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Die Geschichte des Blutwolfes - Painwolf

Wenn eine Welt am Abgrund steht...
von

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Dort wo die Gitterstäbe leben

- Im Wald, wo es dunkel und schön ist

Ein breites Lächeln hatte sich auf die Lefzen des kleinen Wolfs gelegt, als er bemerkt hatte wohin die Wölfin ihn führte. Sie gingen einen Hügel hinab über ein Feld, mit großen scharfen Blättern, wie das, durch welches sie auch in der Nacht zuvor gegangen waren.

Dahinter lagen noch mehr Wiesen, die den Jungwolf kitzelten, während ihm die Sonne den Rücken wärmte. Es war fast genauso wie in seinem Traum.

Wohin sich die beiden Wölfe auch umblickten hier draußen gab es keine Häuser mehr, hier waren nur noch Wiesen und dreckige braune Flächen aus Erde und vor ihnen lag ein Wald - lange dunkle Gitterstäbe die in den Himmel empor wuchsen. Damals als Ratte ihm davon erzählt hatte, hatte es der kleine Wolf nicht glauben können, nun aber schienen ihm die Bäume noch viel fantastischer, als er es sich hätte vorstellen können.

Die Wölfin trat hinaus, auf eine lange Erdfläche, die von einer Seite zur anderen verlief, aber sonst ziemlich schmal war.

"Das ist eine Straße, geh nie allein auf eine solche denn sie ist gefährlich", sagte sie, woraufhin ihr der Jungwolf zögernd folgte.

Auf der anderen Seite der Straße lag eine Böschung, die den kleinen Wolf bei dem Versuch an ihr hinab zu laufen straucheln ließ. Er schlug auf den Boden, der weich war und nach Erde und etwas anderem roch, auf. Neugierig blickte er ihn an und erkannte ganz viele kleine Nadeln.

"Endlich sind wir da!", jubelte er, nachdem er sich wieder aufgerappelt hatte und den Blick an den langen Stäben hochwandern ließ. Mit einem verwunderten Blick, drehte sich die Fähe zu ihm um und legte den Hasen zur Seite.

"Wo sind wir endlich?", fragte sie und der kleine Wolf antwortete freudig: "Im Wald." Die Wölfin lächelte und blickte sich dann um.

Die Fichten waren hoch und hatten nur noch wenige Nadeln, unten hatten sie nicht einmal Äste und ihre Stämme waren schwarz und tot. Am Boden konnte man auf die Schnelle nicht eine grüne Pflanze entdecken. Es war ein Wald, so wie sie solche kannte, aber sie wusste, dass die Wälder früher ganz anders gewesen waren, voll Grün und plätschernden Bächen, aus denen man trinken konnte, ohne sich vorher vergewissern zu müssen, dass das Wasser sauber war.

Und eben deshalb freute sich die Fähe so für den Jungwolf - darüber, dass er sich an etwas erfreuen konnte, was andere bereits enttäuschte.

"Ja kleiner Wolf, das ist ein Wald", sprach die sanft-raue Stimme lächelnd. "Hier bist du sicher, denn hier ist es dunkel sodass dich niemand sieht."

"Und es ist schön", ergänzte der kleine weiße Wolf und strahlte die Wölfin an.

- Die Lehren des Waldes

Langsam gingen die Wölfe weiter - es brauchte nun keine Eile mehr, denn hier würde ihnen niemand auflauern können, hier hatten sie den Überblick über alles, sofern sie denn auf die Umgebung und auf den Wind acht gaben. Die Bäume waren wie große Beschützer - denn sie standen eng und ihre Krone schützte die Tiere des Waldes vor Blicken der Menschen, die in den Flugschiffen flogen - aber davon wusste der kleine Wolf ja noch nichts und so machte er sich auch keine Gedanken darüber. Lieber fragte er dann, wenn er etwas brauchte.

Als es Mittag wurde und er Durst bekam, fragte er die graue Wölfin, beispielsweise, ob sie ihm etwas zu Trinken geben könne und die Fähe erklärte ihm, wie man Wasser finden konnte und wie man erkannte ob es trinkbar war.

