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Phonetik IV oder Konsonanten und was sonst noch zu erwähnen bleibt Phonetik, Uni, Wissenswertes

Autor:  Karopapier
Nachdem ich euch jetzt erklärt habe, wie man die jeweiligen englischen Vokale ausspricht, habe ich euch direkt einen netten Übungstext mitgebracht, weil ich ja so freundlich und wohlwollend bin:

Spoiler

Dearest creature in creation,
Study English pronunciation.
I will teach you in my verse
Sounds like corpse, corps, horse and worse.
I will keep you, Suzy, busy,
Make your head with heat grow dizzy.
Tear in eye, your dress will tear.
So shall I! Oh hear my prayer.

Just compare heart, beard and heard,
Dies and diet, lord and word,
Sword and sward, retain and Britain.
(Mind the latter, how it's written.)
Now I surely will not plague you
with such words as plaque and ague.
But be careful how you speak:
Say break and steak, but bleak and streak;
Cloven, oven, how and low, Script, receipt, show, poem, and tow.

(...)


Das Original hat 12 Strophen und ist unter dem Namen "Chaos" zu finden.
Ganz ehrlich? Ich bezweifle, dass irgend jemand von euch das gesamte Gedicht fehlerfrei lesen kann. Meine Freundin Nancy aus Großbritannien ist daran gescheitert, ich musste ab der dritten Strophe bereits kämpfen und bis zum Ende wird es immer schwieriger und gemeiner.

Und um noch ehrlicher zu werden, ich kann euch auch nicht sagen, wie man erkennen kann, was wie ausgesprochen wird.
Zitat Nancy: "I think this is one of the most difficult things about learning English. We have a very simple grammar structure but when it comes to pronunciation, you can never be 100% sure. At least as a native speaker you can say 'okay, it might be pronounced like this, but that sounds stupid, so let's take the other one'. But that's something you can't teach... I'm really sorry, I think you'll have to look it up."
Ja, richtig gehört – für die englische Aussprache gibt es sogar Wörterbücher. Eines davon steht in meinem Regal. Und leider, leider, leider ist es auch notwendig.

Jetzt kommt vielleicht die Frage auf: "Wenn sie selbst keine Ahnung hat, wie man die einzelnen Sachen ausspricht, warum redet sie dann hier drüber? Nur, um uns zu zeigen wie supertoll viele Wörter man falsch aussprechen kann?"
Nicht ganz. Ich will euch an dieser Stelle in erster Linie erklären, wie so eine Quälerei zustande kommen konnte.

Etwas oberflächliche Geschichte zur Einstimmung:
Keine Sorge, wir bleiben wirklich sehr oberflächlich, falls das nicht eh schon aus der Kürze des Abschnitts zu ersehen gewesen sein sollte.
1066 dürfte für die meisten von euch ein Datum sein, das ihr zumindest schon einmal irgendwo (*husthustinderSchulehusthust*) gehört habt, wenn ihr euch auch nur andeutungsweise mit der Geschichte von Großbritannien befasst habt. (@Veroko: Nein, die Korinthenkackerei mit "United Kingdom" und "Großbritannien" kommt zumindest dieses Mal nicht mit rein!) Das war nämlich das Jahr, in dem die Normannen die angelsächsische Herrschaft übernahmen. William of Orange, oder auch William the Conqueror, falls euch das hilft.
Schön und gut, aber was hat das mit Englisch zu tun? Nun, jede Menge – die Normannen kamen aus der Normandie... und was spricht man in der Normandie? Richtig. Französisch.

Ab dem Zeitpunkt, als der liebe William also auf dem Thron thront, ist das alte Englisch, das man damals noch sprach (wenn man es überhaupt sprach) nur noch die Sprache der Unterschicht. Die herrschende Klasse sprach Französisch oder Latein.
Das änderte sich auch erst viel später wieder, als die Engländer und Franzosen beschlossen, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Zur Abgrenzung vom verhassten Feind auf dem Festland ersetzte man seine Sprache, Französisch, durch Englisch, das bis dahin aber schon sehr stark verändert war.

Grund dafür war die Great Vowel Shift oder auch, auf Deutsch, Große Vokalverschiebung. Die Aussprache der langen Vokale veränderte sich, sie wurden geschlossener ausgesprochen. Wenn man sich das Vokaldiagramm aus dem letzten Blogeintrag ansieht, kann man ganz grob sagen dass die langen Vokale im Vokalviereck eine Stufe nach oben verschoben wurden. Wenn aber ein geschlossener Vokal nicht noch weiter geschlossen werden konnte, wurde er einfach diphtongiert:

Ɛ: > e: > i: > ai
o: > u: > aʊ
Wenn es so schwer zu verstehen ist, nehmt bitte wirklich das Vokaldiagramm zur Hilfe, am besten das der Kardinalvokale.

Eine vollständige und genaue Liste der Veränderungen findet ihr hier:
Spoiler

/i:/ > > > /aɪ/ (line)
/e:/ > > > /i:/ (need)
/ɛ:/ > /e:/ > /i:/ (read)
/ɑ:/ > /ɛ:/ > /ei/ (name)
/ɔ:/ > /o:/ > /əʊ/ (home)
/o:/ > > > /u:/ (moon)
/u:/ > > > /aʊ/ (house)


Wann genau und warum bzw. in welcher Chronologie die einzelnen Stufen des Great Vowel Shift stattfanden, ist noch umstritten. Die großheitliche Überzeugung ist, dass der Beginn etwa im 15. Jahrhundert liegt und er im 18. Jahrhundert abgeschlossen war.
Einig ist man sich allerdings darüber, dass der Great Vowel Shift daran schuld ist, dass so ein großer Unterschied zwischen der Lautung und der Schreibung besteht, also zwischen dem, was auf dem Papier steht, und dem, wie man es letzten Endes ausspricht.

Im Übrigen gibt es durchaus einige Kombinationen, die für eine bestimmte Aussprache stehen können, aber ich habe nicht die Zeit, um 3 Seiten abzutippen. Leider Gottes muss ich den ganzen Kram hier bis Dienstag selbst noch lernen, und leider Gottes auch viel genauer als ich es hier geschrieben habe... Uni eben. =)


Ich habe unter anderem deswegen auch etwas mit mir gehadert, ob ich euch hier über Liaison (auch: Linking) schreibe oder es direkt in den Pronunciation-Eintrag einbaue, aber in der Zeit, in der ich hadere, habe ich das Material viermal runtergeschrieben.

