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Sorglospunks forever

von

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Die Sorglospunks erobern das Weltall

„Three, two, one, lift off. We have a lift off!”

Laut donnernd schoben die kerosinbetriebenen Triebwerke die Sojus-Rakete durch die Atmosphäre dem luftleeren Raum des Weltalls entgegen.

Freudiger Applaus brandete in der Bodenüberwachung der Kosmodroms in der kasachischen Steppe von Bayqoñir auf.
 

Ein Knacken an den Funkgeräten verkündete, dass die Astronauten an Bord der Raumkapsel bereit waren, sich zu melden.

„Sojus, wir hören“, sandte einer der Funker in den Äther und drehte an dem Schaltknopf für die Bildübertragung. Sekunden später erschien das freudig aufgeregte Gesicht einer dunkelhaarigen, jungen Frau. Fingerknöchel klopften gegen die Scheibe des Videomonitors. „Darf ich? Darf ich??“ Ein breites Grinsen erschien auf dem eifrigen Gesicht. „Houston, wir haben ein Problem!“

„Waaah! Nein!“ Das Gesicht der jungen Frau wurde augenblicklich von dem eines leicht hektisch wirkenden, sportlichen Mannes abgelöst. „Bayqoñir? Hören Sie? Hier ist alles in Ordnung.“

Im Hintergrund sah man, wie die junge Frau von einem Kollegen eine Kopfnuss versetzt bekam und mit einem scharfen „Easy!“ zurecht gewiesen werden sollte.

Der Einwand einer zweiten jungen Frau, dass es außerdem „Bayqoñir, wir haben ein Problem“ und nicht Houston heißen müsse, ging unter, denn Easy versuchte sich von ihrem Kollegen loszumachen. „Lass mich, Chris! Der Igor da vorne hat nicht Recht, wir haben ein Problem: Die Nachos sind alle!”

Unglauben zeichnete sich auf den Gesichtern in Bayqoñir ab. Was waren denn das für Vögel? Und wer hatte überhaupt die Schnapsidee, Zivilisten in den Weltraum zu lassen?
 

Tja, der geneigte Fan hat sicher schon geahnt, dass es sich bei diesen ‚Vögeln’ um niemand geringeren als die Sorglospunks – die imaginärste Band der Welt – handelte. Doch was machten Easy, Jack und Chris auf dem Weg ins All?

Spulen wir einfach mal die Zeit in paar Wochen zurück. Ein paar mehr Wochen...
 

Zu diesem Zeitpunkt saß Nifen, die Managerin der Band, wie üblich hinter ihrem Schreibtisch und ging ihrer Arbeit nach. Sprich, den Sorglospunks neue Auftritte und dadurch möglichst den Durchbruch und weltweiten Ruhm zu verschaffen. Doch die diversen Internet-Musik-Plattformen zu durchforsten und E-Mails zu beantworten, war nur ein Teil ihrer Arbeit, denn ihr oblag es auch, dafür zu sorgen, dass die Bandkasse nicht allzu sehr in die Miesen rutschte. Erstaunlicherweise hatte sich das Kiwi-Merchandise als steter Geldsegen in kleinem Maße erwiesen und die Band schon gelegentlich vor dem Ruin gerettet. Nun ja, auf jeden Fall, solange der Weltruhm und die damit verbundenen gigantischen Einnahmen, die zu zählen dann der Bandphilosoph LennStar helfen würde, noch auf sich warten ließen, versuchte Nifen durch die Teilnahme an diversen Gewinnspielen und Preisausschreiben die Bandkasse ein wenig aufzustocken. Bislang war dabei zwar nur eine Sendung Katzenfutter, das Kiwi nicht geschmeckt hatte, und ein Halbjahresabonnement einer Radsportzeitschrift, die nach drei Ausgaben eingestellt worden war, dabei herausgekommen, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt und bei den Sorglospunks noch später. Und so machte Nifen munter weiter.

