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Die Chroniken von Khad-Arza - Die Herrscher der Geisterwinde

von

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Schattengeist

Mit der Geburt des kleinen Sohnes von Nalani und Tabari schien sich alles zum Guten zu wenden. Selbst Kelar war plötzlich vollkommen friedlich, wenn er im Schloss war, und es war schon lange niemand mehr hingerichtet worden, weil er nicht kniete oder sonst wie aufsässig gewesen war. Und nicht nur das, er setzte sich sogar scheinbar friedlich mit den anderen Geisterjägern zusammen, um seit Jahren die erste Pseudo-Ratssitzung mit ihnen abzuhalten. Auch, wenn der dauerskeptische Zoras nicht daran glauben wollte, dass Kelar den Rat wieder einsetzen würde.

„Der spielt jetzt Wolf im Schafspelz, weil er sich über seinen Enkel freut,“ erklärte er einmal mürrisch, „Wahrscheinlich will er uns nur auch endlich zum Knien zwingen und versucht uns auf die diplomatische Art zu unterdrücken. Er kann machen, was er will, ich traue seinem Frieden nicht, es sei denn, die Geister bestätigen es mir, und das tun sie nicht, in meinen Träumen brennt immer noch der Himmel.“

Was immer Kelar vorhaben mochte, die anderen ließen sich auf sein Spielchen ein und hielten dennoch wachsam die Augen offen, um im richtigen Moment genau wie er die Zähne fletschen zu können.
 

Nalani war das alles gleichgültig. Sie hatte keine Zeit, sich um Kelar oder seine Tyrannei zu kümmern, sie hatte auch keine Zeit, sich um das Wohl des Landes zu sorgen. Ihre ganze Aufmerksamkeit und Liebe gehörte jetzt ihrem kleinen Puran, und das Tag und Nacht. Tabari war ab und zu mit den anderen Geisterjägern unterwegs oder auf den eigenartigen Ratssitzungen, die offiziell gar keine waren, aber wenn er zu Hause war, erfreute er sich der Gesellschaft seiner hübschen Frau und seines kleinen Kindes. Er hatte Nalani noch nie, seit er sie kannte, so glücklich erlebt. Sie strahlte, wenn er sie ansah, und sie summte, während sie ihren Sohn an der Brust hielt und ihn ausgiebig Milch trinken ließ. Der Blonde war völlig entzückt und erstaunt, dass ein so kleines Wesen wie dieses Baby, das weder laufen noch sprechen noch sonst etwas konnte, seine kalte, mürrische Nalani so von Kopf bis Fuß verändern konnte. Sie war wie eine Knospe, die ewig geschlossen gewesen war und jetzt plötzlich in voller Schönheit erblüht war; und ein Ende der Blütezeit schien niemals zu kommen.
 

„Kiuk, was ist eigentlich mit dir und Sukutai?“ fragte Nalani ihren Schwager eines Tages, während sie zusammen in der Stube saßen und Tee tranken. Tabari und Kelar waren wieder einmal auf einer der ominösen Sitzungen und Salihah war in der Provinz unterwegs, um nach dem Rechten zu sehen, nicht, dass ihnen ein verkohltes Dorf entgangen war oder andere Schweinereien hinter ihrem Rücken geschahen.

Kiuk hustete.

„W-was meinst du?“ fragte er verwirrt, und Nalani wiegte sanft ihr Kind in ihren Armen hin und her. Der Kleine lag vor sich hin dösend da und hatte die Augen geschlossen. Sukutai hatte nach seiner Geburt hübsche Kleider für das Baby genäht und sie strahlend vor Stolz den jungen Eltern geschenkt, jetzt trug das Kind Sukutais Geschenk.

„Na, wann heiratet ihr endlich mal und bekommt auch Kinder?“ lachte Nalani und grinste, als er errötete und hastig einen Schluck Tee trank. „Jetzt tu nicht so verlegen, ihr schlaft doch sowieso miteinander! Ob dabei nun ein Kind entsteht oder nicht ist doch kein großer Unterschied.“

„Du liebe Zeit,“ hüstelte der Schwager nur und sah mit flammendem Kopf auf seinen Schoß. „A-also, ich meine, wir haben noch nie darüber gesprochen, ich weiß gar nicht, ob ihr Vater damit einverstanden wäre, wenn wir heiraten…“

„Wenn er was dagegen hätte, hätte er ihr längst verboten, dich zu treffen,“ Nalani schnaubte entrüstet, „Alle warten nur darauf, dass du sie endlich fragst, ob sie dich heiraten will, du Torfkopf, also halt dich ran!“

„D-das ist doch nicht wahr…“ stöhnte Kiuk, „Hey, ich, ähm… das ist nicht so einfach, ihr wurdet ja einfach so verheiratet, aber ich kann Sukutai das doch nicht fragen!“

„Natürlich, außer dir kann es niemand,“ lachte sie, „Sie als Frau hat nicht das Recht, dich zu fragen, du wirst es tun müssen. Es sei denn, du willst sie gar nicht heiraten?“ Kiuk seufzte.

