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Eternal Fantasy

von

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Cd-1

Die Rechte an den Charakteren, Orten usw. liegen bei Square Enix. Und nein, ich verdiene keinen Cent damit.
 


 


 

Ein blauer Planet. Einer von unendlich vielen, doch dieser unterscheidet sich von den zahllosen anderen Kugeln aus Stein, Staub und Gas, die durch das Weltall treiben. Dieser Planet lebt. In seinem Inneren pulsiert ein sogenannter Lebensstrom. Es gibt nicht viele solche Planeten im All. Es sind Juwelen der Schöpfung, könnte man sagen. Der Lebensstrom in ihrem Inneren bringt Lebensformen auf ihrer Oberfläche hervor. Pflanzen, Tiere... und Menschen. Allen diesen Wesen ist gemein, dass sie irgendwann sterben und dann wieder in den Lebensstrom zurückkehren. Sie gehen ein in diesen ‚Fluss’ des Lebens, damit aus der gesammelten Energie wieder neues Leben anderswo auf diesem Planeten entstehen kann. Es ist dies der Kreislauf des Lebens, der sich solange wiederholt, solange der Planet lebt. Auch Planeten können sterben, doch hat dies noch nie jemand beobachtet.

Diese Geschichte beginnt auf einem Planeten, dessen Menschen lieben und hassen, Glück empfinden, ebenso wie Angst... Menschen eben. Einige von ihnen verloren jeden Respekt vor dem Planeten, der sie alle mit Leben erfüllt hatte. Es begannen Kämpfe, Kriege... und fast wäre der Planet gestorben. Und ein Mensch weigerte sich, in den Lebensstrom zurück zu kehren, wie es seine Bestimmung gewesen wäre... doch zu diesem besonderen Menschen später mehr. Eine kleine Gruppe tapferer Männer und Frauen hat für diesen Planeten gekämpft. Auch wenn sie ihn letztendlich nicht retten konnten... dein ein Planet kann sich nur selbst retten. Und das tat er letztendlich auch.
 

Tausende Lichter formten das Bild dieser Stadt, so dass man sie bereits aus dem All sehen konnte. Die Stadt war rund wie eine Pizza und wurde in acht Stadteile, acht Sektoren, unterteilt. Die vielen Lichter wurden von Mako-Energie gespeist, woran die meisten Menschen in dieser Stadt aber keine Gedanken verschwendeten. Die meisten... aber nicht alle.

„Verdammt, Spikey! Gib Gas!“

Er rannte sich die Lunge aus dem Leib. Wieder einmal wunderte er sich, wie dieser riesige Typ sich so schnell bewegen konnte. Die Alarmlichter in den Waggons tauchten alles in dumpfes rotes Licht. Hastig schlüpfte er durch eine automatische Schiebetür durch, bevor diese ihm den Weg abschneiden konnte. Biggs und Wedge waren nur wenige Schritte vor ihm. Einige verdutzte Fahrgäste beiseite stoßend, schloss er endlich zu ihnen auf. Schließlich erreichten sie den letzten Waggon.

„So ein Mist...“

Verärgert blickte Barret durch die offene Schiebetür in die Dunkelheit. Sie waren in einem Tunnel.

„Bis zur nächsten Haltestelle kann’s ja nicht mehr weit sein“, gab Biggs zu bedenken. Barret schob den Einwand beiseite.

„Nichts da. Wir springen.“

Die beiden Jungs aus dem Slums aus Sektor 7 folgten ihrem großen Vorbild bereitwillig. Einer nach dem anderen sprangen sie in die vorbeirauschende Finsternis. Nur der Geist des Planeten wusste, wo sie landen würden. Hämisch grinsend wies Barret mit der Hand auf die offene Tür.

„Los, Spikey. Der Anführer springt natürlich als letzter.“

Mit finsterer Miene stellte er sich vor die Tür. Man konnte draußen nur undeutlich die Tunnelwände vorbeirasen sehen.

„Nenn mich nicht immer Spikey. Ich heiße Cloud“, sagte er zu dem dunkelhäutigen Riesen, bevor er sprang.
 

Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Finsternis. Er klopfte sich noch hustend den Staub von der Kleidung, bevor er sich umsah. Mehrere Gestalten tauchten aus der Dunkelheit auf.

„Seid ihr das? Barret? Wedge? Biggs?“

“Nein, wir sind Soldaten von Shinra”, erwiderte eine raue Stimme mit bissigem Unterton. Es war Barret, der ein Stück weiter vorne aus der U-Bahn gesprungen war. Hinter Cloud tauchten nun auch Biggs und Wedge auf. „Alles Okay mit dir?“ Abfällig musterte Barret ihn von Kopf bis Fuß. „Na ja, deine Frisur sitzt noch. Also kann’s nicht so schlimm sein.“

Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, ging er voran.

Barret kannte sich gut aus in den U-Bahnschächten von Midgar. Für die Aktivitäten von ‚Avalanche’, eines Vereins zur Rettung des Planeten, waren diskrete Wege überlebensnotwendig. Denn andere Leute bezeichneten diesen ‚Verein’ als terroristische Gruppierung. Allen voran die ‚Shinra Electric Power Company’, der wichtigste Stromversorger in Midgar. Die Tatsache, dass ‚Avalanche’ mit Vorliebe Mako-Reaktoren in die Luft sprengte, wie auch in dieser Nacht geschehen, förderte dieses ‚Vorurteil’ natürlich noch zusätzlich.

Ihr Anführer hielt nur seine Nase in die Dunkelheit, um zu wissen, welcher Schacht nun der richtige war. Offenbar erkannte er sie am Geruch, was sich Cloud lebhaft vorstellen konnte. Schließlich erreichten sie einen Teil des U-Bahnschachtsystems, der teilweise eingestürzt war. Shinra, denen neben der Energieversorgung eigentlich auch fast alles andere in der Stadt gehörte, bevorzugte es, Neue zu bauen, anstatt die Alten in Stand zu setzen.

Mit seinen Bärenkräften wuchtete Barret mehrere Trümmer beiseite, die einen Zugang blockierten. Als sie hindurch schlüpften, fanden sie sich in Sektor 7 wieder. Brennende Fässer empfingen sie, die ein fahles Licht auf die heruntergekommen und dem Einsturz nahen Baracken warfen. Demonstrativ reckte Barret seine Arme und sog tief die Luft ein.

„Aaah! Endlich wieder zuhause!“

Dann ging er forschen Schrittes los. Biggs und Wedge folgten ihm enthusiastisch. Cloud trottete missmutig hinterher. Für Barret und die anderen war dies ihre Heimat. Egal wie dreckig sie war... sie war ihnen ans Herz gewachsen. Cloud konnte dies nur in Ansätzen nachvollziehen. Er, der aus dem malerischen Städtchen Nibelheim in den Bergen kam und sich so sehr nach der Großstadt gesehnt hatte... Jetzt bereute er den Tag, an dem der den stinkenden Moloch namens Midgar zum ersten Male betreten hatte.

So kamen sie in die Kneipe ‚zum siebten Himmel’, das inoffizielle Hauptquartier von ‚Avalanche’. Die meisten Gäste waren Mitglieder der Vereinigung, oder zumindest Sympathisanten. Der einzige Lichtblick in der heruntergekommenen Spelunke war das Mädchen Tifa, das hinter dem Tresen stand und sich um den Betrieb kümmerte. Cloud kannte sie seit seiner Kindheit, sie waren praktisch zusammen aufgewachsen. Irgendwie war er auch verknallt in sie gewesen, doch... damals waren sie Kinder gewesen, und seit damals hatte sich einiges geändert.

„Hi Tifa! Und wie geht’s meiner kleinen Marlene? Komm zu Papa!“

Ein kleines Mädchen von fünf Jahren lief tollpatschig auf den Riesen zu. Barret hob es mit erstaunlich sanften Händen hoch und herzte es. Biggs und Wedge verteilten sich auf einen der Tische und rekapitulierten auf prahlerische Weise ihre erfolgreiche Mission. Cloud lehnte gelangweilt daneben.

„Bin ich froh, dass ihr alle heil zurückgekehrt seid“, sagte Tifa mit sichtlicher Erleichterung. „Auch du, Cloud. Du hast gut auf Barret und die anderen aufgepasst.“ Tifa lächelte schelmisch. Barret, der ganz mit Marlene beschäftigt war, winkte schnaubend ab.

„Ach was. Ein Klotz am Bein war er, sonst nichts.“

Cloud blickte finster in seine Richtung. Tifa legte besänftigend die Hand

auf seine Schulter.

„Hör nicht auf ihn. Er meint es nicht so.“

Cloud seufzte müde.

„Ich weiß, ich weiß...“

Er wollte sich schon abwenden, doch dann fiel sein Blick auf ihre Augen. Ihre großen, braunen Augen. Immer mehr versank er in ihnen...
 

„Cloud? Cloud! Wach auf!“

Ihre Augen...

„Nun wach schon auf, oder soll ich einen Eimer mit kalten Wasser holen?“

Jetzt öffnete er die Augen. Tifa beugte sich über ihn. Gähnend setzte er sich in seinem Schlafsack auf. Benommen rieb er sich den Schlaf aus den Augen. Kopfschüttelnd ging Tifa wieder zum Tresen. Er blickte ihr verwirrt hinterher.

„Du hast wieder geträumt, stimmt’s?“

Sie fuhr damit fort, die restlichen Gläser des Vorabends zu spülen. Cloud wand sich umständlich aus seinem olivgrünen Schlafsack heraus.

„Ja. Stell dir vor, ich habe... von damals geträumt. Von eurer alten Kneipe im Sektor 7.“ Mit geübten Bewegungen rollte er seinen Schlafsack ein. Ebenso verfuhr er mit der Rollmatte.

„Ach ja, Sektor 7...“ Tifa blickte einen Moment lang gedankenverloren ins Leere. Zwei Jahre waren seit damals vergangen... Seit ihrem Kampf um den Planeten und der Beinahe-Zerstörung Midgars durch den Meteor. Dann kehrte sie wieder in die Realität zurück. Und die beinhaltete Berge von zu spülenden Gläsern. „Übrigens... wir haben im ersten Stock ein Zimmer für dich hergerichtet. Du musst nicht mehr auf dem Boden schlafen“, sagte sie mit sanften Nachdruck. Schon mehrmals hatte sie ein Gast gefragt, wer ‚der Penner sei, der auf dem Boden der Kneipe campiere’. Sie überlegte zu antworten: ‚ach, das ist nur der Penner, der vor einem Monat die Rückkehr Sephirots und den Untergang des Planeten verhindert hat.’ Aber dann sagte sie einfach: ‚das ist ein Freund, dem es momentan nicht so gut geht...’

„Es macht mir nichts aus“, beharrte Cloud, während er seine Sachen in einer Ecke verstaute. „Bei der Armee haben wir regelmäßig auf dem Boden geschlafen. Und auch in der Kirche- “ Er hielt einen Moment inne. „Auch dort habe ich auf dem Boden geschlafen.“

Seufzend stellte Tifa die Gläser ab.

„Willst du es dir wirklich nicht überlegen? Ich meine... es sieht seltsam aus. Tu mir doch den Gefallen.“ Sie überlegte kurz. „Außerdem stört es die Gäste.“

Cloud bediente sich aus einem Schrank hinter der Theke. Er nahm Toast, Marmelade und Milch heraus. Auf einem der Tische der zu dieser Zeit leeren Kneipe baute er alles auf. „So, so. Und wer sagt, dass nicht die Gäste mich stören?“ Mit mürrischem Gesicht schob er die Scheibe Toast in den Toaster.

„Aber von irgendwas müssen wir leben“, sagte Tifa mahnend. „Versteh das nicht falsch, aber... für die W.R.O. und Reno zu arbeiten wäre keine schlechte Idee.“

„Ts...“ Cloud schnaubte verächtlich und klopfte auf den Toaster. „Für diese Bande? Für Reno und Rude? Sie wollten uns damals umbringen, hast du das schon vergessen? Was ist jetzt mit diesem... Scheißding!“ Verärgert schüttelte er den Toaster.

„Das ist doch schon sooo lange her“, erwiderte Tifa. „Es hat sich viel geändert. Mittlerweile sind sie unsere Freunde.“

„Ja, deine vielleicht“, entgegnete er knurrend. Dann griff er zu einem Messer. „Früher Shinra, jetzt W.R.O. Wo ist da der Unterschied? Verdammt, ich hasse diesen Toaster!“

Mit wütendem Gesicht begann er mit dem Messer in dem Toaster herum zu stochern. Tifa schüttelte seufzend den Kopf. Jeden Morgen das selbe Ritual. Gleich passiert es wieder...

„Brrrrr!!!“

Zuckend ließ Cloud den Toaster fallen. Dampf stieg von seinem Kopf auf. Seine blonden Haare standen nun stachelförmig in alle Richtungen ab. Eine Anordnung, die sie nun tagelang beibehalten würden.

„Ach, Cloud. Wie oft soll ich es dir sagen...“ Mit geduldiger Miene hob sie den Toaster auf und drückte den richtigen Knopf. Momente später sprang eine knusprige Scheibe Toast heraus. „Siehst du? Man braucht nur etwas Geduld.“

Lächelnd legte sie ihm die Scheibe auf seinen Teller. Missmutig griff er danach und begann, sie mit Marmelade zu bestreichen.

„Und außerdem brauche ich keinen Job von Shinra.“

„Von der W.R.O.“, verbesserte ihn Tifa.

„Von wem auch immer. Mit meinen Botenfahrten kann ich genug Geld verdienen. Das Geschäft muss nur erst richtig anlaufen...“

Es ist schon richtig angelaufen, dachte Tifa. Wenn er nur nicht sein gesamtes Geld in sein Motorrad stecken würde...
 

Eilig wie jeden Tag schlang er sein Frühstück hinunter. Tifa bereitete weiter die Gläser für den abendlichen Kneipenbetrieb vor. Von Zeit zu Zeit schaute sie auf, um zu beobachten, wie Cloud frühstückte. Wie ein gehetztes Tier, dachte sie seufzend. Sie kannte ihn schon so lange. Sie waren zusammen aufgewachsen, und später, nachdem er von S.O.L.D.A.T.- oder was auch immer, zurückgekehrt war, hatten sie soviel miteinander durchgemacht. Sie glaubte ihn zu kennen, zumindest wie einen Bruder. Ja, wie ein Bruder... Eine Zeit lang hatte sie geglaubt, oder zumindest gehofft, es würde mehr werden. Doch irgendwie hatte es sich nicht so entwickelt. Jedenfalls war er immer noch für Überraschungen gut, das stand fest. Und nun, nachdem sie zuerst den Shinrakonzern und später Sephirot bekämpft hatten, nachdem sie die Wiederkehr des ‚Alptraums’ durch Kadaj und seine Gang verhindert und die Kinder Midgars vom Geostigma geheilt hatten- nun endlich schien etwas Ruhe, so was wie Normalität in ihr Leben einzukehren. Vielleicht entdeckt er ja doch noch seine Gefühle für-

„Ich bin dann dahin“, rief Cloud. Scheppernd fiel die Tür hinter ihm zu. Seufzend blickte sie ihm hinterher. Ja, vielleicht irgendwann...
 

Forschen Schrittes trat er ins Freie und atmete tief die Luft ein. Anschließend rümpfte er die Nase. Ein weiterer stinkender Tag in Edge City, dachte er, während er zur Garage ging. Ratternd rollte das Tor hoch. Wobei... Midgar war schlimmer. Aber Midgar war nur noch eine Ruine, und in spätestens 500 Jahren würden die Überreste der Gebäude völlig von der Natur, vom Planeten selbst, zurückerobert sein. Und nur noch überwucherte Ruinen würden vom einstigen Größenwahn Shinras künden.

Mit einer schwungvollen Bewegung zog er die Plane von seinem Motorrad, die er jeden Abend feinsäuberlich darüber ausbreitete. Sein verklärter Blick glitt über die Flanken von Fenrir, seinem Motorrad. Zärtlich strich er über den Lack. Es ist wieder wie neu, dachte er stolz. Bei seiner Auseinandersetzung mit einem halbwüchsigen Punk namens Kadaj hatte es so manche Schramme abbekommen, aber das ist längst vergessen, nicht wahr, Fenrir?

Nach gewissenhafter Kontrolle sämtlicher Flüssigkeitsstände schwang er sich auf den Sitz. Mit der rechten setzte er noch eine Staubschutzbrille auf, dann ließ er das Aggregat rhythmisch aufheulen.

Oh ja, Baby... das gefällt mir...

Ein schallendes Quietschen war alles, was in der Garage zurückblieb.
 

Wie ein Raubfisch durch Fischschwärme, so glitt er durch den Straßenverkehr von Edge City. Nach dem Meteorimpakt vor etwas mehr als zwei Jahren war Midgar vollständig evakuiert und für unbewohnbar erklärt worden. In aller Eile war dann eine Satellitenstadt namens ‚Edge City’ aus dem Boden gestampft worden. Nicht, dass sich die mit jeden Tag höher werdenden Hochhäuser großartig von denen in Midgar unterschieden, aber immerhin hatte der Dreck, der Midgar so sehr dominiert hatte, noch nicht soviel Gelegenheit gehabt, sich ausbreiten zu können.