"Präge dir die Laute des Wassers und seinen Geruch gut ein", merkte sie an und nahm selbst einige tiefe Schlucke aus dem Bach, um vorsorglich zu sein.

Wäre ein Waldtier vorbeigekommen, so hätte der kleine Wolf gewiss auch die Wölfin danach gefragt, aber es blieb ruhig, gerade mal ein Vogel war zu hören, den die Graue Amsel nannte ohne ihn überhaupt sehen zu müssen. Als die Sonne durch die Zweige blinzelte, erklärte die Wölfin dem Jungwolf, dass man diese Richtung Süden nannte und die Sonne wenn sie am höchsten stand eben dort war - Mittag, nannte sie diese Zeit und sagte auch dazu, das es zu dieser Stunde am ungefährlichsten war, weil die Menschen - als die man, wie sie erklärte, die weißen Riesen bezeichnete - um diese Zeit in ihren Häusern waren um zu essen.

Der kleine Wolf hörte mit Eifer zu, wenn ihm die Fähe, Moos, Farn und andere Pflanzen zeigte und ihm zu einer jeden eine Geschichte über die Vor-, und Nachteile erzählte, die ein Verzehr dieser Pflanzen nach sich ziehen würde. So lernte der Jungwolf, dass man Pflanzen und Flüssigkeiten, die gefährlich waren, da sie einem großen Schmerzen bereiten, oder sogar töten konnten, als Gifte bezeichnete und davon besser die Pfoten lassen sollte.

Über die Phrase "Die Pfoten lassen", konnte der kleine Wolf nur lachen und obwohl ihm anfangs nicht klar war, wozu man etwas sagen sollte, dass nicht ganz der Richtigkeit entsprach, denn er sollte ja nicht die Pfoten sondern den Fang von den Giften lassen, benutze er diese Worte bald schon recht häufig.

- Der Name der Wölfin

Es war Nachmittag geworden und die beiden Wölfe waren nun schon so tief in den Wald hineingelaufen, dass sie endlich das Grün umgab, dass einen Wald doch eigentlich ausmachte. Seit dem frühen Morgen, waren sie nun gelaufen, aber der kleine Wolf war nicht müde, weil die Wölfin regelmäßig Pausen einlegte um ihn zu schonen.

Die Augen des Jungwolfs hingen an den Blättern, eines Laubbaumes, als sich die Wölfin erhob. Sie setzte einfach einen Fuß vor den anderen, daran gewöhnt, der Jüngere würde ihr brav folgen - aber das tat er nicht, zumindest nicht sofort.

"Was ist kleiner Wolf? Wir müssen weiter los komm", knurrte die sanft-raue Stimme auffordernd, während sich zuerst die Ohren der Fähe und dann ihr Kopf nach hinten drehte um den Artgenossen in Augenschein zu nehmen.

Aus zartgrünen Augen blinzelte sie der kleine weiße Rüde an, bevor er sich erhob. Schnell stellte er sich neben sie und senkte demütig den Kopf.

"Ich habe nachgedacht", sagte der kleine Wolf, nachdem sie ein paar Schritte gegangen waren. Die Wölfin hielt an.

"Worüber?", fragte sie neugierig. Ihre blauen Augen lagen auf ihm, der sich auf die Hinterhand gesetzt hatte.

"Du hast mir so viele Dinge beigebracht und allen hast du einen Namen gegeben", begann der Jungwolf und zögerte dann kurz, um seine Schlussfolgerung noch einmal zu überdenken. "Hast du auch einen Namen?"

Die plötzliche Frage verblüffte die Wölfin. Abschätzend sah sie ihn an. Würde er als nächstes fragen wie sein Name lautete?

"Ja ich habe einen Namen", sagte sie, da sie seinen wartenden Blick auf sich lasten spürte. "Naumi, ist mein Name", ergänzte sie noch und hoffte er würde nicht nach seinem Namen fragen, denn sie kannte nur einen und den wollte sie ihm nicht nennen.

Ausdruckslos lagen die grünen Augen auf der grauen Fähe, aber dann lächelte der kleine Wolf unverhofft. Er war froh, dass sich seine Schlussfolgerung bestätigt hatte. Nun war es die Fähe die abwartete, was der andere zu sagen hatte.