Liaison ist die Erscheinung, dass zwischen zwei Wörter ein Laut eingeschoben wird, um die Aussprache zu erleichtern.

Im Gegensatz zum Deutschen, wo zwei hintereinander stehende Vokale durch ein glottal stop getrennt werden, verbinden die Engländer die Wörter durch a) den Einschub eines Halbvokals oder b) durch ein linking r bzw. ein intrusive r.

Ein glottal stop ist, platt ausgedrückt, ein asthmatisches Husten vor einem Vokal, nur in ganz schwach. Ihr könnt es hören wenn ihr euch selbst aufmerksam zuhört, wie ihr ein Wort mit einem Vokal am Anfang aussprecht.
Glottal stop schreibt man <ʔ>.
Der Beispielsatz, an dem wir das Ding kennengelernt haben, war: "Ein Ei ist im Eimer."
In der Lautschrift würde man das so schreiben:
/'ʔaɪn'ʔaɪʔɪstʔɪmʔaɪmə/

Im Englischen ist das anders. Da gibt es dieses Phänomen nicht – ich habe zumindest noch nie gehört oder bemerkt, dass man den glottal stop irgendwo findet.

Dafür haben wir den vorhin genannten Einschub eines Halbvokals – da es im Englischen nur die beiden gibt, entweder ein /j/ oder ein /w/.
to Exeter: [tuʷ'eksɪtə]
he is silly and stupid: ['hɪʲɪz 'sɪlɪʲən 'stju:pɪd]

Und dann kommt die Sache mit den 'r's.
Das linking /r/ ist ein /r/, das normaler Weise nicht gesprochen wird, obwohl es in der Schreibung vorhanden ist, aber trotzdem ausgesprochen wird, wenn der letzte Laut des letzten Wortes und der erste Laut des nächsten Wortes jeweils ein Vokal sind.
Far away: /fɑ:rə'weɪ/
poor Anne: /'pʊər'æn/
your answer: /jɔ:r'ɑ:nsə/

Das intrusive /r/ ist ein /r/, das nach einem Vokal am Wortende gesagt wird, obwohl da in der Schreibung überhaupt kein <r> steht, weil das nächste Wort auch mit einem Vokal beginnt.
Idea of it: /aɪ'dɪərəvɪt/
Manchmal findet man intrusive /r/ auch zwischen zwei Silben eines Wortes, aber das ist etwas, das ihr unbedingt vermeiden solltet. Auch wenn manche Muttersprachler diese Marotte mit größter Begeisterung ausleben: Es ist ungefähr so, als würdet ihr so ziemlich alles sagen tun statt es einfach nur zu sagen. Doppeltes Beispiel: "Die wo da stehen tut". Zumindest mir tut so ein Satz vor allem eines, und das ist weh. Also: NICHT! ANGEWÖHNEN!


Aber was ist eigentlich ein Halbvokal?

Was ein Vokal ist, haben wir ja schon geklärt. Ein Konsonant ist das Gegenteil von einem Vokal, also
Spoiler
"ein Laut, bei dessen Bildung ein Hindernis gebildet wird, das den Luftstrom aufhält oder zu hörbarer Reibung bringt; der, akustisch analysiert, eine Geräuschkomponente enthält und keine harmonische Schwingung darstellt."

Das Unterstrichene sind einfach nur die Unterschiede, die ich etwas hervorheben wollte.


Halbvokale sind nun Konsonanten, die die Funktion eines Vokals erfüllen.
"Aber warum sind es dann nur Halbvokale, wenn man sie doch viel einfacher und viel unkomplizierter und viel toller auch gleich Vokale nennen könnte?"
Kann man ja nicht.

Ganz nah an der Definition geblieben: Wenn ihr ein "j" lang zieht, habt ihr keine reine harmonische Schwingung, da habt ihr eine Geräuschkomponente mit dabei. Der Luftstrom wird zur Reibung gebracht.
Ergo ist ein "j" kein Vokal.
Das gleiche Prinzip funktioniert im Übrigen auch mit "w", allerdings nur im Englischen.


Womit wir auch schon fast am Schluss wären. Jetzt fehlt uns "nur" noch ein Teil: Die Konsonanten.

Was ein Konsonant ist, steht oben, warum die Aussprache der Konsonanten oft auch Nicht-Muttersprachler mit nahezu perfekten Englischkenntnissen verraten kann, kommt jetzt.

Zunächst einmal etwas, das ihr aus dem Deutschen kennt: Die Auslautverhärtung.
Das Wort steht für nichts anderes als "wenn ein stimmhafter Konsonant, also b, d, g, am Ende eines Wortes steht, wird er stimmlos ausgesprochen".
Für alle fleißigen Selbsttester:
König, Zug, lag
Wand, läd, Wald
Kalb, Dieb, Raub

Im Englischen gibt es das nicht!
Es gibt zwar ein sogenanntes devoicing, das bedeutet aber nur, dass die Konsonanten etwas von ihrer Stimmhaftigkeit verlieren! Wenn ihr deutsch seid und den Unterschied zwischen etwas verlorener Stimmhaftigkeit und voller Stimmhaftigkeit nicht hört, belasst es bei der vollen Stimmhaftigkeit.

Außerdem ist euch bestimmt schon aufgefallen, dass <p> und <b> nicht immer ausgesprochen wird.
<p> ist stumm in Gruppen wie pt, pn, ps am Wortanfang: Ptolemaic, pneumonia, psalm
<b> ist stumm nach m (climb, lamb, etc.) und manchmal vor t (debt, doubt, subtle).


Ich hoffe, die Blogeinträge haben euch etwas gebracht. Wann ich die nächsten schreibe weiß ich noch nicht, zuerst muss ich zusehen dass ich mich auf den Hintern setze und lerne. Für Phonetik war es hilfreich, das alles nochmal in Blogeinträge umzuschreiben, aber ich fürchte, wenn ich Definitionen lerne behindert es mich nur, die ganzen Hintergrunderklärungen dazuliefern zu müssen.

Liebe Grüße und frohes Herumprobieren,
eure Karopapier

Phonetik III oder Warum der gemeine Deutsche nicht englisch klingt Phonetik, Uni, Wissenswertes

Autor:  Karopapier
Diesmal werde ich euch, wie versprochen, ein wenig über englische Vokale reden. Wie immer geht es um das British English, das sage ich deswegen dazu, weil vor allem bei den Vokalen ein sehr großer Unterschied zwischen BE und AE besteht.

