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Die Zerbrechlichkeit der Freundschaft

von

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Ich liege in meinem Bett und denke zurück. Zurück an gestern, an letzte Woche, an letzten Monat, an vor fünf Jahren. Ich fühle mich wie gelähmt. Es war alles so schön, so schön und doch...irgendetwas stimmte da einfach nicht. Wieso ich es nicht früher bemerkt habe, weiß ich nicht. Aber ich bin froh, dass ich es jetzt weiß. Freundschaft. Dieses Wort ist der reine Horror. Was bedeutet es? Sicher, Freundschaft ist das Beste, was einem Menschen passieren kann – neben der Liebe – aber ist es das wert? Heutzutage scheint kaum eine Freundschaft wirklich aufrichtig zu sein. Manche „sammeln“ nur Freunde, um sie präsentieren zu können, vielleicht auch, um sich etwas zu beweisen. Und sofort überkommt mich dieses Gefühl, dieses Gefühl der Unsicherheit, der Angst, der Trauer, der Wut. Ich fühle so viel und wünschte ich würde so wenig fühlen. Es ist schrecklich. Im einen Moment fühle ich mich wunderbar, absolut großartig; aber im anderen Moment ist da wieder diese Leere, diese Verbissenheit, der unüberwindliche Drang einfach in Tränen auszubrechen.

Fünf Jahre sind eine lange Zeit und doch, doch überwinden sie nicht die Unendlichkeit. 5 Jahre sind viel, aber alles, was in diesen Jahren aufgebaut wird, kann genauso schnell zerbrechen. Eine Erfahrung, die ich wohl schon öfter machen musste. Auch 16 Jahre sind eine lange Zeit, doch nicht so lang, dass es keine Trennung geben könnte. Und es ist egal – alles kann zerbrechen, ob eine Beziehung oder Freundschaft. Umso kostbarer ist alles. Umso mehr sollten wir es schätzen. Und wenn man es erst merkt, wenn man es verloren hat, dann ist es bereits zu spät.

In meinem Leben hatte ich einige Freundschaften, doch nicht viele waren wirklich aufrichtig. Die meisten nutzten mich nur aus und ich ließ es zu. Ich wehrte mich nicht, obwohl ich es genau wusste. Obwohl ich genau wusste, dass ich damit nichts erreichen würde. Jede „Freundschaft“ war einzigartig und dennoch, dennoch gingen sie alle in die Brüche. Jede einzelne. Bis ich endlich jemanden hatte. Jemanden, den ich vielleicht nicht allzu gut kannte, den ich aber umso mehr liebte. Jemanden, mit dem ich gerne meine Zeit verbrachte. Mit dem ich lachen, Spaß haben und all die schönen Dinge tun konnte. Aber auch meine Probleme konnte ich dieser Person anvertrauen. Obwohl wir nie etwas miteinander machten, war es genau diese Person, mit der ich ein festeres Band hatte, als mit so manch anderen, die ich tagtäglich traf. 5 Jahre, 5 Jahre erscheinen wie eine Ewigkeit und sie sind 1/3 meines Lebens.

Doch wenn ich jetzt an diese Person denke, kommen mir fast die Tränen, meine Kehle schnürt sich zu.

Nach 3 Jahren Freundschaft drängte sich eine Dritte zwischen uns, doch unsere Freundschaft hielt weiter an und sie wurde nicht schlechter. Leider trifft das Sprichwort „Alle guten Dinge sind Drei“ nicht unbedingt auf dieses Trio zu. Denn eine wird immer ausgeschlossen und die einzige Frage, die man sich dabei stellen kann ist: Wer!? Mit Sicherheit habe ich auch schon Fehler in dieser Sache gemacht, habe die eine der anderen vorgezogen. Ich gebe es zu und ich schäme mich dafür. Es ist schwer eine Freundschaft zu erhalten. Man muss sie pflegen, sie gießen, sie füttern und mit ihr spielen. Obgleich sich ein weiteres Mädchen in unsere Runde geschlichen hatte, blieben wir beste Freundinnen. B.A.D., ist es nicht schon ein schlechtes Omen? Kann man es so deuten?

Es hängt nicht von Anna ab, das zerstört diese Freundschaft nicht. Es ist viel mehr die Tatsache, dass einfach alles schief geht. Wir beide haben Probleme, Probleme, die wir nicht einfach verdrängen können, meistens. Allerdings ist das auch so ein Fall. Während ich meine Probleme viel lieber in mich hineinfresse und sie niemandem aufbürge, ist es bei ihr anders.

Mit diesen Zeilen möchte ich niemanden angreifen, sondern einfach nur meine Ansicht schildern.

