Gefahr
Kapitel 22: Gefahr
>22. Sie können um das Leben des anderen bangen…<
„Na, ist es heute wieder schlimm?“
Horo setzte sich auf, während Ren weiterhin liegen blieb. Er murrte nur und zog das Kissen halb über das Gesicht.
Das sagte alles. Hätte Horo nicht geahnt, welche Schmerzen der Chinese haben musste, hätte er ihn einfach für einen Morgenmuffel gehalten. Aber dem war leider nicht so.
Er küsste den Kleineren kurz auf die leicht verdeckte Stirn, stand dann aber auf.
„Ich geh erst mal duschen, ruh dich noch etwas aus, ja?“
Ren nickte nur abermals und sah dann zu wie der Blauhaarige in das Bad ging. Ihm ging es wirklich schlecht. Er sah nur verschwommen, und jeder Herzschlag schmerzte. Das konnte aber kaum von dem kommen, was er mit Horo tat. Sie hatten sich nur geküsst, nichts weiter.
Oder kam jetzt wirklich das Ende?
Als die Tür zum bad geschlossen war, stöhnte Ren kurz vor Schmerz und zog die Beine an. Er war sich nicht sicher ob er das so vor Horo durchhalten konnte. Er brauchte dringend noch einmal ein extra Schmerzmittel.
Aber etwas Stärkeres als Morphium gab es kaum. Außerdem konnte man da zu schnell süchtig werden.
Als eine erneute Schmerzwelle über ihm kam, drohte er fast ohnmächtig zu werden. Es war fast, als würde man ihn mit Schmerzen strafen, da er glücklich war. Da er es gewagt hatte zu lieben.
Er wollte Horo bei sich haben. Es fühlte sich wirklich so an als wäre es sein Ende, vor allem aber war es ihm ja nicht mehr egal.
Er wollte nicht sterben, er wollte bei Horo bleiben. Run würde er so oder so wieder sehen, er wollte sehen wie der Ainu wieder gesund wurde, wie er lachte und es ihm endlich besser ging.
Er rückte das Kissen weg und versuchte seinen verkrampften Körper zu bewegen. Was in diesem Fall nicht nur Schmerz, sondern auch eine Atemnot mit sich zog.
Er zog Luft ein, aber sie wurde nicht richtig verarbeitet. Er holte Luft, bekam aber keine. Das war anders als sonst.
Dadurch, dass Ren schon oft einen Herzstillstand hatte, konnte er diese fast voraussagen. Aber so schmerzhaft waren sie nie. Oder tat sein Herz jetzt bloß nicht nur körperlich weh?
Er versuchte den Schwesternknopf zu erreichen. Er streckte die Hand aus, aber die Länge reichte einfach nicht aus, es war fast als ob der Knopf immer weiter wegrutschte.
Im Hintergrund hörte er die Geräusche der Dusche. Sein Arm fiel schlaff erneut auf die Decke. Er hatte keine Kraft mehr. Nun würden sie doch nicht dazu kommen es miteinander zu tun. Und gemeinsam zu duschen auch nicht. Und…
Horo drehte sich um. Hatte er da nicht etwas gehört?
Er war sich nicht sicher, war er aber sowieso fast fertig. Er trocknete sich noch fertig ab und zog sich an. Ren hatte wirklich Glück, denn wenn es ihm nicht so schlecht gehen würde, hätte der Ainu ihn wieder wegen dem gemeinsamen Duschen genervt.
„Ren, das Bad ist frei…“
Er schloss die Tür hinter sich, sah erst dann zu dem Bett, welches die beiden seit geraumer Zeit miteinander teilten. Erst nach dem ersten Schritt in besagte Richtung stoppte er und erstarrte.
Etwas war faul.
Er nahm die letzten Meter zu dem Bett schnell, schlug die Decke beiseite und fand Ren völlig ohne Regung vor. Sein Arm war Richtung des roten Rufknopfs gerichtet, erreichten diese aber nicht.
