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Endlos

Story about Alec and Ray
von

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Part 5

„Kommst du heute?“ fragte er leise.

Ich zuckte mit den Schultern.

„Nun komm schon. Bitte.“

Ich seufzte.

Er nervte mich nun schon seit beginn der Pause.

Tina kam zu uns, und fragte mich, ob ich, ihr Mathe erklären könnte.

„Ich...ähm...gern.“ antwortete ich und setzte mich zurück auf meinen Platz.

„Oh Alec. Ihr erklärst du Mathe und mir nicht?“ empörte sich Ray und setzte sich wieder neben mich.

Ich schüttelte mit dem Kopf.

„Das hab ich nicht gesagt.“ Entgegnete ich und zog die Hausaufgaben heraus, um Tina zu erklären, was sie hätte machen müssen.

„Hör doch zu. Dann weißt du um was es geht.“

„Ach mir fehlen die ganzen Grundlagen.“

„Die ich dir gestern erklärt habe.“

Er zuckte mit den Schultern.

Er wollte auf etwas anderes hinaus, das merkte ich.

Wie es schien, suchte er nach meiner Nähe, egal wie.

Genervt ignorierte ich sein Gejammer.

Tina grinste mich an, als sie meinen Blick bemerkte.

„Nun komm schon, Alec. Er wird dir wie ich wahrscheinlich auf ewig dankbar sein, wenn du ihm hilfst.“

Ray sah begeistert auf. Er lächelte breit und freute sich über ihren Einsatz.

„Danke Tina.“ Sagte er leise.

Tina grinste nur und sah mich fragend an.

„Und?“

Ich seufzte.

„Ach meinetwegen.“ Gab ich schließlich nach und verdrehte die Augen.

„Juhu.“ Jubelte Ray leise und dotzte mich leicht gegen die Schulter.

„Na also.“

Ich schüttelte nur mit dem Kopf und gab Tina ein paar Tipps, wie sie am besten herausfand, was genau sie integrieren musste.
 

Nach der Schule folgte ich Ray wieder ziemlich unsicher zu ihm nach Haus.

„Was macht die Wohnungssuche?“ erkundigte ich mich leise und sah zu der hässlichen Pension hoch.

„Nichts. Wahrscheinlich muss ich mich jetzt ans Jugendamt wenden, und mich vermitteln lassen. Die Pension ist zu teuer.“

Ich nickte leicht und folgte ihm in das Gebäude.

Oben in seinem Zimmer bemerkte ich sofort, wie aufgeräumt es im Gegensatz zum Vortag wirkte.

Trotzdem ließ ich mich wieder auf den Boden nieder.

„Willst du was trinken?“ fragte Ray.

„Nein Danke.“ Erwiderte ich wie auch am Vortag und wartete bis er sich endlich ebenfalls niederließ.

„Machen wir es wie gestern?“

Fragend sah ich ihn an.

„Na erst ein bisschen lernen, und dann darf ich dir wieder Fragen stellen?“

Ich zog eine Augenbraue hoch und meinte: „Du kannst mich mal.“

„Hey. Diesmal hatte meine Frage wirklich nichts mit deiner Familie zu tun.“

Ich zuckte mit den Schultern.

„Du kannst mich trotzdem.“

Er grinste breit.

„Dann eben nicht. Was hältst du davon, wenn ich dir Fragen stelle und du lernst Mathe?“

Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen und schüttelte wieder mit dem Kopf.

„Du hast sie nicht mehr alle. Du bestellst mich her, damit ich Mathe lerne? Ich steh auf 1,0 in Mathe. Ich brauche keine Nachhilfe.“

Er zuckte mit den Schultern.

„Wenn ich ehrlich bin, habe ich ja auch nur nach einer Möglichkeit gesucht, dich hierher zu locken.“

Meine Muskeln spannten sich an. Was meinte er damit?

„Hä?“ machte ich.

„Ich will mit dir reden.“

Seufzend packte ich meine Mathesachen wieder ein.

„Vergiss es. Ich lasse mich nicht verarschen.“

„Das wollte ich damit auch gar nicht andeuten.“

Er krabbelte zu mir und sah mir tief in die Augen.

„Ich mag dich. Ich will mehr über dich erfahren.“ Gab er zu.

