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World full of Mess

Die Geschichte einer Band
von

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Goodbye – Hello

Endlich ging es los! The Rainbow Mess und Purple gingen zusammen auf Tour. Da Erstere sich keinen Tourbus leisten konnten fuhren sie in Zaharas Van und waren in der freitäglichen Abenddämmerung grade dabei ihre restlichen Sachen dort unterzubringen als eine Stimme hinter ihnen erklang. „Hey, nehmt ihr mich mit?“, fragte ein Mädchen. Sayji hatte ihre Stimme direkt erkannt. Es war die kleine Ruby aber sie hatte sich verändert. Ihre ehemals dunkelbraunen Haare waren hellblond gefärbt und sie hatte sie abgeschnitten, sodass sie ihr frech ins Gesicht hingen. Anstatt ihrer normalen modischen Klamotten trug sie zusammengeflickte Jeans-Shorts (mitten im Winter), eine zu große grüne Jacke und abgelatschte rote Chucks. Um ihren Hals hing eine Kette mit einem Gitarrenplättchen und sie hatte eine große schwarze Tasche dabei, die sie demonstrativ auf den Boden fallen ließ. „Wie, mitnehmen? Wer bist du überhaupt?“, fragte Morton, der ihr am nächsten stand. „Das ist Ruby. Sie ist eine Freundin von meiner Schwester“, antwortete Sayji, den die ganze Sache doch ziemlich verwirrte. „Ich war ihre Freundin. Ich fange jetzt ein neues Leben an, in einer anderen Stadt“, meinte das Mädchen entschlossen. „Du meinst, du bist abgehauen?“, fragte Francis halb belustigt. „So könnte man es nennen. Ich habe die alte Ruby hinter mir gelassen“, murmelte sie und steckte die Hände in die Jackentaschen. „Aber... deine Eltern... Sie werden dich suchen und dann bekommst du furchtbaren Ärger. Und wir übrigens auch“, sagte Sayji, der sich nicht sicher war, ob er ihr nun diesen Gefallen tun wollte oder nicht. „Niemand wird mich suchen. Meine Mutter ist froh, wenn sie mich los ist. Und meine so genannten Freundinnen haben mich bestimmt morgen schon vergessen, weil ich für sie nur ein austauschbares Modepüppchen war. So wie ich jetzt bin, ist hier kein Platz für mich“, erklärte Ruby und ein komischer Ausdruck legte sich über ihr hübsches Gesicht. „Und was ist mit deinem Vater? Er wird dich doch bestimmt vermissen“, meinte Sayji wieder. Nanami hatte mal erwähnt, dass Ruby sehr an ihrem Vater hing. „Mein Vater ist seit drei Jahren tot. Er hatte Krebs“, sagte das Mädchen und versuchte tapfer zu lächeln, was ihr nur halbwegs gelang. Eine unangenehme Stille trat ein. „Also, nehmt ihr mich jetzt mit oder muss ich trampen?“, fragte Ruby, die ihre gute Laune wiedergefunden hatte, nach einer Weile. „Okay, du kannst mitkommen“, sagte Zahara zur allgemeinen Überraschung, „Wo willst du überhaupt hin?“ Die Angesprochene strahlte über´s ganze Gesicht und zuckte bloß unwissend die Schultern. „Ist mir egal. Hauptsache weit weg von hier“, meinte sie. „Und was willst du tun, wenn du weit weg bist?“, fragte Ayeku, dem die Sache offensichtlich nicht so ganz geheuer war. „Mir einen Job suchen, damit ich überleben kann. Was denn sonst?“, meinte Ruby, weiterhin strahlend. „Wie wär´s, wenn du bei uns bleibst? Du weißt schon, als Roadie, oder so“, schlug Francis vor. „Meinst du das ernst? Das wäre sowas von geil!“, antwortete das Mädchen und blickte erwartungsvoll in die Runde, ob irgendeiner widersprechen würde. Aber keiner tat es und freudestrahlend umarmte sie Francisco und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Jetzt müssen wir aber so langsam echt los“, meinte Zahara. Sie packten die restlichen Taschen in den hoffnungslos überfüllten Van und machten sich gutgelaunt auf die Reise. Plötzlich meldete sich Francis aus der hinteren Reihe.
 

