Tage des grauens von LoveKills ================================================================================ Kapitel 1: Unerwartete Gfühle ----------------------------- Es war noch nicht ganz hell, als Nero schweißgebadet erwachte. Er sah auf den Wecker, der auf einem kleinen schwarzen Nachttischchen stand, und in kleinen neongrünen Ziffern 4.35 Uhr anzeigte. Noch ganz aufgelöst, von dem, was er gerade geträumt hatte, fuhr er sich durch seine, zu einem Pferdeschwarz gebundenen, hüftlangen rabenschwarzen Haare. Komisch, dachte er sich. Ich bin durch eine Wüste gerannte, mit Ledermantel und –Hose und mir war noch nicht einmal heiß und jetzt? Ich wache auf, als wäre ich in einen See gesprungen. Aber warum um alles in der Welt, hatte er solch einen blöden Traum gehabt? Na ja, ist ja auch egal, beruhigte Nero sich selbst. War so oder so nur ein Traum. „Mensch, noch viel zu früh um aufzustehen", meinte er gähnend. Und sich noch einmal für drei Stunden hin zu legen, würde auch nicht wirklich etwas bringen, fügte er in Gedanken hinzu. Er schlug die leichte, königsblaue Satin-Bettdecke zur Seite, reckte sich, gähnte ausgiebig, und stand dann endgültig auf. Ging zu dem, mit dunklen zugezogenen Vorhängen, gekippten Fenster und machte es ganz auf, um hinauszusehen. Flauschige Nebelschleier wanden sich durch die Straßen von Cottbus. Der frische Wind, strich leicht über seine Haut, und ihm fröstelte ein wenig. Der junge Mann fragte sich, warum es selbst an Pfingsten, wo es doch bald Sommer war, immer noch so kühl und vor allem neblig war? Komisch. Alles ein wenig mysteriös. Als der junge, schwarz-haarige Mann seinen Blick nach unten auf die Straße senkte, fiel ihm eine kleine, alte, tattrige Frau im Morgenmantel auf. "Was macht denn die alte Schrulle so früh schon auf der Straße? Und dann auch noch mit einem Einkaufswagen vor sich herschiebend. Tz tz tz...", zischelte Nero vor sich hin. „Was interessiert mich eigentlich dieser Scheiß.“, fragte er in seine Wohnung hinein, welche im 4. Stock eines Hochhauses in der Lilienthal Allee, lag. Im Dunklen ging er zur Zimmertüre, ohne sich auch nur einmal einen Zeh an einer seiner Sachen anzustoßen. Er war es schon gewohnt, im Dunklen zu gehen, sodass er blind von Zimmer zu Zimmer spazieren könnte, wenn er wollte. Nero machte sich auf in die Küche, schaltete dort das Licht ein, nur um im selben Moment zusammen zu zucken, da ihn die Helligkeit in den Augen schmerzte. Er verengte seine Smaragde zu Schlitzen, bis sich diese halbwegs an das grelle Neonlicht gewohnt hatten. Am Herd setze er Kaffeewasser auf, und füllte das heiß gewordene Wasser in eine Thermoskanne, schüttete selbst auflösendes Kaffeepulver hinzu, drehte den Deckel drauf, und schüttelte die Kanne ein Paar mal, damit sich das Pulver gleichmäßig verteilte. Der Schwarzhaarige nahm sich eine große Tasse, füllte das braun-schwarze Heißgetränk in diese, setzte sich auf die Eckbank und schlürfte noch etwas verschlafen, dennoch genüsslich, sein aufgebrühtes Getränk. Gähnte leise vor sich hin und blickte sich mit kleinen, müden Augen um. Er hätte wirklich noch liegen bleiben sollen. Was sollte er denn die Zeit über noch machen, bis er sich mit Micha, Tenna und Erke treffen würde? Nachdem der junge Mann ausgetrunken hatte, wackelte er, trotz des Koffeins, schlaftrunken zurück in sein Zimmer, um sich für den heutigen Tag fertig zu machen. Mittlerweile, hatten sich Neros Augen an das Licht gewöhnt. Der junge Mann tapste gähnend zu seinem Kleiderschrank, an dessen Tür ein mannshoher Spiegel angebracht war. Er blickte kurz hinein und ihm blickten zwei hellgrüne Augen entgegen, die