Das erste, was man über Vokale lernt, ist, was ein Vokal ist:
Spoiler

Ein Vokal ist ein Laut, bei dessen Bildung kein Hinternis gebildet wird, das den Luftstrom aufhält oder zu hörbarer Reibung bringt; der, akustisch analysiert, keine Geräuschkomponente enthält, sondern eine harmonische Schwingung darstellt.

...eine sehr selbsterklärende und für den Nicht-Phonetik-Studenten auch absolut überflüssige Definition.


Das zweite, das man über Vokale lernt, ist, dass es fünf wichtige Merkmale gibt, anhand derer man Vokale unterscheiden kann:
1. Der Typ: Monophtong oder Diphtong?
2. Der Zungenteil: Wo wird der Vokale gebildet V (= vorne), M (=Mitte)oder H (=hinten)?
3. Der Öffnungsgrad: Wie nah ist die Zunge dem Gaumen?
4. Die Lippenstellung: Sind die Lippen gespreizt, neutral oder eher gerundet?
5. Die Quantität: Wie lang ist der Vokal?

Das Ganze wird dann in einer Abbildung festgehalten, die sich Vokaldiagramm nennt.


Das da ist eine Zunge. Oder besser gesagt eine stilisierte Skizze einer Zunge. Normaler Weise müsste die Zunge auch ein gutes Stück schräger sein und bestimmte Winkel in bestimmten Ecken haben, aber dafür habe ich nicht die Zeit und außerdem bin ich zu faul – es ist so oder so unkomplizierter, es so zu erklären, und macht für das Verständnis keinen Unterschied.

Die Abbildung zu einer nicht ganz so stilisierten Zunge, anhand derer ich das Diagramm erklären werde, wäre das hier:



Die durchgezogenen Linien werden sicher alle schon mal auf einer Abbildung gesehen haben – sehr wahrscheinlich im Biounterricht, falls es nicht im Biounterricht war ist es auch egal. Die Hauptsache ist, dass ihr folgendes erkennt:

1.: Es ist ein Querschnitt durch einen Kopf, bei dem Nasenhöhle, Mund mit Zunge und Zähnen und die Luftröhre eingezeichnet sind.
2.: Es ist eine gestrichelte Linie zu erkennen, die ebenfalls im Mund patziert ist und, ihrer Lage nach zu urteilen, etwas mit der Zunge zu tun hat.
3.: Sowohl die durchgezogen gezeichnete Linie für die Zunge als auch die gestrichtelte Linie haben einen Punkt.

Diese Zeichnung zeigt nämlich nichts anderes als die Zungenlage bei der Aussprache von /i/ und von /ɑ/. Ersteres wird durch die durchgezogene Linie verdeutlicht, zweiteres durch die gestrichelte. Und was die Punkte zu sagen haben, ist auch nicht so schwer: Sie zeigen die Lage des jeweils höchsten Punktes der Zunge. Das könnt ihr gerne mit dem Lineal nachprüfen, es ist tatsächlich so.

In dieser schon etwas ausführlicheren Abbildung seht ihr eine Form eingezeichnet, die dem Vokaldiagramm von oben schon relativ ähnlich sieht:



Ganz links oben und ganz rechts unten seht ihr wieder unser /i/ bzw. unser /ɑ/. Unter dem /i/ und über dem /ɑ/ seht ihr die restlichen sogennanten Kardinalvokale; links die hellen Vokale (den Begriff kennt ihr sicherlich schon aus der Schule), bei denen die Vorderzunge den Abstand zwischen Zunge und Gaumen bestimmt, rechts die dunklen Vokale, bei denen die Hinterzunge den Abstand bestimmt.
Zungenbewegungen weiter nach oben oder hinten (also hier rechts) lassen Konsonanten entstehen.

Noch viel vereinfachter wäre folgendes Bild:

Wenn ein Vokal auf der obersten Linie liegt, ist er geschlossen, der Abstand zum Gaumen ist also ... sozusagen nicht existent und er ist kein Vokal mehr, liegt er auf der untersten Linie, liegt der entgegengesetzte Fall vor und er ist offen, die Zunge hat also einen sehr großen Abstand zum Gaumen.

Das Ganze gibt es auch in durchnummerierter Form, das sieht dann so aus:


Früher waren Vokaldiagramme besonders wichtig, wenn es darum ging, neue Sprachen zu untersuchen. Aufnahmegeräte waren schwer und sperrig und vor allem zum Mitnehmen in unbekannte Gebiete, beste Beispiele hierfür sind Dschungel oder unzugängliche Gebirge, absolut ungeeignet. Deswegen wurden die jeweiligen Vokale in ein Vokaldiagramm eingetragen, um sie zumindest so weit wie irgendwie möglich dokumentieren und zu Hause analysieren zu können.

Bevor ich euch nun zeige, an welcher Stelle des Vokaldiagramms (eines ausführlicheren Vokaldiagramms um genau zu sein) welcher englische bzw. deutsche Vokal liegt, bekommt ihr eine Vokalliste – oder besser gesagt 2, für jede Sprache eine.

Da ich ein absolut perfekter Internetfreak bin und Formatierung im FF beherrsche, bekommt ihr jetzt meine unglaublich leserliche Handschrift zu spüren – ich scanne euch die Vokallisten jeweils ein. Das ist für mich weniger Sucharbeit und für euch bedeutend angenehmer als meine HTML-Versuche.
Ich habe auch extra wenig geschnörkelt.



Diese Liste bringt unglaublich viel. Vor allem denen, die sowieso eine miese Aussprache haben. Oder die keine Ahnung von Englisch generell haben. Oder denjenugen, die eine amerikanische Aussprache und zusätzlich keine Ahnung von Lautschrift haben – die würden "thought dann nämlich nicht wie (BE) /Ɵɔ:t/ sondern wie (AE) /Ɵɑ:t/ aussprechen. Und dementsprechend eben den Vokal dem falschen Zeichen zuordnen. (Auch die Leser, die keine Ahnung von Aussprache und/oder Lautschrift haben, werden sicherlich den Unterschied in der Schreibweise erkennen.)
Gut, man kann sich von der deutschen Vokalliste einiges herleiten, aber eben nicht alles.

Und dafür gibt es dieses tolle Vokaldiagramm – da ordnen wir nämlich jetzt alle tollen Vokale ein.

