Eclipse von Jayle (Blutmond • Blutnacht • Blutnebel • ....) ================================================================================ 56. Kapitel - Grace & Liam -------------------------- [LEFT]Seit ein paar Tagen hielten Grace und Liam sich nun in der Stadt auf, die die Grenze zum Westen kontrollierte. Leider war es alles andere als einfach, in den Westen zu gelangen. In die Stadt hinein kamen sie leicht, aber auf der gewollten Seite wieder heraus, stellte sich als ziemlich schwierig heraus. Zudem verhielt Liam sich zu allem Üble sehr merkwürdig. Also noch merkwürdiger als sonst, verstand sich.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Die Stadt war umgeben von einer tiefen Schlucht und befand sich quasi in deren Mitte. Verbunden wurde sie mit den beiden Seiten über breite Steinbrücken.[/LEFT] [LEFT]Die Stadt selbst hatte gepflasterte Wege und war nicht ganz so groß wie viele andere Städte, weshalb sie schon eher einem Städtchen glich, war dafür aber wiederum etwas zu groß. Zudem gab es eine deutlich erkennbare Kluft zwischen Arm und Reich. Entweder man gehörte zu dem einem, oder dem anderem. Etwas dazwischen schien es nicht zu geben. Dementsprechend waren die Viertel der Stadt aufgeteilt.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Grace seufzte tief. Um in den Westen zu kommen, mussten sie irgendwie an den Wachen vorbei. Diese hingegen erhöhten momentan die Sicherheitsmaßnahmen. Den Grund nannten sie nicht, aber sie schätzte, es hatte etwas mit ihrem Oberhaupt zu tun. Das war zumeist der Hauptgrund für solche Vorkehrungen.[/LEFT] [LEFT]Und da Liam und sie Pässe aus dem Osten besaßen, durften sie vorerst nicht einreisen, außer sie hätten die Einladung eines Westlers vorzuweisen. Daher mussten sie erst einmal die Zeit absitzen, bis sie wussten, wie sie die Wachen umgehen konnten. Einen Weg gab es sicher, aber diesen mussten sie erst einmal finden.[/LEFT] [LEFT]Grace stand gerade neben dem Schaufenster eines edlen Modegeschäftes. Aus dem Augenwinkel sah sie zu Liam, der gelassen an dessen Mauer lehnte. Zumindest wollte er diesen Anschein erwecken. Denn entspannt wirkte er auf sie ganz und gar nicht. Was hatte dieser Trottel nur mit dieser Stadt? Inzwischen vermutete sie, es hatte mit seiner Vergangenheit zu tun, über die er eher wenig sprach.[/LEFT] [LEFT]Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Schaufenster, wobei ihr eine Idee kam.[/LEFT] [LEFT]Wortlos ging sie zu Liam, packte ihn am Handgelenk und zerrte ihn hinter sich her, was ihn kurz ins schleudern brachte.[/LEFT] [LEFT]»Hey! Sei gefälligst nicht so grob! Und was soll das überhaupt?« Er blinzelte verwirrt, als Grace ihm keck entgegen lächelte.[/LEFT] [LEFT]»Wir werden einen Ball besuchen, der heute Abend stattfindet. Vielleicht lernen wir dort einen Westler kennen, der uns über die Grenze bringen kann.«[/LEFT] [LEFT]Liam hob skeptisch eine Augenbraue »Und wie genau, gedenkst du das anzustellen? Ist ja nicht so, dass wir etwas besonderes vorzuweisen haben.« Seiner Meinung nach, war diese Idee nicht nur zum scheitern verurteilt, sondern auch unnötige Geldverschwendung.