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Maria

Für diese Welt verloren...
von

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Maria

Ein Nebel schleicht vom Sumpf herauf

auch er will heute Nacht

wie ich bei dir zuhause sein

er hat das Bett gemacht

das bleiche Tuch ist nass und kalt

wir liegen tief im Tau

ich sterb' ein Stück in deinem Arm

bis tief ins Morgengrau
 

Maria komm her

diese Stunde wiegt

zweitausend Jahre schwer
 

ich spür' dein Blut wie's heiß und laut

in deinen Adern rinnt

wir küssen uns die Lippen wund

verloren wie wir sind

dein schwarzes Haar es legt sich mir

wie Efeu um den Hals

ich trinke wie im Fieber

von deiner Haut das Salz
 

Maria komm her

diese Stunde wiegt

zweitausend Jahre schwer
 

Kalt und schwerfällig wogte die Abenddämmerung über den Sümpfen heran und ließ die kargen, feuchten Flächen in einem trüben Gold erstrahlen. Die Nebelfelder, die sich über den unzugänglichsten Stellen beinahe den ganzen Tag gehalten hatten, wurden wieder dichter und begannen damit, ihre Finger in Richtung der großen, einsamen Burg zu bewegen, welche sich ungerührt als einziges in dieser düsteren Ebene erhob, die am Rande von den sanften Wellen einer kleinen Hügelkette begrenzt wurde.

Wäre die Leere zwischen all der Heide und dem glucksenden, braunen Wasser nicht so allumfassend gewesen, so hätte man die kleine, baufällige Hütte ein wenig abseits des gewaltigen Baus wahrscheinlich übersehen. Damals hatte der Nachtwächter die kleine Behausung aus verfallenen Balken sein eigen genannt, aber schon lange war der Geldstrom der Schlossherren so weit versiegt, dass sie sich einen solchen nicht mehr leisten konnten.

Trotz der späten Stunde sah man einen einzelnen Wanderer sich auf den unsicheren Pfaden durch das Moor hindurch auf das gedrungene Herrenhaus zu bewegen. Seine ungepflegte Kleidung verriet einen Menschen aus einem der winzigen Dörfer hinter den Hügeln, deren Herren hier wohnten. Mit verstohlenen Blick beobachtete er, ob nicht doch einer aus den Fenstern oder von den Mauern herab seiner gewahr werden würde, dann schlüpfte er schnell in das kleine Holzhaus. Dessen verfaulte Bohlen hielten der Kälte und Feuchtigkeit, die von draußen herein drang, kaum stand, so dass es in seinem Inneren nicht nennenswert weniger unangenehm war als davor.

Dennoch wartete er geduldig.

Eigentlich hatte er seinen Gedanken verbieten wollen, um das zu kreisen, was nun kam, doch seine Sehnsucht und die Süße, die in ihnen lag und gleichzeitig doch so bitter war, zogen ihn wie magisch an, so dass in seinem Kopf kaum ein anderes Bild zu finden war als das ihre, das derjenigen, die er hier erwartete. Wie das Abbild einer Heiligen stand sie vor seinem inneren Auge und wärmte ihn allein mit der bloßen Vorstellung ihrer Anwesenheit.

Schließlich trat sie herein, lediglich mit einem weißen Gewand bekleidet, dass sich sanft um ihren so zerbrechlich wirkenden Körper schmiegte. Für ihn war sie schöner als jeder Engel, den er sich hätte vorstellen können, der ganze Inbegriff seines flammenden Begehren und der zarten Liebe, die so unerwartet zwischen ihnen gewachsen war.

Ein trauriges Lächeln erhellte ihr Gesicht als sie seiner ansichtig wurde, jedoch nur für einen Moment. Dann schritt sie langsam auf ihn zu, während er sich erhob, um seiner Königin die Grüße zu entbieten. Inzwischen waren jegliche Bedenken in ihm dem Anblick ihres Gesichtes entwichen, hatten ihre traurigen, hellen Augen jeden Zweifel und jede Sorge in ihm fortgewischt. Alles, was er nun noch wollte, war, sie zu berühren, mit seinen Fingern über ihre blassen Wangen zu streichen und ihr zu erzählen, dass alles gut werden würde.