„Kannst du mal kurz da vorne anhalten? Ich muss noch was erledigen“, meinte er und sie hielten am Straßenrand. Sayji hatte sofort gesehen, wo sie sich befanden. Es war der Friedhof, auf dem Francis´ Mutter begraben war. Der Gitarrist sprang aus dem Fahrzeug, lief eilig auf die andere Straßenseite und verschwand hinter den Friedhofstoren. „Was will er hier?“, fragte Ruby vorsichtig. „Er besucht seine Mutter. Sie starb vor einem Jahr“, antwortete Sayji und bemerkte, wie ihr Blick von neugierig zu verständnisvoll wechselte. „Und... wie kommt er damit zurecht?“, fragte sie weiter. „Es geht so“, antwortete der Junge. Das war eine ziemliche Lüge. Er wusste, dass Francis überhaupt nicht mit dem Tod seiner Mutter klarkam aber das musste ja nicht jeder wissen. Schließlich musste sein Freund seinem Image als über-cooler Typ gerecht werden und die Tränen, die er wegen seinem Verlust immer noch fast jeden Tag vergoss, passten einfach nicht ins Bild. Nachdem sie einige Minuten gewartet hatten, klingelte das Telefon. Zachary rief an. „Er fragt, wo wir bleiben. Wir müssen fahren, sonst halten wir alles auf“, erklärte Zahara, nachdem sie aufgelegt hatte. Sayji sprang direkt aus dem Auto und ging Francis suchen. Er wusste, wo sich das Grab von Mrs. Killingham befand, schließlich war er damals selbst auf ihrer Beerdigung gewesen und hatte Francis beigestanden, der am Tag vorher auch fast versucht hatte, sich das Leben zu nehmen (zum ersten und einzigen Mal bis heute). Wenn Sayji damals nicht im richtigen Moment aufgetaucht wäre, hätte er sich womöglich die Pulsadern aufgeschnitten. Schaudernd erinnerte der Sänger sich an den Anblick, als er in das Zimmer seines Freundes gekommen war und dieser mit dem Messer am Handgelenk dagesessen hatte. An diesem Tag war Francis wirklich so verzweifelt gewesen, dass er, genau wie seine Mutter, keinen Ausweg mehr sah. Er hatte Angst vor der Zukunft, in der er mit seinem Vater allein gewesen wäre, ihm ausgeliefert. Sayji hatte ihm möglicherweise an diesem Tag das Leben gerettet. Er ging weiter über den Friedhof. Die Wege waren bedeckt mit gefallenen Blättern, die unter seinen Schuhen knirschten und vom Wind durch die Gegend geweht wurden. Es war ziemlich kalt. Er fand Francis auf dem Boden vor dem Grab hockend, wie er fast zärtlich über die feuchte Erde und den Grabstein strich. „Francis? Kommst du? Wir müssen weiter“, sagte Sayji vorsichtig und der Andere nickte. „Nur noch einen Moment. Geh doch schonmal vor“, antwortete er. Der Kleinere machte sich auf den Rückweg und nach wenigen Metern hatte der Gitarrist ihn eingeholt. Schweigend gingen sie nebeneinander her und erreichten bald den Van, wo sie einstiegen und losfuhren.
 