Das sieht dann so aus:


Es ist unsauber – wer sich beschweren will darf gerne ein eigenes, korrektes zeichnen – und auf Karopapier. Zumindest letzteres war allerdings beabsichtigt, unter den gegebenen Umständen fand ich, weißes Papier wäre ein allzu großer Bruch mit den Traditionen.

Sekundäre Vokale heißen übrigens so, weil sie immernoch im Bereich der Vorderzunge liegen, aber die Lippenstellung anders ist.

Aber zurück zum Vokaldiagramm: Fällt euch was auf? Falls ja: Super! Willkommen im Kreis der Eingeweihten! Falls nein: schaut euch mal an, wo beispielsweise das deutsche bzw. englische /i/ liegen. Oder /i:/. Oder /u:/. Besonders schön kann man es am /ɑ:/ sehen.
Oder, um es zu verkürzen: Die Vokale entstehen nicht an exakt der gleichen Stelle. Der Entstehungsort ist ein wenig verschoben – nicht viel, aber genug um den Unterschied zu hören. Zwar nicht unbedingt, wenn euer Gegenüber nur ein einzelnes Wort sagt, so groß ist der Unterschied nicht, sonst würde ja nicht in beiden Fällen das gleiche Lautschriftsymbol verwendet werden, aber sobald jemand länger in der Fremdsprache redet, aber die Vokalaussprache der eigenen Sprache verwendet, merkt man es doch. Und genau das ist der Grund, warum manche Deutschen um's Verrecken nicht englisch klingen!
Oder besser gesagt einer der Gründe (die Konsonanten gibt es ja auch noch), aber der wichtigere. Solltet ihr also eine sehr deutsche Aussprache haben, könnt ihr versuchen, eure Vokale etwas anzugleichen – das /u:/ ein klitzekleines bisschen weiter vorne zu sprechen, das /i:/ ein klitzekleines bisschen offener. Es mag anfangs schwierig sein, aber das Üben bringt eine Menge.


Eine Unterbrechung mache ich noch. Im nächsten Eintrag erkläre ich euch, was bei den Diphtongen passiert, wie die Konsonanten eingeteilt werden und was es mit Linking und der Großen Vokalverschiebung auf sich hat.

Phonetik II oder Was noch dazugehört Phonetik, Uni, Wissenswertes

Autor:  Karopapier
Wer den anderen Eintrag über Phonetik noch nicht gelesen hat, sollte das an dieser Stelle tun, da dieser Eintrag auf den anderen aufbaut – ein "Hallo zurück!" geht derweil an diejenigen, die einfach nur mehr wissen wollen, weil ihnen der Monstereintrag vom letzten Mal nicht gereicht hat.
Zum anderen Weblogeintrag geht es hier.
Zum besseren Verständnis und für mehr Informationen könnt ihr euch außerdem hier die vollständige Liste der IPA-Zeichen anschauen. Die, die man für Englisch braucht, werde ich allerdings auch in einem der folgenden Artikel nochmal aufzählen mitsamt passendem Beispiel, wahrscheinlich in dem Artikel für "BE Pronunciation".

Zu allererst möchte ich ein paar Dinge anfügen, die ich das letzte Mal schlichtweg übersehen bzw. vergessen habe.

Wir hatten bereits gesagt, dass die eckigen Klammern die Allophone angeben und die Schrägstriche die Phoneme. Also:
[Allophone]
/Phoneme/
Was ich nicht dazugesagt hatte, war der jeweilige Name, oder besser gesagt Fachbegriff. Denn nur, wer selbst für jeden Dreck Kleinigkeit einen Fachbegriff hat, wird in der Wissenschaft wirklich ernst genommen.
Der Versuch, Allophone zu notieren, wird "enge Transkription" oder auch, auf gut Englisch, "narrow transcription" genannt. Ob es dafür eine Standardregelung gibt oder bestimmte Tendenzen, die hochoffiziell anerkannt sind, weiß ich nicht.
Wir müssen für unser Studium nur die "weite Transkription", auch "broad transcription", können. Für die gibt es zumindest eine Richtlinie, welche Aussprache gewünscht wäre, die "Received Pronunciation" – aber zu der kommen wir später noch.

Der Unterschied und damit der Grund, warum sich kaum jemand die Mühe macht, sich an der engen Transkription zu versuchen, dürfte recht offensichtlich sein:
['khɑɷfɱ] vs. /'kaʊfən/
Glaubt mir: Ihr wollt gar nicht wissen, wie viele Zeichen es in der engen Transkription gibt. Ich studiere das in erster Linie weil es mich interessiert und fasziniert und nicht (nur) weil ich das am Ende zu meinem Beruf machen will – und selbst ich habe keinerlei Interesse daran, alle Futzeleinheiten extra zu lernen.

Dann wurde ich darauf hingewiesen, dass im ersten Moment nicht direkt klar sein könnte, was ein Vokalzeichen ist. Das ist das andere, was ich vergessen habe. Auch, wenn sich das mit etwas Nachdenken selbst erklärt, soll es der Vollständigkeit halber nochmal erwähnt werden.
Neben den [Allophonen] und den /Phonemen/ gibt es nämlich noch die <Symbole>.
Zum Begriff "Symbol" muss ich wahrscheinlich nicht viel mehr sagen, als dass das genau das ist, was ihr gerade vor euch habt – Buchstaben. Jeder Buchstabe symbolisiert einen Laut (jedenfalls im Deutschen und auch nur grob; warum das nicht überall und immer so ist erfahrt ihr wenn ich meinen Eintrag über "British English Pronunciation" geschrieben habe).

Bei "to repeat" gibt es zwei Buchstaben, die für einen Vokal stehen. Das sind die Vokalzeichen, von denen ich gesprochen habe. Wenn zwei Vokalzeichen auf dem Papier stehen, gibt es im Deutschen zwei Möglichkeiten, wie man sie aussprechen könnte. Entweder man macht einen Diphtong daraus (Di-phtong = Doppelvokal) oder einen lang gesprochenen Monotphtong (Mono-phtong = einfacher Vokal).
Im Englischen ist es in diesem Fall ähnlich. 2 Vokalzeichen ergeben beim Lesen einen lang gesprochenen Vokal.

Für diejenigen, denen "am Anfang vom Wort" bzw. "am Anfang der Silbe" und ähnliche Erklärungen nicht wissenschaftlich genug sind, habe ich auch noch etwas ausgegraben:
Spoiler

Anlaut: /p...../
Inlaut: /...t..../
Auslaut: /.....k/
Ihr seht, man kann es einfach machen, muss aber nicht.