Sind wir zu Dritt, redet sie lieber mit Anna als mit mir. Vielleicht bin ich in diesem Fall nicht sehr viel besser, aber ich versuche zumindest meist keinen zu bevorzugen, was nicht sehr leicht ist. Jeder freut sich darüber, wenn mehr als eine Person einen als „Beste Freundin“ bezeichnet. Dieser Titel ist selbstverständlich begehrt. Doch es ist nicht leicht auch eine „Beste Freundin“ zu sein. Denn gerecht zu sein ist eine schwere Tugend.

Allerdings ist dieser Punkt länger als man meinen sollte. Denn das Vorziehen anderer ist keine Seltenheit bei ihr. Sind wir beim Tanzen redet sie auch lieber mit anderen Leuten, albert mit ihnen herum, während ich einfach nur da sitze und irgendwohin starre. Und so geht es fast jede Woche. Ignoriert zu werden – ich habe mich daran gewöhnt und geschehen lassen. Wehren konnte ich mich sowieso nicht.

Während ich ihr und Anna treu blieb und keine weiteren Freunde anschleppte, keine wirklichen Freunde, nur Bekannte, vergrößerte sie ihren Freundeskreis so weit, dass ich jederzeit austauschbar war. Und gab es einmal niemand anderen, der mit ihr reden konnte, war ich natürlich wieder parat.

Natürlich hatten wir Spaß zusammen. Natürlich liebe ich sie noch immer. Eine Beste Freundin kann man nicht so einfach ablegen. Nicht, ohne dass man sie sich zurückwünscht.

Wenn ich einmal über meine Probleme rede, meint sie öfters: „Bei dir ist es immer am Schlimmsten, oder?“ Ich sage nie, dass es mir so schlimm geht und ich will es auch gar nicht. Ich glaube es nicht einmal. Jedoch kommt mir bei diesem Satz immer wieder der Gedanke, ob sie nicht denkt, dass es IHR am Schlimmsten geht.

Natürlich, jeder Mensch hat Probleme, wir beide. Aber sollten dann nicht auch beide offen darüber reden können, wenn sie es wollen? Besonders, wo ich sowieso nicht sehr viel von meinen Gefühlen wirklich an die Öffentlichkeit bringe?

Es gibt so viel, was ich in mir trage und versuche zu verdrängen: Die Trennung meiner Eltern, die ich selbst wenn ich es noch so leugnen mag mit Sicherheit nicht wirklich überwunden habe. Der Tod meines Opas, bei dem mich nur ein Gedanke daran fast wieder zum Weinen bringt. Diese schreckliche Einsamkeit, während so viele Pärchen um einen rum glücklich sind und ich nicht ein einziges Mal dieses Gefühl erleben durfte. Dazu kommt auch noch dieses Nichtwissen, ob ich J. immer noch liebe, wovon ich schon fast überzeugt bin. Dann wäre da noch die Tatsache, dass ich mich immer häufiger und heftiger mit meinem Vater streite. Dass ich immer noch Kopfschmerzen bekomme, die zwar nicht so heftig, aber dennoch beunruhigend sind. Dass ich mich sehr oft vernachlässigt fühle, ob von ihr oder von anderen. Dass ich mich auch so schon sehr ignoriert fühle, dass ich mich in eine andere Welt wünschte. Eine Welt, die ich schon seit 7 Jahren aufrecht erhalte.

Ich weiß, dass auch sie sehr viele Probleme hat und ich würde ihr am Liebsten die ganze Last abnehmen, aber ich kann nicht. Selbst wenn sie es mit mir nicht aufrichtig meinen sollte, ich würde ihr helfen wollen. Vielleicht ist es Gutgläubigkeit.

Es gäbe sicher noch einige Punkte, die man ansprechen könnte und die zeigen würden, dass meine Zweifel nicht aus dem Nichts kommen, doch ich würde viel lieber auf den Abend des vorhergehenden Samstag zu sprechen kommen.