Mit weiten Schwüngen überholte er die vielen langsamen LKWs und Minitransporter, die das Straßenbild beherrschten. Großartiger Individualverkehr hatte sich keiner gebildet. Genau wie in Midgar war die U-Bahn das wichtigste Verkehrsmittel. Kaum jemand besaß ein Auto oder gar ein Motorrad, wie Cloud. Den Lenker geschmeidig wie ein Schwert führend, glitt er durch den Verkehr von ausschließlich langsameren Fahrzeugen. Nur manchmal wurde der elegante Fluss seiner Fortbewegung von einem ausscherenden LKW unsanft gebremst. Wieder einmal war es soweit, und er musste hart gegenlenken. Im Vorbeirasen erhaschte er einen schnellen Blick auf das Kennzeichen des LKWs.

„Fahr zurück nach Kalm, du Blödmann“, schrie er und drohte dem verdutzten LKW-Lenker mit der Faust. „Das sind wirklich die Schlimmsten“, murmelte er, bevor er wieder beschleunigte.

Kaum etwas genoss er so sehr. Er nahm Fahrt auf, und bald verwandelten sich die anderen Verkehrsteilnehmer wieder in vorbeihuschende Schemen. Fast war er dankbar für das umfangreiche Straßennetz, das die W.R.O. in Rekordzeit hatte errichten lassen. Aber nur fast. Nach den Geschehnissen rund um die Mako-Krise und den Meteorimpakt war der Shinrakonzern von der staatlichen Aufsicht zerschlagen worden. Wobei böse Zungen munkelten, die staatliche Aufsicht hätte den selben Besitzer wie auch sonst fast alles in Midgar... Jedenfalls waren die anfallenden Einzelunternehmen unter dem Dach der W.R.O., der sogenannten ‚World Restauration Organization’ zusammengefasst worden. Wenig überraschend, dass ein gewisser General Reeve mit der Leitung dieser Organisation betraut worden war. Und der wichtigste stille Teilhaber war... erraten, Rufus Shinra. Auch wenn sein Familienname erheblichen Imageschaden erlitten hatte und er auf Auftritte in der Öffentlichkeit besser verzichtete, so ging doch alles seinen gewohnten Lauf. Nur das statt Mako-Reaktoren nun Kernkraftwerke aus dem Boden schossen. Die sind völlig sicher, wurde die W.R.O. nicht müde zu betonen. Und jedes Haus, jedes Fahrzeug, jeder U-Bahnwaggon, ja, sogar dieser verfluchte Toaster, der mir jeden Morgen diese seltsame Frisur verpasst, ist von Shinra- äh, von der W.R.O., natürlich, dachte Cloud verärgert...

„Scheiße!!!“

Das Hinterrad hob sachte vom Boden ab, als er brutal bremste. Das nun kopflastig gewordene Motorrad geriet ins Schlingern, und fast wäre er mit der Kolonne vor ihm zusammengestoßen. Sein Herz schlug bis zum Hals, als er zum Stehen kam. Einen Moment lang gedankenverloren, und schon kracht es fast, dachte er. Scheißampel.

Das Aggregat von Fenrir röchelte heiser vor sich hin, während er wartete. Die Rotphase schien wieder einmal endlos zu dauern, und er konnte nicht mal das Ende der Kolonne vor ihm erkennen. Das Verkehrleitsystem war wieder einmal überfordert mit dem rasch wachsenden Berufsverkehr. Gelangweilt schweifte sein Blick über die Fahrzeuge neben ihm... bis er hängen blieb. Und zwar an einer jungen, hübschen Frau, die einen Minitransporter fuhr, der neben ihm stand. Sie erwiderte seinen Blick. Er schob sie die Brille hoch und begann zu lächeln. Unwillkürlich nahm er eine lässige Pose auf seinem Motorrad ein. Mit den Augen flirtete er heftig, und tatsächlich kurbelte sie ihr Fenster hinunter. Angesichts der von Abgasen verpesteten Luft war dies eine gewagte Maßnahme, und so richtete er sich erwartungsvoll auf.

„Ist wirklich ein schönes Motorrad“, rief sie kichernd, dann setzte sich ihre Kolonne in Bewegung. Schon ging das Fenster wieder hoch, und er schaute ihrem Fahrzeug hinterher.

„Danke für das Kompliment...“, murmelte er enttäuscht. Plötzlich erklang die Siegesfanfare aus Final Fantasy 7, einem uralten Videospiel. Und zwar aus seiner Tasche. Hektisch kramte er nach seinem Mobiltelefon, einem Motoshinra. Nun setzte sich auch die Kolonne auf seiner Spur in Bewegung. Mit einer geübten Bewegung klappte er das Display auf und hielt es ans Ohr. Hinter ihm ertönten die ersten Hupsignale.

„Strife Lieferservice, was kann ich für sie- Ruhe dahinten, ihr Idioten!!“ Hilflos blickte ihn der LKW-Fahrer hinter ihm an. Cloud funkelte ihn noch einmal finster an, dann wandte er sich wieder seinem Telefongespräch zu. Die Fahrzeuge hinter ihm begannen, auf die andere Spur zu wechseln. „Ja, was- nein, ich meinte nicht sie. Nein, sicher nicht. Ja. Ja. Aha. Verstehe. Es ist eilig? Na, dann haben sie den richtigen Mann engagiert. Ich bin dort in Nullkommanichts.“

Blitzartig klappte er das Telefon zu und ließ es in die Tasche rutschen. Mit einer ruckartigen Kopfbewegung saß die Staubschutzbrille wieder auf seiner Nase. Er drehte am Gasgriff und erzeugte einen breiten, schwarzen Streifen auf dem frischen Asphalt.

Nun war der Kampfgeist in ihm erwacht. Das war der eigentliche Grund, warum er sich für dieses Geschäft entschieden hatte. Von nun an hatte er einen Auftrag, ein Ziel. Die anderen Verkehrsteilnehmer waren nun keine nervenden, aber geduldeten Hindernisse mehr, sie waren Gegner. Sein gefährlichster Kontrahent war aber die Uhr; schließlich galt es in seinem Gewerbe Dinge so schnell wie irgend möglich von A nach B zu bringen, und das inmitten des alltäglichen Verkehrsinfarkts von Edge City.

Sein Blickfeld verengte sich zu einem Tunnel, und mehr konnte ein Mensch bei dieser Geschwindigkeit auch nicht wahrnehmen. Im Slalom raste durch das zähe Treiben anderer Fahrzeuge. Seine Sinne waren auf äußerste gespannt, und das war auch das einzige, was ihn vor einer fatalen Kollision bewahrte. Auch rote Ampeln waren nun kein Tabu mehr. Scheiße, Mann, dachte er im Adrenalinrausch, ich habe diese verdammte Welt gerettet, was kümmern mich da Verkehrsregeln...

Nur hie und da hob er den Kopf, um sich kurz an den Gebäuden zu orientieren. Einige Kreuzungen und Beinahe-Unfälle später hielt er vor einem der neueren Gebäude im Büroviertel der Stadt. Als das Motorrad stand, brauchte er einige Momente, um auch innerlich von der Geschwindigkeit runter zu kommen. Noch einmal atmete er tief durch, dann stellte er Fenrir am Straßenrand ab. Seine Schritte kamen ihn lähmend langsam vor, als er auf das Gebäude zuging.
 

Sein Blick wanderte an der frisch verputzten Fassade empor. Die eilig montierte Hausnummer stimmte, sonst deutete nichts auf das Unternehmen hin, das ihn kontaktiert hatte. Schulterzuckend drückte er die nagelneue Glastür auf.

„Hallo? Ist hier jemand?“

Ratlos spazierte er den kahlen Flur entlang. Die Räume links und rechts des Gangs waren leer, in manchen hingen dicke Kabelstränge von der Decke. Es wirkte, als würde hier erst in naher Zukunft jemand einziehen. Kopfschüttelnd ging er weiter.

Wenn das wieder ein Scherzanruf war...

Bei der vorletzten Tür blieb er stehen. Hier war jemand. Mehrere Männer in blauer Arbeitskleidung verlegten Kabel zwischen ‚Kästen’, die wohl Computer oder so was ähnliches waren. Zwischen all der provisorischen Einrichtung saß eine Frau an einer Alukiste und tippte auf einem Notebook herum. Umgeben war sie von Kisten, die Mappen und Papiere enthielten. Vorsichtig kam Cloud näher. Keiner der Arbeiter schenkte ihm Beachtung. Plötzlich hob die Frau den Blick und starrte Cloud an. Dann löste sich ihr Gesichtsausdruck.

„Ach ja, sie müssen... Cloud Strife sein, richtig?“

Cloud nickte gelassen. Die Frau erhob sich und streckte ihm die Hand entgegen. Eilig zog er sich den Handschuh runter und ergriff sie.

„Ja, hier bin ich. Wie gerufen.“

„Sehr erfreut. Ich bin Anne Almasy, Leiterin von ‚Shining Shore Computing’. Wir sind ganz neu auf dem Markt, deshalb...“ Seufzend überblickte sie das Durcheinander in dem Raum. „...wir sind gerade beim Einziehen, deshalb das Chaos. Auch die Tafel draußen wird erst hergestellt.“

Cloud sah sie näher an. Sie hatte kurze, braune Haare, war jung und auch durchaus hübsch, wirkte aber auch zerstreut, fast verloren. Auch jetzt hatte sie den Faden verloren und brauchte offenbar eine Gedankenstütze.

„Sie haben mich vorhin angerufen...?“ begann er vorsichtig. Sie blickte ihn wieder verwirrt an und schob sie die Brille zurecht, bevor es ihr einfiel.

„Wir? Ja, richtig, ich habe einen Auftrag... wo war es schnell...“ Sie begann in dem Chaos zu stöbern, das wohl ihr Arbeitsbereich war. Schließlich zog sie etwas aus einem Stapel in einer Kiste neben ihr. Mit ernstem Gesicht überreichte sie es Cloud, so als ob es sehr wertvoll wäre. „Diese Messdaten der letzten Tage... sie müssen ins Büro unseres Auftraggebers. Und zwar schnell.“ Dann lächelte sie verlegen, als ob ihr die direkte Aufforderung zur Eile nun plötzlich unangenehm wäre. Cloud erwiderte ihr Lächeln gelassen und nahm die Mappe entgegen. Sie wippte auf den Fußspitzen, während Cloud die Mappe betrachtete. Auf der Vorderseite standen das Datum und mehrere Zahlenreihen ohne Aussage für ihn. Dann blickte er wieder die Frau an.

„Ja? Gibt es noch etwas?“ fragte sie ihn freundlich, aber auch etwas hilflos. Wieder schob sie sich ihre Brille zurecht. Cloud machte eine nachsichtige Geste.

„Und... wohin, wenn es schon so eilig ist?“

Anne schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn.

„Ach ja, die Adresse... warten sie einen Moment...“ Wieder begann sie zu kramen, und allmählich verrann Clouds Geduld wie Sand in einer Sanduhr. Die Arbeiter waren weiterhin mit ihren Kabelrollen beschäftigt. Einer von ihnen legte einen Hebel an einem der Kästen um, woraufhin das Ungetüm surrend zum Leben erwachte. Lämpchen an der Vorderseite begannen wie irr zu blinken. „Ah, hier. Das wäre die Adresse.“

Mit einer unbeholfenen Geste reichte sie ihm einen Ausdruck, der mehrere Adressen enthielt. Eine von ihnen war mit Markerstift fett umrandet.

„Aha. Na gut, ich bin dann unterwegs. Man sieht sich.“

Ohne sich weiter aufzuhalten, machte Cloud kehrt und verließ den Raum. Anne blickte ihm noch einige Zeit hinterher. Dann schüttelte sie den Kopf, um ihre herumschwirrenden Gedanken zu vertreiben. Seufzend sank sie auf ihren Stuhl und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu.

Toll gemacht, Anne, dachte sie verdrossen, wieder mal ein attraktiver Mann, dem gegenüber du dich lächerlich gemacht hast...
 

Er fühlte sich gewaltig erleichtert, als er wieder ins Freie trat und vor seinem Motorrad stand.

Ein Job in geschlossenen Räumen... unmöglich...

Flink verstaute er die Mappe in der Tasche am Rücken seines Traggestells. Früher hatte dort sein Meisterschwert gehangen... früher eben. Jetzt diente es dem Transport friedlicherer Dinge. Dann sah er auf den Ausdruck mit den Adressen. Sie alle waren quer über die Stadt verteilt, wie ihm auffiel. Vor seinem inneren Auge sah er einen Stadtplan der rasch wachsenden Stadt. Sie waren annähernd kreisförmig verteilt, wenn er sich nicht irrte... Dann ließ er den Gedanken achselzuckend wieder los und prägte sich die Zieladresse ein. Momente später saß er wieder auf Fenrir. Nur eine Wolke Abgas und etwas schwarzer Gummistaub blieben zurück.
 

Heftig würgte er den Gasgriff, und Fenrirs Auspuff antwortete jauchzend. Genussvoll zog er die Maschine auf. Er spürte jedes mal die Windböen auf seinen bl0ßen Schultern, wenn er wieder mal haarscharf an einem Fahrzeug der Gegenspur vorbeiraste. In diesen Momenten der Gefahr fühlte er sich wirklich lebendig. Die Farben waren klarer, das Sonnenlicht heller... selbst die vom Smog belastete Luft in Edge City schmeckte frischer als sonst.

Es kam jedes Mal einer Enttäuschung gleich, wenn er abstieg. Seufzend strich er noch einmal über die stählerne Flanke Fenrirs.

Dir fehlt doch was...

Dieser Gedanke tauchte immer in Momenten wie diesen auf. Er musste es sich eingestehen: ein ruhiges Leben machte ihn auf Dauer krank. Gleichzeitig wurmten ihn deshalb Schuldgefühle. Tifa erwartete sich etwas anderes. Sie war heilfroh, dass es vorbei war. Sie vermisste den Kampf und die Gefahr nicht. So war es immer gewesen. Schon damals, als sich ihre Wege zu ihrer Kinderzeit trennten, da war sie es gewesen, die sich eine beschauliche Existenz aufbauen wollte. Ihn hingegen hatte es zu S.O.L.D.A.T. gezogen, wo das Abenteuer lockte, erinnerte er säuerlich. Und wo ich einem gewissen Sephirot über den Weg lief... aber das war eine andere Geschichte. Jedenfalls fiel es ihm immer schwerer, sich ein ruhiges Leben an der Seite von Tifa vorzustellen. Eigentlich stellte er sich gar nichts vor. Jemand wie er, der so oft dem Tod ins Auge geblickt hatte, vermied es irgendwann, sich eine Zukunft vorzustellen. Doch trotz allem... die Gegenwart war immer wieder zur Zukunft geworden, und schön langsam musste er sich damit abfinden, dass es auch eine für ihn geben würde.

Aber mit Tifa...?

Kopfschüttelnd stellte er sein Motorrad ab. Denn genauso wenig konnte er sich eine Zukunft ohne Tifa vorstellen, nach alldem, was sie mit einander durchgemacht hatten. Dann hob sich sein Blick und er sah, wohin er die Mappe bringen sollte. Vor ihm stand das höchste Gebäude der noch jungen Stadt. In fetten Lettern prangte W R O über dem breiten Eingangsbereich. Und darunter stand kleiner:

‚Wir bauen für ein besseres Morgen’

Cloud verzog das Gesicht.

Hättet ihr das Gestern nicht kaputt gemacht, dann... ach, scheiß drauf...
 

Der Eingangsbereich glich schon einem Palast. Edler Marmor, wohin Cloud auch blickte. Männer in teuren Anzügen und glänzenden Aktentaschen unter dem Arm gingen in dem Gebäude ein und aus. Zwischen all den wichtig aussehenden Yuppietypen kam er sich ziemlich deplaziert vor. Mit einem unbehaglichen Gefühl hielt er auf den Empfang zu. Dort saß eine Frau in einem engen Kostüm, mit einem blinkenden Headset im Gesicht und einer extravaganten Frisur. Clouds Augen wurden groß. Denn sie glich weitgehend seiner Stromschlagfrisur. Auch die Frau verlor angesichts dessen für einen kurzen Moment ihre unterkühlten Gesichtsausdruck. Dann setzte sie ihn routiniert wieder auf und fragte ihn förmlich:

„Kann ich ihnen irgendwie behilflich sein?“

„Ja. Ich bringe was. Strife Lieferservice. Hier ist die Lieferadresse.“

Er hielt ihr den verknitterten Ausdruck hin, und sie nahm ihn mit einer Miene entgegen, als könnte er etwas ansteckendes an sich haben.

„Das wäre Abteilung 9-C. Ich bitte um einen Moment Geduld...“ Ihre auffällig lackierten Fingernägel huschten über eine Tastatur. Dann sprach sie leise in ihr Headset. Cloud bekam nur ihre Lippenbewegungen mit, doch er wusste genau, was sie sagte.

...ob ich Penner auch wirklich hier rein darf... ich hasse diese Schnösel. Die haben sich nicht im mindesten ver-

„Sie werden bereits erwartet, Herr Strife. Folgen sie einfach den farbigen Markierungen. Einen schönen Tag wünsche ich noch.“ Sie zeigte ihm noch ihr aus gebleichten Zähnen bestehendes Lächeln und reichte ihm wieder den Ausdruck.

„Wünsche ich ebenfalls.“

Cloud setzte sich seufzend in Bewegung. Neben dem Empfang hing eine riesige Schautafel mit den einzelnen Abteilungen. Mit zusammengekniffenen Augen studierte er ihn.

