20 Jahre später von Weissquell (Die nächste Generation) ================================================================================ Kapitel 14: Der Neue -------------------- Es ist Montagmorgen und die Schule geht wieder los. Yami, Keiko und Itaru sitzen bereits im Unterricht. Mathematik, es kann Schöneres geben! Zum Beispiel, endlich aus Yamis Karten und seinem Schwarzen Magier ein starkes Deck zusammenzustellen. Yami ist bereits ganz hibbelig. Heute Nachmittag ist es endlich soweit! Diesmal wird nichts mehr dazwischen kommen! Auf einmal geht die Klassentür auf und jemand kommt herein, mit einem äußerst verdrießlichen Gesichtsausdruck, wie die Schüler feststellen. Sofort winkt der Lehrer den Neuankömmling zu sich. Dann wendet er sich an die Klasse: "Dies ist euer neuer Mitschüler, Kotaro Kaiba. Er hat von einer anderen Schule hierher gewechselt. Bitte begrüßt ihn freundlich und nehmt ihn gut bei euch auf!" Allgemeines, zustimmendes Gemurmel ist die Folge, das der hochgewachsene, braunhaarige Junge nur mit einem verächtlichen Blick quittiert. "In Ordnung, Kotaro", meint der Lehrer, "Am besten du setzt dich dort drüben hin!" Missmutig schlendert der junge Mann zu dem einzigen, freien Platz etwas weiter hinten in der Klasse und lässt sich darauf nieder. Dann stützt er die Ellenbogen auf den Tisch, faltet die Finger und starrt stur nach vorne. Kaum, dass Kotaro die Klasse betreten hatte, flogen zwischen Yami und seinen Freunden mehrere aufgeregte Blicke hin und her. Eifrig versuchen sie mit versteckten Gesten und Mimik zu kommunizieren, aber im Grunde denke sie alle das Gleiche: Was macht er hier? Was hat das zu bedeuten? Doch anscheinend werden sie sich damit bis zur Pause gedulden müssen. Zunächst läuft aber der Unterricht ohne weitere Störungen weiter. Zwar versuchen die meisten Schüler, vornehmlich die Mädchen, immer wieder einen Blick auf den interessanten, attraktiven Neuankömmling zu erhaschen, aber dieser begnügt sich damit, während des gesamten Stunde ausschließlich nach vorne zu schauen, keinen Ton von sich zu geben und zumindest so zu tun, als würde er dem Unterricht folgen. Kaum klingelt es zur Pause, da wird Kotaro auch schon umringt von vielen neugierigen Personen hauptsächlich weiblichen Geschlechts die munter auf ihn einplaudern und versuchen ihn auszufragen. Ein Stück entfernt stehen Yami und seine Freunde und schauen zu dem Treiben hinüber. "Ja fasst man's denn!", meint Itaru kopfschüttelnd, "Der Kerl wird ja belagert als wäre er das achte Weltwunder. Was finden die denn bloß an dem?" "Na ja!", Keiko hebt eine Braue, "In dieser Schuluniform sieht er schon irgendwie niedlich aus!" Fassungslos reißt Itaru die Augen auf: "Was, bist du irre? Wie kannst du den Dreckskerl bloß niedlich finden? Hast du schon vergessen, dass wir seinetwegen beinah draufgegangen währen? An dem Kerl ist doch nun echt nix niedlich!" Keiko wehrt ab: "Reg dich ab! Das war doch nur ein Scherz!" Itaru schnaubt verächtlich auf. "Phöö, das find ich gar nicht lustig." "Ich möchte aber doch wissen, warum er jetzt hier ist", meint Yami nachdenklich. "Geh doch hin und frag ihn!", erwidert Itaru noch immer ein wenig eingeschnappt. "Also eigentlich möchte ich ihm lieber aus dem Weg gehen", entgegnet Yami, "Außerdem ist jetzt wahrscheinlich kein guter Zeitpunkt um ihn zu fragen." In der Tat, fast die gesamte Klasse drängt sich um den neuen Mitschüler. Doch schließlich wird es Kotaro zu bunt. Genervt steht er auf. "Hört mal zu, ihr Nervensägen, ich bin vielleicht gezwungen mit euch Nieten in eine Klasse zu gehen, aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich euer albernes Gesabbel auch noch in den Pausen ertragen muss. Also seht gefälligst zu, dass ihr Land gewinnt und lasst mich in Ruhe!" Mit diesen Worten bahnt er sich einen Weg durch die sprachlosen Gesichter und nur wenige Momente später ist er auch schon erhobenen Hauptes aus dem Klassenraum verschwunden. "Du liebe Güte, wie