Als sie mich während des Tanzkurses alleine gelassen hat, habe ich mich keineswegs besser gefühlt. Ganz im Gegenteil. Noch dazu, wo ich erst zehn Minuten meiner Pause damit zugebracht hatte sie zu suchen. Sie ist meine Beste Freundin, wieso sollte sie mich zu Hause stören? Ich war wütend, aber ich habe es hingenommen. Am Abend, als ich endlich auf der Tanzparty ankam, saß sie mit ihren Freunden in einer Ecke, alle Plätze besetzt. Ich winkte ihr zu und lächelte sie an, aber sie schien es wohl nicht zu bemerken, wenn man ihren späteren Worten Glauben schenken darf. Dann setzte ich mich an den Nebentisch und starrte darauf hinunter bis sich Kai neben mich setzte. Das an sich war für mich schon ein Wunder und unsere späteren Albereien gemeinsam mit Hanni, Eva und einigen anderen waren noch mehr. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen mich niemandem aufzudrängen, ausnahmsweise einmal zuzulassen völlig ignoriert zu werden. Dass das Gegenteil eintreten würde, damit hätte ich nicht gerechnet und ich war glücklich. Ich war wirklich glücklich und ich dachte trotzdem noch an sie. Allerdings schien sie ihre ganzen Freunde zu haben und mich nicht zu brauchen. Und als J. ging, machte er mir das schönste Geschenk, dass er mir je hätte machen können: Er umarmte mich zum Abschied. Und obwohl ich letztendlich, nachdem alle weg waren, wieder alleine war, war ich glücklich. Und ich saß direkt hinter ihr, traute mich aber nicht sie anzusprechen. Sie war immerhin von allen umringt. Und ich dachte mir, dass ich sowieso nur stören würde. Stören. Dabei denke ich an die SMS wegen den Stunden vom Tanzkurs weg zur Tanzparty hin. Wenn ich nicht stören will, wird es gleich als ein Verbrechen angesehen. Ich könnte sie gar nicht ignorieren. Dafür habe ich viel zu wenige Freunde: Zwei! Nur zwei wirkliche Freunde. Und ich weiß nicht, ob es nicht vielleicht nur eine ist, eine einzige. Ich hatte einen Abend einmal wirklich Spaß, ich war glücklich, fröhlich, ich dachte nichts könnte mich jetzt wieder deprimieren. Aber sie schaffte es. Denn sie schaffte es bisher immer. Entweder ich war den ganzen Abend immer deprimiert...oder gegen Ende des Abends. Irgendwie ging es doch immer so aus. Vielleicht weiß ich nicht, was es heißt, wenn man jemanden liebt und der sich von einem trennen will. Vielleicht weiß ich nichts von ihren physischen Schmerzen. Aber ich habe immer versucht sie zu verstehen und ihr zur Seite zu stehen.

Jeder Moment ist nicht der richtige, um ihr das alles mitzuteilen, aber irgendwann muss ich diesen Schritt wagen.

Denn es gibt nur zwei Möglichkeiten:

So weitermachen und dieses Leid ertragen, dieses Leid, dank dem ich schon den ganzen Tag den Tränen nahe bin und sie nun nur noch schwer unterdrücken kann und dank dem ich diese Nacht vielleicht kein Auge zudrücken werde.

Ich könnte es ihr aber auch sagen und damit entweder unsere Freundschaft festigen – oder brechen. Eigentlich sind es also drei Möglichkeiten. Entweder sie versteht mich nicht, sie will mich nicht verstehen und glaubt mir nicht, hört mir nicht zu und beschuldigt mich als die Böse, die an allem Schuld ist.

Allerdings wäre es mir egal. Denn wenn sie wirklich meint, sie müsse mir böse sein, weil ich ihr mein Herz mit diesen Worten ausschütte und ihr meine Gedanken beichte, dann will ich gar mehr mit ihr befreundet sein, auch wenn ich sie weiterhin lieben werde. Wie sagte Vanessa einst? „Er ist deine Tränen nicht wert. Und der, der deine Tränen wert wäre, würde alles dafür tun, dass du sie nicht vergießen musst.“ Diese Worte kann man umdichten. Und sie treffen momentan besser zu als sonst. Ist sie meine Tränen wirklich nicht wert?

Sie kann mich auch einfach in den Arm nehmen, mir nicht böse sein, sich eventuell bessern wollen. Dann ist sie meine Tränen allemal wert. Und dann bereue ich nichts. Dann bereue ich nicht es ihr gesagt zu haben. Denn was bringt mir eine Freundschaft, die eigentlich schon tot ist? Eine Freundschaft, in der ich all meine Probleme für mich behalte, weil ich Angst habe, dass das alles sowieso nur eine Lüge ist. Und ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass diese Freundschaft keine Lüge ist. Ich könnte es nicht ertragen.

Wie ich überhaupt bemerkt habe, dass diese Freundschaft so keinen Sinn hat? Ich glaube, ich wusste es schon länger, aber ich wollte es nicht wahrhaben und war auch zu feige, um zu handeln. Aber nun bin ich mir sicher, dass es so nicht weitergehen kann. Denn Dank einer guten Freundin ist mir klar geworden, dass es egal ist, ob ich nun eine einzige Freundin habe oder zwei, wenn nur eine von ihnen wirklich zu mir steht und die andere mich nicht wirklich schätzt. Denn Freundschaft basiert nicht einfach auf Äußerlichkeiten, sie kommt von innen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Calaglin
2008-10-26T17:45:46+00:00 26.10.2008 18:45
Boah der Text ist voll gut geworden!! Der kommt direkt auf meine Favouritenliste! Hast du echt gut gemacht *nochmal lesen werd*


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