[/LEFT] [LEFT]Grace schnaubte eingeschnappt, ehe sie ihm ein kokettes Lächeln zuwarf »Ich bin eine Frau, Liam. Ich finde einen Weg.«[/LEFT] [LEFT]Liam betrachtete sie schweigend. Er wusste, was sie damit andeuten wollte. Und genau dieser Gedanke gefiel ihm ganz und gar nicht.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] ….. [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Liam stand unmotiviert vor dem Standspiegel, ihres Herbergen Zimmers. Er trug eine weiße Stoffhose, ebenso weißes Hemd, schwarze Weste, sowie Handschuhe und dunkelblaue Krawatte. Zudem fummelte Grace bis eben noch seine Haare zurecht, damit er nicht mehr so wüst auf dem Kopf aussah. Zugegeben, seine Haare hatten die letzten Wochen an Länge gewonnen. Kein Wunder also, dass sie einen Teil nach hinten, zu einem kleinen Zopf band, während noch ein paar seiner welligen Haare herunter hingen.[/LEFT] [LEFT]Er betrachtete nachdenklich sein Ebenbild. Worauf ließ er sich da nur wieder ein? Diese Normalblüterin ließ ihm gar nicht erst die Chance, zu rebellieren. Immer wenn er Luft holte, unterbrach sie ihn mit irgendetwas. Deswegen gab er es auf. Wenn sie wollte, hatte er keine Chance.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]»Ein bisschen selbstverliebt, denkst du nicht? Dich die ganze Zeit so sehr im Spiegel anzustarren.«[/LEFT] [LEFT]Liam horchte auf und sah zur Seite, wo Grace gerade aus ihrem Bad trat. Er wollte etwas genervtes entgegnen, verschluckte sich aber beinahe an der eingeatmeten Luft. Seine eisblauen Augen hafteten an ihr, während sie durch ihr Zimmer streifte.[/LEFT] [LEFT]»Hast du meine Spange gesehen? Ich weiß nicht, wo ich sie gelassen habe.«, seufzte Grace und bemerkte dadurch nicht Liams Blicke.[/LEFT] [LEFT]Sie trug ein dunkelblaues neckholder Kleid, welches einen breiten Träger besaß, ihrer Figur schmeichelte und bis zur Mitte ihrer Oberschenkel reichte. Dazu war an ihrer Hüfte ein weiterer, leichter Stoff befestigt, der beinahe auf dem Boden hing. Allerdings ließ dieser den mittleren, vorderen Teil frei.[/LEFT] [LEFT]»Ah, gefunden!«, gab Grace erfolgreich von sich und zog zufrieden lächelnd an Liam vorbei, um in den Spiegel sehen zu können. Angekommen, befestigte sie die Spange »Danke übrigens für deine nicht – Hilfe beim Suchen, Trottel.«[/LEFT] [LEFT]Diese Worte, holten Liam wieder aus seiner Trance und sein Blick wanderte sofort zu der Sichtbaren Narbe auf Grace´ Oberschenkel. Ihm entfloh ein kleines Knurren, bevor er sich von ihr abwandte. »Ist doch nicht mein Problem, wenn du deine Spange verlegst, oder?«[/LEFT] [LEFT]Grace stemmte eine Hand an ihre Hüfte und sah ihn über den Spiegel an »Schon klar, du siehst übrigens auch gut aus, Idiot.« Da er sie weiterhin ignorierte, atmete sie schwer aus und wandte sich von dem Spiegel ab. »Egal, wir sollten gehen.« Sie schlüpfte in ihre schwarzen Schuhe, die ungefähr einen sechs Zentimeter Absatz besaßen. Dadurch war sie nur noch ein kleines Stückchen kleiner als Liam. »Kommst du jetzt, oder willst du da Wurzeln schlagen?«[/LEFT] [LEFT]Liam sah zu ihr und bemerkte erst in dem Moment, dass Grace schon in der offenen Tür stand und fragend zu ihm blickte. Er schloss seufzend seine Augen »Ich komme ja schon, Sklaventreiberin.