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For Want of Evidence

A The Dark Knight Fanfiction
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Skipper

For Want of Evidence – Chapter 4: Skipper
 

„... also haben wir unser Programm, nachdem wir ihm die notwendigen Daten eingegeben haben, über Nacht durchlaufen lassen...“, Detective Elizabeth Thomas warf einen schnellen Blick auf die Uhr, die bereits späten Nachmittag anzeigte, „... ich meine natürlich, während wir geschlafen haben, und hier ist unsere aktualisierte Verdächtigenliste.“ Der Stolz in ihrer Stimme war unverkennbar zu erkennen, eine Reihe von Namen in verschiedenen Farbtönen von Gelb bis Dunkelrot leuchtete auf dem Computerbildschirm vor Gordon auf und er runzelte die Stirn. „Wie haben Sie das gemacht?“

„Wir haben Punkte für verdächtige Umstände vergeben... und das sind die Leute mit den höchsten Ergebnissen.“ Sie klang nicht unzufrieden, aber das konnte er ihr möglicherweise sogar nachsehen – immerhin war die Idee wirklich gut. Die Namen, die nun vor ihm auf dem Bildschirm blinkten, gefielen ihm allerdings um einiges weniger. Nur einige wenige Gäste hatten höhere Punktzahlen erhalten, aber dafür umso mehr Beamte aus seinem Büro, Leute, von denen er eigentlich gedacht hatte, ihnen vertrauen zu können.

Thomas musterte ihn, so als ob sie versuchen würde, seinen Gedankengang nachzuvollziehen, und nickte vorsichtig. „Dass diese Leute auf dieser Liste stehen, bedeutet nicht, dass sie etwas getan haben. Ihre Motive können durchaus so rein wie frisch gefallener Schnee sein und sie selbst unschuldig wie neugeborene Lämmchen... die Wahrscheinlichkeit dafür ist nur geringer als bei allen anderen. DuPres und Morgan haben schon damit angefangen, sie alle einzeln zu überprüfen, und ich melde mich, wenn die Detailuntersuchung irgendetwas ergeben hat.“

Er nickte, widerwillig zwar, aber doch. „Gut...“

Schon fast war sie an der Tür, ihre Hand lag bereits auf der Klinke, als er hochschreckte. „Thomas?“

Sie zog fragend die Augenbrauen hoch und wandte sich halb um. „Ja?“

„Wer ist unser Hauptgewinner?“

Sie holte tief Luft. „Im Moment ist es Sergeant Winona Jeffries. Sie war für die Koordination der Einheiten zuständig, saß am Funk – es wäre also kein Problem für sie gewesen, ein Hier ist der Eingang-Schild für den Überfall aufzustellen und die Männer hereinzuholen. Außerdem ist ihr Sohn krank, sie braucht das Geld, und die Innenrevision unter Dent hat bereits gegen sie ermittelt... alles in allem also ziemlich erdrückend, aber wir überprüfen sie routinemäßig genauso wie alle anderen.“ Zu seiner Überraschung zögerte sie danach und blickte zu Boden, doch dann raffte sie sich auf und sah ihn direkt an. „Der Nächste in der Liste sind Sie, Commissioner.“

Für einen Augenblick drohte das Déjà-Vu ihn zu übermannen, doch dann schüttelte er den Kopf, wie um einen schlechten Traum loszuwerden, und starrte sie an. „Das ist nicht Ihr Ernst?“

„Doch, das ist es.“ Zu seiner Befriedigung schien sie wenigstens ehrlich zerknirscht zu sein von ihrer Feststellung, doch in seiner Situation half es ihm nicht – er hatte Thomas geholt, weil sie gegen jeden ermittelte, unabhängig von Rang und Status, und das würde sie auch tun, auch wenn es sich nun wieder einmal gegen ihn richtete. „Und? Verhaften Sie mich jetzt?“

Sie lächelte beruhigend, oder zumindest verzog sie ihre Lippen auf eine Weise, die bei einem wohlmeinenden Menschen als beruhigendes Lächeln durchgegangen wäre. „Ich werde Sie genauso wenig verhaften wie Winona Jeffries, Commissioner. Und wenn ich ernsthaft denken würde, dass Sie der Verräter wäre, meinen Sie wirklich, ich hätte es Ihnen gesagt, damit Sie hübsch alle Beweise verschwinden lassen können, sobald ich zur Tür hinaus bin?“

