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The short stories of Eternity Sword

Kurzgeschichtensammlung
von

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Lasfolt

Die Atmosphäre war aufgrund des absurd hohen Managehalts geradezu erdrückend. Er stand nicht zum ersten Mal hier an diesem Ort, sah nicht zum ersten Mal auf das Schwert, das in einem großen Kristall steckte, wo es sein Leben fristete, gezwungen, für die Nöte der Menschen Mana in Äther umzuwandeln. Zumindest hatte er das früher einmal gedacht.

Früher, als er noch an Youtias und Ios Seite die Natur von Eien Shinken, Spirits und Mana erforscht hatte, eine Zeit, die ihm inzwischen wie aus einem ganz anderen Leben vorkam. Aber er erinnerte sich noch äußerst gut daran, vermisste noch immer den Geruch Youtias, die sanfte Stimme Ios und den ruhigen Schlaf an der Seite der beiden. Was war nur geschehen, dass diese Zeit, die so perfekt gewesen war, einmal hatte enden müssen? Was war geschehen, dass sie nun auf zwei vollkommen unterschiedlichen Seiten standen?

Er musste nicht lange darüber nachdenken, um die Antwort zu finden. Die Erkenntnis, was in dieser Welt wirklich geschah und von wem sie regiert wurde, hatte sie voneinander getrennt. Kaum hatte sie ihn ereilt, war es ihm unmöglich gewesen, sie wieder zu vergessen. Sie war wie eine Zecke, die ihren Kopf in die Haut ihres Wirts bohrte, so dass man sie nicht einfach wieder abschütteln konnte und die, wenn man sie zu unsanft zu entfernen versuchte, ihr Gift in den Körper ihres Opfers entließ und ihn langsam dahinsiechend verenden ließ.

Er hatte versucht, diese Zecke schnellstmöglich zu entfernen und war nicht nur vergiftet worden, der Kopf war steckengeblieben und nagte einfach weiter, bereitete ihm geradezu körperliche Schmerzen, die er an diesem Tag zu beenden bedachte.

Dem einfachen Mann auf der Straße mochte das alles möglicherweise gar nicht interessieren oder gar kümmern, aber er als Wissenschaftler, der an den freien, menschlichen Willen glaubte, konnte nicht einmal diesen Gedanken ertragen.

Deswegen hatte er einen Plan gefasst, einen, von dem er selbst wusste, dass er größenwahnsinnig war. Nein, mehr noch, dieser Plan setzte sich über den Willen sämtlicher anderer Bewohner dieser Welt hinweg, das wusste er – aber es kümmerte ihn nicht. Zum einen weil er ohnehin der Überzeugung war, dass sämtliche Menschen dieser Welt bereits unwissentlich beeinflusst wurden und zum anderen, weil er nur das Beste für sie alle wollte, auch wenn er im Moment verkannt wurde. Aber sein Vorhaben war das einzig Vernünftige in dieser ohnehin zum Untergang verurteilten Welt.

Hastige Schritte, die hinter ihm innehielten, rissen ihn aus seinen Gedanken. Aufgrund des heftigen Aufwallens des Manas und dem erhöhten Äther-Ausstoßes war ihm bereits bewusst geworden, dass im Reaktor gekämpft wurde – und er musste sich nicht erst umdrehen, um zu wissen, wer gekommen war. Nicht nur, weil er der einzige war, der ernsthaft die Kraft aufbringen könnte, zu ihm vorzudringen, sondern auch, weil er die von dem Shinken ausgehende bösartige Macht spürte.

Eigentlich hatte er geglaubt, mit zwei Etrangern in seinem Dienst und einigen kleinen Spielzeugen, die noch aus seiner Studienzeit stammten, hätte er leichtes Spiel gegen Rakios. Aber offenbar war der Entschluss von Rakios' Etranger wesentlich stärker.

„Also bist du gekommen“, sprach er, die Augen immer noch auf den Kristall gerichtet. „Nein, möglicherweise sollte ich sagen, dass du dazu gebracht wurdest, zu kommen. Wir treffen uns erneut, Etranger Yuuto von 'Motome'.“

„Warum tust du das?!“, konnte er die aufgebrachte Stimme des Etrangers hinter sich hören. „Was kann gut daran sein, alles zu zerstören?“

Er fuhr zu Yuuto herum, um dem Etranger in die Augen zu sehen. Zuletzt war er ihm begegnet, als dieser gemeinsam mit Königin Lesteena in Malorigan gewesen war, um ihm eine Kooperation im Kampf gegen das Imperium Sargios vorzuschlagen. Damals hatte der Etranger recht gefasst, aber auch ein wenig nervös und ungeduldig gewirkt. Kaum etwas an seiner Erscheinung hatte darauf schließen lassen, welch enorme Willenskraft sich in ihm verbarg und dass er genau wie ein maloriganischer Steppenwolf niemals wieder losließ, wenn er sich erst einmal festgebissen hatte.

