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Feuertanz

Harry/Draco
von

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Fortschritte

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Fortschritte
 

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Minerva schloss erleichtert die Augen. Die Finger, die den weit gereisten Brief umfassen, zitterten leicht. Charly Weasley und Hestia Jones hatte es geschafft. Sie hatten diesen verdammten Becher gefunden – Hufflepuffs Becher. Dieser war nicht in Rumänien gewesen, wie angenommen.Er hatte ihn in Albanien versteckt, an dem Ort, an den er geflohen war, nachdem der Stein der Weisen zerstört wurde.
 

An dem Ort, wo er auf Wurmschwanz getroffen war, Pläne schmiedend – wo Berta Jorkings den Tod gefunden hatte.
 

Jetzt fehlten nur noch drei. Minervas Lippen verzogen sich zu einem bitteren Lächeln. Nur noch drei! Welch Ironie, welch unangebrachter Optimismus: Von einem wussten sie nicht einmal, was es genau war. Einer war verschollen und der Letzte bestens bewacht…
 

Minerva hatte das Gefühl, die Zeit würde ihr durch die Finger rinnen wie Wasser. Voldemort war unberechenbar, aber vor allem besonders gefährlich in seiner Ungeduld, und Harry war noch lange nicht soweit, ihm gegenüberzutreten. Die Suche nach den Horkruxen wurde zudem nicht einfacher, wenn das Ministerium nicht aufhörte, dem Orden regelrechte Fallen zu stellen. Es war immer schwerer nachzuvollziehen, dass Beide auf derselben Seite kämpften.
 

Charly war in arge Erklärungsnot geraten, als das Ministerium seinen Aufenthalt in Albanien herausgefunden hatte. Sie ließen ihn beobachten, ebenso Bill und Fleur. Einfach jeden, der mit Mitgliedern des Ordens Kontakt haben könnte.
 

Hagrid konnte keine Botengänge mehr erledigen, er war viel zu auffällig. Tonks hatte es übernommen, die Botschaften zwischen den verschiedenen Ordensleuten zu übermitteln. Morgen sollte sie in dem Weisenhaus eintreffen, das Tom Riddles Heimat gewesen war, nachdem sie Arabella Figg besucht hatte. Sie würde sich als alte Frau tarnen, um Arabella aufsuchen, da das Ministerium noch immer den Ligusterweg observierte.
 

Minerva schnaubte belustigt auf. Idioten! Sie sollten doch gemerkt haben, dass Harry nicht mehr dorthin rückkehren würde. Aber nein, Scrimgeour war zu verbohrt. Er hatte sich in den Gedanken verrannt, dass er dort Harrys habhaft werden konnte. Minerva gönnte sich einen Augenblick lang das Gefühl der Schadenfreude. Solange sie es verhindern konnte, würde Scrimgeour Harry nicht einmal von Weitem sehen!
 

Es klopfte, und ein müder Remus Lupin betrat den Raum. Minerva bedeutete ihm mit einem warmen Lächeln sich zu setzen.
 

„Kann ich etwas für dich tun, Remus?“
 

„In einigen Tagen ist Vollmond, glaubst du wirklich, dass der Keller sicher ist?“
 

Remus spürte schon jetzt, wie der Mond an ihm zerrte. Diesmal würde kein Wolfsbanntrank seine Instinkte zügeln. Wenn sich diesem Tier, das in seinem Inneren lauerte, die Möglichkeit bot, würde es töten. Ohne Gnade. Mit Genuss. Remus erschauderte.
 

„Wir haben die Tür verstärkt, Alastor wird sie zusätzlich verzaubern, und die Käfigstäbe aus Stahl werden ihr übriges tun. Remus, ich verstehe, dass du besorgt bist. Aber ich kann dir versprechen, dass ich nicht leichtfertig mit diesem Problem umgehe.“
 

In Minervas Augen spiegelte sich Verständnis, aber auch ein Hauch von Missbilligung.
 

Remus unterdrückte ein Lächeln – Minerva nahm ihm seine Bedenken übel. Ein persönlicher Affront gegen ihre Bemühungen, die Menschen zu schützen, die hier lebten. Er neigte seinen Kopf und blinzelte Minerva durch die Strähnen seines graubraunen Haares verzeihend an.
 

