Phonetik IV oder Konsonanten und was sonst noch zu erwähnen bleibt
Autor: Karopapier
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Dearest creature in creation,
Study English pronunciation.
I will teach you in my verse
Sounds like corpse, corps, horse and worse.
I will keep you, Suzy, busy,
Make your head with heat grow dizzy.
Tear in eye, your dress will tear.
So shall I! Oh hear my prayer.
Just compare heart, beard and heard,
Dies and diet, lord and word,
Sword and sward, retain and Britain.
(Mind the latter, how it's written.)
Now I surely will not plague you
with such words as plaque and ague.
But be careful how you speak:
Say break and steak, but bleak and streak;
Cloven, oven, how and low, Script, receipt, show, poem, and tow.
(...)
Das Original hat 12 Strophen und ist unter dem Namen "Chaos" zu finden.
Ganz ehrlich? Ich bezweifle, dass irgend jemand von euch das gesamte Gedicht fehlerfrei lesen kann. Meine Freundin Nancy aus Großbritannien ist daran gescheitert, ich musste ab der dritten Strophe bereits kämpfen und bis zum Ende wird es immer schwieriger und gemeiner.
Und um noch ehrlicher zu werden, ich kann euch auch nicht sagen, wie man erkennen kann, was wie ausgesprochen wird.
Zitat Nancy: "I think this is one of the most difficult things about learning English. We have a very simple grammar structure but when it comes to pronunciation, you can never be 100% sure. At least as a native speaker you can say 'okay, it might be pronounced like this, but that sounds stupid, so let's take the other one'. But that's something you can't teach... I'm really sorry, I think you'll have to look it up."
Ja, richtig gehört – für die englische Aussprache gibt es sogar Wörterbücher. Eines davon steht in meinem Regal. Und leider, leider, leider ist es auch notwendig.
Jetzt kommt vielleicht die Frage auf: "Wenn sie selbst keine Ahnung hat, wie man die einzelnen Sachen ausspricht, warum redet sie dann hier drüber? Nur, um uns zu zeigen wie supertoll viele Wörter man falsch aussprechen kann?"
Nicht ganz. Ich will euch an dieser Stelle in erster Linie erklären, wie so eine Quälerei zustande kommen konnte.
Etwas oberflächliche Geschichte zur Einstimmung:
Keine Sorge, wir bleiben wirklich sehr oberflächlich, falls das nicht eh schon aus der Kürze des Abschnitts zu ersehen gewesen sein sollte.
1066 dürfte für die meisten von euch ein Datum sein, das ihr zumindest schon einmal irgendwo (*husthustinderSchulehusthust*) gehört habt, wenn ihr euch auch nur andeutungsweise mit der Geschichte von Großbritannien befasst habt. (@Veroko: Nein, die Korinthenkackerei mit "United Kingdom" und "Großbritannien" kommt zumindest dieses Mal nicht mit rein!) Das war nämlich das Jahr, in dem die Normannen die angelsächsische Herrschaft übernahmen. William of Orange, oder auch William the Conqueror, falls euch das hilft.
Schön und gut, aber was hat das mit Englisch zu tun? Nun, jede Menge – die Normannen kamen aus der Normandie... und was spricht man in der Normandie? Richtig. Französisch.
Ab dem Zeitpunkt, als der liebe William also auf dem Thron thront, ist das alte Englisch, das man damals noch sprach (wenn man es überhaupt sprach) nur noch die Sprache der Unterschicht. Die herrschende Klasse sprach Französisch oder Latein.
Das änderte sich auch erst viel später wieder, als die Engländer und Franzosen beschlossen, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Zur Abgrenzung vom verhassten Feind auf dem Festland ersetzte man seine Sprache, Französisch, durch Englisch, das bis dahin aber schon sehr stark verändert war.
