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Days of Horror

Bomben auf der Christopher Street
von

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Freitag - 08.Juni

~~~~ Irgendwo in China Town ~~~~
 

Das erste, was ihm in die Augen sprang, als er die Zeitung neben sein Frühstück legte, war die riesige Schlagzeile. Er hatte sich bereits darüber gewundert, in den letzten Ausgaben nichts von seiner neuen Bombe gelesen zu haben. Anscheinend hatte die Polizei ein Verbot verhängt, doch als er sich den kurzen Text unter dem Bild von dem brennenden Gebäude näher anschaute, glaubte er, nicht richtig zu lesen. Er rieb sich über seine dunklen Augen und las erneut.
 

‚BOMBER SCHLÄGT WIEDER ZU

Das angesehene und bis dato nicht als Gay-Laden bekannte ‚Basra‘ war das Ziel.

Wie die Polizei mitteilte, waren unter den Opfern einer ihrer Leute mit seiner fünfjährigen Tochter.

Das wirft die Frage auf: Ist dieser Bombenleger nicht nur hinter Schwulen her?

Lesen sie Seite 2’
 

Ein Rascheln begleitete das Umblättern und kaum las er weitere Details über den Brand, verwunderte es ihn zwar ein wenig, dass die Polizei so viele Daten preisgab, aber sie waren wohl genauso verzweifelt wie der zurückgelassenen MacLane. Er gratulierte sich förmlich für seinen Coup. Ein schrilles Kichern begleitete seine Augen, als diese über den Artikel huschten.

„Hab ich dich... Das wird ihn freuen... und dann zusammen mit der Tochter. Der Besitzer war zwar egal, aber je mehr ich erwische, desto weniger Schwule wird es geben, die ich bestrafe... ich bin genial...“
 

~~~~ Zur gleichen Zeit im 27. Revier ~~~~
 

„Wer von euch hirnamputierten Idioten hat diese Details an die Presse gegeben. Glaubt ihr wirklich, dass es Dee gut tut, wenn er dies hier liest? Also wer war es?“ schrie Ross seinen Ärger in den Raum und schaute jeden Einzelnen direkt an.
 

Keiner wagte ihm auszuweichen, aus Angst, als derjenige enttarnt zu werden, der diese brisanten Details über Ryo’s und Sara’s Ableben an die Presse verkauft hatte.

Wütend warf er die Zeitung auf den Tresen.
 

„Wenn ich den erwische, der das hier verbockt hat, dem gnade Gott, denn ich werde ihn eigenhändig häuten und vierteilen.“
 

Damit stürmte er in sein Büro und knallte die Tür laut hinter sich ins Schloss, dass man Angst haben konnte, dass die Scheibe herausflog.
 