„Das weiß ich. Und ich bin dir dankbar.“
 

„Oh, bitte! Krieche hier nicht zu Kreuze wie ein geprügelter Hund! Das passt nicht zu dir.“
 

Remus Mundwinkel zuckten verdächtig. Minerva erlaubte sich ein Glucksen; sie wollte seine Sorgen zerstreuen, und dies war ihr offenbar gelungen – wenn auch nur zum Teil. Diese hellbraunen Augen waren schon immer zu ernst gewesen. Selbst damals, als Remus mit seinen Freunden die Schule unsicher gemacht hatte. Er war der Ruhepol der Gruppe gewesen, die Filch beinahe in den Wahnsinn getrieben hatte. Er hatte zwar immer versucht, James und Sirius im Zaum zu halten, doch hatte er es nie geschafft, sich gegen sie durchzusetzen. Wie ein Gewissen, das sich nur zögerlich zu Wort meldete.
 

Minerva betrachtete gedankenverloren das Gesicht des Mannes. Beinahe glaubte sie, das Kind von einst zu sehen, das Remus’ gebeugte Gestalt wie ein Lichtblick überlagerte.
 

„Wir haben den Becher gefunden“, teilte sie ihm unvermittelt mit.
 

Remus’ Körper spannte sich wie eine Feder.
 

„Wo?“
 

„Er war in den Bergen Albaniens. Anscheinend dachte er, das Versteck an sich wäre sicher genug. Charly Weasley und Hestia Jones konnten ihn ohne größere Schwierigkeiten bergen.“
 

„Wurde er schon zerstört?“
 

Remus’ Stimme klang gepresst, voller Angst. Er fürchtete ein weiteres Desaster, wie es bei Dumbledore eingetreten war. Den Ring voreilig zu zerstören hatte sich als Fehler erwiesen.
 

„Nein. Die Untersuchungen sind noch nicht abgeschlossen.“
 

Auch Minerva dachte an die verstümmelte Hand Dumbledores. Zuerst waren es nur die Finger gewesen, doch der Verfall war nicht aufzuhalten gewesen. Der Fluch hatte sich beständig ausgebreitet, über das Handgelenk hinaus, bis zum Ellenbogen. Sich vortastend, bis es die Schulter erreicht hatte. Wie schleichendes Gift, und ebenso tödlich.
 

Remus Schultern sackten herab, Sorge malte sich auf seinen Gesichtszügen ab, die für seine jungen Jahre zu viele Falten aufwiesen.
 

„Gut. Ich hoffe nur, dass alles glimpflich abläuft“, sagte Remus leise, mühsam aufstehend.
 

Er verabschiedete sich von Minerva, die ihre Stirn verwirrt krauste. Etwas an Remus’ Verhalten irritierte sie. Eine kaum greifbare Ahnung, wie ein vergessenes Spiel aus Kindertagen. Minerva wandte sich wieder dem Brief zu, las die wenigen Zeilen mit grimmiger Genugtuung. Dann weiteten sich ihre Augen überrascht; ihr Kopf flog hoch und sie fixierte die geschlossene Tür. Sie wusste jetzt, was sie gewundert hatte.
 

Remus hatte sich nicht ein einziges Mal nach Tonks Befinden erkundigt.
 

ooOoo
 

Draco war sich dessen ganz bewusst: Was er tat, war schlicht albern. Es war unter seiner Würde, und kindisch noch dazu. Er drückte sich trotzdem auf dem Gelände herum, möglichst weit vom Kloster entfernt. Einen weiteren Tag unter Mollys Aufsicht in der Küche würde er nicht überstehen.
 

Die baufällige Scheune tauchte vor ihm auf. Dieses Versteck war so gut wie jedes andere. Hier würde ihn niemand suchen. Das Betreten der Scheune war strengstens untersagt – zu Recht. Die verfallenen Scheunenwände sahen wirklich so aus, als reiche ein sanfter Windstoß, um das Gebäude zusammenfallen zu lassen wie ein Kartenhaus.
 

Draco setzte sich, mit dem Rücken gegen die Holzwand gelehnt. Drückende Hitze umgab ihn, ließ das Hemd an seinem Oberkörper kleben.
 

Das schmale Gesicht verzog sich zu einer Grimasse; seine Rippen schmerzten noch immer von dem Schlag, den Harry ihm versetzt hatte. Dunkel waren seine Augen gewesen, voller Wut, die Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst; so war Potter plötzlich vor ihm aufgetaucht, weiß vor Zorn, und hatte zugeschlagen.
 

Dracos Mund verzog sich spöttisch. Potter hatte einfach keinen Humor.
 

Er war nicht mehr zu dem Brunnen gegangen...
 

Verborgen im Schatten der Efeuranken, beobachtete er Potter, der anscheinend ebenso wenig Schlaf benötigte wie er selbst.
 

