Das erste und letzte Kapitel
Jetzt saß ich alleine in meinem Arbeitszimmer und hörte den Regen gegen meine Fenster prasseln. Es bildeten sich kleine Rinnsale und liefen die Scheibe hinunter. Der Computer lief, aber ich konnte mich nicht konzentrieren. Ich musste immer wieder an dieses schwarze Paar Augen denken, die hinter der ebenso schwarzen Skimaske hervor schauten. Diese schwarze Gestalt zog eine Waffe und richtete sie auf mich. Doch Mike warf sich in die Kugel. „Nein“ Drang ein Schrei durch die Stille. Ich realisierte nicht einmal, dass dieser Schrei von mir stammte. Aber es war zu spät. Mike war getroffen. Er hatte eine Kugel in den Magen bekommen. Ich habe lange genug Medizin studiert, um zu wissen, dass er sterben würde. „Maria“, keuchte er mühsam. „Ich...ich liebe dich“ Sein Körper entspannte sich und seine Seele flog davon.
Die schwarze Gestalt war verschwunden. Das einzige, was sie zurückgelassen hatte, war eine Kugel in Mikes Körper. Ich konnte in dem Moment nicht einmal weinen. Ich drückte Mikes leblose Gestalt an mich und verfluchte mich selbst. „Was nützt alle Medizin der Welt, wenn sie nicht helfen kann? Ich habe Medizin studiert, da sollte man meinen ich wäre in der Lage ein Menschenleben zu retten, aber ich konnte es nicht!“, schrie ich mich innerlich selbst an. Meine Hände waren blutverschmiert und ich spürte einen stechenden Schmerz, der durch meinen ganzen Körper zog. Ich wusste nicht, wo dieser Schmerz seinen Ursprung hatte, aber ich ahnte es. Obwohl es wissenschaftlich gesehen eigentlich unmöglich ist, spürte ich, wie ein Stück aus meinem Herzen gegangen war. Daher kam dieser Schmerz. Hohl wie ein Puppe saß ich auf der Bank. Mikes Kopf auf meinem Schoß. Sirenen der ankommenden Polizeiwagen drangen in meine Ohren und klangen, als kämen sie aus einer anderen Welt. Ich merkte nicht, was weiter passierte. Ich erinnere mich noch, dass ich in einem Polizeiwagen saß und dem Leichenwagen mit den Eisblumen an den Fenstern nachstarrte. Ich wurde in ein Krankenhaus gebracht, dort durchgecheckt und dann, in Begleitung eines Polizisten, nach Hause geschickt.
Dort verbrachte ich die nächsten zwei Tage. Ich aß wenig, trank fast nur Kaffee und schlief fast gar nicht. Mittlerweile gewöhnte ich mich an die Leere in meinem Leben. Ich ging nach unten und als ich die Vorhänge aufzog merkte ich es zum erstenmal: Es war Frühling geworden. Die Osterglocken begannen zu blühen und die Büsche warteten darauf, dass ich sie beschnitt. Diese Arbeit hatte bisher immer Mike für mich gemacht. Auf einmal fühlte ich mich so hilflos. Ich stand mitten in meinem Wohnzimmer und wusste nicht was ich machen sollte. Also beschloss ich mich auf die Terrasse zu setzen. Obwohl es noch sehr früh war wärmten die Sonnenstrahlen, die vom Himmel fielen, schon. Ich zog einen meiner tristen weißen Plastikstühle zu mir hin und setzte mich. Ich schloss die Augen und dachte daran, wie Mike und ich immer Gartenarbeit „zusammen“ gemacht hatten. Er hatte die Büsche geschnitten während ich in der Sonne saß. Dann war er in den Keller gegangen um ein paar Eimer für die Pflanzenreste zu holen. Meistens war ich dann schon in die Küche gegangen um uns eine Erfrischung zu holen. Als ich wieder raus kam stand Mike mit einer Heckenschere in der Hand über einen der Eimer gebeugt und schnitt Äste, sodass sie in den Eimer passten.
Diese Erinnerung schmerzte. Ich dachte an Mikes weiche Hände wie sie in der Erde rumwühlten um die Blumen einzugraben, ich sah sein Lächeln wenn er einen Regenwurm fand und ich sah seinen Körper wie er seinem Rücken unmögliches zumutete um mir einen schönen Garten zu kreieren. Es tat so weh. Denn ich wusste, ich würde ihn nie wieder sehen. Meine Gedanken verschwammen und ich war mir der Welt um mich herum wieder vollkommen bewusst.