„Verdammt!“ hörte man ein Murren im Büro durcheinander sausen. Jeder blickte jeden an, doch alle zuckten nur ratlos mit den Schultern.
 

~~~~ Zur gleichen Zeit bei Black’s ~~~~
 

„Ich hörte, wie du vor dem Basra was gemurmelt hast... Klang so wie ‚Das war kein Napalm’,“ fragte Black neugierig und stellte seine Kaffeetasse ab.
 

„Napalm ist heiß, aber so eine Wirkung hat es nicht. Ich habe von einem neuen Zeug gehört, das aber noch in der Erprobungsphase ist.“
 

„Deine Kontakte?“
 

Mick grinste geheimnisvoll. Obwohl er seinem Boss unterstellt war, hatte er seine Freiheit, und dazu gehörten auch seine eigenen Informanten.
 

„Was weißt du darüber?“ ließ Black jedoch nicht locker.
 

„Es ähnelt Napalm, hat aber im Inneren einen Kern, der zigtausend Grad heißer ist. Doch da die Masse noch recht instabil ist, ist es gefährlich, damit zu spielen. Aber davon mal abgesehen, reicht ein Gramm, um das Basra dem Boden gleich zu machen.“
 

Was ja auch getan war. Viel war von dem Geschäft von Tony nicht mehr übrig, außer Trümmer.
 

„Ein Bombenleger mit Connection zum Militär?“
 

„Davon gehe ich aus..“
 

Mick schlenderte von seiner Seite des Tisches rüber zu seinem Boss und Lover, reichte ihm dann die Morgenausgabe der ‚Tribune’.
 

„Meinst du, das war eine gute Idee?“ fragte Mick und legte die Zeitung vor Black auf den Tisch. Beugte sich kurz hinab und hauchte ihm einen Kuss gegen die Stirn. „Wenn du meine Meinung hören willst, ich halte es für einen Fehler.“
 

„Dich hat keiner gefragt, Mick! Ich musste etwas tun, nach dem, was du jetzt bestätigt hast,“ knurrte Black.

Ließ die Zeitung Zeitung sein und drehte sich zu seinem Geliebten herum, zog ihn auf seinen Schoß und küsste ihn heiß und leidenschaftlich.
 

„Wenn ich nur daran denke, dass ich dich so verlieren könnte... Ich spiele zwar gerne den großen harten Kerl. Aber du kennst mich. Im Geschäft und privat bin ich unterschiedlich wie Tag und Nacht.“
 

„Ja!“ lächelte Mick und schnurrte sacht, als er die Hände seines Chefs unter seinem Hemd spürte. „Heiß und glühend in der Nacht und kalt und eisig am Tage.“
 

„Dann sollte ich jetzt wohl langsam von kalt und eisig auf heiß und glühend schalten,“ säuselte er und vergrub seinen Kopf an Mick’s Halsbeuge. „Wir haben noch sehr viel zu tun. Ich muss mich mit ihm treffen. Allein. Du hältst hier so lange die Stellung und kümmerst dich um Steve.“ Enttäuscht seufzte Black auf und zog seine Hand zurück.
 

„Nachher... versprochen!“ lächelte er.
 

„Pass auf dich auf, Schatz! Wir sollten es Dee sagen,“ grinste Mick zurück und küsste ihn zum Abschied tief und fordernd.
 

„Später..., wenn er aufwacht.“
 

~~~~ Medical Center ~~~~
 

Müde und noch immer völlig fertig öffnete Dee am Morgen die Augen und mit einem Schlag kam die Erinnerung an gestern, oder war es schon der Tag zuvor, zurück. Wie unter heftigen Schmerzen krümmte er sich auf dem Krankenbett zusammen und fing an zu zittern. Kein Laut hört man von dem stummen verzweifelten Cop, keine Träne floss aus den traurigen Augen, die leer wie Feuer brannten. Man sah förmlich, wie ein Ruck durch den gesamten Körper schoss, sich dieser entspannte und Dee sich langsam aber beständig aufrichtete. Ohne noch länger zu zögern streifte er sich die Schuhe an, nahm die Jacke vom Haken an der Wand, wo sie wohl jemand aufgehängt hatte, warf sie sich über, und verließ die Kabine und rannte in Doktor Morgan, der gerade zu ihm wollte.
 

„Mr. MacLane? Wo wollen Sie hin?“
 

„Ich habe einen verrückten Bombenleger zu jagen, und Sie werden mich nicht aufhalten, Doc,“ knurrte Dee und beugt sich etwas zu dem kleineren Arzt hinab, um seiner Drohung mehr Gewicht zu geben.
 

„Ich werde Sie nicht hindern, Ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Warum sollte ich auch. Immerhin bin ich Arzt und eigentlich dazu hier, um Leben zu erhalten und nicht dabei zuzusehen, wie Sie es sinnlos hinfort wer...“
 

„Sinnlos? Sie haben doch keine Ahnung... Meine Wut ist das einzigste, was mich aufrecht hält, Doc. Ich weiß, der Splitter an meinem Hals hat meine Aorta nur knapp verfehlt. Aber ich kann nicht länger untätig herumliegen. Da draußen rennt der Mörder meines Mannes und meiner kleinen unschuldigen Tochter herum. Ich muss... ich kann nicht anders...“
 

Aus der emotionsgeladenen Stimme von Dee konnte man die Trauer deutlich hervorhören und auch seine Ernsthaftigkeit, die es jedem verbot, sich ihm in den Weg zu stellen.
 