«[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] ….. [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Liam war jetzt schon vollkommen entnervt.[/LEFT] [LEFT]Sie standen bestimmt schon fast eine Stunde in dieser blöden Schlange, die zum Einlass führte und gefühlt im Zeitlupentempo voran ging. Außerdem sollten diese notgeilen Adelssöhne ihre Augen lieber von Grace lassen, sonst kratzte er sie ihnen gleich aus, was er denjenigen immer wieder mit eindeutigen, eiskalten Blicken klarmachte. Natürlich so, dass Grace es nicht wahrnahm. Aber sie schien ohnehin damit beschäftigt zu sein, die Broschüre mit dem Veranstaltungsplan zu studieren. Er verstand nicht, wie sie in solch einem Augenblick so unachtsam sein konnte? Ob ihr klar war, dass sie immer noch von Isaacs Leuten verfolgt wurden? Sie nicht wussten, wie sicher sie in dieser Stadt wirklich sein konnten?[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]»Oh, wir sind gleich dran.«, lächelte Grace, während Liam verdattert blinzelte. Er hatte das Gefühl, mit offenen Augen geschlafen zu haben. Wann kamen sie bitte soweit in der Schlange voran?[/LEFT] [LEFT]Es dauerte nur wenige Minuten, bis Grace den Wachen ihre Karten zum Ball zeigte und sie hinein gelassen wurden.[/LEFT] [LEFT]Der Ball, auf welchem sie sich befanden, fand einmal im Monat statt. Nur die reichere Gesellschaft konnte sich die Eintrittskarten leisten. So sah es um sie herum auch aus. Und das ging Liam jetzt schon auf den Nerv. Er hasste Leute, die sich für etwas besseres hielten, weil sie vielleicht Glück mit dem Stand hatten, in den sie geboren wurden. Die meisten von den Adeligen wussten doch gar nicht was es bedeutete, zu arbeiten.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]»Liam? Liam Chadburn?«[/LEFT] [LEFT]Der Angesprochene hielt inne, bevor er sich zu der weiblichen Stimme drehte. Grace tat es ihm natürlich fragend gleich.[/LEFT] [LEFT]»Mary. Lange nicht gesehen.«, meinte Liam knapp.[/LEFT] [LEFT]Grace hingegen musterte die Normalblüterin vor sich. Sie war eine wirklich hübsche Frau. Relativ blasse Haut, leuchtend purpurfarbene Augen, lange, wellige, dunkelbraune Haare, die ihr über die Hüfte reichten. Grace musterte sie. Auf den ersten Blick wirkte sie freundlich, aber sie war sich ziemlich sicher, dass dieser Schein trog. Da war etwas in den Augen dieser Frau, dass sie dazu verleitete, vorsichtig zu sein. Grace verengte ihre Augen. Da war es schon wieder. Und scheinbar galt es ihr. Nein. Das tat es eindeutig. Da half dieser Mary nun auch nicht ihr aufgesetztes Lächeln.[/LEFT] [LEFT]»Ja, es ist wirklich sehr lange her. Etwa ein Jahrhundert?«, begann Mary charmant. »Aber sag, wer ist die Frau neben dir? Deine Begleitung?«[/LEFT] [LEFT]»Das geht dich nichts an.«, blieb Liam weiterhin kühl.[/LEFT] [LEFT]Marys Lächeln bekam interessierte Züge »So? Dabei haben wir damals so viele Dinge miteinander geteilt.«[/LEFT] [LEFT]So allmählich verstand Grace, warum Liam sich so merkwürdig verhielt. Diese Frau war die Ursache. Und wenn sie eins und eins zusammen zählte, war ihr schnell klar, was Liam mit dieser Frau zu schaffen hatte.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]»Genau, damals.