vielen Mädels den Kopf hätten verdrehen können. Bei dem Gedanken, grinste er schelmisch, und entblößte dabei zwei schöne, gerade, weiße Zahnreihen, deren obere Eckzähne etwas spitzer als normalerweise waren. Sie glichen Vampir Zähnen, und das war auch seine Absicht gewesen. Nero war deshalb extra zum Zahnarzt gegangen, um sich diese süßen spitzen Beißerchen machen zu lassen. Einkurzes Kopfschütteln und die Türe zu dem Reich seiner schwarzen Tracht wurde geöffnet. Der Schwarzhaarige musste sich gründlich überlegen, was er alles mitnehmen wollte. Diese drei Tage würden sehr wahrscheinlich unglaublich warm werden, doch auch darauf konnte man sich nicht verlassen. Somit packte er für jedes Wetter die passenden Anziehsachen ein. Kurze- und langärmlige Sachen. Nicht zu vergessen waren natürlich die Dinge, die er die Fahrt mit dem Bus über tragen wollte, denn sich nackt dort hinein setzten… Er würde noch viel mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen, als er es sonst bei Außenstehenden schon tat. Somit schlüpfte er in seine schwarze Lederhose und ein schwarzes aus Tüll gefertigtes Shirt mit einem auf dem Rücken gedruckten weißen Tribal. Schwarze Socken waren natürlich Pflicht. Und was er dann sonst noch anziehen wollte, war für die, die ihn kannten klar. Seinen Knöchellangen schwarzen Ledermantel und seine New Rock Boots. Schwere, Wadenhohe Stiefel, mit Eisen beschlagener Spitze und Hacke. Ebenso vervollständigten vier silberne Schnallen das gesamte Bild. Doch das, war nur die Hälfte, die Neros Aussehen ausmachte, denn es fehlten noch seine unzähligen Ketten, Ringe, Ohrringe und sein Nietengürtel und das Halsband. Mittlerweile war es 5:15. Irgendetwas fehlt, überlegte der junge Mann vor sich hin. Schlenderte in sein Wohnzimmer, um den großen Rucksack aus einem der Schränke zu holen und es fiel ihm ein. Es ging nichts über gute Musik und da es doch schon relativ spät war, würden sich die Nachbarn sicherlich nicht stören, würde er sein Gemüt ein wenig aufheizen. Einen kurzen Moment später, spielten die düsteren Klänge Janus´ durch die Wohnung. Beim ersten Ton, dieser für ihn so wundervollen Musik, war er endgültig wach. Leise mitsingend, schlenderte er wieder in sein Schlafzimmer zurück, um seine herausgelegten Anziehsachen in den übergroßen Tourenrucksack zu packen. Sein Geld, und die Eintrittskarte, kamen in den Geldbeutel, den er in seine Hosentasche stecken würde. Nero hatte einen Lieblings Ring und eine Kette, die er am wenigsten auf der Welt verlieren wollte. Der Ring, war ein so genannter Gliederring, der wie angegossen auf seinen rechten Mittelfinger passte. Die Form einer Drachenklaue besitzend war aus reinem Silber gefertigt worden. Wie auch seine Kette, deren Anhänger ein Drache mit ausgebreiteten Flügeln war, der sich um ein Schwert wand, und in seinen Klauen eine dunkelblau-schwarze Glaskugel hielt. Er legte nun seinen Nietengürtel um die Hüften, schlang seine drei seiner knapp 15 Ketten um den blassen, mit kleinen Äderchen durchzogenen Hals, und schob jeden Ring auf den dafür vorgesehenen Finger, steckte sich dann die Ohrringe in jedes seiner 5 Ohrlöcher, und zum Schluss kam das Halsband dran. Doch jetzt, fehlte nur noch eines, was seinen Anblick vervollständigte. Seine Schminke, ohne die er nie aus dem Haus ging. Was Tenna, Erke und Micha als "Kriegsbemalung" bezeichneten, war nur ein blass grundiertes Gesicht, ein Lidstrich, ein paar gekonnt geschnörkelte Linien an der linken Schläfe, schwarz-rote Lippen, und zu guter letzt, noch seine nachgezogenen Augenbrauen. Sein Ledermantel, ohne den er auch nie wegging, war dann noch das "i" Tüpfelchen. Allerdings störte dieser ihn im Moment nur, da er das Nötigste für das WGT einpacken musste. Das Wave Gotik Treffen Ein Festival wo sich das ganze Schwarze Volk der Welt versammelte. Feiert, redet. Auf Konzerte geht, sich gehen lässt. Eine Veranstaltung, wo man sich einfach wohl fühlt. Man ist unter seines gleichen. Keiner wirft einem ängstliche, oder abstoßende Blicke zu. Er freute sich ungemein auf das Festival in Leipzig. Die vielen Bands, der Mittelaltermarkt... es war immer wieder ein gigantisches Gefühl für Nero gewesen, wenn er mit seinen Freunden durch die Stadt schlendern konnte. Langsam erhob sich der junge Mann, begutachtete, seine Einpackkünste, fuhr sich durch die noch nicht gemachten Haare und ihm fiel ein, dass er doch tatsächlich vergessen hatte, sein Zelt einzupacken. Er tat einen Schritt und spürte, wie seine Knie auf einmal anfingen, wie wild zu knacksen. Doch das war er schon gewöhnt. Nero konnte nicht lange knien, denn sonst würden ihm irgendwann einfach die Füße abfallen. Er zog ein Paar Mal die Storchenbeine an, und stakste dann in die kleine Abstellkammer, in der er das Zelt aufbewahrte. Holte es heraus, und stopfte es umständlich in den Rucksack, darauf achtend, dass auch ja nichts kaputt gehen könnte. Mittlerweile spielte Wumpscut ~ Hang him higher. Nero flitzte durch die Wohnung, damit er noch schnell seinen zweiten Kaffee trinken konnte, bevor er sich mit Tenna, Erke und Micha an dem Treffpunkt treffen konnte, wo der Bus wartete, welcher sie nach Leipzig, und so zum WGT bringen würde. Die vier Freunde wollten sich um 8:30 Uhr dort treffen, und da es erst 7:30 Uhr war, machte Nero einen kleinen Umweg zu seiner Stammbäckerei, welche nicht weit von dem Treffpunkt entfernt war, um sich dort etwas zu Essen zu kaufen und nicht mutterseelenallein auf dem dunklen Parkplatz herumlungern musste. Nicht dass er noch verhaftet werden würde. Allerdings ging er nach kurzer Zeit wieder, denn am Nebentisch saß ein unheimlich turtelndes Pärchen, und das konnte sich der junge Mann nicht länger mit ansehen. Er kaufte noch zwei Brezen (Brezeln) und drei Butterhörnchen, welche er als kleiner Junge in rauen Mengen verschlungen hatte. Der junge Schwarze, war, wie in den letzten drei Jahren in denen er auf dieses Festival ging, recht hibbelig. Doch er freute sich immer wieder von neuem auf die drei Tage. Äußerlich wirkte er sehr gelassen, und hatte seinen typischen Ich-fresse-gerne-kleine-Kinder-Blick aufgesetzt, und wartete nun schon seit gut einer halben Stunde an dem Platz, wo sich die vier Freunde zur Abfahrt treffen wollten. Seinen großen Rucksack hatte er zwischen seine Beine gestellt, seine Walkmanstöpsel in den Ohren, und eine Sonnenbrille auf der Nase. Nero trommelte leicht mit den Fingern, im Takt des Liedes, auf seinen Knien. Noch eine halbe Stunde, knurrte Nero in sich hinein, und kaum, dass er zu Ende gedacht hatte, bogen Tenna, Erke und Micha um die Ecke und traten auf ihn zu. Er bemerkte sie erst, als er aufsah, und Tenna mit ihren Wasserstoffblonden Haaren, dem schwarzen Samtkleid, in dem glockenähnlichen Tüllärmel eingearbeitet waren. Er lächelte ihr liebevoll zu, stand auf und umarmte die drei nacheinander. Die 22-Jährige lächelte ihm zu, und machte, wie immer wenn es nach Leipzig ging, ein Gesicht, als wäre sie ein Kleinkind, welches sich auf Weihnachten freute. Die junge Frau, hatte wie die anderen drei, ebenfalls einen Knöchellangen Ledermantel an, allerdings mit dem kleinen Unterschied, dass ihrer in der Taille enger geschnitten war. Sie bot reihum eine Runde Zigaretten an, und jeder der Freunde, nahm dankend an. Auch