ist der denn drauf?", ertönt es in der Gruppe. "Was ist das denn für ein Blödmann?" "Der trägt die Nase ja ganz schön weit oben." "Ja, aber trotzdem sieht er irgendwie niedlich aus." "Stimmt, und diese kühle, abweisende Art. Irgendwie hat er was geheimnisvolles!" "Ja, find ich auch! Meinst du er geht mal mit mir aus?" Yami, Keiko und Itaru beschließen das weitere Getuschel der anderen zu ignorieren und stattdessen hinaus in den Pausenhof zu gehen. "Was hältst du davon, Yami?", fragt Keiko grade. "Ich vermute, dass es was mit unserem Besuch bei Kaiba-san zu tun hat, dass er hier ist." "Ob das wieder eine neue List von ihm ist? Oder will er sich vielleicht an dir rächen, weil du ihm die Tour vermasselt hast, was meinst du?", fragt Itaru. "Es gibt nur eine Möglichkeit das herauszufinden", meint Keiko und weist den Flur hinunter. Dort am Ende steht Kotaro Kaiba mit verschränkten Armen und starrt aus dem großen Fenster des verglasten Ganges. Draußen hat es angefangen zu regnen und die dicken Tropfen rinnen an der Scheibe hinunter. Kaibas Mine ist ausdruckslos. Hinter ihm laufen die anderen Schüler vorbei und beginnen eifrig zu tuscheln, kaum dass sie ihn passiert haben. Doch der junge Mann lässt nicht erkennen ob er es bemerkt oder nicht. Nachdenklich schaut Yami zu ihm hinüber. Irgendwie wirkt er bedrückt, wenn er auch versucht es sich nicht anmerken zu lassen. Irgendwie erinnert ihn das an damals, als sie ihn zum ersten Mal gesehen haben. Damals am Grab seiner Mutter hat er ähnlich betrübt ausgesehen. Irgendwie kann Yami nicht glauben, dass dieser junge Mann dazu in der Lage sein sollte, so etwas Hinterhältiges zu tun. Und trotzdem war es so; er ist sich hundertprozentig sicher. Was mag in Kaiba nur vorgehen? Was für einen Grund kann er dafür gehabt haben? Vielleicht sollte er ihn wirklich einfach fragen. Eigentlich ist ja niemand zu Schaden gekommen, außer dem Laden seines Vaters. Was auch immer für ein Missverständnis hier vorliegt, bestimmt kann man das irgendwie aus der Welt schaffen. Vielleicht kann er sich ja irgendwie wieder mit ihm versöhnen. Egal warum er auch jetzt auf diese Schule geht, bestimmt ist ihm noch alles fremd hier und er fühlt sich einsam. Vielleicht wäre er anders, wenn er Freunde hätte. Wenn sie diese Angelegenheit klären können, könnten sie ja vielleicht wirklich Freunde werden, wer weiß? Yamis Entschluss ist gefasst! Er wird versuchen über die jüngsten Ereignisse hinwegzusehen und Kaiba seine Freundschaft anzubieten. Langsam geht Yami auf Kaiba zu; seine beiden Freunde schauen ihm nur sprachlos hinterher. "Ich fasse es nicht, er tut es wirklich!", zischt Itaru. "Na, was hast du denn gedacht", raunt Keiko zurück. Schon setzt sie sich in Bewegung, "Willst du etwa hier stehen bleiben?" Hastig folgt der junge Mann seiner Cousine. Inzwischen hat Yami Kaiba erreicht. Zögernd tritt er an ihn heran und räuspert sich behutsam. Der braunhaarige, junge Mann ignoriert ihn. "Ähm Kaiba", versucht Yami es erneut, "Ich... ähm... habe mir gedacht... da du ja neu an der Schule bist, könnten... könnten meine Freunde und ich dich ja vielleicht herumführen und dir alles zeigen. Vielleicht... hast du ja danach auch Lust mit uns zusammen in der Mensa Mittag zu essen." Nun wendet Kaiba sich ihm zu und blickt ihn von oben herab mit einem äußerst skeptischen und äußerst geringschätzigen Blick an. "Was willst du von mir, Knirps?" Yami fühlt sich nun sehr unbehaglich in seiner Haut. Vielleicht war es doch ein Fehler gewesen ihn anzusprechen. Aber noch einmal nimmt er seinen Mut zusammen: "Vielleicht erinnerst du dich nicht... wir sind in deiner Klasse. Ich dachte, wenn du ein paar Freunde hättest, dann würde es dir leichter fallen dich hier einzuleben..." Yamis Stimme ist unter dem verächtlichen Blick des großen, jungen Mannes immer leiser geworden und schließlich verstummt er. Inzwischen haben Keiko und Itaru zu ihm aufgeschlossen. Fast können sie nicht glauben was sie