Entscheidungen von rot (Epilog von Schatten des Lichts) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Epilog von Schatten des Lichts Entscheidungen Teil 1 Sechs Jahre später: Die Zeitungen berichteten noch lange Zeit später von dem mysteriösen Phänomen, das sich an jenem Morgen abgespielt hatte, bis man sich darauf geeinigt hatte, dass die Vorkommnisse auf eine astronomische beziehungsweise physikalische Erscheinung zurückzuführen sei, obwohl noch lange weitere Theorien gesponnen wurden. Vieles hatte sich in jenen Jahren verändert. Seiji war seit jenem Vorfall nicht wieder zu erkennen gewesen. Man hatte ihn zusammengekauert am Straßenrand gefunden, während er unzusammenhängende Wörter stammelte und die Hände schützend über seinen Kopf hielt. Er hatte sich nie wieder erholt und musste in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen werden, die seitdem keine Besserung feststellen konnte. Selbst sein Vater konnte bei seinen unzähligen Besuchen, bis zu seinem Tod im letzten Frühjahr nicht zu ihm vordringen. Dieser hatte sich noch vor der Geburt seiner Enkelin zur Ruhe gesetzt und mit dem Erlös der Firma versucht seine Fehler wieder gut zu machen. Ob er sich damit tatsächlich von seiner Schuld freikaufen konnte, oder es gerecht war, dass er als alter Mann in seinem Bett starb, sei dahingestellt. Zumindest hatte er es mit Erfolg bewerkstelligt gewisse Dinge ins rechte Licht zu rücken. Besonders eines von Zutomu Wakabashis neuen Projekten erhielt seine persönliche Unterstützung. Das das er in die Hände seiner Tochter gelegt hatte. Mit dem ,Hikari-Institut' versuchte Misa zusammen mit Kojiro den verkauften Kindern eine Chance auf ein Leben ohne Angst und Missbrauch zu bieten. Das abgelegene Heim hatte einen sicheren Ort weit außerhalb der Städte gefunden, indem die Kinder erstmals zur Ruhe kommen sollten, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Die Ausnahmegenehmigung dieses Institut mit professioneller Betreuung und integrierter Schule in einem neuen Naturschutzpark zu errichten, erhielten sie unmittelbar durch den Wildhüter Kurauchi Kasuragi, der sich bei diversen Behörden für sie verbürgte. Dieser hatte sofort begeistert mit seiner Frau der Idee zugestimmt. Was einer leichten Untertreibung entspricht. Denn Saoko war mit den Worten: "Ich wusste es!", beinahe wie ein Schneekönig im Kreis herumgesprungen, als die beiden unerwartet mit einem kleinen Bündel in den Händen vor ihrer Tür standen. Mittels der noch immer einflussreichen Beziehungen Zutomus hatten sie es sogar geschaffte das die Anklage gegen Kojiro, wegen Mangels an Beweisen, fallengelassen wurde. So wurde der Gerechtigkeit auf diese recht unkonventionelle Weise doch noch genüge getan. Selbst wenn dies mit eher unlauteren Mitteln geschah und man die Polizei Rojukuus als bestechlich bezeichnen kann, hatte es in diesem Fall doch seinen Zweck erfüllt. Selbst Misa, die nicht länger an der Vergangenheit festhalten wollte, versuchte sich mit ihrem Vater zu arrangieren und erlaubte ihm zumindest eine kleine Rolle in ihrem neuen Leben. Vor allem aber auch Kontakt zu seiner Enkelin, zu der er eine Zuneigung entwickelt hatte, wie sie es ihm nie zugetraut hätte und sie beinahe eifersüchtig werden ließ. So konnte man wenigstens über die letzten Jahre seines Daseins behaupten, er habe ein vorbildliches Leben geführt und würde zumindest in der Erinnerung seiner Enkelin Satomi, als liebenswerter Mensch mit seltsam buschigen Augenbrauen, die sich beim Sprechen oder Lesen der Zeitung wie Fühler bewegten, bestehen bleiben. "Ich habe doch gesagt wir kommen zu spät. Aber du..." "Hach,...was sind schon zwei Stunden. Außerdem erwarten sie bestimmt schon, dass wir zu spät kommen. Wir kommen immer zu spät. Na komm schon." Mufflig ließ sich Takeru in die Arme ziehen und sich mit einem Kuss versöhnen. Währenddessen lugte hinter einem Baum versteckt ein kleines Mädchen hervor und musterte die beiden mit regem Interesse, bis Kira die Augen öffnete und den kleinen Beobachter entdeckte. Verlegen deutete er mit dem Kopf Takeru an hinter sich zu sehen, als das Mädchen sich auch schon vorsichtig von ihrem Versteck löste und sie mit großen Augen anblickte. "Dürft ihr das denn? Du bist ja gar kein Mädchen. Auch wenn du mit den langen Haaren wie eins aussiehst." Feuerrot geworden stammelte Kira etwas vor sich hin, während sich Takeru das Lachen nicht mehr verkneifen konnte und sich dafür einen Stoß mit dem Ellbogen einfing. "Das ist nicht lustig! Ich sehe überhaupt nicht... nicht ,weibisch' aus. Ich finde mich sogar richtig männlich. Siehst du das? Das sind meine Muskeln. Ich bin durch und durch ein Mann!" Dabei schob er sich die Ärmel des T-Shirts hoch und spannte seine Muskeln an, um seine Aussage zu bekräftigen, was die Kleine nur mit einem Achselzucken zur Kenntnis nahm. "Ich finde du siehst trotzdem aus wie eine Frau." Damit verschwand sie auch schon wieder und hinterließ einen am Boden zerstörten Kira und einen sich vor Lachen den Bauch haltenden Takeru zurück. Beleidigt ließ sich Kira weiterziehen, bis das aus Holz gebaute Haus inmitten einer Lichtung zum Vorschein kam, um das unzählige anderen Kinder herumschwirrten, die die beiden entweder mit einem neugierigen Blick, oder mit freudigen Zurufen bedachten. Den plötzlichen Ansturm, einiger alt bekannter Kinder und Jugendlicher, die schon längere Zeit in diesem Heim wohnten, hinter sich gelassen, empfing sie erstmals die Hausbesitzerin Frau Kasuragi des kleineren Seitenhauses in dem das Personal wohnte, während sich in einem unbeobachteten Moment jemand von hinten an sie heranschlich. Wie ein Indianer hatte sich ein kleines Mädchen angepirscht, bis es hinter einem Busch hervorsprang und dabei mit einem lauten Schrei Takerus Rücken in Beschlag nahm. Kurz vor einem Herzinfarkt stehend, taumelt dieser nach seinem Gleichgewicht suchend nach vor, ehe Kira dem kleinen Balg lachend zuzwinkerte und sie seinem Freund letztendlich gnädigerweise abnahm. "Gut gemacht.", flüsterte er dem kleinen Blondschopf noch ins Ohr, bevor er sie wieder auf den Boden setzte. "Satomi, musst du mich immer so erschrecken? Wieso immer ich. Wieso nicht auch mal Kira... Warum grinst du eigentlich so blöd?" Schulterzuckend lächelte dieser nur unwissend und steckte dem Mädchen, wie immer einen Schokoriegel hinter ihrem Rücken zu. "Wenn ich's nicht besser wüsste, würde ich behaupten, du hast sie auf mich angesetzt." "Ich?" Den entsetzt schockierten Ausdruck aufgrund seiner böswilligen Vermutung in seinem Gesicht zu halten, war schwerer, als es aussah. Aber Übung macht bekanntlich den Meister. Misstrauisch blickte Takeru seitlich auf Satomi, die wie ein kleines Unschuldlamm an einem Schokoriegel nuckelte, den sie gerade weiß Gott wo her hatte. "Ach komm schon Kojiro. Nur einmal. Du musst es auch nie wieder tun. Biiitttteeeeee." "Du hast ja einen Knall. Komm mir mit dem Ding bloß nicht zu nahe." "Jetzt hab dich doch nicht so. Es tut doch nicht weh. Außerdem sieht es doch richtig süß aus." "Männer tragen nun mal keine süßen Sachen. Ich bin nicht süß. Ich bin... cool." "Ich mag aber viel lieber süße Männer." "Na dann, viel Spaß." Offensichtlich halfen Misas Überredungskünste in diesem Fall nicht. Sie musste wohl zu härteren Mitteln greifen. "Deine Mutter hat ihn extra für dich gestrickt, da kannst du doch nicht.... Da ein fliegendes Einhorn." "Wo?" Schnell nahm sie den lila Flauschpullover mit der daraufgestickten Katze und zog ihn über seinen Kopf. Kojiros Blick sprach Bände, als er sich mit den schlaff nach unten hängenden Ärmeln zu Misa umdrehte und im nächsten Augenblick auch noch das verhaltene Lachen von Kira, Takeru und Saoko hinter sich hörte. "Sieht...sieht ja richtig cool aus." "Ja, ja.... wir wissen gar nicht, was du hast. Ist doch richtig..." "...cool", stimmte Kira seinem Freund losprustend zu, bis Satomi sich zwischen den Beinen der Anwesenden durchzwängte, um selbst zu sehen, was denn so lustig sei. "Hey Papa, den gleichen hab ich auch nur in blau. Der ist von Oma, oder?" Jetzt fühlte er sich erst recht gedemütigt sogar die gleichen Klamotten wie seine kleine Tochter zu tragen. Schnell streifte er das Teil angewidert mit einer einzigen Bewegung über seinem Kopf ab und warf es in die nächste Ecke. "Gefällt er dir nicht? Ich hab doch den gleichen." Ihr Blick war zum Steine erweichen und so suchte er nach der erstbesten Ausrede mit der sich Satomi zufrieden geben würde. "Nein, nein Schatz. Das ist es nicht. Ich hebe ihn mir nur für eine besondere Gelegenheit auf." "Na gut. Dann kannst du ihn ja nächste Woche an meinem Geburtstag anziehen." Mit einer versteinerten Miene lächelte er ihr zu und nickte, bis er sich fluchend umdrehte und Misa alle Krankheiten und Kuschelflauschpullover der Welt an den Hals wünschte. (Im übrigen, wer glaubt der Trick mit dem Einhorn funktioniert nicht, hat ihn bestimmt noch nicht wie meine Freundin mitten in ihrer Geschichteprüfung ausprobiert, um mir etwas in den Ausschnitt zu stopfen. Unsere leidgeplagte Lehrerin schlug daraufhin mehrmals mit dem Kopf gegen die Tischplatte und murmelte etwas von Frühpension, nachdem sie mit einem lauten WO? aus dem Fenster gestarrt hatte.) Den angebrochenen Nachmittag verbrachte man mit Kaffee und Kuchen, bis sich Kira nach einer seiner Vanillezigarillos sehnte und sich auf die Treppe des Hinterausgangs setzte. "Davon bekommt man Krebs." Mit hochgezogener Augenbraue blickte er sich suchend nach demjenigen dem das Stimmchen gehörte um, als er dasselbe kleine Mädchen von vorhin hinter einem der Haselnusssträucher entdeckte. "Sagt wer?" Dabei blickte er sie auffordernd an, bis sie langsam aus ihrem Versteck hervorkrabbelte. "Meine Tante." Nickend zog er ein weiteres Mal an seiner Zigarillo, ehe er sie seufzend auf den Boden fallen ließ und mit dem Schuh die Glut ausdrückte. "Intelligente Frau, deine Tante. Wie heißt du eigentlich?" Doch anstatt einer Antwort blieb sie stumm und setzte sich vor ihm auf den Boden. "Also gut. Dann nenn ich dich einfach... Berta oder Qualle, wegen deinen abstehenden Haaren." Mit einem Schmollmund verschränkte sie die Arme und holte zum nächsten Schlag aus. "Na und? Dafür siehst du aus wie ein MÄDCHEN!" Autsch! Das kränkt die Männerehre. Nichts desto trotz ließ er sich kein bisschen davon anmerken und grinste sie nur herausfordernd an. "Immer noch besser, als mit Tentakeln am Kopf rumzulaufen." Unbeeindruckt belächelte sie ihn nur. "Du bist ein richtiges MÄÄÄDCHEN!" "Du QUALLE!" Damit stürzte er sie auf die Kleine, die ihm zuvor noch mit einem dünnen Ast des Haselnussstrauchs in die Seite pickte, bis das vor Lachen quiekende Balg atemlos nach Luft schnappte. Kurz nachdem sie sich von der Kitzelattacke erholt hatte streckte sie ihm beleidigt die Zunge raus. "Du bist blöd." "Na und? Du bist noch viel blöderer." "Das Wort gibt es gar nicht!" Überlegen grinsend verschränkte sie ein weiteres Mal die Arme über ihrer Brust, die vor Stolz wie die eines Truthahns anschwoll. "Noch nie davon gehört, dass man Erwachsenen nicht widerspricht und wir immer