Grund dafür war die Great Vowel Shift oder auch, auf Deutsch, Große Vokalverschiebung. Die Aussprache der langen Vokale veränderte sich, sie wurden geschlossener ausgesprochen. Wenn man sich das Vokaldiagramm aus dem letzten Blogeintrag ansieht, kann man ganz grob sagen dass die langen Vokale im Vokalviereck eine Stufe nach oben verschoben wurden. Wenn aber ein geschlossener Vokal nicht noch weiter geschlossen werden konnte, wurde er einfach diphtongiert:
Ɛ: > e: > i: > ai
o: > u: > aʊ
Wenn es so schwer zu verstehen ist, nehmt bitte wirklich das Vokaldiagramm zur Hilfe, am besten das der Kardinalvokale.
Eine vollständige und genaue Liste der Veränderungen findet ihr hier:
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/i:/ > > > /aɪ/ (line)
/e:/ > > > /i:/ (need)
/ɛ:/ > /e:/ > /i:/ (read)
/ɑ:/ > /ɛ:/ > /ei/ (name)
/ɔ:/ > /o:/ > /əʊ/ (home)
/o:/ > > > /u:/ (moon)
/u:/ > > > /aʊ/ (house)
Wann genau und warum bzw. in welcher Chronologie die einzelnen Stufen des Great Vowel Shift stattfanden, ist noch umstritten. Die großheitliche Überzeugung ist, dass der Beginn etwa im 15. Jahrhundert liegt und er im 18. Jahrhundert abgeschlossen war.
Einig ist man sich allerdings darüber, dass der Great Vowel Shift daran schuld ist, dass so ein großer Unterschied zwischen der Lautung und der Schreibung besteht, also zwischen dem, was auf dem Papier steht, und dem, wie man es letzten Endes ausspricht.
Im Übrigen gibt es durchaus einige Kombinationen, die für eine bestimmte Aussprache stehen können, aber ich habe nicht die Zeit, um 3 Seiten abzutippen. Leider Gottes muss ich den ganzen Kram hier bis Dienstag selbst noch lernen, und leider Gottes auch viel genauer als ich es hier geschrieben habe... Uni eben. =)
Ich habe unter anderem deswegen auch etwas mit mir gehadert, ob ich euch hier über Liaison (auch: Linking) schreibe oder es direkt in den Pronunciation-Eintrag einbaue, aber in der Zeit, in der ich hadere, habe ich das Material viermal runtergeschrieben.
Liaison ist die Erscheinung, dass zwischen zwei Wörter ein Laut eingeschoben wird, um die Aussprache zu erleichtern.
Im Gegensatz zum Deutschen, wo zwei hintereinander stehende Vokale durch ein glottal stop getrennt werden, verbinden die Engländer die Wörter durch a) den Einschub eines Halbvokals oder b) durch ein linking r bzw. ein intrusive r.
Ein glottal stop ist, platt ausgedrückt, ein asthmatisches Husten vor einem Vokal, nur in ganz schwach. Ihr könnt es hören wenn ihr euch selbst aufmerksam zuhört, wie ihr ein Wort mit einem Vokal am Anfang aussprecht.
Glottal stop schreibt man <ʔ>.
Der Beispielsatz, an dem wir das Ding kennengelernt haben, war: "Ein Ei ist im Eimer."
In der Lautschrift würde man das so schreiben:
/'ʔaɪn'ʔaɪʔɪstʔɪmʔaɪmə/
Im Englischen ist das anders. Da gibt es dieses Phänomen nicht – ich habe zumindest noch nie gehört oder bemerkt, dass man den glottal stop irgendwo findet.
Dafür haben wir den vorhin genannten Einschub eines Halbvokals – da es im Englischen nur die beiden gibt, entweder ein /j/ oder ein /w/.
to Exeter: [tuʷ'eksɪtə]
he is silly and stupid: ['hɪʲɪz 'sɪlɪʲən 'stju:pɪd]
Und dann kommt die Sache mit den 'r's.
Das linking /r/ ist ein /r/, das normaler Weise nicht gesprochen wird, obwohl es in der Schreibung vorhanden ist, aber trotzdem ausgesprochen wird, wenn der letzte Laut des letzten Wortes und der erste Laut des nächsten Wortes jeweils ein Vokal sind.
Far away: /fɑ:rə'weɪ/
poor Anne: /'pʊər'æn/
your answer: /jɔ:r'ɑ:nsə/
Das intrusive /r/ ist ein /r/, das nach einem Vokal am Wortende gesagt wird, obwohl da in der Schreibung überhaupt kein <r> steht, weil das nächste Wort auch mit einem Vokal beginnt.