An diesem Tag sprühte er geradezu vor Entschlossenheit, seinen Gegenüber von seinem Plan abzuhalten, seine braunen Augen schienen Funken zu sprühen und für einen kurzen Moment wusste Quedgin, der Präsident von Malorigan und derzeit der größte Feind aller Lebewesen von Phantasmagoria, nicht so recht, ob es das Shinken in Yuutos Händen oder der Etranger selbst war, der nur darauf brannte, seinen Gegenüber in einen Kampf zu verwickeln.

Quedgin machte eine Kopfbewegung zu dem Shinken in Yuutos Hand. „Du hast gekämpft, wie dieses 'Motome' dir befohlen hat. Du magst es vielleicht tun, um deine Schwester vor dem Imperium zu retten, aber...“

Er hielt einen Moment inne, verzog das Gesicht in einer gequälten Grimasse. „Weißt du, was jenseits davon liegt? Nein, du kannst es nicht wissen.“

Yuuto schwieg, machte aber auch keine Anstalten, etwas anderes zu tun, als ihn hasserfüllt anzusehen, so dass Quedgin fortfuhr: „Hmpf... Nun, das ist in Ordnung. Alles in allem tust du nur das, was dein Shinken wünscht. Du handelst, wie die Shinken verlangen, um die Welt zu erschaffen, die von den Shinken begehrt wird.“

Noch einmal machte er eine kurze Pause, um sich selbst zu sammeln und Yuuto diese Worte verarbeiten zu lassen, ihm möglicherweise die Gelegenheit zu geben, anhand seiner Geschichte zu erkennen, dass Quedgin im Recht war. Trotz dem Schmerz, der Wut und der Abscheu, die ihn in diesem Moment wieder überkam und die ihn erst bis zu diesem Punkt geführt hatte, blieb seine Stimme gefasst, wie die eines Mannes, der sein eigenes Schicksal bereits kannte und auch akzeptiert hatte – und genau genommen stimmte das sogar. „Mein Feind bist nicht du. Es ist nicht einmal das Imperium. Meine Feinde sind die Shinken, um die diese Welt kreisen.“

Quedgin zog ein Shinken hervor und betrachtete es ein wenig gedankenverloren. Ihm fehlte der ominöse, geradezu verheißungsvolle Schimmer, der bei diesen sonst zu sehen war, aber die Macht, die ihm innewohnte, war dennoch absolut unverkennbar. Schon als er es das erste Mal gesehen hatte, war ihm das sofort aufgefallen.

„Dieses 'Kakon' ist anders als die Shinken, die ihr alle habt. Es ist ein Eien Shinken mit keinem eigenen Willen...“

Er neigte den Kopf ein wenig, während er sah, wie Yuuto unwillkürlich schluckte.

Auch wenn das Shinken keinen Willen besaß – oder vielleicht gerade deswegen – hatte es Quedgin über alles, was in dieser Welt vor sich ging, aufgeklärt. Und gemeinsam mit diesem war in ihm dann der Plan herangereift, den er auszuführen gedachte.

„Ich weiß nicht, was genau ihm fehlt, aber es ist das einzige Eien Shinken, das von einem Menschen genutzt werden kann. Wird es der Wille der Menschheit oder jener der Shinken sein, der die Zukunft an sich reißt...?“

Noch einmal schwieg er, das Mana im Raum begehrte ein weiteres Mal auf, er glaubte, dass das Kernstück des Reaktors ihn auslachte, auf das geradezu nutzlose Shinken in seiner Hand hinabblickte und es verspottete, während es versuchte, sich mit dem Kern zu verbinden.

Yuuto reagierte immer noch nicht, der Wille zu kämpfen schwand für einen kurzen Moment aus seinen Augen, er schien unsicher, wusste nicht, ob er Quedgin wirklich aufhalten sollte oder ob es nicht das Beste wäre, möglicherweise doch alles zu einem Ende kommen zu lassen. Aber da war immer noch das Shinken in seiner Hand, das eine solche Entscheidung nicht akzeptieren würde.

„In der fernen Zukunft wird diese Welt unausweichlich ihrem Ruin gegenüberstehen. Aber das wird in Übereinstimmung mit dem Willen der Eien Shinken geschehen.“

Noch einmal machte er eine Pause, aber nur weil er von Zorn überschwemmt wurde. Das Shinken in seiner Hand begann gewaltsam, sich mit dem Kern des Reaktors zu synchronisieren, als es seinen Willen registrierte. Der Raum wurde mit Licht gefüllt, während Quedgin gleichzeitig spürte, wie sein Körper sich zu verändern und etwas an ihm zu zehren begann. Das Shinken erfüllte ihm seinen Wunsch, aber nur im Austausch gegen seine Seele, genau wie er es erwartet hatte.