Hm... das ist ziemlich ähnlich dem alten Shinra-Hauptquartier. Ich glaube, ich finde den Weg...
 

Wie die Empfangsdame sagte, führten breite farbige Streifen zu den jeweiligen Abteilungen. Sie alle führten zu den Aufzügen. Unter den ebenso wachsamen wie grimmigen Blicken von Wachpersonal in düsteren Uniformen betrat er einen Aufzug. Er teilte ihn sich mit mehreren Angestellten der W.R.O., die sich bemühten, ihn zu ignorieren. Er atmete auf, als er schließlich sein Stockwerk erreichte.

Hierher herrschte die selbe sterile Atmosphäre wie in den anderen Etagen, die er beim Aus- und Zusteigen gesehen hatte. Nur das hier auffällig viele Mitarbeiter keinen Anzug sondern stattdessen weiße Laborkittel trugen. Ein breiter roter Streifen führte schließlich zu einer breiten Glastür mit der Aufschrift: 9-A. Sie öffnete sich automatisch. Die Räume dahinter glichen mehr einem Krankenhaus als einem Bürotrakt, wie er fand. Die dominierende Farbe war nun weiß, und die meisten Wände bestanden Milchglas.

Das ist ja riesig. Wo soll ich das verdam-

„He, wenn haben wir denn hier? Lange nicht gesehen, Kumpel!“

Cloud zuckte zusammen. Sein Kopf versuchte, zwischen den Schulterblättern zu versinken, leider ohne Erfolg. Dann drehte er sich seufzend um. Ein Mann in seinem Alter kam freudestrahlend auf ihn zu.

Lange, feuerrote Haare.

Das Hemd unter dem Jackett lässig offen.

Eine Fliegerbrille auf der Stirn.

Mit einem Wort: Reno.

„Hallo, Reno... Kumpel? Wir sind Kumpel?“

Reno packte seine Hand, schüttelte sie und klopfte ihm jovial auf die Schulter.

„Aber klar! Denk doch an die guten alten Zeiten!“

Cloud ließ die Herzlichkeiten mit stoischer Ruhe über sich ergehen.

„Alt ja. Aber gut?“

„Sicher“, erwiderte dieser mit dem Brustton der Überzeugung. Ihn bei der Schulter nehmend, führte er ihn praktisch mit sich. „Schon alleine, wie wir gemeinsam die Nordhöhle gestürmt haben und Seph in den du-weißt-schon-was getreten haben, das war doch abgefahren, oder?“

Cloud atmete tief durch.

„Also erstens habt ihr uns aus dem Hubschrauber geworfen. Zweitens warst du gar nicht dabei und drittens lass sofort meinen Arm los“, fügte er knurrend hinzu. Reno tat wie geheißen und hob beschwichtigend die Hände.

„Alles cool, oder? Na ja, freut mich, dass du doch noch auf unser Angebot einstei- “

„Dass ich was!?“ platzte es aus ihm heraus. Reno machte ein betretenes Gesicht. Nur Momente später, als Cloud ihn stehen ließ und weiterging, befiel ihn wieder seine unheilbare Fröhlichkeit.

„Du brauchst aber auch nicht überreagieren. Wir waren doch ein tolles Team, nicht?“

Scherzhaft boxte er ihm in die Schulter, was ihm einen weiteren finsteren Blick einbrachte.

„Wo ist eigentlich Rude“, seufzte Cloud verzweifelt. „Solltest du ihn nicht besser suchen, anstatt mich zu anzuöden...“

„Ach, der hat sich einen Tag freigenommen und sitzt jetzt im Piercingstudio. Du weißt ja, er sammelt diese Dinger...“ Reno fügte eine kreisende Fingerbewegung in Schläfenhöhe hinzu und verdrehte dabei die Augen.

„Die Turks bekommen Urlaub? Ist ja ganz was neues... Übrigens- “ Cloud blieb stehen und wandte sich an Reno, der ihn wie ein Schosshund verfolgte und nun ebenso erwartungsvoll anblickte. „Ich soll was abliefern. Weißt du, wo das ist?“ Er hielt ihm den Ausdruck unter die Nase. Einen Moment starrte Reno das Stück Papier an wie eine blanke Faust, dann riss er ihn ihm aus der Hand.

„Abteilung 9-A, Forschungsbereich. Kein Problem, ich bringe dich hin, alter Kumpel!“

Mit unbeirrter Fröhlichkeit und weiten Schritten ging Reno voran. Cloud blieb nichts anderes übrig, als mit genervtem Gesichtsausdruck hinterher zu trotten.
 

Munter drauflos quasselnd, wie es seine Art war, führte er ihn durch die Abteilung, die größer war als Cloud gerechnet hatte. Schließlich kamen sie in eine Halle, die höher war als die anderen Stockwerke. Metalltreppen führten hinab auf den Boden des Raums. Im Vergleich zu den klinisch sauberen Bereichen, die er bis jetzt gesehen hatte, glich dieser Saal eher einer Werkstatt als einem Labor. Techniker arbeiteten mit Metallschleifern und Schweißbrennern. Funken stoben von vielen Stellen. Bei jedem Schritt musste man achten, über keinen Kabelstrang zu stolpern. Und in der Mitte des ganzen Chaos stand umhüllt von einem Baugerüst ein riesiger, ringförmiger Gegenstand...

„...das war ja echt eine bewegte Zeit, aber was erzähl ich dir, du warst ja mittendrin, nicht wahr? Aber gegen uns gemeinsam hatte dieser Punk Kadaj und seine Lahmarschgang eben keine Chance, da hätten die schon wesentlich...“

„Reno?“

„...wesentlich früher aufstehen müssen, um es mit uns, den Turks, und, äh, natürlich auch dir und- “

„Reno!!“

„Ja?“

Mit finsterem Gesicht hielt er ihm die Mappe entgegen. Reno tat peinlich berührt. „Ach das. Hätte ich fast vergessen. Sehen wir mal...“ Mit der rechten seine Augen beschirmend, spähte er durch das Durcheinander. „Ah, da ist er ja. Komm, Cloud, ich stelle dir unseren Professor vor.“

Er führte ihn zu einem Mann mit Laborkittel, der wie ein Dirigent das Chaos um ihn herum zu koordinieren schien. Nur dass das Orchester kaum Notiz von ihm nahm...

„Hey, Professor Salvatori!“ Der angesprochene Mann ließ vor Schreck fast sein Klemmbrett fallen, als ihn Reno überfiel. Er war für den Professortitel auffallend jung. Seine langen, pechschwarzen Haare schlugen sich irgendwie mit seinen besorgt wirkenden Zügen und den Ringen um seine Augen. „Darf ich vorstellen, dass ist Cloud, ein alter Kumpel von mir.“ Reno grinste wieder wie ein Schaukelpferd, während Cloud dem Professor die Hand schüttelte. „Und das ist Professor Salvatori, der neue Leiter der Shin- ich meine, der W.R.O. Forschungsabteilung.“

Der Professor nickte langsam.

„Ja, ich bekleide nun diesen Posten, nachdem meinem Vorgänger, Professor Hojo, etwas bedauerliches zustieß...“

Cloud grinste schelmisch.

„Ich weiß. Ich bin ihm zugestoßen.“

Salvatoris verwirrter Blick fiel auf Reno. Dieser öffnete den Mund weit, um ihn anschließend wieder zu schließen.

„Das- äh, nun, Cloud, wolltest du ihm nicht etwas überreichen?“ sagte er schließlich. Cloud zog die Mappe hervor und hielt sie dem Professor entgegen.

„Das ist für sie. Ist scheinbar von einer Außenstelle“, fügte er achselzuckend hinzu. Salvatori sah die Mappe zuerst skeptisch an, dann nahm er sie entgegen, als wäre sie aus purem Gold.

„Oh, vielen Dank, ja, darauf habe ich bereits gewartet...“

Ohne die beiden noch länger zu beachten, zog er sich mit der Mappe in sein Büro zurück. Sie zog seine Aufmerksamkeit komplett auf sich. Verdutzt schaute ihm Reno hinterher.

„Hm... Was für’n komischer Kauz. Wie Wissenschaftler halt so sind, nicht wahr, Cloud?“

Wieder erfolgte ein kameradschaftlicher Klaps, den Cloud mit einem genervten Seufzer quittierte.

„Rechnung oder Bar?“ Reno machte ein ebenso fragendes wie dummes Gesicht. Cloud verdrehte knurrend die Augen. „Die Zahlungsweise...“

„Ach, das. Willst du etwa schon gehen? Ich wollte dir ja noch unser neues Hauptquartier zeigen. Vielleicht kommst du ja doch noch auf den Geschmack. Fähige Männer wie dich können wir immer brauchen!“

Cloud verschränkte die Arme und begann, mit der Stiefelsohle zu klopfen. Auf diese unverständliche Geste hin zog Reno eine Karte aus seinem Jackett. Cloud nahm sie ungerührt entgegen.

„Hier, steht alles drauf. Schick uns einfach die Rechnung. Und falls du es dir doch noch anders überlegst, du bist jederzeit in unserem Team herzli- “

In diesem Moment schloss sich die Glastür hinter Cloud. Reno blieb im Labor zurück und schaute ihm nach. Dann zuckte er mit den Achseln und stürzte sich wieder seinen Tagesablauf mit dem unerschütterlichen Optimismus von jemanden, der mehr Glück als Verstand hat...
 

Seine Schritte wurden immer schneller, als er sich dem Eingangsbereich näherte. Auch wenn sich der einflussreichste Konzern Midgars statt Shinra nun W.R.O. nannte, es hatte für ihn denselben bitteren Nachgeschmack. Erleichtert spürte er die Vibrationen des erwachenden Aggregats beim Starten unter sich. All die Versprechungen, mit denen Shinra die Menschen, und auch ihn, wie er sich eingestehen musste, gelockt und verführt hatte... Eine bessere und bequeme Welt, eine Welt, die sie letztendlich fast zerstört hatten. Er wusste nicht, ob er ihnen je würde verzeihen können. Der Fahrtwind fuhr ihm durchs Haar, und der Himmel wurde wieder blau in seinen Augen. Ich habe mir selbst verziehen, dachte er lächelnd, da schaffe ich das vielleicht auch bei Shinra...

Der Gedanke ließ ihn nicht mehr los. Die Stunden vergingen, und der Tag neigte sich schließlich dem Ende zu. Einige Aufträge später schaltete er sein Mobiltelefon ab. Anrufer würden nun nur mehr seinen Anrufbeantworter hören. Dann steuerte Fenrir auf die Außenringautobahn, von der aus die Verteilerstraßen die Stadt durchzogen. Gleichzeitig führten von hier aus die Überlandstraßen in die anderen Bereiche des Kontinents. Man kam von hier auch in die sogenannten ‚Wastelands’, eine staubige, felsenüberzogene Ebene, die sich von Midgar aus in alle Richtungen erstreckte. Erst Kilometer später ging sie in fruchtbares Grünland über, doch das war in diesem Moment nicht sein Ziel.

Er lenkte sein Motorrad auf einen vertrauten Weg. Unter den Schutthaufen und dem Staub konnte man teilweise noch die Straßenmarkierungen erkennen. Viele Erinnerungen stiegen in ihm hoch, als er Fenrir vorsichtig durch die verwüsteten Außenbereiche Midgars lenkte. Die W.R.O. hatte keine Pläne, die ohnehin schon dem Einsturz nahen Gebäude Midgars abzureißen, und es wäre auch ein zu umfangreiches Unternehmen gewesen. So würden die Überreste der einstigen Metropole wohl bis in alle Zeit als Mahnmäler menschlichen Größenwahns stehen bleiben. Dann fand er sein Ziel.

Die hohen Flügel der Kirchentür hingen schief in ihren Angeln. Fenrir draußen stehen lassend, schob er sich vorsichtig an ihnen vorbei. Am Beginn der Kirchenbänke blieb er stehen und atmete tief durch. Es war schon eine Weile her, seit er das letzte Mal hier gewesen war. Und nun wallten die Erinnerungen heftig in ihm hoch. Dann nahm er sich zusammen und ging weiter. An der Stelle, an der einst Blumen wuchsen... die Stelle, die seinen Sturz aus Reaktor 6 aufgefangen hatte... jetzt bedeckte sie ein Teich aus einer unterirdischen Quelle. Gerührt blickte er in das kristallklare Wasser.

Zwei Mal hast du mir das Leben gerettet... zwei Mal.

Und ich habe es nicht mal einmal geschafft...

„Du warst für mich da. Das ist alles, was zählt.“

Erschrocken drehte er sich um. Schon mehrmals hatte er in dieser Kirche Aeris’ Stimme gehört. Zum letzten Mal, nach dem sie ihn aus dem Lebensstrom hierher zurückgeschickt hatte. Damals, nach seinem Kampf gegen Kadaj. Noch immer hatte er ihre Stimme in den Ohren, ihre sanfte Stimme, aus der soviel Weisheit klang...

„Aeris...“

Er kniete sich hin und ließ die Finger durchs Wasser gleiten. Sein Spiegelbild verschwamm, und als es wieder klar war, da lächelte es. Damals hatte er einen harten inneren Kampf ausgefochten. Und an dessen Ende hatte er Vergebung gefunden. Vergebung dafür, dass er Aeris damals nicht hatte retten können.

Von tiefer Dankbarkeit erfüllt, richtete er sich auf. Sein Blick ging hinauf, wo das Dach der Kirche eingestürzt war. Die Abendsonne blinzelte über den Rand des Gemäuers hinweg. Geräuschvoll ausatmend wischte er eine einzelne Träne weg. Auch wenn sie nicht mehr da... seine Liebe würde ewig bleiben. Vielleicht nicht wie eine Frau, und auch nicht wirklich wie eine Schwester... aber er hatte sie geliebt. Mehr als er sagen konnte. Und diese Liebe war nicht gestorben, sie lebte. Wie Aeris in seinem Herzen...
 

Es war bereits dunkel, als er die Plane über Fenrir ausbreitete. Noch einmal strich er liebevoll über das Metall, bevor die Garage verließ. Drinnen, im ‚7.Himmel’, herrschte bereits reger Betrieb. Arbeiter aus den umliegenden Betrieben sowie Nachtschwärmer auf ihrer ersten Station bevölkerten Tische und Tresen. Ein Durcheinander aus einem Dutzend verschiedenen Gesprächen schwirrte durch den Raum, und dazu lärmte eine elektronische Jukebox in einer Ecke. An der Wand hing in einem Schaukasten Clouds Meisterschwert. Im Vorbeigehen blieb er kurz stehen und blickte es mit einem sentimentalen Ausdruck an. Na ja, eigentlich ist es Zacks Schwert... Er hatte sich dazu entschieden, es doch nicht in den Wastelands verrosten zu lassen, und so hing es jetzt als Andenken an der Wand des 7.Himmels.

Tifa eilte von Gast zu Gast, und so gab es nicht mehr als ein knappes ‚Hallo’ zwischen Cloud und ihr. Plötzlich rannten ihn zwei Kinder fast um.

„Marlene! Denzel! Solltet ihr nicht schon im Bett liegen“, schalt er sie nicht ganz ernst gemeint, als sie lachend an seinen Beinen zerrten. Ihre Fröhlichkeit war ansteckend, und er tätschelte ihnen lächelnd den Kopf.

„Aber wir sind noch gar nicht müde“, antwortete Marlene selbstbewusst. Denzel nickte eifrig dazu. Cloud schüttelte nachsichtig den Kopf.

„Ja, ja, und morgens kommt ihr dann nicht aus den Federn. Kommt mit, ihr beiden.“

Links und rechts an der Hand haltend, ging er mit ihnen nach oben. Zwischen Tifa und Cloud gab es ein Abkommen die Kinder betreffend. Sie kümmerte sich tagsüber um die zwei, wenn Cloud unterwegs war. Abends dann, wenn sie alle Hände mit dem Barbetrieb zu tun hatte, übernahm Cloud diesen Part.

Geduldig brachte er sie dazu, ihr Zimmer aufzuräumen und sich fürs Schlafengehen fertig zu machen. Seit Barret in der Nähe von Gongaga auf Öl gestoßen war und nun dort ein aufstrebendes Unternehmen leitete, war es an den beiden, sich um die zwei Waisenkinder zu kümmern. Von Zeit zu Zeit kam er zu Besuch, wenn es seine Zeit erlaubte. Dies geschah aber immer seltener, da die Welt in der Prä-Mako-Ära nach Energiequellen wie Öl lechzte.

„Und, habt ihr auch sorgfältig Zähne geputzt?“ Beide bejahten es fröhlich. „Na dann, ab ins Bett.“ Jeder einen putzigen Pyjama tragend, begleitete er sie in ihr Zimmer. Dort schlüpften sie verspielten Hamstern gleich unter ihre Decken. Cloud setzte sich zu jedem von ihnen ans Bett und deckte sie ordentlich zu.

„Cloud...“, jammerte Denzel, während er gerade Marlene zudeckte. „Ja, was gibt es“, fragte er und wandte sich ihm zu. „Cloud...“, druckste er herum. „Erzähl uns eine Geschichte!“

„Ja, eine Geschichte!“, stimmte Marlene jubelnd ein. „Da können wir viiiel besser einschlafen nachher!“

Seufzend sah er in zwei erwartungsvolle Gesichter.

„Also gut. Was möchtet ihr denn hören?“

Denzel schnitt eine düstere Grimasse.