«, seufzte Liam. »Das ist lange her, also warum verschwindest du nicht einfach?«[/LEFT] [LEFT]»So wie du mich damals einfach hast sitzen lassen? Ohne vernünftigen Grund?«, lächelte Mary weiter, mit dieser falschen Freundlichkeit im Gesicht.[/LEFT] [LEFT]»Es war eine Affäre, mehr nicht. Dafür musste ich ja wohl kaum Gründe nennen.«, ließ Liam seine Hand in seiner Hosentasche verschwinden.[/LEFT] [LEFT]»Du weißt, dass es das für mich nicht gewesen ist.«[/LEFT] [LEFT]»Nein, du brauchtest einfach nur ein Spielzeug. Oder eine Ablenkung von dem Kerl, den du heiraten solltest. Da kam ich dir gerade recht.«, stellte Liam richtig.[/LEFT] [LEFT]Mary lachte höhnisch »Du warst damals ein Wrack, Liam. Ich glaube kaum, dass sich das bis heute geändert hat. Du wirst immer wieder davon laufen, wenn es ernst werden könnte. Das ist doch der Grund, warum du damals noch einmal zu mir gekommen bist, nur um die Sache zu beenden.«[/LEFT] [LEFT]»Mir doch egal, was du denkst.«, zuckte Liam gleichgültig mit seinen Schultern. Es wunderte ihn beinahe, wir ruhig Grace sich all das anhörte. »Lege es dir von mir aus zurecht, wie du willst. Die Wahrheit wirst du niemals erfahren. Finde dich damit ab.«[/LEFT] [LEFT]Mary schloss ihre Augen »Gut, wie du möchtest. Aber weiß deine Begleitung, wir kaputt du wirklich bist, Liam? Oder gehört sie auch zu deinen Liebhaberinnen, die das Loch in deinem Herzen und die Narben auf deiner Seele mildern sollen?«[/LEFT] [LEFT]Liam spannte seinen Kiefer an. Wie verzweifelt war er damals bloß, sich auf diese Frau einzulassen? Konnte man es mit Ende neunzehn, Anfang zwanzig noch als Jugendsünde durchgehen lassen?[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]»Ich habe mir das jetzt lange genug angehört.«[/LEFT] [LEFT]Liam stutzte und richtete seinen Blick fragend zur Seite, auf Grace. Ihre strahlend, hellgrünen Augen, funkelten Mary feindlich gesinnt entgegen. Jene schien dies allerdings mit Humor zu nehmen.[/LEFT] [LEFT]»Achja? Und wer bist du, dass du meinst dich da einmischen zu können?«[/LEFT] [LEFT]»Grace Greenwood.«, entgegnete Grace knapp.[/LEFT] [LEFT]»Greenwood?«, wiederholte Mary stutzig und richtete ihre Augen auf Liam »Sag nicht, dass ist die Kleine, auf die du damals aufpassen solltest?«[/LEFT] [LEFT]»Ganz recht. Aber ich spreche mit dir, also sieh gefälligst mich an.«, forderte Grace harsch und bekam dafür einen abfälligen Blick zu spüren, der sie aber keineswegs kratzte. »Bevor du so abfällig über jemanden herziehst, solltest du dich vielleicht an die eigene Nase fassen?«[/LEFT] [LEFT]»Was willst du damit sagen?«, knirschte Mary mit den Zähnen.[/LEFT] [LEFT]»Na, genau das eben. Nicht nur Liam hat Fehler gemacht. Du hast ihn genauso benutzt wie er dich. Ganz einfach. Aber im Gegensatz zu ihm, hast du dennoch den Mann geheiratet, den du eigentlich nicht wolltest, oder liege ich da etwa falsch?«, deutete Grace auf die Linke Hand ihres Gegenüber.[/LEFT] [LEFT]Mary verkrampfte diese »Und wenn schon. Ich war damals verletzt, da ich einfach von Liam sitzen gelassen wurde.«[/LEFT] [LEFT]Grace lachte höhnisch auf »Das nennst du einen Grund? Ist es nicht viel mehr die Tatsache, dass dein jetziger Ehemann dir ein leichtes Leben verschafft? Das ist wirklich ein schwaches Bild.