gerade gehört haben. Yami bietet tatsächlich diesem arroganten, kriminellen Kerl die Freundschaft an als wäre nichts gewesen. Innerlich schütteln sie den Kopf. Aus Yami soll jemand schlau werden. Einen langen Moment sagt Kaiba gar nichts. Seine Augen sind schmal und sein Mund ist ein dünner Strich. Dann sagt er: "Ich erinnere mich sehr gut, Yami Muto! Zu deinen Fragen! Erstens: Ich finde mich hier schon alleine zurecht, Zweitens: Bei dem Gedanken, dass ich nun in eine Klasse mit dir gehe dreht sich mir so der Magen um, dass ich keinen Bissen herunterbekommen würde, Drittens: Das wirklich Allerletzte was ich will ist die Freundschaft mit dir und diesen beiden Pfeifen da und Viertens: Weil ich es dir verdanke, dass ich hier bin, lege ich keinerlei Wert darauf mit dir irgendwelchen näheren Umgang zu haben. Deshalb solltest du diese Konversation hier als die erste, letzte und einzige ihrer Art ansehen. Damit habe ich wohl alle deine Fragen beantwortet und es gibt nun keinen Grund mehr für dich, jemals wieder das Wort an mich zu richten. Hab ich mich verständlich ausgedrückt?" Yami schluckt schwer. Er hat es nur gut gemeint, aber offenbar ist Kaiba alles andere als gut auf ihn zu sprechen. Unsicher schielt er zu seinen Freunden. Keiko brodelt vor Zorn über diese unverschämte Antwort und Itaru sieht aus, als könnte er sich im nächsten Augenblick dazu hinreißen lassen, Kaiba eine blutige Nase zu schlagen. Anscheinend warten sie nur noch auf die Reaktion ihres Freundes um entsprechend zu reagieren. Yami stellt fest, dass er versuchen muss die Wogen zu glätten ehe ein Unglück geschieht. Schließlich fasst er sich ein Herz. "Warum verdankst du es mir, dass du hier bist?", fragt er. Kaibas Kiefer mahlen. "Weil mein Vater geglaubt hat, was ihr meinem Onkel erzählt habt. Er war darüber... sagen wir mal... ein wenig verärgert. Aber anstatt euch wegen Verleumdung anzuzeigen, gab er mir die Schuld und als Strafe schickte er mich hierher." Die drei sehen sich an. Offenbar war ihre Mission erfolgreich gewesen. "Ihr könnt wirklich stolz auf euch sein!", fährt Kaiba fort, "Ich habe zwar keine Ahnung warum ihr das getan habt und was ihr damit bezwecken wolltet, zu behaupten, Kaiba-Corp hätte etwas mit der Verwüstung eures Ladens zu tun, aber ich versichere auch, dass ihr das noch mal bereuen werdet. Diese Lüge werde ich nicht auf mir sitzen lassen, also tut euch selbst einen Gefallen und haltet euch fern von mir!" Ärgerlich wendet Kaiba sich wieder dem Fenster zu und starrt mit verschränkten Armen hinaus. Die drei Freunde schauen in schweigend an. Offenbar hat es keinen Sinn weitere Worte zu diesem Thema zu verschwenden. Kaiba wird niemals zugeben, dass er für das Ganze verantwortlich ist. Doch diesmal ist es Yami er es nicht auf sich beruhen lassen will. Als Keikos Blick auf ihren Freund fällt, stellt sie fest, dass seine Hand zur Faust geballt und sein Blick finster geworden ist. Mit erhobenem Haupt wendet er sich wieder an Kaiba. "Das war keine Lüge, Kaiba, und das weißt du auch!", sagt er ernsthaft. Überrascht schaut Kaiba ihn an. Doch als er Yamis entschlossenen Blick sieht, schluckt er leicht. Man kann sehen wie es hinter seiner Stirn arbeitet. Dann sagt er: "Mach dich nicht lächerlich, Kleiner, du hast absolut keine Beweise für deine Behauptung." "Ich brauche auch keine", sagt Yami ruhig, "Ich weiß, dass ich recht habe." "Genau!", mischt sich nun Itaru ein, "Wir wissen es auch, Kaiba, du mieser Gauner! Wir waren schließlich auch dabei als Yami diesen brutalen Schläger..." Im selben Moment fängt er sich einen spitzen Stoß mit dem Ellenbogen von seiner Cousine ein. "Ähm... als Yami diesem brutalen Schläger gegenübergestanden hat. Fast hätte der Kerl uns erschossen, aber zum Glück hat er sich dann doch davon gemacht. Vorher hat er aber noch verraten wer ihn beauftragt hat, also behaupte bloß nicht, du hättest nichts damit zu tun!" Kaibas Augen werden schmal. "Glaubt ihr wirklich alles