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Sitaara

Sternenlicht
von

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Tia

„Kann ich etwas für Sie tun?“, fragte die junge Frau ihn mit einer Stimme, die wie Glöckchen klangen. Noch immer fehlten Madan die Worte. Etwas weiter hinter ihm saß Samir in seinem Rollstuhl, einem Nervenbündel gleich. „Kann ich etwas für Sie tun?“, fragte die junge Frau noch einmal.
 

Madan blinzelte, dann räusperte er sich vernehmlich. Warum war er noch einmal gekommen? Für einen Moment hatte er es ganz vergessen, doch dann erinnerte er sich langsam wieder. Lächelnd kniete er sich vor dem Mädchen nieder, das weiterhin in ihr Magazin vertieft war. „Hallo Prinzessin“, begann er freundlich. „Siehst du diesen gut aussehenden jungen Mann im weißen Hemd dahinten?“
 

Verwirrt sah das Mädchen erst ihn an, dann die junge Frau und dann zu der Stelle, auf die Madan deutete. „Nein.“
 

„Schau genau hin. Es ist der, der dir die Sterne vom Himmel holen würde, wenn du es dir wünschen würdest.“
 

Das Mädchen kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können, doch sie wusste immer noch nicht, wen dieser Fremde meinte. Alles was sie sah waren Leute, die am Kaffee vorbei eilten und ein komischer Junge, der unruhig in seinem Rollstuhl hin und her rutschte. „Wer denn?“
 

Madan ließ kurz den Kopf hängen, dann nahm er ihre Hand und deutete mit ihr auf Samir, dem für einen Moment der Atem schockte. „Ihn. Siehst du ihn? Das ist mein kleiner Bruder, Samir. Als ich ihn eben abholen wollte, meinte er zu mir, er würde gerade einen Engel sehen. Damit kann er nur dich gemeint haben. Weißt du, mein Bruder verliebt sich nicht leicht, er verliebt sich nur in Mädchen, die etwas ganz Besonderes sind und jeder sieht auf den ersten Blick, dass du sehr besonders bist.“
 

Das Mädchen lächelte geschmeichelt, doch als sie einen weiteren Blick auf den jungen Samir warf, fühlte sie sich bedrückt. „Aber er sitzt im Rollstuhl.“
 

„Was macht das schon? Er kann nichts dafür, dass er im Rollstuhl sitzt. Daran ist keine Krankheit und auch keine Strafe schuld. Es war ein Unfall.“ Madan lächelte sie aufmunternd an, doch innerlich fühlte er großes Mitleid mit seinem Bruder. Seit dieser im Rollstuhl saß, reagierten die Menschen komisch auf ihn. Manche beachteten ihn nicht, manchen tat er leid und andere tuschelten heimlich über ihn, meinten er wäre krank oder es wäre die Strafe für einen Fehler, den jemand in der Familie begangen hätte. Madan kannte solche Situationen nur zu gut und es schmerzte ihn, sie sich anhören zu müssen. „Er hat dich sehr gerne, weißt du? Er würde dich gerne zu einem Eis einladen, wenn du möchtest.“
 

Hilfe suchend sah das Mädchen die junge Frau an, die irgendwie sehr verzückt dreinschaute. Tolle Hilfe. „Aber er sitzt im Rollstuhl“, wiederholte sie.
 

