ein Stückchen in die Hose, die Wirbelsäule hinab Richtung Po. Als Taichi merkte, wie Yamato immer schneller wurde, fast ein bisschen wild, ließ er von ihm ab, löste sich von ihm und sah ihn wieder an. Er griff nach der Hand und schüttelte leicht den Kopf. "Bitte nicht..." Der Blonde bemerkte den ängstlichen Blick seines Gegenübers und so nahm er seine Hände von dessen Rücken und Kopf. Lächelnd sah er ihn an. "Ist okay. Du brauchst wirklich keine Angst vor mir haben..." Erschöpft lehnte er sich an die Wand, griff nach der zerknüllten Packung von vorhin und zündete sich eine Zigarette an. Er musterte immer wieder den Braunhaarigen, der immer noch etwas durcheinander auf dem Fensterbrett saß, an seinem T-Shirt herumzupfte. Doch langsam aber sicher machte sich der Alkohol in den Adern des Blonden doch bemerkbar. Ihm wurde etwas schwindlig, und er drückte sogar seine halbe Kippe an der Wand aus.

"Was hast du, Ishida?" Taichi hatte den schummrigen Blick des an der Wand lehnenden bemerkt. Er ließ sich vom Fenstersims gleiten und legte seine Hand auf die Schulter Yamatos. Der fuhr sich wiederum nervös durch das blonde Haar, schluckte schwer.

"Mir is'voll schlecht, Tai... ich glaub ich muss kotzen..."

"-Warte!! Nicht hier!" Grob und erstaunlich schnell zog er den Blonden zu einem der Klos. Sie waren rundherum von dünnen Stellwänden umgeben, hatten jedes seine eigenen Türen (Anm.: Solche, die es auch in Schulen, Raststätten, etc. gibt. - Zumindest bei den Mädels. - Sodass nicht jeder jedem beim Pipi machen zuschauen kann. ^.^"). Gerade rechtzeitig, denn kurz darauf übergab sich der Blonde auch schon geräuschvoll. Taichi verzog angewidert das Gesicht, sah vorsichtshalber schon nicht hin. Der Blonde hing wie ein Häufchen Elend über der Kloschüssel. Er atmete ungleichmäßig und laut.

"Geht's wieder...?" Die beiden bemerkten nicht, dass in diesem Moment zwei weitere Jungen die Toilette betraten; wie auch, die Tür zu ihrem Klo war hinter ihnen geschlossen und beide hatten gerade ganz andere Sorgen.

Verwundert sah Izzy zu Shindou. Die beiden standen vor den Klos, als sie seltsames Atmen und Poltern hörten.

"Hier ist es aber auch verdammt eng..." Mit hochgezogener Braue sah Izzy wieder zu seinem Kumpel, flüsterte fragend: "Taichi?" Shindou nickte zögernd.

"Du solltest wieder raus, gehen wir lieber ins Bett..."

"Klugscheißer... Ich komm nicht mehr hoch, helf mir mal!"

Das war Yamato. Aber: Was zum Geier trieben die beiden da drin? Izzy schob Shindou ins Klo neben das von Taichi und Yamato. Er hörte, wie die beiden immer noch polternd das Klo verließen, sich aber weiter gereizt unterhielten.

"Mann, wenn jetzt jemand gekommen wäre, wär dein Ruf im Eimer..." Mit diesen Worten fiel die Tür zum Gesamtraum Toilette hinter den beiden zu und Izzy trat wieder heraus. Kopfschüttelnd sah er ein drittes Mal zu Shindou; dieser sah genauso ratlos drein, wie man selbst. "Nein... Ich will wirklich nicht wissen, WAS die beiden da drin gerade gemacht haben!" (Anm.: Da hat jemand aber schmutzige Gedanken *pfui* ^.~)
 

Wie vorhin schon stützte der Braunhaarige seinen blonden Freund. Er zog ihn über den Flur, bis sie vor der Zimmertür standen.

"Du machst wirklich nichts als Ärger...", stellte Taichi fest. Doch Ishida hörte schon gar nicht mehr richtig zu. Er war verdammt fertig, wollte jetzt nur noch ins Bett, pennen bis in die Puppen und am nächsten Tag am liebsten wieder nach Hause.

"Hey... gleich hast du's geschafft." Taichi stieß die Tür auf, schlug sie hinter ihnen wieder zu. Es war wirklich nicht so einfach einen eigentlich schon Schlafenden durch die Gegend zu tragen, auch wenn er noch so dünn und zierlich war wie Yamato. Mit großen Augen stand Yagami nun da, den Blonden unterm Arm, und hatte keine Ahnung wie er diesen in sein Bett bringen sollte... Immerhin war dieses anderthalb Meter über dem Boden. Kurzerhand beschloss er einfach mit ihm zu tauschen. Vorsichtig legte er Ishida auf sein eigenes Bett; er zog ihm die Turnschuhe aus, versuchte sich an der Jacke, als deren Besitzer verschlafen die Augen ein wenig öffnete. Er murmelte irgendetwas, das Taichi nicht verstand und nickte dann wieder weg. Also konnte er seinem Kumpel endlich die Jacke ausziehen. Dann riss er die Decke unter ihm hervor und deckte ihn sorgfältig zu. Sogleich griff der blonde Junge nach der Decke, mümmelte sich ein, in dem er diese weiter hoch zog und sich etwas einrollte. Yagami ging in die Knie und sah noch einmal auf seinen Kumpel. Grinsend musste er an dessen Worte vorhin denken: 'Ach, was, das steck ich locker weg...' Das sah man ja. Dann kam dem Braunhaarigen die Szene in der Toilette wieder in den Sinn. Was hatte sich der Blonde bei der Aktion bloß wieder gedacht? Wahrscheinlich gar nichts. Er war immerhin stockbesoffen gewesen und wusste nicht einmal, was er tat. Genau das war die Tatsache, die dem Jungen Schmerzen in der Brust bereitete... Er hatte es nämlich durchaus genossen so nah bei Ishida zu sein, ihn berühren zu dürfen, von diesem berührt zu werden. Schon öfter hatte er in den letzten Wochen dieses Gefühl in der Gegenwart von Yamato bemerkt; hatte sich nichts dabei gedacht. Doch jetzt, wo sie hier waren, noch mehr Zeit miteinander verbrachten, wuchs die Angst davor, dass die freundschaftlichen Gefühle sich allmählich in die von Liebe entwickeln könnten. Doch das durfte nicht passieren! Das wusste Taichi. Um die Freundschaft zu dem Blonden nicht zu zerstören, musste er seine Gefühle verbergen; egal wie schwer das auch sein möge. Schwer machten es Momente, wie dieser gerade. In denen ihm der Blonde so nah war. Wie ein Engel lag er da, glitt durch das Land der Träume, rümpfte immer wieder die Nase. Darum riss sich Taichi von ihm, strich noch einmal die Decke etwas zurecht und kletterte dann in das obere, Ishidas, Bett.
 

