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Der ganz normale Wahnsinn 1: Bittersweet Symphony

Teil 1/3
von

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Seine Familie kann man sich nicht aussuchen...

{A.d.A.: Dieses Kapitel beginnt mit einer eingebauten Songfic. Der Text ist aus "Hurt" von den Nine Inch Nails (Das ist sowas von Ricos Song...)

ärztlicher Warnhinweis: Die Szene am Anfang bitte, um Gottes Willen, nicht nachmachen

Disclaimer: Lyrics (c) Nine Inch Nails

Ich wusste gar nicht, dass man neuerdings Songfics nicht mehr einbauen darf... Hat sonst immer geklappt... Tschuldigung}
 

Gekonnt ignorierte Rico das zaghafte Klopfen an der Tür und zwang sich selbst, nicht irgendetwas sehr Unfreundliches zu antworten. Er hatte sich im Badezimmer eingeschlossen, nachdem er Alex von Sergio erzählt hatte. Er versuchte krampfhaft, die Erinnerungen zu unterdrücken aber er hatte keine Chance. (Try to kill it all away/ but I remember everything) Irgendetwas hatte Rico an diesem verhängnisvollen Tag dazu gebracht, zu dieser Seitenstraße zu gehen und er hatte Lucia dort gefunden, als sie schon halbtot gewesen war. Das Blut hatte ihre weiße Haut rot gefärbt und wollte einfach nicht mehr aufhören zu fließen. In Panik hatte er sie auf den Arm genommen und zum Krankenhaus geschleppt, das glücklicherweise nur ein paar Straßen weiter war. Zuerst hatte noch Hoffnung bestanden aber schließlich war sie doch qualvoll verblutet. Sie hatte ihn zurückgelassen (You are someone else/ I am still right here) und er war immer noch hier, obwohl er seitdem schon oft versucht hatte sich das Leben zu nehmen. Es war als ob er ohne Lucia nicht fähig war, richtig zu leben. Eine Hälfte fehlte. Jeden Morgen wenn er aufstand wurde es ihm schmerzhaft bewusst (The needle tears a hole/ the old familiar sting) und die Schmerzen wurden nicht weniger. Im Gegenteil; es wurde immer schlimmer und er konnte nichts dagegen tun. (Full of broken thoughts/ I cannot repair) Er hatte versucht, dieses Gefühl mit Drogen zu betäuben; zuerst mit Alkohol, später mit Heroin und jetzt mit Schmerztabletten und es zu verdrängen, indem er sich körperliche Schmerzen zufügte. (I focus on the pain/ the only thing that´s real) Wenn er das machte konnte er es zumindest kurzfristig vergessen aber es hatte natürlich auch seine Nachteile. Er war schließlich dadurch zu einem Säufer und Junkie geworden und musste seinen narbenbedeckten Körper immer verstecken. Er war nicht mehr derselbe Rico wie damals, (What have I become/ my sweetest friend?) er hatte sich verändert. Natürlich hatten die ganzen Schicksalsschläge und Ungerechtigkeiten ihn früher auch nicht kaltgelassen aber irgendwie war es nicht so schlimm gewesen. Heute war seine Psyche ein einziger Scherbenhaufen und jede negative Kleinigkeit vergrößerte diesen Haufen nur noch. Wenn nicht bald etwas passierte, würde er noch vollkommen kaputtgehen und an der Last zerbrechen. (If I could start again/ a million miles away) Entweder musste alles zusammenbrechen, was seinen Tod bedeuten würde, oder es musste sich bessern, was sehr unwahrscheinlich war. Es würde sich niemals bessern. Bis jetzt hatte sich sein Leben erst einmal zum Guten gewendet, nämlich als er Myriam kennen lernte. Aber auch diese wundervolle Frau, die er über alles liebte, konnte ihn nicht von seiner Vergangenheit heilen. So sehr sie es auch versuchte, ohne Lucia funktionierte er nicht und niemand konnte die Lücke füllen, die sie hinterlassen hatte. Er würde alles dafür geben, seine Schwester wiederzuhaben (You could have it all/ my empire of dirt) aber er wusste mittlerweile, dass es hoffnungslos war. Doch diese Erkenntnis konnte ihm auch nicht helfen. Er vermisste sie einfach so sehr. Und nicht nur sie hatte ihn verlassen, auch andere Menschen. (Everyone I know/ goes away/ in the end) Irgendwann würden sie ihn alle verlassen. So wie er mit den Menschen in seiner Umgebung umging, war das nur die logische Folge. Außerdem war es wahrscheinlich sein Schicksal, einsam und allein zu sterben; an irgendeiner schmerzhaften Krankheit langsam und qualvoll einzugehen, wenn alle anderen ihn längst schon vergessen hatten. Rico hielt diese Gedanken nicht mehr aus. Blind vor Tränen suchte er eine Rasierklinge aus der Tasche, die er im Bad deponiert hatte. Das neue, unbenutzte Stück Metall fühlte sich kalt zwischen seinen Fingern an, erwärmte sich aber bald, als er ohne zu zögern auf seinen linken Arm losging. Sein Kopf war nach wenigen Sekunden wie leergefegt. Er dachte nicht mehr; er fühlte nur noch. (I hurt myself today/ to see if I still feel)
 