„Ist das etwa ein Grund, ihn nicht kennen lernen zu wollen? Es ist nicht der Körper, der einen Menschen ausmacht. Es ist das Herz, seine Seele. Mein Bruder sitzt im Rollstuhl, das stimmt, doch es sind nur seine Beine, die ihn nicht tragen wollen.“ Madan legte ihr ihre Hand auf ihre Brust. „Hier drinnen“, fuhr er mit sanfter Stimme fort, „in seinem Herzen, ist er ein ganz normaler Junge. Ein Junge, der gerne den Engel kennen lernen würde, der jetzt hier vor mir sitzt. Ja, er kann nicht laufen, aber ist das ein Grund, warum er nicht lieben darf? Er ist ein Mensch, ein Mensch wie du und ich und Menschen sollte man immer so behandeln, wie man selbst behandelt werden will. Mit Respekt, Ehre und, was das Wichtigste im Leben ist, mit Liebe und Freundlichkeit. Er mag zwar an den Rollstuhl gekettet sein, doch er kann dich immer noch auf Händen tragen. Gib ihm eine Chance, einverstanden? Na los, geh zu ihm. Er wartet auf dich.“ Aufmunternd lächelnd legte Madan dem Mädchen seine Hand auf die Schulter und drückte sie sanft. „Na los. Geh zu ihm. Er wird schon nicht beißen.“
 

Das Mädchen zögerte noch einen Moment, dann stand sie auf ging zu Samir hinüber, der aussah, als hätte er dringend eine kalte Dusche nötig, um wieder zu klarem Verstand zu kommen. Zufrieden setzte sich Madan auf den frei gewordenen Platz. „Ach ja, Kinder. Sie werden so schnell erwachsen. Finden Sie nicht auch?“

Die junge Frau neigte leicht den Kopf, während sie ihn eindringlich musterte. „Kann schon sein.“
 

Madan sah sie an, abermals fühlte er sich in ihren Bann gezogen. Das Kribbeln in seiner Brust nahm wieder zu, irgendwo schlugen wieder süße Himmelsglocken. „Sie sind süß“, entfuhr es ihm unwillkürlich, bevor er merkte, dass ihm diese Worte entglitten waren.
 

Empört sah die junge Frau ihn an. „Wie bitte?“
 

„Nicht sie, die Zwei da!“ Hastig deutete Madan auf seinen Bruder, der gerade das Mädchen anstrahlte, die ihm die Hand reichte. Doch irgendwie hatte er damit das Falsche gesagt.
 

„Sie Finden also nicht, dass ich süß aussehe?“, fragte die junge Frau ihn mit zusammengekniffenen Augen.
 

Irgendwie hatte Madan das plötzliche Gefühl, das es unglaublich heiß geworden war. „Ähm … doch, schon. Wie ein Engel.“
 

„Haben Sie nicht eben noch gesagt, dass meine kleine Schwester hier der Engel wäre?“, fragte sie lauernd.
 

Madan beugte sich ein wenig vor. „Was ist falsch daran, an einem Tag zwei Engeln zu begegnen?“
 

„Für jemanden, der noch nicht einmal Hallo gesagt hat, beginnen Sie aber ziemlich schnell zu flirten. Wir kennen uns noch nicht einmal.“
 

Oh verdammt. Sie hatte recht. Einen Moment kam Madan ins Schwanken. Wo hatte er denn nur seine guten Manieren gelassen! Er grinste verlegen. „Ich bitte um Entschuldigung. Hallo, ich bin Madan, und Sie?“
 

Die junge Frau lächelte ihn noch immer lauernd an. „Tia.“
 

„Tia.“ Dieser Name klang wie Musik in seinen Ohren. „Ein wunderschöner Name. Nun, der erste Schritt ist getan. Wir haben uns soeben kennen gelernt. Wollen wir gleich mit dem zweiten Schritt beginnen oder einfach nur reden.“ Irgendwo ganz tief in Madan befand sich in diesem Augenblick eine kleine Version von sich selbst, die sich die Haare raufte. Was war er doch für ein Idiot! So etwas konnte man doch nicht gleich beim ersten Treffen machen! Er würde sie noch vergraulen, bevor er die Chance hatte ihr Herz zu erobern! Du Volldepp. Tu was! Doch Madan lächelte nur freundlich.
 