Etwas perplex starrte ich zurück und wich ein Stück zur Seite.

„Nun komm schon. Lass uns in die Stadt fahren. Oder wir spielen ein Spiel. Warte...ich müsste hier irgendwo noch Monopoly haben.“

Ich schüttelte entschieden mit dem Kopf.

„Nein. Kein Interesse.“

„Bitte... lass mich jetzt nicht hängen. Ich will doch nur neue Freundschaften schließen.“

Ich runzelte die Stirn.

„Dann such dir jemanden, der besser zu dir passt.“

Ich stand auf und wollte meine Jacke wieder anziehen, doch er packte mich am Arm und zog mich mit einem Ruck wieder zurück auf den Boden.

Ich stolperte gegen seine Brust und wollte mich wieder zurückziehen, doch er packte mich am Nacken und hielt mich fest.

Ohne Rücksicht darauf zu nehmen, was ich wollte oder nicht, zog er mich in seine Arme und drückte mich fest an sich.

„Komm schon... stell dich nicht so an und lass uns reden.“

Ich riss mich los und wich ein Stück zurück.

„Du kapierst es einfach nicht, oder? Wenn ich nein sage, dann meine ich auch nein.“

Er packte mich am Arm und sah mir tief in die Augen.

Er legte den Kopf auf die Seite und lächelte mich an.

„Ich mag dich wirklich.“

„Du kennst mich doch gar nicht.“ Erwiderte ich und wollte mich aus seinem Griff befreien, doch er verstärkte den druck.

„Was soll das? Lass mich los, Ray.“

„Nein. Wenn ich die loslasse, haust du nur wieder ab.“

Wieder sah er mir tief in die Augen.

Ich konnte dem Blick nicht standhalten und sah weg.

„Lass mich los. Bitte.“ Flüsterte ich leise.

Es war mir unangenehm. Sein Griff tat weh und ich wollte ihm nicht so nah sein.

Ich hatte Angst.

„Nur wenn du versprichst, noch ein bisschen mit mir zu reden. Nur reden. Nicht mehr.“

Schweigen breitete sich aus.

Erwartungsvoll sah er mich an.

Schließlich zwang ich mich zu einem Nicken.

„Und jetzt lass los.“

Er nickte und lockerte seinen Griff.

Schnell befreite ich mich und krabbelte ein Stück zurück, brachte so einen Sicherheitsabstand von gut einem halben Meter zwischen uns.

Angespannt fuhr ich mir durchs Haar.

Seine Aktion gerade, bereitete mir Unbehagen.

Weshalb hatte er mich einfach umarmt? Wir kannten uns doch so gut wie nicht.

Immer noch sah er mir tief in die Augen. Sein Blick verunsicherte mich noch mehr und ich giftete: „Guck mich nicht so an.“

„Wie schaue ich denn?“

„Keine Ahnung. Jedenfalls ist es mir unangenehm, so angestarrt zu werden. Also lass das.“

Er lächelte leicht und legte den Kopf auf die Seite.

„Du wirst unsicher wegen einem Blick? Das hört sich schon extrem nach Verfolgungswahn an.“

Ich schüttelte mit dem Kopf, sagte allerdings nichts.

Langsam wurde ich es müde, ihm immer zu widersprechen.

„Darf ich dich was fragen?“ meinte er schließlich leise.

„Kommt drauf an.“

„Hast du schon mal einen Jungen geküsst?“ fragte er und grinste mich an.

Erschrocken riss ich die Augen auf.

„Quatsch. Natürlich nicht.“

„Na ja, hätte ja sein können. Warst du schon mal in einen Jungen verliebt?“

Wieder schüttelte ich mit dem Kopf.

„Nein. Nicht das ich wüsste.“

„Glaubst du, du könntest das?“

„Was weiß ich? Ich denke nicht. Ich komme mit Mädchen besser klar, als mit Jungs. Wieso sollte ich mich also in einen Verlieben?“

„Wer weiß...los wir spielen Wahrheit oder Pflicht. Das ist lustig.“

Ich schüttelte mit dem Kopf.

„Wir sind doch keine zwölf mehr. Das ist ein Spiel für Kinder.“

Er lachte leise.

„Ach komm schon. Du fängst an.“

Ich seufzte leise.

