Tearin' us apart
Wo war die laute Musik hin? Der hämmernde Bass? Alles erstarb in diesem Moment. Die Sekunden fühlten sich wie Minuten an. Die Musik war heruntergedreht worden und alle, die um sie herum standen, starrten sie an. Der pochende Schmerz in ihrer Wange ließ ihr Tränen in die Augen steigen. Gerade noch hatte sie ausgelassen in mitten der Leute gefeiert, hatte sich beinahe zugehörig gefühlt und jetzt stand sie alleine hier. Umringt von einem Haufen Fremder. „Du bist echt das Allerletzte!“, zischte Sora und ihre Augen funkelten sie zornig an. Mimi fasste sich vorsichtig mit einer Hand an die Wange und dem Schmerz nach zu urteilen, meinte sie fast, man müsste Soras Handabdruck darauf spüren können. Salzige Tränen liefen nun über ihr Gesicht. Die Anderen begannen zu flüstern und zu murmeln. Mimi spürte ihre kalten Blicke im Rücken.
Wie konnte das nur passieren? Was sollte sie nur tun? Sie musste weg von hier. Also begann sie erst langsam, dann immer schneller sich von allen diesen Leuten zu entfernen. Schließlich rannte sie, als sie sich von dem Grundstück entfernt hatte. Sie rannte immer weiter, bis ihre Lungen schmerzten und die kalte Nachtluft darin brannte…
12 Stunden vorher…
„Ach meine Kleine.. ich bin so stolz auf dich…“ Frau Tachikawa streichelte ihrer Tochter sanft über den Arm. „Ich wusste, dass du es schaffst..“
„Ach Mom… noch hab ich ja keinen Stammplatz. Drück mir einfach die Daumen, dass ich das heute gut hinbekomme.“ Ihre Mutter nickte eifrig. „Aber natürlich. Ich werde die ganze Zeit an dich denken.“ Die ältere Frau wusste ganz genau, was ihrer Tochter das Cheerleaden bedeutete und dass sie todunglücklich darüber gewesen war ihren Leader-Posten in New York abgeben zu müssen. Aber das war ja heute ihre Chance. Wenn sie heute zeigte, wie gut sie war, bekam sie mit Sicherheit einen Stammplatz und hatte damit auch wieder eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung.
Denn vor nichts hatte Frau Tachikawa mehr Angst, als dass ihr ihre Tochter wieder entgleiten könnte….
„Achso.. ähm.. Mom?“ Mimi hatte ihr unschuldigstes Lächeln aufgesetzt. „Nach dem Spiel findet so ne Party bei einem der Spieler statt… dürfte ich vielleicht… ganz kurz auch hingehen?“
Frau Tachikawa kräuselte die Stirn.
„Ich komme auch frühzeitig wieder nach Hause. Ich will ja nur nicht, dass alle denken, dass ich gar nichts mit ihnen zu tun haben will…“
Die Mutter seufzte. „Na meinetwegen. Aber du trinkst keinen Alkohol und bist um Mitternacht wieder zu Hause.“
Ein Grinsen breitete sich auf Mimis Gesicht aus. „Alles klar. Danke!!!“
Eng an ihren Freund gekuschelt lag Sora mit ihm auf dem Bett. „Mh.. das hab ich irgendwie vermisst.“ Taichi legte zusätzlich noch seinen Arm um sie. „Mhm.“ Während sie die Augen geschlossen hatte, starrte er die gegenüberliegende Wand an.
„Ich bin echt froh, dass die ganze Sache mit Matt jetzt raus ist. Ich hasse es, Geheimnisse vor dir zu haben.“
Wieder reagierte Tai nur mit einem Gemurmel.
Nun setzte sich die Rothaarige auf. „Was ist denn los mit dir? Du wirkst so angespannt? Ist es wegen dem Spiel heute?“
Taichi rückte ein Stück weiter nach hinten.
„Ja, das Spiel heute ist echt wichtig…“, antwortete er halbherzig.
Doch das war nicht wirklich das, was ihn beschäftigte. Letzte Nacht hatte er einen wirren Traum gehabt und fragte sich, was es damit auf sich hatte. Überhaupt war in letzter Zeit irgendwie vieles anders als sonst. Seine Rothaarige Freundin lächelte ihn aufmunternd ach. „Ihr schafft das schon. Ich mein, ihr habt den besten Kapitän, den es derzeit gibt…“ Sie drückte ihm einen Kuss auf die Lippen.
Taichi nickte leicht. Er konnte seine Gedanken einfach nicht beisammen halten. Schließlich erwiderte er dann ihren Kuss, um sie kurz darauf wieder von ihr zu lösen. „Hör zu, ich muss noch einige Vorbereitungen treffen. Wir sehen uns dann nachher, okay?“
„Okay…“ Sora stand auf. „Spätestens bei eurer Siegesfeier sehen wir uns…“
Keine zehn Minuten später war Tai gerade dabei seine Tasche zusammenzupacken, als es an der Haustür klingelte. Kurz darauf betrat Mimi sein Zimmer.
