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Aufstand der AIs
von

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Eyes

“Hast du das heute morgen im BBS gelesen?”

“Jupp. Was hältst du davon?”

“Hm...kann ich nicht wirklich sagen. Ich glaube irgendwie nicht, dass das eine versteckte Ankündigung für ein kommendes Event ist, so was würde die CC doch niemals verfassen. Bleibt also nur die Erklärung, dass sich irgendein Hobbyhacker einen kleinen Spaß erlauben wollte. Die scheinen den ganzen Tag nichts anderes zu tun haben, als zahlende Spieler zu belästigen.”

“Und die Möglichkeit, dass das wirklich ein AI-”

“Du willst mir doch nicht allen Ernstes erzählen, dass du glaubst, AIs seien dazu fähig, sich frei im und außerhalb des Spieles zu bewegen.”

“Vor einiger Zeit gab es-”

“Die Geschichten um die AI-Vagabunden sind doch alles nur Hirngespinste, um auf das Spiel aufmerksam zu machen. Das einzige, was wirklich jemals passiert ist, ist Plutos Kiss, und etwas derartiges ist seit Erscheinen vom ALTIMIT OS nicht mehr möglich. Ist doch das sicherste OS, das es jemals gab.”

Oh man, was für ein Klugscheißer...

Die beiden überquerten die kleine Brücke in Mac Anu und gingen ihrer Wege. Ich hatte ihr Gespräch unfreiwillig mitverfolgen müssen.

Zu glauben, dass ALTIMIT unüberwindbar ist, ist wohl der größte Fehler, den man machen kann. So viele eigenständige AIs, Bugs und unbesiegbare Monster, wie sie in diesem Spiel vorgekommen sind beweisen wohl das exakte Gegenteil. Die beiden werden hier nicht lange überlegen...

Zufrieden mit dieser Tatsache richtete ich mich wieder vom Geländer der Brücke auf und begann, ein wenig durch die Stadt zu trotten. Es war schon recht spät geworden und das Gedränge um die Stände hatte zu meiner Freude abgenommen. So konnte ich mir alles in Ruhe ansehen, kaufte mir von meinem Ersparten einen großen Schild als Wandschmuck für mein Versteck und schaute mir anschließend noch ein wenig den die Stadt durchziehenden Fluss an, der unbeirrbar und stets unverändert durch die virtuelle Stadt floss.

Der Tag in dieser Welt ging langsam aber stetig zuende und auch ich fühlte mich bereits müde. Daher beschloss ich, mich auszuloggen und ins Bett zu gehen. Ich war Schüler und meine Abschlussprüfungen standen kurz bevor. Ich konnte es mir nicht mehr leisten, einen Tag unausgeschlafen zu beginnen.

Ich nahm das FMD ab (eine Art Brille, die beim Spielen von “The World” aufgesetzt wird um durch die Augen des eigenen Charakters sehen zu können, was die Verschmelzung von Spieler und Spiel perfektionieren soll), zog mich um und ging noch einmal hinunter um einen Schluck zu trinken. Meine Eltern saßen in diesem Moment vor unserem Fernseher und schauten sich die Nachrichten des Tages an. Als ich dazutrat, begann die blonde Sprecherin gerade, eine Kurzmeldung zu verlesen:
 

“...wurde heute früh in seiner Wohnung aufgefunden. Er trug noch immer eine Virtual-Reality-Brille, in Fachkreisen auch FMD genannt, und saß auf seinem Computerstuhl. Der PC war noch immer angeschaltet und auf dem blau flackernden Bildschirm stand das Wort ‘Revenge’ für Rache in roten Buchstaben geschrieben. Genannte Person liegt derzeit im Koma, die Ursachen dafür sind noch nicht geklärt, der verantwortliche Arzt gab sogar zu verstehen, dass er nicht begreifen konnte, warum ein solch kerngesunder Mann ohne jegliche erkennbare Gründe aus heiterem Himmel ins Koma fallen könne. Die Polizei untersucht derzeit mögliche Verbindungen mit dem Spiel “The World”, was in vergangener Zeit schon häufig als gefährlich eingestuft wurde und aus unbestätigten Quellen auch die Ursache für frühere Komafälle war, deren sämtliche Opfer jedoch einige Zeit später wieder erwachten und als das letzte, was sie sahen nur eine Figur aus jenem Spiel nennen konnten.”
 

“Kein Wunder, dass diese Quelle unbestätigt ist!”, meinte mein Vater, nachdem die Frau zuendeberichtet hatte, “Wer bitte glaubt denn schon, dass man durch ein Videospiel ins Koma fallen kann?”