Na ja, da hatte ich mir ja was eingebrockt. Doch da musste ich jetzt wohl durch. Wenn ich schnell wieder hier weg wollte, war es wohl das einfachste, zu tun, was er wollte.

„Wahrheit oder Pflicht?“ fragte ich leise und verdrehte die Augen.

Er grinste.

„Wahrheit.“ Meinte er.

Kurz überlegte ich mir eine Frage und meinte dann: „Bist du schwul?“

Er prustete los und antwortete: „Ähm...so würde ich das nicht nennen.“

„Etwa Bi?“ fragte ich weiter und sah ihn erschrocken an.

Langsam bekam ich es mit der Angst zu tun.

„Eine Frage. Nicht zwei. Du kannst sie ja das nächste Mal stellen.“

Ich seufzte genervt und wartete auf seine Frage.

„Wahrheit oder Pflicht?“

„Kommt drauf an...“ antwortete ich.

Er schüttelte entschieden mit dem Kopf.

„Du musst dich zuerst entscheiden.“

„Wieso denn? Ich kann es viel besser einschätzen, wenn ich weiß, worum es geht.“

„Nix da. Los, sag schon.“

Nach kurzer Überlegung antwortete ich schließlich: „Wahrheit.“

„Gut. Bist du noch Jungfrau?“

Ich schüttelte mit dem Kopf. „Nein.“

„Wer war sie?“

„Eine Frage. Nicht zwei. Du kannst sie ja das nächste Mal stellen.“ Äffte ich ihn nach und er grinste breit.

„Hast Recht. Du bist dran.“

„Wahrheit oder Pflicht?“

„Pflicht.“

„Gut. Ähm...puh...was hältst du davon, mich in Ruhe zu lassen? Dann hast du deine Pflicht erfüllt.“

„Quatsch. Bleib realistisch.“

„Das ist realistisch.“

Er schüttelte mit dem Kopf. „Quatsch.“ Wiederholte er.

Seufzend überlegte ich ein bisschen und meinte dann: „Gut...ähm...weißt du wer neben an wohnt?“

„So ne ältere Frau, glaube ich. Sie macht hier Urlaub.“

„Geh hin, klingle bei ihr und frag sie nach nem Joint.“

Er sah mich geschockt an. Dann lachte er.

„Okay.“ Antwortete er grinsend und stand auf.

Lächelnd stand ich ebenfalls auf und beobachtete ihn, wie er den Schlüssel seines Zimmers vom Tisch holte und die Tür öffnete.

Ich folgte ihm nach draußen und er klingelte zweimal an der Tür.

„JA?“ ertönte es von innen.

„Hallo ich bin Ray, von neben an.“

Die Frau öffnete die Tür. Sie war ungefähr fünfzig und schon etwas wackelig auf den Beinen. Lächelnd sah sie Ray an und fragte, was er wollte.

„Haben sie vielleicht nen Joint für mich?“ fragte er grinsend.

Ihr Lächeln erstarrte und sie drehte sich geschockt um.

„Die Jugend von heute.“ Entfuhr es ihr, dann schmiss sie die Tür wieder zu.

Ich prustete los und auch Ray konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.

Rot bis über beide Ohren schritt er wieder in sein Zimmer und ich folgte ihm immer noch kichernd.

„Das war gut.“ Meinte ich und grinste breit.

Er schüttelte mit dem Kopf.

„Das war gemein.“

Grinsend schloss ich die Tür hinter mir und setzte mich zurück auf den Boden.

„Na gut. Nächste Frage. Wahrheit oder Pflicht?“

„Wahrheit.“ Wiederholte ich.

„Hat dich dein Vater missbraucht?“

Ich schüttelte mit dem Kopf. „Das fällt unter Familienangelegenheiten. Kein Kommentar.“

„Wieso gibst du es nicht einfach zu?“ fragte er und biss sich dann auf die Lippe.

Das hatte er wohl nicht sagen wollen.

„Wieso hältst du nicht zur Abwechslung einfach mal den Mund?“ fragte ich zurück.

„Also gut, andere Frage. Bist du zurzeit verliebt?“

„Nein.“

„Du bist dran.“

Ich stöhnte. Er nervte mich mit seinem blöden Spiel. Durch seine dämliche Frage, hatte er es wieder total versaut.