Ich stand auf und ging wieder rein. Ich spürte wie sich meine Augen mit Tränen füllten. Mein Telefon klingelte, doch ich überhörte es bewusst. Ich ging zu meiner Stereoanlage und sah meine CDs, durch, genau wissend, was ich suchte: Celine Dion, My heart will Go on. Ich fand es, legte die CD ein und stellte Lied acht auf repeat. Dann setzte ich mich aufs Sofa und lauschte der Musik. Dabei fiel mein Blick auf das Herzkissen, das ich zu meinem Geburtstag von Mike bekommen hatte. Ich hob es auf und presste es an mich. „You are save in my heart and my heart will go on, Mike“, sang ich leise mit. Meine Augen röteten sich und mein Gesicht wurde nass von Tränen. Ich wusste wirklich nicht, wie ich ohne ihn weiter leben sollte.
„My heart will go on“, tönte es aus der Anlage. Aber ich muss weiter leben. Mike ist gestorben, weil er mich beschützen wollte. Wenn ich jetzt aufgäbe, wäre er umsonst gestorben. Ich setzte mich aufs Sofa, das Kissen immer noch fest an mich gedrückt, und schluchzte. Wieder und wieder spielte sich dieses Lied tief in meine Gedanken. Mittlerweile sang ich jedes einzelne Wort mit. Die Tränen benetzten das Kissen und färbten, das ohnehin schon dunkle rot, noch dunkler. Ich stand auf und ging zu meiner Anlage, auf der ein Foto von Mike stand. Meine Tränen tropften auf das Glas und verliefen nach unten. Ich wischte mit meinem Ärmel drüber, um sein Gesicht weiter erkennen zu können. Doch für jede Träne, die ich wegwischte, tropften zwei neue auf das Glas. Ich stellte das Bild wieder auf die Anlage und beschloss mich etwas hinzulegen. Doch ich fand keinen Schlaf. Die Gedanken an Mike, an diese Gestalt und diesen, schrecklichsten, Moment in meinem Leben quälten mich. Ich spürte wieder und wieder einen unerklärlichen Schmerz durch meinen Körper wandern. Ich versuchte krampfhaft an etwas anderes zu denken, aber es war mir unmöglich. Diese Gedanken gewannen immer wieder die Oberhand. Und da ich immer noch keinen Schlaf gefunden hatte, beschloss ich wieder aufzustehen.
Ich ging in die Küche und kochte Kaffee. Als ich ihn einschenkte, merkte ich, dass ich instinktiv zwei Tassen gemacht hatte. Meine Knie begannen zu zittern und gaben schließlich nach. Verzweifelt und schluchzend sank ich auf dem Küchenfußboden zusammen und weinte. Ich lehnte mit dem Rücken an der Wand und ebenso fühlte ich mich. Ich stand mit dem Rücken zu einer Wand und konnte nicht zurück und um vorwärts zu gehen fehlte mir der Mut. „Mike, willst du zuerst duschen?“, rief ich verzweifelt und unter Abwesenheit meiner geistigen Kräfte ins Leere. Ich wollte mir einen Sherry aus der Bar holen, doch mein ganzer Körper zitterte und machte es mir unmöglich aufzustehen. Das Telefon klingelte und nach dem zehnten Klingeln meldet sich unser Anrufbeantworter. Mike und ich hatten das Band gemeinschaftlich besprochen, und nun seine Stimme zu hören versetzte mir einen erneuten Stich ins Herz. Ich lies mich nach vorne fallen und blieb, den Kopf auf die Arme gelegt, auf dem Boden liegen. Verzweifelt begann ich wieder zu weinen, drehte mich ruckartig auf den Rücken und starrte die Decke an. Mein ganzer Körper war schweißgebadet und doch war mir kalt. Aber nicht kalt, weil die Temperatur in diesem Raum so niedrig war, sondern kalt von der Leere und der Einsamkeit. Die seelische Wärme, die Mike mir gegeben hatte, war weg. In diesem Moment merkte ich, dass dieses Loch in meinem Leben, in meinem Herzen bleiben würde und, dass, egal wie sehr ich mir einredete gut mit Mikes Tot klarzukommen, ich es nie würde. Ich lag immer noch auf dem Fußboden und fröstelte. Meine Beine hatten aufgehört zu zittern und ich ging zum Anrufbeantworter um die Nachrichten abzufragen. Die Musik lief immer noch, doch ich nahm sie kaum noch wahr.
So also ich denke mal, dass einigen von euch auffällt, dass diese Geschichte völlig aus dem Zusammenhang gerissen ist und, dass sie so wirkt, als wäre sie der Mittelteil von irgendwas. Eigentlich sollte es ursprünglich auch so sein, nur mir fällt nichts mehr ein und desshalb, lade ich es erstmal so hier hoch!^^
Ich hoffe ihr mochtet es und schreibt auch das eine oder andere Kommi^^
P.S.: Die Rechtschreib- und Grammatikfehler dürft ihr behalten!