Das war auch gut so, denn andernfalls hätte sie nie das Preisausschreiben von Michajl Kieswiehoyskij entdeckt. Dieser schwerreiche, russische Erdgasmagnat lobte auf der Homepage seines Konzerns einen Trip ins Weltall für eine Gruppe von bis zu drei Personen aus. Alles was man für die Teilnahme machen musste, war ihm darzulegen, wieso man ins All wollte und was er, Michajl Kieswiehoyskij davon hätte, diese Reise zu finanzieren. Natürlich auf Russisch. Und das ganze sollte man dann per Post an ihn schicken – E-Mail war nicht möglich, da er keine Lust auf Spam hatte. (Eine Sache, die Nifen irgendwie gar nicht verstehen konnte!)

Nun konnte die Bandmanagerin gerade mal drei Worte auf Kyrillisch-Russisch lesen und nachschreiben: System, Reaktor und Bogdan. (Bei dem letzten Wort handelte es sich um einen Eigennamen, der zu einem verdammt süßen, sehr coolen Typen gehörte, den die Bandmanagerin während des Studiums bei einem anderen musikalischen Projekt kennengelernt hatte.) Doch die geringen Russischkenntnisse hielten sie nicht davon ab, es zu versuchen. Wozu gab es in Windoof eine Zeichentabelle und in Word die Möglichkeit gleich auf Kyrillisch zu schreiben? Rasch noch die Russisch-Rechtschreibung installiert und schon konnte es losgehen!

Voller Enthusiasmus, mit einer Extraportion Inspiration für Formulierungen (Marke Bandmuse abranka), machte sich die Managerin ans Werk, diesem Michajl Kieswiehoyskij zu erklären, wie toll doch die Sorglospunks waren, Weltruhm für sie mit einem Konzert im All sicher sei und er selbst sich auf die Flagge schreiben könnte, das erste Musikkonzert im Weltall ermöglicht zu haben, was ihm bestimmt auf ewig einen Eintrag in die Geschichtsbücher bescheren würde. Klang alles super, sah auf Kyrillisch toll aus, nur wer Word kennt und um Nifens nicht vorhandene Russischkenntnisse weiß, ahnt, wie viele Worte auf dem Bildschirm rot-schraffiert unterstrichen waren. Es genügt festzuhalten, dass es weit weniger aufwändig war, die Wörter zu zählen, die nicht unterstrichen waren.

„abranka?“, fragte Nifen leicht zweifelnd. „Ich glaube, damit gewinnen wir nicht.“

Die Bandmuse manövrierte ihre Wolke so, dass sie den Text auf dem Bildschirm kritisch unter die Lupe nehmen konnte. „Hm, sieht irgendwie Russisch aus“, kam es schließlich von ihr.

„Soll ja auch Russisch sein“, erklärte Nifen.

„Ich kann aber kein Russisch“, gestand abranka.

„Ich auch nicht.“

Womit man zwar eine toll formulierte Bewerbung hatte, die aber kein Mensch und schon gar nicht Michajl Kieswiehoyskij lesen und beurteilen konnte.

„Du hast nicht zufällig eine russische Kollegin, die uns vielleicht helfen würde?“, fragte Nifen wenig hoffnungsvoll.

abranka legte ihre Stirn in inspirierende Falten und dachte nach. „Ich könnte es ja mal versuchen...“, war alles was sie nach einer kurzen Weile sagte. Und schon düste Wolke samt Muse zum Olymp, wo das Arbeitsamt für Musen, Erinnyen, Klabautermänner und ähnliche Wesen untergebracht war.

Der ‚Versuch’ hieß witja und war eine altgediente, aber dennoch jung aussehende Muse, die für die russischen Beiträge des Grand Prix d’Eurovision de la Chanson jahrelang verantwortlich gewesen war. Und das beste: Sie konnte Russisch!

Nifen allerdings immer noch nicht und so verstand sie die Inspiration für die russischen Formulierungen, die natürlich ebenfalls auf Russisch auf sie niederprasselte, nicht. (Für alle, die sich jetzt fragen, wie dann abranka als deutsche Muse witja verstehen konnte, so lautet das Zauberwort ‚Musisch’, eine interne Musensprache, eine Art Summ-Singsang, der zwar schön klingt, aber leider nicht als Dolmetscher-Zwischenstufe geeignet ist.)
 