Er schüttelte den Kopf. „Sie sind eine merkwürdige Person, Detective Thomas...“

„Ich weiß. Das ist einer meiner wenigen Vorteile, würde ich sagen.“

Noch immer amüsiert warf er einen Blick auf die Uhr und zuckte mit den Schultern. „Wie auch immer... in einer halben Stunde geht die Sitzung des Stadtrats voraussichtlich zu ende, und der Bürgermeister wollte, dass ich anwesend bin, um den Schutz durch die Polizei von Gotham City zu repräsentieren und ein paar Worte zum aktuellen Stand der Ermittlungen zu sagen.“

„Nun... dann werde ich Sie nicht noch länger aufhalten, Commissioner. Und ich wollte mir die Bänder vom Überfall noch einmal ansehen, irgend etwas stört mich daran, aber ich weiß nicht, was...“

Bei ihren Worten horchte er noch einmal auf, sie hatte so geklungen, als ob diese Angelegenheit wirklich an ihr nagen würde, etwas, das er sehr selten an ihr wahrgenommen hatte. „Was meinen Sie?“

„Wenn ich das wüsste, müsste ich sie mir nicht noch einmal ansehen. Aber ich habe das Gefühl, dass irgend etwas nicht so ist, wie es sein sollte, aber ich sehe es einfach nicht und es lässt mir trotzdem keine Ruhe...“

Er korrigierte sich innerlich, die Bänder nagten nicht nur an ihr, sie frustrierten sie richtiggehend, und nun war es an ihm, beruhigend zu lächeln. „Sehen Sie sie sich noch einmal an, und dann lassen Sie's gut sein, Thomas – es bringt nichts, wenn Sie sich wahnsinnig machen wegen etwas, das vielleicht gar nicht da ist.“

Langsam nickte sie, der Gedanke gefiel ihr offensichtlich nicht, aber sie akzeptierte seine Anweisungen. „Okay.“

Nachdem sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, zuckte er mit den Schultern, doch er kam nicht umhin, ironisch zu lächeln. Wer hatte noch gleich gesagt „In der Geschichte kommt alles zweimal, einmal als Tragödie und einmal als Komödie“? Er konnte sich nicht an den Namen erinnern, aber wie ihm schien, passte der Satz auch ausgezeichnet auf das Leben im Allgemeinen.
 

Die breite, weiße Marmortreppe, die vom Eingang des Rathauses von Gotham City hinabführte, stand unter ständiger Beobachtung der Medien, ihm schien, dass jede einzelne Stufe schon mindestens zehn Mal fotografiert worden war, so oft klickten die Fotoapparate und erhellte ein Blitz zusätzlich zu den Straßenlaternen die Szenerie.

Gordon stand neben einer der hohen, majestätischen Säulen, sein Atem kondensierte in kleinen, weißen Wolken vor seinem Mund und er versuchte, möglichst grimmig und ernst dreinzusehen, doch der Auflauf an Reportern und Fernsehkameras, an Mikrofonen, die fast sehnsüchtig darauf warteten, etwas aufnehmen zu können, machte es ihm schwer, einen ruhigen Gesichtsausdruck beizubehalten.

Der Eiertanz der Medien hatte ihn immer gestört, das Gefühl, dass durch seine Mitteilungen an die Presse seine Ermittlungsarbeit beeinflusst wurde, verließ ihn nie ganz, wenn er – so wie jetzt – mit einem öffentlichen Fall zu tun hatte und im Gegensatz zum betrauert verstorbenen Harvey Dent hatte er nie ein Händchen für Öffentlichkeitsarbeit gehabt. Jedes Mal, wenn eine Kamera auch nur in seine Nähe kam, glaubte er, zur Salzsäule erstarren zu müssen, und seine eigenen Interviews noch einmal anzusehen erfüllte ihn mit Grauen, so unterschieden sich die Aufnahmen von dem Bild, das er eigentlich hatte ausstrahlen wollen.