Die Stimmung war ziemlich am Boden.

Trotzdem zwang ich mich weiterzumachen.

„Also gut. Wahrheit oder Pflicht.“

„Wahrheit.“

„Hattest du schon mal Geschlechtsverkehr mit einem Jungen?“

Er lächelte leicht.

„Nein.“ Antwortete er und ich sah ihm dabei tief in die Augen.

Er sagte die Wahrheit.

Irgendwie beruhigte mich das. Ich wusste auch nicht wieso.

„Wahrheit oder Pflicht?“ fragte er schließlich.

„Wahrheit.“

„Okay...ähm...magst du mich?“

„Ich nehme doch Pflicht.“ Entgegnete ich mit einem leichten grinsen.

Er verdrehte die Augen.

„Ach man.“ Sagte er.

Ich grinste noch breiter.

„Na gut, aber wenn du Pflicht nimmst, dann auch wirklich.“

Sein Lächeln beunruhigte mich etwas.

Ich wog kurz das Für und Wider ab, und kam zu dem Schluss, dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte.

„Okay. Pflicht.“

„Gut.“

Er beugte sich etwas vor und kam näher.

Ich riss die Augen auf und wollte schon etwas zurückweichen doch er sagte leise.

„Dann küss mich.“

Er schloss die Augen und beugte sich noch weiter vor.

Statt zu tun, was er sagte, hob ich den Fuß und schob ihn wieder etwas weiter weg.

Er machte die Augen wieder auf und lächelte leicht. Wieder hatte er diesen beunruhigenden Blick aufgesetzt.

Ich schüttelte fassungslos mit dem Kopf.

„Du spinnst.“ Sagte ich und stand auf.

„Genug gespielt für heute.“

Schnell griff ich nach meinen Sachen und wollte schon zur Tür gehen, doch er kam mir zu vor und stellte sich zwischen mich und meinen Fluchtweg.

Erschrocken sah ich ihn an.

„Du musst deine Pflicht noch erfüllen.“ Sagte er leise.

„Du kannst mich mal.“ Antwortete ich und wich ein Stück zurück, als er einen Schritt auf mich zukam.

„Du hast dich entschieden. Also mach schon.“

Wieder schüttelte ich mit dem Kopf.

„Bei aller liebe, aber du gehst zu weit.“ Sagte ich leise und sah ihn ernst an.

Er schloss die Augen und lehnte sich wieder gegen die Tür hinter sich.

„Vielleicht. Doch in Moment ist mir das ehrlich gesagt egal.“ Antwortete er. Seine Stimme hörte sich plötzlich gar nicht mehr so hart und überzeugend an...

Er machte eher einen verzweifelten Eindruck.

„Was spinnst du denn jetzt plötzlich so ab? Grad eben wolltest du noch Freundschaft schließen und jetzt willst du mich küssen?“

Er zuckte mit den Schultern.

„Keine Ahnung.“

Ich schüttelte irritiert mit dem Kopf.

„Lass mich vorbei. Ich gehe nach Hause.“ Meinte ich leise und sah ihn erwartungsvoll an.

Wieder schüttelte er mit dem Kopf.

„Du hast Pflicht genommen. Ich lass dich erst gehen, wenn du sie erfüllst.“

„Hör zu. Ich mache dir jetzt einen Vorschlag. Entweder du gehst auf die Seite und lässt mich vorbei, und wir vergessen diesen kleinen Zwischenfall. Oder du lässt es bleiben, und du bist für mich gestorben.“

Er schloss die Augen. Tief atmete er ein. Dann biss der die Zähne zusammen und sah mich wieder an. Sein Blick war schmerzlich.

Dann schüttelte er erneut mit dem Kopf.

„Nein.“ Flüsterte er erstickt.

Ich knurrte leise und ging entschlossen auf ihn zu.

Ich griff nach seinem Arm und zerrte ihn zur Seite.

„Hör auf, dich so anzustellen.“ Sagte ich und wollte an ihm vorbei gehen, doch er packte mich an der Hand und zog.

Ich geriet ins stolpern und fiel auf die Knie.

Immer noch hielt er mich fest.

„Nur ein Kuss. Mehr nicht.“ Sagte er leise und starrte mir tief in die Augen.