Auf einem Rastplatz hinter der nördlichen Stadtgrenze trafen sie auf Purple. In den vergangenen drei Wochen hatten sie so viel miteinander zu tun gehabt, dass sie sich schon fast als gute Freunde bezeichnen konnten. „Da seid ihr ja endlich!“, rief die Schlagzeugerin Amy Welsh, die die Älteste in der Band war. „Tut uns leid, wir wurden aufgehalten“, meinte Zahara. „Habt ihr Zuwachs bekommen?“, fragte der Gitarrist Ray Lightner mit einem neugierigen Blick auf Ruby, die sich hinter den großen Jungs versteckt hatte. „Ach ja, das ist Ruby Porter. Durch einige besondere Umstände ist sie jetzt unser Roadie“, erklärte Zahara. „Können wir jetzt endlich losfahren? Wir kommen noch zu spät“, meinte die ewig schlecht gelaunte Bassistin Jenna Hillerey ungeduldig und war schon wieder halb in den Bus gestiegen. Ihre Bandmitglieder folgten ihr (fast) alle. „Corey, komm schon“, sagte Amy und zog ihren kleinen Bruder am Kragen Richtung Tourbus. Es war kaum zu glauben, dass dieser verträumte, schüchterne Junge der Lead-Gitarrist war, der diese rasanten Solos spielte und immer wie wahnsinnig über die Bühne wirbelte. Amy hatte mal erwähnt, dass Scheinwerferlicht und Publikum wie eine Droge auf ihren Bruder wirkten und ihn zu einem anderen Menschen machten. Jeder Musiker kannte das ein Stück weit, aber bei Corey war es irgendwie extrem. Sie fuhren weiter. Ihr Ziel hieß Seattle und eine 13-Stunden-Fahrt lag vor ihnen. Mit dem Bus und dem vollgepackten Van würde es möglicherweise noch länger dauern. Wenn sie sich beeilten und keine Pause machten, konnten sie am nächsten Morgen da sein aber Purple hatten nur einen Busfahrer und der musste zwischendurch anhalten. So würden sie versuchen wenigstens die Hälfte der Strecke heute zu schaffen, sich in irgendeinem Motel auszuruhen und am nächsten Vormittag weiterzufahren.
 

Während sie an der Pazifikküste entlang fuhren grübelten sie alle darüber, was diese Tour ihnen bescheren würde. Sayji machte sich Sorgen um Francis und darum, wie sich ihre Beziehung entwickeln würde wenn sie Tag und Nacht zusammen waren. Mit Grauen stellte er sich vor, was passieren könnte, wenn sie sich irgendwann ein Zimmer teilen mussten. Das hatten sie in letzter Zeit zwar dauernd getan aber Sayji hatte die meisten Nächte auf der Couch oder sonstwo verbracht. Francis seinerseits dachte über Familienangelegenheiten nach. Er hatte Angst, dass Sayji den Rauswurf zu Hause gar nicht so gut verkraftete, wie es den Anschein hatte. Außerdem wurde er immer nervöser, um so näher sie Seattle kamen. Er musste an seinen Bruder Logan denken. Vielleicht war er immer noch dort; vielleicht trafen sie sich sogar zufällig. Was würde dann passieren? Würde er seinem Bruder an die Gurgel gehen, weil er ihn zurückgelassen hatte oder würde er sich wieder mit ihm verstehen? Möglicherweise würde er auch gar nichts fühlen und das war an sich schon schlimm genug. Aber auch die anderen Bandmitglieder hatten ihre größeren und kleineren Sorgen. Ayeku konnte seinen Blick einfach nicht mehr von Sayji wenden. Seit diesem Wettbewerb löste der kleine Sänger irgendwelche unbekannten Gefühle bei ihm aus, die ihm unheimlich waren. Sicher, er hatte sich auch früher schon sexuell zu ihm hingezogen gefühlt aber das hier war etwas Anderes. Aber es war auch keine Liebe in dem Sinne. Es war einfach eine gewisse unbeschreibliche Anziehung zwischen ihnen. Starla beobachtete ihre Freunde genau. Keiner von ihnen schien jetzt schon unter der Krankheit zu leiden, die ihr zu schaffen machte. Das war bei den meisten auch kein Wunder, denn ihnen fehlten einfach die Kapazitäten diese Krankheit zu bekommen. Die Gitarristin litt unter akutem Heimweh, und zwar schon nach zwei Stunden Fahrt. Managerin Zahara beobachtete die Band im Innenspiegel und die schlafende Ruby auf dem Beifahrersitz. Sie waren alle noch Kinder, auf ihre eigene Art. Sie würde auf diese Kinder aufpassen aber sie wusste, wie schwierig sie sein konnten. Hoffentlich ging diese Tour ohne größere Zwischenfälle, Gefängnisaufenthalte und Krankheiten über die Bühne. Sie würde persönlich dafür sorgen, wenn es sein musste. Und Morton? Er machte sich eigentlich nur über eine Sache Sorgen: Was war, wenn er mit einem Mädchen schlafen wollte aber kein Kleingeld mehr für Kondome hatte?



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