Als sich die braunen Augen wieder öffneten, blickten sie an eine grelle weiße Wand. Etwas verwirrt wegen der unbekannten Umgebung, wurde dem Braunhaarigen aber schnell klar, wo er sich befand. Er rappelte sich auf, beugte sich dann über den Bettrand, ließ seinen Kopf nach unten hängen und sah somit zu Ishida. Dieser blickte zu ihm hoch, als er die Mähne bemerkte. Er lag zwar noch im Bett, war aber durchaus bestimmt schon länger wach. Dann grinste er Yagami an und zwinkerte kurz zu Izzy. Shin war nicht in seinem Bett, allerdings machte es auch nicht den Eindruck, als wäre er in der Nacht oder am Morgen noch mal hier aufgetaucht. Ishida stand auf, verließ die wohlige Wärme des Bettes und streckte sich genüsslich.

"Ich geh aufs Klo, kommst du mit?" Wieder sah er kurz zu Izzy, der zwar noch im Bett lag, aber, ähnlich wie Yamato vorhin, nur vor sich hinstarrte.

"Ja, klar!" Mit einem Satz sprang der Braunhaarige vom Bett herunter, landete gekonnt neben dem Blonden.

Die beiden schlenderten den Flur entlang; überall aus den Zimmer hörte man Stimmengewirr und für die Tatsache, dass es erst kurz nach halb acht war und in der Nacht zuvor ein Besäufnis statt gefunden hatte, waren schon relativ viele Leute wach.

Als die beiden Freunde im Klo waren, sah sich Yamato gründlich um, ob auch ja keiner da war. Dann beugte er sich übers Waschbecken, sah kurz in den Spiegel, worauf er sich kaltes Wasser ins Gesicht warf. Der Braunhaarige sah ihm etwas abwesend dabei zu. Als der Blonde sich das Gesicht trocknete, meinte er plötzlich:

"Was ist letzte Nacht gewesen...?" Wieder der stechende Schmerz in Taichis Brust. Es war genau das passiert, was er erwartet hatte: Der Blonde wusste von nichts mehr.

"Was soll passiert sein?" Die Gegenfrage klang trocken, nicht ehrlich.

"Ich kann mich an nichts mehr erinnern und wache in DEINEM Bett auf; also was verdammt noch mal war?" Yagami konnte den Blonden nicht ansehen.

"Du warst... ziemlich betrunken. Hast dich auch hier im Klo gekotzt und... na ja, da hab ich dich ins Bett geschleift... Sorry, aber du warst ziemlich schwer, da hab ich es nicht auch noch geschafft, dich in dein Bett hoch zu hieven...!" Verständnisvoll nickte Ishida.

"Und sonst? Hab ich irgendeinen Scheiß gemacht?" Scheiß?... Mit glasigem Blick starrten die braunen Augen zu Boden. Wieder fühlte Taichi die Stellen, an denen ihn die Hände seines Gegenübers letzte Nacht gestreichelt hatten; er dachte an das wunderschöne Gefühl, als er dessen Lippen auf den eigenen spürte. Weich. Sanft. Liebevoll.

Apathisch schüttelte Yagami den Kopf, sah aber nicht auf.

"Falls doch... dann tut's mir Leid. Wenn ich betrunken bin,...du weißt schon..." Fragend sah Taichi auf. "...dann lass ich meinen Gefühlen freien Lauf. Einmal hab ich sogar jemanden zusammen geschlagen... ich hasste ihn tief in meinem Herzen... und am nächsten Tag wusst ich gar nichts mehr..." Das war genug. Schnell drehte sich Yagami um, ging zur Tür.

"Ich zieh mich jetzt mal um; wir sehen uns beim Frühstück..." Damit fiel die Tür hinter ihm zu, und Yamato sah ihm geknickt hinter her. Irgendwie war Taichi heute morgen anders als sonst. So bedrückt, zurückhaltend und viel ruhiger. Irgendwas musste letzte Nacht doch passiert sein. Irgendwas, das den Braunhaarigen beschäftigte, und das er Yamato nicht erzählen wollte. Hatte er ihm wehgetan? Schmerzvoll verzog sich das Gesicht des Blonden. Allein bei der Vorstellung in seinem Suff Taichi etwas angetan zu haben, ließ einen gewissen Selbsthass in ihm aufkeimen. Nur weil man sich nicht zurückhalten konnte, wenn es um Alkohol ging; eine wohl vererbte Eigenschaft des geliebten Erzeugers... Egal; Fakt war: Man musste noch mal anständig mit Yagami reden. Doch das dürfte sich wohl nicht so einfach gestalten, an einem gesamten Nachmittag mit all den anderen Leuten aus der Klasse. Da es morgen ans Meer ging, hatten die Lehrer nämlich beschlossen mit dem Bus heute an einen kleinen See zu fahren und so würden die beiden wohl keine einzige freie Minute haben...

Als der Blonde auf dem Klo gewesen war, kam ihm auf dem Gang Izzy entgegen.

"Morgen, Koushiro!" Ungewöhnlich freundlich klang die Stimme des Blonden. Die wurde auch nur bei Leuten benutzt, mit denen man gut klar kam, wie eben Izzy. Doch der Rotschopf ging schweigend an Yamato vorbei; ja, irrte man sich da, oder sah er sogar leicht zur anderen Seite? Was war denn mit dem nun wieder los? Verwirrt blieb der Blonde stehen, drehte sich um, wollte gerade etwas sagen, da war Izumi auch schon in der Toilette verschwunden. Das gab es doch wohl nicht...