Aber genug davon – kommen wir zu etwas Neuem.

Phonemvariation
Phonemvariation ist das, was, ganz grob gesagt, jedem im Alltag passiert. Ein ganz natürlicher, regional geprägter Vorgang: Ein Phonem wird durch ein anderes ersetzt. Um euch ein Beispiel zu geben:

"jenseits" würde auf Hochdeutsch wie folgt transkribiert:
/je:n.../
Im badischen/schwäbischen Bereich habe ich dieses Wort noch nie gehört. Auch nicht von Leuten, die sagten, sie würden Hochdeutsch reden (oder von denen mir von anderen Leuten aus der Region gesagt wurde, sie würden Hochdeutsch reden). Dort hört man zumindest vorwiegend
/jɛ:n.../

Das Ganze passiert in allen Sprachen, also natürlich auch in Englisch. Es gibt ein berühmtes Musical, dessen Name mir gerade partout nicht einfallen wird, in dem einem Mädchen aus Cockney ihr "Cockney Accent" abgewöhnt werden soll.
Statt /ei/ sagt sie /ai/ - nicht wirklich schlimm, nur eben nicht sehr elegant. Und einer Einführung in die Upper Class nicht unbedingt förderlich.

Genauso ist es in Nordengland nicht unüblich, statt einem /ʌ/ ein /u/ auszusprechen. Aus /lʌv/ wird dann /luv/. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle auch direkt mit auf den Weg geben, dass uns sofort nach der Erwähnung dieser Eigenart von der Aneignung abgeraten wurde.
Es sei kein Teil der Received Pronunciation. Wie gesagt – mehr zu dem Punkt etwas später.

Vorher möchte ich euch beispielsweise noch etwas zu dem Punkt der <Symbole> erzählen.

Auch fachlich genauer
Grapheme genannt.
Spoiler

Ein Graphem ist die distinktive Einheit eines Sprachsystems; In Alphabetenschriften dienen Grapheme in der Regel der Verschriftung von phonemischen Objekten, im Idealfall von Phonemen.


Erwähnenswert finde ich diesen Punkt deshalb, weil es im Englischen 26 Grapheme gibt, im Deutschen jedoch mindestens 28.
Jetzt müsste theoretisch wieder ein lautes "HÄH?!" kommen. "Warum mindestens 28? 26 Buchstaben plus ß plus ä; ö und ü – ich bin bei 30!"
Richtig – genau deswegen steht da ja auch "mindestens".

Wie man auf die 28 kommt, mag sich einem eventuell auf den ersten Blick nicht ganz erschließen. Mit einer Erklärung ist es dafür aber mehr als nur logisch:
ä; ö; ü = a; o; u + ¨

Man ist sich wohl in der Welt der Wissenschaft nicht ganz einig, ob nun der Doppelpunkt auf den jeweiligen Buchstaben das neue Graphem ist oder die Umlaute selbst das neue Graphem sind, das dazukommt.
Tatsache ist jedenfalls, und das wird keiner wirklich abstreiten, dass der Doppelpunkt und das Graphem "ß" eine typisch deutsche Marotte sind.

Für die Interessierten noch eine kleine Randnotiz zum erwähnten Idealfall, die sich recht gut selbst erklärt:
Spoiler

/ʃ/: <sch>; <s>
<s>: /ʃ/; /s/; /z/

/i:/
<ie> sie
<ieh> sieh!
<ih> ihnen
<i> Tiger; Maschine


Man kann die Abweichungen vom Idealfall in zwei Gruppen unterteilen:
Homographie und Homophonie.

Homographie
Homographie ist die orthographische (und gegebenenfalls phonetische) Übereinstimmung bei unterschiedlicher Aussprache und Bedeutung. Oder anders gesagt: man schreibt es gleich, aber die Betonung und Aussprache sind unterschiedlich.

Im Englischen ist das relativ häufig.
Beispiel: lead
to lead (Verb): /li:d/
lead (Substantiv): /led/

Die Homographie bei Phonemschreibweise kommt nur sehr, sehr selten vor. Die einzige Möglichkeit, dann noch die Aussprache zu verändern, ist die Verschiebung der Betonung – und dazu habe ich ein Beispiel, das ihr sicherlich alle kennt, und eines, das sicherlich (fast?) niemand von euch kennt.

Beispiel 1: Tenor
/-'-/: männliche Stimmlage
/'--/: zugrunde liegender Sinn; Wortlaut

Beispiel 2: Vollzug
/-'-/: Strafvollzug
/'--/: Zug, der aus mehr als einem Zugteil besteht; wann genau ein Zug ein Vollzug ist, weiß ich nicht mit Sicherheit, ich schätze er hat so viele Zugteile wie generell möglich wären. Es gibt auch sogenannte Halbzüge, aber ihr könnt einfach mal nachsehen. Das Ganze ist, laut unserem Dozent, auf den Bahnsteigen nachsehbar.


Homophonie
Homophonie ist die identische Aussprache bei unterschiedlicher Orthographie und Bedeutung.

Im Englischen gibt es hier unzählige Beispiele.
Ich möchte hier nur zwei nennen:
thyme; time (/taɪm/)
piece; peace (/pi:s/)


Und dann gibt es noch die liebe
Homonymie:
Homonymie ist die gleiche Ausdrucksform hinsichtlich Orthographie und Aussprache bei unterschiedlicher Bedeutung und Herkunft.

Mit Homonymie machen fast alle Kinder in der Grundschule schon Bekanntschaft, auch wenn sie dann diesen Fachbegriff sicherlich nicht gesagt bekommen. Meistens sind Homonyme durch das unterschiedliche Geschlecht erkennbar. Wenn nicht, spricht man von den sogenannten Teekesselchen.

Beispiele hierfür wären der/die Kiefer oder aber, als doppeltes Beispiel, das Wort "Mark": "das Mark" ist das Innere von Knochen; "die Mark" kann entweder die D-Mark sein (ja, damals, die guten alten Zeiten, wir erinnern uns) oder ein Randgebiet. Nachschlagen kann man Homonyme am besten in ethymologischen Wörterbüchern.

Eigennamen werden bei Homonymen allerdings nicht mitgezählt.


Bevor ich für dieses Mal zum Ende komme, erkläre ich euch noch, was es mit dieser mysteriösen "Received Pronunciation" auf sich hat, die ich immer wieder erwähnt habe.
Umgangssprachlich gesagt ist Received Pronunciation (=R.P.) "so wie man's ausspricht". Oder auch etwas gehobener formuliert "die generell akzeptierte Aussprache".