Nicht ganz wissend, was sie von diesem jungen Mann halten sollte, lehnte sich Tia in ihrem Stuhl zurück. Er war ziemlich direkt, doch er hatte etwas in seinem Blick, etwas, was sie neugierig machte, obwohl sie solche direkten Typen eigentlich nicht leiden konnte. Vielleicht war es auch einfach nur die Art, wie er mit ihrer kleinen Schwester über seinen Bruder gesprochen hatte, die sie neugierig machte. Das war so süß gewesen. „Reden wäre für den Anfang nicht schlecht. Wir wollen ja nicht gleich übertreiben.“
 

In diesem Moment wurde Samir auch schon von dem Mädchen herangerollt. Der Junge lächelte seinen Bruder voller Dankbarkeit an, dieser lächelte zurück und zerzauste ihm liebevoll das Haar, was Tia einen leisen, sehnsuchtsvollen Seufzer entlockte, der zum Glück ungehört blieb.
 

„Tia“, begann das Mädchen, „das ist Samir.“
 

„Madan“, ergriff Samir das Wort, „das ist Nandini.“
 

„Nandini.“ Lächelnd beugte sich Madan vor. „Freut mich, dich kennen zu lernen, Prinzeschen. Ich bin Madan und das, Champ, ist Tia.“ Doch Samir interessierte sich nicht für Tia, sondern warf Nandini einen schwärmerischen Seitenblick zu, bevor er seinen Bruder zu sich heranwinkte.
 

„Gibst du mir Geld, damit ich sie zu einem Eis einladen kann? Das war deine Idee“, erinnerte er ihn. Unauffällig steckte ihm sein Bruder ein paar Rupien zu. „Nandini. Komm mit.“ Gemeinsam rollten sie von dannen.
 

Madan sah ihnen nach. Ein erleichtertes Lächeln legte sich auf sein Gesicht. Es war lange, sehr lange her, dass er seinen Bruder das letzte Mal so glücklich gesehen hatte. Ja, mit Hockeykarten machte er ihn froh, doch das war kein Ersatz für ein wirkliches Glücksgefühl. Madan empfand bei diesem Anblick unglaubliche Erleichterung.
 

„Es ist bestimmt nicht leicht für ihn“, sagte Tia, die seinem Blick gefolgt war. „Im Rollstuhl zu sitzen, meine ich.“
 

Madan schüttelte langsam den Kopf. „Nein, ist es nicht. Er versucht es sich nicht anmerken zu lassen, aber ich kann spüren, wie sehr es ihn quält, auch wenn er versucht, es vor mir zu verbergen. Früher war er ein Wildfang gewesen. Ständig draußen, ständig am Hockey spielen, immer war es eine Kraftanstrengung gewesen, ihn zurück ins Haus zu bewegen. Er hatte es immer gehasst, drinnen zu oder abhängig zu sein. Und jetzt? Jetzt ist für ihn das Spielen vorbei. Er kann ohne Hilfe nicht raus, ist ständig abhängig, kann nichts mehr alleine machen. Es ist wirklich nicht einfach für ihn.“
 

Tia sah ihn an. Die Traurigkeit in seiner Stimme berührte sie. So war es schon immer gewesen. Schon seit dem Sie ganz klein gewesen war, hatte sie immer gewusst, wann jemand Hilfe brauchte und wie diese Hilfe auszusehen hatte. Es war ein Instinkt, ein Instinkt, den sie von ihrem Vater geerbt hatte und dieser Instinkt sagte ihr, dass der junge Mann dringend jemanden zum Reden brauchte. Mitleidig berührte sie ihn am Arm. „Wie ist es passiert?“
 