« Sie hielt inne, ehe sie weiter sprach »Hätte Liam dich nicht sitzen lassen, hättest du es irgendwann getan, da er dein leichtes Leben in Gefahr gebracht hätte. Du gehörst zu den Frauen, die artig tun was man ihnen vorschreibt. So etwas hasse ich. Und lass mich raten, dein Mann ist ein Reinblüter, mit dem du die Ehre der Familie wieder herstellen sollst?« Sie schmunzelte, da die Reaktion der anderen Normalblüterin Bände sprach.[/LEFT] [LEFT]Mary zischte »Du weißt doch überhaupt nicht wovon du sprichst!«[/LEFT] [LEFT]»Allerdings tue ich das. Mein Vater wollte mich ebenfalls zwingen einen Reinblüter zu heiraten. Aber im Gegensatz zu dir und vielen anderen Vampirfrauen, habe ich mich gewehrt und wälze nicht die Schuld auf jemanden ab, den ich damals benutzt habe, um irgendwelche Begierden zu befriedigen.«, entgegnete Grace ruhig.[/LEFT] [LEFT]»Schwachsinn! Du willst mir ernsthaft weiß machen, du hättest nicht versucht all dem irgendwie zu entfliehen? Erzähle das deiner Oma!«, fuhr Mary die Jüngere an. Jene lächelte abschätzig »Lass meine Großmutter aus dem Spiel. Sie ist die einzige Frau, die ich in meiner Familie respektiert habe. Sie hat sich auch nichts von ihrer Familie vorschreiben lassen und als Reinblüterin in ein Mischblut verliebt. Ich bin stolz sagen zu können, voll und ganz meines Großmutters Enkelin zu sein.«[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Mary betrachtete Grace schweigend, sah zu Liam und wieder zurück »Willst du mir etwa sagen, dass du dieses Wrack liebst? Den Kerl, der nicht in der Lage ist, vernünftig zu lieben? Der sich immer über die ‚wahre Liebe‘ lustig gemacht hat? Vielleicht bist du dann ja noch kaputter, als er.«[/LEFT] [LEFT]»Möglich.«, schmunzelte Grace und verwirrte Mary sichtlich mit dieser Reaktion. »Aber du kennst Liam nicht. Du kennst nur den jungen Mann, der seinen Vater verlor und wenig später seine Mutter. Und es ist mir egal, was ihr hattet. Es ist vergangen. Und solltest du noch ein schlechtes Wort über ihn verlieren, werde ich dir meinen Absatz so in den Hintern rammen, dass du eine ganze Weile nicht sitzen können wirst~.«, lächelte Grace bedrohlich.[/LEFT] [LEFT]Mary holte Luft um etwas zu entgegnen, ließ diese aber wortlos ab. Anschließend richtete sie ihr Purpur auf Liams Eisblau, woraufhin ihre Mundwinkel bitter nach oben zuckten »Ich verstehe. Letztlich war also doch ich diejenige, die wie ein Sack Kartoffeln fallen gelassen wurde.«[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]»Mama? Wo bleibst du denn? Papa wartet die ganze Zeit mit den Zwillingen.«, stoppte ein kleiner, platinblonder Junge, mit einem purpurfarbenen und einem blauen Auge neben Mary und zupfte an dem Rock ihres Kleides. Sie sah zu ihm herunter und lächelte sanft, ehe sie ihm liebevoll über den Kopf strich »Entschuldige, Jonas. Ich habe einen alten Freund getroffen, weißt du?« Sie sah erneut zu den anderen Beiden, ehe sie Grace betrachtete »Du magst in einigen Punkten recht haben. Und auch, wenn die Bindung ungewollt war, liebe ich meine Kinder und inzwischen auch den Vater dazu. In einem Jahrhundert passiert eben viel und vielleicht habe ich dir unrecht getan, Liam. Aber eben brodelten viele alte Gefühle auf einmal in mir auf. Verzeih mir dafür.