Recht haben?" Die kleinen nie enden wollenden Sticheleien schienen keinen Schluss zu finden, da jeder der beiden das letzte Wort haben musste. Dabei bemerkten sie nicht, dass sie aus einem der Fenster von Takeru lächelnd beobachtet wurden. "Misa, wer ist eigentlich die Kleine da? Ich hab sie hier noch nie gesehen." Nachdem Misa kurz aus dem Fenster gespäht hatte, holte sie freudestrahlend Kojiro, der noch immer leicht angesäuert an seinem zweiten Stück Versöhnungskuchen knabberte. "Sieh dir das an!" Vollkommen baff drückte er sich gemeinsam mit Misa die Nase an der Fensterscheibe platt. "Das ist doch Riku! Wie hat er denn das geschafft? Sie redet doch sonst nur mit weiblichen Personen." Ungläubig gesellte sich Takeru nun auch noch zu den beiden, um festzustellen, ob es sich auch wirklich um dasselbe Mädchen von vorhin handelte. "Kann ich mir nicht vorstellen. Die Kleine ist ganz bestimmt nicht auf den Mund gefallen. Sie hat uns nachdem wir aus dem Auto gestiegen sind bei einem Kuss erwischt und Kira als Mädchen bezeichnet." Grinsend setzte sich Kojiro wieder auf seinen Stuhl und wandte sich wieder seinem Blaubeerkuchen zu. "Wahrscheinlich ist das der Grund. Sie hält ihn einfach für eine Frau. Ansonsten hätte er sich sicher schon einen Tritt von ihr kassiert, oder sie hätte ihn gebissen." Die Stirn nachdenklich in tiefe Falten gelegt setzte sich nun auch Takeru wieder zu Tisch. "So schlimm?" Wie einer Aufforderung gleichkommend hob Kojiro den Ärmel ein Stück weit an, bis man die Bissspuren an seinem Handgelenk erkennen konnte. "Gleich nachdem wir sie sozusagen freigekauft hatten, hat sie sofort zugebissen, als ich in ihre Nähe gekommen bin. Das ist bisher noch mit jedem passiert, der versucht hat an sie ranzukommen und ihr zu zeigen, dass nicht alle Männer so sind, wie sie sie bisher kennen gelernt hat. Vielleicht schafft Kira aber auch tatsächlich das, was wir bisher nicht konnten. Das wäre schon mal ein großer Fortschritt." Grüblerisch starrte Takeru weiter geistesabwesend auf seinen Kaffeesatz, bis Misa ihn vorsichtig mit der Gabel anstupste und fragend die Augenbrauen nach oben zog. "Hum...was? Oh, Entschuldigung. Ich war wohl mit meinen Gedanken wo anders. Ich...hähäm... Wisst ihr.... Wir haben schon seit längerer Zeit darüber nachgedacht...na ja...ein Kind zu adoptieren. Nur Kira ist sich nicht ganz sicher. Es werden schließlich einige Probleme auftauchen. Schon alleine die Genehmigung ein Kind zu adoptieren. Und dann auch noch zwei Männer als Eltern... Das wird vom Großteil der Gesellschaft nun mal nicht akzeptiert. Vor allem könnte es Schwierigkeiten mit anderen Kindern geben, oder in der Schule auch mit anderen Eltern." Für Misa schien diese Neuigkeit alles andere als überraschend zu sein, da die beiden bei ihren Besuchen hier inmitten der Pampa schon oft gezeigt hatten, dass sie gut mit Kindern umgehen konnten und besonders Takeru, der selbst aus einer Großfamilie stammte, regelrecht in sie vernarrt war. So ergriff sie nur aufmunternd seine Hand und lächelte ihm zu. "Ich bin mir sicher, wenn ihr eines Tages eine Familie gründen wollt, dann werdet ihr auch das schaffen. Ihr habt letztendlich sogar Kiras Vater davon überzeugen können, dass ihr zusammengehört." "Ja, nach drei Jahren Schwerstarbeit und der Unterstützung seiner Mutter. Sonst würden die beiden wahrscheinlich heute noch nicht miteinander reden... Aber ich denke du hast Recht. Wir würden es schon irgendwie schaffen. Fragt sich nur, ob Kira noch mehr Beleidigungen wegen unserer Beziehung in Kauf nimmt. Als Sohn eines berühmten, einflussreichen Mannes trifft es ihn immer ganz besonders schwer. Als die Presse davon Wind bekam, haben sie ihn Wochen lang auf Schritt und Tritt verfolgt. Deswegen überlasse ich ihm die Entscheidung." "Oh wenn ich dich erwische!" Doch anstatt sich der patschnassen Saoko zu ergeben, lief das kleine Mädchen mit den kurzen, blonden Stummelschwänzchen nur lachend weiter, streckte ihr die Zunge heraus und schnitt ihr eine Grimasse, als sie plötzlich gegen jemanden rannte, der sie mit hochgezogener Augenbraue strafend anblickte und sie am Kragen packte. "Wo willst du denn hin? Ich dachte, da wartet eine Badewanne auf dich. Da steht genau dein Name drauf." Zappelnd hing sie wie ein nasser Sack kurz über dem Boden und protestierte lautstark. "Ich will aber nicht! Ich war erst gestern. Du bist sooo gemein, Papa! Lass mich runter! Ich mag dich überhaupt nicht mehr!" Seufzend zog Kojiro sie hoch und warf Saoko einen entschuldigenden Blick zu, bevor er die Kleine schulterte, um sie besser bis ins Bad transportieren zu können. Dort angekommen sperrte er die Tür hinter ihnen zu und zog den Schlüssel ab. "So, entweder du steigst jetzt in die Wanne, oder wir bleiben die ganze Nacht hier." Doch anstatt Anstalten zu machen sich aus den vor Dreck nur so strotzenden Kleider zu schälen setzte sie sich trotzig im Schneidersitz auf den Boden und funkelte ihn böse an. Etwa eine halbe Stunde später, nachdem sich beide nicht vom Fleck bewegt hatten und sich gegenseitig nicht aus den Augen ließen, verließ Kojiro die Geduld. Mit einem Ruck hob er das kleine Bündel hoch und hielt sie vor den Spiegel des Badezimmerschranks. Irgendwie wollte es ihr nicht gelingen ihr eigenes Spiegelbild lange ohne ein Grinsen anzusehen. Besonders nachdem dieses von Schmutz und Grasflecken nur so übersäht war. "Siehst du? Wenn ich dich so rumlaufen lasse, verwechselt man dich vielleicht noch mit einer Klobürste. Und glaub mir, dass wäre nicht besonders schön." Resigniert ließ die Kleine nun die Schultern hängen und öffnete die Knöpfe ihrer Latzhose, die er sofort in die Waschmaschine stopfte, damit sie nicht auf die Idee kam frisch gebadet wieder ihre Lieblingslatzhose anzuziehen, die an den Hosenbeinen voller Schlamm war. "Duuu Papa? Ich hab's nicht so gemeint. Ich hab dich trotzdem lieb." Lächelnd gab er ihr einen Kuss auf die Stirn und warf ihr ihren Badefrosch, den man auf den Hinterbeinen aufziehen konnte, ins Wasser. "Da bin ich aber froh. Ich komme in einer halben Stunde wieder. Dann will ich meine kleine Prinzessin wieder sauber sehen." Die Tür hinter sich geschlossen, atmete er erleichtert auf, als er aus dem Augenwinkel auch schon Misa um die Ecke spähen sah, bevor sie im nächsten Moment wieder verschwand. "Halt! Sofort stehen bleiben." Auf frischer Tat ertappt blieb sie wie erstarrt stehen, während sich Kojiro mit verschränkten Armen hinter ihr aufbaute. "Warst du nicht heute damit dran, Satomi ins Bad zu schleppen?" Unwissend blickte sie ihn mit großen Augen an und klimperte mit ihren langen Wimpern. "Ach, wirklich?" Obwohl Misa diesen Blick in den letzten Jahren perfektioniert hatte, schien er bei Kojiro keine Wirkung mehr zu zeigen. "Dafür übernimmst du das für ganze restliche Woche und ich werde dir nicht dabei helfen. Du hast dich schon gestern davor gedrückt." Mit schlechtem Gewissen nickte Misa nur und blickte betreten zu Boden. "Aber sie sieht mich so vorwurfsvoll an. Du kannst das doch viel....." "Ich bin mindestens eine halbe Stunde vor ihr auf dem Boden gesessen und sie hat gesagt, dass sie mich ,überhaupt nicht mehr mag'. Ganz zu schweigen davon, wie sie Saoko ausgetrickst hat, als sie versucht hat die Kleine in die Badewanne zu locken. Ihre Kleider haben nur so getrieft. Satomi ist so ein schrecklicher Sturkopf." Grinsend schmiegte sich Misa nun an Kojiro und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. "Tja, du kannst sagen was du willst, aber das hat sie garantiert nicht von mir." Kira war zusammen mit Riku nun bereits seit Stunden spurlos verschwunden und seitdem nicht mehr aufgetaucht. Seit Takeru die beiden vom Fenster aus beobachtet hatte, hatten sie sich nicht mehr blicken lassen. Doch inzwischen war die Sonne schon vom Horizont verschwunden und die Luft wurde kühl, als er plötzlich leise Stimmen vom Schaukelstuhl, der auf der Veranda stand, hörte. "...das ist doch Quatsch. Wieso soll der große Bär wie der große Wagen aussehen. Du nimmst mich nur wieder auf den Arm." "Von mir aus und wo soll deiner Meinung nach der große Bär sein?" "Na, da hinten. Und der große, leuchtende Stern ist sein Auge und da vorn da...hey, du hörst mir überhaupt nicht zu!" "Hmmm..." Kira saß mit dem kleinen Mädchen auf dem Schoss im Schaukelstuhl und wippte langsam hin und her, was bewirkte das seine Augenlieder durch das beruhigende Schaukeln immer schwerer wurden und er kurz davor stand einfach einzuschlafen. Lächelnd lehnte sich Takeru gegen den Türrahmen, während er als stiller Beobachter den beiden zusah. Selbst er hatte es nur nach bestimmten Gelegenheiten geschafft, dass der ansonsten vor Energie nur so strotzende Kira friedlich einschlummerte. Bei diesem herzerweichenden Anblick musste er ihm wohl oder übel verzeihen, dass er sich einfach so aus dem Staub gemacht hatte. Noch immer vor sich hinlächelnd holte er für die beiden eine Decke aus dem Haus und hielt sie dem kleinen Mädchen mit ausgestrecktem Arm hin. Erleichtert atmete er auf, als Riku nachdem sie ihn mit großen Augen gemustert hatte, die Decke zögernd entgegennahm und sie über sich und den inzwischen eingeschlafenen Kira breitete. Die nächsten beiden Tage überließ Takeru seinen Kira noch einmal freimütig der kleinen Riku, die ihm auf Schritt und Tritt folgte und ständig mit ihm durch die Gänge wuselte, bis sie am Abend Abschied nehmen mussten. Mit großen Kulleraugen folgte sie Kira bis zum Auto, wo sie ein wenig verloren dastand und zusah, wie die beiden ihr Gepäck im Auto verfrachteten. "Kommst du vielleicht...irgendwann mal...wieder?" Aufmunternd stupste sie Kira leicht an und beugte sich zu ihr runter. "Klar. Ich werd doch nicht meine kleine Qualle vergessen. Also, bis dann." Nickend trat sie einen Schritt zurück, damit Kira einsteigen konnte, als ihr Blick auf Takeru fiel, der sich auf der anderen Seite gegen das Autodach gelehnt hatte und die beiden immer mit ein wenig Abstand beobachtete, um Riku nicht zu verschrecken. Vorsichtig stahl sich ein Lächeln über ihr Gesicht, als er ihr zuwinkte, bevor er selbst in das Auto stieg. Während der Heimfahrt konnte er es sich nicht verkneifen, über Kiras sichtlich gute Laune eine Bemerkung fallen zu lassen. "Eigentlich sollte ich ja eifersüchtig sein. Immerhin hast du den ganzen Tag mit deiner neuen Freundin verbracht. Ich sehe es dir genau an, du hast dich in sie verliebt." Selig vor sich hinlächelnd lehnte sich Kira ein wenig seitlich, um seinen Freund besser zu betrachten, der sich auf den Verkehr konzentrierte. "Ich glaube du hast Recht. Ich hätte die Kleine am liebsten sofort miteingepackt. Was hältst du von ihr?" "Sie ist süß. Ich hoffe nur, sie fasst wieder ein klein wenig Vertrauen zu den Männern. Sonst könnte es schwierig werden. Du warst übrigens der erste Mann mit dem sie geredet hat, seitdem sie im Heim ist." Perplex starrte Kira ihn aufgrund dieser Tatsache, die ihm bisher gänzlich unbekannt war, weiter an, ehe er seine Sprache wieder gefunden hatte. "Nicht dein Ernst! Woher..." "Kojiro hat sogar als kleines Souvenir ihren