Was zum Geier war letzte Nacht nur passiert...?
 

°Ende, Kapitel 3°

"Ich mag dich echt gern..."

Titel: Die Träume Tief In Dir

Kapitel: 4/?

Autorin: Ichiat

Serie: Digimon 02

Genre: Shônen Ai, Romantik

Pairing: Taito/ Yamachi

Disclaimer: Siehe Kapitel 1.
 

Kapitel 4: "Ich mag dich echt gern..."
 

Seufzend öffnete Yamato die Zimmertür. Suchend sah er sich um, doch zu seiner Verwunderung traf er nicht den erwarteten Taichi an, sondern Shin.

"Morgen! Auch mal wieder im Lande?"

"Hmm...", kam die verschlafene Antwort. "Ich hab bei Naruki geschlafen..." Wissend grinste Yamato. Fragte sich nur, ob bei oder mit Naruki... Anscheinend hatte Shin den Blick des Blonden verstanden, auch er grinste verschmitzt.

"Du weißt ja, wie das so ist..." Nun verschwand das Lächeln auf Ishidas Lippen. Nein, das wusste er nicht. Mein Gott, er war 17 Jahre alt und hatte noch nie mit einem Mädchen geschlafen. Nur einmal hatte er eine Freundin gehabt, doch die Beziehung ging einerseits durch die Entfernung, die auf den kurz darauffolgenden Umzug entstanden war, zu Bruch. Andererseits hätte es sowieso nicht mehr lange gehalten; die beiden waren nur durch IHRE Hartnäckigkeit zusammen gekommen, und im Grunde hatte er niemals mehr als Freundschaft für sie empfunden. Erschöpft ließ sich Yamato auf Taichis Bett nieder.

"Hast du Taichi gesehen?"

"Ja, der kam mir entgegen. Ist zum Frühstück, unser kleiner Vielfrass..." Damit zog sich Shin seine Turnschuhe an, ging zur Tür. "Ich geh dann auch mal. Wir sehn uns."

Nachdenklich fuhr Yamato über das Kissen. Dann glitt sein Blick zum Nachttisch von Yagami. Auf ihm stand ein Reisewecker, Zahnputzzeug und unter dem Wecker lag ein Foto. (Anm.: Wer meine andern FFs kennt: Ja ich hab's mit Fotos... -.-) Vorsichtig nahm er es, sah es sich genauestens an. Dann senkte er den Blick. Wieder wuchs das Mitleid dem Braunhaarigen gegenüber. Wie schrecklich musste es wohl sein, seine gesamte Familie zu verlieren? Die wichtigsten Menschen im Leben. Und das mit unschuldigen sieben oder acht Jahren... Noch einmal schweifte sein Blick auf das Foto: Es war anscheinend ein Familienfoto der Yagamis, aufgenommen in deren glücklicher Vergangenheit: Zu sehen war ein Mann mit dunklen Haaren und einem breiten Lächeln, der einen Jungen auf den Schultern hatte. Das musste Taichi sein; Haare wie ein Besen, große, braune und wunderschöne Augen, und bei näherem Betrachten konnte man auch die Kette erkennen, die der Braunhaarige selbst im Sport trug, ein schwarzes Lederbändchen mit einem Anhänger in Form eines Drachen, der sich um ein Herz schlang. Neben den beiden eine Frau, in ihrem Arm ein kleines Mädchen. Die Frau trug ihr Haar zu einem Pferdeschwanz zusammen, die Farbe war fast die selbe, wie die von Taichi. Das Mädchen, vielleicht vier oder fünf, hing mit dem einen Arm um den Hals ihrer Mutter, sah etwas skeptisch drein, wie kleine Kinder es ja des öfteren beim Fotografieren taten. Ihre Haare waren relativ kurz, aber ebenfalls braun.

Betrübt legte der Blonde das Bild wieder an seinen Platz unter den Wecker. Dann stand er langsam auf, schließlich musste man endlich mal zum Frühstück. Schnell wurde noch ein anderes T-Shirt angezogen, geschlafen hatte man ja in den Klamotten von gestern Abend, und in die Schuhe geschlüpft.
 

Zwei Stunden später standen die Schüler der beiden Klassen aus Tôkyô tratschend an der Bushaltestelle vor dem Bus, der noch zugesperrt war; warteten auf die Lehrer und den Busfahrer.

Yamato war verdammt mies gelaunt, was man ihm auch ansah: Seine Hände hatte er tief in die Taschen der schwarzen Hose gegraben und der Blick hing in weiter Ferne. Nicht nur das er so scheiß müde war vom letzten Tag bzw. der Nacht, nein, jetzt war sein bester Freund auch noch so beschissen abweisend zu ihm... Weder beim Frühstück noch danach widmete dieser dem Blonden einen einzigen Blick. Außer einem kühlen 'Danke', als man ihm die Butter gereicht hatte, war auch kein Wort vom Braunhaarigen gekommen.

Traurig sah Yamato auf zu Taichi. Dieser stand zusammen mit Izzy ein paar Meter von ihm entfernt und unterhielt sich. Verdammt noch mal, wenigstens im Bus konnten sie doch nebeneinander sitzen! Entschlossen stapfte der Blonde auf die beiden Freunde zu, erntete damit zugleich einen abweisenden und doch verwunderten Blick.

"Hey." Äußerst redegewandt, Herr Ishida, Applaus bitte...

"Hi." Koushiro nickte zu seiner Begrüßung. Doch der Blick des Blonden blieb an Taichi hängen.

"Ich wollte fragen... ob du im Bus neben mir sitzen willst... Taichi...?" Konnte der denn nicht mal hersehen, wenn man mit ihm redete? - Na, endlich. Die braunen Augen sahen auf.

"Wieso denn?"

"Wieso denn nicht?" Immer noch zögerte der braunhaarige Junge. "Hast du was gegen mich, Yagami? Oder warum bist du so abweisend?!"

"Ich bin nicht abweisend, okay?"

"Achja?"