Madan sah sie an. Irgendwie hatte er das Gefühl, sie schon ewig zu kennen. „Ein Unfall. Das Hockeyteam meines Bruders war von dem Team einer anderen Stadt herausgefordert worden, doch er hatte den Mannschaftsbus verpasst, sodass sein Vater zum Stadion in die andere Stadt hatte fahren wollen. Meine Mutter und Großmutter wollten sich das Spiel ebenfalls ansehen und so sind sie alle gemeinsam gefahren. Ich habe zu dem Zeitpunkt noch studiert, deswegen bin ich nicht dabei gewesen. Auf dem Weg hatte ein schwerer Sturm eingesetzt, dein richtiges Unwetter. Er war überraschend gekommen, ohne Vorwarnung. Seine Schäden waren schwer gewesen, der Wind so stark, dass er sogar Bäume entwurzelt hat. Einer dieser Bäume hat den Zaun einer Weide zerstört, sodass ein paar Kühe ausgebrochen sind. Einer dieser Kühe hatte sich bei strömenden Regen auf die Autobahn verirrt. Mein Onkel Papa hatte die Kuh zu spät gesehen und wollte ausweichen, doch dabei raste er in einen Lastwagen, überschlug sich, nahm ein zweites Auto mit sich und knallte mit voller Wucht gegen ein paar Bäume.“ Madan schloss für einen Moment die Augen, als der Schmerz ihn zu übermannen drohte. Wieder sah er vor sich die Gesichter jener Menschen, die er auf solch eine grausame Art verloren hatte. „In dieser Nacht habe ich meine ganze Familie verloren. Nur Samir ist mir noch geblieben.“ Madan lachte bitter auf. „Aber warum erzähle ich das alles? Solch eine Geschichte wollen Sie sicher nicht hören.“
 

„Ist schon gut. Ich habe ja gefragt.“ Sie sah ihm tief in die dunklen, traurigen Augen. „Was halten Sie davon, wenn ich ihnen einen Kaffee ausgebe?“
 

„Einen Kaffee? Sie? Normalerweise zahlt der Mann die Verabredung.“ Madan sah sie herausfordernd an.
 

Tia funkelte zurück. „Wieso denken alle Männer immer gleich, dass man sich mit ihnen verabreden möchte, wenn man fragt, ob sie einen Kaffee trinken wollen? Ich möchte mich nur dafür bedanken, dass sie ihrem Bruder Geld gegeben haben, damit er meine Schwester einladen kann. Glauben Sie, das hätte ich nicht bemerkt? Nehmen Sie es als ein kleines Dankeschön.“
 

„Wenn das so ist, dann werde ich mich hüten, nein zu sagen.“ Madan hatte sich lange nicht mehr in der Gegenwart eines Menschen so wohl gefühlt wie in der von Tia. Sie bezauberte ihn. Sie hatte irgendetwas an sich, was ihn innerlich bewegte. Sie bestellten sich beide einen Kaffee, der ihnen erstaunlich schnell gebracht wurde.
 

„Sie haben also studiert?“, fragte Tia.
 

„Ich musste abbrechen. Aber zuvor habe ich Literatur und Geschichte studiert. Was ist mit Ihnen? Sie sehen aus, als hätten Sie etwas im Köpfchen.“
 

„Ich studiere Soziologie. Hier in Bombay.“
 

„Soziologie!“ Madan war ehrlich überrascht. „Das ist ja interessant. Können Sie gut mit Menschen?“
 

„Sie reden mit mir.“ Tia lächelte. „Das ist schon mal eine ganze Menge wert. In der heutigen Gesellschaft redet man viel zu wenig Miteinander. Mein Vater war ein wenig überrascht, als ich ihm sagte, was ich studieren wolle, doch am Ende hat es ihn gefreut. Jetzt ist er sogar richtig stolz darauf. Er meint, dann gebe es zumindest einen in der Familie, der etwas Richtiges studiert hat.“
 

„Was macht denn Ihre Familie?“, fragte Madan neugierig. „Die meisten bei mir waren entweder Lehrer oder Soldaten.“
 

Tia winkte ab. „Ach, dies und das. Das kommt immer auf die Laune an“, sagte sie ausweichend. „Wir haben nicht wirklich eine Berufstradition. Mein Vater ist zufrieden, wenn wir vernünftige Abschlüsse haben, wissen, was wir im Leben wollen und einen Ehemann kriegen, der uns mehr liebt als er selber.“
 

„Sind Sie denn schon vergeben?“, fragte Madan in einem plötzlichen Anflug von Sorge.
 

