2. teil
Erschrocken blickte er sich um. Der Proberaum war leer, abgesehen von dem kleinen braunhaarigen Japaner neben ihm. Der Rest der Band war lautlos gegangen, hatte ihn einfach so alleine gelassen. Kyo kannte den Jungen nicht, sah ihn deshalb etwas verwirrt an. Der kleine hingegen lehnet sich etwas an den älteren und seufzte leise: „Ich muss auch manchmal weinen wenn ich deine Texte lese …“
Ein Fan also, dachte der Blonde. Trotzdem gefiel es ihm, dass der Junge ihm Aufmerksamkeit schenkte. „Wie kommst du hier her?“ fragte Kyo nun doch, wollte wissen wie es Fans in ihren Proberaum schafften und das offensichtlich so leicht. Der Junge sah ihn erneut an. „Wir haben hier ein Demo-Tape abgeliefert und weil ich so klein und Platz sparend bin, hab ich es geschafft auszubüchsen … Dann hörte ich dich weinen.“
Der Ältere wischte sich über die Wange – erst jetzt bemerkte er dass er weinte. Schnell verwischte er die Tränen, wollte sich seinem kleinen Gast zuwenden. „Wie heißt du? Und wie heißt deine Band?“ der kleine Lächelte Selbstbewusst. Kyo gefiel dieses Lächeln, es sah so natürlich aus – ganz anders als sein eigenes, das immer irgendwie verunglückt wirkte.
„Ich bin Ruki und meine Band heißt GazettE.“ Erklärte er selbstsicher. Das Gespräch erstarb. Kyo betrachtete Ruki eingängig und dieser tat es ihm gleich. „Vielleicht solltest du nach Hause gehen …“ sagte der jüngere nach einiger Zeit vorsichtig. Er wollte den älteren nicht alleine lassen, aber er sah ein dass es diesem in jener Umgebung alles andere als gut ging. Doch Kyo schüttelte nur hastig den Kopf. Er wusste nicht woher der Zwang kam oder wodurch er ausgelöst wurde, aber er hätte es jetzt nicht ertragen allein zu sein. Wieder lächelte sein gegenüber so ansehnlich wie zuvor. Nun lehnte auch Kyo sich an den Jüngeren, obwohl er diesen kaum kannte und er eigentlich nicht der Mensch war der schnell Vertrauen fasste. Jedoch fühlte er sich gleich wohl, obwohl er nicht einmal viel über den kleinen wusste. Nur seinen Namen und seine Band. Aber allein das schon gab ihm ein unbegründetes Gefühl von Vertrautheit.
„Ich mag jetzt nicht allein sein …“ flüsterte er nun leise, doch Ruki verstand. Er schloss nun auch den zweiten Arm um den kleinen Blonden, hielt ihn fest und strich den schmal wirkenden Rücken entlang.
„Magst du ein Eis essen gehen?“ fragte Ruki irgendwann unvermittelt, spürte er doch auch die immer bedrückender werdende Atmosphäre des Proberaums. Hier würde er Kyo nicht lächeln sehen können.
Überrascht sah der Blonde ihn an. Dieser zuckte mit den Schultern. „Wenn ich traurig bin esse ich auch immer Eis! Na komm … Ich lad dich ein!“ Die Augenbrauen des Blonden wanderten nach oben als er sein Gegenüber kritisch musterte. Auf die Idee jetzt ein Eis zu essen wäre er niemals selbst gekommen. Kurz überlegte er. Durfte er das tun? Natürlich nicht, Shinya wäre enttäuscht, vielleicht sogar wütend. Aber enttäuscht ist bei ihm schon schlimm genug, mit dem Blonden Drummer war nicht zu spaßen. Kritisch betrachtete er seinen flachen Bauch. Würde Shinya essen ihm ansehen? Innerlich lachte der Blonde über den Gedanken. Wenn der Schlagzeuger ihn nicht auf frischer Tat ertappte, es roch oder Spuren an seiner Kleidung fand war er doch sicher. Oder?
Ruki bemerkte Kyos besorgte Blicke, kniff ihm frech in die Wange um die Aufmerksamkeit des Blonden zu erlangen. „So schnell wirst du nicht fett werden. Ein Eis passt da schon rein!“ Belustigt bemerkte er wie Kyos Augen begannen zu glänzen. Auch wenn er noch nicht geantwortet hatte zog er den älteren nun hinter sich her, erstmal aus dem Proberaum hinaus. Dann drehte er sich allerdings noch einmal um, sah keinen Widerstand von Kyos Seite und zog ihn dann ruhigen Gewissens aus dem Gebäude.