„Eine über Sephirot...“, flüsterte er tonlos. Marlene machte ein banges Gesicht.

„Das ist keine gute Idee“, erwiderte Cloud kopfschüttelnd. „Da bekommt ihr beiden nur Alpträume.“

„Nein“, rief Denzel aufbegehrend. „Ich nicht, ich fürchte mich vor nichts!“

Cloud nickte müde lächelnd.

„Ja, genau. Ich habe eine bessere Idee. Ich erzähle euch die Geschichte vom goldenen Chocobo, der Nachts in die Zimmer braver Kinder kommt und einen Schatz zurücklässt.“

„Au ja“, jubelte Marlene. „Die will ich hören.“ Denzel machte zuerst ein enttäuschtes Gesicht, doch nach einer Weile schlug ihn die Erzählung dann doch in den Bann...
 

So leise wie möglich schloss er die Tür hinter den zwei schlafenden Kindern. Müde rieb er sich das Gesicht. Aus der Kneipe einen Stock tiefer drangen gedämpfte Geräusche zu ihm. Gähnend ging er die Treppe hinab.

Es war kurz vor Mitternacht. Tifa schenkte mit geübten Bewegungen Bier aus, während die Gäste am Tresen in ihre Gespräche vertieft waren oder einfach nur gedankenverloren in ihre Gläser starrten. Cloud näherte sich Tifa von hinten und legte ihr die Hände um die Hüften.

„Brauchst du Hilfe“, flüsterte er ihr ins Ohr. Sie löste sich aus seinem Griff und stellte einem wartenden Gast das Glas hin.

„Es geht schon, ich komme zurecht. Wie sieht’s bei den Kindern aus?“

Müde lehnte er sich an den Tresen. Tifa wandte ihm den Rücken zu.

„Sie schlafen jetzt.“

„Gut“, antwortete sie ohne ihn anzusehen. „Ist nett von dir, aber ich komme klar.“

„Na gut“, sagte er, und ließ den Blick über den Laden schweifen. Dann schenkte er sich selbst ein kleines Glas Bier ein und begann zu trinken. „Und, wie war dein Tag sonst noch?“

„Ganz okay. Der linke Zapfhahn tropft ständig, wenn du dir das mal ansiehst. Und auch die Spülmaschine hat was. Irgendwo läuft immer Wasser aus, wenn ich sie aufdrehe“, erzählte sie, während sie sich um die Gäste kümmerte. „Und bei dir?“

Einen kurzen Blick warf sie ihm dabei zu, bevor sie weiterarbeitete.

„War auch in Ordnung. Stell dir vor, ein Job hat mich zur W.R.O. geführt. Dort habe ich Reno getroffen, den alten Labersack. Ja, und sonst...“ Er seufzte, dann trank er sein Glas leer. „Ich geh dann mal nach oben. Ein Haufen Papierkram wartet auf mich. Sollte was sein- “

„- dann rufe ich dich. Geh ruhig.“

Immer noch wandte sie ihm den Rücken zu, während sie den Tresen wischte. Er stellte sein Glas in die Spüle und ging wieder nach oben.

Seufzend sank er auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Dies war der unangenehme Teil seiner Arbeit. So groß die Freiheit war, die er tagsüber genoss, so sehr fühlte er sich nun an seinen Schreibtisch gekettet, wenn er die Rechnungen seiner Kunden bearbeitete. Anders als Tifa, die alle Facetten ihres Jobs liebte, konnte er das nicht ausstehen. Ja, Tifa... Seufzend erinnerte er sich an vorher. Ein einziges Mal hatten sie miteinander geschlafen, kurz nach der Sache mit Kadaj und seiner Gang. Es war wohl im Überschwang der Gefühle passiert. Denn am nächsten Morgen hatten sie sich angesehen, als hätten sie einen Autounfall zusammen gebaut. Und seither hatte sie es vermieden, irgend eine Zärtlichkeit seinerseits zu erwidern. Und dann hatte sie ihm wieder versichert, ‚dass sie zusammengehören’. Da werd’ einer aus diesen Frauen schlau, dachte er missmutig, als er sich wieder einem Stapel Rechnungen zuwandte. Weggelder berechnen, Kontodaten ausfüllen, Einziehungsaufträge erteilen... Schrecklich. Aber was soll man machen, die Gil fallen schließlich nicht vom Himmel...
 

Die Zahlenreihen verschwammen vor seinen Augen. Nur noch diese eine Rechnung, dachte er übermüdet. Ein träger Blick zur Uhr auf seinem Schreibtisch zeigte ihm, dass es bereits weit nach Mitternacht war. Kaum hörbar waren mittlerweile die Geräusche aus dem Gastraum geworden. Nun würden wohl nur noch die hartgesottenen ausharren, und Tifa würde warten, bis die letzten Gäste den 7.Himmel verlassen hatten. Seufzend rieb er sich die schmerzenden Augen. Alleine die Aussicht auf die Fahrt mit Fenrir würde ihn bei Morgengrauen aus dem Bett-

Cloud schreckte hoch. Schreie drangen an sein Ohr. Mit einem Male war er hellwach. Manchmal kam es vor, dass betrunkene Gäste randalierten. Es gab kaum etwas, mit dem Tifa nicht fertig wurde, aber sicherheitshalber wollte er nach dem Rechten sehen.

Als er in den Flur trat, wurden die Schreie lauter. Plötzlich wurde er von einer Unruhe erfasst, die ihn zutiefst erschreckte. So, als würde er etwas schreckliches ahnen... Er beschleunigte seine Schritte und rannte die Treppe hinab.

„Was ist das für ein Freak!“

Nach diesem Schrei stürzte der Mann die Tür hinaus. Andere folgten seinem Beispiel, und schnell war die Kneipe leer. Als Cloud in den Gastraum trat, erstarrte er. Pulsierendes, rotes Licht schien von allen Oberflächen wieder. Tische und Stühle lagen umgeworfen im Raum, als wären alle Gäste panikartig geflohen. Tifa duckte sich hinter den Tresen, als ginge sie in Deckung. Dann sah er ihn.
 

„Grrrr!! Wo ist es denn...!?“

Die Gestalt drehte sich hin und her. Sie hatte... mehrere Arme, wie Cloud entsetzt feststellte. Und jedes von ihnen hatte ein Schwert in der Hand. Der Körper des Wesens war in einen kunstvoll verschlungenen roten Umhang gewickelt. Das Gesicht war nicht erkennbar. Nur leere, leuchtende Augen blitzten zwischen dem Umhang und einer exotischen Kopfbedeckung hervor. Und seine Stimme hallte so tief und schnarrend durch den Raum, dass alle Einrichtungsgegenstände zu vibrieren begannen.

„Heilige Scheiße...“, murmelte Cloud. In seiner Zeit als Soldat und Abenteurer hatte er eine Menge ungewöhnlicher und bizarrer Monster getroffen, aber so etwas noch nicht. Und vor allem nicht mitten in einer Stadt! „Alles in Ordnung, Tifa?“ rief er ihr zu. Sie nickte nur. Ihr Gesicht schien merkwürdig bekümmert, als hätte sie eine bestimmte Befürchtung. Dann wandte sich Cloud wieder dem Wesen zu, das nach irgendwas zu suchen schien.

„Hey, du Mutant! Was zum Teufel willst du hier!?“ brüllte er ihn an. Das Wesen unterbrach sein hektisches Herumgefahre und drehte den Kopf langsam in seine Richtung. Doch mehr als ein drohendes Zischen gab es nicht von sich. Plötzlich fiel sein Blick auf einem bestimmten Gegenstand. Cloud folgte seinem Blick- und sah das Meisterschwert an der Wand.

„Schhhhhhh!! Da ist es jaaa!“

Nach diesem langgezogenen, durchdringenden Zischen setzte es sich in Bewegung. Blitzschnell ging Cloud seine Optionen durch. Sein neues Schwert, Hexagon, befand sich in Fenrir, in der Garage. Keine Zeit! Ohne zu zögern, setzte er zum Sprung an. Tische und Stühle beiseite stoßend, schritt das unheimliche, vielarmige Geschöpf auf die Wand zu, an der der Schaukasten hing. Sich vom Tresen abstoßend, landete Cloud auf einem der Tische. Gerade als das Ungetüm ihn mit einem seiner vielen Arme wegstieß, sprang Cloud auf den Schaukasten zu, durchschlug das Glas mit der Faust, riss das Meisterschwert heraus- und parierte in der letzten Sekunde einen Abwärtshieb des Ungeheuers. Das Schwert mit beiden Händen haltend, kniete er am Boden und stemmte sich gegen die Wucht des Hiebes. Ein dunkles Knurren ausstoßend, blickte das Wesen mit seinen leuchtenden Augen auf ihn herab. Aus dieser kurzen Entfernung erkannte er, dass die Haut des Wesens eisblau war und von roten Symbolen überzogen wurde...

„Es-gehört-mirrrrrr!!!“

Nach diesem schrillen, unmenschlichen Aufschrei ging die Kreatur erneut zum Angriff über. Mehrere Klingen sausten gleichzeitig auf die Stelle herab, an der sich Cloud gerade noch befunden hatte. Geschmeidig rollte er sich weg, als die Klingen krachend in der Wand einschlugen.

Schwer atmend richtete er sich auf. Das Wesen wandte sich ganz langsam um, als wäre es sich seines Sieges schon sicher. Cloud hielt das Schwert kampfbereit vor sich- so wie er es schon unzählige Male in seinem Leben getan hatte...

Nun ergriff er die Initiative. Das riesige Schwert behände schwingend, griff er die Kreatur an. Trotz der Wucht und der Schnelligkeit seiner Angriffe, die vor Zeiten selbst Sephirot vernichtet hatten, parierte das Ungetüm seine Angriffe problemlos. Immer war einer seiner vielen Arme zur Stelle, die Klinge des Meisterschwerts abzuwehren. Das Wesen stieß ein schrilles Gelächter aus, während Cloud es verzweifelt bekämpfte. Plötzlich taumelte es nach vor auf Cloud zu. Er nutzte die Öffnung in der Deckung und versetzte ihm einen gewaltigen Seithieb, der es quer durch den Raum schleuderte. Dabei kam Tifa zum Vorschein, die mit erhobenen Fäusten vor Cloud stand und dem Wesen zuvor einen heftigen Schlag versetzt hatte.

Krachend flog das Ungetüm durch den Raum. Wilde Flüche in einer unverständlichen Sprache ausstoßend, kam es wieder auf die Beine. Cloud und Tifa nickten sich entschlossen zu, dann näherten sie sich ihrem mysteriösen Angreifer.

„Jetzt gibt’s was auf die Schnauze“, drohte Cloud mit ernstem Gesicht. „Ja, du hast hiermit Lokalverbot. Lebenslang!“ ergänzte Tifa entschlossen. Der Blick des Wesen pendelte zwischen den beiden hin und her. Dann blieb es an Clouds Waffe hängen.

„Oh nein... du gehörst... Gilgamesch!!!“

Tifa und Cloud zuckten zusammen, als ihnen die kreischende Stimme des Wesens in den Ohren stach. Dann vollführte es mit seinen vielen Armen eine synchrone Bewegung. Kunstvolle Kreise beschreibend, schwang er sie herum und murmelte Wörter in einer fremden Sprache. Hinter ihm öffnete sich ein Strudel im Raum. Grelles Licht entsprang ihm und blendete die beiden beinahe. Dann begannen die ersten Einrichtungsgegenstände auf ihn zuzurutschen. Schon mussten sie sich gegen den Sog stemmen, der alles zu verschlingen drohte.

„Was zum Teufel geschieht hier!“ schrie Cloud Tifa zu. Der Sog wurde stärker und verwandelte sich in einen alles verzehrenden Mahlstrom. Immer mehr Dinge flogen nun auf das Wesen zu, das direkt im Zentrum des Sogs stand. Cloud konnte sich kaum noch auf den Beinen halten- als plötzlich Tifa von den Füßen gerissen wurde und auf den Strudel zu stürzte.

„Tifa!!!“

Er hörte nur noch ihr Kreischen, dann verschwand sie in dem Strudel. Cloud konnte nichts erkennen, zu grell war das Licht aus dem Zentrum des Sogs. In einer Geste der Verzweiflung sprang er und schwang sein Schwert mit voller Wucht-
 

„Tifa!“

Er schreckte aus seiner Bewusstlosigkeit hoch. Er lag auf dem Boden. Das Schwert hielt er nicht mehr in Händen. Verwirrt sah er sich um. Der 7.Himmel glich einem Schlachtfeld. Kein Möbelstück war mehr an seinem Platz. Es sah aus, als hätte ein Orkan in diesem Raum getobt. Er war allein. Das Wesen war weg- und auch Tifa!

„Cloud... was ist passiert...“, wimmerte eine Stimme. Es war Marlene, die sich zusammen mit Denzel hinter dem Tresen versteckte und ihn rief. Ruckartig schnellte er hoch und lief zu ihnen. Ängstlich kamen sie aus ihrem Versteck hervor und klammerten sich an ihn.

„Seid ihr in Ordnung“, fragte er aufgeregt. Denzel vergrub sein weinendes Gesicht an seinem Hosenbein. Marlene blickte angsterfüllt zu ihm hoch.

„Es war so laut... wir hatten Angst... wo ist Tifa?“

Panisch sah er sich um. Sein Blick glitt über den verwüsteten Raum... sie war weg.

„Ich... ich weiß es nicht...“ Fassungslos schüttelte er den Kopf. Er versuchte zu verstehen, was geschehen war. Das mehrarmige Ungetüm... sie hatten gekämpft... plötzlich wurde alles von einem Sog erfasst... er hatte versucht, das Wesen mit dem Schwert zu treffen... vorher hatte es irgendwas gesagt, er versuchte sich zu erinnern.

‚Du... gehörst... Gilgamesch!?’

„Ich hab Angst... ich will zu Tifa“, schluchzte Denzel. Cloud ging in die Hocke und blickte beiden in die Augen.

„Ich weiß nicht, wo sie ist, aber... wir werden sie finden, okay? Das geht aber nur, wenn ihr beiden tapfer seid, einverstanden?“ Die beiden Kinder nickten mit ihren tränenüberströmten Gesichtern.

Ohne die beiden nur einen Moment lang von den Händen zu lassen, durchsuchten sie das ganze Haus. Sie fanden nichts, und schließlich trat er mit den beiden vor die Tür. Verzweifelt überlegte er, wo er suchen sollte... doch er wusste innerlich, dass es vergebens war. Denzel begann wieder leise zu weinen, und Marlene versuchte ihren Stiefbruder zu trösten. Währenddessen holte Cloud sein Mobiltelefon hervor. Es läutete schier ewig, bis endlich jemand abhob. Eine raue, aber vertraute Stimme meldete sich.

„Bist das du, Spikey? Warum um alles in der Welt rufst du um diese- “

„Halt den Rand, Barret“, herrschte er ihn ungeduldig an. „Es ist etwas furchtbares passiert!“

Mit einem Male war die eben noch verschlafene Stimme hellwach.

„Was? Ist etwas mit Marlene und Denzel?“

„Nein. Wir wurden angegriffen. Tifa... es ist Tifa.“

„WAS!? Was ist ihr passiert? Ist sie verletzt?“

„Nein...“ Cloud schüttelte den Kopf. In seinen Gedanken herrschte Chaos, und auch die kühle Nachtluft linderte dies kaum. „Sie... sie ist weg. Wie vom Boden verschluckt...“ Verzweifelt versuchte er, seine Erinnerungen in ein Sinn ergebendes Schema zu bringen. Während er sprach, hörte er am anderen Ende der Leitung Barret gespannt den Atem anhalten. „Wer immer das war... er ist weg, und Tifa mit ihm!“ Er merkte, wie seine Stimme zu zittern begann.

„Immer mit der Ruhe, Cloud. Rühr dich nicht vom Fleck! Pass auf Marlene und Denzel auf, ich bin so schnell es geht bei euch!“ Man konnte hören, dass der Telefonierende sich während des Sprechens aufraffte und herumlief. „Ich bin schon auf dem Weg zum Hubschrauber, wie gesagt, pass auf die zwei auf! Wer hat euch angegriffen, sag es mir, Cloud!“

Er runzelte schmerzerfüllt die Stirn. Seine Gedanken begannen auszusetzen.

„Ich weiß es nicht... irgend ein Typ, ich hab so was noch nie gesehen... er hatte etliche Arme, und er hat eine Art Sog entfacht... alles verschwand darin, ich fürchte, auch Tifa...“

„Okay, okay, nur die Ruhe, verstanden? Ich muss auflegen, ich starte jetzt den Hubschrauber. In ein paar Stunden bin ich da, kapiert? Pass auf die beiden auf!“ Dann legte er auf. Cloud starrte verwirrt in die Nacht. Es war niemand auf den Straßen, und er überlegte, was er tun sollte...
 

„Hört jetzt gut zu, ihr beiden!“ Marlene wirkte einigermaßen gefasst, während Denzel immer noch leise weinte. Cloud war mit den beiden im Gastraum. In seinem Rückengurt hing nun Hexagon, sein neues Schwert. Er sprach ruhig, aber eindringlich zu den beiden. „Tifa ist bald wieder zurück, versteht ihr mich? Und deshalb müssen wir hier jetzt aufräumen, damit sie sich nicht ärgern muss, wenn sie zurückkommt.“

„Aber... aber du weißt doch gar nicht, wo sie ist“, schluchzte Denzel. Cloud ergriff ihn an den Schultern und redete ihm gut zu.