Der Begriff tauchte erstmalig in der Mitte des 19. Jahrhunderts auf. Damals bezeichnete er noch die Aussprache einer bestimmten Gesellschaftsschicht, die vor allem in einem recht begrenzten geographischen Raum zu finden war.

A.J. Ellis schrieb 1869 über die R.P.:
"It may be especially considered as the educated pronunciation of the metropolis, of the court, the pulpit, and the bar."

Die "metropolis" ist hier das Dreieck zwischen London, Cambridge und Oxford, der "court" der königliche Hof (zu der Zeit herrschte übrigens gerade Queen Victoria) und "pulpit" ist die Kanzel. Was die genaue Übersetzung von "bar" ist habe ich gerade nicht zur Hand (ich schreibe den Eintrag offline und so wie ich mich kenne, habe ich bis zum Online-Stellen vergessen nochmal nachzusehen) aber es hat was mit Juristik zu tun.

D. Jones definierte etwa 50 Jahre später, genauer genommen 1917, die R.P. schon als "a pronunciation recorded as that most usually heard in everyday speech of families".

Wenn ihr also ein Aussprachelexikon besitzt oder seht, wisst ihr ab sofort, was genau ihr lesen würdet wenn ihr es denn lesen würdet. ;)


Das nächste Mal geht es dann mit Vokaldiagrammen weiter – lustige Trapeze, die man ohne Erklärung nicht versteht, die aber unglaublich gut erklären warum manche Menschen so unglaublich deutsch klingen wenn sie englisch reden.
Ob über Phonetik nur noch ein Eintrag folgt oder 2 weiß ich nicht – die Hälfte habt ihr aber, wenn ihr bis jetzt durchgehalten habt, auf jeden Fall geschafft.


____
EDIT vom 30.01.:
Ein Vollzug ist ein Zug mit 2 Zugteilen, "a bar" ist eine Anwaltskanzlei. Vielen Dank dafür an shinu und Veroko.

Phonetik I oder Was Karopapier so alles an der Uni macht Phonetik, Uni, Wissenswertes

Autor:  Karopapier
Da ich immer wieder gefragt werde, was ich in meinem Studium überhaupt alles mache, und ich natürlich auch nicht auf mir sitzen lassen kann, dass Veroko eine super Idee hatte und ich noch immer vor mich hin krebse, werde ich euch in nächster Zeit nach und nach meine Kurse vorstellen. Einige sind nicht allzu spannend; ich könnte euch meine Vokabelliste von "Wortschatz und Idiomatik Spanisch" online stellen, aber ansonsten gibt es nicht allzu viel darüber zu sagen.
Sollte es genug Leute geben, die an spanischen Sprichwörtern beziehungsweise festen Ausdrücken interessiert sind, kann ich da gerne ein paar zusammensuchen. Was ich allerdings definitiv nicht machen werde ist, euch alle 3000 Vokabeln abzutippen. Ich bin froh, wenn ich mit denen abgeschlossen habe und sie nur noch anwenden können muss. Andere Kurse werden sicherlich auch anderen auf Animexx Nutzen bringen oder zumindest recht unterhaltsam sein, wenn man nicht gerade auf ein dementsprechendes Examen hinarbeiten muss.

Das Fach, das ich euch als erstes vorstelle: Phonetik mit dem Schwerpunkt Britisches Englisch.
Zum besseren Verständnis und für mehr Informationen könnt ihr euch hier die vollständige Liste der IPA-Zeichen anschauen. Die, die man für Englisch braucht, werde ich allerdings auch in einem der folgenden Artikel nochmal aufzählen mitsamt passendem Beispiel, wahrscheinlich in dem Artikel für "BE Pronunciation".


Genauer genommen ist das, was wir in Phonetik lernen, eine Mischung zwischen Phonetik und Phonologie.
Dazu haben wir natürlich auch eine wundervolle Definition zur Hand – was wäre eine Universität ohne hohes Geschwalle?

Spoiler

Phonetik:
Phonetik untersucht die lautliche Seite des Kommunikationsvorgangs:
die artikulatorisch-genetische Lautproduktion
die Struktur der akustischen Abläufe
sowie
die neurologisch-psychologischen Vorgänge
Sie untersucht also die Gesamtheit der artikulatorischen, akustischen und auditiven Eigenschaften der möglichen Laute aller Sprachen.

Phonologie:
Phonologie beschäftigt sich mit den bedeutungsunterscheidenden Sprachlauten ("Phonemen"), ihren relevanten Eigenschaften, Relationen und Systemen unter synchronischen und diachronischen Aspekten.

Weitere Definitionen zur besseren Verständnis:
synchronisch = zu einem bestimmten Zeitpunkt
diachronisch = über einen bestimmten Zeitraum


Oder anders gesagt: In der Phonetik wird untersucht, wie und wo die jeweiligen Laute gebildet werden, die Phonologie untersucht, was gebildet wird und was die Unterschiede zwischen den einzelnen Ergebnissen sind – bezogen auf verschiedene Sprachen und/oder Regionen oder auf verschiedene Zeiträume.

Genauer genommen beschäftigen wir uns mit Phonemen und Allophonen.

Spoiler

Phonem:
Ein Phonem ist das kleinste aus dem Schallstrom der Rede abstrahierte lautliche Segment mit potentiell bedeutungsunterscheidender Funktion. Der Phonembestand wird ermittelt durch die Untersuchung von Minimalpaaren, die sich nur durch ein lautliches Segment unterscheiden.
Jedem Phonem entspricht eine Klasse von Lautvarianten (Allophonen), die in der betreffenden Sprache nicht in bedeutungsunterscheidender Opposition stehen.

Ein Phonem lässt sich darstellen als Bündel distinktiver Merkmale.


...häh?!
In Ordnung. Also nochmal von vorne, in nicht-fachlicher Sprache.