"Ja. Aber selbst ich kann nicht immer gut gelaunt sein, okay?" Entsetzt sah Ishida, wie Taichi seine Hände in den Stoff seines T-Shirts krallte. Er war stocksauer, selbst am giftigen Ton seiner Stimme hatte man es gehört.

"Ist ja okay. Aber... können wir nicht nebeneinander sitzen...?"

"Ja, klar." Plötzlich hoben sich die Mundwinkel Taichis etwas. Na also, geht doch... Irgendwie konnte Yagami dem Blonden nicht böse sein, ihn so stehen lassen oder einfach ignorieren. Seufzend streckte sich Yagami. "... vorrausgesetzt wir fahren HEUTE noch los..."
 

Wenige Minuten später trafen dann doch noch die Lehrer und der Busfahrer ein, und es ging los. Taichi und Yamato hatten sich einen Platz im hinteren Drittel des Busses geschnappt, der Braunhaarige saß am Fenster und so musste der Blonde auf den Gangplatz.

Gleich nach den ersten Kilometern packte Taichi sein Lunchpaket aus, biss genüsslich in eines der vier Sandwichs. Yamato neben ihm schüttelte resignierend den Kopf.

"Du bist wirklich ein kleiner Vielfrass..."

"Na und, laff mich doch!" Schmatzend spotzte er durch diese fünf Worte das halbe Sandwich, oder eher dessen zerkaute Teilchen, auf den Blonden, sodass dieser genervt die Brösel von seinem T-Shirt schüttelte. Taichi zog eine Schnute, schob auch schon den Rest seines Essens in den Mund.

"Was hörst du da eigentlich?" Er zeigte auf den Discman.

"Eine CD, die ich mal mit meiner damaligen Band, auf einer Schule aufgenommen hab, auf der ich vor..." Er musste kurz überlegen. "... ja, vor anderthalb Jahren war."

"Cool! Darf ich auch mal?" Begeistert leuchteten die braunen Augen noch mehr wie Sterne.

"Klar doch!" Auch Yamato freute sich über das Interesse, das bei Taichi für seine Songs bestand. "Hier." Er gab ihm einen der Ohrstöpsel, den er sogleich in sein linkes Ohr stopfte. Vorsichtig drückte Yamato auf PLAY. Erst das Schlagzeugsolo, dann das Einsetzen der Gitarre und nach einer halben Minute etwa der Gesang. Yamato sah zu Taichi. Dieser sah so richtig selig drein: Er lächelte abwesend, die Augen wurden immer kleiner, bis sie sich schließlich genießerisch schlossen.

"Wow..." , meinte der Braunhaarige nach Enden des Songs, "das ist wunderschön. Das war deine Stimme, nicht? Sie war... einfach herrlich..." Der Blonde wurde etwas rot bei diesen Worten, freute sich aber unheimlich über das Lob.

"Wieso spielst du nicht wieder in der Schulband? Die unserer Schule könnte Verstärkung gebrauchen..."

"Nein, wir ziehen sooft um... ich habe es aufgegeben irgendwas anzufangen. Ein halbes oder dreiviertel Jahr später und- Schluss, aus ist damit. Das war mir zu blöd..."

"Schade... ich würde dich wirklich gerne öfter singen hören..."

"Ich kann dir ja eine CD geben. Ich hab noch ein paar davon zu Hause."

"Stark, danke!" Es war einfach unglaublich: Allein durch solche Kleinigkeiten konnte man dem braunhaarigen Junge eine so riesige Freude bereiten. Yamato musste lächeln bis über beide Wangen.

"Hier, wenn du willst, kannst du etwas hören, ich hab eh so arg Kopfweh..." Er fuhr sich über die Stirn, gab dem Jungen seinen Discman. Tja, die Auswirkungen des Alkohols waren ihm ja gestern eigentlich schon klar. Ein Kater sondergleichen.

"Vielen Dank!" Strahlend nahm er den Discman entgegen, drückte auch den zweiten Stöpsel in das andere Ohr und lümmelte sich etwas in die Ecke von Sitz und Fenster. Träumerisch sah er aus dem Fenster und auch Yamato machte es sich etwas bequemer, indem er sich von seiner steifen in eine lockere Lage begab.

Die Kilometer schlichen dahin und durch den starken Verkehr kam der Bus noch langsamer voran, als er es eh schon tat. Schon seit einiger Zeit hatte Taichi seine Augen geschlossen und nun bemerkte Yamato, dass sein Freund eingeschlafen war. Der Mund war leicht geöffnet und die Atmung war gleichmäßig geworden. Doch auch der Blonde war so verdammt müde von der letzten Nacht. Etwas schüchtern beschloss er sich etwas an Taichi zu lehnen. Immerhin hatte dieser ja das Fenster zum daran lehnen! Und man selbst? Nichts, außer man fand Spaß daran im Schlaf über den Gang zu purzeln...

Also drehte sich Yamato langsam zu Taichi, legte sich vorsichtig an dessen Arm und Schulter. Es war wirklich bequem, weich und gemütlich, und so dauerte es nicht lange, bis auch dem blonden Jungen langsam die Augen zufielen.
 

Ein unangenehmes Rumpeln ließ den Braunhaarigen die Augen öffnen. Etwas verwirrt bemerkte er, dass Yamato schlafend auf ihm lag. Die blonden Haare kitzelten etwas in der Nase, doch es war einfach ein herrliches Gefühl den Freund so nah bei sich zu haben. Ganz langsam und vorsichtig befreite Yagami seinen linken, von Yamato eingequetschten Arm und legte ihn um den Blonden. Glücklich starrte er den Schlafenden an, genoss einfach diese Momente.

"Hey, Taichi!" - Laut riss ihn Shins Stimme aus seinen Gedanken. Er und Izzy standen im Gang und wollten gerade weiter reden, als sie den schlafenden Yamato sahen. "Oh, sorry", sprach Shin viel leise weiter, " eigentlich wollten wir euch fragen, ob ihr mit Karten spielt... Aber das hat sich wohl erledigt." Er zeigte mit dem Daumen auf den Blonden. Er grinste, wollte gerade wieder gehen, als er noch hinzufügte "Ihr beiden seht süß aus zusammen!" "Halt die Klappe!" Yagami war rot angelaufen und ziemlich froh, dass die beiden wieder weg waren. Noch einmal sah er zu Yamato. Er sah wirklich zu niedlich aus und so bettete der Braunhaarige seinen Kopf auf dem des Blonden. Wieder nickte er weg.