Erke, der mit seinen süßen 24 Jahren, der älteste der vieren war. Er war sehr groß, schlank, hatte schwarz-blaue Haare, hellblaue Augen, und sah mit seinem Zylinder, dem schwarzen Samtrock und dem Lackkorsett am ungewöhnlichsten von allen aus. Micha war mit 22 Jahren der zweitälteste. Im Gegensatz zu Tenna, Erke und Nero, sah er sehr wild aus. Die schwarzen, bis zu den Schulterblättern reichenden Haare, waren zu einem Undercut geschnitten, was so viel hieß wie, dass diese an den Schläfen abrasiert waren, und vollständig mit viel Gel, Spray und Haarlack nach oben Spitzartig aufgestylt. Seine Augen, welche durch die purpurnen Kontaktlinsen nicht zu sehen waren, hatten durch die dunkle Schminke und dem weißen Gesicht, einen sehr gruseligen Ausdruck angenommen. An seinem Hals trug er auf Lederbänder angeschraubte Nieten. Als Mädchen wäre man nicht wirklich darauf aus gewesen ihn zu küssen, aus Angst, sich an seinen Halsbändern aufzuspießen. Doch das weibliche Geschlecht musste sich deswegen keine Sorgen machen, da er ausschließlich auf Männer fixiert war. An beiden Händen trug er, statt Ringe, Handschuhe, die mit Nieten besetzt waren. Außerdem Armbänder, die bis zu den Ellbogen reichten, und mit ihre10 cm langen Killernieten ungemein gefährlich aussahen. Die Lederjacke war über den Rucksack gehängt worden. Alle vier saßen nun auf dem warmen, von der Sonne gewärmten Boden, und ratschten ausgelassen, und spekulierten, ob die Preise der Verkaufsstände im Vergleich zum letzten Jahr gleich geblieben, oder teurer waren. Denn im Prospekt der ZILLO – ein Magazin der Schwarzen Szene - stand es nicht, und auch nicht auf den Eintrittskarten. Doch waren sich die Freunde einig, dass es einmal im Jahr schon gehen würde, wenn man mal auf ein Festival ging, wo sich so gut wie nur Gleichgesinnte trafen. Die Karten kosteten zwar pro Person 52 €, doch war der Zeltplatz inklusive, und auch die Bands, die auftreten würden, waren im Preis inbegriffen. Und wenn man sich darauf besann, dass eine Karte für ein reguläres Metallicakonzert 55 € kostete, war dies ja wohl ein absolutes Schnäppchen. Mittlerweile, waren am Treffpunkt noch einige Schwarze mehr angekommen, und der Geräuschpegel schwoll mit jedem Neuankömmling weiter an. Die Outfits der anderen Leute, waren eines verrückter als das andere, doch niemand scherte sich auch nur das Geringste darum, was jemand, den er nicht kannte, über einen dachte. Zum Beispiel, stand ein junger Mann, wohl nicht älter als 20, in einem schwarzen Lack Mini und verschiedenfarbig durchlöcherten Strumpfhosen, und einem Satinmieder bei einer Gruppe die noch verrückter, als der Mann selbst, aussahen. Die Leute, die um diese Uhrzeit vorbeigingen, müssten sich denken, was denn dort los sei. Nero und seine drei Freunde, welche auch allesamt recht verrückter aussahen, begutachteten die Jungen Leute unauffällig. Ein kleiner Junge, die drei schätzten ihn nicht älter als auf 16 oder 17, kam auf 10 cm hohen Plateau Schuhen mit Silbernen Schnallen angestakst, und gesellte sich zu einer Gruppe Gleichaltriger. Die vier merkten, wie aufgeregt er war. Höchstwahrscheinlich, weil er das erste Mal nach Leipzig fuhr und anscheinend wollte er es sich äußerlich nicht anmerken lassen, doch dieser Versuch scheiterte kläglich. Der Anblick des Kurzen, ließ Nero in Gedanken schwelgen. Er dachte daran, wie aufgeregt er damals selbst gewesen war, als seine beste Freundin Tenna, ihn eines Tages fragte, ob er denn nicht mit zum WGT kommen wollte. Damals hatte er ganz große Augen bekommen, und stammelte irgendetwas von wegen, dass er liebend gern mitkommen wollte. Stürmisch hatte