Tias Augen funkelten schelmisch. „Was, wenn es so wäre?“
 

Madan spürte einen kleinen Stich in der Nähe seines Herzens. Langsam trank er einen Schluck Kaffee und sah ihn verwundert an. Das war das erste Mal seit Jahren, dass der Kaffee ihm wieder schmeckte. Seit dem Tod seiner Familie war er für ihn nur noch eine braune Brühe gewesen. „Der schmeckt ja gut.“
 

„Das hier ist auch eines der besten Kaffees in Bombay“, erklärte sie ihm. „Also? Was wäre, wenn ich schon vergeben wäre?“
 

„Dann müsste ihr Zukünftiger der glücklichste Mann auf Erden sein und er müsste sehr gut auf Sie aufpassen, denn ich kann mir vorstellen, dass es viele Männer gibt, die sich wünschen würden, Sie auf Händen zu tragen. Ich würde es tun“, fügte er leise hinzu und ihre Blicke trafen sich.
 

Tia spürte, wie sie leicht errötete, dann lachte sie hastig. „Das war nur ein Scherz. Ich bin noch nicht vergeben, obwohl es einige Männer gibt, die das ändern wollen. Aber das sind meistens Idioten. Ich kann Idioten nicht leiden.“ Madan verschluckte sich heftig an seinem Kaffee. „Habe ich etwas Falsches gesagt?“
 

„Nein.“ Madan grinste schief. Sie mochte keine Idioten? Bisher hatte es noch keinen Menschen gegeben, der ihn nicht für einen Idioten gehalten hatte. In letzter Zeit taten das sogar sehr viele Menschen. So gut wie alle, bei denen er sich beworben hatte. „Nichts. Nur zu schnell getrunken.“ Er musste er nicht unbedingt sagen, dass er wohl der größte Idiot aller Zeiten war. Das brauchte sie nicht zu wissen. „Wollen Sie denn einmal heiraten?“, fragte er, um vom Thema abzuweichen.
 

Tia lächelte verträumt. „Ja. Aber erst, wenn ich den Richtigen gefunden habe.“
 

„Wie würde der Richtige denn aussehen?“
 

Sie brauchte nicht lange zu überlegen. „Der richtige Mann für mich müsste mir die Sterne vom Himmel holen können. Er müsste romantisch sein, kinderlieb, liebevoll, witzig, ehrlich und auf jeden Fall charakterstark. Außerdem muss er liebenswert sein, kochen können und, was das Wichtigste ist, er muss mir meinen Freiraum geben. Ich möchte einen Mann, der mich so liebt, wie ich bin und keinen, dem ich gehorchen muss.“
 

Irgendwo ganz tief in Madan drinnen, brach eine kleine Version von ihm in laute Jubelrufe aus. „Das kann ich alles bieten. Immerhin bedeutet mein Name liebevoll. Nur das Kochen … das könnte ein Problem werden.“ Madan verzog grinsend das Gesicht. „Mein Bruder meint, ich wäre ein furchtbarer Koch. Was sollte Ihr Zukünftiger nicht sein?“, fragte er, weiterhin innerlich am Jubeln. Lächelnd trank er einen weiteren Schluck Kaffee.
 

Tia überlegte einen Moment. „Er dürfte auf keinen Fall ein Schauspieler sein“, meinte sie schließlich, woraufhin sich Madan abermals heftig verschluckte. Hustend krümmte er sich auf dem Stuhl zusammen und klopfte sich hastig auf die Brust.
 