Erst ein hämisches "Schluss mit Kuscheln, ihr zwei!" und das darauffolgende Rütteln weckte die beiden Jungs wieder auf. Schmatzend fuhr sich der Blonde über die Augen, bemerkte noch kurz den Arm um seinen Rücken, als dieser auch schon hektisch weggezogen wurde.

"Wir sind da."
 

Neugierig sahen sich die Kids um. Es war wirklich eine herrliche Gegend, die sich die Lehrer ausgesucht hatten: Sie hatten auf einem Parkplatz geparkt, auf dem noch weitere Busse standen. An diesem Platz war Schluss mit Straße, man sah nur die, auf der sie hergekommen waren. Und blickte man in die Richtung, aus der die Sonne wärmend auf sie herabbrannte, also nach Süden, erblickte man schon von weitem den See. Er schimmerte in allen möglichen Blautönen und wurde dort dunkler, wo er tiefer war. Überall um den See herum tummelten sich kleine Wäldchen oder weite Wiesen breiteten sich aus. Es war zwar sehr heiß, doch blies ein angenehmer, warmer Wind, der ein großes Wohlsein hervor rief.

Während die blauen Augen noch verträumt über den See glitten, beschlossen die Lehrer zusammen mit ihren Klassen zu diesem zu laufen, ihnen dort aber freie Hand zu lassen. Also wurden schnell die Badesachen aus dem Bus geladen und freudig in Richtung Wasser gestiefelt. Schon auf dem Weg bildeten sich die üblichen Grüppchen, und so liefen Yamato und Taichi zusammen mit Shin, Izzy, Sora und Naruki auf ein freies Plätzchen am Seeufer zu.

"Das ist wir geschaffen für uns." , meinte Sora begeistert und der Rest nickte zustimmend. Sie hatten ein Stück Sandstrand ergattert, an den nach einigen Metern eine Wiese anschloss. Decken und Handtücher wurden ausgebreitet, und Shin stellte seinen Miniradio ein. Er und Naruki teilten sich eine Decke, genau wie Izzy und Sora, und Taichi und Yamato. Während der Braunhaarige seinen Rucksack schon wieder nach etwas Essbarem durchsuchte, und das auch in Form eines abgepackten Obstsalats fand, zog der Blonde ein weiteres Handtuch aus seiner Tasche.

"Wollt ihr auch?" Fragend blickte Naruki in die Runde, hatte einen Pack Eistee in der einen und Becher in der anderen Hand.

"Klar!" So bekam jeder einen Becher Eistee, und kurz darauf wurde 'angestoßen'.

Bald darauf standen Shin und Naruki auf; der Junge nahm die Hand des Mädchens und meinte kurz zu seinen Freunden: "Wir laufen etwas am Strand rum, ne?" "Jo."

"Die zwei geben ein süßes Pärchen ab, findet ihr nicht?" , meinte Sora, als die beiden außer Reichweite waren.

"Stimmt, hast Recht." Nachdenklich sah Yamato den beiden hinterher. Dann drehte er sich zu Taichi. Dieser lag neben ihm auf dem Bauch, hatte sein T-Shirt ausgezogen, den Kopf in die verschränkten Arme gelegt und döste vor sich hin. Auch die Haut am Rücken war bei Yagami richtig schön braun und wieder fragte sich der Blonde, wie sein Freund das nur hinbekam. Anscheinend bemerkte Taichi seinen Blick, denn er sah auf und lächelte freundlich.

"Ist dir nicht warm, Yamato?" Wieder Soras laute Stimme, die die Gedanken Ishidas jäh unterbrachen. "Komm, ich helf dir!" Mit diesen Worten war die Rothaarige auch schon auf ihn zugekommen, grapschte nach seinem T-Shirt und zog es ihm grob über den Kopf. "Was soll das...?" Etwas schüchtern und doch sauer riss er sein T-Shirt wieder aus Takenouchis Griffeln. Beschämt sah er auf seinen mickrigen Oberkörper, der noch dazu so verdammt ungesund hell aussah! Prüfend verglich man die eigene Haut mit der Yagamis, nur um letztendlich wieder feststellen zu müssen, dass man bei weitem nicht so gut aussah wie dieser...

Seufzend ließ sich der Blonde auf den Rücken fallen, blickte in den klaren, hellblauen Himmel. Er war immer noch sauer auf Sora, doch schon bald schweiften seine Gedanken ab, er versank in Träumereien und merkte gar nicht, dass er plötzlich einschlief. Erst als sein Bauch von der heißen Sonne begann zu jucken, richtete er sich verschlafen wieder auf. Shin und Naruki lagen bereits wieder auf ihrem Handtuch, eng aneinander gekuschelt. Doch etwas fehlte, als Yamato auf seine linke Seite sah: Yagami war nicht mehr da. Verwirrt sah er sich um, aber er konnte nirgendwo einen braunhaarigen Jungen entdecken.

"Wo ist denn Taichi?" , fragte er Sora, die fleißig auf ihrem Handy rumhackte. Sie sah nicht mal auf, murmelte nur: "Der wollte sich etwas umschauen..." "Aha..." Kurz überlegte der Blonde, als er aufstand und den Rest seiner Freunde informierte: "Ich schau mal, wo er sich rumtreibt..." Izzy nickte.
 

Der Blonde war schon ein ganzes Stück gelaufen, als er an ein gut bewachsenes Stück Ufer kam. Als er um die Hecke herumsah, lag vor ihm ein kleiner Steg und ganz vorne entdeckte er ihn: Taichi. Der Junge saß auf dem Steg, ließ seine Beine ins Wasser baumeln. Langsam ging der Blonde auf seinen Freund zu; als er hinter ihm stand, ging er vorsichtig in die Knie. Der Braunhaarige hatte ihn anscheinend noch gar nicht bemerkt und so legte Ishida langsam seine Arme um den Freund. Dieser schreckte merklich zusammen, entspannte sich gleich darauf aber wieder.

