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Schwan und Wolf

von

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Epilog

Epilog
 

Ich schaffte es damals noch vor Einbruch der Nacht bis zur Stadt und kam in einem schäbigen Motel unter. Fast war ich enttäuscht, als keiner der Vampire kam, denn in dieser Nacht fühlte ich mich einsam wie nie zuvor. Als ich bei offenem Fenster in meinem Motelbett lag und hoch zum Mond starrte, sehnte ich mich fast danach, dass jemand mein Leben beendete und nur sehr leise schimpfte eine kleine Stimme in mir, dass ich nicht so wehleidig sein sollte.

Am nächsten Morgen verließ ich die Stadt und ein Jahr zog ich wieder als einsamer Wolf durch die Gegend, legte dabei riesige Entfernungen zurück. Nie hielt ich mich lange an einem Ort auf, arbeitete wenn ich wieder Geld brauchte und versuchte so gut wie möglich mich aus allem Ärger raus zu halten. Tatsächlich hatte mich mein erster Weg zum Meer geführt, wo ich einen Monat auf einem alten Kutter arbeitete. Danach war mir der Gestank nach Fisch zu viel geworden und ich zog weiter, also eigentlich nicht viel anders, als die zehn Jahre davor.

Doch immer wenn ich mich wieder auf eine Prügelei einlassen wollte oder irgendetwas anderes Dummes vorhatte, kam mir Sina in den Sinn. Ich weiß heute nicht, wieso ich das tat, aber meist brachte mich das dazu wieder Vernunft anzunehmen. Vielleicht war es wegen diesem nagenden Gefühl, dem kleinen Vampirmädchen etwas zu schulden, schließlich hatte sie mir damals ein zweites Leben geschenkt, wäre ich doch ohne ihre Hilfe in diesem Wald verblutet. Ansonsten dachte ich nach einiger Zeit nicht mehr so häufig an Sina, zumindest versuchte ich es, auch wenn ich zugeben musste, dass ich mich an manchen Tagen nach einem Gespräch mit ihr sehnte. Ja, manchmal war mir das Leben als Einzelgänger zu einsam geworden.

Eine Begegnung in einer Bar stellte sich als Rettung für mich heraus, auch wenn es erst nach einer handfesten Auseinandersetzung aussah. Ich roch sofort beim Eintreten in die Eckkneipe, dass hier mindestens ein anderer Werwolf war, sogar über den ganzen Rauch, Schweißgestank und Biergeruch. Als wir uns schließlich hinter der Bar gegenüber standen, kam noch ein anderer Werwolf dazu und zu meiner Verwunderung schlichtete er den beginnenden Streit, bat mir sogar einen Schlafplatz für die Nacht an. In dem Haus, nicht weit von der Gaststätte, zu dem der Mann mich führte, lernte ich sein gesamtes Rudel kennen. Alexei, der Rudelführer, machte es mir sehr einfach mit ihm und den anderen zu Recht zu kommen und ich hängte noch einen Tag unter dem Dach der sechs Werwölfe an und dann noch einen, schließlich gehörte ich langsam zum Rudel dazu. Seitdem ging ich sogar einer geregelten Arbeit nach, besaß Alexeis Rudel neben der Kneipe doch auch eine private Sicherheitsfirma, wo ich ebenfalls meinen Teil zur Haushaltskasse beitrug. Es gab feste Einkünfte und somit hatte ich zum ersten Mal seit Jahren regelmäßig warme Mahlzeiten, ein sicheres Dach über dem Kopf und so etwas wie eine Familie. Ich weiß nicht wie es dazu kam, aber ich hatte nicht mehr den Zwang weiter zu ziehen, auch wenn ich ab und zu ein paar Tage im nächsten Wald verschwand und ziellos darin herumstromerte. Zögerlich nahm die Leere in meinem Brustkorb ab, die ich seit dem Abschied von Sina gefühlt hatte. Vor der Begegnung mit der Vampirin war mir nie aufgefallen, wie einsam ich eigentlich gewesen war.
 

Ich stand langsam auf und schaute über den See, an dem ich die letzten Stunden mit Nachdenken und Wühlen in der Vergangenheit verbracht hatte. Ich hatte etwas Abstand von dem Rudel gebraucht und eigentlich wollte ich nur einen kurzen Abendspaziergang nach der Arbeit machen, doch dann wurde ich im Park bei dem Anblick des im Mondlicht liegenden Sees, dem darauf schwimmenden Schwan und dem Geruch nach Rosenblüten an Sina erinnert. Die Erinnerungen an das zierliche Vampirmädchen, Jack und meinen Beinahetod waren wieder hoch gekommen, auch wenn das alles schon drei Jahre zurück lag. Und plötzlich wollte ich nicht zurück zu dem Rudel, wo es manchmal sehr lebendig zuging, wo der achtjährige Sohn von Alexei und seiner Frau eine Rauferei anfangen wollte oder mich anbettelte ihm doch bei den Hausaufgaben zu helfen. Ich hatte Ruhe gebraucht und Zeit zum Nachdenken.