Letztendlich schafften sie es als Vierergespann, bestehend aus Nifen, abranka, witja und Fanchef/Bandphilosophen LennStar, der in der Schule zumindest noch die Grundzüge der russischen Sprache gelernt hatte, eine vernünftige Bewerbung zu schreiben. Auf Russisch und sogar mit einer Unterschrift des Bandmaskottchens. Und dank einiger inspirierter Postboten in Deutschland und Russland schaffte es das Bewerbungsschreiben sogar termingerecht zu Michajl Kieswiehoyskij. Etwas, dass außer der Bewerbung der Sorglospunks nur noch eine Doujinshi-Gruppe aus Japan, deren Mitglieder ihre mangelnden Russischkenntnisse einfach mit umgangen hatten, dass sie ihre Bewerbung gezeichnet hatten, und ein Beitrag der mexikanischen Eishockeypuck-Befreiungsfront geschafft hatten.
 

Die Band erfuhr nie, ob Michajl Kieswiehoyskij wenig Interesse an einem Feriencamp für Eishockeypucks auf dem Mond hatte, oder ob die Doujinshi-Gruppe vom Wettbewerb ausgeschlossen wurde, nachdem die Mitglieder als chinesische Werksspione enttarnt wurden, fest stand am Ende nur, dass Easy, Chris und Jack ins Weltall fliegen durften.

Na ja, nicht sofort, denn zuerst mussten unsere geliebten Sorglospunks weltraumtauglich fit werden. Sprich trainieren, und zwar nicht nur ihre Instrumente unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit spielen zu können, sondern auch die Belastungen des Starts und der Landung zu ertragen.

Nicht selten versuchte während dieser Schinderei das ein oder andere Bandmitglied, Kiwi davon zu überzeugen, mit ihm/ihr den Platz als Bandmaskottchen zu tauschen. Unnötig zu erwähnen, dass die wohlgenährte Katze wenig geneigt war, auf diese Vorschläge einzugehen. Und eigentlich wollte ja auch keines der Bandmitglieder, trotz des ständigen „Kiwi hat’s gut“-Gestöhnes, auf den Trip ins Weltall verzichten.
 

Womit wir wieder in der Gegenwart wären, wo Easy noch immer sich darüber entrüstete, dass der Peter, der deutsche Astronaut, der die Sorglospunks auf dieser außergewöhnlichen Reise begleitete, ihr alle Nachos weggefuttert hätte.
 

Ein Kommentar auf Russisch des zweiten Astronauten, Igor, rief bei der Bodenbesatzung wahlweise ein breites Grinsen oder ein Augenrollen und vor die Stirn schlagen hervor.

„Was ist los, was hat er gesagt?“, fragte Nifen abranka, die wiederum witja fragte. Denn natürlich waren sowohl die Managerin als auch die beiden Musen und Kiwi mit nach Bayqoñir gekommen.

abranka lächelte amüsiert. „Laut Igor mag Peter gar keine Nachos, aber anscheinend mag er Easy“, erklärte sie nach einer kurzen Summkonferenz.

„Okay, ich order dann schon mal den mobilen Heizkörper mit passenden Ketten“, erwiderte Nifen grinsend. Denn sollte Easy die Flirtversuche des Astronauten, als welche man den Nacho-Klau wohl ansehen musste – und hatte Peter ihr nicht auch überaus bereitwillig geholfen, den Raumanzug richtig anzuziehen? –, bemerken und auch erwidern, würde sie spätesten, wenn die Band wieder in Deutschland und Peter wieder auf dem Weg zur ISS war, das Verlangen haben, sich an eine Heizung ketten zu lassen, damit sie nicht ständig versucht war, nach Bayqoñir durchzubrennen. Easy eben... Und es war ja nicht so, dass man ihr so ein kleines, romantisches Abenteuer nicht gönnte! Nur ergab sich bei einem an der Wand verankerten Heizkörper das Problem, dass die Band unter diesen Umständen nicht auftreten konnte. Deshalb also ein mobiler Heizkörper, der im natürlichen Umfeld der Sorglospunks, sprich der Bühne und dem Rampenlicht, einfach als Besonderheit der Bühnenshow deklariert wurde.
 