„Wenn so etwas Bestimmung ist, dann lehne ich es ab!“, stieß er wütend hervor, während das Shinken seine Seele verschlang. „Ich werde die Welt genau jetzt, von Menschenhand, auslöschen!“

Während immer mehr von seiner Selbst schwand und zu einem Teil von 'Kakon' wurde, gab es nichts mehr, was ihn davon abhielt, seinem Wut und seiner Hass auf diese Fremdbestimmung freien Lauf zu lassen, endlich all das auszusprechen, was ihm seit Jahren bereits auf der Seele brannte. „Ich werde keine Welt akzeptieren, in der mir von den Shinken erlaubt wird, zu leben und in der ich so leben muss, wie die Shinken es verlangen!“

Er glaubte, hoffte geradezu, Verständnis in Yuutos Augen zu sehen, aber noch bevor er sichergehen konnte, ob das wirklich so war, raubte das Shinken ihm das Augenlicht und auch die Erinnerung an seinen Gegenüber, lediglich sein Hass blieb und sein Wunsch, die Menschheit von den ihr vollkommen unbekannten Ketten zu befreien. „Wir leben nicht mit der Erlaubnis irgendjemand anderes. Wir sind am Leben!“

Und aus diesem Grund war es ihm immer zuwider gewesen, zu wissen, dass die gesamte Welt und ihre Geschichte von den Shinken geformt wurde, seit Anbeginn der Zeit und bis an ihr Ende. Er wollte das nicht akzeptieren, sie alle waren Individuen, sie waren in der Lage, ihr Schicksal selbst zu bestimmen, die Geschichte zu formen, so wie sie es wollten und wie es für die Menschen am besten war. Kein Gott, kein Eien Shinken, niemand hatte das Recht, ihnen vorzuschreiben, wie sie leben sollten! Niemand durfte ihren freien Willen einschränken, nicht einmal unbewusst!

Er würde dem allen ein Ende setzen, er würde diese Welt zerstören und sich dem Willen der Shinken widersetzen! Er würde beweisen, dass Menschen stärker waren! Er würde sie alle in die Freiheit führen!

Jene Freiheit, die er sich in seinem tiefsten Inneren immer gewünscht hatte, selbst während seines Studiums, all seine Forschungsjahren hindurch und auch für die Dauer seiner Regierung in Malorigan. Schon allein wegen dieser Freiheit, die er endlich für sich gewinnen würde, bereute er nichts, nicht die Tode so vieler unschuldiger Menschen, die seine Tat unweigerlich nach sich ziehen würde, nicht der Untergang dieser Welt, der damit einherging, gar nichts.

Doch in seinem allerletzten Moment, bevor 'Kakon' das letzte Stück seiner Seele fraß, erinnerte er sich ein letztes Mal an Youtia und Io und die wohltuende Ruhe, die er in der Gegenwart der beiden stets empfunden hatte, die zarten Bande der Liebe, durch die sie alle drei trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft verbunden gewesen waren. Und das einzige, was er bereute war, dass sein altes Leben mit ihnen nie zurückkehren würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  LeanaCole
2014-12-24T07:40:57+00:00 24.12.2014 08:40
Er hatte versucht, diese Zecke schnellstmöglich zu entfernen und war nicht nur vergiftet worden, der Kopf war steckengeblieben und nagte einfach weiter, bereitete ihm geradezu körperliche Schmerzen, die er an diesem Tag zu beenden bedachte.

Kaum fange ich mit diesem One Shot an, schon bin ich total angeekelt. Der Vergleich mit der Zecke ist ja so eklig D:
Aber vielleicht genau passend, da er Quedgins Situation gut beschreibt.


welch enorme Willenskraft sich in ihm verbarg

Das ist Yuutos einzige Stärke, glaub mir. Ansonsten ist er ein Idiot.

Leana: „Yuuto ist wirklich nicht der Hellste, ja.“

Yuuto: „Hey!“



Ich muss ja zugeben, dass ich Quedgin nie wirklich mochte. Aber durch diesen One Shot und seine „Sicht“ der Dinge wurde er mir doch tatsächlich etwas sympathischer :D
Schon allein deswegen finde ich diesen One Shot gut, weil er mich meine Meinung hat überdenken lassen.
Man merkt auch die Mühe, die du dir gegeben hast und das du wirklich versucht hast dich in Quedgin hineinzuversetzen, was die Geschichte noch einmal zusätzlich anhebt.
Gute Arbeit ^^


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