„Passen Sie nur auf sich auf, ich habe Sie nicht umsonst zusammengeflickt!“ lächelte der Arzt ihn aufmunternd an und reichte ihm einige Tabletten. „Sie sollten sich hin und wieder ein wenig Ruhe gönnen. Diese werden Ihnen dabei helfen zu schlafen.“
 

Dee steckte das Pillenröllchen ein, nickte dem Arzt dankend zu und ging mit energischen Schritten zum Ausgang, wo ihn das nächste Hindernis schon erwartete.
 

„Ich hab von dem Unglück gehört, Dee. Es tut mir so leid!“ hörte der jüngere MacLane die leise grelle Stimme von Sam Yester, als er die Notaufnahme gerade verlassen hatte.
 

„Ach. Und woher?“ knurrte er und drehte sich langsam zu dem Go-Go-Tänzer herum.
 

„Es steht doch in der Zeitung. Sogar sein Name wurde erwähnt. Ich wusste ja gar nicht, dass deine Tochter schon fünf Jahre alt war... Sie sah dir mit Sicherh...“
 

Weiter kam Sam nicht, denn Dee holte ohne ein Anzeichen einfach aus und knallte Sam die geballte Faust gegen das Kinn.
 

„Halt’s Maul...“ fauchte er und krallte sich den Mittzwanzigjährigen am Schlafittchen, zog ihn nah zu sich. „Du hast doch keine Ahnung, was ich fühle... wie es mir geht... kümmere dich um deinen eigenen Kram und lass mich endlich in Ruhe... Wenn du denkst, dass du jetzt bei mir freie Fahrt hast, hast du dich geschnitten... Merk dir das, Yester.“
 

Dee stieß ihn zurück gegen die Wand und drehte sich um, um sich nach einer Fahrmöglichkeit umzublicken. Sein Wagen war wohl noch vorm Basra, das, wenn sein Gedächtnis noch richtig arbeitete, am anderen Ende von Manhattan lag. Er wühlte im Gehen in seiner Jacke, um sein Handy zu zücken, als ein Wagen neben ihm bremste.
 

„So war das nicht gemeint, Dee... wirklich nicht...“ schluchzte Sam und rutschte an der Wand hinab. Sah ihm mit tränenden Augen hinterher.
 

„Steig ein, Dee!!“ hörte Dee die Aufforderung durch ein heruntergelassenes Wagenfenster.
 

„Black?“ hörte man MacLane’s überraschte Äußerung, als er den Hummer neben sich erkannte.
 

„Wir müssen reden.“
 

Ohne noch länger zu zögern stieg er ein, und Black brauste mit ihm davon.
 

„Zum Basra...“ forderte Dee mit leiser, aber dennoch harter Stimme, um seine Emotionen dahinter zu verbergen.
 

„Dee, ich muss dir...“ Black unterbrach sich, konnte unmöglich so einfach mit einer Tatsache herausplatzen. Das würde garantiert dafür sorgen, dass Dee völligst schlapp machte.
 

„Ich höre?“
 

„Ich habe, im Gegensatz zu dir, wohl schon die Polizeiakten gesehen. Ich weiß, was sie gefunden haben, wo und wie die Bombe gezündet wurde. Willst du Details? Bist du dazu stark genug. Oder willst du heim, um zu trauern?“

Black’s Stimme war bar jeden Gefühls, als er kurz den Kopf zu Dee drehte und ihn neugierig anschaute. „Tut mir leid.“
 

„Da-anke!“ Schon dieses Wort brachte Dee an den Rand seiner Selbstbeherrschung.

„I-ich hab keine Zeit zu verschwenden. Ich will den Kerl in die Finger kriegen. Also, Black. Was weißt du?!“ forderte Dee nach einer kurzen Pause, in der er sich wieder gesammelt hatte.
 

„Zuerst meine Fragen, Dee. Du weißt, ich mache nie etwas ohne Gegenleistung. Also, woran erinnerst du dich?“
 

„Sara... sie war wohl mit Tony oben, sie winkte und war... war so... Warum willst du das wissen?“
 

„Komm schon, Dee. Du willst Antworten, die will ich auch. Also Sara war mit Tony oben... und?“ forderte Black ihn auf, weiter zu reden.
 