„Hey..“ sie lächelte ihn an.
Verwundert blickte er sie an. „Was machst du denn hier? Kein Hausarrest mehr?“
Ein freches Grinsen zierte ihre Lippen. „Die Regeln wurden etwas aufgelockert. Ich wollte dir noch eben schnell Glück für nachher wünschen.. Rate mal, wer dich persönlich nachher aufem Spielfeld anfeuert?“
Er brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, was sie meinte. „Tatsächlich? Du darfst richtig mitmachen?“ Sie nickte eifrig. „Na gut…“, sie zwinkerte ihn an. „Ich muss dann jetzt auch mal endlich meine Sachen zusammenpacken.“ Erklärte sie mit einem Blick auf seine Sporttasche. „Wir sehen uns dann ja nachher…“
Die Dunkelhaarige machte einen Schritt auf ihn, stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Taichi spürte, wie sich seine Wangen leicht rosa färbten. „Womit hab ich denn das verdient?“
„Das war ein Glückskuss.“ ,erwiderte sie frech grinsend.
„Achso..“ er nickte. „Ich verstehe…“, dann drehte er die andere Wange zu. „Dann bräuchte ich hier aber auch noch einen.“
„Kein Problem…“
Und ohne dass sie wussten, wie es geschah, trafen Mimis Lippen im nächsten Augenblick nicht seine Wange, sondern seine Lippen. Etwas erschrocken wich sie einen Schritt zurück.
„Okay ähm…“, verschämt blickte sie zu Boden. „Es ist wirklich höchste Zeit jetzt zu gehen. „Wir ähm.. sehen uns später..“ Und schon war sie verschwunden. Taichi wollte ihr noch etwas sagen, aber die Worte wollten einfach an die Oberfläche kommen….
~I wish that you could understand the way
I felt when she looked at me today
Oh when did I start tearin' us apart?
I'm tearin' us apart~
In zwei Stunden sollte das wichtige Spiel beginnen. Es ging darum, wer heute von ihnen ins Finale ziehen sollte. Mimi war bereits fertig umgezogen und wartete auf ihre Teammitglieder. Was hatte das vorhin zu bedeuten? Eine komische Situtation war das gewesen. Während sie sich noch weiter Gedanken machte, wurde sie unsanft von der Seite angerempelt. „Hey pass…“, doch sie verstummte, als sie erkannte, dass es eine von Karis Freundinnen gewesen war. Es lohnte sich kaum, sich darüber aufzuregen. Doch wieder einmal fragte sie sich, was sie Kari eigentlich getan hatte, dass diese so gemein zu ihr war. Damals hatten sie sich doch gut verstanden? „Sieh zu, dass du es gleich nicht vermasselst.“ Zischte ihr das Mädchen von gerade noch zu, ehe es sich zu Kari und den anderen begab. Ihr Blick traf den von Kari. Verächtlich schaute diese auf den Boden. Vielleicht sollte sie, wenn das Spiel gut gelaufen war, auf der Party nachher versuchen mit Kari zu sprechen?
„Spürst du das auch?“
„Was denn?“ Die Rothaarige starrte wie gebannt aufs Spielfeld und war beinahe dabei sich ihre Daumen zu zerdrücken.
„Sie starren mich alle an.“
Für eine Sekunde löste sie ihren Blick und sah ihn verständnislos an. „Ach was.“
„Aber ja doch, natürlich..“ Er rückte seine verdunkelte Brille zurecht.
„Sie haben alle diesen Artikel gelesen…“, murmelte er vor sich hin und fuhr sich mit der rechten Hand durch sein blondes Haar, während seine beste Freundin weiterhin nur aufs Spielfeld starrte. Das Spiel verlief nicht so ganz, wie sie es sich alle erhofft hatten.
Wenige Minuten später wurde das Spiel abgepfiffen. Es war vorbei. „Unentschieden…“, murmelte Sora und machte sich mit Matt dran nach unten zu den Spielern zu kommen. Da würde ihr lieber Freund aber wahrscheinlich ziemlich niedergeschlagen sein.
Auch die Cheerleaderinnen ließen beinahe enttäuscht ihre Pompoms hängen, während sie in die Kabinen zurückgingen.