Zahnabdruck an seinem Handgelenk. Vielleicht hat sie dich tatsächlich für eine Frau gehalten." Entgeistert riss Kira die Augen auf und plusterte sich auf. "Ich bin keine von diesen Tunten, die handtaschenschwenkend durch die Einkaufstraßen schlendern und nach neuen Stöckelschuhen Ausschau halten. Außerdem kann ich dich jederzeit auf die Matte legen! Und das meine ich auf zwei Arten." Beschwichtigend hob Takeru kurz die Hände vom Lenkrad, bevor er Kira einen Kuss auf die Fingerknöchel hauchte. "So habe das doch nicht gemeint. Sei nicht gleich so sauer. Ich finde es doch toll, dass du dich so gut mit ihr verstehst. Nur hoffe ich, dass sie sich an den Gedanken gewöhnen kann gleich mit zwei Männern zusammenzuleben. Das sie mich akzeptiert." "Du...du meinst, du willst...", stotterte Kira mit leicht belegter Stimme. "Natürlich nur wenn du willst." Überwältigt fing Kira bei der Vorstellung an mit der Sonne um die Wette zu strahlen. "Sie wird dich lieben. Bestimmt! So wie ich dich." ,Tja, er kann aber manchmal genauso schmalzig reden wie eine Frau aus einem Kitschfilm. Nur das behalt ich besser für mich, wenn ich heute nicht im Auto schlafen will.' So das wäre der erste Teil des Epilogs. Ja, ich weiß.... aber der Epilog hat nur 5 Teile im Gegensatz zu den 29 Teilen von Schatten des Lichts. Und nachdem ich Kira und Takeru so gern mag, habe ich sie im Epilog von der Wichtigkeit Misa und Kojiro gleichgestellt. (Wer sich wundern sollte, warum Kira und Takeru plötzlich ein Paar sind, sollte vielleicht doch besser die Sidestory 'Geständnisse' lesen.) Was Misa vor hat wird im Übrigen im nächsten Teil verraten. Kapitel 2: ----------- Teil 2 Nervös fieberten Kira und Takeru dem nächsten Wochenende entgegen. Sie hatten das Heim in den letzten beiden Monaten so oft es ihnen auf diese Distanz eben möglich war besucht. Doch sie schienen bei jedem Mal nur noch nervöser zu werden, da sich Riku zwar bestens mit Kira verstand, aber Takeru nur gerade so in ihrer Nähe duldete. In der Hoffnung Riku an diesem Wochenende davon zu überzeugen, dass sich die Gewalt, die ihr angetan wurde, keineswegs durch Takeru wiederholen würde, fuhren sie noch freitagabends den weiten Weg zum Heim. Unruhig wetzte Kira auf seinem Sitz hin und her, während sein Freund mit den Fingern gegen das Lenkrad trommelte, oder zum hundertsten Mal den Sender des Radios verstellte mit dem er offensichtlich immer noch nicht zufrieden war. "Sie ist bestimmt schon längst im Bett. Aber morgen werde ich gleich als erstes mit ihr darüber sprechen. Ich verstehe einfach nicht den Unterschied den sie zwischen uns sieht. Ich meine, sie hatte schließlich nie irgendwelche Probleme mit mir, obwohl ich ein Mann bin." Schnaubend verstellte Takeru ein weiteres Mal den Radiosender. "Ich bin schon mal froh, dass sie nicht schreiend vor mir davonläuft." Seufzend lehnte Kira seinen Kopf gegen die Fensterscheibe, als sie vor sich auch schon zwischen den Bäumen die hell erleuchteten Fenster eines Holzhauses erkannten. Müde gähnend streckte sich Kira erstmal durch, als ihnen auch schon Misa von der Veranda aus zuwinkte und dabei den Lichtkegel, der durch die Tür geworfen wurde zum Teil verdeckte. Lahm schleppten sie sich mit dem wenigen Gepäck das sie bei sich hatten zum Haupteingang. "Ich habe schon gedacht ihr kommt heute gar nicht mehr." Reumütig entschuldigte sich Takeru für die späte Stunde. "Tut uns Leid, aber wir haben den Verkehr in der Stadt völlig unterschätzt." "Schon in Ordnung. Die anderen sind schon im Bett. Ich nehme an ihr zwei wollt auch gleich schlafen gehen." "Gute Idee. Aber vorher brauch ich noch einen Happen zu Essen." Damit schlenderte Kira sogleich in Richtung Küche, nachdem er seine Taschen auf den Boden fallen gelassen hatte. Mit den Augen rollend folgte Takeru ihm mit seinem Blick und entschuldigte sich gleich ein weiters mal für das Benehmen seines Partners. Grinsend winkte Misa nur ab und zog ihn, nachdem sie sich kurz umgesehen hatte, beiseite. "Ich muss dich sowieso noch etwas fragen. Ich brauche deinen Rat in einer gewissen...Angelegenheit. Hast du vielleicht morgen kurz Zeit?" "Ist etwas passiert?" Besorgt zog er die Augenbrauen zusammen und musterte Misa eingehend, während sie sich noch einmal vergewisserte, dass sie niemand bespitzelte, was dank ihrer Tochter ein beinahe unmögliches Unterfangen geworden war. Schnell schüttelte sie ihren Kopf und ihre lockigen Haare, die nun bis zum Rücken reichten, wirbelten mit ihrer hastigen Bewegung nach allen Seiten. "Morgen 10 Uhr hinter dem Haus beim Schuppen. Und sieh zu, dass dir meine geliebte, aber etwas zu neugierige Tochter nicht nachschleicht. Sie hat die beinahe unheimliche Gabe immer alles zu belauschen, was man eigentlich noch geheim halten wollte." Verwirrt, wenn auch beruhigt, dass es sich um nichts Ernstes zu handeln schien, willigte er ein. Aufgeregt rannte das kleine Mädchen mit den verstrubbelten, braunen Haaren zu dem bekannten Gästezimmer, nachdem die Nachricht über die Ankunft Kiras, bis zu ihr durchgesickert war. Kurz gesagt: Satomi hatte das kleine Geheimnis nicht länger für sich behalten können. Als Riku sie an Vorabend wieder einmal mit Fragen löcherte, sprudelte es beinahe von selbst aus ihr heraus. Was war schon ein Geheimnis wert, wenn man es niemandem erzählen konnte? So schlich sich Riku leise auf Zehenspitzen aus dem Schlafsaal und machte sich schließlich mit einem Affenzahn daran zu überprüfen, ob die Neuigkeit denn auch der Wahrheit entsprach. Vor der Holztür stehend schlug ihr Herz höher, als Kiras Stimme durch die Tür drang. Grinsend biss sie sich auf die Unterlippe bevor sie vorsichtig den Türgriff hinunterdrückte, um ihn zu überraschen. Doch stattdessen blieb sie nur wie erstarrt im Türrahmen stehen, als sich Kira, der gerade dabei war sich umzuziehen, tatsächlich erstaunt durch den nächtlichen Besuch von seinem kleinen Wildfang, umdrehte. "Hey, solltest du nicht schon längst schlafen?" Blass geworden starrte sie nur auf seinen nackten Oberkörper und stolperte ein paar Schritte rückwärts, als er sich ihr näherte, bis sie mit dem Rücken zur Wand stand und regelrecht die Flucht ergriff. "Riku?.." Verstört drehte er sich zu Takeru um, der die Szene ebenfalls mit Besorgnis beobachtet hatte und ihm sein T-Shirt, dass Kira gerade erst ausgezogen hatte, zuwarf. "Zieh dir das wieder an. Ich fürchte, sie hat gerade etwas begriffen, an das sie bisher noch gar nicht gedacht hatte." "Und das wäre?" Noch immer zeichnete sich nur Unverständnis auf Kiras Gesicht ab. "Vielleicht das du denselben Körper hast wie die die sie monatelang missbraucht haben. Sie fand dich sympathisch, deswegen hat sie möglicherweise die Tatsache, dass du eben doch nur ein Mann bist verdrängt." Angespannt rieb sich Kira über die geschlossenen Augen. "Wunderbar. Einfach nur wunderbar. Jetzt rennt sie womöglich schreiend vor mir davon." "Es ist wohl doch schwieriger, als wir uns dachten." Resigniert nickte Kira nur leicht und zog sich das rote T-Shirt über. Kira und Takeru hielten nun schon seit einer geschlagenen Stunde Ausschau nach Riku, die wie vom Erdboden verschluckt war. Sie wollten beinahe schon aufgeben und das Personal verständigen, um die Suche nach ihr auszuweiten, als sie hinter ihnen ein verdächtiges Rascheln in den Haselnusssträuchern hörten, in denen sie sich schon bei ihrem ersten richtigen Zusammentreffen mit Kira versteckt hatte. Erleichtert atmeten die beiden auf. "Riku? Komm bitte raus, damit ich mit dir reden kann." Doch als keine Antwort kam, ging Kira ein paar zögernde Schritte weiter und wollte bereits selbst in die Sträucher krabbeln, als kleine Steine in seine Richtung geflogen kamen. "Geh weg! Verschwinde!" Unsicher blickte er um Rat suchend zu Takeru, der auch nur mit den Schultern zucken konnte. "Riku, bitte lass uns..." "Haut ab!!!" Dieses Mal traf sie ihr Ziel und Kira hielt sich fluchend den Kopf und den Arm, bevor er den Rückzug antrat und sich die Erde von der Hose klopfte, während er sich aufrichtete. "Was soll ich machen?! Sie hört mir ja nicht mal zu!" Leicht gereizt, wenn auch hauptsächlich nur verunsichert, was er nun tun sollte, nachdem sie noch nicht einmal mit ihm reden wollte, wandte er sich an seinen Freund, der nun die Stelle, an der sich mit Sicherheit eine pochende Beule bilden würde, näher inspizierte. "Gib ihr Zeit." Schnaubend betastete Kira die schmerzende Stelle vorsichtig, die bereits eine leichte Wölbung abzeichnete. "Und wenn das nicht reicht?" "Komm her." Sanft zog Takeru seinen verunsicherten Freund zu sich und küsste ihn zärtlich auf den Mund, ehe dieser sich an ihn lehnte und sein Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub. "Morgen ist auch noch ein Tag. Du bist müde, die ganze Woche war anstrengend,... Du solltest wirklich schlafen gehen." "Aber...", nuschelte er nur leise protestierend gegen seinen Hals, bevor ihn Takeru auf die Stirn küsste und in Richtung Hintereingang schob. "Na geh schon. Ich versuche mit ihr zu reden. Ich komm dann nach." Ehe Kira sich widerstandslos durch die geöffnete Tür schieben ließ, umfing er noch einmal seinen Geliebten mit seinen Armen und murmelte ein leises Danke, bevor er im Haus verschwand. Ein leichtes Lächeln umspielte Takerus Mundwinkel, als er dem sich kaum noch auf den Beinen haltenden Kira hinterher sah, der vor Müdigkeit durch die Gänge torkelte und sich dann und wann an einer Wand abstützte oder lauthals gähnte. Er wusste schließlich wie stressig seine letzte Arbeitswoche verlaufen war und wie schlecht er aufgrund der ganzen Aufregung geschlafen hatte. Egal ob er es nun zugeben würde oder nicht, es war offensichtlich wie viel Kira daran gelegen war, dass seine neue kleine Freundin auch ihn akzeptierte, da ansonsten ein Zusammenleben unmöglich wäre. Seufzend wandte sich Takeru wieder seinem kleinen Problem zu, das sich noch immer in den schwer zugänglichen und vor allem mit Waffengewalt verteidigten Sträuchern versteckt hielt. Um sie nicht noch weiter zu verschrecken und die Distanz zu wahren, setzte er sich auf die kalten Stufen des Hintereingangs und wartete. Es dauerte einige Zeit bis sich überhaupt wieder etwas in den Sträuchern rührte und man das leichte Rascheln der Blätter zusammen mit einem leisen Schluchzen hören konnte. Takeru wagte kaum zu atmen, als er das verhaltene Weinen des zusammengekauerten Mädchens vernahm, das sich nun langsam in der Kälte hin und herwiegte. "Riku? Du weißt doch, Kira würde dir niemals wehtun. Schon gar nicht auf diese Art. Er würde doch niemals zulassen, dass dir etwas passiert." Obwohl keine Antwort kam, oder gerade deswegen, da er wusste, dass sie zuhörte, redete er einfach weiter. "Was diese Männer getan haben ist... ich weiß nicht. Ich kann es nicht beschreiben. Sie haben dir sehr wehgetan. Niemand hätte dich so berühren dürfen. Ich verstehe, dass du Angst hast. Aber Kira... Wir würden...könnten niemals jemandem so etwas antun." Plötzlich war es wieder vollkommen still und Takeru befürchtete bereits, dass sie sich irgendwie aus dem Staub gemacht hatte, als er unerwartet