Aber der Jungwolf, sagte nichts weiter. Er wusste nicht ob ihr Name schön war, denn Ratte hatte ihm erklärt, dass man etwas als "schön" bezeichnet, wenn es nützlich war, also wenn es einem helfen konnte - aber den Nutzen eines Namens kannte er nicht. Auch nach seinem eigenen fragte er nicht, denn er dachte gar nicht weiter darüber nach. Irgendwie dachte er nie über sich selbst nach, sich selbst glaubte er ja zu kennen und die Welt war so viel interessanter.

Naumi war froh über den Ausgang dieses Gesprächs und lief mit neuem Elan weiter. Die Nase der Fähe glitt immer wieder durch den Wind und ihre Augen suchten nach einem als Unterschlupf geeigneten Ort. Schon eine Weile, liefen sie nicht mehr weiter, nicht weil sie die Umgebung als nicht sicher empfand, sondern weil sie nach einer Höhle Ausschau halten wollte - wenn es keine gab, würde sie eine graben müssen.

- Schatten brechen, Schatten kommen

Die Amsel schrie weit oben im Geäst und hielt erst Inne, als sie den grauen Schatten und gleich darauf das weiße schnaufende Bündel unten am Waldboden sah. Der kleine Wolf hechelte, er war müde, aber er wollte sich damit zufrieden geben, dass die Wölfin "gleich, gleich" gesagt hatte. Er dachte gar nicht daran sich seinen Unmut ein weiteres mal Luft zu machen, sondern konzentrierte sich darauf eine Pfote vor die andere zu setzen. Farn kitzelte seine Flanken und stach ihm in die Augen.

"Schatten brechen, Schatten kommen", schrie die Amsel in den Bäumen, die den Neuankömmlingen flügelschlagend folgte. "Nachzügler verenden, verenden", echote ihr Ruf durch das aufkommende Zwielicht.

Abrupt hielt die Wölfin an und blickte sich nach dem Kleinen um, der ein paar Minuten brauchte um an ihre Flanke zu gelangen. Schnaufend blieb der Jungwolf neben der Fähe stehen, setzte sich aber nicht hin, da er erwartete gleich weiterlaufen zu müssen.

Naumi betrachtete ihren Schützling eine Weile von der Seite, ließ den Blick dann noch einmal schweifen und seufzte Schlussendlich. Der kleine Wolf spitzte die Ohren und sah sie fragend an.

"Ich bin zu langsam", sagte er mit bitterem Ton und senkte den Kopf. Immer noch lasteten die blauen Augen auf ihm und zum erstenmal beruhigte ihn ihre Anwesenheit nicht. Die graue Wölfin stupste ihn sachte mit der Schnauze an, bevor sie ihm widersprach.

"Du bist nicht zu langsam. Wie sollst du auch schneller sein, wenn du gestern zum erstenmal gelaufen bist?" Am Blick des jungen Rüden, konnte die Fähe nicht erkennen, ob er sie verstanden hatte oder nicht. Es irritierte sie, dass sie ihn so gar nicht einschätzen konnte. Die längste Zeit wusste er nicht viel mehr als ein Neugeborener und hin und wieder war er so klug wie sie selbst - das war zumindest ihr Eindruck von dem Kleinen.

"Schatten brechen, Schatten kommen", klang erneut der Ruf der Amsel aus den Ästen zu ihnen herunter und wie es ihre Worte verkündeten, kehrte allmählich die Dunkelheit ein und der Nachmittag wurde zum Abend.

- Ein Zuhause bedeutet Arbeit

Ein letztes Mal streckte Naumi den Fang in die Luft und lauschte dem Wind, bevor sie sich sicher war, dass der Ort sich für ihr vorhaben eignete, dann trat sie an den breiten Stamm eines Ahorns und prüfte dessen Wurzeln. Die Nase der Wölfin berührte das Moos, dann kratzten ihre Krallen darüber. Der Baum war alt, das Holz dick, die Wurzeln reichten vermutlich sehr tief und sie würde sie nicht zerbeißen können. Aus großen grünen Augen betrachtete der kleine Wolf wie die Graue um den Baum herumschritt.

