Crawl von Silberstrich ================================================================================ Kapitel 6: Unchained -------------------- Dean war wirklich drauf und dran die Polizei zu rufen. Doch Lara hielt ihn zurück: "Aber was wenn die dann wirklich her kommen und in dem Moment kommt er zurück und die denken, dass das nur ein blöder Scherz war." "Und wenn er nicht zurück kommt? Wenn ihm doch etwas passiert ist?" "Für dich fühlt sich das natürlich blöd an, ich meine klar, er ist dein Freund, aber sei mal ehrlich zu dir....eigentlich passt es zu ihm...wahrscheinlich denkt er einfach nicht daran wie das auf dich wirkt." "Ich fühl mich so dumm..", seufzte Dean und lies das Handy wieder sinken. "Es ist nicht dumm wenn man sich um jemanden sorgt, weil man eben Gefühle für ihn hat. Gibt ihm noch etwas Zeit." "Ich bin das nicht gewöhnt. Ich bin sonst nie der eifersüchtige gewesen, der sich Gedanken macht...das habe ich nur mit ihm. Vielleicht ist es doch der falsche Weg." "Dean sag das nicht." "Ich tue alles um ihm jederzeit ein sicheres und gutes Gefühl zu geben und er lässt mich hier sitzen." "Gibt ihm noch ein paar Stunden." Er nickte, als jedoch die Sonne unterging zog er sich eine Jacke an und ging nach Draußen. "Dean?", Caro hob den Kopf, "Dean wo willst du hin?" "Nur etwas durch den Wald." "Ähm ...warte doch wenigstens bis morgen früh." "Nein ich kann nicht schlafen. Was wenn er da irgendwo liegt?" "Dean wenn er da solange irgendwo im Wald liegt dann...", sie brachte den Satz nicht zu Ende und er ging einfach los. Ja vielleicht spielte Liam ein wenig mit ihm aber er war kein Typ der etwas gleich aufgab nur weil es mal nicht nur reibungslos und gut lief. Ungefähr 2 Jahre zuvor.. Dean sah sich in dem Laden um. Gott, er hasste Shopping. Vor allem wenn es um Klamotten ging. Am liebsten war es ihm schnell rein zu huschen, ein , zwei Sachen zu greifen und wieder zu verschwinden. Noch lieber war es ihm seine Kleidung einfach bequem online von zu Hause aus zu bestellen. Aber heute brauchte er einen maßgeschneiderten Anzug und etwas Beratung. Er erklärte sein Anliegen der kleinen Verkäuferin. Ja, sie war wirklich klein und reichte ihm nur knapp bis unter die Brust. Allerdings hatte sie eine ziemlich große Klappe. Und sofort Ideen. Naja eigentlich kam ihm diese forsche Art ja sogar entgegen, denn er wusste gar nicht so richtig was zu ihm passte und was er genau brauchte. Aber es ging um die Hochzeit seines besten Freundes und da er tatsächlich auch Trauzeuge sein würde, wollte er die beiden einfach nicht enttäuschen und das beste aus sich rausholen. Für Events von der Schule aus hatte er sich bisher immer einfach einen mehr oder weniger sitzenden Leihanzug besorgt. Das ging diesmal nicht. Diesmal hieß es Geld und Zeit investieren und es mal ernst meinen. Die Frau nahm seine Maße und murmelte leise hinter seinem Rücken: "Man was für ein Knackarsch." Dean sah über seine Schulter: "Haben sie was gesagt?" "Ne ne. Nur dass das absolut kein Problem wird was tolles für sie zu- Oh shit..." "Gibt es ein Problem?" "Es tut mir so leid, das ist normalerweise nicht unsere Art hier aber ich muss ja heute früher los um meinen Sohn von meinem Ex-Mann abzuholen. Aber machen sie sich keine Sorgen. ich hab sie ja bereits ausgemessen und gleich kommt mein Kollege, der sie ebenso gut wenn nicht sogar besser beraten kann.", lächelte sie entschuldigend. Er stand nur da und sah sie an. Das war so typisch für sein Leben. Kurz darauf huschte sie auch schon nach hinten und man hörte einen leisen