ihre schwach flüsternde Stimme hörte. "Er war anders." Vor Erleichterung machte sein Herz einen kleinen Freudensprung und am liebsten hätte er nun so etwas Albernes wie Kiras Siegestanz aufgeführt, entschied sich dann aber doch für ein einfaches Lächeln, als sie zum ersten Mal mit ihm sprach. "Du hast doch bestimmt gewusst, dass Kira genauso ein Mann ist wie ich. Aber er hat dir niemals wehgetan. Was hat sich geändert?" Einen Moment lang musste er warten, ehe sie zögernd nach einigem Überlegen antwortete. "Er hat so ausgesehen wie die." "Und vorher?" Mit regem Interesse beobachtete sie jede von Takerus Bewegungen im Licht der Glühbirne, die direkt über ihm angebracht war und er so im Gegensatz zu ihrer überlegenen Position im Dunkeln leicht zu beobachten war. "Anders. Er hat dich geküsst. Das machen andere Männer nicht. Die lassen sich nur von Frauen küssen. Und er hat lange Haare. Außerdem hat er anders mit mir geredet. Die reden sonst immer so komisch." Aufmerksam hörte er ihr zu und versuchte sie im Dunkel auszumachen, da ihre Stimme immer lauter wurde und er vermutete, dass sie langsam näher kam, bis er tatsächlich ihren dunklen Schatten unter einem der Sträucher erkennen konnte und sie verstummte. "Hat sich denn daran etwas geändert?" Anstatt einer Antwort zuckte sie nur mit den Schultern und biss sich auf die Lippen. "Die Menschen hier versuchen dich zu beschützen, dir zu helfen. Aber das können sie nicht, wenn du sie nicht lässt. Hab doch nur ein wenig Vertrauen." Noch eine Weile betrachtete sie den Mann mit den blau-schwarzen Haaren, der mit dem silbernen Ring an seinem Ringfinger spielte, indem er ihn die ganze Zeit hin und herschob und furchtbar nervös zu sein schien. Letztendlich krabbelte sie nun vollends aus ihrem Versteck und setzte sich vor ihm auf dem Boden, während er den Atem anhielt und das kleine Wunder vor seinen Augen kaum fassen konnte. "Ist Kira jetzt böse auf mich?" Takeru konnte nur den Kopf schütteln, bis er seine Sprache wieder gefunden hatte. "Bestimmt nicht. Ist dir kalt? Soll ich...soll ich dir einen Tee machen?" Zaghaft nickend folgte sie seinen Bewegungen ein weiteres Mal misstrauisch, als er langsam aufstand und ihr seine Hand hinhielt, die sie schließlich zögernd ergriff. In dem Augenblick, als er die kleine Kinderhand in seiner spüren konnte, glaubte er sein Herz sei vor Aufregung stehen geblieben, als sie vorsichtig an seiner Hand zog und zu ihm aufblickte. "Kann ich auch einen Kakao haben?" Lächelnd nickte er ihr zu und hielt ihr die Tür auf, ehe er sie hinter ihnen schloss. Am nächsten Tag, sichtlich gut gelaunt, summte Takeru, während seines späten Frühstücks mit Kira fröhlich vor sich hin, bis sein Blick auf die Uhr fiel und er sich auf die Stirn schlug. "Mist! Schon 10 nach." Verwirrt blickte Kira auf die Uhr gefolgt von seinem Freund der eilig den letzten Bissen seines Brötchens in den Mund stopfte. "Musst du wohin? Du wolltest mir außerdem gerade erzählen wie es gelaufen ist. Aber nach deiner guten Laune zu schließen war es wohl ein voller Erfolg." Grinsend beugte sich Takeru zu ihm hinunter und küsste ihn rasch auf die Wange, bevor er sein Geschirr in die Abwasch stellte. "Auf der ganzen Linie." Damit ließ er Kira, der noch immer nicht als taufrisch zu bezeichnen war, allein am Küchentisch sitzen und in seine halbvolle Kaffeetasse starren, bevor dieser überhaupt bemerkt hatte, dass sich sein Freund soeben verflüchtigt hatte. Nachdem Takeru sich, auch wenn er es etwas übertrieben fand, vergewissert hatte, dass ihm niemand gefolgt war, schlich er sich zu dem ausgemachten Treffpunkt, um nun endlich zu erfahren, was Misa diesmal wieder ausgeheckt hatte. Mit einem Ruck wurde er von ihr hinter den Schuppen gezerrt, als er an besagter Stelle ankam. "Ich dachte schon, du kommst nicht mehr!" Entschuldigend lächelnd kratzte er sich am Hinterkopf. "Sorry, aber ich kam gestern erst ziemlich spät zum Schlafen." "Schon gut, schon gut. Ich kann mir schon vorstellen warum. Aber erspar mir die Details." Takeru wollte schon rot angelaufen protestieren, als Misa ihm gleich wieder das Wort abschnitt. "Ich brauche deinen Rat. Vor allem aber deine Verschwiegenheit. Wenn ich Saoko fragen würde, wüsste es bestimmt in kürze das halbe Heim. Deshalb versprich mir, dass du zu niemandem ein Wort darüber verlierst. Versprochen?" Sie blickte ihn dabei mit ihren großen rehbraunen Augen so eindringlich an, dass er bereits das Schlimmste befürchtete. "Versprochen. Aber du...du bist doch nicht krank, oder?" Kopfschüttelnd ignorierte sie seinen besorgten Ton und ging wie schon Minuten zuvor wie ein Aufziehmännchen auf und ab. "Ich hab dir doch mal erzählt, dass Kojiro vor Satomis Geburt schreckliche Probleme mit der Vorstellung von einer eigenen Familie hatte und na ja... ich meine, er war richtig panisch... du weißt schon. So mit davonlaufen und...und... er..." Sie suchte nach den passenden Worten, während sie wild vor sich hingestikulierte und ihm bedeutungsvolle Blicke zuwarf, als müsste er wissen worauf sie hinauswollte. "Na, glaubst du daran hat sich was geändert? Ich meine, ich würde gern... NEIN, ich werde...ihm ei...ein..ei..." Sie bekam beinahe schon keine Luft mehr, als sie anfing zu stottern und hörte erst auf, als Takeru ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. "Was ist los?" Misa gab sich geschlagen und holte als Antwort einfach eine kleine blaue Schachtel aus ihrer Jackentasche, die sie vorsichtig öffnete und Takeru vor die Nase hielt. "Ich fühle mich geschmeichelt Misa. Aber ich fürchte, ich bin in festen Händen.", begann er zu scherzen, als er den silbernen Ring mit den filigranen goldenen Verzierungen in dem kleinen blauen Kästchen näher betrachtete. Lachend schlug sie seine Finger weg und steckte das Schächtelchen wieder in ihre Tasche. "Blödmann!" Takeru hatte schon an sonst was gedacht. Nicht jedoch, dass sie seinen Rat in gewissen Herzensangelegenheiten brauchen würde. Erst recht nicht konnte er verstehen, wo das Problem lag. "Du willst ihm also einen..." "einen Heiratsantrag machen. Ja. Und was sagst du? Denkst du er wird vor mir die Flucht ergreifen. So auf die Art: ich Scheinwerfer, er Reh?" Bei dem Vergleich musste Takeru lauthals loslachen, bis er Misas fragenden, erwartungsvollen Blick bemerkte. Noch immer vor sich hinschmunzelnd schüttelte er den Kopf. "Ihr lebt nun seit beinahe 6, 7 Jahren zusammen, habt eine gemeinsame Tochter und seid eines der liebevollsten, wenn auch manchmal hinterhältigsten Pärchen, die ich je gesehen habe. Ich sehe keinen Grund, warum ihr nicht heiraten solltet." Erleichtert atmete Misa für einen Moment auf, bis sie ihre Stirn ein weiteres Mal in Falten legte. "Aber ich will nicht, dass er mich nur heiratet, weil er denkt, er hat keine andere Wahl. Ich meine, verheiratet zu sein besiegelt doch das Wort Familie vollkommen. Was wenn er nicht will? Wir sind zwar schon eine kleine Familie... Na gut, eine große Familie, eine riesige Familie mit all den Heimkindern. Aber nicht offiziell. Ich würde gerne mal jemandem Kojiro als meinen Mann vorstellen. MEINEN Mann. Verstehst du? Dann würden die Geier von unverheirateten Frauen vielleicht mal aufhören um ihn herumzukreisen, als wäre er noch zu haben. Oder als er wegen seiner Blinddarmoperation im Krankenhaus war. Die wollten mich doch tatsächlich nicht zu ihm lassen. Ich hätte die Krankenschwester beinahe erdrosselt." Takeru konnte sich nur zu gut vorstellen, wie Misa sich gefühlt haben musste, da er selbst schon einmal in dieser Situation war. Alles in allem waren ihm diese Dinge nur allzu bekannt und er selbst hasste es, wenn diverse Damen glaubten sie hätten freie Bahn bei Kira nur weil er keinen Ring am Finger trug. Nur, dass er immer mit absoluter Sicherheit wusste, dass sein Partner aus ersichtlichen Gründen nicht mal im Traum daran denken würde mit einer von diesen Frauen intim zu werden. "Mach ihm einfach den Antrag. Um ehrlich zu sein, ich bin überrascht, dass er nicht selbst auf diese Idee gekommen ist." "Das ist es ja gerade. Vielleicht hat er sich ja Gedanken darüber gemacht und will mich einfach nicht heiraten." Takeru stellte mit einem Lächeln fest, dass Misa schon wieder anfing wie eine Irre herumzulaufen. Sie war offensichtlich furchtbar nervös wenn sie an ihren bevorstehenden Heiratsantrag dachte und er wollte ihr ein wenig von der Anspannung nehmen, als er entgegnete, dass das Schlimmste, das passierten konnte, wäre, wenn er ablehnen würde. Daraufhin kickte Misa gegen einen großen Stein und jaulte kurz auf, als sie sich dabei die Zehen verletzte. "Genau, das ist es ja!" Nachdem Takeru Misa überzeugt hatte, dass sie es einfach wagen sollte ihn ,um seine Hand zu bitten', hielt er nach seinem eigenen Lebensgefährten Ausschau, den er beim Frühstück zurückgelassen hatte. Er wollte ihm unbedingt von seinen gestrigen Fortschritten in Sachen Riku zu erzählen, die er am Morgen noch für sich behalten hatte. Gerade als er die Tür der Veranda öffnen wollte, hörte er hinter sich leise Zischgeräusche, die wie er feststellte, als er sich umdrehte, von Riku stammten. Diese kauerte nun neben der hölzernen Treppe, nachdem sie sich zuerst unter ihr verborgen hatte und durch die einzelnen Stufen hervorgelugt hatte, um das Geschehen um sie herum aus sicherer Entfernung zu beobachten. "Psst. Psssst." Freudig überrascht kniete er sich hin, beugte sich zu ihr hinunter und lächelte ihr dabei aufmunternd zu. "Ist Kira noch böse?" "Ich hab dir doch gesagt, dass er nicht böse ist. Aber wenn du willst kannst du dich ja bei ihm entschuldigen. Kommst du mit rein?" Angestrengt nachdenkend presste sie die Lippen fest aufeinander, bis nur noch eine dünne Linie von ihnen zu sehen war, bevor sie zögernd aufstand und um das Geländer herumging, um die Stufen bis zu Takeru nach oben zu steigen und seine dargebotene Hand ein weiteres Mal zu ergreifen. Kira wäre fast vom Stuhl gefallen, mit dem er zuvor gelangweilt hin und hergewippt hatte, während er eine alte Zeitung durchgeblättert hatte, als er seinen Freund mit der kleinen Riku im Schlepptau erspähte. Ein breites Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab, als er bemerkte, dass die beiden Hand in Hand gingen und hätte er womöglich noch einen seiner rührseligen Tage gehabt, wäre er wahrscheinlich vor Freude in Tränen ausgebrochen und den beiden um den Hals gefallen. Gott sei Dank blieb den Beteiligten diese Peinlichkeit erspart. Unsicher trat Riku von einem Fuß auf den anderen, bevor sie Takerus Hand losließ und auf Kira zuging, der noch immer wie ein Honigkuchenpferd vor sich hingrinste. Das schlechte Gewissen wegen gestern Nacht überkam sie ein weiteres Mal, als sie die Beule auf seiner Stirn entdeckte. Zögernd fuhr sie mit ihren kleinen Fingern über die wunde Stelle "Tut das weh?" "Nur wenn man draufdrückt.", bemerkte er mit leicht schmerzverzerrtem Gesicht. Hastig zog sie die Hand weg und entschuldigte sich. "Tut mir Leid." "Schon gut, Qualle. Solange du mir nicht wieder Steine an den Kopf wirfst." Dabei wuschelte er ihr durch ihre zottigen