Ohne ein Wort schmiegte sie ihren Kopf an seine Schulter, als fühle sie genau, was in ihm vorginge, als wüsste sie, welche Qualen er litt und als wolle sie diesen Zwiespalt, der auch in ihrer Seele herrschte, alleine mit dem Gefühl seiner Nähe überbrücken.

Sanft glitten seine Finger durch ihr langes, schwarzes Haar, legten sich seine Lippen zu einem ersten Kuss auf ihr Haupt, während ihre Hände verzweifelt nach einem Zugang zu seiner Seele und seinem Körper suchten. Sein Mund glitt derweil von ihrem Scheitel hinunter über die zarte Stirn zu den Augenbrauen und den langen Wimpern, die so weich seine Haut kitzelten. Ihre Küsse, die sie ihm auf den Hals hauchte, wurden drängender und fordernder, als sie sich beide des Stoffes entledigten, der ihre Körper bis jetzt noch getrennt hatte. Seine Hände fanden ihre Brust und streichelten sie mit liebevoller Hingabe, seine Lippen schmeckten das salzige Nass des Schweißes auf ihrer Haut. Beide vernahmen, wie ihr Blut im Einklang durch ihre Adern strömte, wie ihre Herzen danach pulsten, als wollten sie eins werden. Langsam sanken sie zu Boden und weder er noch sie spürten die harte, festgestampfte Oberfläche, wie sie sich in ihre nackten Rücken bohrte.

Jetzt gab es nur noch sie beide.

Sie berauschten sich an ihrer Liebe, an dem Gefühl der Sicherheit, das ihnen ihre Nähe gab, als könne nichts dieser Vereinigung der Liebenden etwas anhaben. Gemeinsam sanken sie in ein Meer der Stille hinab, ein Universum, in dem es nichts gab aus ihren forschenden Händen, den leidenschaftlichen, liebevollen Küssen und ihrer beider Körper und Seelen, die so selbst die Unendlichkeit überdauern mochten, bestünde diese nur aus diesem einzigen Moment.

In dieser einen, letzten Nacht kamen sie sich noch einmal so nahe wie es zuvor nur selten geschehen war. Sie spürte ihn in sich und nahm all seine Liebe auf, seine ganze Sehnsucht nach ihr. Sie nahm sich all das von ihm, was sie selbst so dringend brauchte und verwahrte es tief an einem geschützten Platz ihrer Seele, ein Kleinod, ein Geschenk, dessen wahre Bedeutung niemand außer ihr erahnen mochte.

Auch er wünschte sich, dass dieser Moment niemals enden möge, dass sie so die Zeiten überdauern mochten.
 

Seit nachts dein Atem über meine Haut geweht

und meine Hand dein Schoßgesträuch zerzaust,

seit ich die Stirn an deinem schlanken Hals gekühlt

und du mit deinem Haar ein Nest mir baust,
 

bin ich verloren, verloren,

bin ich verloren an dich,

für diese Welt verloren.
 

Seit ich den Schierlingsbecher von dir nahm und trank,

seit ich den letzten Tropfen aufgeleckt,

seit ich zuletzt noch zitternd deinen Namen rief

und mich die kalte Erde zugedeckt,
 

bin ich verloren, verloren,

bin ich verloren an dich,

für diese Welt verloren.
 

Ein Blick in ihre Augen, ein nicht ausgesprochenes Wort aus ihren erblühten Lippen und er senkte die Lider in unaussprechlicher Qual. Von Anfang an hatten sie beide gewusst, dass es keine Lösung mehr gab, dass sie beide verloren waren. Und doch hatten sie ihrem Begehren nachgegeben, gemeinsam neue Welten erkundet und mehr Farbe in diejenige gebracht, in der sie beide zuhause waren. Aber immer hatte er den Gedanken von sich gewiesen, beide hatte sie nicht an morgen denken wollen, an das, was eines Tages kommen musste, auch wenn sie sich noch so sehr dagegen wehren mochten. Ihre Sünde wog so schwer, dass sie ihr nie würden entkommen können.