Ich habe hier ein kleines Haustier mitgebracht:
K
Das hat eher weniger etwas damit zu tun dass "Karopapier" mit K anfängt sondern eher damit, dass ein Teil meines folgenden Beispiels mit K aus der Uni stammt und ein anderer Teil auch recht gut dazu passt.
Für das Beispiel brauchen wir K alleine, ohne seinen besten Freund A. K ist also nicht "kah" sondern dieser asthmatische Hustlaut, den ihr jedes Mal am Anfang von dem Wort "Katze" sagt. Oder gleich drei Mal bei "Kuckuck". Oder in jedem anderen Wort, das im Deutschen irgendwo ein "k" hat. (Das "Im Deutschen" ist deswegen so wichtig, weil das Beispiel in manchen Sprachen zum Teil nicht und zum Teil anders funktioniert – warum erkläre ich später.) Dieses K ist unser Phonem: Ein einzelner Laut.
Während ihr jetzt also sehr wahrscheinlich klingt wie eine Katze kurz vor dem Kotzen (und die Alliteration auf "k" nicht beabsichtigt war), versucht dieses K mal zu variieren. Sprecht mal sehr bewusst folgende Wörter aus und achtet darauf, wie das K dabei klingt:

Katze; Kind; Korb; Krach; (...)

Der Unterschied ist minimal, aber es gibt einen. Wenn euch der Lautunterschied nicht auffällt, passt mal ganz genau auf, wo das K bei den jeweiligen Wörtern gebildet wird. Bei einem von beiden müsste theoretisch jedem von euch ein Unterschied auffallen, der wirklich konzentriert darauf achtet. (Und nicht schummeln – die K's müssen immernoch genau so klingen wie in den jeweiligen Wörtern üblich! Wenn ihr die Laute eurer Erwartung anpasst, funktioniert es nicht, dann solltet ihr jemand anderen bitten, die Wörter in Zeitlupe zu lesen.) Ich weiß dass es schwierig ist, weil der Unterschied im Deutschen nicht wichtig ist und ihr dementsprechend nie gelernt habt, ihn zu hören, aber es ist machbar.
Wenn euch der Unterschied aufgefallen ist: Glückwunsch! Ihr kennt jetzt den Unterschied zwischen einem Phonem und einem Allophon.

Oder, um wieder wissenschaftlich zu werden:
Phonem: /k/
> abstrakte Seite der Erscheinung
Allophone: [Ka]; [Ki]; [Ko]; [Kr]; (...)
> konkrete Ebene
(In einem Wörterbuch wären die Buchstaben, die hinter dem K stehen, allerdings tiefer gestellt - leider passt das mit der Formatierung ohne HTML nicht und um alles in HTML umzuformen fehlt mir die Zeit. Das kommt bei Gelegenheit nach.)

Oder auch: Im Deutschen sind [Ka]; [Ki]; [Ko]; [Kr] und so weiter alles Allophone, die zu dem Phonem /k/ zusammengefasst werden können weil sie nicht bedeutungsunterscheidend sind. Wenn ihr "Katze" sagt ist es egal, ob ihr das Wort mit einem [Ka] oder einem [Ki] oder einem [Ko] oder einem [Kr] aussprecht. Es klingt, falls überhaupt jemand den Unterschied bemerkt, vielleicht etwas seltsam, aber es bezeichnet immer, und zwar wirklich IMMER, die kleine flauschige Kratzbürste die viele von euch wahrscheinlich als Haustier halten.
Erfinden wir eine neue Sprache. Diese Sprache heißt Karopapierisch und macht zwischen einer [Ka]atze und einer [Ki]atze einen Unterschied. Eine [Ka]atze ist immernoch die Katze, wie wir sie kennen, das lebendige Ding mit Beinen, ihr wisst schon. Eine [Ki]atze ist allerdings nur das, was wir als "Plüschtier, das wie eine Katze aussieht" bezeichnen würden. In dem Fall wären [Ka] und [Ki] logischer Weise immernoch Allophone, sie wären aber in der Sprache Karopapierisch nicht mehr Teil von dem gleichen Phonem /k/. Sie stehen schließlich "in bedeutungsunterscheidender Opposition". Ein Plüschtier lebt nun einmal nicht.

Gekennzeichnet wird das Ganze wie folgt: Zwischen Querstrichen stehen Phoneme, zwischen eckigen Klammern Allophone.
/Phonem/
[Allophon]

Wer wirklich gut aufgepasst hat und etwas weiter denkt, wird jetzt verständnislos gucken. "Aber in meinem Wörterbuch stehen fast überhaupt keine kleinen tiefgestellten Zeichen! Müssten die nicht bei jedem einzelnen Buchstaben stehen, wenn das Wort doch eckig geklammert ist und das dementsprechend Allophone sein müssten?"
Stimmt. Müssten sie. Wenn das, was in euren Wörterbüchern steht, denn Allophone wären. Genau genommen stehen in euren englischen Wörterbüchern nämlich nur Phoneme. Aber da die Querstriche so viel Platz wegnehmen und immens viel Platz verschwenden, werden sie in den Wörterbüchern durch die eckigen Klammern ersetzt und in Aussprachewörterbüchern, wo diese Kleinigkeit wirklich wichtig ist, direkt ganz weggelassen.

Grundsätzlich gilt: Ich muss in den eckigen Klammern, wenn ich es denn wirklich richtig machen will, jedes Allophon einzeln und ganz genau bestimmen. Wenn es ein [Ki] ist, muss ich das auch schreiben, selbst wenn es egal ist weil ich Deutsch spreche und nicht Karopapierisch und [Ki] genauso ein /k/ ist wie alle anderen K-Abwandlungen auch, die ich oben aufgezählt habe. Bei den Querstrichen muss ich das nicht machen, aber ich kann in die Querstriche beliebig viele Zusatzinformationen reinpacken. Wenn also eine genauere Unterscheidung wirklich nötig ist, kann ich sie durch sogenannte diakritische Zeichen (=Zeichen zur weiteren, besseren Unterscheidung) einfügen. Ein Beispiel, das ihr sicher alle kennt, wäre die Kennzeichnung von Haupt- und Nebenakzent, die die Betonung eines Wortes anzeigt, oder der Doppelpunkt hinter einem Vokal, der zeigt, dass der Vokal länger ausgesprochen wird.

Ein Beispiel aus dem Englischen: Der Betonungsakzent
Der Hauptakzent hat in der englischen Grammatik die Aufgabe, das Verb vom Substantiv zu unterscheiden. Das wissen vielleicht einige von euch schon, die anderen lernen es jetzt. Die Aufgabe geht zwar momentan stark zurück, aber sie ist immernoch vorhanden.
'record > Substantiv
re'cord > Verb

Außerdem sagt er etwas über die Bildung des past tense und des Gerund aus, etwas, das wahrscheinlich weniger Leute wissen. Ihr wisst sicherlich, dass bei manchen englischen Verben der Endkonsonant verdoppelt wird, wenn ihr diese zwei Zeiten bilden wollt. Aber warum ist das so?