In der ersten Nacht wirkte Harry angespannt, als er aus den Schatten der Alkoven trat und den Brunnen ansteuerte. Draco hatte kurz mit dem Gedanken gespielt, ihm Gesellschaft zu leisten, tat es jedoch nicht.
 

In der zweiten Nacht glaubte Draco zu sehen, dass Harrys schmale Schultern ein wenig herabsanken, beim Anblick des verwaisten Platzes. Der Slytherin interpretierte es als Enttäuschung, und dies verschaffte ihm Genugtuung.
 

Letzte Nacht waren einige Steine unter Dracos klammen Fingern von der niedrigen Mauer gebrochen, und Harry hatte aufgesehen. Seine Augen waren suchend durch die Dunkelheit geglitten, hatten sich mit Dracos getroffen, ohne ihn zu erspähen. Harrys Mund hatte sich geöffnet, doch die Frage, ob da jemand sei, war nicht ausgesprochen worden. Mit einem betont gleichmütigen Achselzucken wandte Harry sich wieder ab…
 

Gefangen in dieser Erinnerung, vergrub Draco das Gesicht in den Händen, die Handballen gegen seine Augen pressend. Fest. Bis der Schmerz ihn wieder in die Wirklichkeit zurückholte.
 

Leises Rascheln zu seiner Linken ließ ihn aufblicken, und die Augen überrascht aufreißen. Ein kleines Mädchen, vielleicht sechs oder sieben Jahre alt, hatte sich neben ihn gesetzt. Ihre mageren Arme umschlangen die aufgeschürften Knie, während sie stur zu Boden sah. Ihr Atem ging schnell, als wäre sie gerannt.
 

„Was willst du?“, fragte Draco barsch, als ihm klar wurde, dass dieses Kind nicht von allein wieder gehen würde.
 

„Nichts.“
 

„Dann verschwinde!“
 

Kurz versteifte sich der magere Rücken, dann schüttelte sie trotzig den Kopf.
 

„Nein. Sie lassen mich in Ruhe, weil sie Angst vor dir haben. Ich werde auch ganz still sein und nur hier sitzen.“
 

Noch immer sah das Kind nicht auf, musterte stattdessen interessiert eine Ameise, die sich durch das Gras kämpfte.
 

Draco schwieg verblüfft. Sie suchte Schutz? Und das ausgerechnet bei ihm? Beinahe hätte er gelacht.
 

„Du störst mich trotzdem.“
 

Flüchtig trafen flehende hellbraune Augen die seinen. Draco fiel der grellrote Abdruck auf ihrer rechten Wange auf, dann verdeckten die aschblonden Haare wieder ihr Gesicht, als sie erneut zu Boden blickte.
 

„Bitte.“
 

Innerlich über sich selbst den Kopf schüttelnd, lehnte Draco sich zurück, um in den wolkenlosen Himmel zu sehen. Er beschloss zu schweigen, sollte sie es doch auslegen wie sie wollte.
 

Anscheinend fasste das Mädchen es als Zustimmung auf. Sie entspannte sich sichtlich und warf Draco einen vorsichtigen Blick von der Seite zu.
 

„Ich heiße Megan McDougal. Meine Schwester Morag ist in Ravenclaw, in deinem Jahrgang.“
 

Draco biss sich auf die Lippen, ohne eine weitere Reaktion zu zeigen, ob er sie gehört hatte. Er erinnerte sich dunkel an Morag: Ein mageres Mädchen, mit nichtssagendem Gesicht.
 

„Bist du wirklich ein Todesser?“
 

„Soviel dazu, dass du ganz still sein wolltest“, spöttelte Draco. Er konnte Neugierde in Megans Blick erkennen, vermischt mit einer Spur Furcht. „Wer sagt, dass ich einer bin?“
 

„Alle“, kam die prompte Antwort und Draco unterdrückte ein Seufzen.
 

„Und wenn es so wäre? Hättest du dann Angst?“, fragte er resigniert.
 

Megan betrachtete aufmerksam sein Gesicht und zog nachdenklich die Nase kraus.
 

„Ich weiß nicht. Du siehst nicht böse aus. Nur blass.“
 

Draco musste ein Lächeln unterdrücken, soviel kindliche Ehrlichkeit war neu für ihn. Neu und überraschend erfrischend.
 

„Vor wem bist du weggelaufen?“
 

Megan befühlte vorsichtig ihre Wange.
 