"Ich werde drum herum graben müssen", sagte die Fähe zu sich selbst. Hoch oben in den Ästen saß die neugierige Amsel und beäugte die Wölfin, so wie es der kleine Wolf tat. "Schatten brechen, Schatten kommen", rief sie monoton vor sich hin. Der Jungwolf hatte sich mittlerweile hingelegt, um die Ruhepause zur Erholung zu nutzen. Tief sog er die kühle Abendluft in sich ein.

Die Wölfin aber lag nicht faul herum, sie spannte ihre Muskeln und hieb ihre stumpfen Krallen in die Erde, zwischen zwei dicken Wurzeln. Die Luft war erfüllt vom Scharren der Krallen die, die harte Erde lockerten.

"Gräbst du ein Loch", fragte der kleine Wolf plötzlich, aber er wartete keine Antwort ab, sondern fragte gleich darauf weiter. "Müssen wir unter dem Baum durch fliehen?" Naumi unterbrach ihr Werk und blinzelte den weißen Jungwolf witzelnd an.

"Nein, wir müssen nicht fliehen, ich baue uns ein Zuhause und ein Zuhause bedeutet nun einmal Arbeit." Dies gesagt hieb die Wölfin ihre Krallen ein weiteres Mal in den Boden und etwas später setzte sie ihre ganze Kraft in den Akt, die lose Erde aus der entstandenen Mulde zu schaffen.

Vorsorglich schob sie den Schmutz, mit Pfoten und Schnauze von dem Loch weg, sodass er nicht wieder zurück hinein fallen konnte.

So vergingen Stunden, in denen die Graue zuerst die Erde lockerte und den angefallenen Dreck danach wegschob. Der kleine Wolf sah ihr aufmerksam zu um zu lernen, aber irgendwann, als schon der gesamte Kopf Naumis in dem Loch und der hereingebrochenen Dunkelheit zu verschwinden drohte, vielen ihm die Augen zu.

Zur selben Zeit beendete auch die Amsel endlich ihr monotones Lied und flog in einen nahen Busch aus dem sie nicht wieder hervorkam, die Fähe aber grub unbeirrt weiter, bis tief in die Nacht hinein.

- Eine Nacht voller Lichter

Irgendwann zu später Stunde war dann ein Säuseln zu hören. Ein Geräusch wie von Wind der gegen etwas metallenes schlägt; Wind der eine eiserne Platte vibrieren lässt. Es war ein seltsamer Laut, der etwas Hohes hatte, das nicht so recht in die Natur passen wollte.

Auf diesen Ton, der immer höher wurde, folgten Lichter die blendend durch das Baumdach hindurchfielen, als wollten sie den Wald zerreißen um auf seinen Grund hinabblicken zu können.

Der kleine Wolf wachte erst auf, als sowohl das Geräusch als auch das Licht über ihm waren. Er versuchte sich zu bewegen, spürte aber eine schwere Masse auf sich, die ihn an jeder Bewegung hinderte. Als er die Augen aufschlug konnte er die Lichtsäulen sehen, die hastig über den Boden wanderten.

"Bewege dich nicht kleiner Wolf, sie sind direkt über uns!", warnte die sanft-raue Stimme, woraufhin sich der Jungwolf duckte. Schützend drückte Naumi den kleinen Leib, der unter dem ihren lag, zu Boden und gab ihn erst frei, als sie die Düsen nicht mehr hörte und die Scheinwerfer weitergewandert waren.

Der kleine Wolf aber rührte sich nicht, auch nicht als die Wölfin von ihm wegging und ihn allein im Dunkeln stehen ließ. Bald schon hörte man wieder das Scharren der Pfoten und irgendwann schlief der verängstigte Jungwolf dann doch an einen Baumstamm geschmiegt ein.

- So geht 's nicht

Es dauerte Tage bis sich das kleine Erdloch in eine richtige Höhle verwandelte. Naumi grub anfangs ohne Pause und unterbrach sich nur um eine Beute für den kleinen Wolf zu fangen und sich selbst einige Käfer zu genehmigen, die sie vom Waldboden aufsammelte. Als die Sonne das dritte Mal unterging musste sie jedoch feststellen, dass sie so nicht weiterkam. In ihrer Hast, so schnell wie möglich einen Unterschlupf zu bauen in dem sie sich verstecken konnten, vergaß sie ganz auf ihre Gesundheit.

