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Adrenalin.

vom stark und schwach sein.
von

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Gerard fühlte sich schlecht. Schlecht und schwach, obwohl er das eigentlich nicht war.

Eigentlich war es ziemlich stark gewesen, nicht zu lügen, sondern die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie Frank verletzen würde. Es war mutig. Und stark, doch das begriff Gerard nicht.

Denn Gerard machte sich lieber wieder selbst schlecht.

Das war Gerards Schwäche, sich für jeden Fehler, egal wie klein und unbedeutend er war, fertig zu machen. Eigentlich war immer Frank da gewesen, um ihm die Flausen auszutreiben und zu sagen, dass er kein schlechter Mensch war. Das war eine der Situationen, in der Frank stark gewesen war, für Gerard.

Doch diesmal hatte Gerard den Fehler bei Frank gemacht, der momentan nicht die Kraft hatte für einen anderen stark zu sein, auch wenn er sich das aufs sehnlichste wünschte.
 

Frank wusste gerade nicht wirklich wo er hinsollte, seinen eigentlichen Ruheplatz hatte Gerard ihm gestohlen. Da wäre noch die Sache mit der Dusche, die er auch noch nicht genommen hatte, doch dafür musste er ins Badezimmer. Und da war der Spiegelschrank. Mit der Aspirindose, die eigentlich schon leer war und nur als Tarnung diente. Für die Rasierklinge.

Und schwach wie Frank gerade war, wusste er, dass er der Versuchung nicht widerstehen könnte, aber grade noch stark genug, nicht ins Bad zu stürzen, also entschied er sich einfach schlafen zu gehen.

So stürzte er aus dem Hintergebäude der Bühne, auf der sie eben aufgetreten waren, nickte einigen Bekannten zu, die sich vor der Tür tummelten und schlich sich zum Tourbus, den er möglichst unbemerkt betreten wollte.
 

Im inneren hockte die Band, ausgenommen Gerard und Frank natürlich, die ja damit beschäftigt waren, sich zu streiten.

Während Ray und Bob wieder einmal eine harte Runde ‚Guitar Hero’ zockten, sich dabei gegenseitig kitzelten, herumschupsten und überhaupt überall schummelten, wo man nur schummeln konnte, hockte Mikey stumm über einer großen Tasse schwarzen Kaffee und dachte nach.

Das tat Mikey oft, sich seinen kleinen Kopf über Gott und die Welt zu zerbrechen.

Er sorge sich zuviel, meinte Gerard immer.

Wenn es mal zu viel wird, könnte er jederzeit mit ihm reden, hatte Frank gesagt.

Doch Mikey interessierte es nicht. Er dachte gerne nach, wusste genau, wann er sich übersorgte und wann zu Recht. Er konnte es gut kontrollieren und wenn es nicht mehr so einfach war, ging er halt zu Alicia, die ihm dann half Dampf abzulassen.

Jetzt gerade dachte er über Frank nach. Seine Trennung mit Jamia, sein gekünsteltes Lächeln. Ja, Mikey hatte es durchschaut, schon lange, aber er kam nicht zu Frank durch, dass schaffte nur Gerard und der war zu blind.

Und er dachte über seinen Bruder nach. Seine dumme Aktion auf der Bühne eben.

Und er dachte über Frankie und Gerard nach. Über ihre früher so wunderbare Freundschaft. Und über die tiefe Kluft, die sich mittlerweile zwischen ihnen gebildet hatte.

Mikey hatte auch dies bemerkt. Er war ein exzellenter Beobachter.

So verstand er auch gleich, dass Gerard und Frank sich nicht vertragen hatten, als er nur ein schlurfendes Schuhpaar vernahm und nicht zwei. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und konnte gerade noch die Gestallt von Frank erkennen, der darauf aber gleich in den Schlafbereich verschwand.

Also stellte Mikey die Kaffeemaschine erneut an, kramte in dem Vorratsschrank des Busses, der grundsätzlich nur gefüllt mit Süßigkeiten war, bis er eine Packung Skittels fand, ehe er sich wieder fallen ließ und wartete. Auf seinen Bruder.