« Mary machte einen höflichen Knicks zum Abschied, nahm ihren Sohn an die Hand und verschwand mit ihm durch die große Flügeltür, in der Menge des Ballsaals.[/LEFT] [LEFT]Grace und Liam blieben im Gang zurück.[/LEFT] [LEFT]»Merkwürdige Frau.«, hob Grace skeptisch eine Braue, ehe sie zu Liam aufblickte »Wenn das dein Typ Frau ist, muss ich mir wohl etwas einfallen lassen. Ich entspreche ja dem genauen Gegenteil.« Sie lachte heißer, als Liam genervt zu ihr schielte.[/LEFT] [LEFT]»Ja, mach dich nur lustig. Diese Frau war nichts weiter, als eine Affäre. Vermutlich brauchten wir beide Ablenkung von unserem Leben.«, meinte er nur dazu.[/LEFT] [LEFT]»Schon klar. Aber wie ich schon sagte, es ist vergangen und über ein Jahrhundert her.«, lächelte Grace, woraufhin ihr etwas auffiel und sie zu seinem Armstumpf sah, an dem sie den lockeren Hemdärmel hoch geknotet hatten. »Warum hat sie dich eigentlich nicht wegen deines Armes angesprochen?«[/LEFT] [LEFT]Liam zuckte gleichgültig mit den Schultern »Keine Ahnung. Vermutlich war es ihr egal? Jeder von uns kann Kampfverletzungen davontragen.«[/LEFT] [LEFT]»Auch wieder wahr.« Grace betrachtete einen Augenblick den Armstumpf, ehe sie ihren Weg fortsetzte »Wir sollten weitergehen. Sonst wird das nie etwas.«[/LEFT] [LEFT]»Wenn es sein muss.«[/LEFT] [LEFT]»Allerdings! Immerhin sind wir jetzt schon hier und die Tickets, sowie Kleidung haben uns ein halbes Vermögen gekostet!«[/LEFT] [LEFT]»Kann ich ja nichts für, wenn du das Erbe deiner Familie für so etwas in den Sand setzt.«[/LEFT] [LEFT]»Sei nicht so pessimistisch!«[/LEFT] [LEFT]»Ich habe den Optimisten nur gespielt, schon vergessen?«[/LEFT] [LEFT]»Ja, ja….«[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] ….. [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Liam lehnte an der Wand und schwenkte das Weinglas mit dem Blutwein, während er gedankenverloren seine Umgebung beäugte. Draußen war es inzwischen stockfinster, aber gefühlt wurde die Menge an Leuten nicht weniger.[/LEFT] [LEFT]In der ganzen Zeit, in der sie anwesend waren, tanzte Grace mit bestimmt einem Dutzend Männern. Er knirschte mit seinen Zähnen und kippte den gesamten Blutwein in seinen Rachen. Sollte sie doch tun und lassen, was sie wollte. Wenn sie der Meinung war, dass es das Richtige war. Mit einem Arm war er ohnehin nicht mehr in der Lage zu tanzen. Trotz dessen sprachen ihn einige Adelsdamen an und er wies jede Einzelne von ihnen zurück. Ihm war nicht bewusst, wie verschroben die Ladys in dieser Stadt inzwischen waren. Alleine von denen, die ihn ansprachen, wollten fast alle letztlich nur das Eine von ihm. Warum biederten die jungen Frauen in dieser Stadt sich den Männern nur so sehr an? Waren sie tatsächlich so verzweifelt? Oder einfach nur alle sexbesessen? Eventuell war diese Stadt inzwischen ja tatsächlich so verrucht.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]»Das wird so nichts.«[/LEFT] [LEFT]Liam folgte Grace mit seinen Augen. Sie kam von der Tanzfläche und lehnte sich neben ihn an die Wand.