Schauen wir uns mal die Verben "to offer" und "to prefer" an und ihre Formen im Past tense bzw. Gerund:
to offer : offer|ed; offer|ing
to prefer: prefer|red; prefer|ring
Das Geheimnis liegt in der Betonung. "to offer" wird auf der ersten Silbe betont, "to prefer" auf der letzten. Wenn also die Betonung eines Verbs auf der letzten Silbe liegt, wird der Endkonsonant verdoppelt. Einfach, oder?

Leider nicht. Denn was wäre dann mit so Verben wie "to repeat"? Das wird auch auf der letzten Silbe betont, aber von Konsonantenverdopplung findet man keine Spur. Also schauen wir uns mal an, was der Unterschied zwischen "to prefer" und "to repeat" ist – rein von der schriftlichen Seite. Die Betonung ist gleich, daran kann es nicht liegen (sonst gäbe es bei "to beseem" ja auch eine Konsonantverdoppelung). Ergo muss es am doppelten Vokalzeichen liegen – und schon haben wir unsere vollständige Regel:

Spoiler

Wenn ein Verb auf der letzten Silbe betont wird und nur ein Vokalzeichen vorhanden ist, wird der Endkonsonant dieses Verbs bei der Bildung des Gerunds und des Past Tense verdoppelt. Das gilt jedoch nur für Verben, deren Past Tense regelmäßig gebildet wird.
Andernfalls findet nur eine reine Anhängung der Endung statt.


Oben steht übrigens mit voller Absicht Vokalzeichen. Ausgesprochen wird schließlich nur ein Vokal: /ri'pi:t/

Aber zurück zu unseren Allophonen, kurz auch einfach nur "Phone". Es gibt nämlich nicht nur "die (Allo-)Phone", man unterteilt sie in zwei Gruppen, "freie" oder auch "fakultative Allophone" und "nicht-freie" oder "nicht-fakultative Allophone".

Freie Allophone:
Freie Allophone sind Allophone, die man im Prinzip austauschen kann, wie man gerade lustig ist. Das wäre sicherlich nicht die Formulierung, die meinem Dozenten gefallen würde, aber im Grunde ist es genau das. Ein recht gutes Beispiel ist hier das Phonem /r/.
Wir haben 4 verschiedene Allophone für /r/ aufgeschrieben:
[r] = Zungenspitzen-R mit mehreren Vibrationen
[ɾ] = Zungenspitzen-R mit einer Vibration
[ʀ] = Zäpfchen-R mit einer oder mehreren Vibrationen
[ʁ] = geriebenes Zäpfchen-R
Fragt mich bitte nicht, wie diese einzelnen Allophone ausgesprochen werden oder wo man sie antrifft. Das weiß ich nicht, ich habe wirklich die geringste Ahnung. Wer mehr darüber weiß darf es gerne in den Kommentaren schreiben, auch wenn ich es nicht für meine Klausur brauche wäre es sicherlich interessant, das mal zu erfahren. Wichtig ist: Je nach Region wird ein anderes Allophon für /r/ benutzt. Es gibt keine Regel wie "nach demunddem Buchstaben muss diesundjenes r eingesetzt werden".

Anders ist das bei den
nicht-freien Allophonen:
Ein super Beispiel im Deutschen ist hier das Phonem /x/. Aus der Sicht anderer Sprachen würde man sagen: "Man findet es beispielsweise in den Wörtern Buch, Dach, Docht, ich oder echt." Aus deutscher Sicht stimmt das allerdings absolut nicht. Versucht mal, einem Kind zu erklären dass das "ch" in "Buch" und in "ich" gleich ausgesprochen werden. Vielleicht wird es versuchen, sich die Zunge zu verknoten – vielleicht erklärt es euch aber auch einfach nur, wie dumm ihr doch seid. Den Unterschied zwischen "ch" in "Buch" und "ch" in "ich" kennt doch schließlich jedes Baby.
Es sei denn, ihr kommt aus der Schweiz.
Und genau das ist der Grund, warum diese zwei Laute zwar komplett unterschiedlich klingen (wie gesagt, für deutsche Ohren), aber trotzdem nur in der Allophon-Schreibweise unterschiedlich sind. Wie bereits erwähnt, muss in der Allophon-Schreibweise die genaue Aussprache festgehalten werden. "Ich" würde sich also mit einem [ç] geschrieben, "Buch" mit einem [x].

Im Englischen gibt es diesen Unterschied zwischen [l] und [ɫ]. Beide wären in der Phonem-Schreibweise ein /l/, aber es gibt eine feste Regel, wann welches Allophon benutzt wird.
Das "clear l", also das erste Zeichen, steht am Anfang einer Silbe oder vor einem Vokal. Das "dark l", das mit dem Strich, hingegen am Ende einer Silbe oder vor Konsonanten. Aber vorsicht: Wir reden hier nicht vor den jeweiligen geschriebenen Zeichen, wir reden von den Lauten! Deswegen wird "Ale" beispielsweise ebenfalls nicht mit einem "clear l" ausgesprochen, sondern mit einem "dark l". Man schreibt es zwar mit einem e hinter dem l, aber gesprochen wird das e nicht.



Untersucht, ob ein Laut bedeutungsunterscheidend ist oder nicht, wird übrigens an Wörtern, die sich nur durch einen Laut unterscheiden, den sogenannten "Minimalpaaren". Das Ergebnis dieser Untersuchungen ist dann der Phonembestand einer Sprache.

Beispiel:
Kasse – Gasse
Der unterstrichene Buchstabe ist der, der den Bedeutungsunterschied hervorruft.

Bisher wurden um die 6000 Sprachen untersucht. Und obwohl diese Zahl so groß ist, wurden noch keine 2 Sprachen gefunden, die den gleichen Phonembestand haben! Es gab immer mindestens einen Unterschied in einer lautlichen Sequenz.



Damit möchte ich für heute schließen. In Office sind wir bei mir bei 5 Seiten angelangt, und dabei ist das nur ein Bruchteil von dem, was ich noch in meinem Ordner habe. Wenn ich wieder ein paar freie Minuten habe werde ich weiterarbeiten, ihr bekommt auf jeden Fall noch mehr von mir zu hören. Im Moment reicht es mir allerdings, ich muss noch Spanisch weitermachen. Drückt mir die Daumen – Montag schreibe ich meine Arbeit! ;)