"Was machst du denn hier so alleine...?" Leise flüsterte er diese Worte in Taichis rechtes Ohr, legte seinen Kopf etwas auf der nackten Schulter ab. Die Haut roch nach Sonnencreme, doch genau dieser Duft passte zu Yagami; es roch nach Freiheit und Wärme. Nach allem, was Yamato so sehr liebte. Sommer. Sonne. Leben.

Immer noch hatte er keine Antwort bekommen, und so löste er sich von seinem Freund, setzte sich im Schneidersitz neben ihn auf das aufgewärmte Holz. Der Braunhaarige wirkte so verdammt traurig, alleingelassen und niedergeschlagen.

"Was ist denn los, Taichi?" Ein erneuter Versuch, den Jungen zum Reden zu bringen.

Doch dieser ließ sich nur schweigend zurück fallen, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah abwesend in den Himmel, der noch genauso blau strahlte, wie vorhin, als der Blonde hineinstarrte.

"Sag mal, Yamato, ... was hast du für Träume?" Okay, das kam unerwartet. Wie kam der Junge nur jetzt auf so ein Thema? Darüber hatte er also hier nachgedacht.

"Hmm... hab ich noch nie drüber nachgedacht." Er legte den Kopf schief. "Wieso, was sind denn deine?" Als hätte er auf diese Frage gewartet, schloss Taichi entspannt die Augen. Seine Stimme war leise sanft und sie klang verdammt ehrlich:

"Ich hab natürlich viele Träume, aber... einer meiner größten Träume ist es, später mal der beste Fußballspieler Japans zu werden..." Stimmt ja, Fußball war Yagamis Leben. Seit der Unterstufe spielte er in der Schulmannschaft und immer wenn es da in einem Spiel eng wurde, rettete der Braunhaarige oft seine Mitspieler, indem er das entscheidende Tor schoss. Kein Wunder, dass er sein Hobby zum Beruf machen wollte.

"...ich will so richtig groß werden. Erst in der Schule spielen, dann regional und später für die Nationalmannschaft... ins Ausland würde ich nie gehen- immerhin bin ich Japaner, verstehst du?" Als er seine Augen wieder öffnete und den Blonden intensiv anschaut, strahlten die braunen Ovale wie zwei kleine Sterne. Dann rappelte sich wieder auf, ließ seinen Blick aber immer noch nicht von seinem Freund.

"Yamato...?"

"Hm?"

"Könntest... also könntest du mich... noch mal so umarmen... so wie vorhin...?" Nein, Stop, DAS kam unerwartet! Und wäre dem Blonden nicht sowieso schon so warm durch die immer noch prall runterstechende Sonne, hätte er wahrscheinlich auch gemerkt, ~wie~ rot er gerade eben geworden war...

"Also du musst nicht...!" Doch dann lächelte Ishida liebevoll.

"Ist schon okay..." Mit diesen Worten lehnte er sich etwas zu Taichi, legte langsam seine Arme um dessen Hals und drückte ihn etwas an sich. Auf seinem eigenen Rücken spürte er die Hände Taichis und man konnte sagen, was man wollte, es war ihm alles andere als unangenehm! Im Gegenteil, er genoss diese Nähe, auch wenn er sich immer noch fragte, wieso der Braunhaarige eine solche Umarmung von ihm wollte. Wahrscheinlich sehnte er sich einfach nach Geborgenheit. Klar hatte er seine Oma, doch Eltern und Schwester musste er schon so lange Jahre missen. Yamato selbst konnte es sich gar nicht vorstellen, wie es sein musste die Familie zu verlieren. In seine Gedanken vertieft bemerkte der Junge gar nicht, wie sehr sich Yagami immer mehr an seinen Oberkörper schmeichelte. Früher hätte Ishida aber auch niemanden so an sich herangelassen. Früher, das war die Zeit bevor man Taichi kennen gelernt hatte. Vor den unzähligen Streits, Klavierstunden, Ausflügen und Stunden, in denen man einfach nur nebeneinander gesessen und in den Himmel gestarrt hatte. Während man an genau diese Dinge dachte, wurde abwesend durch den Ansatz der Haare in Yagamis Nacken gestreichelt. Dieser selbst gab keinen Laut von sich und so saßen die beiden einige Minuten einfach nur da- Arm in Arm, die Körper nahe aneinander gekuschelt und versunken in Gedanken.

Erst ein lautes Räuspern ließ die Jungen sich voneinander trennen. Sie sahen in das fragende Gesicht Shins, der mit Naruki im Schlepptau vor ihnen stand und nervös mit seinem Fuß tippte.

"Darf man fragen, was ihr hier genau macht?" Ishida sah zu Yagami, und dieser antwortete prompt: "Yamato hat mich nur umarmt... ist da was dabei?"

"Nein, natürlich nicht, aber wir haben schon ewig nach euch gesucht..." Dann mischte sich Naruki ein, sie nickte zustimmend und erklärte: "Ja, wir wollen uns nämlich das Örtchen näher anschauen. Und natürlich wissen, ob ihr nicht mitkommt?" Sie machte eine Pause. "Außer ihr kuschelt lieber hier weiter...?"
 

Schweigend liefen die vier in Richtung Häuser. Das kleine zweitausend- Seelendörfchen hatte eine Hauptstraße, an der sich die meisten Geschäfte, Cafés und Bars befanden und von der aus immer wieder kleinere Gässchen abzweigten. Aufgrund des herrlichen Wetters war es eigentlich klar, wie voll die Straßen und auch Cafés waren; überall schlenderten händchenhaltende Pärchen herum und genervte Familienväter drückten ihren Sprösslingen Eis in die Hände.