Austausch zwischen ihr und ihrem Kollegen, der wohl gerade zur Hintertür rein gekommen war. Dann dauerte es nicht lange bis er um die Ecke bog und Dean die Hand entgegen streckte: "Hallo ich bin Liam ab hier übernehme i-", Liam stockte. Auch Dean hatte ihn sofort erkannt. Das war doch jetzt bitte nicht wahr, oder? "Du?" Liam räusperte sich, er trug ein rosafarbenes Hemd und ...merkwürdigerweise stand es ihm. Es war komisch ihn mal so anständig zu sehen. Bei ihrem letzten Treffen war das definitiv weniger der Fall gewesen. "Ich...", begann Liam etwas überrumpelt was so gar nicht zu ihm passte, er sah auf die Notizen seiner Kollegin und dann wieder zu Dean, "Ich könnte ihnen da schon mal was zeigen." Dean musste leicht grinsen: "Bitte siez mich nicht...wir hatten Sex in meiner Küche..." Langsam fand auch Liam wieder zu seinem gewohnten Selbstbewusstsein zurück. Es hatte ihn nur etwas überrascht, denn irgendwie....hatte er Dean gesehen und war auf einmal aufgeregt gewesen. Er war nie aufgeregt wegen einem Typen schon gar nicht wegen einem, den er schon mal abgeschleppt hatte. Bei Dean war jedoch irgendwie alles von Anfang an anders. "Ich muss das sicher nochmal ändern lassen aber um eine Richtung zu bekommen kannst du mal das....und das.....und...das...und das anprobieren.", unbeirrt und wieder in seinem Fluss lief Liam hin und her und suchte Dean alles zusammen was dieser brauchte. Dean verschwand in die Umkleide. Kurz darauf rief er nach ihm: "Ich brauch' hier mal Hilfe." Liam schlüpfte zu ihm rein: "Wobei?" Dann sah er schon die losen Enden der Krawatte über Dean's Schultern hängen. "Würdest du...?", begann Dean. Liam schmunzelte: "Als ob du das nicht selber kannst..." "Hey der Kunde ist König, oder?", erwiderte Dean schlagfertig. Liam sah ihn an. Es imponierte ihm, dass er mal einen Mann vor sich hatte der sich nicht wie ein Volltrottel benahm sobald er ihn traf. Er war es gewöhnt Männer zu verunsichern. Doch Dean nutzte diese Situation aus und auf einmal war das Anzug Shoppen gar nicht mehr so schlimm. Er war noch eine ganze Stunde in dem Laden und schließlich einigten sie sich auf einen Dreiteiler der aber noch angepasst werden musste. Sie verabschiedeten sich und Dean hinterlies seine Nummer. "Ich ruf dich an wenn er fertig ist. Darf ich noch fragen wofür er ist?" "Eine Hochzeit?" "Deine Hochzeit?", fragte Liam ungewollt schnell. "Nein, ich bin Trauzeuge." "Ah okay. Schön. Da haben wir definitiv das richtige gefunden.",lächelte Liam. Er war gewöhnt, dass er die Fäden in der Hand hatte. Wieso verunsicherte Dean ihn auf einmal so. "Ja. Vielen Dank. Ich warte dann auf den Anruf. Du kannst auch auf den AB sprechen, ich hör den regelmäßig ab." Dean hatte die Tür schon geöffnet als er sich noch einmal umdrehte: "Wir haben gesagt dass wir uns nicht wieder sehen aber..", begann er. Liam hielt kurz die Luft an. "Ich brauch noch ein Date für die Hochzeit und du würdest mich ziemlich gut aussehen lassen.", grinste Dean. Liam wurde ernsthaft leicht rot. Er wurde nie rot. Natürlich wollte er nein sagen. Er traf keine Club-Bekanntschaften zwei Mal. Er würde dieses Angebot ablehnen! Wie sonst auch. Er war frei und unabhängig und nur auf lockeres aus und... "Gerne.", kam es aus seinem Mund. Was zum.... Dean lächelte so als hätte er auch keine andere Antwort erwartet: "Freut mich. Wenn ich den Anzug abhole geb ich dir die Details." "Ja...", sagte Liam leise und musste die obersten Knöpfe seines Hemdes öffnen. Was war da gerade passiert? Hatte er gerade ernsthaft Ja zu einem Date