„Das weiß ich wirklich nicht, aber... sie kommt bald zurück, denkt immer daran!“

Und so machten sich die drei daran, den Gastraum aufzuräumen. Cloud war sich der Zwecklosigkeit dieser Tätigkeit bewusst. Im Moment ging es nur darum, die beiden zu beschäftigen, um sie vom geschehenen abzulenken. Bald waren sie todmüde, und Cloud brachte sie zu Bett.

Er wagte es nicht, ihr Kinderzimmer zu verlassen. Unruhig stand er am Fenster und blickte auf die Straße hinab. Eine quälende Angst rumorte ihn ihm. Mit einem Male wurde ihm bewusst, wie viel sie ihm bedeutete, und dass ihn die Ungewissheit jeden Schlaf raubte.

Die Stunden vergingen, und er lauschte immer noch auf jedes Geräusch. Immer öfter ertappte er sich dabei, wie ihm im Stehen die Augen zufielen. Doch er kämpfte gegen die Erschöpfung an. Schließlich entschloss er sich, sich auf einen Stuhl im Kinderzimmer zu setzen. Sein Schwert neben sich lehnend, saß er dort und beobachtete die zwei Kinder. Hin und wieder stöhnten sie im Schlaf auf. Er konnte ahnen, was sie träumten...
 

Ein Geräusch riss ihn aus seinem Dämmerzustand. Blitzschnell packte er sein Schwert und holte aus. Die Person, die durch die Tür trat, konnte die heransausende Klinge im letzten Moment mit ihrem metallenen Arm abwehren. Entsetzt blickte er in Barrets erschrockene Augen.

„Cloud! Ich bin’s, Barret!“

„Was? Barret... ich dachte...“

„Ist schon okay. Sonst alles in Ordnung mit dir?“ Er nickte müde. Dann ging Barret zu den Betten der Kinder. Vorsichtig strich er den schlafenden Kindern über die Köpfe. Nachdem er sich von ihrer Unversehrtheit überzeugt hatte, drehte er sich wieder zu Cloud um. „So... und jetzt erzähl mir genau, was passiert ist.“
 

Cloud saß auf einem Stuhl mitten im immer noch verwüsteten Gastraum. Barret marschierte auf und ab wie ein nervöses Raubtier, während er ihm den Angreifer und ihren Kampf Detail für Detail schilderte. Fassungslos schüttelte Barret den Kopf.

„Was für ein Mist. So ein übler Freak...“ Wütend stieß er die Trümmer eines Tisches mit dem Stiefel beiseite.

„Ich... ich konnte nichts tun... ich...“, stammelte Cloud. Barret ging auf ihn zu und packte ihn an den Schultern.

„Hör mir zu, Spikey! Niemand macht dir einen Vorwurf, kapiert? Du hast alles menschenmögliche getan.“

Langsam hob Cloud den Kopf und blickte ihn bekümmert an.

„Habe ich das...?“

„Ja, das hast du. Und jetzt leg dich gefälligst eine Runde aufs Ohr, du siehst furchtbar aus.“
 

Zuerst äußerte er seinen Widerwillen, doch schließlich gab er nach. Er musste sich eingestehen, dass er erschöpft war. Benommen wankte er zu seinen Sachen, die vor dem Schrank verstreut lagen. Geduldig sammelte er sie ein. Dann drehte er sich um. Barret stand draußen vor der Tür und telefonierte aufgeregt. Im Gastraum herrschte immer noch das Chaos von letzter Nacht. Nein, hier würde er nicht schlafen können. Zu sehr erinnerte ihn das Durcheinander an den Vorfall...

Mit dem Schlafsack und der Rollmatte unter dem Arm ging er die Treppe hoch. Er erinnerte sich an das, was Tifa noch am Vortag zu ihm gesagt hatte. Am Ende des Flurs im ersten Stockwerk stand er schließlich vor der Tür, dass zu seinem Raum führte. Tifa hatte ihn für ihn eingerichtet, doch er hatte es immer vorgezogen, unten in der Kneipe auf dem Boden zu schlafen. Die Kirche, in der er vorher sein Quartier gehabt hatte, war seit der Geschichte mit Kadaj dem Einsturz nahe. Auch wenn es ihn geschmerzt hatte, er hatte den Ort verlassen müssen. Irgendwie glaubte er damals noch, er könnte Aeris näher sein, wenn er dort bliebe...

Stumm öffnete er die Tür. Er stand nun vor einem kleinen Raum. Ein Bett stand an der Wand, gegenüber eine Kommode. Ein kleiner Tisch stand neben dem Bett, und darüber... hing ein eingerahmtes Foto.

Erstaunt trat er näher. Das Bild zeigte ihn, Tifa und die zwei Waisenkinder, wie sie vor der Kneipe standen. Jetzt erinnerte er sich. Es wurde gemacht damals, anlässlich der Eröffnung des ‚neuen’ 7.Himmels. Dann fiel ihm auf, mit wie viel Liebe der eigentlich schlichte Raum eingerichtet war. Fast konnte er Tifas Präsenz spüren... doch sie war weg, und er wusste nicht, wohin.

Verärgert warf er seine Sachen in eine Ecke und ließ sich aufs Bett fallen. Eine Weile starrte er an die Decke, bevor er schließlich einschlief.
 

„Nein... nein!!“

Er konnte nichts tun. Langsam, aber unerbittlich wurde sie ihm entrissen. Ihre Hand entglitt der seinen, und sie entfernte sich. Er hörte sich nicht, konnte aber von ihren Lippen den Hilfeschrei ablesen. Hilfe, die er nicht leisten konnte. Ein schreckliches Gefühl des Versagens brannte in seiner Seele, als sie in dem Strudel aus Licht vor ihm verschwand. Alles drehte sich immer schneller, und andere Bilder mischten sich hinein. Bilder einer Frau in roter Jacke und rosafarbener Bluse, die sich rot färbte, wo die Klinge aus ihrer Brust austrat. Gelähmt vor Entsetzen sah er dies alles, und wieder einmal hatte er sie nicht retten können...
 

Schwer atmend schreckte er hoch. Nach einer Weile beruhigte sich sein Atem, und er setzte sich aufrecht hin. Der Blick aus dem Fenster zeigte ihm, dass es bereits Nachmittag war. Immer noch war er müde, doch noch mehr als die Erschöpfung fürchtete er die Alpträume, die ihn erwarteten. Und stand er auf und verließ den Raum.
 

Als er den Flur entlang ging, hörte er mehrere Stimmen. Unwillkürlich ballte er die Fäuste. Nervös überlegte er, bis ihm einfiel, wo Hexagon stand. Mit wenigen schnellen Schritten stand er im Zimmer von Denzel und Marlene. Die beiden waren weg. Eilig ergriff er seine Waffe und lief die Treppe hinab. Als er mit erhobenem Schwert im Gastraum erschien, richteten sich vier erstaunte Augenpaare auf ihn. Etwas verlegen steckte er die Waffe weg.

„Vincent... lange nicht gesehen.“

Barret war dabei, den verwüsteten Raum aufzuräumen. Dabei halfen ihm Marlene und Denzel, sowie ein Mann mit einem zerschlissenen, scharlachroten Umhang. Lange, dunkle Haare hingen ihm zum Teil vors Gesicht. Dieses wurde von einem hohen, mit Schnallen versehenen Kragen begrenzt, über den braune Augen hinwegfunkelten. Sein Gesicht schien den Inbegriff an Melancholie darzustellen, doch in diesem Moment hellte es sich etwas auf.

„Cloud“, erwiderte dieser knapp, doch dieses einzelne Wort enthielt für seine Begriffe schon fast überbordende Herzlichkeit. „Barret hat mich angerufen. Ich habe mich sofort auf den Weg gemacht.“

Cloud lächelte vorsichtig.

„Also besitzt du nun ein Telefon.“

Vincent griff sich mit einer theatralischen Geste- wobei man anmerken muss, dass bei ihm alle Gesten theatralisch wirken- unter seinen wallenden Umhang und zog ein Mobiltelefon hervor. Mit verhaltenem Stolz zeigte er es Cloud.

„Gleich nach der Geschichte mit Kadaj habe ich mir eins gekauft. Ist soweit ganz praktisch, nur...“ Er seufzte langgezogen. „Ich weiß nicht, wie sie es herausgefunden haben, aber in letzter Zeit rufen ständig pubertierende Mädchen an und kreischen in den Hörer. Schrecklich.“ Sein Haar wallte- theatralisch, was sonst- während er den Kopf schüttelte. „Ich werde wohl die Nummer ändern lassen.“

„Tja, so hat halt jeder seine Probleme“, erwiderte Cloud amüsiert. „Danke jedenfalls, dass du gekommen bist.“

„Das war selbstverständlich. Barret... hat mir alles erzählt.“

Cloud wurde wieder ernst.

„Ja... dann weißt du es ja.“

Vincent nickte.

„Ja. Ich weiß zwar noch nicht, wie ich dir helfen kann, aber- “

In diesem Moment wurden sie von einer Fanfare unterbrochen. Sie schallte aus Clouds Jacke. Verärgert holte er sein Telefon hervor.

„Tut mir leid, heute gibt es keinen- was?“ Barret und Vincent horchten auf. Die zwei Kinder fuhren damit fort, Stühle wieder aufzustellen und Tische zurechtzurücken. „Reno... Aha. Mhm. Ihr wisst etwas darüber? Ich bin schon unterwegs!“

Aufgeregt klappte er das Telefon zu. Barret und Vincent umringten ihn.

„Was ist los? War das etwa Reno?“ fragte Barret nervös. Cloud nickte und machte ein angespanntes Gesicht.

„Er sagte, letzte Nacht müsste hier etwas passiert sein, und ob ich nicht ein paar Fragen beantworten könnte.“

Barret blickte ihn fragend an.

„Und weiter?“

„Keine Ahnung, ich habe aufgelegt! Das werde ich die persönlich fragen!“

Knurrend hob er seinen mechanischen Arm und ballte stählerne Finger.

„Ich wusste es, diese verfluchten Shinra stecken dahinter...“

„Das wissen wir noch nicht“, warf Vincent ein. „Warum sollten sie das tun, und dann hier anrufen?“

Cloud blickte seufzend ins Leere. Dann sah er wieder die beiden an. „Du hast recht. Wir sollten uns anhören, was sie sagen! Aber...“ Sein Blick fiel auf die beiden Kinder, die mittlerweile zwischen den Möbeln spielten. „Ich will sie nicht allein lassen...“

Vincent legte ihm aufmunternd seine Klauenhand auf die Schulter. Mit der anderen klopfte er auf ‚Todesstrafe’, seinen dreischüssigen, extrem großkalibrigen Kipplaufrevolver, der unter seinem Umhang hing.

„Fahrt ruhig. Ich passe auf die beiden auf.“

Cloud erwiderte seinen aufmunternden Blick und nickte ihm zu.

„Gut. Dir kann ich sie anvertrauen.“

Dann gingen die beiden. Zurück blieb Vincent, der sich nun von zwei kleinen Kindern mit großen Augen umringt sah, die hoffnungsvoll zu ihm aufblickten.

„Bringen sie Tifa zurück?“ fragte Marlene schüchtern. Vincent ging in die Hocke und schaute sie mitfühlend an.

„Vielleicht noch nicht jetzt, aber sie werden sie zurückbringen. Da bin ich mir sicher.“
 

Ratternd ging das Garagentor hoch. Ruckartig riss Cloud die Plane von Fenrir. Barret machte ein missmutiges Gesicht.

„Mit der Höllenmaschine? Mein Helikopter steht nur wenige Blocks entfernt auf einer freien- “

„Damit sind wir schneller.“ Surrend öffnete sich Fenrirs metallene Flanke, wo Cloud sein Schwert verstaute. Schon startete er den Motor. „Was ist? Willst du zu Fuß gehen?“

Barret verzog das Gesicht, um dann hinter ihm auf der Maschine Platz zu nehmen. Kaum, dass er begonnen hatte, sich festzuhalten, und schon röhrte das Aggregat auf. Mit einem schrillen Quietschen verschwanden sie aus der Seitengasse, in der der ‚7.Himmel’ lag.

Barret presste die seine Augenlider zusammen, während Cloud versuchte, einen neuen Rekord aufzustellen. Waghalsiger den je zuvor schoss er durch das Verkehrsgetümmel. Da er es nicht wagte, die Augen zu öffnen, hörte Barret nur das Aufheulen des Motorrads und das Verklingen aufgebrachter Hupsignale, wenn Cloud wieder einmal ein anderes Fahrzeug riskant schnitt. Es schien ihm eine Ewigkeit später, als sie schließlich vor dem Gebäude der W.R.O. hielten, obwohl es nur Minuten waren, die sie ans andere Ende der Stadt gebraucht hatten. Sichtlich erleichtert stieg Barret vom Motorrad, als Cloud bereits energisch die Drehglastür aufschob. Eilig folgte er ihm. Als er mit seinem Schwert auf dem Rücken schnurstracks den Aufzug ansteuerte, wurden sofort die Wachleute auf ihn aufmerksam. Mit drohenden Mienen und den Händen an den Holstern ihrer Waffen umringten sie ihn.

„Ich darf sie darauf aufmerksam machen, dass das Betreten dieses Gebäudes im bewaffneten Zustand untersagt ist“, sagte einer von ihnen mit scharfem Tonfall. Im nächsten Moment legte Barret dem Wachmann seine mechanische Hand auf die Schulter. Verdutzt blickte ihn dieser an.

„Zählt das auch, du Narr“, knurrte er ihn an. Surrend entfaltete sich seine mechanische Prothese und gab die Plasmakanone frei, die sich in ihrem Inneren verbarg.

„Mä-männer, verhaftet die Subjekte“, stammelte er mit schwindendem Selbstvertrauen. Sein argwöhnischer Blick fiel auf Barrets Armwaffe. Die anderen Wachleute zogen ihre Waffen. Blitzschnell zog Cloud sein Schwert und hielt es dem Mann unter die Nase.

„Haltet die Füße still, sonst schneide ich ihn in Streifen“, drohte er. Das Leben in der Eingangshalle kam zum Erliegen. Fassungslos beobachteten alle den Vorfall. Sogar die steife Empfangsdame hörte auf, ihre Nägel zu lackieren und verfolgte das Geschehen mit offenem Mund.

„Steckt eure Waffen weg, um Himmels Willen! Macht keinen Blödsinn!“ Reno kam mit erhobenen Händen in die Eingangshalle. Die Wachleute drehten sich alle zu ihm um. „Die zwei sind keine Gefahr. Steckt eure Kanonen weg.“

Zögernd kamen sie seiner Aufforderung nach. Der bedrohte Wachmann starrte immer noch auf Clouds riesiges Schwert, das vor seiner Nase schwebte. Sein angsterfülltes Gesicht spiegelte sich auf der breiten Klinge.

„Wi-wirklich?“

„Ja. Wenn ich es doch sage. Und jetzt beruhigt euch ihr beiden, es ist doch alles cool, oder?“

Beschwichtigend legte Reno ihm die Hand auf die Schulter. Cloud funkelte ihn finster an und senkte sein Schwert dabei.

„Wo ist Tifa“, murmelte er ernst.

„Darüber wollte ich mit dir reden. Steck aber erst das Ding weg, bevor du noch jemanden damit nervös machst.“

Widerwillig leistete er ihm folge. Barret und Cloud folgten Reno und ließen eine Abteilung verwirrter Wachmänner zurück.
 

Der Aufzug surrte leise.

„He, Bruder! Lange nicht gesehen!“ Kameradschaftlich klopfte Reno Barret auf den voluminösen Oberarm. Dieser quittierte das mit einem Knurren.

„Ich bin nicht dein Bruder, Karotte.“

„Okay, dann eben nicht. Sag bloß, du bist nachtragend wegen der... du weißt schon, der Sache damals...“

„Die Sache, bei der du und deine Leute mein Viertel unter einer Million Tonnen Schutt begraben haben?“ entgegnete Barret wütend. In einer entschuldigenden Geste hob Reno Schultern und Hände.

„Na ja... Sektor 7 sollte sowieso abgerissen werden. Und jetzt habt ihr doch viel schönere Häuser!“

„Abgerissen...? Mitsamt den Einwohnern!?“

Barret platzte der Kragen. Er packte Reno am Kragen, hob ihn an und drückte ihn gegen die Wand. Cloud verdrehte genervt die Augen. Plötzlich hielt der Lift. Die Türen glitten auseinander, und mehrere Personen in seriösen Businessklamotten blickten entgeistert in den Aufzug. Barret und Reno drehten die Köpfe synchron in ihre Richtung.

„Besetzt“, sagten sie im Chor. Dann schlossen sich die Türen wieder.

„Und jetzt zu dir“, knurrte Barret und holte mit seiner Metallfaust aus. Cloud hielt sie fest.

„Lass ihn runter. Sofort.“

Die beiden sahen sich mit stechenden Blicken an, bevor er ihn zu Boden ließ. Dann wandte sich Cloud an Reno.

„Rede. Was ist mit Tifa? Sag nicht, ihr steckt dahinter, sonst helfe ich Barret dabei, dich auseinander zu nehmen!“

Reno machte ein unschuldiges Gesicht.

„Nein, nein! Wir stecken nicht dahinter, warum sollten wir?“

Mit gespieltem Ernst wandte sich Cloud an Barret.