Wären seine Augen geschlossen gewesen hätte man denken können, dass er schläft. Aber seine Augen waren erschreckend weit geöffnet. Das konnte einem eine Gänsehaut einjagen.
Trotz der sofort aufgreifenden Panik handelte Horo schnell. Er hatte so was schon mehrere Male bei dem Chinesen erlebt. Er würde schon wieder werden. Trotzdem blieb er unruhig. Er drückte den Knopf, rief sofort eine Schwester und drehte den Chinesen auf den Rücken. Sein Körper widersetzte sich keiner Bewegung, Horo hatte Angst, dass er irgendetwas brechen würde weil kein Leben in ihm war.
Er wusste ja auch nicht, wie lange Ren schon so dalag.
Er hörte schon Getrampel, trat einen Schritt zur Seite, als er die große blonde Schwester sah. Sie knöpfte schon Rens schwarzes Hemd auf.
„Wie lange ist er schon so?“
„Keine Ahnung, aber nicht länger als… 6 Minuten.“
Zum Glück brauchte er nie lange für das duschen. Als die Schwester die Wiederbelebung begann, wurde es dem Ainu doch unwohl zumute. Vor allem wachte Ren nach 2 Minuten noch immer nicht auf. Und das machte ihm Angst.
„Los, schafft mir Faust her!“
Horo musste beiseite treten, als sie das Bett lockerten und aus dem Zimmer in die Notaufnahme fuhren, während eine weitere Schwester weiterhin die Massage durchführte. Horo konnte schließlich nur beobachten, wie die Tür sich vor ihm schloss und er so dastand.
Er merkte gar nicht wie schnell er atmete, war er den ganzen Leuten hinterher gerannt? Er wusste es gar nicht, hatte er sich nicht von Rens Gesicht losreißen können.
Nun stand er da und hörte die verschiedenen Rufe des Arztes und der Schwestern. Sie gaben wirklich alles. Sie behandelten alle Patienten gleich, und trotz des Ärgers den sie hatten wollten sie ihn nicht sterben lassen. Sie taten ihren Job trotz allem.
Ob sie etwas schafften war die andere Frage.
Horo kniff die Augen zusammen und schlug gegen die nächste Wand.
Das konnte und dürfte nicht sein, Ren dürfte es nicht so schlecht gehen, dass er sterben sollte. Das würde er nicht zu lassen!
Was konnte er aber gegen den Tod ausrichten? Gar nichts, er war machtlos.
Und er fühlte sich so schwach deswegen.
Er konnte sich gar nicht vorstellen wie es sein sollte wenn der Chinese nicht mehr wahr. Tief in seinem innersten hatte er es zwar gewusst, aber immer wieder verdrängt. Er würde einfach einsam sein.
Kein Morgenmuffel, der mit ihm aufstand. Keiner, den er zum essen überreden musste, keiner den er küssen und mit dem er kuscheln konnte. Keiner der seine Liebe erwiderte. Das war so grausam.
Und ging es nicht so vielen Menschen so?
Horo war sich auf einmal richtig bewusst, was andere durchleben mussten. Wie sie Familienangehörige beweinten und um sie trauerten, wie sie weiter mit ihrem Leben zurechtkamen. Und das machte ihn so unendlich traurig.
Aber Ren war noch nicht tot!
Er ermahnte sich, an Ren zu denken, das er wieder werden würde. Wenigstens jetzt nicht starb.
Wenn sie sterben sollten, dann zusammen.
Indes kämpfte das Personal weiter um das Leben des Schwarzhaarigen. Sein Herz wollte aber nicht. Noch nicht.
Horo betete fast, das sein verdammtes Herz wieder schlagen sollte.
//Verdammt! Ren, ich brauche dich hier!//
//Piep….Piep Pep…//
Es schlug wieder. Der Arzt stoppte, sah auf den Bildschirm. Sie hatten ihn wieder. Aber das war nur die Spitze des Eisberges.