Noch einmal betrachtete ich das kleine Medaillon um meinen Hals, dass ich immer noch jede Minute meines Lebens trug. Doch diesmal ging es nicht um die beiden Fotos in seinem Inneren, sondern um das Band, an dem es hing.

Das ehemals leuchtend gelbe Band war ausgeblichen und wirkte schmutzig, obwohl es so gut es ging gewaschen war. Im Laufe der drei Jahre, die ich es nun schon trug, hatten die Sonne, Schweiß und Strapazierung den Stoff ausgeblichen und seinen Glanz genommen. Auch war das Band schon zweimal gerissen und wieder verknotet worden, doch um nichts in der Welt wollte ich für den Anhänger eine andere Schnur oder gar eine Kette nehmen. Schließlich erinnerte mich das Band daran, dass ich ein zweites Leben geschenkt bekommen hatte und das von einer Person, die eigentlich mein Todfeind hätte sein müssen. Es stellte ein Zeichen dar, niemanden nach seiner Herkunft zu beurteilen, sondern jeder Person die Möglichkeit zu geben, sich von einer guten Seite zu zeigen. Zumindest hatte ich das so meinem neuen Rudel erklärt, als ich gefragt wurde, wieso ich dieses alte, kaputte Ding nicht austauschen würde. Natürlich hatte ich keine Namen, Orte oder auch nur das Wort Vampir erwähnt, darauf reagierten normalerweise alle Werwölfe allergisch und sei es nur aus Gewohnheit. Außerdem hatte ich ein Versprechen gegeben nichts über die Vampirfamilie zu erzählen und wie ich es Henry Benoir gesagt hatte, hielt ich meine Versprechen.

Die Wahrheit war, dass mich das Band an Sina erinnerte. So einfach war das. Das kleine Vampirmädchen hatte sich durch ihre Furchtlosigkeit und Güte einen Platz in meinem Herzen gesichert und würde wohl auch immer einen Teil davon besetzen, auch wenn ich sie wohl nie wieder sah.
 

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Soo, hiermit ist die Geschichte zu Ende ;)

Ich hätte mich gefreut, wenn auch hier jemand ein Review hinterlassen hätte, aber es ging ja eher um den Spaß am Schreiben. Falls wer Interesse an der Fortsetzung hat, dann eine ENS oder einen Kommentar schreiben, dann poste ich die Fortsetzung "Wolfsliebe" auch hier.
 

Danke fürs Lesen (wenns dein einer getan hat *lol*)

Tina



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  AnniinaAgricola
2014-12-14T20:19:17+00:00 14.12.2014 21:19
Das ist so eine schöne FF! Hast du die Fortsetzung schon gepostet?
Du hast einen wunderschönen Schreibstil! Man kann sivh in jede Szene, jede Gefühlslage hineinversetzen. Wunderbar!

Grüßle Cami
Von:  Evaleska
2010-03-22T19:50:50+00:00 22.03.2010 20:50
Das ist ein wirklich schönes Ende. Sie hat ihn dazu gebracht, seine Einsamkeit aufzugeben. Das ist doch schon mal was.
Den Epilog hättest du auch gut im Präsens schreiben können. Gerade die Stelle am See, wo er nicht weiß, ob er zu seinem "Rudel" zurück soll. Das ist auch die so ziemlich einzige offene Frage: Was macht er jetzt?
Ah, was ich am Anfang vergessen habe. Ich finde es faszinierend, dass du die Vampirin mit einem Schwan vergleichst. Am Anfang sieht er sie ja noch als Frau, aber zum Schluss am See weiß er ja, dass sie ein Vampir ist, und wird trotzdem durch den Schwan an sie erinnert.
Auch schön, dass er das lädierte Band von ihr aufhebt.
Wirklich tolle Geschichte.
LG Lianora
Von:  P-Chi
2009-09-29T15:18:01+00:00 29.09.2009 17:18
Also erst einmal: Hallo!
Und zum zweiten: Warum zum Teufel hat niemand einen Kommentar hinterlassen?!!
Diese Story hat es sich aber redig verdient! ò.ó *jedem schwarzleser einen tritt verpass*
Ich finde diese Geschichte einfach genial! Wunderbar traurig, romantisch und absolut herzerwärmend für Vampire ebenso wie Werwölfe! ;__; *tränen der freude vergieß*
Die Geschichte der jeweiligen Charaktere hat mich wirklich berührt und besonders das Ende war unglaublich traurig! ;___; *noch mehr tränen*
Du hast die auftauchenden Charas sehr gut beschrieben, und ihre Presöhnlichkeiten sehr gut zur geltung gebracht, was ans ich schon eine große Leistung ist! TT___TT *tränenbäche*
Alles war sehr schön nachvollziehbar, und lediglich am Anfang der Story konnte ich ein paar wenige Tippfehler entdecken.
Eine Meisterleistung! :DDD
Ich will unbedingt "Wolfsliebe" lesen!!! *___*

glg Angels


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