Ich schüttelte wieder mit dem Kopf.

„Lass mich los.“ Sagte ich leise und wollte mich losreißen, doch er hielt mich eisern fest.

Zornig wollte ich schon ausholen und ihm eine überbraten, doch er fing meinen Schlag ab und packte auch meine andere Hand.

Ohne auf meine Proteste zu hören beugte er sich zu mir runter und packte mich hart am Nacken.

Dann schloss er die Augen und presste seine Lippen auf meine.

Als ich protestieren wollte und den Mund öffnete, glitt schon seine Zunge hinein und fuhr mir sanft durch den Mund.

Ich spürte wie mir die Tränen kamen.

Mit aller Kraft die ich aufbringen konnte, riss ich mich los und stieß ihn von mir weg.

„Du verdammter Mistkerl.“ Zischte ich und fuhr mir über dem Mund.

Heulend kam ich auf die Beine und riss die Tür auf.

Dann rannte ich nach draußen.

„ALEC“ rief Ray mir nach.

Fluchend setzte er mir nach.

Ich beschleunigte meine Schritte und polterte die Treppe runter. Unten kam ich ins straucheln und fiel der Länge nach hin.

Ich schürfte mir das Handgelenk auf, achtete allerdings nicht darauf sondern sah zu, dass ich schnell wieder auf die Beine kam.

Währenddessen hatte er mich schon fast eingeholt.

Trotzdem sprintete ich noch mal los und versuchte schneller zu werden.

Wieder rief er meinen Namen.

Ich biss die Zähne zusammen.

Ich wollte gar nicht wissen, was er mir jetzt zu sagen hatte.

Seine Aktion hatte mich so umgehauen, dass ich nur noch weg wollte.

Nach zwei Blocks wurde ich langsamer. Ich kann nicht mehr, ging es mir durch den Kopf.

„Shit.“ Entfuhr es mir.

Als ich mich umdrehte, sah ich, dass Ray fast aufgeholt hatte.

Er beschleunigte seine Schritte nochmals und kam schließlich hinter mir zu stehen. Er griff nach meinen Schultern und hielt mich zurück. Dann schlang er seine Arme um meinen Oberkörper.

Ich riss mich los und wollte weiterlaufen, doch ich stolperte und viel auf die Knie.

„Alec.“ Sagte er leise und wollte wieder nach mir greifen, doch ich wich ihm aus.

Die Tränen rannen mir über das Gesicht.

Ray war ziemlich erschrocken. Damit hatte er wohl nicht gerechnet.

Hemmungslos sank ich in mir zusammen und schluchzte.

Ray griff wieder nach meinen Schultern und umarmte mich fest von hinten.

Ich wehrte mich nicht, sondern ließ meinem Tränen freien lauf.

Es tat gut.

Unendlich gut, einfach zu weinen, und sich umarmen zu lassen.

Auch wenn er eigentlich der letzte war, den ich jetzt sehen wollte.

„Es...tut mir leid. Ich...weiß auch nicht, was in mich gefahren ist. Ich wollte dich nicht bedrängen...es tut mir leid.“

Sofort wurde mir der Kuss wieder bewusst.

Ich biss die Zähne aufeinander und befreite mich aus seiner Umarmung.

Dann stand ich auf und ging weiter.

Kurz fuhr ich mir über mein Gesicht um die Tränen wegzuwischen. Kurz schüttelte ich den Kopf und meine Haare bedeckten mein Gesicht. Ich wollte nicht schwach sein.

Er folgte mir und sagte leise: „Ich bringe dich noch nach Hause.“

Die Stimmung war ziemlich angespannt. Jeden Moment rechnete ich wieder mit einer blöden Frage, oder einer blöden Anmache.

Doch es kam nichts. Es schien als habe sich Ray wieder halbwegs im Griff.

Nachdenklich warf ich ihm einen Blick zu.
 

Schließlich konnte ich mich nicht mehr zurück halten und fragte leise: "Wieso hast du es denn überhaupt gemacht?"

Das Thema ließ mich nicht mehr los.

Kurz schwieg er. Dann antwortete er leise: "Keine Ahnung. Vielleicht dachte ich...es gibt mir nen Kick, oder so."