So unauffällig wie möglich versuchte er, im hohen Kragen seines Mantels zu verschwinden, der Frost der Nacht fiel langsam in die Straßen der Stadt ein, trotz der Wärme, die die Gebäude und die geöffneten Türen des Rathauses abstrahlten. Er hoffte, dass die Sitzung nicht noch länger dauern würde, denn im Gegensatz zu den Journalisten, denen es nichts ausmachte, in der Kälte zu warten, war er von früheren Observationen daran gewöhnt, wenigstens den Schutz eines Autos zu genießen – und eine großen Becher Kaffee, wenn es sich machen ließ.

Plötzlich kam Bewegung in die Menge, das Blitzlichtgewitter intensivierte sich und die Reporter drängten nach vorne, um einen möglichst guten Platz zu bekommen, als Bürgermeister Anthony Garcia an der Spitze einer Welle von Beratern, Aktentaschenträgern, Angestellten des Rathauses, Bezirksräten und Abgeordneten des Stadtrates mehr nach vorne getragen wurde, als er selbst ging. Er hielt an dem bereits aufgebauten Rednerpult inne, die Mikrofone mit den bunten Logos der Fernsehkanäle bildeten einen Kontrast zu dem braunen, glänzenden Holz, auf dessen Vorderseite man das Wappen der Stadt Gotham erkennen konnte, und Garcia hob die Hand.

Selbst Gordon beugte sich ein wenig vor, um besser zu hören, was der Mann zu sagen hatte, sein persönliches Charisma hatte nicht unwesentlich zu seiner Wahl zum Bürgermeister beigetragen, eine Eigenschaft, die dem Commissioner bedauerlicherweise – oder zum Glück – vollkommen abging.

Während er sich auf den Bürgermeister konzentrierte, bemerkte er aus den Augenwinkeln, wie die meisten anderen Politiker, mit denen er das Rathaus verlassen hatten, seitlich die Stufen hinunterströmten, nur einige wenige blieben zurück, vielleicht, um zu hören, was Garcia zu sagen hatte, vielleicht, weil sie eigene Ankündigungen machen wollten.

„Bürgerinnen und Bürger von Gotham City...“, begann er, doch Gordons Aufmerksamkeit wurde von einer Bewegung abgelenkt, hinter den Reportern, die sein Blickfeld beengten, geschah irgend etwas, doch er konnte nicht sehen, was.

Auch Garcia hatte bemerkt, dass etwas im Gange war, und sah in dieselbe Richtung, seine Rede schien vergessen und die ersten Fernsehkameras richteten sich auf das Geschehen, Gordon blickte verwirrt zu Lieutenant Hedges, der versteckt hinter einer der Säulen stand und angestrengt auf den Knopf in seinem Ohr lauschte. Der Mann zuckte mit den Schultern und für einen Augenblick trafen sich ihre Blicke, er schien genauso verwirrt zu sein wie der Commissioner selbst und reckte sich, um über die Reporter hinwegsehen zu können.

Das erregte Klicken der Kameras, die Männer und Frauen, die in ihre Mikrofone sprachen und sich erregt um den besten Platz stritten, all diese Geräusche ließen den ersten Schuss leiser klingen, als seiner Bedeutung gerecht zu werden schien. Gordon blickte sich für einen Augenblick um, hielt den Nachhall für ein Symptom der Menschenmenge, die ihn umgab, doch die Leibwächter des Bürgermeisters reagierten schneller als er. Als er den Kopf drehte, um zu Garcia zu sehen, hatten sie ihn bereits in den Schutz der Säulen gezerrt und taten ihr Bestes, um ihn in die Eingangshalle des Rathauses in Sicherheit zu bringen.

Nun klickten auch die Relais in seinem eigenen Gehirn, suchten sich angestammte, nach dem Ballabend viel zu vertraute Positionen und er verschwand ebenfalls hinter einer der dicken Marmorsäulen, ein weiterer Schuss gellte, diesmal fast noch leiser, da Frauen und Männer schrien und Chaos sich über den Platz ausbreitete. Gegen die eigene Vernunft, die ihm sagte, dass es nicht die Aufgabe eines Commissioners war, in Schusswechsel zu geraten, schob er sich an der Mauer weiter nach vorne, mittlerweile konnte er einen dunklen Wagen erkennen und eine Frau, die hineingezerrt wurde.