Rico war unter die Dusche gestiegen, hatte danach fachmännisch seinen blutenden Arm verarztet und lauschte nun an der Tür, bis Alex wegging und er sich endlich raustrauen konnte. Tatsächlich hörte er bald, wie sein Zimmergenosse den Raum verließ. Hastig und nur mit einem Handtuch bekleidet stürzte er in das Krankenzimmer und zu seinem Schrank, immer darauf bedacht aus Lucifers direktem Sichtfeld zu bleiben. „Rico, was machst du da? Was ist los?“, fragte der Jüngere und blickte suchend in die Richtung, in der er den Angesprochenen vermutete. Aber der hatte sich mehr oder weniger hinter dem Nachtschrank versteckt. „Lucas, ich hab nichts an. Hör jetzt bitte auf zu spannen und guck in die andere Richtung“, sagte er und tatsächlich kam der Liegende seiner Bitte nach. Als er sich angezogen hatte ließ Rico sich erschöpft auf seinem Bett nieder. Irgendetwas zehrte an seinen Kräften; entweder der Blutverlust oder diese ganzen Emotionen. Oder vielleicht auch beides. „Hey, was ist mit dir? Du bist ganz blass“, meinte Lucifer besorgt. „Nein, alles okay. Mir ist nur ein bisschen schwindlig“, antwortete Rico. Er würde normalerweise niemals zugeben, wie dreckig es ihm wirklich ging. Es verwunderte ihn sowieso ziemlich, wie viel er gegenüber Alex schon offenbart hatte, obwohl er ihn kaum kannte. Es gab nur wenige Leute, die wussten wie Rico wirklich war. Eigentlich nur seine Familie, Paddy und Matteo. Vor allen anderen zeigte er nie seine wahren Gefühle. Es kam vor, dass er seine Depressionen mal nicht komplett verstecken konnte aber das, was rauskam war nur ein Bruchteil dessen, was er wirklich fühlte. Wenn die Menschen gewusst hätten, wie es tatsächlich in seiner Seele und seinem Herzen aussah hätten sie sofort die Männer mit den weißen Westen gerufen, aus Angst er könnte im nächsten Moment Amok laufen. Er musste sich immer verstecken. Aber in den letzten Tagen hatte er das nicht mehr so ausgiebig getan. Vielleicht hatte das etwas mit dem Schlag auf den Kopf zu tun, den er anscheinend bei diesem Absturz abbekommen hatte. Oder vielleicht lag es auch an Alex, der allein schon mit seinem Lächeln augenblicklich Ricos Sympathie und einen Teil seines Vertrauens gewonnen hatte. Besagter Alex kam wieder zur Tür rein. Besorgt sah er Rico an, der sich zu einem kleinen Lächeln zwang. Das Gesicht des Größeren verdunkelte sich; er kaufte ihm seine gute Laune nicht ab.
 