"Mann, da kriegen wie ja nie einen Platz...!" Entnervt sprach Naruki das aus, was Yamato schon die ganze Zeit dachte. Er hatte mittlerweile richtig Lust auf einen Schoko- Shake oder eine Bananenmilch bekommen, und huschte so mit seinen Blicken über die zahllosen Sitzmöglichkeiten, die ihnen geboten wurden. Gerade als er freie Plätze entdeckte und den mund aufmachen wollte, begann Taichi mit seinen Händen wild vor Yamatos Gesicht herum zu fuchteln. Als hätte er gerade ein zweites Amerika entdeckt, informierte er seine Freunde: "Da! Da!" Belustigt rollte der Blonde mit den Augen. "Schnell, bevor uns wieder einer zuvor kommt!"

Fix wurde sich also hingesetzt und nach ewigem hin und her, konnte die Bedienung in ihrem äußerst kurzem Röckchen auch endlich etwas aufschreiben. Kurz darauf saß der blonde Junge mit dem gewünschten Schoko-Shake vor sich da, während Yagami an einer Erdbeermilch schlürfte und Shin sich einen 'Riesenfruchtbecher' mit Naruki teilte.

"Mmh... kann man echt weiterempfehlen.." Schwärmte Taichi. Ishida musste wieder grinsen.

"Hey, darf ich mal probieren?" Ohne überhaupt abzuwarten rutschte der Blonde näher zu Yagami und zog kurz an dessen Röhrchen. "Ja, schmeckt wirklich gut." Auch Taichi nahm einen Schluck vom Shake seines Freundes und nickte bestätigend. Beide lächelten einander an, und man verfiel wieder in ein Gespräch mit Shin und Naruki.

Alles hätte so schön sein und auch bleiben können, doch schon bald sollte sich diese freudige Atmosphäre in das krasse Gegenteil verändern. Als wollte Petrus auf das nahende Unheil aufmerksam machen, zogen noch während des Aufenthalts vor dem Café dunkle Wolken über die Gegend rund um den See. Auf der Rückfahrt in die Jugendherberge wurde schnell klar, dass auch der Rest Okinawas nicht verschont geblieben worden war, sich im Gegenteil die Wolken sogar noch weiter zusammenzogen, oben am Himmel anscheinend Kaffeekränzchen hielten und sich dann und wann in Form von heftigen Regengüssen entluden. An der Herberge angekommen wurde sich schnell in die Zimmer zurückgezogen und auch die darauffolgenden Tage verbrachten die Jugendlichen hauptsächlich damit in diesen rumzuhängen, da die Pläne der Lehrer durch den nicht enden wollenden Regen sprichwörtlich ins Wasser gefallen waren.
 

So kam Yamato am Abend des letzten Tages ins Zimmer herein, die Haare nass und zerstrubbelt vom Duschen und bekleidet nur mit einer Boxershorts und einem langen, viel zu großen T-Shirt. Er schmiss sein eines Handtuch auf sein Bett, das andere behielt er auf den Schultern. Kurz wurde zu Taichi gesehen, der auf seinem Bett gegen die Wand gelehnt halb saß, halb lag, und konzentriert in einer Zeitschrift las.

"Man soll nach dem Duschen die Haare nicht immer föhnen, sondern sie von selbst trockenen lassen..." Irritiert sah der Blonde zu seinem Freund, der ihn musterte.

"Wer sagt das?" Nicht das man vorgehabt hatte, sich jetzt die Haare zu föhnen; aber interessieren tat es den Ishida schon, woher der Braunhaarige sein plötzliches Fachwissen nahm.

"Steht in der Zeitschrift hier..." Er zeigte sie seinem Freund, der las den Titel: 'Girl today'. Verwirrt wurde die Augenbraue hochgezogen.

"Sag mal, Tai, hast du Fieber oder..." , er langte Yagami demonstrativ an die Stirn, "... warum liest du neuerdings so was?"

"Mich hat's nur interessiert; die gehört Naruki, sie hat sie gestern liegen gelassen." Stimmt, das Mädchen mit den schwarzen Haaren war die ganze Zeit über bei Shin gesessen, die beiden waren jetzt wohl offiziell ein Pärchen. Nur heute waren sie nicht im Zimmer, gingen wohl gerade den Mädels aus Narukis Zimmer auf die Nerven.

Seufzend ließ sich Yamato mit auf Taichis Bett nieder; dieser rutschte etwas zur Seite, damit sein Freund auch genug Platz hatte. Der Blonde ließ sich an der Wand etwas nach unten gleiten und saß nun ähnlich wie sein Freund da.

"Das Wetter war zwar scheiße die letzten Tage, aber ich hab die Zeit echt genossen hier..." Yamato konnte Taichis Resumée nur zustimmend nicken; ja, das fand er auch.

"...ich fands echt klasse hier mit euch... Shin, den Jungs und... dir..." Der Blonde musste wieder einmal lächeln, während Yagami nur etwas beschämt aus dem Fenster sah. Das hatte er schön gesagt und so lehnte sich der blonde Junge etwas an seinen Freund, schloss die Augen und murmelte: "Mir hat's auch gefallen hier bei dir..."

"Weißt du was, Yamato...?" Taichi richtete sich etwas auf, wodurch sich auch Yamato aufrappeln musste. "Das wollte... ich dir schon lange mal sagen..." Mit einem Mal schlug das Herz des Blonden einen ganzen Schlag lauter. Gespannt hing der Blick der blauen Augen an Taichis Lippen, wartete neugierig auf eine Antwort. Was hatte er ihm schon lange sagen wollen?

"Ich mag dich echt gern..." Shit. War das gerade sein Herz, das einen Aussetzer machte? Was hatte er da gerade gesagt? Er mochte ihn 'echt gern'? Mit einem Lächeln auf den Lippen wurde der Braunhaarige weiterhin angesehen.

"Weißt du, ... ich mag dich auch voll gern..." Als der Blonde diese Worte aussprach, wurde das Lächeln des Braunhaarigen noch breiter.

"Ja?... Ich hatte nämlich immer das Gefühl, du magst mich nicht so gern... aber du bist für mich wie ein Bruder." Bruder? Bruder... Er mochte einen wie einen Bruder? Enttäuscht sah der Blonde auf die Bettdecke. Er war also eine Art Bruder für Yagami; das war es also. Das und nicht mehr. Da hatte er sich doch wirklich gerade Hoffnungen gemacht... Hoffnungen darauf von seinem braunhaarigen Freund genauso geliebt zu werden, wie man es tat.

