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Nachtruhe

von

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Zartes Weiß

Du weißt, dass du nicht allein bist.

Schnee ziert in groteskem Weiß die düstere Waldkulisse und du bist nicht allein.

Deine Schritte erzeugen knirschende Geräusche unter deinen Schuhsohlen, dein Atem schickt gräuliche Wolken in den Himmel und du bist nicht allein.

Du schlingst deinen Mantel enger um dich, ziehst an deinem Schal, vergräbst die Hände tief in den Taschen und du bist nicht allein.

Deine Füße sind kalt, deine Hosenbeine und Schuhe nass, du bist nicht allein.

Du weißt es.

Du weißt, dass du nicht allein bist.

Vor ein paar Metern hast du geglaubt, ein Lachen hinter dir gehört zu haben, aber du bist allein. Und du weißt, dass es nicht stimmt.

Vor ein paar Metern hast du geglaubt, Atem in deinem Nacken gespürt zu haben, aber du bist allein. Und du weißt, dass es nicht stimmt.

Vor ein paar Metern hast du geglaubt, verfolgt zu werden, und deine Schritte deshalb beschleunigt, doch du hast dich besonnen, denn du bist allein. Und du weißt, dass es nicht stimmt.

Vor ein paar Metern hast du geglaubt, allein zu sein.

Und du weißt, dass es nicht stimmt.

Jemand säuselt deinen Namen. Der Wind, sagst du.

Jemand greift nach deinem Mantel, deinem Haar, nach dir. Äste, nur Äste, sagst du.

Jemand hinterlässt die gleichen hörbaren Spuren wie du, direkt hinter dir. Fallender Schnee, nichts weiter, sagst du.

Jemand verspottet den Frieden des Waldes, indem er dich aus dem Hinterhalt bedroht. Meine Phantasie, sagst du.

Oh, du weißt es. Du weißt es besser.

Jetzt bleibst du stehen. Einfach so, mit einem Mal. Du hältst den Atem an. Du rührst dich nicht. Kein Knirschen mehr unter deinen Füßen, keine Wölkchen mehr aus deinem Mund.

Du schluckst laut.

Meine Phantasie, sagst du, schon wieder. Ich bin allein hier.

Du nickst. Du willst sicher gehen. Du drehst dich um.

Schnee. Kahle Bäume. Nachthimmel. Ein Rabe kräht dir zu.

Du lächelst und drehst dich zurück. Ich bin allein hier, wiederholst du. Und gehst weiter. Einfach weiter.

Du weißt, dass du nicht allein bist.

Jemand grinst hinter dir. Nein, sagst du.

Jemand zieht ein Messer hinter dir. Nein, sagst du.

Jemand mustert das Spiegelbild deines Rückens in der blankpolierten Klinge hinter dir. Nein, sagst du.

Jemand muss leise lachen hinter dir. Nein, sagst du.

Jemand holt aus und zielt hinter dir. Nein, sagst du.

Jemand flötet deinen Namen hinter dir.

Oh Gott, sagst du.

Du drehst dich um.

Nein!, sagst du.

Bitte!, sagst du.

Hilfe!, sagst du.

Du weißt, dass du nicht allein bist.

Etwas Glänzendes saust herab und du bist nicht allein. Der Schmerz ist in der Kälte kaum wahrnehmbar und du bist nicht allein. Du spürst, wie du fällst, und du bist nicht allein. Du kommst dumpf auf dem Boden auf und du bist nicht allein.

Dunkles Rot trifft das zarte Weiß. Er lächelt. Und er ist allein.



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Miaka-cat
2010-01-22T21:01:41+00:00 22.01.2010 22:01
*grusel*
Ich finde diesen Kontrast so toll, erst "du bist allein" und dann der letzte Satz "er ist allein", echt sehr gelungen!
Die ganze Geschichte wirkt so ein bisschen, wie ein Songtext, wegen den Wiederholungen. Aber toll, echt *-*b
Von: abgemeldet
2009-12-08T18:03:59+00:00 08.12.2009 19:03
Uwah, Spannung pur.
Ich dachte mir, eine Story von dir muss ich zumindest mal lesen. (Um mir ein Bild davon zu machen, was ich von dem Belphegor-OS erwarten kann... ^^)
Und siehe da - ich bin begeistert!
Super Ausdruck, Rechtschreibung und Stilmittel. Einfach genial!
Ich glaube, ich werd noch mehr lesen. Ich bin nicht so der FF-Leser, aber eigenes Geschreibsel, wenn's nicht zu lang ist, tu ich mir gerne ab und zu an. (Das mit dem 'antun' ist nicht negativ gemeint. XD')
Also, echt hammer. Wow.
Von: abgemeldet
2008-12-30T22:54:02+00:00 30.12.2008 23:54
Juhu, schon wieder eine Geraeusch-Geschichte *_*
Ich finde diese hier vor allem so wunderbar, weil sie direkt aus dem Leben gegriffen ist. Man denkt immer "da ist nichts" und versucht sich alles mit ganz rationalen und vor allem harmlosen Gründen zu erklären /Äste, nur Äste/, aber wenn dann wirklich etwas passieren sollte, dann hat man verschissen.
Von der Länge her fand ich es hervorragend, es wird alles erzählt, was erzählt werden muss und Unnötiges taucht gar nicht auf. War ein sehr schöner Zeitvertreit zwischendurch ^___^b
Von:  Rynshen
2008-12-30T18:01:48+00:00 30.12.2008 19:01
hihi ich muss dir doch jetz auch endlich mal nen kommi schreiben! schließlich hab ich das wunderbare schriftstück hier neben mir liegen! ^-^

Mh,... dass is so ne typische Situation: man läuft die dunkle Straße entlang und hört und sieht Sachen die nich da sein können o.o' ...
Is echt unheimlich, wenn man sowas, was einem beim einsamen nach Hause weg so durch den Kopf geht, leicht abgewandelt nun auf nem Blattpapier zu lesen hat o.o

ALSO DAAANKE NOCHMA! *knuddlz*
Von: abgemeldet
2008-12-25T16:36:17+00:00 25.12.2008 17:36
So, wird Zeit eine konstruktive (höhöh) Gegenkritik zu zu der eines bestimmten Users zu tippen...°0°
Ich hab dir glaub ich schon gesagt, das ich solche Arten von Geschichten unheimlich gerne lese und auch selber schreibe xD
Und im Gegenzug zu diesem anderen Herren finde ich sehr wohl das da genug Spannung aufkommt. Man muss sich nur weit genug in den Text hineinlesen und schon hat man eine wunderbare Stimmung, die einem das Schriftstück natürlich noch schmackhafter macht. Es wirkt auch nicht zu vollgepackt und nicht zu kurz angebunden.
Ich halte mich jetzt damit zurück, es als perfekt zu bezeichnen (sonst rutsch ich noch irgndwo aus und tu mir weh ûû) aber die Bezeichnung 'wundervoll' ist sowieso viel schöner :3
*hüstel* Genug geschleimt, ich finds toll xD/


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