Mittlerweile hatte abranka beschlossen, Easys Nacho-Tirade ein Ende zu bereiten, und war mit ihrer Wolke zum Funkgerät geschwebt. „Eeeasyyyy!“, rief sie die Frontfrau der Sorglospunks. „Sag mal, du bist im Weltraum und hast nichts Besseres zu tun, als dich über Nachos, beziehungsweise deren Fehlen zu beschweren? Während du hier rumzeterst versäumst du bestimmt ein halbes Dutzend Sonnenaufgänge, einen atemberaubenden Blick auf den Mond, von der ungestörten Aussicht auf die Sterne ganz zu schweigen!“ Dieses so beschriebene Panorama müsste doch eigentlich dermaßen inspirierend sein, dass ungeachtet des bevorstehenden Konzertes noch mindestens ein halbes Dutzend potenzieller neuer Sorgloshits dabei heraussprangen.

Ob diese Ansprache bei Easy den gewünschten Erfolg hatte, war spontan nicht auszumachen, aber abrankas Worte schienen zumindest Peter zu inspirieren, Easy die Sonnenaufgänge zu zeigen und die Romantik der Situation für sich sprechen zu lassen. Abgesehen davon, dass die Enge der Raumkapsel ihm dabei erlauben würde, ein wenig mit Easy auf Tuchfühlung zu gehen, sofern das eben durch zwei Raumanzüge hindurch möglich war...
 

Tatsächlich schien Peters Plan aufzugehen, denn knapp vier Stunden später, als das erste Weltraumkonzert in der Geschichte der Menschheit begann, begrüßte Easy das Publikum auf der Erde mit folgendem Satz, begleitet von einem verschwörerischen Zwinkern: „Hallo liebe Sorglosfans und Nachos-Diebe, live von hier oben bringen wir unser Urknall-ist-besser-als-Urwald-Konzert ‚Sonne, Mond und Sterne’!“
 

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„Argh! Easy! Das darf doch nicht wahr sein! Hast du schon wieder alle Nachos aufgegessen?“ Mit wutverzerrtem Gesicht starrte Jack ihre Schwester an, die sie verschlafen vom Sofa her anblinzelte.

„Das war ich nicht, das war der Peter“, murmelte Easy und drehte sich um, um weiterzuschlafen.

„Nix Peter! Das warst du!“ Empört wies Jack auf die verräterischen Krümel rund um das Sofa und rüttelte Easy an den Schultern.

„Hey Mädels, seid ihr soweit? Wir müssen los“, kam es da von der Wohnzimmertür, wo Chris schon die ersten Instrumente vorbeischleppte.

„Was? Fahren wir nach Bayqoñir?“ Schlagartig hellwach, schoss Easy auf dem Sofa in die Senkrechte.

„Wieso Bayqoñir? Hast du vergessen, dass wir heute im Kindergarten auftreten?“, fragte Jack kopfschüttelnd.

Kindergarten? Ach ja, die Aktion ‚Rettet die Kinder vor gemeingefährlichen Teeniebands und Boygroups und rekrutiert sie frühzeitig als Sorglosfans’. Zumal Kinder von Natur aus sorglos und deshalb als Fans der Sorglospunks geradezu prädestiniert waren! Eine neue geniale Idee aus dem Hause des Managements, der eine Logik innewohnte, der sich auch Easy nicht entziehen konnte. Und so stand sie ächzend vom Sofa auf und machte sich mit Jack und Chris auf den Weg zum Kindergarten, obwohl sie doch viel lieber nach Bayqoñir gefahren wäre...
 

Knapp eine Stunde später stand die Band in der Dämmerung des Novemberfrühabends ihren zukünftigen Fans gegenüber, die sie aus großen Augen ansahen.

„Lets punk!“, forderte Easy ihre Bandkollegen auf und das taten sie auch: „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne...“
 

Und die Moral von der Geschicht?

Klau Easy ihre Nachos nicht!

(Es sei denn du bist ein gutaussehender Astronaut mit romantischen Absichten. *g*)



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