„Genau! Warum sollte ein größenwahnsinniger, menschenverachtender Konzern jemand etwas zu leide tun?“

„Nein, nein, jetzt hört mir doch zu“, unterbrach er seine sarkastische Ansprache. „Die W.R.O. hat nichts damit zu tun! Wir haben... es nur gemessen.“

„Gemessen? Was heißt das?“

Reno schüttelte seufzend den Kopf.

„Professor Salvatori wird es euch genau erklären. Ich bringe euch zu ihm.“
 

Er führte die beiden in das selbe Labor, das Cloud anderntags gesehen hatte. Immer noch waren Techniker an allen Ecken am werken. Die gleichmäßige Atmosphäre der Betriebsamkeit schien jedoch aufgeregter Aufbruchsstimmung gewichen zu sein. Mehrere Wissenschaftler wuselten durcheinander, unter ihnen auch Professor Salvatori.

„Professor! Er ist hier!“ rief Reno. Der Professor horchte auf und lief ihnen entgegen.

„Ah, na endlich! Ich habe sie schon erwartet!“

Sein zerstreuter Gesichtsausdruck wich überschwänglicher Freude. Cloud blieb unbeeindruckt.

„Sie können mir sagen, was letzte Nacht passiert ist?“

Der Professor wechselte mit Reno einen ahnungslosen Blick.

„Nun, ich hatte gehofft, sie könnten uns etwas über dieses... ‚Phänomen’ erzählen?“

Noch bevor Cloud erneut die Beherrschung verlieren konnte, führte Reno sie alle in Salvatoris Büro.
 

Genervt kratzte sich Cloud am Kopf und rutschte in seinem Stuhl hin und her. Barret stand mit verschränkten Armen und aufmerksamer Miene hinter ihm. Reno lehnte lässig an der Wand.

„Wie oft soll ich die Geschichte noch wiederholen...“

Salvatori saß ihm gegenüber hinter seinem Schreibtisch und lauschte ihm gebannt. Er war aufgeregt wie ein Halbwüchsiger vor seiner ersten Verabredung.

„Ich bitte um ihr Verständnis, aber es ist von größter Wichtigkeit für mich und auch die Forschungsabteilung der W.R.O. soviel wie möglich über dieses Phänomen zu erfahren, allerdings...“

„Ich habe ihnen alles erzählt. Jetzt erzählen sie mal uns was“, herrschte ihn Cloud an. Seufzend, als müsse er einem Kleinkind die Algebra erläutern, klappte er sein Notebook auf und drehte es zu Cloud herum. Auf dem Bildschirm zu sehen war ein Plan der Stadt.

„Es begann vor einigen Wochen. Bei routinemäßigen Feldmessungen fielen uns... wie soll ich es am verständlichsten beschreiben... Schwankungen in der magnetischen Feldstruktur auf.“ Cloud und Barret hoben die Augenbrauen. Über ihren Köpfen erschien ein großes Fragezeichen. „Um ihnen wissenschaftliche Details zu ersparen: unsere Vermutung lautete, dass etwas oder jemand versuchte, ein Tor aus einer anderen Dimension in diese zu öffnen. Was sich dann bestätigt hat“, sagte er kichernd. Dann wurde er wieder ernst. „Wir haben, um ehrlich zu sein, mit einem Vorfall wie letzter Nacht gerechnet. Wir hatten nur keine Ahnung, was genau wo passieren würde.“

„Dieses Ding, das sich Gilgamesch nannte... es stammt aus einer anderen Dimension?“ Clouds Gesicht war eine Mischung aus Neugier und Hilflosigkeit. Salvatori nickte eifrig.

„Das ist wahr, allerdings.“

„Und wo ist es jetzt hin?“ fragte Barret mit steinerner Miene.

„Das ist eine sehr gute Frage“, erwiderte der Professor und hob den Zeigefinger. „Genau dieser Frage nachzugehen, dient dieses ganze Projekt. Der ringförmige Gegenstand- “ Er deutete nach draußen. „ –soll, wenn alles wie geplant verläuft, ein Tor zu seiner Welt werden, wo immer das auch ist.“

Cloud drehte sich bestürzt um. Seine Augen fixierten den eingerüsteten, ringförmigen Gegenstand, an dem ein halbes Dutzend Techniker arbeiteten.

„Haben sie schon jemanden durchgeschickt“, fragte er, ohne den Blick von dem Tor abzuwenden. Salvatori schüttelte den Kopf.

„Bis jetzt nicht. Wir sind immer noch in der Konstruktionsphase, aber bald können wir es regulär in Betrieb nehmen. Das Problem ist nur...“ Cloud drehte sich zu ihm herum. „...das es womöglich ziemlich gefährlich ist, das Tor zu betreten. Wir werden wohl noch umfangreiche- “

„Ich mache es“, unterbrach ihn Cloud. Barret und selbst Reno zeigten ihre Bestürzung. „Ist das dein Ernst?“ fragte Barret mit unsicherer Stimme. „Du willst in diese Höllenmaschine steigen? In ein Ding, das Shinra gebaut hat?“

„Shinra gibt es nicht mehr“, erklärte Salvatori belehrend, „die Nachfolgeorganisation hei- “

„Scheißegal, wie ihr es nennt“, knurrte ihn Barret an. Dann wandte er sich wieder an Cloud. „Spikey, willst du das wirklich tun?“

Er wandte sich ihm zu.

„Ja“, sagte er mit Grabesmiene. „Tifa ist irgendwo dort drüben. Ich hole sie zurück, wie ich es Marlene und Denzel versprochen habe.“

Barrets Miene wechselte von genervt zu zweifelnd. Sichtlich rang er mit sich selbst.

„Verdammter Narr“, fluchte er. „Du weißt, dass ich dich nicht allein gehen lassen kann?“

Cloud drehte den Kopf wieder weg und starrte ins Leere.

„Das ist deine Entscheidung“, bemerkte er trocken. Barret machte einen Sprung.

„Sag mal... was bildest du dir ein!?“ fuhr er ihn an. „Du... du glaubst, du kannst wieder mal die Welt retten? Soll ich dir was sagen?“ Mit seiner mechanischen Faust fuchtelte er vor Clouds ungerührtem Gesicht herum. „Ich sage dir, dass ich jeden, der dich daran hindern will, in der Luft zerreißen werde! Darauf kannst du einen lassen!“

Clouds steinerner Miene entkam ein dankbares Lächeln. Dann wandte er sich wieder an Salvatori, der die beiden argwöhnisch beobachtete.

„Wann kann es losgehen? Wann ist das Ding soweit?“

Der Professor hob ratlos die Schultern.

„Vielleicht schon morgen, wenn alles nach Plan verläuft... ich kann aber nicht für ihre Sicherheit dabei garantieren- “

„Keine Sorge, für die garantieren wir selbst“, entgegnete Cloud und stand auf. Festen Schrittes näherte er sich der Tür. Dort blieb er noch einmal stehen. „Machen sie das Ding bereit. Morgen komme ich mit meiner Truppe.“ Dann verließen er und Barret das Büro. Zurück blieben ein verdutzter Reno und ein Professor Salvatori, der eine Weile, nachdem die beiden weg waren, begann, sich die Hände zu reiben...
 

Nach einer weiteren halsbrecherischen Fahrt erreichten sie wieder den 7.Himmel. Vor der Kneipe sahen sie erstaunt die Ansammlung aller Kinder aus der Nachbarschaft. Inmitten all der Halbwüchsigen stand Vincent. Marlene und Denzel gelang es sichtlich, mit ihrem großen Freund Eindruck bei den anderen Kindern zu schinden. Gerade versuchten sie ihm unter den Anfeuerungen der ganzen Kinder die Regeln des Tempelhüpfens zu erklären.

„Du meine Güte...“, murmelte Cloud und bahnte sich einen Weg durch die vergnügte Schar. Vincent war sichtlich froh, ihn zu sehen. „Ich will euch ja den Spaß nicht verderben, aber wir brauchen ihn einen Moment, okay?“

Unter dem Gemurre der Nachbarschaftskinder entführten sie den langhaarigen Pistolenschützen. Besonders die Mädchen protestierten lautstark und warfen ihm schmachtende Blicke nach.
 

„Danke... dass ihr mich gerettet habt“, sagte Vincent etwas verlegen.

„Schon in Ordnung“, erwiderte Cloud. Er nahm sich einen Stuhl und setzte sich verkehrt rum drauf. „Hör mir gut zu, Vincent. Ich werde auf eine gefährliche Reise gehen. Ich habe keine Ahnung, was mich erwartet. Es geht um die Rettung Tifas. Barret begleitet mich. Ich kann es nicht von dir verlangen, aber... ich bitte dich darum. Ich brauche deine Hilfe.“

Schweigen hing im Raum. Cloud saß vor dem regungslosen Vincent auf dem Stuhl. Barret stand mit verschränkten Armen neben ihm und wartete ebenfalls auf eine Reaktion. Dann, ganz plötzlich, in einer blitzschnellen Bewegung, zog Vincent die ‚Todesstrafe’, lud alle drei Kammern schneller durch, als ihre Augen es erkennen konnten, und hielt sich die Waffe mit gezogenen Hähnen vors Gesicht.

„Schon lange habe ich niemanden mehr von der Zerstörungswut von ‚Chaos’ kosten lassen...“, flüsterte er. „Ich komme mit.“ Dann entspannte er alle Hähne und steckte sie wieder weg. Cloud nickte lächelnd.

„Gut. Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann. Dann wäre nur noch eine Sache zu klären...“ Seufzend blickte er durchs Fenster, wo Marlene und Denzel mit den anderen Kindern spielten. „Ich will sie sicher wissen, solange wir weg sind...“ Ratlos blickten sie sich an. Sie bräuchten jemand, der auf die beiden aufpassen und zur Not auch kämpfen konnte... Plötzlich hatte Barret eine Idee.

„Ich weiß was. Wir rufen Cid, den alten Hundesohn!“ erklärte er strahlend. Cloud machte ein ungläubiges Gesicht.

„Meinst du das ernst? Wenn sie perfekt fluchen lernen sollen, mag das ja sinnvoll sein, aber... Cid Highwind kann sich um Motoren kümmern, aber um Kinder??“

Barret schüttelte den Kopf.

„Ich dachte eher an Shera, sie hat sicher ein Händchen für Kinder. Der alte Seebär kann ihnen dann Tee kochen.“

Cloud verdrehte die Augen. Restlich überzeugt war er immer noch nicht.
 

„Verfluchte elende Scheiße!!“

Laut hallte es durch den Maschinenraum des Luftschiffes, als ein stahlkappenbewehrter Arbeitstiefel das Metall traf. Knurrend wischte er sich mit dem Lederhandschuh, der bis zum Ellbogen reichte, über die schweißnasse Stirn. Die Zigarette in seinem Mundwinkel tanzte hin und her, während er leise Flüche murmelte. Plötzlich näherten sich Schritte von hinten. Er blickte nicht auf, als schließlich eine Frau mit braunen Haaren, Brille und einem mit Ölflecken übersäten, einst wohl makellos weiß gewesenen Arbeitsmantel hinter ihm stand. Sie blickte nachdenklich auf den drahtigen, fast hageren Mann, der bis zu den Hüften in einer Klappe verschwand und darin herum schraubte.

„Alles in Ordnung, Cid?“

Er schreckte hoch und stieß dabei mit dem Kopf gegen das Metall.

„Autsch! Verdammte Scheiße!!“ Mit aufgebrachter Miene kam er zum Vorschein. In der rechten hielt er immer noch den Schraubenschlüssel, mit der linken rieb er sich den Kopf. „Gottverfluchtes Weib! Was fällt dir ein?!“ herrschte er sie an. Sie verschränkte nur die Arme und senkte die Augenbrauen. Das leise Tippen ihrer Stiefel hallte durch den Maschinenraum und übertönte das Brummen der Aggregate problemlos. Cid Highwind machte ein betretenes Gesicht und spielte nervös mit seiner Zigarette. „Na ja… du weißt schon… hab ich nicht so gemeint…“, brachte er stockend hervor.

Shera Highwind seufzte nur. Von Anfang an hatte sie gewusst, worauf sie sich da eingelassen hatte. Cid war ein unverbesserlicher Mensch wie er im Buche stand. Die Andeutung einer Entschuldigung für seine unüberlegten Flüche und Beleidigungen war bereits ein mühsames Zugeständnis und ein Gewaltakt seinerseits. Als sie noch nicht verheiratet gewesen waren und eines seiner frühen Luftschiffe dabei gewesen war, abzustürzen, da galt seine Sorge noch dem Triebwerk und nicht etwa seiner Mitarbeiterin und späteren Ehefrau, die er auch hätte retten können. Mittlerweile hatte er sich doch etwas verändert, und sie war sich nicht mehr ganz so sicher, dass er die wertvollen Maschinenteile statt ihr retten würde.

„Lass mal sehen“, sagte sie und nahm seinen Kopf in die Hände. Er wehrte sich dagegen.

„Ich bin doch kein Jammerlappen. Ist halb so wild.“ Unter seiner Fliegerbrille, die er zu Sheras Leidwesen nicht einmal im Bett abnahm, lief etwas Blut herab. „Ist nur ein Kratzer.“

Kopfschüttelnd ließ sie ab von ihm. Dann zog er einen öligen Lappen aus der Schenkeltasche und wischte sich damit die Stirn ab.

„Das Essen ist übrigens fertig“, sagte sie mit hochgezogener Augenbraue. Schulterzuckend steckte er den Lappen wieder weg und wollte sich schon umdrehen.

„Ich bin noch nicht fertig hier…“

„Cid Highwind“, intonierte sie eindringlich. Mit den Worten hätte man Blech schneiden können. „Das Essen ist fertig, und du wirst es nicht wieder auskühlen lassen!“

Der Ernst in ihrer Stimme war selbst für ihn nicht zu überhören. Mit ausdrucksloser Miene wandte er sich um und ging los.

„Ich bin übrigens ziemlich hungrig. Hast du was Gutes gekocht, Shera?“

Sie folgte ihm und rollte seufzend mit den Augen.
 

„Aah, was für ein prächtiger Tag“, rief er und streckte seine Arme. Ihr Weg führte sie durch die Galerie des Schiffes, von wo aus man einen wunderbaren Blick auf das darunterliegende Land hatte. Die ‚Shera‘ schwebte einen halben Kilometer über der Küste. Sie hatte ihm schon oft empfohlen, für Wartungsarbeiten einfach zu landen. In seiner unnachahmlichen Art hatte er den Einwand beiseite geschoben und lapidar ergänzt, ‚während des Flugs merke ich gleich, wenn was nicht mehr funktioniert‘. Sie hatte angesichts dieser haarsträubenden Erklärung nur wie so oft den Kopf geschüttelt und es dabei belassen.

Mit erwartungsvoller Miene nahm Cid am bereits gedeckten Tisch Platz und wollte schon zulangen, als er Sheras finsteren Blick bemerkte.

„Was ist jetzt schon wieder?“

Sie deutete nur auf seine Handschuhe, die er immer noch trug. Mit verzogenem Mund streifte er sie ab.

„Und die Zigarette“, bemerkte Shera vorwurfsvoll. Widerstrebend nahm er sie aus dem Mund und legte sie neben den Teller, auf dem das Essen dampfte. Erneut bewaffnete er sich mit Messer und Gabel, als die Siegesfanfare erklang. Knurrend kramte er in seiner Schenkeltasche nach seinem Telefon.
 

„Verflucht noch eins, kann man denn nicht einmal in Ruhe- “ Dann sah er auf dem Display den Anrufer. „Was gibt’s Barret? Was? Was erzählst du da?“ Er lauschte eine Weile, und sein Gesicht machte von erstaunt über verwundert bis hin zu empört alle Varianten durch. „Keine Frage, wir kommen sofort!“ Dann klappte er das Telefon zu und sprang auf. Shera blickte ihm verzweifelt hinterher.

„Aber… das Essen, es wird wieder kalt! Was ist denn nur los?“

„Keine Zeit fürs Essen“, hörte sie aus dem Cockpit des Schiffes. „Unsere Freunde stecken tief in der Scheiße! Wir müssen sofort los!“

Schon starteten die Aggregate. Vibrationen gingen durch den Schiffsrumpf.

„Aber… ich dachte, die Turbinen müssen überholt werden“, rief Shera und kam zu ihm ins Cockpit.

„Keine Zeit“, wiederholte er und kramte nach in einer Halterung neben dem Pilotensitz nach der passenden Karte. Wieder begann er zu fluchen, und schließlich zog Shera die entsprechende Karte unter seinem Sitz hervor. Wortlos reichte sie sie ihm.

„Ah, da ist sie ja.“ Mit der einen Hand rollte er sie auf seinem Schoss aus, mit der anderen zündete er sich eine neue Zigarette an, die wie durch Geisterhand in seinem Mundwinkel erschien. „Warte mal… wo sind wir denn… Ah. Insel ‚Wutai‘. Weißt du was das heißt, Schatz?“

Shera erstarrte. Immer wenn er sie ‚Schatz‘ nannte, musste man das Schlimmste befürchten.

„Das heißt“, begann sie vorsichtig, „dass wir Yuffie aufsammeln und mitnehmen?“

Cid nickte zufrieden, erstarrte dann aber mitten in der Bewegung.

„Genau d- was? Diese verzogene Göre?“

„Warum nicht?“ fragte Shera. Wenn Barret in Schwierigkeiten ist, dann hilft sie sicher gerne.“

Der alte Seebär machte ein missmutiges Gesicht.