was irgendein Ganove euch erzählt? Ihr seid ganz schön naiv!" "Ach ja?", braust Itaru auf während Yami versucht seinen Freund zurückzuhalten, "Mit dir reichem Pinkel hab ich noch ne Rechnung offen! Reiß deine verlogene Klappe noch mal auf und dir hängt die Lippe bis zum Boden!" "Hey, beruhig dich wieder, Itaru!", hält Keiko ihn fest, "Der Kerl ist es nicht wert." Sie wirft Kaiba einen kühlen Blick zu. "Ich verstehe wirklich nicht, warum Yami gerade dir seine Freundschaft angeboten hat, aber eines kann ich dir sagen: Du verdienst sie überhaupt nicht. Du bist wirklich das Letzte!" "Bedeutet das, dass ich jetzt gute Chancen habe in Zukunft von euch Witzfiguren verschont zu bleiben?", fragt Kaiba abfällig, "Wenn ja, werde ich sicher keine schlaflosen Nächte deswegen haben. Denn ich glaube ich sagte es bereits einmal, Mädchen, deine Meinung interessiert mich nicht im Geringsten." Nun wendet er sich an Yami: "Und dir lass gesagt sein: Was immer du auch mit deinen lächerlichen Behauptungen bezweckst, es wird nicht funktionieren! Es sind nichts weiter als haltlose Vermutungen. Wenn du Beweise hättest, wäre dein Vater bestimmt schon zur Polizei gegangen." Kaibas Mundwinkel verzieht sich zu einem sarkastischen Grinsen, "Das muss wahrlich ein Schock für deine Vater gewesen sein. Ich hätte gerne sein Gesicht gesehen, als du ihm erzählt hast wer angeblich für die Verwüstung seines Ladens verantwortlich war. Ausgerechnet der Sohn seines ewigen Rivalen. Ich bin sicher, danach hat er die frühere Freundschaft mit meinem Vater endgültig in den Wind geschossen. "Ich nehme an der Grund für deinen scheinheiligen Versuch mir deine Freundschaft anzubieten war, dass du wohl gehofft hast, auf diese Weise an irgendwelche Beweise für deine ungeheuerliche Unterstellung zu kommen. Netter Versuch, Muto, aber um mich auszutricksen, musst du früher aufstehen. Erwartest du wirklich, dass ich jetzt offen zugebe, für den Einbruch verantwortlich zu sein? Darauf kannst du lange warten! Du wirst es nicht schaffen mir irgendein Geständnis in den Mund zu legen, also nimm deine kleinen Freunde mit und verschwinde endlich! Wenn du dich mit der Kaiba-Corporation anlegst, kannst du dir leicht die Finger verbrennen, also kann ich dir nur raten mich nicht weiter zu verärgern. Das würde dir nicht gut bekommen!" Einen langen Moment sagt Yami gar nichts. Schließlich schaut er zu Boden und sagt leise: "Du irrst dich! Ich habe meinem Vater nichts davon erzählt." Kaibas Augen fliegen auf. Doch Yami fährt fort: "Ich wollte niemandem schaden, weder dir noch deinem Vater noch der Kaiba-Corporation. Ich wollte nur, dass der Laden meines Vaters in Ruhe gelassen wird. Wenn ich ihm verraten hätte wer hinter der Sache steckt, hätte es nur noch mehr Ärger gegeben. Also haben wir es für uns behalten und das wird auch so bleiben. Was du auch immer für Gründe dafür hattest, von uns wird niemand etwas darüber erfahren." Mit diesen Worten dreht Yami sich um und geht den Flur hinunter. Seine Freunde schauen ihm zunächst verblüfft nach, doch dann machen sie sich eilig daran ihm zu folgen. Als sie zu ihm aufgeschlossen haben, nehmen sie ihn rasch in die Mitte und werfen nur hin und wieder einen verstohlenen Blick zurück zu Kaiba. Kotaro Kaiba schaut den dreien schweigend nach. Viele Dinge gehen ihm durch den Kopf aber hauptsächlich beschäftigt ihn im Moment eine Frage: Aus irgendeinem Grund, scheint dieser Yami wirklich über seine Verbindung zu dem Überfall bescheid zu wissen. Das Naheliegendste wäre es doch gewesen, seinem Vater davon zu erzählen, wenn er schon keine Beweise für die Polizei hat. Aber warum hat er die Sache für sich behalten? Es wäre ihm ein Leichtes gewesen, den guten Ruf der Kaiba-Corp mit dieser Geschichte zu ruinieren. Das wäre doch die ideale Gelegenheit für Yamis Vater gewesen, mit seinem ewigen Rivalen abzurechnen. Warum hat er es ihm dann nicht verraten? Warum? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)