Haare, die wieder einmal nach allen Seiten standen. "Iiiiii... Jetzt muss ich mir wieder die Haare waschen!" (Das habe ich tatsächlich mal ich im zarten Alter von fünf Jahren zu einer Nonne gesagt, als sie mir durch die Haare fuhr.) Beleidigt eine Schnute ziehend, nahm Kira nun beide Hände, um ihre Mähne nur noch mehr durcheinander zu bringen, während sie quietschend versuchte ihn wie lästige Fliegen von ihrem Kopf zu verscheuchen. Misa hatte sich nun letztendlich dazu durchgerungen ihrem Angebeteten, der offensichtlich trotz ihrer Anspielung der letzten beiden Jahre nicht selbst auf die Idee gekommen war, was inzwischen schon leicht bedenklich wurde, einen Heiratsantrag zu machen. Sie wusste nicht, ob er absichtlich einen großen Bogen um das Thema machte, oder ob ihre Hinweise, bei diversen Hochzeiten ihrer Freunde und Bekannten, die beinahe einem großen blinkenden Leuchtschild mit der Aufschrift: "WARUM KANN ICH NICHT MAL DIEJENIGE SEIN, DIE DA VORN STEHT! HER MIT DEM BRAUTSTRAUSS!" gleichkamen, tatsächlich übersehen hatte. Obwohl es schwer zu glauben ist, dass er nicht gemerkt hatte, dass sie sich bei den Schlachten um den Brautstrauß in letzter Zeit immer einen blutigen Kampf auf Gedeih und Verderb lieferte. Ihre letzen beiden Kleider mussten deswegen schon daran glauben und da es unmöglich schien an den alteingesessenen Singlefrauen um die vierzig, für die es inzwischen zum Hochleistungssport geworden war, vorbeizukommen, hatte sie beschlossen, die Sache selbst in die Hand nehmen und das am Besten so bald als möglich, bevor sie wieder kalte Füße bekam und sie die Zweifel übermannten. Misa tigerte bereits seit einer halben Stunde im Wohnzimmer auf und ab und richtete gerade zum tausendsten Mal die Sofakissen, als Kojiro gerade um die Ecke bog. "STOP!" Verdutzt drehte er sich mit seinem Apfel im Mund, an dem er gerade abgebissen hatte, um. ,So sieht er aus wie ein Spanferkel. Außerdem kann ich ihm doch unmöglich einen Heiratsantrag machen, wenn er noch nicht einmal antworten kann. Oder? Na ja, wenigstens kann er nicht nein sagen.' Gnädigerweise entschloss sie sich ihm doch die Möglichkeit zu geben sich dazu zu äußern und nahm ihm den Apfel aus dem Mund, während sie ihn zur Couch führte. "Kojiro, ich... setz dich besser. Ich..." "Hey, bis zum Abendessen ist es noch eine Stunde hin und von dem Kuchen hab ich nichts angerührt. Ich schwöre!" Durch sein Geplapper verwirrt, sah sie ihn nur verständnislos an, bis sie ihn, da er sich immer noch nicht hingesetzt hatte, rückwärts auf das Sofa hinter ihm schubste. "Kojiro, ich muss mit dir reden!" "Ich dachte, dass tust du bereits.", bemerkte er sarkastisch. Durch seine Unterbrechungen ein weiteres Mal verwirrt, wirbelte sie herum und verlor dabei den Faden. "Ich..." Sie holte noch einmal tief Luft und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. ,Ich Misa Kurenai... oder besser...ich Misato Kure.... Das klingt beinahe etwas zu förmlich. Ich höre mich schon fast an, als würde ich ein Produkt in der Werbung anpreisen. Wie eine Dauerwerbesendung, alla "...und wenn sie jetzt anrufen, bekommen sie ein Handyfeuerzeug gratis dazu." Aber selbst wenn er ablehnen würde, ich würde es überleben. Es würde schließlich nichts an unserem Zusammenleben ändern. Nicht wahr?' Inzwischen machte sich schon wieder diese kleine Stimme in ihr bemerkbar, die ihr zuflüsterte, die Beine in die Hand zu nehmen und so schnell wie möglich von hier zu verschwinden, solange er nichts von ihrem Vorhaben mitbekommen hatte. Es war immerhin noch nicht zu spät einen Rückzieher zu machen und als Misa Kojiros erwartungsvollen, auffordernden Blick auffing, rutschte ihr das Herz beinahe in die Hose. ,Was machst du hier eigentlich, hä? Soll so dein Heiratsantrag aussehen?! Du siehst gerade selbst aus wie ein Reh, nur eher wie eins das bereits überfahren wurde. Heute schon mal in den Spiegel gesehen? WAS!! Spring Reh. Lauf, solange du noch kannst... Ach, halt doch die Klappe!' Mit dem Angstschweiß auf der Stirn begann Misa nach Worten ringend zu gestikulieren. Dabei zeigte sie zuerst auf sich und legte dabei theatralisch eine Hand aufs Herz, bevor sie wieder auf ihn zeigte. ,Lauf Reh, lauf!' Dieses Mal hörte sie auf ihre leicht spöttelnde innere Stimme und brach ihren erbärmlichen Versuch ab. "D.. ddd..du hast da...da einen Fleck." Mit zusammengezogenen Augenbrauen folgte er ihrem Blick auf sein T-Shirt, dass sie ihm, bevor er es selbst inspizieren konnte, regelrecht vom Leib riss. Schockiert über Misas Aggressivität, verschränkte er seine Arme über seiner nackten Brust, bevor sie mit den Worten: "Ich muss Wäsche waschen.", flink wie ein Wiesel, hinter der nächsten Tür verschwand, die nur dummerweise in den Garten führte. Mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck folgte er ihr mit seinem Blick, bis er sich grinsend zurücklehnte. ,Wenn ihre Laune noch eine Weile anhält, könnte das ein interessanter Abend werden.' So die Jagd, wenn man es so nennen kann, hat also begonnen. Wünscht Misa noch viel Glück. Bei der Art von Heiratsanträgen kann sie es mehr als gebrauchen. Kapitel 3: ----------- Teil 3 Die pralle Sonne strahlte sengendheiß vom zartblauen Himmel herab, während die Kinder im Fluß, der hinter dem Heim vorbeiführte, ihre erhitzen Körper kühlten und herumalberten. Das sonnige Wetter hatte den ganzen Sommer lang angehalten und Kira und Takeru hatten die Einladung, die Ferienwochen im Heim zu verbringen, angenommen. Es war vielleicht nicht der erholsamste Urlaub der beiden, aber bei weitem einer der Erinnerungswürdigsten. Inzwischen hatte sich Riku soweit mit Takeru angefreundet, dass sie nichts dagegen hatte, dass er sich zu ihnen gesellte, wenn sie mit Kira einen ihrer Streifzüge unternahm. Im Gegenteil brachte es ihr einen nicht zu verachtenden Vorteil, wenn Takeru sie begleitete, da er meist auf ihrer Seite war und sie somit einen Verbündeten gefunden hatte, sollte Kira wieder versuchen sie von seinen absurden Wortkreationen zu überzeugen. Dennoch hielt sie eine gewisse körperliche Distanz zu Takeru. Auch wenn sie sich offensichtlich mit dem Gedanken anfreunden konnte, dass Kira ein waschechter Mann war, war sie noch immer ein wenig übervorsichtig, was seinen dunkelhaarigen Freund mit den stechend grünen Augen betraf. Obwohl sie das Gefühl hatte, diesen wie Smaragde glitzernden Augen, die sie des Öfteren in einem unbemerkten Augenblick beobachtete, vertrauen zu können, konnte sie das beklemmende Gefühl nicht einfach abstellen, dass sie regelrecht zurückschrecken oder erstarren ließ, wenn er ihr überraschend zu nahe kam. Doch diese Momente, in denen sie die altbekannte Angst überkam, wurden im Laufe der letzen Tage immer seltener, da Takeru darauf bedacht war, dass Riku den Abstand zwischen ihnen selbst wählen konnte und sich dadurch nicht bedrängt fühlte. Die Fortschritte, die sie gemacht hatten, waren nicht zu übersehen. Selbst einige Angestellte, die ihre Bedenken hatten, ob die Bemühungen des Paares nicht umsonst waren, beobachteten nun mit Erstaunen und Wohlwollen die Entwicklung, des verschreckten Mädchens, das nun mit ihren Streichen bereits der springlebendigen Satomi, die es mit ihren sechs Jahren inzwischen beherrschte auch ältere Kinder nach ihrer Nase tanzen zu lassen, Konkurrenz machte. Die Versuche der letzen Wochen, Kojiro spontan einen Heiratsantrag zu machen, damit es nicht so aussah, als wäre Misa am Boden zerstört, wenn er ,Nein' sagen würde, was zweifellos der Fall wäre, waren nicht viel besser als der Erste. Ein Fehlschlag nach dem anderen. Sie wollte ihn auf Teufel komm raus an die Stelle in den Wald zerren, an der sie sich zum ersten Mal begegnet waren und war dabei mit dem Fuß in ein Moorloch getreten, nachdem sie eine halbe Ewigkeit herumgeirrt waren, da Misa besagte Stelle nicht finden konnte. Dieser Versuch wurde kläglich abgebrochen, als sie beim Herausziehen des Fußes mit dem Gesicht nach vorn in den Schlamm klatschte. Ein anderes Mal hatte sie ihn inmitten der Reparaturarbeiten der Fotovoltaikzellen am Dach überrascht. Wobei sie ihn beinahe vom Dach schubste, als sie den mitgebrachten Picknickkorb schwenkte. (Sag noch einmal jemand Frauen haben keinen Sinn für Romantik.) Reumütig zog sie sich zurück, als er sich dabei den Hals verrenkte und er sie nur ungläubig anstarrte, als sie den Wein auspackte. Inzwischen musste Kojiro sie für vollkommen irre oder für wieder schwanger halten, was bei ihren damaligen Hormonschwankungen wohl beinahe dasselbe war. Doch für dieses Mal wollte sie vorbereitet sein. Sie entschloss sich nun doch für eine ausnahmslos romantische Stimmung zu sorgen, um ihr die vor ihr liegende Aufgabe zu erleichtern. So hatte Misa das Schlafzimmer nun mit zig kleinen Teelichtern dekoriert und streute, um das Bild perfekt zu machen, ein paar Sonnenblumenblätter auf die dunkelblaue Bettwäsche. (Die stilechten Rosen wurden im Frühjahr aus Versehen von Kojiro eingeebnet, als ihn Satomi von hinten ansprang. Die relativ schmerzhafte Erfahrung mit den Dornen ließen ihn außerdem einen großen Bogen um diese Pflanzen machen, weswegen sie bedachterweise die Sonnenblumen gewählt hatte.) Zufrieden betrachtete Misa ihr Werk, als plötzlich hinter ihr die Tür aufgerissen wurde, wodurch bereits die Hälfte der Kerzen ausgeblasen wurden und Satomi kichernd durch die Tür stürmte, während sie im Hintergrund Kojiros Stimme hören konnte, der den kleinen Wirbelwind dazu bewegen wollte sich endlich schlafen zu legen. Händeringend blickte Misa der Verzweiflung nahe an die Decke, als nun auch ihr Blondschopf durch die Tür raste und sich seine Tochter griff. Gerade als er sie an der Taille schnappte und schultern wollte, um sie wieder in ihr Zimmer zu tragen, hielt er in seiner Bewegung inne, sodass die Kleine kurz über dem Boden in der Luft baumelte. "Oh...", war seine einzige Antwort, als er die Dekoration und Misas hängende Schultern ausmachte. Durch die Sprachlosigkeit ihrer Eltern und der komischen Blicke die sie sich zuwarfen, neugierig geworden, sah sich nun auch Satomi um, als sie auch schon die Blätter ihrer geliebten Sonnenblumen entdeckte, bei denen sie geholfen hatte, diese anzupflanzen. Entrüstet deutete sie auf die frevelhafte Behandlung ihrer geliebten Blumen und fing an mit den Beinen in der Luft zu zappeln. "Aber das sind meine Sonnenblumen." Misa ahnte schreckliches, als sie den anklagenden Blick ihrer Tochter auffing. "SCHATZ! Ich bau dir noch eine handvoll von Sonnenblumenkernen an, wenn du jetzt wieder ins Bett gehst." Doch so wie befürchtet schaltete die Kleine auf stur und zog eine beleidigte Schnute. "Aber die hab ich ge..." "Ich weiß, Schatz. Aber ich verspreche dir einen ganzen Garten voller Sonnenblumen, wenn du jetzt ins BETT GEHST. OK?" Durch den eindringlichen Ton in Misas Stimme, versuchte Kojiro Satomi, die sich inzwischen schon mächtig in seinem Griff wehrte, zu ihrem Zimmer zurückzutragen, bis sie sich aus seinen Armen wand und auf das liebevoll geschmückte Bett kletterte. Dort sammelte sie die gelben Blätter ein und verlangte nach