Ja, verdammt, es war Tatsache! Der mürrische Ishida hatte sich bis über beide Ohren in Yagami verknallt.

Und das, obwohl er gedacht hatte, niemals lieben zu können.

Und das, obwohl sie beide Jungen waren.

Und das, obwohl der Blonde nicht mehr als für einen Bruder für ihn empfand.

Nicht nur, dass man sich das hatte eingestehen müssen, nein, jetzt war die Liebe auch noch unerwidert und völlig hoffnungslos... Entsetzt merkte Yamato wie seine Augen das Brennen begannen und feucht wurden. Schnell rutschte er vom Bett herunter, murmelte schnell etwas von 'Hose anziehen' und kramte in seinem Schrank, die Tür so aufgemacht, dass man den Braunhaarigen nicht sehen musste.

"Wenn es dir unangenehm ist, dass ich so empfinde... dann...dann tut es mir Leid...", meinte dieser gerade; er hatte gemerkt, wie sein Freund auf seine Worte reagiert hatte.

Schnell schlüpfte der Blonde in eine weiße Trainingshose, wischte sich kurz über die Augen und klappte die Schranktür zu; strahlend meinte er: "Ach, Quatsch! Ich freu mich, dass du mich so magst!" Erleichtert stand auch Taichi auf, stellte sich vor den Blonden und erklärte mit erhobenem Finger: "Dann ist ja gut, Ishida- kun! Und vergiss nicht: Ja keine Haare föhnen!" Damit wuschelte er durch die noch feuchten, blonden Haare und stürzte auf Richtung Zimmertür, dichtgefolgt von einem angesäuertem Yamato.

"Hey, niemand zerstört mir meine Frisur, ja?"

"Welche Frisur...?" Laut rumpelten die beiden über den Gang; bis auch die letzten interessiert aus ihren Zimmern sahen und schmunzelten.

"YAGAMI! ISHIDA! Was soll denn das? Seid ihr von allen guten Geistern verlassen!?"
 

°Ende, Kapitel 4°



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Kommentare zu dieser Fanfic (44)
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Von:  Nupsi
2010-03-23T20:32:53+00:00 23.03.2010 21:32
Ich füge mich dann auch einfach mal in die Reihe der begeisterten und hoffenden Leute ein ^^

Die Story gefällt mir echt super gut. Ich würd mal sagen 1-
Und das - auch nur, weil's ja anscheinend nicht weitergehen wird -.-
Es ist so schade, dass es meistens die richtig guten Story nie zu ende geschrieben werden...

Aber ich möchte dir trotzdem danken, dass du mir mit deiner Fanfic die Zeit versüßt hast ^_-

Liebe Grüße, Nuspi
Von:  kitty007
2009-08-26T19:55:02+00:00 26.08.2009 21:55
maaaa *verliebt in die story bin* :D

wie sweet! ich find die story und deine schreibweise toll! mach weiter so und vorallem..

SCHREIB SCHNELL WEITEEER ^.^


GLG Kittylein >^.^<
Von: abgemeldet
2008-08-29T22:05:04+00:00 30.08.2008 00:05
uiii^^ was haben die zwei denn nun wieder angestellt???
lol
auf jeden fall gefällt mir dein schreibstil seeeehr gut!!!
alles klar verständlich und alles greift wunderbar ineinander über!!
und die story erts...für sowas bräuchte ich warscheinlich jahre^^
ich würde mich seeehr freuen, wenn du mir ne mail schicken könntest wenn es weitergeht!!
wäre sehr lieb von dir!

lg Soria
Von: abgemeldet
2008-08-29T21:38:43+00:00 29.08.2008 23:38
jaja...der alkohol...
hoffendlich renkt sich bei beiden wieder alles ein!!!
und schnell weiter machen^^

lg Soria
Von: abgemeldet
2008-08-29T21:17:26+00:00 29.08.2008 23:17
ok^^ wieder einmal eht geniaaaaal!!!^^
aber man merkt, das sora nicht zu deinen favos gehört^^
aber die ohrfeige war echt hart....
freu ma schon aufs nächste kappi!!!

lg Soria
Von: abgemeldet
2008-08-29T20:59:49+00:00 29.08.2008 22:59
uiii die ff ist echt geil!!
ich liebe es wen Yama so abweisend und Tai so aufgedreht ist^^
freu ma scho weiterzulesen^^

lg Soria

Von:  Yanosuke
2007-10-10T15:31:37+00:00 10.10.2007 17:31
Oh schon zu ende?
Ich will doch wissen wie es weiter geht. Bitte schreib weiter. Ich hoffe das die beiden doch noch ein paar werden. Das wäre so schön.

LG MIZU
Von:  Yanosuke
2007-10-10T14:54:52+00:00 10.10.2007 16:54
wow das Kapi ist echt der Hammer. Ich finde es super mega klasse. Schade nur das er sich nicht erinnern kann (Matt). Ich bin echt mal gespannt was du dir noch so einfallen lassen hast was Tai und Matt angeht. *neugierig ins nächste kapi guck*

LG MIZU
Von:  Yanosuke
2007-10-05T16:30:12+00:00 05.10.2007 18:30
Das Kapi war so toll. Ich finde Yama und Tai ja so süß. Junge Junge es ging ja schon Interessant bei der ersten Klavierstunde her. Bin echt super gespannt wie es weiter gehen wird.
Was mir auch echt gut gefallen hat war die Versöhnung zwischen Matt und seinem Vater. Ich mag deine Art zu schreiben. Ich finde deine Worte werden richtig Lebendig.
Ich bin schon auf das nächste Kapi gespannt.

LG MIZU
Von:  Yanosuke
2007-10-04T15:55:51+00:00 04.10.2007 17:55
Hallo
entschuldige das es so lange gedauert hat bis ich deine FF gelesen habe aber jetzt habe ich es endlich geschafft dein erstes Kapi zu lesen *freu*
und ich muss sagen ich bin begeistert. Ich finde die Idee mit dem Klavier Unterricht echt super. Was mir auch besonders gut gefällt ist die Umgangssprache die du schreibst. Ich finde das machte deine FF irgendwie lebendiger.

LG MIZU


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