damals die 18-jährige umarmt und ihr einen freundschaftlichen Kuss auf die rechte Wange gegeben. Er war so glücklich gewesen. Nie in seinen 16 Jahren, die er damals war, war er jemals so fröhlich und dankbar gewesen. Auf dem Festival, hatten die beiden dann auch Erke und Micha kennen gelernt, die, wie sie herausfanden, auch in Cottbus wohnten. Das war jetzt schon knapp drei Jahre her. Mittlerweile, waren die vier unzertrennlich geworden. Sie unternahmen so gut wie alles zusammen, außer, wenn einer mal keine Zeit hatte, oder einfach für sich sein wollte. Dann respektierten sie das natürlich. Das war auch der Grund, warum es in dieser Freundschaft, so gut wie nie Auseinandersetzungen gab. Immer noch abwesend, und ins Leere starrend, schreckte er plötzlich auf, da Micha mit der Hand vor seinen Augen herumgewedelt hatte. "Erde an Nero... Erde an Nero... sind Sie noch da?" Er grinste Nero lieb an und entblößte dabei zwei reihen makellos, weißer Zähne. Und auf einmal blieb ihm die Luft weg. Wie als würde jemand seine Lungen mit einem Gummiband zuschnüren. Er fing an zu husten und die drei Freunde schauten ihn erschrocken an. Tenna fragte besorgt, ob denn alles okay sei. "Hja...", keuchte Nero heiser, „Es ist alles okay.“ Der Grund dieses plötzlichen Hustenanfalls, war ein Junger Mann gewesen, welcher soeben in einiger Entfernung an ihnen vorbeistolziert war. Oh scheiße, dachte sich Nero. Was sollte das denn jetzt? Das ist mir ja bei dem Anblick eines gut aussehenden Mannes noch nie passiert. „Harr... der sah aber echt verdammt geil aus", knurrte Nero, ohne darauf zu achten, dass noch jemand neben ihm saß, und ihn ein paar hundert Leute hätten hören können. Sein bester Freund zog eine Augenbraue in die Höhe. "Was hast du gemeint, Nero?", fragte Micha verblüfft nach. "Was? Oh... ähm... nicht so wichtig", grinste er einen den jungen Mann an. Wurde rot, was man wegen der Schminke zu seinem Glück nicht sehen konnte. Oh oh... Das war knapp, murmelte Nero in sich hinein, und diesmal konnte ihn keiner hören, worüber er sehr erleichtert war. Nach dieser, für Nero etwas peinlichen Situation, kam auch schon der Bus, der auf die Sekunde pünktlich war und die bereits versammelte Menschenmasse nach Leipzig bringen, und wieder abholen sollte. Der Busfahrer stieg aus, um die Kofferräume zu öffnen. Die völlig in schwarz gekleidete Menge hievten ihre Rucksäcke hoch, um diese dann in den Ablagen zu verstauen. Tenna, Micha, Erke und Nero waren die ersten, die sich in den Bus, ziemlich weit hinten hinsetzten. Der Bus füllte sich mit der Zeit immer mehr. Nach gut 15 Minuten, startete der Fahrer den Motor, und die 6-stündige Reise nach Leipzig begann. Ein paar hundert Meter weiter, waren wieder wilde Gespräche zu vernehmen. Es war wie in den normalen Bussen der öffentlichen Verkehrsmittel. Immer zwei Plätze standen sich gegenüber, so, dass man sich während der Fahrt ansehen konnte. Die vier Freunde, hatten sich eine eigene "Koje" gesucht und unterhielten sich ausgelassen über die ganzen kleinen Kinder und die, mehr oder weniger, normalen Erwachsenen, die einen immer anstarrten, als würden sie jeden Moment tot umfallen, wenn ein Schwarzer sie auch nur eine zehntel Sekunde ansah. Ohne jeglichen Grund, schaute Nero nach rechts, und blickte direkt in das Gesicht, des jungen Mannes, der vor nur einer halben Stunde an ihnen vorbeigegangen war. Er spürte wieder dieses unheimlich drückende Gefühl in seiner Brust. Aber konnte sich keinen Reim darauf machen, warum das immer geschah. Kaum dass man es hätte bemerken können, zwinkerte ihm der Mann doch tatsächlich zu. Zu seiner eigenen Überraschung