Bevor einer von ihnen noch etwas sagen konnte erschienen zwei weibliche Wesen im Türrahmen. Rico konnte sehen, dass Alex in diesem Moment genauso fühlte wie er: Er freute sich, seine Frau wieder zu sehen. Myriam stürzte sofort auf Rico zu und wollte ihn umarmen, hielt aber im letzten Moment inne. „Es tut dir doch bestimmt weh, wenn ich das jetzt mache, oder?“, fragte sie unsicher. Wortlos zog er sie an sich. Er konnte jede Art von Schmerzen ertragen, solange sie nur bei ihm war. Vorsichtig legte Myriam die Arme um ihn, setzte sich auf seinen Schoß und atmete tief durch. Das tat sie immer, wenn sie kurz davor war in Tränen auszubrechen, das wusste er aus Erfahrung. Er schob sie etwas von sich, um sie anzusehen und tatsächlich glitzerten Tränen in ihren sonst so glühenden schwarzen Augen. Alles an ihr war schwarz: ihre Haare, ihre Augen, ihre Klamotten (zumindest meistens) und auch ihre Vergangenheit. Zärtlich strich Rico seiner schwarzen Lady eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Ich bin so unglaublich froh, dass du hier bist“, sagte er leise und im nächsten Moment waren sie mit einem innigen Kuss beschäftigt. Es war ihnen egal, dass die Anderen ihnen zusehen konnten; in diesem Moment zählten nur sie beide und die Tatsache, dass sie jetzt hier waren. „Ich hab mir so furchtbare Sorgen gemacht... und dann hat das alles so lange gedauert... und dann hab ich mir noch mehr Sorgen gemacht“, sagte sie, immer noch aufgebracht. Ihr Akzent kam durch, wenn sie sich aufregte; das war nicht praktisch. „Aber jetzt musst du dir keine Sorgen mehr machen. Du bist hier, ich lebe noch und habe noch alle Körperteile und wenn alles gut läuft sind wir schon bald wieder zu Hause... Es ist nichts passiert. Beruhig dich, bitte“, meinte er und streichelte ihren Rücken. „Nichts passiert... das sagst du so einfach“, entgegnete sie und lehnte sich wieder an ihn. Nach einer Weile ging die Tür wieder auf und Luna trat ein. Sie verstrickte sich sofort in ein Gespräch mit Myriam. Die Beiden unterhielten sich auf Englisch, weil das die einzige Sprache war, die sie beide so mehr oder weniger beherrschten. Während die Frauen sich bekannt machten nutzte Rico die Gelegenheit sich Alex´ bessere Hälfte mal genauer anzusehen. Wenn er sich richtig erinnerte hieß sie Emilia. Sie passten zwar optisch extrem gut zusammen, aber schon von Weitem konnte er erkennen, dass da etwas absolut nicht stimmte. Wahrscheinlich hatten sie sich gestritten, bevor er hergekommen war und so wie sie jetzt da auf dem Balkon standen, sah es aus als wären sie gerade dabei das alles auszusortieren. Außerdem stellte er fest, dass sein Zimmergenosse einen guten Geschmack hatte, was Frauen anging. Emilia war auf eine natürliche Art und Weise hübsch, hatte eine Super-Figur und ewig lange Beine. Sie war dunkelblond, was ihr sehr gut stand. „Hey, Rico. Hör auf, Ella anzustarren“, sagte Myriam und boxte ihn leicht auf die Schulter. „Was?... Wen?“, fragte er perplex. „Na ja, sie. Das ist Ella“, antwortete seine Frau und deutete Richtung Balkon. „Ich starre sie nicht an; ich gucke nur. Außerdem ist sie nicht mein Typ“, erwiderte er. „Oh, nein. Hab ich ganz vergessen. Du stehst ja auf Dunkelhaarige“, sagte Myriam mit einem Zwinkern und ließ sich wieder neben ihm nieder. Da hatte sie wohl Recht.
 

Rico erhob sich. „Komm mit, ich zeig dir wo sie uns hier gefangen halten. Vielleicht darfst du auch mal die Pathologie sehen“, meinte er und sie folgte ihm erwartungsvoll. Myriam hatte eine Schwäche für seltsame Dinge, vor Allem, wenn sie mit Toten zu tun hatten und ein Besuch in der Krankenhaus-Pathologie wäre genau das Richtige für ihren makaberen Humor gewesen. Allerdings war ausgerechnet dort der Zutritt für noch lebende Patienten verboten. Innerhalb kurzer Zeit hatten sie den Rest des Krankenhauses besichtigt. Fast alle, denen sie begegneten starrten Myriam an. Das war kein Wunder, denn sie war eine wirklich ungewöhnliche Erscheinung mit ihren schwarzen Haaren und den Gothic-Klamotten. Sie trug immer sehr hohe Schuhe, in denen sie fast so groß war wie Rico, und haufenweise schwarze Schminke. Bei der Arbeit hatte sie auch meistens noch eine Brille an, was sie sehr intellektuell aussehen ließ und das wirkte wie ein krasser Gegensatz zum Rest von ihr. Myriam war ausgebildete Grafikerin und arbeitete als Web-Designerin in ihrem absoluten Traumjob. Sie war zwar bei einer Firma angestellt, konnte ihre Aufgaben aber alle per Laptop von zu Hause aus erledigen, während sie vor dem Fernseher saß oder mit einer Freundin telefonierte. So konnte sie auch ihre Familie und ihren Beruf unter einen Hut bringen. Außerdem durfte sie sich anziehen, wie sie wollte und im Hintergrund Musik laufen lassen. Das war es wahrscheinlich gewesen, was sie zu diesem Beruf gebracht hatte. Myriam brauchte nämlich in jeder Lebenslage ihre Freiheit und konnte nicht damit umgehen, diese nicht zu haben. Das war schon immer so gewesen und das würde wohl auch immer so bleiben. Wahrscheinlich hatte Rico sich deshalb in sie verliebt, weil sie so anders war, so frei von Vorurteilen und so unabhängig. Und ihm war von Anfang an klargewesen, dass die Beziehung zu ihr schwierig werden könnte. Aber so war das Leben und er würde seine seltsame Myriam um keinen Preis hergeben. Sie verließen das Krankenhaus, um im Café gegenüber etwas zu trinken. Auch dort starrten alle auf Myriam aber sie lächelte die Leute einfach nur strahlend an, während sie einen extra starken Kaffee bestellte. Ja, sie war schon ein Fall für sich. Sie erzählte Rico, dass sie schon wieder neue Nachbarn hatten und die totale Spießer waren. Außerdem verkündete sie mit Stolz, dass sie für ihre Arbeit eine Auszeichnung bekommen hatte. Rico seinerseits erzählte ihr allerlei lustige Geschichten aus dem Krankenhaus. So verbrachten sie den ganzen Nachmittag und später fuhren Myriam und Ella zusammen in ein Hotel.
 