Die Wölfin begriff, dass sie nie an ihr Ziel kommen würde, wenn sie so weitermachte weshalb sie sich schlafen legte. Die Mulde war jetzt gerade groß genug, dass sie beide darin eng aneinandergekuschelt Platz hatten. Sie schliefen einen ganzen Tag und eine ganze Nacht lang.

Als Naumi und der kleine Wolf von dem langen Schlaf aufwachten, spürten sie einen zehrenden Hunger. Sofort machten sie sich zur Jagd auf. Die Tage zuvor hatte die Wölfin den Jungwolf zurückgelassen um keine Zeit zu verlieren, nun aber nahm sie ihn mit um ihm etwas beizubringen.

- Entenjagd

Die Graue erinnerte sich daran, dass es hier in der Nähe einen Teich geben musste. Damals war er kein gutes Jagdgebiet gewesen, die Frösche schmeckten nicht gut und die Enten waren zu flink, als dass sie sie erwischt hätte. Aber nun war sie älter und erfahrener und wie sie erwartet hatte waren die Enten fett geworden.

Es mochten noch ein oder zwei Tage sein, bis sich die Wasservögel auf ihre große Reise in den Süden aufmachen würden. Sie hatten sich die letzten Wochen lang Fettreserven angelegt und waren nun plump und nur auf eines fixiert, die schnelle Nahrungsaufnahme.

Der kleine Wolf schnüffelte aufgeregt zwischen dem Schilf herum und beäugte neugierig die braunen Knollen an den langen Halmen, bis ihm eine der Enten ins Auge schoss. Das Tier hatte soeben mit den Flügeln geschlagen und rieb sich das Gefieder nun mit Fett ein, das sie von der Stelle unter der Schwinge bezog.

Die blauen Augen der Wölfin funkelten in der Dämmerung. Der Hunger trieb sie immer näher ans Ufer und somit auch an die Enten heran. Geduld schöpfend legte sie sich auf ihre Läufe und wartete ab. Den kleinen Wolf hatte sie bei ihrer Jagd für den Moment komplett ausgeblendet und das war ein Fehler, denn sie kurze Zeit darauf bereuen sollte.

- Die Attacke des kleinen Wolfs

Der Magen des Jungwolfs machte sich bemerkbar, aber mehr als das überwog seine Neugierde. Nur noch das Schilf lag zwischen ihm und dem seltsamen Vogel mit dem Kopf, der die Farbe des Grases hatte. Er konnte ihn fast schon berühren. Mit einem Satz sprang der weiße Leib auf den Wasservogel zu, welcher sogleich wild mit den Flügeln schlagend durchs Wasser davonzog, während der kleine Wolf aufgeregt zu paddeln begann. Wie hätte er auch wissen sollen, dass er mit dieser Tat den Boden unter den Pfoten verlieren würde?

Die Wölfin blickte ihn bestürzt und überrascht an, dann glitten die blauen Augen zu der Entenschar, die in dem Tumult den der Kleine anrichtete auflog. Jetzt würde ihr Magen noch länger warten müssen. Die Graue reckte ihren Hals weit nachvor bis zu dem Jungwolf, der jetzt beinah schon am Ufer war. Sanft drängten sich ihre Zähne in seinen Nacken und mit einem Ruck zog sie ihn zurück ins Schilf. Innerlich schalt sie sich selbst, dass sie so dumm war ihn in ihrem Übermut außer Acht gelassen zu haben.

"Weder kannst du schwimmen, noch weißt du wie man Enten jagt", sagte die sanftraue Stimme vorwurfsvoll zu dem kleinen Wolf, der sich unter ihrem Blick weg zu ducken suchte. Wie könnte sie böse auf ihn sein, wenn sie doch selbst schuld war? "Beobachte mich ganz aufmerksam wie ich eine von ihnen fange, sieh mir nur zu, beim nächsten mal versuchst du es und irgendwann kannst du es selbst, okay?"

Der Weiße nickte zustimmend. "Ich mache was du sagst", meinte er ernst und blickte sich schon im nächsten Moment nach dem nächsten Wasservogel um, aber es war keiner mehr auf dem Teich, dessen Wasser nun schon wieder ruhig dalag. "Jetzt sind sie alle weg", sagte er schuldbewusst.