Er zog seine Waffe und trat noch einen Schritt näher, sie trug einen dunklen Rock und einen Mantel, die Kleidung einer Politikerin, und als sie sich wand, um zu entkommen, erkannte er ihr Gesicht – es war Bezirksrätin Sheryl McVeigh aus dem Nachbardistrikt. Wie in Zeitlupe hob er die Hand, doch ihre heftigen Versuche, sich zu befreien, ließen ihn fürchten, sie zu treffen, wenn er schoss und so blieb ihm nichts anderes übrig, als dem Wagen nachzusehen, wie er mit quietschenden Reifen davonstob.

Für einen Augenblick starrte er die Straße entlang, das Auto war schon um die nächste Straßenecke verschwunden, dann steckte er resigniert seine Waffe wieder ins Holster und wandte sich um. Lieutenant Hedges stand hinter ihm, der Mann sah genauso überrumpelt aus wie er selbst und lauschte wie hypnotisiert den Worten, die sein Ohrhörer von sich gab. „Was zur Hölle war das?“

Seine Worte rissen Hedges aus seiner Lethargie und er blickte auf, starrte seinen Vorgesetzten für einen Augenblick lang an, so als ob er ihn zum ersten Mal sehen würde, dann entgegnete er zögernd: „Ich hab keine Ahnung...“

„Dann finden Sie's heraus, zum Teufel noch mal, oder brauchen Sie erst einen schriftlichen Befehl in dreifacher Ausfertigung!“

„Natürlich, Sir!“ Der Mann überschlug sich fast, als er zu den Polizisten am Fuße der Treppe hinabhastete, und Gordon trat auf die Eingangshalle des Rathauses zu, er konnte Garcia verschwommen hinter der Glasscheibe entdecken, seine normalerweise gebräunte Haut sah leichenblass aus und der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben.

„Sir?“ Für einen Augenblick sah der Leibwächter des Bürgermeisters so aus, als wollte er ihm den Weg versperren, doch der grimmige Ausdruck auf seinen Zügen scheuchte den Mann zur Seite und Gordon trat zu Garcia. „Sind Sie unverletzt?“

„Ja, ja, ich denke schon...“ Er nickte wie in Zeitlupe, so als wollte er sich durch die einfache Geste versichern, dass seine Antwort der Wahrheit entsprach, dann schien er sich zu fassen. „Was ist passiert?“

Gordon zuckte mit den Schultern. „Lieutenant Hedges versucht noch, das herauszufinden... ich habe nur gesehen, wie einige bewaffnete Männer mit Masken, nicht unähnlich denen, die den Polizeiball überfallen haben, Bezirksrätin McVeigh in einen Wagen gezerrt haben... durch die vielen Reporter und die Panik, die unter ihnen ausbrach, als geschossen wurde, konnten weder meine Leute noch ich selbst eingreifen...“

Abwesend nickte Garcia. „Ist jemand verletzt?“

„Ich denke, ein paar von den Reportern haben sich Prellungen geholt, aber abgesehen davon weiß ich von nichts. Das kann sich allerdings sekündlich ändern, befürchte ich.“ Es gelang ihm nicht ganz, zu verbergen, dass es Dinge gab, die schlimmer waren, als ein verletzter Reporter – eine entlaufene Katze, zum Beispiel. Für einen Augenblick zögerte er noch, ließ den Blick über die Eingangshalle wandern, die so merkwürdig... unberührt aussah, verglich man sie mit dem Chaos, das vor der Tür herrschte, dann wandte er sich ab. „Hier kann ich nichts mehr tun, fürchte ich... ich denke, ich werde im Polizeipräsidium dringender gebraucht.“

„Das denke ich auch, Commissioner, das denke ich auch.“
 

Die Bildschirme der Verkehrsüberwachung zeigten... Autos, ein Wagen reihte sich an den Nächsten, Kolonnen kamen vor Ampeln zum Stillstand und wälzten sich weiter, wenn sie auf Grün umsprangen. Commissioner Gordon ließ seinen Blick über die Anzeigen wandern, keines der Autos, das er erkennen konnte, ähnelte dem der Entführer auch nur im Mindesten und doch beruhigte es ihn, hier zu sitzen und dem Flimmern der Bildschirme zuzusehn, dem pulsierenden Fluss des Verkehrs, dem Wechselspiel aus Bewegung und Ruhe.