Das Way-Aufmunterungs-Komitee.
 


 

Gerard nahm, hingegen Frank, doch noch eine Dusche. Er fand es ziemlich luxuriös, dass sie in dem Bühnenhaus einen Umkleideraum plus eigener Dusche bekommen hatten. Das war selten aber eine willkommene Abwechslung, denn Gerard hatte die kleine, enge Busdusche satt und immerhin würden sie drei Tage hier bleiben.

Gott sei dank. Dann könnte er morgen seinen vergeigten Auftritt wieder gut machen. Mit dem Gedanken beruhigte er sein schlechtes Gewissen, als er die Dusche betrat, es extra vermied in den Spiegel des Schrankes, den sie heute bei der Ankunft alle beladen hatten, zu werfen. Er wusste, er musste schrecklich aussehen, was er auch irgendwie tat, allerdings war er nichts im Vergleich zu Frank war, der wahrscheinlich einen Schlag bekommen hätte, hätte er in den Spiegel geschaut. Aber das hatte er ja nicht, wir wissen wieso.

Gerard genoss, wie das heiße Wasser sich den Weg über seinen Körper bahnte.

Unbewusst wanderte sein Blick zu seinen vernarbten Armen. Es war lange her gewesen, dass er sich das letzte Mal selbst verletzt hatte und er hatte seitdem nie mehr ansatzweise einen Drang dazu verspürt. Auch jetzt nicht. Vielleicht war jetzt auch nicht alles goldig, aber er hatte gelernt, dass dies kein Weg war.

Er wünschte sich, dass Frank das auch einsehen würde.

Gerard hatte immer gedacht, dass Frank ebenfalls darüber hinweg war, sogar schon um einiges länger als er selbst, aber das Bild eben hatte Zweifel erweckt.

Aber Frank lachte immer so viel, wirkte so glücklich, es musste einfach einmalig gewesen sein, dachte er. Er hatte damit zwar Recht, doch hatte er nicht erkannt, dass Frank nur glücklich wirkte, es aber bei weitem nicht war.

Wieder überkam Gerard der sehnliche Wunsch, seinen Freund einfach in die Arme zu schließen, ihm zu versichern, dass er für ihn da war. Er entschloss sich, auf keinen Fall aufzugeben und das ganze am Besten noch morgen früh zu klären um am Abend wirklich ein gutes Konzert geben zu können, um endlich sein Gewissen zu beruhigen.

Er würde Frank morgen einfach irgendwo festnageln und ihn mit einem ‚verlorenes Hündchen Blick’ rumzukriegen. Das hatte bis jetzt immer funktioniert.

Ach, wenn es doch nur so einfach wäre.

Gerard vergas, dass es sich bei seinen anderen Wünschen immer um etwas Spaßiges gehandelt hatte, nicht darüber ihm seine Sorgen zu erzählen.

Denn Frankie redete nicht gerne über sich selbst und schon gar nicht über seine Probleme, aber das war Gerard nie wirklich aufgefallen, weil der Gitarrist ja immer gut gelaunt war und kaum ernstzunehmende Probleme zu haben schien.

So dreht sich alles im Kreis.

Zu passend, dass Gerard gerade die Zeile

Round we go round again in circles

play this game over again
 

aus dem Lied ‘Greener With The Scenery’ von ihren Kollegen und guten Freunden the Used, sang.

Er dachte eigentlich, dass die Dusche etwas bewirkt hatte, doch er sah immer noch aus wie eine Moorleiche und fühlte sich auch so, doch Gerard hatte sich mittlerweile an den Anblick gewöhnt, also öffnete er ohne große umschweife den Spiegelschrank und kramte nach einer Packung Aspirin.

Im hinteren Drittel fand er eine, die er hervorzog.

Und beinahe hätte er sie geöffnet, hätte er nicht das auf den Deckel geschmierte ‚Frank’ gelesen.

Da lag ein Geheimnis, so offen, naja irgendwie auch verschlossen, vor ihm, doch Gerard bemerkte es nicht.