„Wenn’s sich nicht vermeiden lässt“, knurrte er.

„Um was geht es eigentlich genau? Erzähl, was er gesagt hat.“

Mit ungeschickten Formulierungen und seinen obligatorischen Flüchen erläuterte er ihr den Sachverhalt in Edge City.

„Tifa wurde also von einem Unbekannten entführt, und Cloud beabsichtigt mit Vincent und Barret durch ein ominöses Tor zu gehen, wo sie hoffentlich Tifa finden?“

Cid kaute auf seiner Zigarette herum. Er war im Begriff, seine ohnehin äußerst limitierte Geduld zu verlieren.

„Ja, verflucht noch einmal! Können wir jetzt endlich losfliegen?“

„Ja, nachdem wir Yuffie verständigt haben.“

Mit einer flinken Bewegung fischte sie das Telefon aus seiner Schenkeltasche und tippte eine Nummer ein.
 

„So, das wäre geschafft.“

Cloud stellte den letzten Stuhl an seinen Platz. Sie hatten nun gemeinsam alle Tische und Stühle wieder aufgestellt, die Scherben weggeräumt und geputzt. Nun war alles wieder so wie vor dem Vorfall. Fast alles…

„In der Bude herrscht wieder Ordnung“, sagte Barret nicht ohne Stolz, als er seinen Blick über ihr Werk schweifen ließ. Vincent stand mit verschränkten Armen neben ihm.

„Tifa wird alles zu ihrer Zufriedenheit vorfinden“, sagte er überzeugt und nickte Cloud zu. Er erwiderte die Geste mit einem vorsichtigen Lächeln.

„Ja, hoffentlich.“

Voller Zuversicht klopfte ihm Barret mit seiner Metallhand auf die Schulter.

„Lass den Kopf nicht hängen, Spikey. Dein Bruder Barret wird dafür sorgen, dass sie heil sie zurückkommt, darauf kannst du einen- “

Er stoppte mitten im Satz, als Maschinenlärm von draußen herein tönte. Ratlos blickten sie sich an, um dann nach draußen zu laufen.

„Das darf nicht wahr sein, da ist er schon!“

In der ganzen Straße wurde der Staub aufgewirbelt, als die ‚Shera‘ über sie hinweg schwebte. Mit den Händen ihre Augen beschirmend, verfolgten sie die Schleife, die das Schiff beschrieb, bevor es abdrehte und sich einen Landeplatz suchte.

Auf einer nahegelegenen Baustelle, auf der auch Barret seinen Helikopter parkte, stand nun die ‚Shera‘ in ihrer vollen Pracht. Das Schiff war noch größer als die ‚Highwind‘, die sie einst aus der großen Höhle im Norden gerettet hatte. Ein Steg klappte aus ihrem Bauch, und drei gute Bekannte schritten herab. Freudvoll begrüßten Cloud und die anderen sie.

„Verdammte Scheiße, kann man euch nicht einen Moment alleine lassen?“

In seiner unnachahmlichen Mischung als Herzlichkeit und Rohheit richtete Cid diese Frage an Cloud, nachdem sie sich alle begrüßt hatten. Die Zigarette in seinem Mundwinkel tanzte dabei wie verrückt.

„Cid, verflucht! Reiß dich mal zusammen!“ fuhr Yuffie dazwischen. Shera schüttelte nur langsam den Kopf, während Cid sich Yuffies Anstandspredigt anhörte. „Tifa wurde entführt, und alles was dir einfällt ist Cloud Vorwürfe zu machen?“

Cid verdrehte die Augen und murmelte in seinen nicht vorhandenen Bart.

„Pfff… wir hätten sie auf die Tragfläche binden sollen…“

„Cid!?“

Verärgert tippte sie ihm auf die Schulter.

„Ja, ja… sollte kein Vorwurf kein… du weißt schon…“, murmelte er verlegen.

„Ist schon gut, Cid“, erwiderte Cloud. „So habe ich es auch nicht aufgefasst. Auf jeden Fall danke ich euch, dass ihr so schnell gekommen seid. Kommt, ihr seid sicher hungrig von der Reise. Im 7.Himmel erklären wir euch alles.“
 

Der Tag neigte sich dem Ende zu, als Cloud ein ‚Wegen Krankheit geschlossen‘-Schild an die Tür des 7.Himmels hängte. Barret, Vincent, Shera und Cid saßen an einem Tisch, während Yuffie mit der Unterstützung von Marlene und Denzel sie bewirtete. Cloud hatte ihnen zuvor die Ereignisse soweit geschildert.

„Was war das für ein elender Hundesohn? Gilgamesch nannte er si- was ist denn?“ fragte Cid genervt, als ihn Sheras Ellbogen in die Rippen traf. Sie deutete mit dem Kinn in Richtung der beiden Kinder, die zusammen mit Yuffie in der Küche werkten.

„Fluch nicht so in Gegenwart der Kinder“, zischte sie ihn an. Er verzog nur das Gesicht.

„Ich habe keine Ahnung, wer oder was das war“, sagte Cloud und setzte sich wieder zu ihnen. „Ich weiß nur, was dieser Professor Salvatori von Shinra gesagt hat. Angeblich kommt es aus einer anderen Dimension…“

Nachdenklich schüttelte er den Kopf.

„Ich traue diesen Typen nicht“, knurrte Barret. „Hab ich damals nicht und werd‘ ich auch in Zukunft nicht.“

„Es scheint unsere einzige Chance zu sein“, warf Vincent ein. „Auch mir gefällt der Gedanke wenig, sich darauf einzulassen… aber was bleibt uns anderes übrig?“

Alle nickten, nur Barret knurrte trotzig.

„Jedenfalls… ich möchte euch um etwas wichtiges bitten, Cid und Shera“, begann Cloud. Die beiden horchten auf. „Ich, Vincent und Barret werden morgen durch das Tor gehen und Tifa suchen. Ich habe keine Ahnung, wie lange wir brauchen werden, aber… ich möchte, dass ihr solange auf die beiden aufpasst, bis wir wieder zurück sind.“ Er deutete in Richtung der beiden Waisenkinder, die sich hervorragend mit Yuffie verstanden und nun gemeinsam mit ihr den Geschirrspüler in Betrieb setzten. Cid fiel die Zigarette aus dem Mundwinkel, während Shera verständnisvoll nickte.

„Natürlich machen wir das, nicht wahr, Cid?“

Sie stieß ihren fassungslosen Ehemann an.

„Hä? Wir sollen… ich meine, aber wie denn? Und wo…?“

„Na, auf der ‚Shera‘ ist doch genügend Platz“, erwiderte sie. Das Unbehagen war ihm anzusehen.

„Auf der Shera…? Aber Cloud, braucht ihr denn keine Hilfe?“

„Ich möchte sie sicher wissen“, antwortete er. „Bei euch sind sie gut aufgehoben. Auf diese Weise könntet ihr uns einen großen Dienst erweisen.“

Cids Stirn warf Falten. Shera nickte nur.

„Ich sehe da kein Problem, nicht wahr, Cid?“

Dieser wurde auf seinem Stuhl immer kleiner.

„Ich weiß es zu schätzen“, sagte Cloud und nickte dankbar.
 

Der Abend verging, und es wurde Nacht. Marlene und Denzel lagen bereits im Bett. An diesem Tag waren die Gästezimmer des 7.Himmels voll; Shera und Cid hatten einen Raum bezogen, und durch die Tür hindurch konnte man ihn fluchen hören. Bei den beiden war also alles in Ordnung. Barret hatte die Kinder zu Bett gebracht und anschließend ein Feldbett direkt vor ihrer Tür aufgestellt. Für diese Nacht wollte er die Wache persönlich übernehmen. Cloud saß noch lange im verwaisten Gastraum und stierte in ein leeres Glas; die anderen akzeptierten, dass er mit seinen Gedanken allein sein wollte.

Vincent saß auf dem Rand des Flachdaches und überblickte die Stadt. Die beiden Jahre seit seiner ‚Erweckung‘ hatte er in Nibelheim in der Shinra-Villa verbracht. Nibelheim war eine Geisterstadt, und er war der einzige Bewohner der Villa. Oft schon hatte er den Entschluss gefasst, diesen Ort voller schmerzhafter Erinnerungen zu verlassen, doch bis jetzt war er nicht stark genug gewesen für diesen Schritt. Die Erinnerungen waren schmerzhaft, aber doch… sie waren das einzige, das ihm von Lucrezia geblieben war. Damals, seine Zeit bei den Turks, seine schicksalshafte Begegnung mit der jungen Assistentin eines größenwahnsinnigen Professors… Bei all der Last der Vergangenheit spürte er, dass etwas in der Zukunft auf ihn zukam. Etwas Großes. Selbst Chaos, sein dunkles Ich, spürte es.

Vielleicht nimmt mein Leben nun eine neue Wendung…
 

Vorsichtig schob sie die Tür auf. Hier muss er irgendwo sein, dachte sie, während sie durch die Schatten schlich. Er ging ihr seit damals nicht mehr aus dem Kopf. Sie war erst sechzehn gewesen, und ein Teil von ihr hatte ihr eingeredet, dass ihre Schwärmerei sich verlieren würde über die Zeit. Doch nun, zwei Jahre später, hatte sich nicht viel geändert. Sie war älter geworden, aber ihre Gefühle waren dieselben. Auch wenn sie die letzten zwei Jahre pausenlos beschäftigt gewesen war, so hatte sie ihn doch nicht vergessen können. Mittlerweile leitete sie den Dojo, dessen Leitung ihr Vater Godo auf sie übertragen hatte. Immer wieder hatte sie sich vorgenommen, ihn zu besuchen, doch irgendwie… hatte ihr der rechte Mut gefehlt.

Aber jetzt… diese Gelegenheit muss ich nutzen…

Wie der Ninja, zu dem sie ausgebildet worden war, schlich sie sich mit ihren weichen, kniehohen Tennisschuhen an die Gestalt an der Mauerkrone heran, völlig lautlos.

„Yuffie… bist du das?“

Vincent drehte sich nicht mal um. Yuffie erstarrte mitten in der Bewegung und verzog das Gesicht.

„Äh… ja?“

Sie hörte ihn seufzen, und sein langes, dunkles Haar wallte im Wind- und das, obwohl es im Moment windstill war. Um einen Moment versetzt musste sie ebenfalls seufzen.

Was für ein Mann…

„Gibt es was?“

Aus ihren Träumen gerissen, schüttelte sie verwirrt den Kopf.

„Wie? Was? Äh…“ Mit auf dem Rücken verschränkten Armen ging sie auf ihn zu. Er sah sie nun an mit seinen dunkelroten, geheimnisvollen Augen. Starr ihn nicht wieder so an, dumme Kuh, schimpfte sie sich selber. Dann setzte sie sich neben ihn auf den Mauerrand. „Ich dachte, ich leiste dir etwas Gesellschaft. Falls du dich alleine fühlst…“

Er verschränkte die Arme und blickte sie von der Seite an.

„Hm… als jemand, der dreißig Jahre seines Lebens eingesperrt in einem Sarg verbracht hat, habe ich mich schon daran gewöhnt…“ Yuffie wurde unbehaglich zumute. Sie überlegte, ob sie wieder gehen sollte. „…aber andererseits ist das auch lang genug“, fügte er hinzu und lachte dabei. Yuffie blickte ihn erstaunt an. Sie konnte sich nicht erinnern, ihn schon einmal lachen gehört zu haben.

„Na dann… dann bleib ich einfach“, erwiderte sie vergnügt und ließ ihre Beine über der Häuserschlucht baumeln. „Wir haben uns ja eine Zeit lang nicht gesehen… wie geht’s dir denn so? Ich bin ja noch gar nicht dazu gekommen, dich das zu fragen“, fügte sie heiter hinzu. Vincent blickte wieder ins Leere und wartete einen Moment, bevor er antwortete.

„Hm… die letzten zwei Jahre habe ich hauptsächlich damit verbracht, in den dunklen Tiefen meiner gequälten Seele nach einem Schimmer der Hoffnung zu suchen, begleitet von der quälenden Gewissheit, dass dieser Schimmer nicht existiert. Ja, und dann habe ich die Berge hinter Nibelheim monsterfrei gemacht. Und bei dir?“ fragte er sie arglos. Sie machte große Augen.

„Äh… ich habe den Dojo meines Vaters übernommen. Und war… halt ziemlich beschäftigt. Übrigens…“ Ganz diskret rückte sie näher an ihn heran. „…du wohnst immer noch allein in dieser düsteren Villa?“

„Ja“, sagte er, ohne sie anzusehen. „Allein und einsam…“

Sie rückte noch ein Stück näher.

„Na ja… das muss doch nicht sein, oder?“

„Um ehrlich zu sein, ich überlege, mir einen Wachhund anzuschaffen. Zeitweise kommen Busse voller pubertierender, pickliger Mädchen und belagern die Villa. In letzter Zeit ist es besonders schlimm. Muss wohl an dem ganzen Unsinn liegen, der über mich auf fanfiktion.de verbreitet wird…“

„Was?“ brach es aus Yuffie heraus. Vincent blickte sie erstaunt an. „Ich meine… was für eine Unverfrorenheit!“ Sie rückte abermals näher. „Wenn du willst…“ Unschlüssig schaute sie sich um, bis ihr Blick wieder auf Vincent landete. „…kann ich dich unterstützen… im Kampf gegen diese… pubertierenden Gören…“ Nun kam sie ihm so nahe, dass sie fast einen Blick in seinen scharlachroten Stehkragen werfen konnte. Irritiert wich er zurück.

„Yuffie… was hast du vor?“ fragte er argwöhnisch.

„Was glaubst du denn“, hauchte sie ihm zu. Seufzend wandte er sich ab, und sein Haar wallt ja schon wieder!, dachte Yuffie stöhnend.

„Aber Yuffie… denk doch daran, du bist… achtzehn, richtig? Und ich bin 59. Die Generationenkluft ist einfach zu groß…“

„Ach was“, erwiderte sie und rückte abermals näher. Er wich zurück. Sollte diese Konversation noch länger dauern, dann würde er bald den Rand des Daches erreicht haben. „Das macht mir nichts. Ich steh auf 59jährige, ehrlich!“ Wieder rückten beide ein Stück weiter. Vincent blickte in die Tiefe und schätzte die Entfernung zur Straße ab. „Vor allem, wenn sie langes, dunkles Haar haben und wie 29 aussehen…“, flüsterte sie ihm mit absichtsvollem Tonfall zu. Er sah die Dachkante bedrohlich näher kommen. Wobei sie ihm weniger bedrohlich vorkam als die wollüstige Achtzehnjährige neben ihm.

„Aber… es ist noch etwas in mir. Etwas Gefährliches…!“

Sie tastete nach den Verschlüssen seines Umhangs.

„Das will ich doch hoffen!“

Genervt schob er ihre Hände weg.

„Ich meine Chaos… du hast ihn schon erlebt. Er würde dich bei lebendigem Leibe auffressen!“

Wieder rückte der Dachrand näher.

„Da bin ich mir nicht so sicher“, quietschte sie vergnügt. Wieder wurde sie handgreiflich. Vincent sah sich nervös um. „Ich glaube eher, dass ich ihn auffresse…!“ Ihr gieriger Blick traf ihn, und er überlegte fieberhaft.

„Unterschätz ihn bloß nicht- he, sieh dir dieses Stück Materia an!!“

Yuffie fuhr herum in die Richtung, in die er gezeigt hatte.

„Was?? Wo? Wo!?!“ Aufgeregt hielt sie Ausschau, doch außer der nächtlichen Stadt sah sie nichts. Schließlich wandte sie sich wieder an Vincent- dessen Platz nun leer war. Murrend ließ sie die Schulter hängen. „Verdammt…“
 

Cloud war am nächsten Morgen als erster auf. Im Vorbeigehen sah er Barret, der auf dem Feldbett vor Denzels und Marlenes Zimmer tief schlief und schnarchte. Ohne einen Blick zurück zu werfen, ging er in die Garage und fuhr los.

Schließlich erreichte die Kirche in Midgar. Wie schon so oft schritt er durch das Tor. Er stand vor dem Wasser, das ihn einst ins Leben zurückgebracht hatte. Kurz betrachtete er sein sorgenvolles Spiegelbild, dann betrat er das Seitenschiff der Kirche, in dem er lange Zeit gehaust hatte. Gleich neben der Stelle, an der seine Rollmatte liegen gehabt hatte, hob er die Bretter des baufälligen Bodens an. Und so legte er einen Hohlraum frei- der zu seinem Entsetzen leer war. Nach der Sache mit Kadajs Gang hatte er hier die Stahlkiste mit ihren Materias versteckt. Und nun war sie weg.
 

„Was?? So eine verfluchte Scheiße!!“

Cid fluchte lautstark los, während sich die anderen besorgt ansahen.

„Kann wirklich niemand davon erfahren haben?“ fragte Barret und wog seine Metallfaust in der anderen Hand. Cloud schüttelte den Kopf.

„Nein, außer mir und Tifa hat es niemand gewusst… ich verstehe es auch nicht.“

„Gib’s zu, Yuffie! Du hast sie geklaut“, murrte Cid mit hochgezogener Augenbraue. Shera stieß ihn an.

„Waaas? Ich war das nicht, warum sollte ich euch bestehlen- “

Seufzend legte ihr Cloud die Hand auf die Schulter.