Idea of it: /aɪ'dɪərəvɪt/
Manchmal findet man intrusive /r/ auch zwischen zwei Silben eines Wortes, aber das ist etwas, das ihr unbedingt vermeiden solltet. Auch wenn manche Muttersprachler diese Marotte mit größter Begeisterung ausleben: Es ist ungefähr so, als würdet ihr so ziemlich alles sagen tun statt es einfach nur zu sagen. Doppeltes Beispiel: "Die wo da stehen tut". Zumindest mir tut so ein Satz vor allem eines, und das ist weh. Also: NICHT! ANGEWÖHNEN!
Aber was ist eigentlich ein Halbvokal?
Was ein Vokal ist, haben wir ja schon geklärt. Ein Konsonant ist das Gegenteil von einem Vokal, also
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"ein Laut, bei dessen Bildung ein Hindernis gebildet wird, das den Luftstrom aufhält oder zu hörbarer Reibung bringt; der, akustisch analysiert, eine Geräuschkomponente enthält und keine harmonische Schwingung darstellt."
Das Unterstrichene sind einfach nur die Unterschiede, die ich etwas hervorheben wollte.
Das Unterstrichene sind einfach nur die Unterschiede, die ich etwas hervorheben wollte.
Halbvokale sind nun Konsonanten, die die Funktion eines Vokals erfüllen.
"Aber warum sind es dann nur Halbvokale, wenn man sie doch viel einfacher und viel unkomplizierter und viel toller auch gleich Vokale nennen könnte?"
Kann man ja nicht.
Ganz nah an der Definition geblieben: Wenn ihr ein "j" lang zieht, habt ihr keine reine harmonische Schwingung, da habt ihr eine Geräuschkomponente mit dabei. Der Luftstrom wird zur Reibung gebracht.
Ergo ist ein "j" kein Vokal.
Das gleiche Prinzip funktioniert im Übrigen auch mit "w", allerdings nur im Englischen.
Womit wir auch schon fast am Schluss wären. Jetzt fehlt uns "nur" noch ein Teil: Die Konsonanten.
Was ein Konsonant ist, steht oben, warum die Aussprache der Konsonanten oft auch Nicht-Muttersprachler mit nahezu perfekten Englischkenntnissen verraten kann, kommt jetzt.
Zunächst einmal etwas, das ihr aus dem Deutschen kennt: Die Auslautverhärtung.
Das Wort steht für nichts anderes als "wenn ein stimmhafter Konsonant, also b, d, g, am Ende eines Wortes steht, wird er stimmlos ausgesprochen".
Für alle fleißigen Selbsttester:
König, Zug, lag
Wand, läd, Wald
Kalb, Dieb, Raub
Im Englischen gibt es das nicht!
Es gibt zwar ein sogenanntes devoicing, das bedeutet aber nur, dass die Konsonanten etwas von ihrer Stimmhaftigkeit verlieren! Wenn ihr deutsch seid und den Unterschied zwischen etwas verlorener Stimmhaftigkeit und voller Stimmhaftigkeit nicht hört, belasst es bei der vollen Stimmhaftigkeit.
Außerdem ist euch bestimmt schon aufgefallen, dass <p> und <b> nicht immer ausgesprochen wird.
<p> ist stumm in Gruppen wie pt, pn, ps am Wortanfang: Ptolemaic, pneumonia, psalm
<b> ist stumm nach m (climb, lamb, etc.) und manchmal vor t (debt, doubt, subtle).
Ich hoffe, die Blogeinträge haben euch etwas gebracht. Wann ich die nächsten schreibe weiß ich noch nicht, zuerst muss ich zusehen dass ich mich auf den Hintern setze und lerne. Für Phonetik war es hilfreich, das alles nochmal in Blogeinträge umzuschreiben, aber ich fürchte, wenn ich Definitionen lerne behindert es mich nur, die ganzen Hintergrunderklärungen dazuliefern zu müssen.
Liebe Grüße und frohes Herumprobieren,
eure Karopapier