„Warum nicht?“
 

„Diese Schauspieler sind mir alle viel zu arrogant. Glauben Sie mir. Es ist furchtbar. So toll, wie sie im Fernsehen rüberkommen, sind sie gar nicht.“ Verstimmt trank sie den Rest ihres Kaffees. „Sind Sie in Ordnung, Madan?“
 

„Ja, schon gut“, würgte Madan, dessen kleines Ich gerade wie ein Häufchen Elend zusammenkauerte. „Kennen Sie denn ein paar Schauspieler?“
 

Tia winkte ab. „Jeder, der hier wohnt, lernt früher oder später einen kennen. Oh, die Kinder kommen wieder.“
 

Madan drehte sich um und lächelte, als er sah, wie Samir die Straße entlang rollte und gerade über etwas lachte, was ihm Nandini ins Ohr geflüstert hatte. Eine unglaubliche Erleichterung breitete sich in ihm aus, als er die beiden so zusammen sah. Es tat gut, den Jungen so zu sehen.
 

„Sie haben ihren Bruder wirklich gerne“, bemerkte Tia mit einem Anflug von Rührung. „Das sieht man ganz deutlich in ihrem Blick.“
 

„Er ist alles, was ich noch habe.“
 

„Sie sind ein guter Mensch.“
 

Madan sah auf, als diese Worte in seinem Inneren widerklangen. Noch nie hatte das jemand so etwas zu ihm gesagt. Er sah die junge Frau an, und als sich ihre Blicke trafen, wusste er, dass er ohne sie nicht mehr leben konnte. Das war verrückt, doch es war ihm egal. Es war das, was er wahrlich empfand, als er sich in ihren tiefen Augen verlor. Plötzlich gab es so vieles, was er ihr hätte sagen wollen, doch kein Wort entkam seinen Lippen. Er saß einfach nur da und sah sie an.
 

„Tia?“, fragte Nandini plötzlich, als die beiden ihren Tisch erreicht hatten. „Können wir morgen noch einmal hier herkommen. Samir hat gesagt, dass hier morgen ein super Sänger auftreten soll, den wir uns unbedingt anhören sollten. Er wäre morgen auch hier.“
 

„Ein super Sänger?“, fragte Tia verwundert. „Davon wusste ich ja noch gar nichts. Wer ist es denn?“
 

Samir zuckte grinsend mit den Schultern. „Das ist ein großes Geheimnis. Vertrau mir, Tia. Das wird super! Madan wird auf jeden Fall morgen auch da sein“, fügte er verschwörerisch hinzu.
 

Madan runzelte verwirrt die Stirn. Irgendetwas sagte ihm, dass da gerade etwas nicht koscher war, doch so sehr er auch darüber nachdachte, er kam nicht darauf. Aber plötzlich riss ihn das echte Leuten einer Glocke in die Wirklichkeit zurück. „Oh verdammt!“
 

Überrascht sah ihn Tia an. „Was ist denn los?“
 

„Ich habe gleich einen wichtigen Termin.“
 

Samir erbleichte. „Oh Mist. Madan, wir müssen uns beeilen.“
 

Madan gefiel es überhaupt nicht, Tia verlassen zu müssen, doch er hatte keine andere Wahl. Entschuldigend sah er die junge Frau an. „Ich hoffe wir sehen uns morgen wieder.“ Mit diesen Worten stand er auf, wuschelte Nandini durchs lange Haar und eilte mit seinem Bruder los, nicht ohne sich noch einmal umzudrehen und zu sehen, wie Tia ihm zuwinkte.
 

„Du, Madan?“, fragte Samir verwundert. „Du weißt schon noch, dass du morgen der Sänger bist, oder?“
 

Madan erstarrte. Das hatte er ja vollkommen vergessen. Morgen war er ja als Straßenmusikant unterwegs! Tia würde ihn auslachen, wenn er ihn morgen so sehen würde. Warum musste das Leben nur immer so grausam sein?



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