„Hey Sora.“ Kari winkte ihr zu. „Hast du nachher mal Zeit? Ich müsste kurz mit dir sprechen.“
Die Angesprochene nickte. „Klar, kein Problem.. ich warte gleich vorne beim Ausgang.“ Sie ging hinüber zu Taichi. Dieser war, wie bereits vermutet doch etwas geknickt. Hätten sie gewonnen, währen sie sicher ins Finale gezogen, nun mussten sie weiterhin bangen…
„Hey, du warst gut…“, versuchte sie ihn aufzumuntern…
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„Wow.... sagt nicht, dass ihr DAS gerade verpasst habt?“ Tracey betrat kichernd den abgedunkelten Raum. Scheinbar hatte sie sich schon einige Drinks gegönnt, denn sie lief etwas holperig zum Sofa um sich dort abzustützen. Taichi blickte nicht mal zu ihr auf, denn Tracey gehörte mit zu Karis Clique und das meiste, was die von sich gaben, war totaler Müll. Stattdessen starrte er weiter deprimiert auf den Tisch vor sich. Warum hatten sie heute nicht gewonnen? Die andere Mannschaft war eindeutig schlechter gewesen, wie hatten sie es nur so vermasseln können?
Wenn er ehrlich zu selbst war, kannte er den Grund seines eigenen Versagens, er hatte wohl auch etwas damit zu tun, dass er einem gewissen Mädchen bisher aus dem Weg gegangen war.
„Nun erzähl schon Tracey...“, forderte Sasuke die Blondine auf.
„Also, passt auf. American Girl hat gerade auf der Tanzfläche mega eine von Sora verpasst bekommen!“, wieder kicherte sie albern. Dieses Ereignis schien sie total zu amüsieren.
Nun horchte Taichi auf. „Was sagst du da?“
„Sie hat sich eine schallende Ohrfeige abgeholt und ist heulend abgehaun.“, erklärte Tracey grinsend. Ungläubig schüttelte Tai den Kopf. „Warum sollte Sora so etwas tun?“ Er stand auf und verließ den Raum, um seine Freundin zu suchen.
Lange musste er nicht suchen. Sie stand am Rande der Tanzfläche an der einer Wand gelehnt und starrte den Boden hat.
„Sora, was ist los?“, fragend blickte er sie an. Zögernd richtete sie ihren Blick auf ihn. „Das sollte ich wohl besser dich fragen.“
„Was meinst du damit?“
Einige Sekunden reagierte die Rothaarige nicht, funkelte ihn stattdessen nur mit ihren Augen an. „Du meinst also, es gibt nichts, was du mir zu sagen hast?“ Für einen kurzen Moment dachte Tai an den Kuss von heute Mittag, aber den konnte sie unmöglich meinen.
„Richtig, ich hab keine Ahnung, wovon du sprichst.“, bekräftigte er seine Aussage.
„Okay, wie du meinst. Dann hab ich dir für heute Abend auch nichts mehr zu sagen.“, wütend stapfte sie davon und ließ ihren ratlosen Freund zurück.
Was war passiert, dass sich die zwei Freundinnen so sehr gestritten hatten?
Beinahe vorsichtig wurde die Musik wieder angedreht, allerdings dauerte es dann nur wenige Minuten bis die meisten sich wieder zurück auf die Tanzfläche trauten. Taichi starrte seiner Freundin nach. Er konnte sich einfach nicht erklären was vorgefallen war.
In seiner Verzweiflung griff er nach seinem Handy und versuchte Mimi anzurufen. Das verdammte Mobiltelefon versuchte bestimmt mindestens 60 Sekunden lang, die gewählte Nummer zu erreichen, war dabei jedoch erfolglos.
Nur kurze Zeit später lief er durch den Vorgarten der Takenouchis. Er musste einfach wissen, was vorgefallen war. Er hoffte bloß, dass niemand den Ersatzschlüssel der Hintertür aus dem gewohnten Versteck genommen hatte. Doch diesen brauchte er auch gar nicht. Vor der Haustür noch traf er auf Sora. Diese war dabei in ihrer Handtasche nach dem Schlüssel zu suchen. Behutsam legte er ihr seine Hand auf die Schulter. „Hey....“ Mit leichtem Widerstand ließ sie sich in seine Richtung drehen. Im Schein der Hauslaterne erkannte er, dass sie gerötete Augen hatte und sich noch weitere Tränen ihren Weg bahnten. Es tat ihm weh, sie so zu sehen.
„Was ist denn passiert?“
Sie schüttelte bloß stumm den Kopf. Riss sich zusammen, um nicht schluchzen zu müssen.
„Bitte rede doch mit mir....“
Für einige Sekunden biss sie sich auf die Unterlippe, schien darüber nachzudenken, was sie ihm sagen sollte. Schließlich fragte sie mit zitternder Stimme: „Hast du Mimi geküsst?“
Im ersten Moment wollte er es leugnen, doch dann entschloss er sich zur Wahrheit und nickte leicht. „Es ist aber nicht so wie du denkst... das war mehr ein freundschaftlicher Kuss... mehr nicht...“
Sora atmete tief durch, reagierte jedoch ansonsten nicht. Sogar ihre Tränen versiegten ab diesem Augenblick.
„Sag doch was, bitte....“
„Es gibt keine freundschaftlichen Küsse.“ Sie machte eine Pause. „Lass mich jetzt bitte einfach alleine....“