einem Glas Wasser für ihre leidgeplagten Blümchen, oder besser, den davon übrig gebliebenen Resten. Am liebsten hätte Misa mit ihrem Kopf gegen den Türpfosten geschlagen, aber dieses Alter, beschloss sie, hatte sie inzwischen überwunden. So holte sie nur resigniert ein Glas voll Wasser und sah zu, als Satomi jedes einzelne Blatt vorsichtig darin eintauchte und sorgfältig nacheinander anordnete. Entschuldigend lächelte Kojiro Misa zu, ehe er den kleinen Wildfang zurück auf sein Zimmer führte, während sie den Blättern versprach sie am nächsten Morgen wieder anzubauen. Als er letztendlich zurückkam, lag Misa mit geschlossenen Augen ausgestreckt auf dem Bett. Grinsend gesellte er sich neben sie und stützte sich auf seinen Ellbogen neben ihrem Gesicht ab. "Was hattest du eigentlich vor? Wolltest du mich verführen?" Bei dem Gedanken wie nahe er damit eigentlich der Wahrheit gekommen war, musste auch Misa plötzlich grinsen. "So ähnlich. Aber anders, als du denkst." Stirnrunzelnd blickte er sie fragend an, als sie ihn auch schon auf den Rücken rollte und sich über ihn beugte. "Das hat aber auch ein andermal Zeit. Jetzt lass mich dich verführen." Und tatsächlich schien er nicht im Geringsten etwas dagegen zu haben. In der Hoffnung, dass sich Riku in ihrer Gegenwart wohl fühlte, hatten Takeru und Kira versucht die Besuche so weit es ging auszudehnen. Besonders da der Abschied fortwährend ein wenig schwerer wurde und die traurigen Kulleraugen Rikus, wenn sie ihr versprachen bald wiederzukommen, zum Steine erweichen war. Und so sollte es auch dieses Mal nicht anders sein. Der letzte Nachmittag ihres Aufenthalts verging wie im Flug und so ließ auch der Abend, an dem die beiden wieder nach Hause fahren mussten, nicht lange auf sich warten. Zappelig begleitete sie Riku mit Misa, Kojiro und Satomi im Schlepptau, als sie ihr weniges Gepäck bis zum Auto schafften. Ein wenig eifersüchtig beobachtete der kleine Wuschelkopf, als sich ihre Spielkameradin von dem blonden, großgewachsenen Mann, den sie in die Hand gebissen hatte, nachdem er und einer der Lehrer hier sie in das Hikari Institut brachten, auf den Schultern tragen ließ und aus dieser Höhe Takeru, der nun neben ihr stand, durch die Haare strubelte. Satomi hatte doch Eltern. Sie brauchte nach Rikus Meinung Kira und Takeru also gar nicht. Und die beiden waren die Einzigen, die sich ausschließlich um sie kümmerten. Solche und ähnliche Gedanken schossen ihr durch den Kopf, während sie unruhig auf ihrer Unterlippe kaute, als sich Satomi nun auch noch von Takeru hochheben ließ und sich schließlich anschickte sich ebenso von Kira zu verabschieden. Doch was zu viel war, war zu viel. Wütend stellte sie sich dazwischen und warf ihr mit ausgestreckten Armen einen Blick zu, der dem blonden Wildfang deutlich zu verstehen gab, keinen Schritt weiter zu gehen. Riku sah in diesem Moment aus, als würde sie mit einem grimmigen Knurren ihr Revier verteidigen wollen, was wohl auch ihrer tatsächlichen Absicht entsprach. Verdutzt blieb Satomi stehen, die nicht wusste, warum ihre Freundin plötzlich so böse auf sie war, als diese ihr nur schnaubend weiter den Weg versperrte. Auch die Erwachsenen waren von diesem Zwischenspiel mehr als verwirrt. Beschwichtigend wollte Kira dazwischengehen und drehte Riku, die noch immer die Arme wie eine Markierung weit ausgestreckt hielt, zu sich um. "Was ist denn in dich gefahren? Habt ihr euch gestritten?" Kopfschüttelnd legte sie die Stirn in Falten und kniff ihren Mund zusammen, bevor sie herausplatzte: "Sie hat doch schon einen Papa! Sie braucht dich doch nicht auch noch!" "D..du....." Vor Schreck plötzlich ganz bleich geworden, brauchte es eine Weile bevor Kira ihre Worte verarbeitet hatte. Eine Weile stand er wie vom Blitz getroffen da, bevor er den Knirps hochhob und jubelnd mit sich herumwirbelte, bis er die leicht verdatterte Riku wieder auf den Boden stellte, die sich wohl gerade Sorgen um seine mentale Gesundheit machte. Grinsend nahm Kojiro seine Tochter widerwillen Huckepack und trottete unbeugsam mit seiner protestierenden Fracht zurück zum Haus, während Misa, die sich ebenfalls ein das Grinsen nicht länger verkneifen konnte, Takeru einen vielsagenden Blick zuwarf. Dieser gesellte sich nun zu Kira, der vor Freude ganz hibbelig herumzappelte und Riku immer wieder durch die Haare wuschelte. Räuspernd stieß ihm Takeru den Ellbogen in die Seite, um ihn so wieder zurück auf die Erde zu holen. "Hey, was....ahhhh..." Auch wenn er für eine Weile auf der Leitung stand, schien er letztendlich zu begreifen, warum Misa und Takeru ihn zu erwartungsvoll ansahen. Nun doch ein wenig nervös schluckte er schwer, ehe er sich zu Riku hinunterbeugte und nach den richtigen Worten suchte. "Riku, du weißt doch, ich und Takeru haben dich sehr gern. Wir haben uns schon seit einiger Zeit überlegt... natürlich nur wenn du....wenn du willst, ... dass du... wenn du möchtest.... Also du könntest... Wir haben schon mit einigen Leuten gesprochen und die.... Du...." Kira hatte offensichtlich ein paar kleine Startschwierigkeiten und würde diese so wie es aussah auch in nächster Zeit nicht beheben können, weshalb Takeru für ihn einsprang. "Du könntest bei uns leben, wenn du möchtest. Wenn du mir soweit vertrauen kannst." Sprachlos schweifte Rikus Blick zwischen Takeru und dem nun heftig nickenden Kira. "Natürlich nur auf Probe. Wenn du nicht bleiben willst, es dir nicht gefällt, kannst immer noch ins Heim zurückgehen." Das Schweigen Rikus zehrte an ihren Nerven, bis sie zögernd ihre kleine Hand ausstreckte und in die Kiras schob, der bisher den Atem angehalten hatte und nun erleichtert aufatmete. "Ihr wollt mich wirklich haben? Ihr gebt mich nicht weg?" Die Frage war so leise geflüstert, dass die beiden sie kaum hören konnten. Die Angst von den Menschen, die sie eigentlich beschützen und mehr als alles andere auf der Welt lieben sollten, wieder verlassen, verraten zu werden, saß immer noch tief. Dieses Mal war der Kloß in Takerus Kehle zu groß, als dass er etwas darauf hätte antworten können. Doch Gott sei Dank hatte Kira sich wieder gefangen und hob den gesenkten Kopf leicht am Kinn an, damit er in ihre inzwischen feucht schimmernden Augen sehen konnte und sie seine Ehrlichkeit in seiner Antwort niemals anzweifeln würde. "Wir lieben dich. Wir würden dich niemals weggeben." Müde kuschelte sich Misa an Kojiro, der sich geschafft ins Bett fallen ließ. "Was hältst du davon? Denkst du die beiden könnten mit Riku zurechtkommen?" Nachdenklich die Stirn runzelnd, öffnete Kojiro ein Auge und blinzelte ein wenig gegen das Licht der Nachttischlampe. "Ich weiß nicht. Vor allem Riku fällt es schwer wieder vertrauen zu fassen. Sie hängt besonders an Kira, aber ob sie tatsächlich mit gleich zwei Männern zusammenleben kann? Es wäre wahrscheinlich besser sie würden ein Kind adoptieren, dass nicht derartige Erfahrungen machen musste. Ich meine, sie ist ohne Zweifel ein niedliches, kleines Mädchen, aber..." "Ich weiß schon. Es wird auf jeden Fall nicht leicht. Ich würde mir nur wünschen, dass es klappt. Die Kleine hat schon so viel mitgemacht und ich weiß, die beiden würden sie nicht zu sich nehmen, wenn sie es nicht wirklich ernst meinen würden und Riku hat eine zweite Chance verdient. Diese Kinder haben schon so viel gesehen, so vieles erlebt. Neues Vertrauen zu fassen muss für sie unsagbar schwer sein. Jedes von ihnen hätte Eltern verdient, die sie so lieben würden wie Kira und Takeru. Ich bin mir sicher die beiden wären wunderbare Eltern." "Tja, dann warten wir mal ab, wie die beiden mit der Kleinen zurecht kommen. Wenn dann keine gröberen Probleme auftauchen brauchen wir nur noch Higashima anrufen und ihn um seine Einwilligung und die Papiere bitten. Die beiden haben Glück, dass wir beim Jugendamt einen Stein im Brett haben. Sonst hätte es bestimmt ziemliche Schwierigkeiten mit einem gleichgeschlechtlichen Paar gegeben." Grummelnd nickte Misa nur knapp, während sie sich enger an ihn schmiegte, seine Brust dabei als Kopfpolster missbrauchte und im nächsten Moment auch schon einschlief. "Schön, dass du mit mir einer Meinung bist. Was hältst du morgen von wildem Sex auf dem Couchtisch?...oder..." Genau in diesem Augenblick grunzte Misa leicht in ihrem Schlaf in den sie sogleich aufgrund des anstrengenden Tages gefallen war. Grinsend schüttelte er nur leicht den Kopf und küsste sie kurz auf die Stirn. "Ich nehme das als ein Ja." Ich weiß durchaus, dass die Auflagen bei uns wenn es um Adoption geht um einiges strenger sind. Und viele Eltern (wenn sie denn die Auflagen erfüllen) zwischen zwei bis drei Jahre warten müssen, bis man ein Kind adoptieren kann. Allerdings ist das nicht in allen Ländern so. Und nachdem nicht gesagt ist in welchem Land das Ganze spielt... seht es als meine persönliche Wunschvorstellung, dass dies möglich ist. Kapitel 4: ----------- Teil 4 Das Herz schlug Riku bis zum Hals, als sie nach der langen Fahrt und mehreren Toilettenpausen unterwegs endlich ihr neues Zuhause erreichten. Zugegebenermaßen nur auf Probe, aber schon alleine der Gedanke, dass sie vielleicht doch ein neues Daheim gefunden hatte, machte sie ganz kribbelig. Zuhause - eigentlich unglaublich wie aufgeregt man schon alleine durch ein so kleines Wort werden konnte. Doch für Riku bedeutete es die Welt. Und sie war schließlich nicht die Einzige, die zappelnd vor dem Eingang stand. Kira war mindestens genauso aufgeregt wie sie, als sie mit dem Lift in den achten Stock fuhren und Takeru den Schlüssel der Eingangstür herausholte, um die Tür für die beiden aufzusperren. Als Riku letztendlich im Türrahmen stand und einen ersten Blick auf die Wohnung werfen konnte, hielt sie den Atem an. Sie hatte vieles erwartet, aber dass die beiden Chaoten, vor allem aber Kira, hier wohnten, war für Riku beinahe unvorstellbar. Die durch die vordere Fensterfront lichtdurchfluteten Räume waren in einem warmen, einlandenden gelb gestrichen und an den Wänden hingen alle Art von komischen Bildern mit abstrahierten Figuren und afrikanische Masken, die sie durch den furchteinflössenden Gesichtsausdruck ein wenig einschüchterten. Neugierig lugte sie um die nächste Ecke, nachdem sie sich, wie die beiden, die Schuhe ausgezogen hatte und entdeckte dabei das geräumige Wohnzimmer von dem aus eine Wendeltreppe in den nächsten Stock führte, in dem sich das Schlafzimmer und eine kleine Dachterrasse befand. Ebenso aufgeregt folgte ihr Kira mit seinen Blicken und wartete darauf, dass sie ihr eigenes Zimmer entdeckte, dass sie vor kurzem erst provisorisch eingerichtet hatten und aus einem früheren Teil des ohnehin viel zu großen Wohnzimmers bestand. Takeru hingegen beobachtete gleich alle beide aus dem Augenwinkel, als er sich anschickte in der Küche nach einer Kleinigkeit zu essen zu suchen und schließlich mit einem grünen Apfel zurückkam und die beiden mit dem Knacken, als er genüsslich hineinbiss, aufschreckte. Erschrocken wirbelten beide herum und Takeru musste unwillkürlich bei dem Gesichtsausdruck der beiden, die ihn so entgeistert