Er ließ sich zurücksinken und Tränen strömten aus seinen Augen über ihre Brust, das zarte Fleisch hinab, wo sie sich mit dem roten Blut vermengten. Ihren ersterbenden Atem raubte er mit einem letzten Kuss, ihr letzter Blick galt seinem Gesicht, als ihre Lippen weiß und kalt wurden und das Pochen ihres Herzens in der Ferne erstarb. Das Versprechen, dass auf ihrem nun verwelkten Munde lag, versprach er stumm zu erfüllen. Behutsam schloss er ihre Augen und breitete das weiße Tuch über ihren erstarrten Leib; dann besiegelte er seinen Abschied von der Welt auf dieselbe Art, wie er auch sie sanft das andere Reich hinter dem schwarzen Vorhang geleitet hatte.

Ein letztes Wort entfleuchte seinen Lippen, das erste Wort, das die kalte Stille dieser Dunkelheit durchdrang und gleich seinem entschwindenden Klang verhallte auch das Echo des Lebens aus seinem Körper in der Luft.

Noch heute meinen Wanderer ein manches Mal diesen einzigen, klagenden Laut über die Sümpfe geistern zu hören, ein einziges, sehnsuchtsvolles Seufzen -

"Maria."
 

Du hast bei mir gelegen,

Im Schatten nackt und bloß,

Du hast von mir gekostet,

Wirst den Geschmack nicht los.
 

Du trankst aus meiner Quelle

und folgtest meinem Pfad

und fielst von meinen Lippen

nach Lügen und Verrat.
 

Mein Mund, er findet einen Weg

Zu deinem bleichen Munde,

So gehen wir beide nun zugrund,

In dieser wehen Stunde.
 

Nun zählst du neue Wunden,

Dabei warst du vorher,

Schon blutig und zerschunden

Und friedlos wie das Meer.
 

Nie wieder weht dein Atem,

Nun über meine Haut,

Das Blau in deinen Augen

Ist über Nacht ergraut.
 

Mein Mund, er findet einen Weg

Zu deinem bleichen Munde,

So gehen wir beide nun zugrund,

In dieser wehen Stunde.
 

Komm her in meine Arme,

Dies war vorherbestimmt:

Ich bin es, der die Schuld dir nimmt.
 

Mein Mund, er findet einen Weg

Zu deinem bleichen Munde,

So gehen wir beide nun zugrund -
 

Mein Mund, er findet einen Weg

Zu deinem bleichen Munde,

So gehen wir beide nun zugrund,

In dieser wehen Stunde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2009-03-15T20:04:21+00:00 15.03.2009 21:04
Ich habe gerade eben gelesen. Wirklich sehr schön gemacht! Ich glaub, ich weiß warum ich das Lied "Wehe Stunde" nicht so oft hören kann! Es traurig, aber schön! Sehr gut gemacht!
Von:  MorgainePendragon
2008-07-16T10:18:05+00:00 16.07.2008 12:18
"Sie spürte ihn in sich und nahm all seine Liebe auf, seine ganze Sehnsucht nach ihr. Sie nahm sich all das von ihm, was sie selbst so dringend brauchte und verwahrte es tief an einem geschützten Platz ihrer Seele, ein Kleinod, ein Geschenk, dessen wahre Bedeutung niemand außer ihr erahnen mochte."

"Von Anfang an hatten sie beide gewusst, dass es keine Lösung mehr gab, dass sie beide verloren waren. Und doch hatten sie ihrem Begehren nachgegeben, gemeinsam neue Welten erkundet und mehr Farbe in diejenige gebracht, in der sie beide zuhause waren. Aber immer hatte er den Gedanken von sich gewiesen, beide hatte sie nicht an morgen denken wollen, an das, was eines Tages kommen musste, auch wenn sie sich noch so sehr dagegen wehren mochten. Ihre Sünde wog so schwer, dass sie ihr nie würden entkommen können."
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Oh mein Gott, Lalei-chan...
*wein*
Ich kann grad nicht...
Ich kann nicht...

Tut mir Leid. Komme später drauf zurück... Heul grad peinlicherweise am Arbeitsplatz... So schöne Worte, Schatz. So unendlich schöne, wahre, tiefe Worte...





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