Aus den Augenwinkeln betrachtete ich erneut sein Gesicht. Er wirkte angespannt. So als müsste er sich dazu zwingen, dies zu sagen.

„Meinst du das wirklich? Oder behauptest du es nur, weil du Schiss bekommen hast? Ich mein... deine ganzen Sprüche...vor diesem Kuss...irgendwie kann ich dir nicht ganz glauben." Der Junge Mann neben mir schwieg beharrlich.

Wieder schossen mir die Tränen in die Augen.

Ach verdammt.

Dann eben nicht...dachte ich und biss die Zähne zusammen. Er machte mich wütend. Seine Worte schmerzten. Er spielt nur mit mir...kam es mir in den Sinn.

Echt klasse!

„Wenn ich nur Objekt deiner Langeweile bin, kannst du dich gern umdrehen und wieder gehen.

Ich habe nicht vor mich von dir ausnutzen zu lassen. Wenn du also nicht ehrlich sein kannst, dann verschwinde. Ist das klar? Ich habe keine Lust nur zu deiner Unterhaltung zu dienen. Also sagst du mir jetzt entweder die Wahrheit oder du verpisst dich.“ Sagte ich zornig und blieb stehen.

Ray blieb ebenfalls stehen und sah mir unsicher in die Augen.

„Ich weiß nicht...ich mag dich...doch das war garantiert nicht geplant, das kannst du mir glauben. Ich will so viel Zeit mit dir verbringen, wie nur irgendwie möglich.“

„Du kennst mich doch gar nicht. Was weißt du schon von mir? Wir kennen uns jetzt seit eineinhalb Wochen. Das ist wirklich nicht überzeugend lang.“

„Ich...kann dir nicht sagen, woran es liegt. Doch ich mag dich wirklich. Du bist lustig, interessant. Du bist etwas Besonderes. Ich schätze dich.“

„Ich wiederhole mich nur ungern, aber du kennst mich doch gar nicht.“

„Dass was ich von dir weiß, dass reicht mir.“

Ich schüttelte mit dem Kopf.

„Du kennst mich nicht. Du weißt gar nichts von mir“ Sagte ich wieder.

Dann sah ich weg und ging schweigend weiter.

Ray folgte mir und sagte ebenfalls kein Wort.

Ich hatte keine Ahnung wie das weiter gehen sollte.

Im Moment hatte ich eigentlich nur das Bedürfnis weit weg zu sein. Ich wollte im Moment nichts mit ihm zu tun haben.

Ich wollte nicht, dass er mir zu nahe kam. Und das mit dem Kuss...das war mir absolut zu nahe. Ich wollte es einfach nicht...

Ich hatte Angst davor ihm zu nahe zu kommen.

Ich habe Angst mich zu verlieben, stellte ich erstaunt fest.

Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag.

Es lag gar nicht an ihm, sondern an mir. Ich hatte tatsächlich Angst davor, mich verlieben zu können.

Ich hatte Angst davor, dass er mich im stich lassen würde, wenn ich mich in ihn verliebte, und ihm alles erzählte.

Wirklich alles.
 

Schweigend kamen wir bei meiner Wohnung an.

„Bis Morgen.“ Sagte Ray leise. Er starrte wieder zu Boden.

Verunsichert nickte ich ihm zu, dann verschwand ich im inneren des Gebäudes.

Ich stellte mich in den Aufzug und fuhr nach oben.

Shit! Dachte ich und schlug zornig mit dem Fuß gegen die Metallwand.

Fuck!
 

Bis zum Abend lag ich im Bett. Ich grübelte nach, und versuchte herauszufinden, wie ich nun mit der ganzen Situation umgehen sollte. Irgendwann stand ich kurz auf und rief in der Praxis an, wegen meinem Termin. Dann legte ich mich zurück ins Bett und dachte über Ray und über meine Gefühle nach.

Ich spürte, dass ich schon potentiell Gefahr lief, mich in ihn zu verlieben.

Der Gedanke erschreckte mich.

Ich mich Verlieben, und dann auch noch in einen Jungen?

Die Vorstellung war ziemlich heavy.

Also doch Bisexuell, dachte ich und prustete leise.

Nicht sonderlich sexy.