Er konnte nichts tun, das war ihm auf intellektueller Ebene vollkommen klar, und doch rebellierte sein Innerstes bei dem Gedanken daran, dass er zur Untätigkeit verdammt war, während ein Menschenleben in den Händen anderer lag. Ihre einzige Spur, den Wagen, den die Entführer benutzt hatten, hatte er zur Fahndung ausgeschrieben und einige Fotos hinzugefügt, an Bildmaterial mangelte es ihnen durch die Anwesenheit der Presse zum Glück nicht und auch das Kennzeichen war glücklicherweise zu erkennen gewesen.

„Vielleicht sind Journalisten doch zu etwas zu gebrauchen“, murmelte er abwesend, die Verfolgung durch einige Einheiten der Polizei hatte nichts ergeben, die Mistkerle schienen wie vom Erdboden verschluckt zu sein, und er knirschte mit den Zähnen.

Zwei Jahre lang hatte alles so gut ausgesehen, sogar ein wenig Hoffnung, dass die Ruhe dauerhaft sein könnte und dass sein Sohn und seine Tochter möglicherweise in einem Gotham City aufwachsen würden, das besser war als die Stadt, die er kannte, war in ihm aufgekommen, wie er sich nun nachträglich fast ein wenig beschämt eingestand. Und jetzt...? Innerhalb von nicht einmal zweiundsiebzig Stunden war das Chaos erneut mit voller Wucht über ihn und alle, die er liebte, hereingebrochen.

„Commissioner?“

Er wandte sich um, die Tür hatte sich geöffnet, ohne dass er es bemerkt hatte, und Lieutenant Hedges stand in dem Rechteck aus Licht, das aus dem Gang in die dunkle Zentrale der Verkehrsüberwachung fiel. „Ja?“, entgegnete er gedehnt, unwillig, weil man ihn gestört hatte.

„Der Verdächtige vom Ball ist aus dem Gefängnis hierhergebracht worden, Sir. Er wartet in Verhörraum Drei.“

Gordons Groll auf Hedges verflog sofort, das war genau die Nachricht, auf die er eigentlich gewartet hatte, und er erhob sich von seinem Stuhl. Noch bevor er bemerkt hatte, was seine Füße eigentlich taten, stand er mit dem Lieutenant im Beobachtungsraum und blickte durch den Einwegspiegel auf den Mann hinunter.

Der grellorange Häftlingsoverall betonte die Blässe seiner Haut noch, das blonde Haar stand wirr vom Kopf ab, doch trotz seiner leicht heruntergekommenen und erschöpften Erscheinung gelang es dem Mann ausgezeichnet, den Eindruck von Unnachgiebigkeit und Härte zu vermitteln.

„Keine Anzeichen dafür, dass er eine Aussage machen möchte?“

„Keine, Sir. Er hat kein Wort gesagt, seit wir ihn aus seiner Zelle geholt haben.“ Hedges wirkte zerknirscht, so als ob der entschlossene Widerstand ihres Verdächtigen an seiner Polizistenehre kratzen würde, und Gordon legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter. „Beherrschen Sie sich... ich weiß, es geht um eine Bezirksrätin, und wir müssen sie schnell finden – aber deswegen bin ich nicht bereit, so zu werden wie... diese Monster.“ Für einen Augenblick wurde das Bild im Verhörraum von einer anderen Szene überlagert, einem anderen Verdächtigem und Batman, der ihn vor seinen Augen fast zu Tode prügelte und nur von einem Geständnis abgehalten wurde...

„Natürlich, Sir... aber sein verdammtes Gesicht geht mir mittlerweile dermaßen auf die Nerven, ich würde am liebsten...“ Der Tonfall in der Stimme des Lieutenants beruhigte Gordon, er klang eher hilflos als so, als würde er seine Befehle im nächsten Moment missachten, und gemeinsam starrten sie für einen Augenblick auf blasse Augen, eingefallene Wangen und zerzauste blonde Strähnen.