[/LEFT] [LEFT]»Die Männer sind alles andere als Gentleman. Was ist nur in dieser Stadt los? Leben hier alle nach der freien Liebe, solange sie nicht unter der Haube sind?«, seufzte Grace. Damit konnten sie ihren Plan wohl erst einmal auf Eis legen. Sie hatte für einen Tag genug davon, unsittlich begrapscht zu werden und Ohrfeigen zu verteilen.[/LEFT] [LEFT]»Oder sie haben die Liebe einfach aufgegeben. Du sagtest ja selbst, dass die heutige Gesellschaft nicht mehr viel davon hält.«, lenkte Liam ein.[/LEFT] [LEFT]»Schon.«, huschte es über Grace´ Lippen. »Aber so meinte ich das nicht. Es gibt auch genügen Gegenbeispiele und das weißt du genauso gut wie ich.«[/LEFT] [LEFT]»Finde dich damit ab, dass sie Liebe immer mehr unterdrückt wird. Die Vampire machen da lediglich den Anfang. Wenn das so weiter geht, ist die Liebe in ein paar Jahrhunderten ausgestorben.«[/LEFT] [LEFT]»Pessimistisch wie immer. Aber es wird in Sachen Liebe immer wieder Leute geben, die rebellieren werden. Niemand wird sie auslöschen können, Liam.« Es tat Grace in der Seele weh, Liam so reden zu hören. Seine Stimme klang abwertend und kalt. Scheinbar brachte diese Stadt mit ihrer Umgebung viele ungewollte und unschöne Erinnerungen zurück. Wenn das so weiter ging, verlor sie ihn und die Fortschritte, welche sie mit ihm machte, an all das.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Sie stieß sich von der Wand ab, drehte sich zu ihm und griff nach seiner Hand, woraufhin sie ihn sachte zur Tanzfläche zog.[/LEFT] [LEFT]Liam seufzte »Was soll das werden, Liebes?«[/LEFT] [LEFT]»Wir zeigen den Adligen hier, wie man richtig tanzt.«[/LEFT] [LEFT]»Ich besitze nur einen Arm, falls es dir entgangen ist?«[/LEFT] [LEFT]»Und? Du hast zwei Beine, oder? Das reicht.«, lächelte Grace, stoppte mit ihm auf dem Parkett, legte ihre Hand in die seine und ihre Andere auf seine Schulter. »Siehst du, es geht. Du musst mich nur noch führen, Liam.«[/LEFT] [LEFT]»Das ist albern. Die Adeligen sehen uns schon blöd an.«[/LEFT] [LEFT]»Stört mich nicht.«[/LEFT] [LEFT]»Mich aber.« Liam wollte von Grace ablassen, spürte aber den leichten Druck an seiner Hand, sowie Schulter. Sekunden später, setzte Grace sich mit ihm in Bewegung und übernahm die Führung. Einfach so. Sie drehte sich in seiner Hand, wonach sie sich beinahe an ihn schmiegte, so dicht kam sie ihm. Sie tat mal wieder einfach, wonach ihr der Sinn stand.[/LEFT] [LEFT]Ihr Geruch, sowie ihre Nähe und Wärme, brachten ihn innerlich ins wanken. Er wollte sie von sich stoßen, zeitgleich aber noch mehr an sich ziehen. Blöd, wenn man nur einen Arm besaß. Betrachtete man es genauer, war er nicht mehr nur innerlich ein Wrack, sondern inzwischen auch äußerlich. Ein weiterer Grund, weshalb Grace etwas besseres verdiente. Dennoch stand es im Gegensatz zu dem, was er mit den Kerlen machen würde, die ihr zu Nahe kamen.[/LEFT] [LEFT]Er stoppte und sie dadurch natürlich auch. Ihren fragenden Blick ignorierte er, machte sich seine Hand wieder zu eigen und verließ die Tanzfläche. Es reichte ihm. Er hatte keine Lust mehr, sich wegen ihr den Kopf zermartern zu müssen. Deshalb würde er nun seine Sachen packen und verschwinden, ohne zurück zu sehen.