„Da haben sich anscheinend zwei gefunden“, meinte Rico zu Alex, nachdem die Frauen verschwunden waren. „Hm, kann schon sein“, sagte der Angesprochene bloß. Er wirkte irgendwie deprimiert, als ob ihn etwas beschäftigen würde. „Was ist los? Du bist so... anders“, fragte Rico besorgt. „Es ist nichts“, antwortete Alex leise. „Du bist echt ein schlechter Lügner“, stellte der Kleinere fest. Das stimmte wohl, denn der Andere musste leicht grinsen und sah ihn schließlich doch wieder an. „Mein kleiner Bruder sitzt im Knast und meine Mutter liegt im Sterben. Mit keinem von Beiden hatte ich in den letzten paar Jahren Kontakt... und jetzt wünsche ich mir es wäre anders gewesen“ Diese ehrliche und direkte Antwort verschlug Rico kurz die Sprache. „Das ist ja furchtbar“, sagte er dann, „Warum hattet ihr keinen Kontakt?“ Alex überlegte eine Weile und schien seine Antwort zu formulieren. „Na ja, bei meiner Mutter stand immer mein Vater im Weg. Er ist... wie soll ich sagen... ein tyrannischer Herrscher. Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben, nie wieder. Er ist grausam“, antwortete er und für einen Moment zeigte sein Gesicht einen hasserfüllten Ausdruck, der überhaupt nicht zu ihm passte. „Alex? Hat er dir wehgetan?“, fragte Rico vorsichtig. Auf den ersten Blick hätte er nicht geglaubt, dass dem Anderen auch so etwas zugestoßen war aber jetzt zeigte er doch klare Anzeichen dafür. „Das hat er. Aber ich hatte es noch gut. Meine Mutter und Christopher hat er viel schlimmer zugerichtet. Ich war ja der beispielhafte älteste Sohn und hab ihn stolz gemacht mit meinen guten Noten und so. Aber der kleine Chris... er war halt anders und mein Vater hat meine Mutter dafür verantwortlich gemacht und sie alle beide gehasst. Und jetzt zeigen sich die Folgen davon“, erklärte Alex. „Du meinst er hat deine Mutter... umgebracht?“, fragte Rico geschockt. „In gewissem Sinne, ja. Sie stirbt an den Spätfolgen der ganzen Verletzungen, würde ich behaupten“, antwortete der Andere seufzend. „Und dein Bruder? Was ist mit ihm passiert?“, fragte sein Gesprächspartner weiter.
 