„Niemand verdächtigt dich, Yuffie. Cid hat das nicht ernst gemeint, stimmt’s, Cid?“ Clouds mahnender Blick traf den Piloten.

„Pah… wir wissen doch, wie geil sie auf Materia ist“, murmelte dieser nur leise.

„Dann müssen wir eben ohne gehen. Die wichtigsten hat eh noch jeder von uns“, sagte Cloud schließlich. „Nur die Aufrufmaterias fehlen jetzt… egal, es muss auch ohne gehen. Also: seid ihr alle bereit?“

Barret und Vincent nickten.

„Ja“, erwiderte der dunkelhäutige Riese. „Von uns aus kann’s losgehen.“

„Ich komme auch mit“, krähte Yuffie. „Irgendwer muss doch auf euch Männer aufpassen“, sagte sie lachend. Cloud nickte lächelnd.

„Gut. Ich weiß deine Hilfe zu schätzen. Und ihr beiden…“

„Wir werden gut auf die zwei aufpassen.“ Shera warf einen Blick nach draußen, wo Marlene und Denzel vor dem Gebäude spielten. Cid wollte etwas sagen, doch seine Frau schnitt ihm das Wort ab. „Bei uns sind sie bestens aufgehoben, vertrau uns“, sagte sie und lächelte ihn warmherzig an. Cloud erwiderte dies.

„Ich danke euch… von ganzem Herzen. Und jetzt…“ Er schaute in die Runde und sah lauter entschlossene Gesichter. „…müssen wir aufbrechen.“
 

Die beiden Waisenkinder sahen ihn mit großen Augen an. Cloud ging in die Hocke und legte beiden eine Hand an die Wange.

„Wir gehen jetzt und holen Tifa zurück, versteht ihr das?“

„Wann kommst du zurück“, fragte Marlene mit banger Stimme.

„Ich weiß es nicht“, erwiderte er seufzend. „Aber bald, glaubt mir. Und dann ist auch Tifa wieder da. Und wir sind wieder eine kleine, glückliche Familie.“ Die zwei begannen zu weinen, und Cloud umarmte sie. Fast wollten sie ihn nicht loslassen. Auch Cloud war gerührt, der Abschied fiel ihm sichtlich schwer. „Hört auf zu weinen, ihr zwei… Tante Shera und Onkel Cid werden sich um euch kümmern, bis wir zurück sind.“

Shera kam herbei und begann sie zu trösten. Cloud kämpfte gegen die Rührung und stand auf. Mit tränennassen Augen blicken die zwei ihm nach. Cloud bemühte sich, Zuversicht auszustrahlen. Auch Barret herzte die beiden noch einmal zum Abschied. Dann gingen die vier in Richtung von Barrets Helikopter. Schweren Herzens vermied Cloud es, sich umzudrehen. Die beiden klammerten sich an Shera und weinten; Cid stand betreten daneben und blickte weg.
 

In Windeseile brachte sie Barrets Helikopter zum W.R.O.-Gebäude. Er schnaubte verächtlich angesichts der Imposanz des nunmehr höchsten Wolkenkratzers der noch jungen Stadt. Zielsicher landete er den Helikopter auf dem Flachdach, auf dem Leuchtsignale unübersehbar den Landeplatz wiesen. Von oben erkannten sie schon zwei alte Bekannte. Reno und Rude, das kongeniale Gespann und Rückgrat der Turks. Shinras Eingreiftruppe für schmutziges Handwerk. Sanft setzte der Helikopter auf, und sie stiegen aus.

„Hey, Leute! He, Barret, lange nicht gesehen! Und Vincent, dich gibt’s ja auch noch! Yuffie, cool, dich zu sehen!“

Mit überschwänglicher Freude begrüßte Reno die Vier, während Rude mit verschränkten Händen und steinerner Miene hinter ihm wartete. Sein ausdrucksloser Blick lag wie immer verborgen hinter einer Sonnenbrille. Barret erwiderte Renos Wiedersehensfreude eher unterkühlt.

„Reno“, sagte er trocken, „immer noch für den selben Verein tätig?“

„Aber, nein, he“, entgegnete er mit einer Geste der Verblüffung. „Shinra war gestern. W.R.O. ist heute, verstehst du?“ fragte er amüsiert und zog sich mit dem Zeigefinger das Unterlid herab. „Wir bauen diese Welt wieder auf, alles klar?“

Barret schüttelte schnaubend den Kopf.

„Ihr habt sie ja auch kaputt gemacht“, erwiderte er und ging an dem verdutzten Turk vorbei. Dieser schaute ihm ratlos hinterher. Ihm folgten Cloud, Vincent und Yuffie. Letzterer warf er einen anzüglichen Blick nach, was sie mit einer Mischung aus gespielter Empörung und Vergnügen hinnahm.

„He, Rude. Heute auch schon die Glatze poliert“, fragte Barret, als ihm der schweigsame Turk die Tür ins Innere des Gebäudes öffnete. Dieser antwortete nur mit einem unterschwelligen Knurren, was bei ihm einem mittleren Wutausbruch gleichkam.

„Tolle Piercings“, hörte er von Cloud im Vorbeigehen. „Du zahlst den Kilopreis, richtig?“ Rudes beherrschte Fassade geriet ins Bröckeln. Jeder andere, der ihm mit solch einem Spruch gekommen wäre, hätte seinen elektrischen Viehstab zu spüren bekommen, doch in diesem Falle hielt er sich zurück. Erstens waren die Vier wichtige Gäste des Konzerns, und zweitens wusste er aus früheren Begegnungen um ihre Kampferfahrung und dass er den Kürzeren ziehen würde. Vincent ging schweigend vorbei, und Yuffie kicherte ihn nur an. Von soviel Respektlosigkeit in seinem Selbstverständnis erschüttert, runzelte er die Stirn. Schließlich ging Reno an ihm vorbei und legte ihm die Hand auf die Schulter.

„Nimm’s locker Kumpel. Sind doch alte Freunde“, sagte er beiläufig und folgte ihnen. Rude räusperte sich, rückte sich noch einmal die Krawatte zurecht und trat schließlich als letzter durch die Tür.
 

Die beiden eskortierten sie in die Forschungsabteilung, in der Cloud am Vortag den ringförmigen Gegenstand gesehen hatte. Immer noch herrschte reges Treiben, nur dass das Gerüst nun weg war. Inmitten all dem stand ein aufgekratzter Professor Salvatori, der die umherlaufenden Techniker koordinierte.

„He, Professor! Sie sind da! Kann es losgehen?“

Salvatori wandte sich an Reno. Die Aufregung war ihm anzusehen. Eilig lief er zu ihnen.

„Ja, ja, die Vorbereitungen sind fast abgeschlossen!“

Wie um seine Bemerkung zu unterstreichen, entwich dem ‚Ring‘ an einer Stelle zischend eine Dampffontäne. Salvatori zuckte zusammen. Auch Cloud und die anderen schauten besorgt.

„Schickt uns das Ding eh nicht geradewegs in die Hölle“, fragte Barret knurrend und befühlte seinen Waffenarm.

„Gewiss nicht. Dafür verbürgt sich die W.R.O.“, hörten sie hinter sich eine bekannte Stimme sagen. Langsam drehten sich alle um. Es war Rufus Shinra, der legitime Erbe des Shinra-Konzerns und wichtigster stiller Teilhaber der W.R.O. Neben ihm ging Reeve Tuesti, der offizielle Generaldirektor. Rufus, der von schlanker Figur war und immer weiße Anzüge trug, bildete einen krassen Gegensatz zu Reeve, der fettleibig war und auffällige Anzüge bevorzugte, die seine Körperfülle eher unterstrichen, als sie zu kaschieren.

„Rufus Shinra…“, murmelte Cloud. Rufus kam auf sie zu und streckte ihnen die Hand entgegen. Cloud ergriff sie zögerlich, und das ohne seinen Handschuh abzulegen. Er wollte auch Barret die Hand schütteln, doch dieser blickte ihn nur düster mit verschränkten Armen an. Sein eingeübtes Lächeln schwand.

„Na gut… dann eben nicht. Trotzdem freut es mich euch zu sehen. Wie oft hat man den die Retter Midgars, wenn nicht der ganzen Welt, zu Besuch!“

„Wir wollen nur Tifa zurückholen, das ist alles“, erwiderte Cloud ernst. „Glaubt bloß nicht, wir wollen euch einen Gefallen tun.“

Rufus setzte gekonnt ein verständnisvolles Gesicht auf und nickte langsam.

„Ich verstehe eure Vorbehalte gegenüber Shinras Nachfolgeorganisation zu gut, aber… vergesst nicht, dieses Unternehmen unter der Leitung des guten Reeve hat sich rein dem Allgemeinwohl verschrieben. Wir machen keinen Profit mehr, sondern bauen an einer für alle besseren Welt.“

Barret hob abschätzig das Kinn.

„Mir kommen gleich die Tränen“, knurrte er. „Was machen sie überhaupt hier? Ich dachte, der Laden geht sie nichts mehr an?“

Rufus kratzte sich in einer nachdenklichen Geste am Kinn.

„Auch wenn Reeve Tuesti die Leitung hat, so schaue ich gern vorbei, wenn wichtige Ereignisse anstehen. Ich wurde unterrichtet vom mysteriösen Verschwinden eurer Freundin Tifa. Natürlich werden wir alles tun, um euch bei der Suche nach ihr zu unterstützen.“

Angesichts so viel aalglatter Freundlichkeit wurde Cloud unwohl. Nervös trat er von einem Fuß auf den anderen.

„Ja… das wissen wir zu schätzen. Kann es jetzt losgehen?“

Rufus wies mit der offenen Hand zu Salvatori.

„Professor, wenn bei ihnen alles so weit ist?“

Dieser nickte eifrig.

„Ja, ja. Das Tor ist einsatzbereit!“

„Dann spann uns nicht länger auf die Folter! Was geschieht jetzt überhaupt?“ fragte Barret ungeduldig. Der Professor begann an einer Schaltkonsole herum zu werken. Surrend und brummend erwachte das ‚Tor‘ zum Leben. Es begann sich in seiner Halterung zu drehen. Sämtliche Techniker in seiner Nähe nahmen einen Sicherheitsabstand ein. Während Salvatori auf die Tasten hämmerte, trat Cloud von hinten an ihn heran und tippte ihm auf die Schulter.

„Professor, eines noch!“ Er gab sich Mühe, den lauter werdenden Lärm zu übertönen. „Wie kommen wir wieder zurück?“ Salvatori drehte sich um und sah ihn erstaunt an. Dann, als wäre es ihm gerade wieder eingefallen, begann er in einer Kiste neben der Schaltkonsole zu kramen. Schließlich holte er ein Gerät von der Größe eines Mobiltelefons hervor und überreichte es Cloud.

„Die Rückkehr ist nur möglich durch ein Dimensionstor gleich diesem.“ Er deutete auf den Ring, von dem nun statische Entladungen ausgingen und durch den Raum zuckten. „Sie treten manchmal natürlich auf, so wie das Tor, durch das das Mädchen Tifa verschwunden ist. Hiermit können sie solche Übergänge aufspüren.“ Cloud nahm das Gerät entgegen. Es hatte einen großen Bildschirm, der allerdings noch schwarz war, und einige Tasten. „Das ist ein PHS, ein sogenannter Pseudodimensionaler Hydrografischer Sensor. Wenn sie sich einem Tor nähern, dann zeigt es das an.“ Cloud warf dem vor Enthusiasmus strahlenden Professor einen skeptischen Blick zu. „Woher wissen wir, dass wir überhaupt so ein Tor finden?“

„Unsere Beobachtungen haben ergeben, dass in naher Zukunft mit verstärkter Dimensionsriss-Tätigkeit zu rechnen ist- gerne kann ich ihnen die astrophysikalischen Hintergründe erläutern…“

„Keine Zeit. Tifa wartet.“

Mit diesen Worten wandte sich Cloud von dem Mann ab. Nach einem kurzen Blickwechsel mit seinen Freunden gingen sie auf das Tor zu. Das Innere des Rings wurde nun erfüllt von einer Art leuchtenden Nebel. Man konnte nicht mehr auf die andere Seite des Ringes sehen.

„Ich wünsche euch viel Glück“, rief ihnen Rufus nach. „Bringt Tifa heil zurück! Natürlich würden wir es begrüßen, wenn sie dieses Wesen, das sich Gilgamesch nennt, ebenfalls hierher bringen könnten. Die Forschung, und damit die ganze Welt, würde sicher davon profitieren!“

Cloud blieb stehen und wandte sich zu Rufus und Reeve um.

„Sollte ich diesen… Gilgamesch erwischen… dann töte ich ihn.“

Er warf ihm noch einen eisigen Blick zu, dann ging er weiter. Schließlich standen die Vier vor dem Tor. Das Innere des Rings war nun in gleißendes Licht getaucht. Nur mit zu Schlitzen verengten Augen konnte man noch hineinsehen. Einen Moment verharrte Cloud vor der Wand aus Licht, dann holte er sein Schwert aus der Halterung an seinem Rücken. Er betrachtete die aus sechs Teilen zusammengesetzte Klinge kurz, um dann über seinem Kopf den Griff in der Hand kreisen zu lassen. Nachdem die Waffe drei Drehungen beschrieben hatte, ließ er sie mit einer schwungvollen Bewegung in das Tragegestell hinein gleiten. Dann schloss er die Augen und machte einen Schritt nach vorn. Seine Freunde sahen ihn im Licht verschwinden, und taten es ihm gleich. Dann waren alle vier weg.
 

Aus gebührender Entfernung betrachteten die Techniker, Professor Salvatori und die beiden Turks ungläubig staunend das Tor, dass nun nach dem Verschwinden der Vier zum Stillstand gekommen war. Nur zwei Personen wirkten nicht überrascht. Reeve lachte leise. Dann wandte er sich an Rufus.

„Das wäre geschafft, Sir. Sie sind tatsächlich durch. Wie geht es jetzt weiter?“

Zufrieden blickte Rufus auf das nun erloschene Tor.

„Wir haben unseren Teil der Abmachung erfüllt. Jetzt… müssen wir nur noch auf eine Antwort warten.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2008-11-03T10:46:47+00:00 03.11.2008 11:46
Huhu ^^

Habe vor kurzem deine FF gefunden und mir gedacht, dass sie sich recht spannend anhört, obwohl ich übergreifende Final Fantasy Fanfictions (FFFF ^^'') nicht so mag. Trotzdem habe ich das erste Kapitel gelesen und war wirklich positiv überrascht. Solange die Hauptcharaktere der einzelnen Teile in ihren eigenen Welten leben und sie nur durch diese Dimensionstore in die anderen Welten gelangen, finde ich das voll in Ordnung. Ist auch irgendwie eine nette Idee, das die Welten von FF VII, VIII und XII nebeneinander existieren. Zumindest macht es nach Kapitel eins den Eindruck, weiß ja noch nicht, wie es weiter geht.
Deinen Scheibstil finde ich persönlich bisher wirklich überragend und obwohl ich nur Kapitel eins gelesen hab, ist es bis jetzt eine der besten FF, die ich je gelesen habe. Es ist wirklich schön zu lesen, wie du die Gegend, Räume und vor allem die Gefühle der Charaktere beschreibst und außerdem lässt sich dein Stil schön flüssig lesen. Es gab bisher nur zwei Dinge, die mir nicht so gefielen bzw. die mir aufgefallen sind.
Zum einen dieser Satz:
[...]In letzter Zeit ist es besonders schlimm. Muss wohl an dem ganzen Unsinn liegen, der über mich auf fanfiktion.de verbreitet wird…“[...]
Das ist ja die Stelle, wo sich Vincent und Yuffie auf dem Dach unterhalten. Ich finde deine Geschichte bisher so gut, das mich dieser eine Satz irgendwie gestört hat. Du beschreibst so gefühlvoll und so genau die Umgebung und hast so einen wunderschön zu lesenden Schreibstil, das mich dieser eine Satz irgendwie komplett aus dem Konzept gebracht hat. Der war irgendwie so... fehl am Platz. Trotzdem hab ich weiter gelesen ^^''
Zum anderen ist mir die Stelle aufgefallen, in der Cloud, Barret, Yuffie und Vincent aus dem Hubschrauber stiegen und Barret herzlich von Reno begrüßt wurde, als hätten sie sich schon ewig nicht mehr gesehen. Allerdings haben sie sich ja einen Tag vorher schon im W.R.O Hauptgebäude getroffen als sie von Salvatori von dem Tor erfahren haben. Ist mir nur so aufgefallen, nichts dramatisches.
Ansonsten hört sich die Geschichte der spannend an und ich bin ja mal gespannt, wohin es Tifa und die anderen verschlagen hat und ob sie sich überhaupt finden. Auch, was es mit Gilgamesch auf sich hat, interessiert mich doch ziemlich ;-)
So, dann werde ich mich sobald ich Zeit habe Kapitel zwei widmen. Kanns kaum erwarten, bin schon total neugierig, wie es weiter geht.

Dann bis zum nächsten Kapitel ;-)
LG, Phoenix
Von:  fahnm
2008-04-14T21:49:56+00:00 14.04.2008 23:49
Habe das Kapi gelesen, ist Mega Geil ich bin schon auf das nächste gespannt. Könntest du mir eine ENS schicken wenn es soweit ist.
Mach weiter so, diese FF ist Super Stark.


mfg
fahnm


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