Spontan entschloss ich mich, morgen blau zu machen. Ich hatte echt keinen Nerv für Schule. Außerdem müsste ich ja IHN dann sehen...und im Moment hatte ich ehrlich gesagt das Gefühl, erst mal eine Pause zu brauchen.

Am Abend klingelte mein Telefon. Ich ging ran.

Mein Bruder.

„Hey Simon.“ Erwiderte ich seinen Gruß.

„Ist alles okay? Du hörst dich scheiße an.“ Stellte er besorgt fest.

„Kann schon sein. Bin ziemlich fertig. Was gibt’s?“ fragte ich... normalerweise rief er nur an, wenn er etwas von mir wollte.

„Am Sonntag ist Besuchertag im Knast. Dein Alter richtet dir aus, dass er dich gerne sehen möchte. Ihr habt euch seit Vier Jahren nicht mehr gesehen...“

Mein Magen zog sich zusammen. Ich biss mir auf die Unterlippe und schloss die Augen.

„Nein.“ Erwiderte ich, ohne ihn aussprechen zu lassen.

„Wieso denn? Er hat sich ziemlich verändert, seit damals. Er würde dich nicht wieder-.“

Erneut unterbrach ich ihn.

„NEIN. Ich werde nicht hingehen. Du kannst so viel Drumherum reden wie du willst, doch keine zehn Pferde werden mich dazu bewegen können, dieses Arschloch besuchen zu gehen.“

„Er ist Krank. Er hat Lungenkrebs. Vielleicht krepiert er dran. Es wäre einfach schön, wenn du noch mal hin gehst. Es wäre für euch beide gut.“

„Hast du sie noch alle? Was willst du eigentlich von mir? Du weißt doch ganz genau was er mir angetan hat. DU kannst vielleicht darüber hinweg sehen. Du bist ja nicht sein Sohn. Mit DIR hat er das alles ja nicht angestellt. Aber mit mir! Und ich werde mich nicht dazu bewegen lassen, ihm noch mal in die Augen zu sehen. Von mir aus soll er im Knast verrecken!“ schrie ich ihn an.

Dann legte ich auf.

Heulend ließ ich mich auf mein Bett fallen.

Was war denn heute los?

Das war mit Abstand einer der beschissensten Tage, seit langem.

Richtig scheiße.

Ich drehte mich auf die andere Seite und schloss die Augen.

Als ich mich wieder halbwegs beruhigt hatte und meine Tränen endlich versiegt waren, klingelte es.

Matt und erschöpft stand ich auf und ging zur Tür.

Ich schloss sie auf und drückte die Klinke runter.

Als sie aufschwang stand Kim, der Gothic, vor mir. Ich lächelte leicht und ging einen Schritt zur Seite.

„Hey Alec. Alles klar? Du siehst scheiße aus.“

„Ich weiß. Geht schon wieder. Du hast Bier dabei?“

Er nickte und hob zur Demonstration seine zwei Sixpacks hoch, die er dabei hatte.

Ich mühte mir ein grinsen ab und schloss die Tür hinter ihm.

Er ging schnurstracks ins Wohnzimmer und pfefferte sich auf die Couch.

Seufzend gesellte ich mich zu ihm und nahm dankbar das dargebotene Bier.

„Hab gedacht, ich überrasch dich, mit einem schönen kaltgestellten Bierchen. Ham uns ja auch schon lang nicht mehr getroffen.“

Ich nickte leicht und öffnete die Bierflasche mit den Zähnen.

Ich hatte keinen Flaschenöffner zur Hand und Kim brauchte sein Feuerzeug selbst.

Sofort setzte ich das Bier an und exte es zur Hälfte in einem Zug.
 

Kim drehte sich einen Joint und wir reichten ihn immer hin und her.

Er schien sich leichte sorgen um mich zu machen.

„Bist du dir sicher, dass alles okay ist? Du siehst nicht gut aus.“

„Kein Grund zur Sorge. Ist alles halbwegs okay. Will gar nicht...“

„...darüber reden. Ich weiß. Schon gut. Brauchst du ja auch nicht.“

Ich nickte erleichtert.

Ich war froh, dass Kim zu den Menschen zählte, die nicht immer stundenlang auf einem Thema herumhackten, sondern einfach respektierten, wenn man nicht reden wollte.