Diese Aussage war typisch für meinen Vater. Alles, was noch nie passiert ist ist seiner Meinung nach nicht möglich, unvorstellbar und vollkommen lächerlich. Für ihn unbekannte Dinge steckt er ohne draufzusehen in die Abteilung “Fantasie”.

Ohne einen weiteren Kommentar dazu abzugeben, ging ich anschließend um meinen besagten Schluck zu trinken, drehte mich dann auf dem Absatz um und trottete gemächlich in mein Zimmer zurück. Ich war vom stundenlangen Spielen an diesem Tag ungewöhnlich müde und würde sagen, dass ich bereits eingeschlafen war, bevor ich mein Bett erreicht hatte. Das würde zumindest erklären, warum ich am nächsten Tag mitten in meinem Zimmer auf dem Boden aufwachte und mein Kreuz bei jeder Bewegung einen lauten Knacks vernehmen ließ.

Viel zu viele Stunden später war die Schule endlich aus, waren alle Arbeiten im und um das Haus erledigt und ich hatte mir ein wenig Zeit in meiner geliebten virtuellen Welt verdient.

Nach dem Einloggen fand ich mich in einer der sogenannten “Root Towns” wieder, Plätze, in denen sich Avatare ausrüsten und auf kommende Reisen vorbereiten können. Monster gibt es in diesen Städten keine, da sie nicht in der Lage sind, die “Chaos Gates” zu benutzen, die die einzelnen Areale und Root Towns miteinander verbinden.

Ich befand mich in Mac Anu, der Stadt, in der jeder Neuling sein Abenteuer beginnt. Hier bekommt man Ausrüstung und Items für Anfänger, die jedoch in den ersten Stunden noch vollkommen ausreichend ist. Mit diesem Krims Krams konnte ich jedoch nicht mehr viel anfangen.

Mein Avatar war ein Arm-Blade User mit dem Namen Hien, welcher erst mit der neuesten Version von The World zur Job-Auswahl hinzugekommen war. Jede Jobklasse hat ihre eigene, spezifische Waffengattung. Die des Arm Users (Kurzform des Jobs) waren Unterarmklingen. Seine Stärken waren Schnelligkeit und Geschick, dafür fehlte es ihm an Stärke und Verteidigung.

Die restlichen Klassen waren:
 

Twin-Blade User (zwei Dolche)

Heavy-Blade User (zweihändige Schwerter)

Blade User

Heavy-Axe User

Wavemaster (benutzt Zauber)

und Long-Arm (Hellebarden und Lanzen)
 

Alle Jobs haben ihre Stärken und Schwächen, der Trick besteht nur darin, eine Gruppe zusammenzustellen, die sich gegenseitig ausgleicht.

Das Aussehen meines Avatars habe ich ganz nach meinen Hirngespinsten gestaltet. Seine Haare waren schulterlang, rot-braun und zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.

Arm-User tragen keine schweren Rüstungen, daher trug Hien leichte, blaue Bekleidung und feuerrote Handschuhe.

Auf der kleinen Brücke, die das typischste Merkmal von Mac Anu war, stand eine junge Frau mit rosa Haaren und einer leichteren roten Rüstung. Auf ihrem Rücken trug sie ein riesiges Schwert, welches beinahe so lang und so breit war, wie seine Trägerin. Über ihrem Avatar schwebte ihr Charaktername “Black Rose”. Ich weiß nicht, warum sie mir so ins Auge fiel, denn die ganze Stadt war voll von Avataren um diese Uhrzeit, aber etwas an ihr zog mich in den Bann.

Sie machte ein sehr ernstes Gesicht mit einer gewissen bösen Vorahnung darin. Bevor ich sie länger beobachten konnte kam ein in rot-orange gekleideter Twin-User von der anderen Seite des Flusses auf sie zu. Die beiden unterhielten sich kurz, nickten sich gegenseitig zu und kamen anschließend in meine Richtung, ganz offensichtlich um das Chaos Gate zu benutzen. Sie rannten an mir vorbei und Kite (der Name, der über dem Avatar schwebte) warf aus dem Augenwinkel einen kurzen Blick auf mich. Für einige Sekunden schien die Zeit still zu stehen. Ich fühlte mich, als würden wir ein Schicksal, eine Zukunft teilen, als ob unsere Leben irgendwie miteinander verknüpft wären. Doch der Augenblick ging vorbei und beide verschwanden hinter mir in gleißenden Energieringen, die Avatare umgeben, kurz bevor sie in ein anderes Areal wechseln. Ich hätte zu gern gewusst, wohin sich die zwei teleportiert hatten, doch das wussten außer ihnen maximal die Systemadministratoren. Aber ich hatte ohnehin das Gefühl, dass ich Black Rose und Kite bald wiedersehen würde.