anstarrten, schmunzeln. "Was? Habt ihr noch nie einen Apfel gesehen?" Schnaubend warf ihm Kira einen gespielt beleidigten Blick zu und nahm ihm den Apfel aus der Hand, bevor er selbst einen Bissen nahm. "Wie kannst du jetzt ans Essen denken?! Das ist immerhin ein wichtiger Punkt in unserem Leben!" Nun unfähig sich das Grinsen noch weiter zu verkneifen nahm er ihm den Apfel wieder ab und küsste ihn kurz auf den Mund. "Warum zeigst du ihr nicht einfach ihr Zimmer? Du hast doch schon die ganze Fahrt darauf gewartet, hab ich Recht?" Kira konnte es auf den Tod nicht ausstehen, dass Takeru ihn so gut lesen konnte, aber das war wohl eines der Nachteile, die es mit sich brachte, wenn man sich in seinen besten Freund verliebte. "Ich weiß gar nicht, was du meinst... Komm schon Riku, ich zeig dir dein Zimmer." Kopfschüttelnd folgte Takeru seinem Lebensgefährten, der die Kleine nun auf direktem Weg in ihr Zimmer führte. Dieses war noch alles andere als fertig eingerichtet, doch sie hatten beschlossen, dass es das Beste wäre, wenn sie Riku bei der Gestaltung ihres Kinderzimmers miteinbeziehen würden, damit sie sich auch mit Sicherheit darin wohl fühlen würde. Nur die Wände waren schon bemalt und es war offensichtlich wessen Idee es gewesen sein musste. Überall schwammen kleine und große Quallen durch das hellblau bemalte Zimmer, oder kleine Fische versteckten sich hinter Anemonen oder Korallen. Kira hatte sich alle Mühe gegeben sich bei seiner Unterwasserlandschaft künstlerisch auszutoben. Mit großen Augen stand Riku nun in der Mitte des noch kahlen Raums, in dem sich gerade Mal ein Matratzenlager und einige Polster befanden. "Wir dachten, du würdest dieses Zimmer gerne selbst einrichten. Wir können gleich morgen ins Möbelgeschäft fahren. Was hältst du davon? Ich habe auch schon ein paar Kataloge durchgesehen, wenn du..." "Ich kann mir mein Bett selber aussuchen? Ein Zimmer nur für mich allein?" Es waren die ersten Worte aus ihrem Mund, die nur so aus ihr heraussprudelten, seitdem sie diese Wohnung betreten hatte. Ungläubig sah sie von einem zum anderen, während sie sich auf die Unterlippe biss. "Und nicht nur das Bett. Du willst doch bestimmt nicht, dass alles so kahl bleibt. Was hältst du eigentlich von meinen Quallen, Qualle?" Grinsend ließ Riku nun ihre kleinen Hände über die blauen Schirme wandern, bevor sie sich umdrehte und ihre Arme über der Brust verschränkte. "Meine Haare sehen aber gar nicht so aus!" "Nein, bloß wie die Tentakel." Mit diesen Worten wuschelte ihr Kira noch einmal durch die ohnehin schon widerspenstig abstehenden Haare. "Hey!" * Nervös schwänzelte Misa um das Telefon herum um jeden Moment einen Anruf von Kira und Takeru entgegenzunehmen. Schließlich mussten die beiden schon seit einiger Zeit in ihrer Wohnung in angekommen sein. Sie hoffte nur, dass alles gut gehen würde und sich Riku einleben würde. Die ersten Tage waren auch die kritischsten, besonders aber die Nächte, da Riku noch immer von Alpträumen geplagt war und nun keine weibliche Person hatte an die sie sich wenden konnte. Doch auch nach etlichen Stunden des Wartens klingelte das Telefon nicht und sie fasste dies als ein gutes Zeichen auf. * Grummelnd rollte sich Kira auf die Seite, als jemand ungeduldig an seiner Schulter rüttelte, bis er blind mit der Hand in Luft herumfuchtelte, um den lästigen Unruhestifter abzuwehren. Doch Riku ließ sich nicht so leicht entmutigen und zwickte ihn kräftig in den Oberarm. "Au!" Der Störenfried ließ also nichts unversucht, um Kira aus dem Schlaf zu reißen in den er so mühsam gefallen war, weswegen er nun die Augen aufschlug und in das kleine runde Kindergesicht blickte, das sich über ihn gebeugt hatte. Schmatzend rieb er sich den Oberarm und den Schlaf aus den Augen und setzte sich so gut es ging auf. "Was ist denn los? Kannst du nicht schlafen?" Kopfschüttelnd biss sich Riku auf die Unterlippe und blickte ihn erwartungsvoll aus großen Augen an. "Hast du schlecht geträumt?" Dieses Mal meldete sich der inzwischen ebenso wache Takeru zu Wort, der durch die Gewichtsverlagerung der Matratze und Kiras Flüstern aufgeweckt wurde. Er wusste längst von Rikus Schlafschwierigkeiten und hatte bereits etwas Derartiges erwartet. Auf seine Frage hin nickte Riku nur knapp und setzte sich auf die Bettkante. Kira, der nun ebenfalls zu verstehen schien, griff nach einem Pyjamaoberteil, da er nur eine lange bequeme Flanellhose trug, um eine Szene wie das letzte Mal zu vermeiden und rückte ein deutliches Stück in die Mitte, um ihr Platz zu machen. "Möchtest du heute hier schlafen?" Riku die einen Moment ernsthaft zu überlegen schien, warf einen kurzen Seitenblick auf Takeru und schüttelte wieder den Kopf. Dieser hatte den Blick durchaus bemerkt und krabbelte seufzend auf allen Vieren aus dem Bett. "Ich kann auch unten schlafen, wenn du willst. Dann habt ihr beide mehr Platz. Also bis morgen früh. Schlaft gut." Ohne ein weiteres Wort verschwand er aus der Tür, bis man nur noch das metallische Klacken der Wendeltreppe bei jedem seiner Schritte hörte. Kira, der dem ganzen nur schweigend zugesehen hatte, seufzte nun ebenfalls auf und rückte ein großes Stück beiseite. "Wenn du hier bleiben willst. Ich hab jetzt mehr als genügend Platz." Riku zögerte noch einen Moment lang, ehe sie unter die Decke krabbelte und sich in den flauschigen Polster kuschelte. "Gute Nacht." Am nächsten Morgen fand Kira Takeru mit der Stirn in Falten gelegt, zusammengerollt auf der Couch vor. Sehr entspannt sah er dabei nicht aus. Also machte Kira einen starken Kaffee um seinen Freund wieder auf die Beine zu bringen, da sie heute noch einiges vorhatten. Doch wenigstens schien Riku ruhig geschlafen zu haben, nachdem sie sich zu Kira ins Bett gelegt hatte. Offensichtlich vertraute sie ihm inzwischen schon so weit, dass es ihr auch nichts ausmachte neben ihm zu schlafen. Einen größeren Beweis des Vertrauens, das sie ihm entgegenbrachte, gab es auch gar nicht. Besonders nach den Erfahrungen die sie mit Männern gemacht hatte. Bei Takeru hingegen war sie noch um einiges vorsichtiger. Das hatte sich auch gestern Abend wieder gezeigt. Doch schien sein Freund vollstes Verständnis dafür zu haben und überließ ihr ohne weiteres seinen Schlafplatz, um eine ungemütliche Nacht auf der Couch zu verbringen und wie sich herausstellen sollte auch noch einige mehr. So nur noch ein Kapitel, dann habt ihrs geschafft! Schließlich hat es Misa immer noch nicht fertig gebracht Kojiro den Antrag zu machen. Und ob sich Riku tatsächlich einleben kann... mal sehen. Oh und danke Black Angel für den Kommi Kapitel 5: ----------- Teil 5 Kaum noch fähig aufrecht zu stehen, setzte sich Takeru, behäbig wie ein achtzigjähriger, auf einen Stuhl in der Küche. "Ich glaub ich überleb den Tag heute nicht. Gestern im Dojo konnte ich mich kaum bewegen. Die kleinen Scheißer haben mich richtig fertig gemacht und dabei war das nur die Kindergruppe. Heute hab ich die Fortgeschrittenen vor mir. Mir wird schon richtig schlecht, wenn ich nur daran denke." Mitleidig setzte sich Kira zu seinem Freund, der gerade müde seinen Kopf in die Hände stützte. "Ich werde Riku sagen, dass sie heute in ihrem Bett schlafen muss. Dass war jetzt die zehnte Nacht die du auf der Couch verbracht hast. Du musst mal wieder richtig ausschlafen." Kopfschüttelnd rieb er sich die Schläfen und schenkte sich Kaffee ein. "Wir wussten beide, dass es nicht einfach werden würde. Wir können froh sein, dass sie dir soweit vertraut. Wenn sie Alpträume hat, können wir sie nicht einfach wieder in ihr Zimmer schicken." "Und was ist mit dir? Du musst morgen wieder arbeiten. Ich konnte mir einige Zeit freinehmen, auch wenn mein Vater alles andere als glücklich war, nachdem ich mich gerade erst in meiner neuen Position eingearbeitet habe." Kira machte sich inzwischen ernsthaft sorgen um seinen Freund, der vor Müdigkeit kaum noch gerade aussehen konnte. Außerdem vermisste er es sich wenigstens abends an ihn kuscheln zu können, wenn schon der Sex zurzeit nur noch kurz während einer morgendlichen Dusche möglich war. "Ich komm schon klar. Ich bin nur ein wenig verspannt." Während dieser Worte rieb er sich den steifen Nacken, was Kira als indirekte Aufforderung empfand. Sanft rückte er Takeru ihn in die richtige Position, um ihm den Nacken und die Schultern massieren zu können. Dabei hauchte er ihm ab und zu einen Kuss auf einen besonders festen Knoten unter der Haut, die er freigelegt hatte und der sich nicht lösen wollte, bis sich Takeru genießerisch gegen ihn lehnte und sich seinen geschickten Händen ergab. Während alledem bemerkten sie nicht das leise Tappen nackter kleiner Füße auf kaltem Metall, als sich Riku wieder zurück in das warme Bett schlich, um ihre inzwischen ebenso kalten Füße aufzuwärmen und vor allem, um so zu tun, als hätte sie die beiden nicht während des ganzen Gespräches belauscht. Das schlechte Gewissen nagte an ihr, als sie an Takeru dachte, der sich so viel Mühe mit ihr gab und den sie jede Nacht seitdem sie bei den beiden wohnte aus dem Bett getrieben hatte. * Misa scheuchte alle Angestellten wie ein aufgeregtes Huhn umher, ehe sie sich ihre Tochter schnappte und diese mit den anderen Kindern in die erste Klasse der internen Schule setzte. Sie war zwar definitiv einer der jüngsten mit ihren gerade erst vor kurzem erreichten sechs Jahren, aber es war die einzige Möglichkeit sie für eine Weile abzulenken, damit Misa ungestört gewisse Vorbereitungen treffen konnte. Schließlich hatte Misa Pläne für heute Abend. Außerdem schien es Satomi Spaß zu machen, weswegen nichts dagegen sprach, dass sie dem normalen Schulunterricht doch noch in diesem neuen Schuljahr folgte. * Die Dunkelheit brach gerade erst herein, als sich Kira und Takeru schlafen legten, damit letzterer wenigstens ein paar Stunden in Ruhe verbringen konnte, für den Fall das Riku ihn ein weiteres Mal aus dem Bett scheuchte. Doch bereits nach ein bis zwei Stunden hörte Kira, der so früh noch nicht einschlafen konnte und wach lag, die tapsenden Schritte nackter Füße. Seufzend setzte er sich auf und erwartete das kleine Mädchen, das sich alsbald an den Rand seiner Seite des Bettes gesellte. "Kann ich...vielleicht..." Kira lächelte sie nur kurz aufmunternd an und schlug die Decke zurück, ehe er kurz an Takerus Schulter rüttelte. Dieser war wie ein Toter ins Bett gefallen und genauso liegen geblieben, nachdem ihn seine Fortgeschrittenen Klasse windelweich geklopft hatte. Nur zu ungern weckte er seinen Freund, der nach dem heutigen Tag ein wenig Schlaf mehr als verdient hatte. "Hey Schlafmütze, wir haben Besuch.", hauchte er ihm leise ins Ohr, während er ihn weiter schüttelte. "Hmmm...?" Mit vor Müdigkeit beinahe zugeschwollenen Augen rappelte sich bei Rikus Anblick nun auch Takeru hoch und strich sich dabei die Haare aus dem Gesicht. "Schuldigung...bin noch nicht ganz da." Mit diesen Worten rollte er sich aus dem Bett und fiel wie ein nasser Sack auf den kalten Boden, auf dem er grummelnd liegen blieb. "Momen..noh..." Mitleidig betrachtete Kira seinen Lebensgefährten, der offensichtlich