„Vor den anderen Kindern. Sie mögen mich nicht.“
 

„Warum mögen sie dich nicht?“
 

„Sie sagen, ich wäre eine Squib.“, antwortete Megan zögernd. Sie traute sich nicht, Draco anzusehen, als sie fortfuhr: „Ich habe wirklich versucht, irgendetwas Magisches zustande zu bringen, aber es funktioniert nicht. Die anderen lachen über mich.“
 

Draco hob überrascht eine Braue. Soweit er wusste, waren die McDougals Reinblüter; er hatte von keiner Squib in dieser Familie gehört. Anscheinend war die kleine Megan ein gut gehütetes Geheimnis.
 

„Du solltest dich an deine Eltern wenden, sie eignen sich wahrscheinlich besser dazu, dich zu beschützen als ich.“
 

Megan sah Draco kopfschüttelnd an.
 

„Ich petzte nicht. So etwas tun nur Slytherins.“
 

Zwischen Wut und Belustigung schwankend schnaubte Draco.
 

„Das ist ja interessant“, entgegnete er lauernd. „Was tun Slytherins denn sonst noch so?“
 

„Ich weiß aus welchem Haus du bist. Ich weiß, dass sie nur auf ihren Vorteil aus sind. Dass sie andere in Schwierigkeiten bringen, wenn sie können. Und ich weiß, dass alle Slytherins Todesser werden“, erklärte Megan ernst.
 

„Und sie verstecken sich hinter Stärkeren… willkommen in meinem Haus“, vollendete Draco bissig die Aufzählung.
 

Nur ein Anspannen der Schultern verriet, dass der Pfeil getroffen hatte.
 

„Ja“, antwortete Megan leise, „Das tun sie.“
 

Eine kleine Hand wischte über die laufende Nase. Draco wandte sich von ihrem Anblick ab.
 

„Wehe du heulst!“
 

Wieder zuckte Megan zusammen, zog trotzig die Nase hoch, und bedachte Draco mit einem herausfordernden Blick.
 

„Bist du nun ein Todesser, oder nicht?“
 

Draco streckte seinen linken Arm aus und entblößte ihn.
 

„Beantwortet das deine Frage?“
 

Scheu lehnte Megan sich vor, die schmutzigen Fingerspitzen nährten sich der lebendigen Tätowierung bis auf wenige Zentimeter, hielten zögernd inne, und fuhren dann vorsichtig über die dunklen Konturen.
 

„Hat es wehgetan?“
 

Ehe Draco antworten konnte, schnitt ein wütender Aufschrei durch die Luft:
 

„Was zum Teufel tust du da, Malfoy?“
 

Megan schreckte zurück. Sie starrte Harry an, der aufgebracht vor ihnen stand, und Dracos Arm fixierte. Seine Kiefer mahlten kurz, als der blonde Slytherin scheinbar gelassen das Dunkle Mal unter dem hellen Stoff seines Hemdes verschwinden ließ.
 

„Wonach sieht es denn aus? Sie wollte es sehen, also habe ich es ihr gezeigt. Kein Grund, den Helden raushängen zu lassen, Potter.“
 

„Sie wird Albträume bekommen, also lass das gefälligst!“
 

„Werde ich nicht!“
 

Megan biss sich auf die Lippen, doch die Worte waren schon heraus, und sie hatten angriffslustiger geklungen als beabsichtigt.
 

„Braves Mädchen“, feixte Draco. „Lass dich nur nicht von Potter einschüchtern.“
 

Megan blinzelte, nicht wissend, wie sie die Worte auffassen sollte, vor allem, als Harrys Wangen sich tiefrot vor Zorn färbten.
 

„Ich werde keine schlechten Träume haben“, erklärte sie ernst. „Ich wollte es wirklich sehen.“
 

Harry hatte sie gar nicht gehört. Noch immer bohrten sich seine zu Schlitzen verengten Augen in Dracos. Unruhig sah Megan zwischen den beiden Jungen hin und her. Draco lehnte noch immer an der Scheunenwand; ein Bein ausgestreckt, eines angewinkelt, den rechten Arm lässig darauf gestützt.
 

Ein Bild, das pure Gelassenheit ausdrückte, während Harry wie zum Sprung bereit vor ihm stand und so aussah, als würde er dem Slytherin jeden Moment an die Gurgel gehen.
 

Beinahe greifbare Spannung umgab sie, ehe Harry sich plötzlich gehässig lächelnd entspannte.
 

„Bist du etwa so einsam, Malfoy, dass du dich mit kleinen Kindern abgeben musst?“
 

Megan schnappte empört nach Luft, aber sie bewunderte Draco im Stillen für die Ruhe, die er noch immer aufrechterhielt.
 