Das war schon ganz gut so.
 

Am nächsten Tag hatte ich einen schrecklichen Kater. Schnell quälte ich mich aus den Federn um mich bei der Schule abzumelden. Danach ließ ich mich wieder in mein Bett sinken und schlief auf der Stelle wieder ein.
 

Halbwegs ausgeruht und ruhig erwachte ich gegen Mittag.

Ich stand auf und ging in die Küche um mir einen Kaffee zu kochen. Als ich kurz ins Wohnzimmer schaute, lag Kim immer noch in eins der Kissen gekuschelt auf der Couch.

Grinsend ging ich zurück in die Küche und schmierte mir ein Brot.

Als Kim aufwachte kam er zu mir in die Küche.

Verschlafen setzte er sich auf einen der Stühle und rieb sich den Kopf.

„Hast du Tabletten da?“ fragte er leise und ich nickte.

„Ja. In der Schublade im Bad. Wie immer.“

Er nickte und stand auf um kurz im Bad zu verschwinden. Als er wieder kam drückte ich ihm eine Tasse Kaffee in die Hand.

Dankbar nickte er mir zu und schlürfte einen Kaffee. Wie immer schwarz. Ich tat mir gehörig viel Milch und Zucker rein und schluckte ebenfalls das widerliche Gebräu.

Ich trank Kaffee nur selten. Eigentlich mochte ich es nicht.
 

Nach dem Kaffee und einer Scheibe Toast verabschiedete sich Kim. Er musste noch zum Arbeiten und wollte vorher noch duschen und sich was anderes anziehen.

Ich nickte und brachte ihn noch bis zur Tür.

„Also, man sieht sich.“ Meinte ich zum Abschied und hob die Hand zum Gruß.

Er nickte lächelnd und verschwand im Aufzug.

Ich ging zurück in meine Wohnung und bekam gerade rechtzeitig mit, wie das Telefon zum klingeln anfing.

Seufzend ging ich hin.

„Ja?“

„Ich bin´s.“

Ich erstarrte.

Meine Hand, in der ich den Hörer hielt fing an zu zittern.

Ohne ein weiteres Wort zwang ich mich den Arm zu bewegen und legte auf.

Kurz darauf klingelte es wieder.

Ich hob nicht ab, sondern ließ es weiter klingeln.

Irgendwann ging mein Anrufbeantworter ran.

Ich wartete, ob er etwas drauf sprechen würde, doch er legte vorher auf. Wieder fing es an zu klingeln.

Immer noch stand ich im Gang, vor meinem Telefon und starrte es an.

Schließlich beugte ich mich vor und zog den Stecker.

Ich muss hier weg, ging es mir durch den Kopf.

Ohne weiter darüber nachzudenken griff ich nach meiner Jacke und zog mich an.

Dann schlüpfte ich in meine Schuhe und griff nach dem Schlüssel.
 

Ich rannte die Treppen runter und wandte mich draußen nach links. Ich fing an zu joggen.

Mit dem Bus fahren würde zu lange dauern. Der nächste Bus kam erst in einer viertel Stunde. In der Zeit konnte ich auch gut hin laufen.
 

Ich lief um den Block und sah schon von weitem das Haus.

Schnell öffnete ich das Tor und trat ein. Dann lief ich den zweiten Stock hoch und klingelte an der Tür.
 

Als sich die Tür öffnete versuchte ich ein halbwegs überzeugendes Grinsen aufzusetzen.

Es Misslang mir eindeutig.

Ray erkannte sofort, dass etwas nicht stimmte.

„Alec...ist alles in Ordnung?“ fragte er leise und trat zur Seite.

Ich ging rein und er schloss die Tür hinter mir.

„Ich...ähm...“ begann ich brach dann allerdings ab.

Stattdessen ließ ich mich zu Boden sinken. Ich war wirklich fertig mit den Nerven.

Ich vergrub das Gesicht in den Händen und zog die Knie an.

Ray ließ sich ebenfalls nach unten sinken und legte mir eine Hand auf das Knie.

„Ist alles in Ordnung?“ fragte er erneut.
 

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heyho fleißige leser!
 

Alecs Vater ist einer der Nebencharaktere, spielt zum Ende hin allerdings noch ne große Rolle.

;)



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