Nach der schicksalhaften Begegnung beschloss ich, Hien ein wenig zu trainieren und nutzte daher das Chaos Gate um die Stadt Carmina Gadelica zu betreten.

Diese Stadt hatte die ewige Nacht ereilt. Die Sonne ging zwar nie auf, aber das Nachtleben und die vielen Lichter der Geschäfte machten das locker wieder wett. Hier wuselten Massen an Avataren durch die Straßen und engen Gassen zwischen den Hochhäusern, während der Vollmond die gesamte Stadt erleuchtete.

Ich hielt mich nicht sonderlich lange zum Bewundern des Nachtlebens von Carmina Gadelica auf, sondern drehte mich um wählte das Chaos Gate an und stellte mir ein für mein Training geeignetes Gebiet aus drei Schlüsselwörtern zusammen. In The World werden die Kampfgebiete am Chaos Gate durch die Auswahl von drei verschiedenen Worten generiert. Es gibt einen A-, einen B- und einen C-Teil, in welche jeweils einer der möglichen Begriffe eingefügt werden kann. Diese unterscheiden sich sowohl innerhalb der Teile, als auch zwischen den einzelnen Servern.

Ich wählte mir also ein Gebiet aus den Worten „Wunderschön, Lächelnd, Bote“. Ich weiß nicht, wieso ich mir das angewöhnt hatte, aber ich spielte The World immer mit dem Hintergedanken daran, dass die Schlüsselwörter eine wirklich tiefe Bedeutung hatten, daher nahm ich mir stets sehr viel Zeit, um sie gründlich auszuwählen.

Anders, als man von den Schlüsselworten eventuell erwarten würde, landete ich in eine grenzenlosen Wüste aus feuerrotem Sand. Flammen stießen aus dem Boden hervor, es war keinerlei Vegetation erkennbar und kaum war ich einen Schritt gegangen, warf sich mir eine Gegnergruppe entgegen. Mehrere Axtkämpfer und eine sogenannte Fresskiste. Sie hatte die störende Angewohnheit, Charaktere mit Flüchen zu belegen, so auch bei mir. „Beserker“ ließ mich wahllos Gegner und alliierte Charaktere angreifen und machte es mir unmöglich, taktisch vorzugehen. Ich hatte in sofern Glück, als dass sich meine Widersacher als ausgesprochen schwach darstellten und „Berserker“ für mich den Rest tat.

Nachdem ich dieser Plage Herr geworden war, besah ich mir meinen kleinen Kartenausschnitt und bemerkte, dass der Dungeon nur unweit meiner momentanen Position zu finden war. Eine halbe Minute später stand ich vor einem großen Eingang in ein wahrscheinlich tiefes Loch.

Das Innere des Dungeons sah der Eingangshalle eines großen Schlosses ähnlich. Als ich aber in den nächsten Raum ging und beinahe in eine Grube mit Stacheln gefallen wäre, beschloss ich, mich weniger von meiner Umgebung beeindrucken zu lassen, als viel mehr auf die Gefahren zu achten.

Die Kämpfe waren nicht sonderlich hart, ich kam gut voran und konnte mich über zwei neue Level freuen. Mein letztes Ziel in diesem Dungeon war die Götterstatue, vor der eine besondere Truhe stand. In diesen Truhen, die stets nur in den tiefsten Ebenen eines Dungeons zu finden waren, konnte man besonders seltene Items und Waffen finden. Ich verließ ein Gebiet nie, ohne die Götterstatue aufgesucht zu haben.

Als ich auf den Durchgang zuging, der mich noch von meinem Ziel trennte, stand mir ein kleines Mädchen im Weg. Sie trug ein weites, hellblaues Gewand und hatte kurzes, weißes Haar. Die Kleine sah mich unverwandt an und ich starrte erstaunt zurück.

Mir war nicht klar, seit wann es diese Charakterklasse in The World gab, und noch weniger konnte ich mir erklären, wie das Mädchen ohne jegliche Waffe so tief in den Dungeon vordringen konnte, denn ich sah sie nichts in der Hand halten.

Da von ihr scheinbar keine Gefahr ausging trat ich näher heran und begann ein Gespräch.

„Wer bist du, Kleine?“, fragte ich über mein Headset und die Worte tauchten wie durch Zauberhand in der Chatbox auf. Die hochentwickelte Spracherkennung war eine der besten Entwicklungen von CC Corp. gewesen.

In diesem Moment, als die Angesprochene die Augen öffnete und mich ansah blieb mir fast das Herz stehen. Sie sah aus, als würde sie tatsächlich leben, ihre Augen spiegelten Emotionen wieder.

„Ich habe auf dich gewartet, Hien...“, gab sie sehr maschinell klingend zurück.



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