„Solange ich mich nicht mit dir abgeben muss, kann es ja so schlimm nicht sein.“
 

Er grinste Megan an, die ungläubig diesen Schlagabtausch verfolgte.
 

„Potter versteht nämlich keinen Spaß…“
 

Noch ehe Megan realisierte, dass Harry sich bewegte, krallten sich dessen Hände in Dracos Kragen fest.
 

„Du kleiner Dreckskerl! Dir wird das Lachen schon noch vergehen!“, zischelte Harry, an Dracos Hemd zerrend.
 

„Zu nah an der Wahrheit, mhm?“
 

Dracos Lippen verzogen sich höhnisch und Harry ballte die Faust, war bereit zuzuschlagen, als Draco ihn mit einem Ruck rückwärts stieß.
 

„Diesmal nicht, Potter“, sagte Draco emotionslos. „Such dir einen anderen Prügelknaben, oder rechne damit, dass du auch was abbekommst.“
 

Perplex starrte Harry ihn an, sich abwesend über den Brustkorb reibend. Dann traf sein Blick Megans schneeweißes Gesicht.
 

Das Kind zitterte. Harrys Kehle wurde eng, als sie näher an Draco heranrutschte. Sie hatte Angst. Vor ihm. Und sie suchte ausgerechnet bei Malfoy Schutz. Harry schluckte hart. Noch nie hatte ihn jemand mit solcher Angst angesehen.
 

Draco schien überrascht, als er Megans warmen Körper an seiner Seite spürte. Sein Blick war erstaunlich sanft, als er sie betrachtete.
 

„Vielleicht gehst du jetzt besser, Megan.“
 

Zweifelnde braune Augen hefteten sich an Dracos spitze Gesichtszüge, die durch die Anspannung noch stärker hervorstachen, huschten kurz zu Harry, dessen Magen sich schmerzhaft zusammenzog.
 

„Potter wird friedlich sein. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.“
 

Draco schien sich köstlich darüber zu amüsieren, dass sie ihn nicht mit Harry allein lassen wollte.
 

Zögernd stand Megan auf, warf Harry noch einen misstrauischen Blick zu, ehe sie ihm den Rücken zukehrte, sich erneut Draco zuwendend:
 

„Sicher?“
 

Lächelnd nickte Draco. Und zum ersten Mal seit er ihn kannte hatte Harry das Gefühl, dass dieses Lächeln ehrlich gemeint war.
 

„Sicher. Und Megan…“
 

„Ja?“
 

„Grüß die anderen Kinder von dem bösen Todesser…“
 

Megan grinste glücklich, eine Zahnlücke enthüllend. Sie nickte, bevor sie auf das Kloster zulief, das sich in der flirrenden Hitze so unwirklich ausmachte, wie ein verwunschenes Märchenschloss.
 

„Hat es dir etwa die Sprache verschlagen, Potter, dass du der Kinderschreck bist, und nicht ich?“
 

Harrys Wangen färbten sich schamrot. Dracos Worte hatten ihr Ziel genau getroffen, und Harry sackte in sich zusammen.
 

„Du gewöhnst dich schon daran“, spottete Draco weiter. „Am Anfang werden dich die schiefen Blicke und das Getuschel noch stören, aber irgendwann bemerkst du das gar nicht mehr.“
 

Bitterkeit schlich sich in Dracos Stimme und Harry senkte den Kopf, bis sein Kinn die Brust berührte, und die dunklen Haare seine Augen verdeckten. Er begriff, dass Draco wirklich einsam war; dies machte ihn irgendwie… menschlich.
 

„Warum hast du das zu Ginny gesagt?“, fragte Harry, das Thema wechselnd.
 

„Macht sie dir etwa die Hölle heiß?“ Draco konnte sein Lachen kaum zurückhalten. „Sie hat sich über mich lustig gemacht. Außerdem hat es mich interessiert; könnte ja was Wahres dran sein.“
 

Harry schwieg betroffen.
 

„Du hast meine Frage noch nicht beantwortet, Potter. Macht sie dir deswegen die Hölle heiß?“
 

Kurz blitzte wieder Wut auf in den grünen Augen, dann fuhr Harry sich mit genervter Geste durch die Haare, brachte sie dazu noch wilder abzustehen.
 