"Die kommen schon wieder. Komm jetzt folge mir kleiner Wolf." Der kleine Wolf erwiderte nichts mehr, sondern folgte der Wölfin durch das Schilf zurück zum Waldrand. Er fragte sich ob sie jetzt keine Enten mehr jagen würden, wann diese wohl zurückkamen und ob es normal war, dass die Trinknäpfe hier so groß und tief waren. Als die beiden Wölfe auf dem halben Weg zurück zum Waldrand angelangt waren, wand sich die Wölfin nach links und begann damit den Teich zu umgehen.

- Zweite Attacke

Sie hatten das Gewässer beinahe umschritten, als ein Rauschen und ein Schnattern zu hören war. Die Graue duckte sich ins Schilf und der Weiße tat es ihr gleich. Fast zeitgleich tauchten die Enten am Himmel auf und ließen sich elegant auf dem Wasserspiegel nieder. Schon Minuten später schienen sie den Angriff der Wölfe gänzlich vergessen zu haben, denn sie widmeten sich bereits wieder der Suche nach Nahrung.

"Tu jetzt genau was ich mache und wenn ich mir die Ente schnappe bleibst du still im Schilf liegen." Der kleine Wolf fragte sich ob sie mit Schilf das lange Gras mit den braunen Knollen meinte und wunderte sich wie viel verschiedenes Gras es gab. Er nickte gehorsam und sie drehte sich wieder Richtung Teich. Langsam und geduckt schlich die Wölfin voran, immer darauf achtend nirgendwo draufzusteigen, geradeso wie eine Katze. Anders war das Federvieh auch nicht zu erwischen und Wolfstaktik war für einen einzelnen jagenden Wolf auch ziemlich fehl am Platz.

Bald schon berührten die Pfoten der Grauen beinahe das Wasser und ihre Nase drängte sich zwischen den Halmen hindurch. Wie zuvor war es ein Erpel der ihnen zu nahe kam. Er suchte zwischen den Wurzeln der Pflanzen nach Würmern anstatt sich wie die anderen die Mühe zu machen tief zum Grund hinabzutauchen. Die Augen der Wölfin funkelten im aufkommenden Zwielicht. Sie schlug die Krallen in die feuchte Erde und leckte sich erregt über die Lefzen. All ihre Muskeln spannten sich an. Der Erpel war nun so nahe, dass sie ihn mit der Nasenspitze berühren konnte und dennoch sah er sie nicht einmal!

Der Schweif des kleinen Wolfs zuckte während er Naumi zusah. Er war aufgeregt und wollte nicht länger warten, aber das musste er auch nicht. Die Wölfin schoss mit weit geöffneten Fang vor und tauchte samt dem Wasservogel auf den schwarzen Grund des Teiches hinab. Erschreckt sprang der Jungwolf auf und stellte sich nahe ans Ufer, aber es war mittlerweile zu Dunkel um irgendetwas zu sehen.

Gleich darauf tauchte die Graue wieder auf. Sie stemmte sich zurück ans Land, die Ente hielt sie dabei in ihren Fang. Tropfnass war ihr Fell nun und mit einem hastigen Schütteln befreite sie sich von der Nässe.

"Juhu du hast es geschafft!", jubelte der kleine Wolf und tänzelte um die Wölfin herum, die das Federvieh vor sich niederlegte.

"Ja das habe ich, nun nimm die Ente und trag sie tiefer in die Wiese hinein. Dort kannst du dann schon Essen wenn du möchtest, ich fange derweil noch mehr." Der Jungwolf gehorchte und in seinem Blick lag etwas freudiges und eine milde Gier. Endlich konnte er seinen Hunger stillen. An diesem Abend fing die Wölfin noch zwei weitere Enten und nach dem Mahl machte sie sich, diesmal in gemäßigtem Tempo wieder an die Arbeit.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Enyxis
2010-04-08T14:00:08+00:00 08.04.2010 16:00
Nach 8 Kapis weiß ich net mehr was ich sagen soll OO
XDD Ach doch noch was:
Die pic die du gemalt hast sin total schön ^-^


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