Kritisch musterte er das Haltbarkeitsdatum, welches schon lange abgelaufen war, erinnerte sich aber daran, dass Frank gerne auch andere Medikamente in alte Dosen steckte, also stellte er sie zurück.

Ahnungslos.

Wieder eine Chance verpasst das Schlimmste zu verhindern. Es war einfach nicht Gerards Tag.

Das dachte dieser auch, allerdings weil er keine anderen Aspirin fand und sich schließlich so, mit den Kopfschmerzen auf dem Weg zum Tourbus machte.
 


 

„Du schummelst!“

Die harte Anklage gegen Bob Bryar. Wie wird er reagieren?

„Klar!“

Er gesteht.

„Du aber auch!“

Und klagt ebenfalls an.

„Hmpf“

Ja, Ray schummelte auch, aber offensichtlich nicht so gut wie Bob, denn er hatte schon den vierten Song in Folge verloren. Ein Gittarist von einem Drummer bei einer Gitarrensimulation geschlagen. Interessant.

Allerdings nicht ganz so interessant wie der niedergeschlagene Gerard Way, der die Tür zu dem Tourbus aufschwang.

Seien wir ehrlich, wir selbst haben lieber ein lustiges Leben, aber ergötzen wir uns doch mehr an Serien und Büchern, die über Dramas und zerbrechende Freundschaften gehen, als über die, die von ein paar lustigen Menschen mit zweitklassigen Witzen handeln?

Der Mensch ist halt doch bösartig.

Also schwenken wir zu Gerard, der mit einem erwartungsvollen Blick Mikeys in der Küche empfangen wird.

„Offensichtlich dumm gelaufen?“

Gerard nickte, ließ sich auf den Stuhl fallen und nahm dankbar die Tasse Kaffee entgegen, auch wenn er sie lieber nicht trinken sollte, wenn er diese Nacht noch schlafen wollte. Obwohl, Gerards Blut bestand schon beinahe aus Kaffee, soviel wie er trank, das wirkte der nicht mehr so stark.

„Was ist passiert?“

Gerard schüttelte sich bei dem Gedanken und griff dann in die bereitgelegte Tüte Skittels, ehe er von dem aufgezehrten Frank berichtete, dem plötzlichen Stimmungsschwank und dem Wortgefecht, welches Gerard verloren hatte.

Gedankenverloren fasste er sich an die Seite, dahin wo Franks Gitarre ihn getroffen hatte und zuckte leicht zusammen. Das gäbe einen blauen Fleck, der allerdings nichts im Vergleich zum Auge des Gitarristen, das Gerard demoliert hatte, morgen sein würde.

Während Gerard sich selbst etwas bemitleidete, kämpfte Mikey mit sich selbst.

Er könnte Gerard von seiner Beobachtung erzählen, davon, dass Frank schon lange nicht mehr ehrlich lächelte.

Doch er ließ es sein. Er dachte, dass der Sänger es selbst herausfinden müsse.

Vielleicht hätte Mikey einmal nicht so viel denken sollen.

Aber er hatte es getan.

Und es nicht gesagt.

Und damit vielleicht einen Fehler begangen.

Vielleicht auch nicht.

Vielleicht müssen wir einfach abwarten.

Wir werden schon sehen…



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Windy
2008-07-20T12:30:32+00:00 20.07.2008 14:30
Uah!! Ich will aber jetzt sehen!! Das ist ja nicht zum Aushalten hier! Ich meine, Gerard öffnet die 'Aspirindose' nicht, Mikey erzählt nichts von dem unehrlichen Lächeln, Gerard nimmt alles nicht so ernst (zumindest scheint es so) ... *snif* Das ist verdammt traurig, weisst du das?? *noch mehr snif*
Oh, aber Bob und Ray sind lustig. (Das muss jetzt sein.) Ich wusste es, Drummer sind super. ;) "Du schummelst." - "Klar." *lach*
Ich hoffe sehr, sehr schwer, dass Frank bald wieder in Ordnung ist und richtig lächelt. *Frankie knuddel*
Ganz liebe Grüsse und eine Tafel Schokolade... :)
Windy


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