„Ja, verflucht! Das macht sie. Sie denkt, ich habe mit dir über sie gesprochen. Was ich, wenn man es genau betrachtet, gar nicht getan habe. Du hast dir da was zusammen gesponnen, und ich darf es ausbaden!“
 

„Ich bin untröstlich.“
 

Dracos Mundwinkel zuckten, und Harry ließ sich rücklings ins Gras fallen. Er wollte dieses schadenfrohe Grinsen nicht sehen. Und er wollte sich lieber nicht vorstellen, was Draco Ginny als Nächstes erzählen würde. Er hatte sich schon wieder dazu hinreißen lassen, über sie zu reden. Dabei hatte schon das letzte Gespräch zwischen ihnen mit einem bitteren Beigeschmack geendet.
 

Sie fing ihn ab, als Harry völlig erschöpft von Moodys Unterricht zu seinem Zimmer zurückkehrte. Mehr taumelnd als gehend, aber mit einem warmen Gefühl von Stolz in seiner Brust, das von seinen Fortschritten herrührte.
 

Diese Wärme verwandelte sich in einen harten Klumpen aus Eis, als Ginny vor ihm auftauchte, und ihn verletzt ansah.
 

„Glaubst du das etwa auch?“
 

Harry begriff die Frage nicht ganz.
 

„Was soll ich glauben?“
 

Ginny drehte ihm den Rücken zu. Harry sah, wie sie die Schultern zusammenzog, als wäre ihr kalt.
 

„Dass ich… dass ich hinter deinem Geld her bin…“
 

„WAS???“
 

Das Ganze war einfach zu grotesk um ernst bleiben zu können; Harry brach in Gelächter aus. Ein Fehler, wie er erkannte, als Ginny herumwirbelte, ihre Augen wütend verengt.
 

„Was ist daran so komisch?“, fauchte sie. „Wenn Malfoy es glaubt, werden auch andere so denken!“
 

„Malfoy?“, echote Harry verblüfft. „Was hat der damit zu tun?“
 

„Er hat so etwas angedeutet!“ Ginnys Stimme drohte zu kippen; ihre Lippen zitterten Unheil verkündend. „Und langsam frage ich mich, ob du vielleicht auch so denkst. Du gehst mir immer noch aus dem Weg, Harry! Du versteckst dich hinter Moody und Remus und deinem Unterricht. Aber seltsamerweise hast du noch immer genug Zeit für Ron und Hermine. Du hast sogar Zeit, um dich mit Malfoy zu unterhalten!“
 

Das alles schleuderte Ginny ihm in Sekundenschnelle entgegen, ohne dass Harry richtig begriff wie ihm geschah, doch Ginny war längst nicht fertig.
 

„Wir sind hier absolut sicher! Wir könnten glücklich sein, aber du machst Ausflüchte. Deswegen glaube ich, dass noch etwas anderes dahintersteckt, als deine Aufgabe oder dein Schicksal! Ach, nenn es doch wie du willst! Tatsache ist, dass es keinen triftigen Grund für dich gibt, nicht mit mir zusammenzusein. Ich weiß, dass ich gesagt habe, ich könne warten. Aber das ist kein Warten mehr; du hältst mich hin!“
 

Harrys Kopf schwirrte von den vielen Gedanken, die ihm durch den Sinn schossen. Einer davon war, dass er Malfoy erwürgen würde. Und zwar auf der Stelle. Ein anderer, der schnell zurückgedrängt wurde, war, ob Ginny Recht haben könnte. Versteckte er sich hinter der Prophezeiung? Hielt er sie hin?
 

„Ginny, ich…“, setzte Harry an, doch Ginny hob abwehrend die Hände.
 

„Nein. Sag jetzt nichts. Ich hätte das alles gar nicht sagen dürfen. Ich will keine hysterische Kuh sein, die dir hinterher rennt, und dir die Ohren voll heult.“ Ginny hielt inne und sah Harry ernst an, ehe sie fortfuhr: „Du entgleitest mir, und das schmerzt, das ist alles. Entschuldige, dass ich dich so überfallen habe.“
 

Sie ließ kraftlos die Schultern hängen und wich zurück, als Harry nach ihr griff.
 

„Ich gehe jetzt besser…“
 

Mit dem Gefühl, in einen eiskalten Regenguss gekommen zu sein, sah Harry ihr nach, als sie langsam auf ihr Zimmer zuging. Innerlich wie betäubt machte er sich auf die Suche nach Draco. Alle Müdigkeit war vergessen. Nur heißer Zorn war zurückgeblieben, ließ keinen Platz für logische Gedanken, als er ihm gegenüberstand und unüberlegt zuschlug.
 