„Damn! Sie schien sich darauf zu freuen, dass wir sie abholen... sie schloss das Fenster... Ryo muss da schon im Laden gewesen sein... ich lehnte mich ans Wagendach und schaute zum Eingang... meine Gedanken schweiften... sie schweiften... für einige Minuten wohl... Dann hör... nein zuerst spürte ich die Splitter und die Druckwelle, dann erst hörte ich den Knall...“
 

Dee lehnte sich zurück, schloss die Augen und legte sich seine Hände vors Gesicht.

Black wartete, bis er sich wieder gesammelt hatte, legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter.
 

„Wir werden ihn schnappen... keine Sorge. Er hat sich definitiv die falschen Gegner ausgesucht.“
 

„Es ist... es ist... als ob alles in mir erstarrt ist... ich sehe ihn noch immer lächelnd und winkend von mir gehen. Ich höre seine Worte... dass er gleich zurück ist... Wieso, Black? Wieso er...? Ich versteh das nicht...?“ Leise erklang die belegte Stimme von Dee, der mit leerem Blick durch die Autoscheibe sah, doch nichts von seiner Umgebung aufnahm.
 

Mehrere Minuten brauchte Dee, um sich wieder zu fassen und auf den eigentlichen Grund zurückzukommen, warum er überhaupt mit Black durch die Gegend fuhr.

„Also Black,“ schniefte Dee nochmals und schaute seinen langjährigen Freund an. „Sag mir, was du weißt.“
 

„Okay. Aber es wird dir nicht gefallen. Dee?“
 

„Schon okay... ich muss es wissen. Entweder von dir oder nachher auf dem Revier. Mick hat bereist angedeutet, dass sie nichts gefunden haben. Also was meinte er mit ‚nichts‘?“

Black lenkte den Hummer nach links und kurz darauf in eine Parkbucht.
 

„‘Nichts‘ heißt, dass sie keine... Spuren gefunden haben. Es war eine Brandbombe mit extrem heißem Kern. Napalm sehr ähnlich. Diejenigen, die sich in direktem Umfeld davon aufgehalten haben, sind einfach in Sekundenschnelle verbrannt. Vollständig. Dee?“
 

Der schwarzhaarige Cop hörte die Worte, nahm sie auf und blickte wieder wie in Trance nach draußen.
 

„S-ei-nen Ring... Er trug ihn immer... den werden sie wohl gefunden haben!“
 

„Nein... jedenfalls noch nicht. Sie... Dee. Sie durchsuchen die Asche nach menschlichen Rück... DEE!“ rief Black überrascht, als Dee die Tür aufstieß und hinausstürmte.
 

Weit kam er jedoch nicht, denn Black holte ihn ein und ging langsam neben ihm her.
 

„Es tut mir leid... du wolltest es hören. Mick sagt es gerade Steve.“
 

„Tony? Max? Damn.“ Dee lehnte sich gegen die Mauer eines Apartmentgebäudes und ließ sich daran hinabrutschen. „Deswegen bist du also mit dabei?“
 

„Hauptsächlich wegen euch,“ erklärte Black, blieb jedoch in einigem Abstand stehen.
 

„Keine Angst um deinen Laden?“
 

„Er wird noch stärker bewacht als normal schon. Mein Sicherheitssystem wird nichts durchgehen lassen. Meldet Alarm, wenn ein Objekt länger als eine Minute unbeaufsichtigt herumsteht. Also da mach ich mir keine Sorgen. Komm schon, Dee. Steh auf. Wir haben zu tun.“
 

„Wie lange... wie lange habe ich geschlafen?“ fragte er heiser.
 

„Zwei Tage. Du brauchtest Ruhe. Du brauchst Kraft für die nächsten Tage.“
 

Black drehte sich um und ging langsam zurück zu seinem Hummer. Er hoffte, dass Dee ihm folgen würde, denn allein käme er nicht weiter und das wusste der Cop.
 

« Verdammt, warum weihe ich ihn nicht einfach ein... aber wenn er beobachtet wird? Nein, es muss so bleiben, er darf es nicht wissen... Das gibt Ärger... mächtigen Ärger... ich spür schon, wie meine Knochen heftige Bekanntschaft mit seiner Faust machen...»

dachte sich Black, als er auf die leisen Schritte hinter sich lauschte.
 