„Er ist so eine Art Problemkind. Unsere Eltern haben ihn nie geliebt und wenn er mal Aufmerksamkeit bekam, dann nur negativ. Früher war er immer sehr schüchtern aber irgendwann verwandelte er sich, sozusagen. Von einem Tag auf den anderen hat er komplett die Kontrolle über sich verloren. Er hat die fehlende Liebe durch Sex ersetzt, mit Männern und mit Frauen. Damals war er vierzehn. Er hat mir mal erzählt, mit 16 hätte er es zum ersten Mal für Geld gemacht. Aber das Geld hat dann wohl nicht mehr gereicht und er wurde kriminell. Zuerst waren es nur Einbrüche, dann schließlich Raubüberfälle mit seinen Kumpels und einmal haben sie in der Provinz eine Bank ausgeräumt. Erwischt wurden sie nie. Heute hat er zwar einen geregelten Beruf, er ist Dolmetscher bei der deutschen Botschaft in Prag, aber trotzdem macht er noch immer krumme Geschäfte mit Waffenhändlern und Drogendealern. Vielleicht kommt er jetzt zur Vernunft, wo sie ihn endgültig am Kragen haben“ Jetzt war Rico wirklich sprachlos. Anscheinend war er nicht der Einzige, der einen krassen Bruder hatte. „Aber du magst ihn doch trotzdem, oder?“, fragte er schließlich, als er seine Sprache wiedergefunden hatte. „Ja, das tu ich. Ich liebe ihn; er ist doch mein Bruder. Und ich weiß, dass er eigentlich noch immer der schüchterne kleine Chris ist, der keinem was antun würde und einfach nur geliebt werden will. Aber er lässt mich ja nicht... und es ist außerdem ziemlich schwierig. Sein, ähm... ausschweifender Lebensstil steht zwischen uns. Diese „Schnell leben – jung sterben“ -Mentalität macht mich vollkommen wahnsinnig. Jedes Mal sage ich ihm, dass er endlich zur Vernunft kommen soll und die Finger von den Drogen lassen und jedes Mal streiten wir uns dann. Dabei mache ich mir doch bloß Sorgen, weil ich ihn liebe und weil ich sein Bestes will“ Alex war wirklich verzweifelt und wollte seinem Bruder helfen. „Hast du ihm das alles jemals gesagt?“, fragte Rico, der schon über eine Lösung für dieses Problem nachdachte. „Ich hab´s ihm mal zwischen Tür und Angel hinterher geschrien als wir uns wieder gestritten hatten. Und ich hab´s ihm mal gesagt als er sich nach so einem Streit eine Überdosis verpasst hatte. Allerdings hat er mir damals kein Wort geglaubt. Er war der Meinung ich würde das nur sagen, damit er das nicht noch mal macht... Aber, siehst du, da liegt das Problem: Es will einfach nicht in seinen Kopf, dass ich ihn trotz allem liebe. Er hat keine Ahnung, was er davon halten soll und wie er damit umgehen soll“, sagte Alex hoffnungslos. „Du musst es ihm irgendwie klarmachen. Und du darfst nichts von ihm verlangen, zumindest vorerst. Wahrscheinlich glaubt er, dass du ihn erst liebst, wenn er sein Leben ändert, praktisch als Gegenleistung. Dass es genau andersrum ist, wird er dir wohl nicht so leicht glauben. Du musst ihn einfach ohne wenn und aber akzeptieren“, erklärte Rico. Er wusste aus eigener Erfahrung, dass es so normalerweise funktionierte. „Aber das tue ich ja schon“, meinte Alex bloß. „Das kommt bei ihm aber nicht so an. Er hat keine Ahnung, dass du es eigentlich nur gut meinst“, fuhr der Andere fort. „Ja, das würde ihm ähnlich sehen... Woher weißt du das alles, obwohl du ihn nicht kennst?“, fragte Alex. Er schien irgendwie beruhigt zu sein. „Ich kenne mich mit Menschen aus“, antwortete Rico lächelnd. Er kannte sich vor allem mit menschlichen Problemen aus.
 

Das Klingeln des Telefons ließ sie beide zusammenzucken und Alex ging dran. Rico konnte den Krach auf der anderen Seite bis zu seinem Sitzplatz hören und auch die Stimme, die sich daraus abhob hörte er mehr oder weniger. Alex wurde ganz blass als er den Anrufer erkannte. „Chris?... Was...? Ich dachte du wärest...“, begann er, wurde aber unterbrochen. „Wie, die haben dich rausgelassen?... Aha... Wegen was?... Falschparken?! Weißt du überhaupt was für Sorgen ich mir gemacht hab?! Also echt... Wie? Nein, mir geht´s gut... Ja, ich komm dich bald besuchen. Bis dann“ Vollkommen perplex legte Alex wieder auf. „Wegen Falschparken im Knast. Ich fass es nicht“, murmelte er kopfschüttelnd. Rico grinste vor sich hin. Dieser Chris erinnerte ihn irgendwie an seine Schwester. Er konnte es kaum erwarten diesen chaotischen Jungen bald kennen zu lernen.



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