Harry legte einen Arm über seine Augen, als wolle er sie von dem Sonnenlicht abschirmen, aber eigentlich wollte er die Erinnerung an dieses Gespräch gewaltsam zurückdrängen. Seitdem ging Ginny ihm aus dem Weg so gut sie konnte, und Harry wusste nicht so recht, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Noch immer fragte er sich, ob sie Recht gehabt hatte. Ob er den Unterricht und die Prophezeiung wirklich als fadenscheinige Ausrede benutzte?
 

Dann war da noch Malfoy; zielsicher verteilte der Slytherin seine Spitzen. Auch wenn er es nie zugeben würde, beschäftigte es Harry noch immer, was er in jener Nacht in Dracos Augen zu sehen geglaubt hatte.
 

„Bist du etwa eingeschlafen, Potter?“
 

„Nein. Ich denke nach.“
 

„Darüber, ob ich Recht habe?“
 

„Hör auf damit!“
 

Harry richtete sich auf, und funkelte sein Gegenüber wütend an. Keine Gefühlsregung war in dessen Gesicht zu sehen, nur die hellgrauen Augen glitzerten berechnend.
 

„Ginny ist nicht so!“, fügte Harry noch hinzu. „Sie mochte mich schon immer!“
 

Draco senkte lächelnd den Kopf, sodass die hellblonden Haare seine Augen verdeckten.
 

„Natürlich. Schließlich bist du Harry Potter. Der Held der Nation, natürlich hast du Fans. Preisfrage, Potter: Hätte sie dich auch gemocht, wenn sie nicht von Anfang an gewusst hätte, wer du bist?“
 

Harrys Mund klappte auf. Sein Verstand weigerte sich, die Worte zu verstehen, die in sein Innersten vordrangen wir Gift.
 

„Du spinnst ja!“, schnaubte er. „Ginny mag mich um meiner selbst willen!“
 

„Tut sie das?“
 

Draco stand langsam auf, ging die wenigen Schritte, die ihn von Harry trennten, und sah auf ihn herab.
 

„Ich habe nicht geahnt, dass du so naiv bist, Potter. Hast du sie mal gefragt, warum sie dich mag?“
 

Stumm sah Harry blinzelnd in Dracos Gesicht. Er war nicht fähig zu antworten. Die Erinnerung an das Gespräch, welches er und Ginny auf Dumbledores Beerdigung geführt hatten, ließ ihn schlucken.
 

„Ich wusste, du würdest nicht glücklich sein, wenn du Voldemort nicht jagst. Vielleicht ist das der Grund, weshalb ich dich so sehr mag.“
 

Er brauchte Ginny nicht fragen; sie hatte es ihm bereits gesagt. Und die Erkenntnis, dass Draco vielleicht Recht haben könnte, schmeckte bitter.
 

„Denk mal darüber nach, Potter“, sagte Draco in diesem Moment, Harry mit diesen Worten unsanft in die Wirklichkeit zurückholend.
 

Die Hände tief in den Taschen seiner Hose vergraben, ging Draco auf das Kloster zu. Er ließ Harry allein zurück, der versuchte, die verstörenden Gedanken aus seinem Verstand zu verbannen.
 

ooOoo
 

Severus betrachtete das einsam stehende Bauernhaus, und nahm deutlich das Zittern wahr, welches vom Körper des neben ihn stehenden Mannes ausging. Aus den Augenwinkeln warf er ihm einen nachdenklichen Blick zu. Der Junge war kaum älter als Severus es damals gewesen war, als er die Prüfung hatte ablegen müssen. Harte Linien gruben sich um Severus’ Mundwinkel, als er sich an diese spezielle Nacht erinnerte.
 

Und er erinnerte sich, wie er selbst gezittert hatte, in Anbetracht dessen, was von ihm verlangt wurde.
 

„Denk nicht darüber nach, was du gleich tun wirst“, wiederholte Severus leise jene Worte, die Lucius ihm einst zugeflüstert hatte. Damals, in einem anderen Leben.
 

Die Augen des Jungens kreuzten sich mit Severus’. Darin war das blanke Entsetzen zu erkennen.
 

Rodolpus hob eine Hand, und gab damit das Zeichen zum Angriff. Langsam setzte Severus sich in Bewegung, der junge Mann hielt sich dicht neben ihm.
 

„Zögere nicht und töte schnell. Denk immer daran, was dich erwartet, solltest du versagen.“
 

Lieses Keuchen drang an Severus’ Ohr, er ahnte mehr, als er sah, dass der Junge nickte. Als sie das Haus erreichten, vermischte sich die Szenerie mit Severus’ Erinnerung, wie ein alter staubiger Schleier…
 

Es war schneidend kalt an diesem Dezemberabend, als Severus neben Lucius auf einer kleinen Anhöhe stand und den Rauch betrachtete, der aus dem Schornstein der kleinen Kate aufstieg. Der kahle froststarre Garten vermittelte den Eindruck der Trostlosigkeit, wie ein Omen.
 