„Ich geh rein.“ Der Commissioner erkannte die Stimme kaum als seine eigene, so rau klang sie, die Sache ging ihm wohl näher, als er sich selbst eingestehen wollte, auch wenn Bezirksrätin Sheryl McVeigh für ihn nur eine Gestalt war, die er aus den Medien kannte, war er nun auf eine gewisse Art und Weise für ihr Wohlergehen verantwortlich. Zwar lag es im Moment ausschließlich in den Händen ihrer Entführer, was sie mit ihr anstellten, aber je schneller er sie fand, desto besser – für sie und auch für sein eigenes Gewissen.

„Hey.“

Der Verdächtige zuckte zusammen, als er den Raum betrat, doch nach einem Blick zur Tür schien er sich zu entspannen, so als ob derjenige, der wirklich eingetreten war, es mit der Bedrohlickeit seiner Fantasiegestalt nicht im Geringsten aufnehmen konnte; Gordon erinnerte sich an seine eigenen Anweisungen an seine Männer und biss die Zähne zusammen.

Mit einem scharrenden Geräusch zog er den Stuhl vom Tisch weg, Metall schabte über den gefliesten Fußboden und der Laut hätte ihn beinahe zusammenzucken lassen... aber nur beinahe. Ruhig nahm er Platz und fixierte den Mann für einen Augenblick, dann lächelte er unter seinem gesträubten Schnurrbart hindurch. „Ich möchte mit Ihnen reden.“

Sein Verdächtiger fixierte angelegentlich seine Fingernägel, Dreck zeichnete sich in schwarzen Halbmonden darunter ab und die Knöchel seiner rechten Hand waren von verkrustetem Blut bedeckt, wohl die Spur einer Gefängnisschlägerei. „Hey. Ich hab was gesagt!“

Seine Faust donnerte auf den Tisch, bevor er es wirklich wahrnahm, leichter Schmerz schoss durch seinen Arm hinauf, brachte ihn wieder zur Besinnung. Wenigstens reagierte der Mann nur, er zuckte zusammen, so leicht, dass er es fast für eine zufällige Geste gehalten hätte, wäre nicht für einen Moment ein Schauer von Furcht über seine Gesichtszüge gehuscht.

„Hier, hier und hier.“ Mit geübter Handbewegung verteilte er Bilder auf der metallenen Tischplatte, Fotos von den Überwachungskameras auf dem Ball und von den Reportern, die McVeighs Entführung genauestens festgehalten hatten – er wollte das bisschen Schwung, das er gewonnen zu haben glaubte, ausnutzen. „Die sehen doch fast so aus wie Sie, meinen Sie nicht? Gleiche Masken, gleiche Kleidung, gleiche Waffen... ein merkwürdiger Zufall, finden Sie nicht?“

Die Finger seines Verdächtigen trommelten auf den Tisch, einer nach dem anderen, er betrachtete sie, so als ob sie die interessanteste Sache der Welt wären und seine Aufmerksamkeit völlig einnehmen würden. Tap-tap-tap. Tap-tap-tap.

Was auch immer der Zweck war, warum auch immer er es tat, Gordon würde es in Kürze in den Wahnsinn treiben, dessen war er sich mit deprimierender Ausweglosigkeit bewusst, fast fühlte er sich, als würde ein Zug auf ihn zurasen, der Lichtkegel hielt ihn erfasst und er konnte sich nicht bewegen, keinen Millimeter, so als ob alle seine Muskeln von seiner geistigen Starre erfasst worden wären... „HÖREN SIE AUF DAMIT, VERDAMMT NOCH MAL!“

Seine Stimme überschlug sich fast, doch wurde der Ausbruch mit plötzlicher, wohtuender Ruhe belohnt, der Mann starrte ihn für einen Augenblick an, dann betrachtete er wieder den einzigen leeren Fleck der Tischplatte, den er entdecken konnte und Gordon schloss für einen Moment die Augen, schluckte hart.