« Zwei Tage... Ryo... Sara! »

schrie er in seinen Eingeweiden und erneut fingen seine Augen an zu brennen. Doch er hatte keine Zeit zum Trauern, noch nicht, erst musste er seine Aufgabe erfüllen.

« Bald bin ich bei euch... wartet auf mich...»
 

~~~~ Irgendwo in Manhattan ~~~~
 

Ein gebeugt gehender Mann in einem knielangen schwarzen Mantel mit einem Schlapphut opferte erneut einen Quarter und zog sich die aktuelle Tageszeitung aus den diversen Ständern, die hier herumstanden. Ein breites Grinsen zeigte sich auf seinen schmalen, leicht geschminkten Lippen.
 

„Armes Kerlchen,“ flötete er dabei rau vor sich hin, „hat’s dich endlich erwischt... Lange genug hat es ja gedauert.“
 

Er warf noch auf der Straße einen genauen Blick auf den genaueren Inhalt, bis er fast einen Freudensprung machte, als er die genauen Angaben las. „Volltreffer...!“

Er faltete die Zeitung flüchtig zusammen, steckte sie sich unter den Arm und öffnete seine Apartmenttür.
 

„Bald seid ihr fällig, alle miteinander...“ nuschelte er in seinen nicht vorhandenen Bart und griff nach einem Bild, das auf dem Küchentisch herumlag. „So fängt es endlich an.“
 

~~~~ Vor dem Basra ~~~~
 

Dee fühlte, wie sich sein Magen in seinem Inneren umdrehte, je näher sie sich dem Basra näherten. Er brauchte noch nicht mal mehr die Augen zu schließen, um Ryo’s Lächeln, seine Kusshand zu sehen. Der letzte Blick auf ihn hatte sich in ihm eingebrannt und es schmerzte ihn, erneut diesen Ort aufzusuchen. Aber blieb ihm denn eine Wahl? Musste er sich nicht dem stellen? Wollte er nicht auch Frieden finden? Und sein Ende begann halt hier. Er schloss erschöpft die Augen, sammelte seine Reserven, die er so dringend brauchte, und verharrte erstarrt, als der Hummer anhielt.
 

„Wir sind da!“ sagte die sanfte, tiefe Stimme unnötigerweise neben ihm.
 

Er presste die Lippen fest aufeinander und öffnete die Augen und sah, was er erwartet hatte. Ryo’s strahlendes Lächeln, kurz bevor er in dem Laden verschwand und sich vor seinen Augen auflöste. Erneut brannten seine Augen, er zückte die Brille, die Black ihm netterweise überlassen hatte, und setzte sie auf. So hatte er wenigstens ein wenig Schutz. Er atmete tief durch und öffnete dann energisch die Tür. Stand mit leicht zitternden Knien auf dem Bürgersteig. Unweit der Stelle, wo er vor zwei Tagen zusammengebrochen war. Der Schmerz, der ihn überrollte, war tausendfach schlimmer, als er es sich ausgemalt hatte. Stützend lehnte er sich kurz gegen den Hummer. Wie aus der Ferne hörte er Black’s Worte. Doch erst ein Griff an seine Schulter holte ihn aus seiner Starre hervor.
 

„Du solltest nicht...“
 

„Ich muss... Wenn ich ihn schnappen will, muss ich. Bleib einfach in meiner Nähe, Black,“ sagte Dee und rückte die Brille zurecht. Sammelte dann nochmals seine restlichen Reserven, denn viele gab es davon nicht mehr, stieß sich vom Hummer ab und ging aufs Basra zu.
 

Mit geradem, durchgedrücktem Rücken, die Schultern starr aufgerichtet, betrat er mit festem Schritt die Überreste des Basra. Die Spurensicherung war noch immer vor Ort und durchsuchte die Aschenreste. Ihm wurde schon wieder flau, wenn er nur daran dachte, dass er hier irgendwo die Asche von seinem...
 

„Dee?!“ hörte er Cambels Stimme und blickte daraufhin in diese Richtung.
 

„Jim! Gibt’s was neues?“ erklang seine feste Stimme, der man kaum ihr Zittern anmerkte über die Kühle des gelöschten Feuers.
 