vorhatte so ungemütlich wie er gelandet war auch wieder einzuschlafen. "Hey mein Geliebter, ich würde dich ja gerne in Ruhe lassen, aber da unten wirst du dich nur erkälten. Ganz zu schweigen davon, dass du morgen keinen Schritt mehr gehen wirst können." Brabbelnd richtete sich Takeru auf und schnappte sich einen Kopfpolster, ehe er aus der Tür verschwinden wollte. Doch noch bevor er diese erreichen konnte, hielt in etwas, oder besser gesagt jemand, zurück. Riku die die ganze Szene mit wachsend schlechtem Gewissen beobachtete, hatte sich ein Herz gefasst und ergriff seine Hand, um ihn zurück zum Bett zu führen. "Du...du musst nicht gehen. Ich mach mich ganz klein, versprochen." Erstaunt blieb Takeru wie angewurzelt stehen und beugte sich zu dem kleinen Wirrkopf hinunter. "Bist du sicher?" Heftig mit dem Kopf nickend zog ihn Riku weiter, bis ihn nun auch wie ein Honigkuchenpferd grinsender Kira an der anderen Hand nahm und zurück zum Bett führte. In diesem Moment waren sich Kira und Takeru einig, dass sie es schaffen würden eine richtige Familie zu werden. Komme was wolle. So schnell würden sie die Kleine nicht wieder hergeben. Dafür hatten sie sie schon viel zu sehr ins Herz geschlossen. Selbst wenn die Alpträume noch einige Zeit andauern würden, irgendwann würde sie sich so wohl und sicher bei ihnen fühlen, dass auch diese nur noch eine schlechte Erinnerung sein würden. Und wenn sie diese Hürde überwunden hatten, würden sie wohl auch mit einer Horde protestierender Eltern oder anderer Intoleranz zurechtkommen, wenn es denn sein musste. Sie würden es schon schaffen, wenn Riku es wollte. Und so wie es aussah, standen die Chancen dafür nicht schlecht. * Misa hatte für diesen Abend alles perfekt vorbereitet. Die Kerzen waren auf den Tisch gestellt, die Musik auf eine angenehme Lautstärke gedreht, das Essen sollte in wenigen Minuten fertig sein und das Personal, die Kasuragis und ihre Tochter aus dem Weg geräumt. (Sie greift offensichtlich zu drastischen Maßnahmen... Nein, natürlich hat sie nicht deren Leichen irgendwo im Garten verscharrt.) Jetzt fehlte nur noch die Hauptperson und die sollte ebenfalls jeden Moment durch diese Tür geschneit kommen. Sie hatte sich fest vorgenommen diesen Abend aufs Ganze zu gehen und ihm den Heiratsantrag zu machen. Komme was wolle. Sie hatte sich sogar schon eine elendslange Rede vorbereitet, die sie schon seit Stunden in Gedanken wiederholte und so von ihrer Umgebung den ganzen Tag lang kaum etwas mitbekommen hatte, was die Menschen um sie herum dazu brachte ihr komische Blicke zuzuwerfen und ihr zu einem baldigen Urlaub raten, während sie vor sich hinmurmelte. Sie wurde erst aus ihren Gedanken gerissen, als Kojiro wie aus dem Nichts auftauchte und ihr auf die Schulter tippte, nachdem er sie wohl schon zum hundertsten Mal ohne Erfolg angesprochen hatte. "Alles in Ordnung?" Erschrocken wirbelte sie herum und bekam beinahe einen Herzinfarkt, als der Urheber ihrer Nervosität plötzlich vor ihr stand. "Natürlich! Wieso fragst du?" Mit hochgezogener Augenbraue musterte er sie misstrauisch, bis er anfing seine Nase zu rümpfen. "Riechst du das auch. Es riecht irgendwie verbrannt, findest du nicht?" Mit einem kleinen Schreckensschrei stürmte Misa in die Küche und versuchte das Abendessen, oder was von ihm übrig geblieben war, zu retten. Frustriert musste sie feststellen, dass aus dem inzwischen zu einem verkohlten Brikett verbranntem Essen wohl nichts mehr zu machen sei und warf die kokelnden Reste in den Müll. Grinsend beobachtete er die wohlbekannte Szene, zumindest wenn Misa kochte, bis er die Kerzen bemerkte und er eine schreckliche Vorahnung hatte, dass er einen bestimmten, wichtigen Tag vergessen hatte, an den er sich beim besten Willen nicht mehr erinnern konnte. "Herzlichen Glückwunsch zum...zum.......... Es tut mir wirklich Leid, aber ich habe vergessen, was wir heute feiern." Nach seiner enthusiastisch begonnen Ansprache, die er durch Mangel an Anhaltspunkten abbrechen musste, erwartete er sich bereits einen Ansturm von wüsten Beschimpfungen, der jedoch ausblieb. Schmunzelnd musste Misa ihren Kopf schütteln, als er hilflos in der Tür stand und offensichtlich glaubte, er müsste sich für einen vergessen Jahrestag rechtfertigen. "Du musst dich nicht entschuldigen. Ich wollte ganz einfach einen schönen Abend für zwei mit dir verbringen. Ich hab die anderen weggeschickt, damit wir mal allein sein können und Satomi hab ich ins Bett gesteckt. Aber ich hab's mal wieder vermasselt. Ich kann auch nichts richtig machen." Deprimiert legte sie ihren Kopf auf den Tisch und ließ die Schultern hängen. "Hey, das ist doch nicht der Weltuntergang. Ich mach uns einfach Nudeln." Mit diesen Worten richtete er sie wieder auf, bis er sie in eine sitzende Position gezogen hatte und sich ein schwaches Lächeln auf ihren Lippen zeigte. "Bist der Beste." "Ich weiß." Selbstgefällig grinsend machte er sich an die Arbeit und suchte nach den nötigen Materialien, während sie ihm im Schein des flackernden Kerzenlichts, die inzwischen schon beträchtlich niedergebrannt waren, auf einem Ellbogen gestützt, zusah. In einem Moment wie diesem wurde ihr wieder bewusst wie sehr sie ihn doch liebte und dachte mit einem Lächeln an die kleine blaue Schachtel in ihrer Jacke, die sie vorsichtshalber über die Stuhllehne hinter sich gelegt hatte. Vielleicht war das Essen nicht perfekt verlaufen, aber darum war ihr Zusammenleben auch umso spannender, weil es niemals so kam wie eigentlich geplant. Ein wenig ruhiger geworden, genoss Misa den gemeinsamen Abend. Etwas das inzwischen sehr selten geworden waren, da immer so viele Menschen um die beiden herumschwirrten, dass ein paar Minuten alleine kaum mehr möglich waren. Am Ende des Abendessens suchte Misa nach all ihrem Mut und vor allem den passenden Augenblick, um ihm diese wichtige Frage zu stellen, die ihr schon seit geraumer Zeit durch den Kopf ging. Die vorbereitete Rede hatte sie inzwischen vergessen, weshalb sie nur noch das sagen konnte, was ihr gerade in den Sinn kam. "Kojiro, ich... Danke." Ein wenig überrascht blickte er vom Weinglas auf. "Wofür? Für die paar Nudeln?" Sie holte noch einmal kurz Luft, bevor sie seine Hand ergriff und ihre Finger mit den seinen verflocht. "Auch. Ich meine, du machst das ständig. Wenn ich mal wieder etwas falsch mache, dann machst du dich nicht über mich lustig, sondern hilfst mir es wieder in Ordnung zu bringen. Du setzt dich so selbstlos für diese Kinder ein. Mehr als irgendjemand von dir verlangen könnte. Du bist ein wundervoller Vater. Ich wollte dir einfach einmal danke sagen. Vor allem dafür...dafür, dass du für mich da bist, wenn ich dich brauche. Dass du mich und Satomi so liebst, wie ich es mir vor Jahren noch nicht mal hätte vorstellen können, dass mich jemand so lieben könnte. Dass ich jemanden so lieben könnte. Dass du mich nicht mehr ausschließt und mir vertraust und ich ein Teil in deinem Leben sein darf." Auf Kojiros Wangen zeigte sich bereits eine leichte Röte und er konnte inzwischen nur noch verlegen auf die ineinander verschlungenen Finger sehen. Er wusste nicht so recht, was er darauf sagen sollte, aber das musste er auch noch nicht, wie er nur allzu bald feststellen sollte, als Misa sich nun auch noch vor ihm hinkniete und ihm eine kleine baue Schachtel hinhielt, bevor sie diese öffnete. "Ich könnte mir keinen besseren Mann vorstellen. Und wenn du.... Willst du mich heiraten?" Gespannt hielt Misa den Atem an, als er auf den Ring starrte und mit zitternder Hand berührte, ehe er sie wieder zurückzog. Sie erwartete schon einen entsetzten Aufschrei, doch gerade als sie beginnen wollte zu erklären, dass er natürlich nicht müsste, wenn er nicht wollte, wurde sie von seinen Armen nach oben gezogen und landete nur eine Sekunde später in seinem Schoß. Der daraufhin folgende Kuss war atemberaubend. Von zärtlich sanft bis hin zu einem leidenschaftlichen Verlangen. Mit geröteten Lippen und ein wenig außer Atem lehnte sie sich lächelnd gegen seine Stirn und küsste ihn noch einmal kurz auf die Stelle seiner Augebraue an der die Narbe begann. "Darf ich das als ein ,Ja' auffassen?" Mit geschlossenen Augen stupste er mit seiner Nasenspitze sanft gegen ihre Wange, als er sie plötzlich von seinem Schoß hochhob und sie auf dem Stuhl platzierte, an dem er zuvor gesessen hatte. Räuspernd kniete er sie nun vor sie hin und nahm ihre Hände in die seinen. "Ich denke zwar nicht, dass ich einen so perfekten Antrag hinbekommen werde, aber..." "Du hast schließlich auch nicht monatelang dafür geübt.", warf Misa beiläufig ein. Schmunzelnd küsste er ihre Fingerknöchel und lehnte seine Unterarme auf ihre Oberschenkel. "Monatelang, hum?" Lachend erinnerte sie sich an ihre zuvor verpatzten Versuche, die noch nicht mal einem Heiratsantrag nahe gekommen waren. "Du hast ja keine Ahnung, was ich alles durchgemacht habe." Noch immer grinsend strich er ihr die nach vor fallenden Locken zurück, während er die Innenseite einer ihrer Handflächen küsste. "Im Gegenteil. Ich denke, du bist diejenige, die nicht weiß, wie viel du mir und auch den anderen in all den Jahren gegeben hast. Wenn hier jemand jemandem etwas zu danken hat, dann bin das ich, denn vor dir war mein Leben der reinste Alptraum. Etwas das mir allerdings erst so richtig bewusst geworden ist, als du mir gezeigt hast, wie es sein kann, sein sollte. Ich habe nur durch dich gemerkt, was mir bisher gefehlt hat und du hast mir alles gegeben. Vor allem aber eine Familie, die ich zuerst noch nicht einmal wollte." Die letzten Worte murmelte er beinahe schon beschämt leise vor sich hin, als er sich dieses Mal ein Herz fasste und ihr egal wie rührselig es auch klingen mochte, Gedanken und Gefühle, die er ansonsten für sich behielt, in Worten ausdrückte. "Manchmal wache ich auf und habe Angst, dass das alles nur ein wunderbarer Traum ist und du nicht mehr da bist. Aber du bist da. Immer. Und es gibt nichts Schöneres für mich, als jeden morgen neben dir aufzuwachen. Das würde ich auf nichts in der Welt missen wollen. Ich liebe dich und ja,...ich..ich möchte dich heiraten. Es wäre mir eine große Ehre." Gerührt fiel es ihr schwer die Tränen in ihren Augen wegzublinzeln, als er sie noch einmal zu sich zog und auf den Mund küsste. Schniefend musste sie leicht lachen, als sie ihm den Ring an den Finger steckte. "Dafür, dass du nicht monatelang geübt hast, war das aber verdammt gut." "Bin eben ein Naturtalent.", flüsterte er ihr noch leise zu, bevor er sie, das benutzte Geschirr vergessen, mit sich ins Schlafzimmer zog. Das Warten hatte sich offensichtlich gelohnt. ENDE Ich hoffe, auch für euch hat sich das Warten gelohnt und ihr seid mit dem vielleicht etwas zu kitschig geratenem Ende zufrieden. Denn das wars von Misa, Kojiro und den anderen. (Hat ja schließlich auch schon lange genug gedauert...) Ich bedanke mich noch herzlich bei allen die sich die Zeit genommen haben mir einen Kommentar zu schreiben. Honto ni dômo arigatô gozaimashita. (sich verbeug) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)