zwinkerte er zurück. Oh mein Fresse, was soll das? Wieder spürte er ein brennendes Gefühl auf seinem Gesicht und war froh, dass niemand die Röte sah, die ihm gerade ins Gesicht schoss. „Oh Mann... das wird ja immer besser.", sagte eine kleine Stimme in seinem Kopf. Er erschreckte sich tierisch, und fing dann eine Riesen Streiterei mit sich selbst an. Er war wirklich froh, dass Gedankenlesen noch nicht erfunden war. "Na na na... was ist denn das?", kicherte die Stimme in ihm. Was soll was sein, fuhr er die bekannte Stimme in sich an. Er stritt sich mit sich selbst. Oder war es seine andere Hälfte? War er vielleicht doch schizophren? Wer konnte das auch so genau sagen? "Na dieses Glühen in dir", kicherte sie wieder. Welches Glühen, verdammt noch mal, schrie er nun in sich hinein. "Na... wir sind doch nicht in diesen... diesen MANN dort verliebt? Oder etwa doch?", lachte sie ihn aus. Verliebt? In DEN? Nein nun wirklich nicht, fauchte Nero. "Wir wollen es doch nicht leugnen? Oder... giiihihihi", gackerte die Stimme. Langsam reichte es ihm. Ich bin doch nicht schwul! Oder etwa doch? Argh... ich weiß es doch selbst nicht. "Hihihii das kleine Nero Bubilein ist in einen Mann verliebt", hallte die Stimme in seinem Kopf wieder. "Und was macht er nun? Das kleine Bubilein? Will er sich jetzt in seinem Zelt verkriechen und niiie mehr rauskommen? Das wäre ja nur zu lächerlich!" Ja vielleicht werde ich das ja machen, blubberte er. Und jetzt hör auf zu lachen! Na und! Dann bin ich halt, vielleicht, verliebt... Na und, plärrte Nero jetzt wieder! "Verliebt... das kleine Bubilein ist verliiiiiiiiiiiiebt! Hahaaahahahah!" Jetzt gackerte die Stimme so sehr, dass sie sich überschlug. Lass mich in Ruhe! "Verliebt verliebt verliiiiiihiiiiieeeebt!" Hör auf damit! "Verliebt, verlobt, verheiratet, geschieden, wie viel Kinder willst du kriegen", hallte die gackernde Stimme in seinem Kopf wieder. "Nee... rooo", drang eine Stimme von ganz weit weg an sein Ohr „Lass mich bloß in Frieden." Mit dem blöden Kinderkram von wegen geschieden und so. Den Rest des Satzes hatte er, nichts wissend, gedacht. "Mensch, Nero... was ist denn los" Und Tennas Stimme klang jetzt wieder ganz klar und deutlich. "Was ist denn los? Ich verstehe gar nichts mehr. Wat gibt es denn?", meinte Nero, und versuchte so unschuldig wie nur möglich zu klingen, doch das gelang ihm wohl nicht. "Du hast auf einmal geschrieen, von wegen ´lass mich in Ruhe´, obwohl ich dich doch nur gefragt hatte, wann du heute aufgestanden bist", murmelte sie nun sehr verwirrt, und zugleich überrascht von Neros Benehmen. "Oh ähm... das tut mir echt furchtbar leid, Süße, aber ich glaube, ich war gerade nicht ganz bei der Sache", sagte er wieder mit normaler Lautstärke. "Nimm es mir bitte nicht übel, ja? "Ach ist schon in Ordnung, Schnecke" Tenna grinste ihn so lieb an, das Nero ihr am liebsten um den Hals gefallen wäre. "Aber jetzt sag", fügte sie hinzu, "wann bist du denn dann heute aufgewacht, bzw. aufgestanden?" "Ähm... nun ja um 4:35 Uhr bin ich aufgewacht, kurz darauf bin ich aufgestanden, und hab mir einen Kaffee gemacht", nuschelte Nero. "Oi", ließ sich Michas dunkle Stimme vernehmen. "Ja, das würde ich sagen", meinte Erke erschrocken. "Warum bist du denn schon so früh aufgewacht?", fragte Tenna ganz verblüfft, denn normalerweise war Nero ein notorischer Langschläfer und es war einfach nicht üblich, dass er vor halb zehn aufstand, außer er hatte etwas Wichtiges zu erledigen. "Tjapp... ist eigentlich eine wirklich gute Frage", antwortete der 19-jährige, und klang selbst etwas erschrocken, und fügte hinzu: "Ich hatte ehrlich gesagt einen