„Tut mir leid!“ Traurigkeit schwang in Jims Stimme mit, als er sich Dee bis auf einen Meter näherte. „Wie geht’s dir?“
 

„Hast du was gefunden?“ überging Dee diese dämliche Frage und blickte sich in dem Lokal um, wo er und Ryo oft essen waren. Er hörte das fröhliche Lachen von Sara, wenn sie bei Max in der Küche war und dort Salat zupfen durfte, und erneut presste er seine Lippen zusammen.
 

„Du solltest nicht...“
 

„Ich fragte, ob du was gefunden hast?“ unterbrach er Jims Hinweis mit ernster, harter Stimme, die mehr Autorität ausstrahlte, als er sie im Moment hatte.
 

Jim sah ihn wissend an und schüttelte dann den Kopf. Konnte er ihm denn die Wahrheit sagen, wäre er dafür überhaupt der Richtige. Aber einer musste es ihm sagen. Er hatte den Fundort photographiert und dokumentiert, also was sollte es, wenn sein Fund von heute morgen irgendwo in den Kisten der Ablage verstauben würde. Er griff also mit einem Seufzer in die Tasche, sah Black aus dem Augenwinkel und bat diesen mit einer kleinen Kopfbewegung, sich zu ihnen zu gesellen.
 

Black, der Dee keine Sekunde aus den Augen gelassen hatte, bemerkte sofort, dass irgendetwas im Busch war, als der Kerl von der Spurensicherung ihm zunickte. Er zögerte keine Sekunde und betrat das Trümmerfeld, stellte sich schräg hinter Dee auf.
 

„Ich hab es heute morgen gefunden...“
 

Jim zog das Tütchen aus der Tasche und übergab es Dee, der es mit leicht zitternden Händen entgegennahm. Er befürchtete fast, den Ring von Ryo zu erblicken, als er seinen Blick senkte, doch es war noch schlimmer.
 

„Sara!“ stöhnte er auf, kurz bevor seine Lippen sich erneut zusammenpressten und er die Tüte gegen sein Herz drückte und sich abwand.
 

Jim blickte Black an, gab Dee die Zeit, die er wohl benötigte, um sich das ganze Ausmaß vorstellen zu können. Sich deutlich zu machen, was hier passiert war und dass das, was er vor seinen Augen gesehen hatte, auch wirklich passiert war.
 

„Ich fand die Spange dort drüben, beim Küchenausgang. Vielleicht...“
 

„Sie hatte ihr Zimmer über der Küche, direkt neben Steve’s und Tony’s Zimmer,“ kam es rau von Dee. „Sonst noch was... seinen... seinen Ring...“
 

Jim schüttelte den Kopf und erst dann fiel ihm auf, dass Dee ja mit dem Rücken zu ihm stand, und so verneinte er.
 

„Die Bombe... gibt es... gibt es Spuren?“ Immer noch kämpfte Dee mit seinen Gefühlen. Aber jeder würde es wohl verstehen. Er wusste noch nicht mal, ob er überhaupt an diesem Fall dran bleiben konnte, aber er würde es auf alle Fälle und wenn Ross sich ihm in den Weg stellen sollte, würde er ihm gehörig seine Meinung sagen.
 

„Dee?! Du solltest wirklich...“
 

„Mr. Cambel!“ schaltete Black sich nun ein. „Seien Sie offen. Ich glaube doch, dass er ein Anrecht auf diese Frage und somit auch auf die Antworten hat.“
 

„Wir haben die Bombe nicht gefunden. Sie ist wohl zusammen mit allem, was hier drin war, verbrannt. Wir gehen anhand der Aussage der Feuerwehrmänner davon aus, dass es sich um eine Art Napalm gehandelt hat. Aufgrund der Hitze, wie sie sagten, und der Intensität des Glühens, glauben sie mit neunundneunzigprozentiger Sicherheit, dies bestätigen zu können. Ferner sind sie sich auch sicher, dass Brandbeschleuniger benutzt worden ist, da sich das Feuer so rasch und so verheerend ausgebreitet hat. Sie hatten Mühe, dafür zu sorgen, dass die Nachbarhäuser nicht auch noch zum Opfer der Flammen wurden.“
 

Dee hatte aufmerksam den Worten gelauscht. Nun, da Jim geendet hatte, brachte er es fertig, sich ihm wieder zuzudrehen.
 