Kaum ein paar Minuten später hustet der Chinese und kam wieder zu sich. Er war erst verwirrt, wusste dann aber was los war. Er fand sich nun mit vielen Geräten verbunden vor, weil sein Herzschlag noch immer schwach war.
Aber die Schmerzen ignorierend wollte er nur eins wissen.
„Wo ist… Horo?“
Dieser konnte aber noch nicht zu ihm. Eine Schwester hatte ihn aufgelesen und aufgewühlt wie er war dennoch an den Essentisch gesetzt. Nur das er gar nichts zu sich nahm. Ihm kam es dort vielleicht nur so vor, aber es herrschte eine bedrückende Stimmung. Hätte er nicht erfahren oder gespürt das Rens Herz wieder schlug, würde er hier nicht einmal sitzen. Er rührte den Tee zum x-ten Mal um, auf irgendeine weitere Nachricht wartend.
Nur kam keine.
Erst als er wirklich auf eigene Faust gehen wollte, kam Doktor Faust und deutete ihm mitzukommen. Er sprang auf und sprintete fast. Man muss ihm angesehen haben, dass er selbst durch das ganze ebenfalls nicht auf der Höhe war, ansonsten hätte Faust nicht so ein betroffenes Gesicht gemacht.
„Er ist auf der Intensiv. Keine Angst, er ist über dem Berg. Wir müssen ihn derweil aber dort behalten, zur Vorsicht.“
„Kann ich zu ihm?“
Alle weiteren Informationen konnte Ren ihm genauso erzählen. Er war total hibbelig.
Faust seufzte nur.
„Eigentlich nicht… aber da du eh keine Ruhe gibst, komm mit.“
Und Horo folgte brav wie ein Hündchen.
Und dann saß er neben dem Bett des Schwarzhaarigen. Und Ren sah wirklich erbärmlich aus. Er war an verschiedene Geräte angeschlossen, und atmet flach. Sein Haar sah stumpf aus und hatte nicht den ursprünglichen Glanz. Hinzu kam, das die Schwestern ihm ein weißes Nachthemd angezogen hatten. Seine Haut war die ganze Zeit schon weiß gewesen, aber diesmal sah es wirklich so aus als gäbe es keinen Farbunterschied.
Trotzdem lächelte Horo. Weil Ren wach war und es auch tat.
„Heh.“
„Heh.“
„Ich sehe erbärmlich aus, oder?“
„Stimmt.“
„Man, bei so was stimmt man doch nicht zu…“
Horo kicherte. Er hielt eine von Rens Händen und streichelte diese. Sie fühlte sich ganz zart, fast gebrechlich an.
„Na komm, ich sehe sicher auch nicht besser aus. Schließlich hast du mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“
Ren nicke nur. Man merkte, dass er weder viel Kraft hatte noch sich allzu lange wach halten konnte. Horo küsste seine Stirn.
„Schlaf jetzt.“
Und Ren schlief ein. Horo wachte über seinen Schlaf, später aßen beide etwas zusammen. Am Abend kam Doktor Faust herein und schickte den Ainu in sein eigenes Bett. Horo gehorchte widerwillig, ahnte er doch auch das der Arzt etwas mit Ren besprechen wollte.
„Und, warum sollte ich kommen?“
„Ich will das Formular haben.“
Ren widerstand dem Blick des Größeren ohne Mühe.
„Sicher?“
„Ich war mir in meinem Leben noch nie so sicher.“
+-+-+
Im nächsten Kapitel endet die FF. Sie liegt mir sehr am herzen und ich würde um eine Art `Endwertung´ bitten. Auch von denen, die hier sonst nur lesen und keine kommies schreiben. Auch wenn ich nicht jedem kommie antworte, bedeuten sie mir doch sehr viel. so weis man, ob das was man schreibt auch bei anderen menschen ankommt.
lg, Rici