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] [LEFT]Dachte er zumindest.[/LEFT] [LEFT]Bis sich ein Schmerzensschrei, wie ein Nagel in seinen Kopf bohrte.[/LEFT] [LEFT]Einen Herzschlag später, stieg ihm der Geruch eines gewissen Blutes in die Nase und er spürte, wie sein Blutdruck sich erhöhte. Zorn keimte in ihm auf. Schlagartig drehte er sich um, seine Augen fokussiert auf das Geschehen. Er knurrte tief, beinahe grollend.[/LEFT] [LEFT]Dieser Mistkerl.[/LEFT] [LEFT]Plötzlich trug die Hälfte des Saals Masken, die er nur all zu gut kannte. Diese verdammten, Maskierten hatten sich also auf dem Ball eingeschlichen und einen günstigen Moment abgewartet. Er verkrampfte seine Hand, während der Ausdruck in seinen Augen kühl wurde und er in der Masse verschwand.[/LEFT] [LEFT]Wieder einmal, warf er seine Vorsätze wegen Grace viel zu schnell über den Haufen.[/LEFT] [LEFT] [/LEFT] ….. [LEFT] [/LEFT] [LEFT]»So viel bedeutet sie dir also, dass du dich als lebendes Schild vor sie schmeißt, Liam?« Mary lächelte traurig. Ihr Kleid war zerfetzt und mit Blut befleckt. Sie mochte zwar eine Adelstochter sein, konnte aber kämpfen wie eine Löwin, um ihre Jungen zu beschützen. Ihr Mann brachte indes ihre gemeinsamen Kinder in Sicherheit.[/LEFT] [LEFT]Sie zog ihr Schwert aus dem leblosen Körper eines Maskierten und ging langsamen Schrittes auf Liam zu, der schweigend neben Grace stand, die reglos am Boden lag. Sein Gesicht blutete stark. Ein tiefer Kratzer ging knapp an seinem linken Augen vorbei, zog sich über seine Nase und endete ein wenig neben seinem rechten Mundwinkel.[/LEFT] [LEFT]Mary seufzte und warf ihr Schwert, knapp an Liam vorbei, zwischen die Augen eines Suchers – die leider auch noch im Kampf mitmischten. »Wenn die Maskierten und Sucher wegen euch gekommen sind, habe ich ein Wörtchen mit euch zu klären, Liam.« Sie riss ihren Zerfetzten Rock vom Kleid und stand dadurch nur noch in dessen oberen Teil und ihrer schwarzen Strumpfhose vor Liam. Einen Stoffstreifen funktionierte sie zu einem Haarband um und band sich damit einen hohen Zopf. Anschließend hockte sie sich neben Grace und musterte sie »Noch lebt sie, aber das weißt du sicher. Diese Mistkerle haben ihr Hinterrücks ihr linkes Schulterblatt durchbohrt und nur knapp ihr Herz verfehlt, dafür aber mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Lunge getroffen. Wenn wir nichts tun, erstickt sie an ihrem eigenen Blut, Liam.« Mary erhob sich und sah ernst zu dem Gleichaltrigen, der weiterhin schwieg. Allerdings lockerten sich ihre Gesichtszüge schnell »Mein Mann ist Heilkundiger. Lass ihn ihr Leben retten.«[/LEFT] [LEFT]»Warum? Weshalb solltest du derartiges tun wollen? Vorhin hättest du mich doch noch am liebsten unangespitzt in den Boden gerammt.«, knurrte Liam leise.[/LEFT] [LEFT]Mary seufzte lächelnd »Deinetwegen. Ob du es mir glaubst oder nicht, du warst mir nie vollkommen egal. Und ich kenne dich gut genug um zu wissen, dass dich ihr Tot umbringen würde. Ich sehe es dir an.« Sie zog an ihm vorbei, um ihr Schwert zu holen »Ob du es willst oder nicht. Auch dich hat die Liebe voll erwischt, Liam Chadburn.«[/LEFT] Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)