„Danke. Kann ich... das behalten?“
 

„Sicher.“
 

„Wenn es was neues gibt, sag mir Bescheid.“
 

Dee ging zurück zum Hummer und setzte sich auf den Beifahrersitz. Die Haarspange in Silber mit goldenen Flügeln war zwar angekokelt, aber nicht ganz verbrannt. Wie kam es dann, dass sie Ryo’s Ring, ihren Hochzeitsring, nicht finden konnten. Diese Frage blieb weiterhin für Dee ein Rätsel. Er holte die Spange aus der Tüte, drückte sie sich an die Lippen und steckte sie dann in seine Brusttasche.

« Ihr fehlt mir so sehr...»
 

„Kann ich Sie kurz fragen... Mr. Black? Kommt er klar?“ hielt Jim den Modeladenbesitzer auf.
 

„Er wird müssen. Er wird den Fall beenden, was dann passiert... Sie können ihm helfen, Mr. Cambel. Stellen Sie sich ihm nicht in den Weg. Helfen Sie ihm bei all seinen Fragen. Auch dann, wenn man ihm vom Fall abziehen sollte. Seien Sie immer da, wenn er Fragen hat. Das würde ihm helfen.“

Black legte Jim zum Abschied die Hand auf die Schulter und ging zu seinem Hummer, wo er gerade sah, wie Dee Saras Haarspange verstaute.

Black stieg ein und startete den Wagen, fuhr auf die ruhige, abgesperrte Straße und wartete, dass Dee von sich aus was sagen würde.
 

„Wie... Steve. Tony ist doch auch...“
 

„Er ist auf dem Land. Er versucht dort Ruhe und Abstand zu finden,“ fiel Black ihm ins Wort. Gerne hätte er mehr dazu gesagt, aber er hatte nun mal sein Wort gegeben.
 

„Wohin?“
 

„Ins Revier und dann... ich weiß nicht... nach Hause?!“ murmelte Dee.
 

Black legte ihm beruhigend eine Hand auf den Schenkel und fühlte, wie Dee sich anspannte, wohl am liebsten aus den Wagen gesprungen wäre.
 

„Du kannst gerne bei mir einige Zeit bleiben. Mick ist im Moment nicht da.“
 

„Nein, danke. Aber ich muss... da alleine durch,“ stammelte er und schluckte seine Tränen erneut hinunter. Noch hatte er einfach keine Zeit, diesem Schmerz nachzugeben.
 

„Okay, dann zum Revier.“
 

„Nein. Morgen. Ich möchte... möchte nach Hause. Kannst du mich verstehen?“
 

Black nickte schweigend und nahm die Hand zurück. Fühlte den Schmerz der, in ihm brodelte, und hätte gerne einen Teil davon auf sich genommen.
 


 

****** TBC



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Vampire-Hero
2008-06-15T11:27:05+00:00 15.06.2008 13:27
Also man merkt richtig wie du von Fake begeistert bist. Nicht nur die Charas sondern auch die Story finde ich gut beschrieben und erinnert mich an den Manga. Sehr überzeugend erzählt, mit einer leidenschaft, die einem spaß macht weiter zu lesen, obwohl mir Ryos ableben oder verschwinden (hört sich nicht so endgültig an) viele Fragen und Sorge auf den Blondschopf aufwirft. Und was ist da in Manhatten los? Mir scheint es ist eine zwielichtige ecke, denn wer war dieser Typ? Und was er noch vorhat? Man oh man oh man…

LG
Vampire

Von:  Momolein
2007-11-18T19:46:10+00:00 18.11.2007 20:46
;________________;
*sniff*
Eigentlich habe ich mich ja aufs neue Kappi gefreut, aber irgednwie..das ist so damn traurig ey T_______T
shice...ich kann da so mitfühlen...
der arme dee ;________;
*schluchz*
aba irgendwie hab ich im gefühl, dass sein schatz noch lebt >.<
der ehering ist nicht einfach verschwunden..der ist noch am finger des besitzers >////////////////<
*nodnodnod*
weiter weiter weiter...ich halte diese trauer nicht mehr aus


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