total beschissenen Traum, aber dass mich das dann auch noch so brutal aus der Bahn wirft, das wundert mich selbst." "Na was soll's" Micha zuckte leicht die Schultern. "Kann man nichts machen, gell Schneckchen, vielleicht kannst du ja dann öfters mal früher aufstehen.", neckte er ihn mit einem schelmischen Grinsen. "Ja ja, du hast leicht reden, Großer", gab Nero zurück, und tat so, als wäre er total gekränkt worden. "Mensch... jetzt hört doch mal auf hier... ihr seid ja echt schlimm", meckerte Tenna. Micha, Erke und Nero sahen sie nur unschuldig an und fingen dann lauthals an zu lachen. Tenna starrte sie nur verständnislos an und fing dann selbst an breit zu grinsen. Man vernahm ein Quieken aus ihrem Mund, und die vier Freunde fingen noch mehr an zu lachen. Micha hielt sich schon den Bauch, und flehte, dass sie doch endlich aufhören sollten, doch das Gelächter wurde immer noch lauter, und den vieren standen schon Tränen in den Augen. "Mensch, jetzt hört doch endlich auf zu lahaachen", würgte Erke unter Lachen hervor, doch das bewirkte nur das Gegenteil. Es war wirklich seltsam. Sie hatten schon lange nicht mehr so herzhaft gelacht, dass ihnen gleich die Tränen in die Augen traten, aber es war ein lustiges Gefühl. Wegen des lauten Gelächters, schaute sie schon der halbe Bus an, doch sie lachten nur noch lauter als sie sich ansahen, und ihre vom lachen verheulten Gesichter betrachteten. Nero sah nach rechts, denn er hatte das Gefühl, als würde er die ganze zeit von dem jungen Mann ihm schräg gegenüber angestarrt. Als er sich zu ihm umschaute zwinkerte ihm der unbekannte schon wieder zu. Nero wusste selbst nicht wieso er es tat, doch trotzdem zwinkerte er ihm mit seinem breiten Grinsen zurück. Abermals. Nach einiger Zeit hatte sich das Gelächter wieder gelegt, und der Bus war wieder von Stimmengewirr durchflutet. Sie saßen nun schon seit drei Stunden in dem stickigen Bus. Es lag immer noch die halbe Strecke vor ihnen. Weit nach Mittag, hielten sie an einer Raststätte auf der Autobahn, um sich mit Lebensmitteln für die weitere Fahrt zu versorgen. Tenna, Micha, Erke und Nero standen gerade vor dem Regal mit Trinkflaschen, als Nero plötzlich leicht eine Hand am Hintern spürte. Er drehte sich ruckartig um, und sah in die schwarzen Augen des Mannes, der ihm im Bus immer zugezwinkert hatte. Dieser grinste ihn schelmisch an, und bevor Nero auch nur ein Wort herausbrachte, verschwand der mysteriöse Mann hinter der anderen Regalreihe. Oh, heiliger Luzifer..., dachte sich Nero, wenn dieser Typie das auch nur noch einmal macht, dann kneif ich ihm so in die Eier, dass er impotent wird. Tennas Stimme drang von weit her an sein Ohr. "Hey... Du Schlafmütze", fauchte sie "Was ist denn heute nur wieder los mit dir? Sonst bist du ja auch immer so gesprächig! Ich glaube du brauchst noch mal 'ne Mütze Schlaf, mein Lieber!" "Wie, was? Oh Verzeihung", entschuldigte sich Nero ernsthaft bei ihr. "Weißt du was", sagte die junge Frau. "Du gehst jetzt zurück in den Bus, machst deine hübschen Äuglein zu und versuchst noch ein wenig zu schlafen. Wir bringen dir dein Zeug schon mit, und wecken dich dann auf, wenn wir angekommen sind. Wie wär's?" "Echt? Mensch... Tenna, du bist echt die Beste", lächelte Nero sie an. Er bedankte sich noch einmal bei den dreien, und machte sich auf den Weg zurück zum Bus. An seinem Platz angekommen, setzte er sich ans Fenster, schloss die Augen, und kurze Zeit später war er auch schon weggenickt. Er hörte, und sah nichts mehr. Der junge Mann merkte nicht einmal, wie ihn jemand flüchtig auf die Wange küsste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)