Severus fror entsetzlich. Dennoch trat ihm der Schweiß aus allen Poren, ekelerregend klebrig lag er auf seiner Haut.
 

James’ Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf, doch Severus verdrängte schnell jeden Gedanken an ihn. Es gehörte nicht hierher. Er wollte sich nicht ausmalen, was James sagen würde, könnte er ihn jetzt sehen; wüsste er, wem Severus die Treue geschworen hatte.
 

Unaufhaltsame Schauer ergriffen von seinem Körper Besitz, bis es selbst Lucius bemerkte, dessen Züge im Schatten der Kapuze lagen. Seine Augen hefteten sich an Severus’ Gesicht. Kalt. Unnahbar. Aber nicht spöttisch.
 

„Denke nicht darüber nach, was du gleich tun wirst. Bedenke immer, dass die Strafe nicht auf sich warten lässt, solltest du versagen.“
 

Severus versuchte seiner Stimme einen festen Klang zu verleihen, doch ein leichtes Beben verriet ihn:
 

„Ich bin bereit!“
 

„Bist du das?“
 

Der altbekannte Hohn schlich sich in die grauen Augen. Wann immer sie auf Severus trafen, bedachten sie ihn mit diesem milden Spott, den Severus nie wirklich zuordnen konnte. Lucius war wütend gewesen, als sie sich das erste Mal gesehen hatten, trotzdem unterstützte er Severus, wenn er es vermochte – und Severus wollte den Grund dafür erfahren:
 

„Warum hilfst du mir?“
 

Lucius schwieg. Der Wind zerrte an seinem Umhang, brachte die Aromen des Waldes mit sich, der hinter ihnen aufragte. Ein Geruch nach vermodertem Holz, auf denen Pilze wucherten. Aber auch der Duft, der vorherrschte, ehe Schnee fiel. Frisch und klar.
 

„Vielleicht, weil du mich daran erinnerst, wie ich selbst einst war“, antwortete Lucius schließlich so leise, dass Severus die Worte kaum verstand. „Ich war besessen davon, dem Dunklen Lord zu dienen, wie ihm mein Vater diente. Das Töten ist der Preis, den ich zahlen muss, um seinen Anforderungen gerecht zu werden. Deine Gründe mögen andere sein; aber besessen bist auch du.“
 

„Es gibt kein Zurück mehr, nicht wahr?“
 

„Nein.“
 

Lucius hob die Hand und bewegte sich auf ihr Ziel zu; von drei Seiten kreisten sie das Haus ein, und Severus begann in Gedanken Zaubertrankzutaten zu rezitieren…
 

Der letzte Bewohner des Hauses, eine Frau mittleren Alters, starb schnell, ganz so wie Severus es seinem Schützling aufgetragen hatte. Fünf Menschen starben in dieser Nacht. Für jeden Rekruten einer. Der Lord würde zufrieden sein, sie hatten ihre Bereitschaft ihm zu dienen bewiesen.
 

Ein Blick in das Gesicht des Jungen bestätigte Severus’ Verdacht. Die Augen waren stumpf, das Entsetzen war vollständig daraus gewichen, und hatte einer Leere Platz gemacht, die sich auf dem wächsernen Gesicht widerspiegelte.
 

Der Junge würde die flehentlichen Schreie seiner ersten Opfer nie wieder vergessen.
 

Tbc…



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Siddhartha
2008-03-24T18:14:14+00:00 24.03.2008 19:14
Draco kann so nett sein xD
Mwahaha und endlich gehts Ginny an den KRagen >D (ich mag sie nicht ><')

Hach ja... Severus und Lucius .___.
Von:  Rejah
2006-12-23T14:47:42+00:00 23.12.2006 15:47
moin ^^
harry der kinderschreck xD ich mag megan sehr ... hoffentlich kommt sie noch öfter vor <.<
und ich frage mich, wer der spion sein könnte. ich hoffe, es ist nicht remus...obwohl...der mann im kapitel davor hatte einen abgenutzten umhang, wenn ich mich richtig erinnere...
Von: abgemeldet
2006-11-09T17:15:39+00:00 09.11.2006 18:15
*schauder* die letzte Szene war echt ergreifend
aber auch der anfang war einfach nur klasse
finds gut dass Ginny und harry miteinander streiten^^''
ich weiß klingt fies, is aber so XD
also schreib schnell weiter


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