Als er den Raum verließ, gelang es ihm fast, sanft die Tür zu schließen, und als er durch den Gang den Beobachtungsraum erreicht hatte, fühlte er sich fast schuldig... aber nur fast. Sein Temperament kochte noch immer in ihm, und die Tatsache, dass Thomas neben Hedges stand und ihn aus ihren harten, dunklen Augen musterte, trug nicht zur Verbesserung seiner Laune bei. „Was machen Sie denn hier?“

„Ich wollte mit Ihnen reden... Sir.“ Selbst sie schien zu spüren, dass der Zeitpunkt gerade gar nicht gut war, und blickte zur Seite, auf den Verdächtigen, der nun wieder sein rastloses Trommeln aufgenommen hatte.

„Ja?“ Selbst für seine eigenen Ohren klang seine Stimme gedehnt und bedrohlich und Thomas zuckte nach einem Seitenblick auf Hedges, der unbeteiligt daneben stand und ihren Verdächtigen beobachtete, mit den Schultern. „Es hat Zeit... ich denke, Sie haben im Moment Wichtigeres zu tun.“

„Das hab ich wohl... aber dieser Mistkerl macht einfach nicht den Mund auf, egal, was ich tue.“

„Er weiß, was er tut, das muss man ihm lassen. Oder zumindest wissen die Leute, die ihn ausgebildet haben, was sie tun.“

Er runzelte die Stirn. „Was meinen Sie?“

„Ich denke, er hat wenigstens eine grundlegende Schulung darin erhalten, wie man Verhören widersteht... sehen Sie das, was er mit seinen Fingern macht? Es lenkt ihn davon ab, was Sie tun, und verhindert, dass er Sie ansieht, weil er sich darauf konzentriert und auf nichts sonst. Er weiß, dass Sie ihn nicht foltern werden, und das bedeutet für ihn, dass er vor Ihnen weniger Angst haben muss als vor denen, die ihn geschickt haben.“

„Wenn Sie es so viel besser wissen, dann machen Sie's doch gleich selbst“, schnappte er, bevor er sich zurückhalten konnte, bevor er sich daran erinnerte, dass er Thomas damit am wenigsten beikommen würde.

„Ich bin keine Verhörspezialistin, Sir. Aber wenn Sie darauf bestehen.“

Bevor er sie aufhalten konnte, hatte sie den Raum schon verlassen und fast hilflos sah er zu, wie sie zu dem Verdächtigen eintrat, ihn kurz musterte und dann lautlos auf dem Stuhl Platz nahm. Der Mann blickte nicht auf und das Schweigen dehnte sich, Thomas tat das, was sie am Besten konnte – den Eindruck fast unerschütterlicher Ruhe auszustrahlen, gepaart mit einer Geduld, die einen fast zur Verzweiflung treiben konnte... und schließlich sah er auf.

Seine hellen, blauen Augen – fast schon zu hell, fand Gordon, in ihnen glomm ein Licht, das sich nicht mit seiner Vorstellung von einem geistig gesunden Menschen vereinbaren ließ – weiteten sich für einen Moment... und dann lächelte er.

Für einen Wimpernschlag glaubte der Commissioner, dass sein übermüdeter, gereizter Verstand ihm einen Streich spielte, dass er im Stehen eingeschlafen war und nur träumte, doch dann lehnte sich der Mann zurück. „Na, na, wenn das nicht Skipper Thomas ist.“

Er konnte das Gesicht des Detectives nicht erkennen, doch irgendeine Reaktion musste sich darauf abgezeichnet haben, denn ihre Schultern zuckten leicht und sie war vom Tisch zurückgewichen. „Ich wusste gar nicht, wen ich da an der Angel habe, als ich Sie zum ersten Mal gesehen hab...“

Sie atmete schneller, das konnte er sogar von hier aus erkennen, dann lehnte sie sich zurück, versuchte, sich mit einem bewussten Befehl an ihre Muskeln zu entspannen. „Ich fürchte, Sie sind mir gegenüber im Vorteil.“

„Und das wird auch so bleiben...“ Noch einmal lächelte er, dann sank er wieder in seinen Stuhl zurück, seine Finger trommelten erneut in stetem Rhythmus auf die Tischplatte und Gordon begegnete dem verwirrten Blick von Lieutenant Hedges. „Was zum Teufel war das?“

„Das wüsste ich auch gerne, Sir. Das wüsste ich auch gerne...“



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