gesagt? Einem richtigen klischeemäßigen Date? 2 Jahre später.. Er fühlte sich zeitlos. Wie lange war er bereits hier drinnen? War es draußen gerade Tag oder Nacht? Liam zog an der Kette. An seinen Fingern bekam er bereits Blasen, doch er hatte bemerkt, dass die Verankerung an der Wand lockerer saß als vorher. Jedes Mal wenn er mit aller Kraft daran riss, schien sie sich etwas weiter zu lösen. Nur konnte er eben auch jede Sekunde zurück kommen. Liam wollte nicht wieder bestraft werden aber er wollte auch nicht hier unten sterben. Abermals zog er wie verrückt, warf sich dabei auf den Rücken und... Erdbrocken und Steine fielen auf den Boden und dann ....dann hatte er es geschafft. Verwirrt saß er erst einfach nur da. Ungläubig, dass er wirklich frei war. Dann rappelte er sich hoch und schlich los. Die gelöste Kette musste er dabei hinter sich herziehen. Mit schmerzendem Körper schleppte er sich durch einen endlos wirkenden, dunklen Gang. Ich geh hier nicht drauf...heute nicht...nicht heute...nein...ich schaff das ...ich komm hier raus...ich komm hier raus Jeder Schritt war schwer und er wusste nicht einmal, ob das der Weg nach Draußen war. Oft musste er sich an der Wand entlang tasten, weil er einfach nichts sehen konnte. Bei jedem noch so kleinen Geräusch zuckte er zusammen und verharrte auf der Stelle. Dann stieß seine ausgestreckte Hand gegen Holz. Mit letzter Kraft schmiss er sich mit der Schulter gegen die Tür und sie ging knarrend auf. In einiger Entfernung hörte er wütendes Gebrüll. Mit rasendem Herzen stolperte er raus und mitten in Brombeergestrüpp das ihm die Haut aufriss. Über ihm leuchtete der Vollmond. Er durfte jetzt nicht stehen bleiben. Er musste weiter laufen. Aber es war so schwer...so schwer... Für ein paar Sekunden stützte er sich auf seine Knie, dann richtete er sich wieder so weit auf wie es ihm möglich war und lief barfuß weiter durch den Wald. Die Kette verhakte sich immer mal wieder, was dazu führte, dass er mindestens sieben Mal unsanft hinfiel. Am schlimmsten war aber als er jemanden hinter sich hörte. Er lief und lief. Bis ihm die Lunge brannte. Dann vernahm er immer mehr Geräusche. Von allen Seiten. Wohin?! Wohin?! Eine Hand packte ihn am Arm. NEIN!! Ich kann nicht wieder zurück! ich kann nicht! Entschlossen drehte Liam sich um und versuchte wie ein ängstliches Tier nach seinem vermeintlichen Angreifer zu beissen. Es dauerte einen Moment und er musste mehrmals die Augen zusammen kneifen bis er Dean erkannte. Sein Freund reagierte geistesgegenwärtig, zog seine Jacke aus und hüllte Liam darin ein. Der Zustand in dem er ihn gefunden hatte schockierte ihn. Liam zitterte am ganzen Körper, war zerkratzt, schmutzig , nackt und übersäht von blauen Flecken. Gemeinsam bahnten sie sich einen Weg durchs Unterholz. Mit der linken Hand hielt Liam sich an Dean's Hand fest und mit der rechten hielt er dessen Jacke zusammen, die ihm etwas zu groß war, so aber wenigstens auch fast alles verdeckte. Natürlich wollte Dean wissen was zur Hölle passiert war aber Liam musste erst aus diesem Wald raus. "Ich hab sein Gesicht gesehen...", flüsterte er. Sie hatten den Waldrand schon fast erreicht. Hinten sahen sie bereits das Leuchten von Taschenlampen. Beide beschleunigten ihre Schritte. Dean hielt Liam's Hand ganz fest und versuchte noch immer die Situation zu begreifen und zu verarbeiten, als ein Schuss die Stille zerriss. Liam's Finger entglitten seinem Griff und sein Freund sackte neben ihm zu Boden. "LIAM!!!" Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)