„Doch, also… ich liebe sie sehr, natürlich würde ich sie heiraten, aber… ich komme mir doof vor, sie zu fragen… oder gar ihren Vater… er ist ein netter Mann und höflich, aber ich… fürchte mich davor, dass er Nein sagt…“

„Wieso sollte er?“ Die Schwarzhaarige verdrehte die Augen und verlagerte das Gewicht des Kindes auf die andere Armbeuge. Dabei wachte der Kleine auf und fing an, zu quengeln. Sie lächelte und hob das unglückliche Baby hoch, um das kleine Gesichtchen genau vor ihres zu halten. „Was ist denn, hmm? Habe ich dich aufgeweckt, mein süßer Schatz? Mein kleiner Liebling, hmm…? Tut mir leid, Puranchen, nicht weinen.“ Kiuk beobachtete voller Bewunderung, wie Nalani mit dem Baby sprach und es zärtlich beruhigte. Sie küsste den Kleinen auf den Kopf und legte ihn wieder in ihre Armbeuge, um ihn sanft hin und her zu wiegen, dabei wurde sein Jammern tatsächlich leiser und er schloss blinzelnd die Augen wieder. „Er hat Tabaris Augen,“ erklärte Nalani Kiuk da lächelnd, „Meistens hat er sie ja zu, weil er schläft, aber wenn er sie mal aufmacht, möchte ich ewig seine Augen ansehen, sie sind wunderschön.“ Kiuk lächelte auch.

„Glaube ich dir gern…“ Sie strahlte.

„Ah, aber nicht vom Thema ablenken,“ fiel ihr dann ein und Kiuk verdrehte seufzend die Augen, worauf sie wieder lachte. Jetzt legte sie ihren Sohn vorsichtig in den kleinen Tragekorb, der auf dem Sofa stand und der mit weichen Decken und Kissen gefüllt war. In diesem Korb trug sie das Kind manchmal durch das Schloss; sie ließ es niemals aus den Augen, nie verließ sie ohne das Kind den Raum und das Schloss schon gar nicht. Wenn sie baden wollte, badete sie das Baby auch. Manchmal badeten sie und Tabari und das Baby zusammen, was sehr angenehm war. Plötzlich sehnte sie sich nach ihrem Mann, als sie so an ihn dachte, und sie seufzte leise. „Also, Kiuk, mach Sukutai endlich einen Antrag, und wenn sie Ja sagt, fragst du ihren Vater! Ich bin sehr sicher, dass beide einverstanden sein werden. Sukutai und du, ihr seid so lange zusammen, ihr wart doch schon zusammen, bevor ich schwanger wurde, und Puran lebt schon fast drei Monde!“

„Aber… ich wüsste nicht mal, was ich sagen soll, ich kann mich doch nicht einfach hinstellen und fragen Hey, Sukutai, willst du meine Frau werden? Ja? Toll, lass uns deinen Vater fragen!

„Stell dich nicht blöder als du bist, du verstehst ja wohl mehr von Romantik als dein Bruder, du kriegst das schon hin! Versprich mir, dass du darüber nachdenkst! Stell dir vor, wenn ihr zwei heiratet, wohnt Sukutai bei uns, und wenn ihr Kinder bekommt, hat mein Sohn später jemanden zum Spielen.“ Kiuk musste verlegen lachen.

„Na ja, wir werden ja sehen… versprechen tu ich's dir nicht, Nalani, ich würde mich schämen, wenn ich zu feige wäre, es zu halten.“ Die Frau grinste.

„Dann sei eben mutig…“
 

Als Tabari am Abend alleine heim kam, weil Kelar in Yiara geblieben war, war Nalani schon mit dem Kind im Schlafzimmer. Der Kleine schrie, als sein Vater ins Zimmer kam.

„Na, da komme ich wohl gerade ungelegen,“ grinste der Blonde und schloss die Schlafzimmertür, während Nalani zur Wiege eilte, das Kind hoch nahm und es leise summend auf ihren Armen zu wiegen begann.

„Nein, er hat Hunger,“ belehrte sie ihren Mann, als sie zu ihm ging und ihm zur Begrüßung einen zärtlichen Kuss gab. „Zeit für dein Abendbrot, mein kleiner Liebling, hmm?“

„Du verwöhnst ihn zu sehr,“ lachte Tabari und nahm seinen schwarzen Umhang ab, während sie sich summend auf das Bett setzte, ihre Bluse aufschnürte und dem Baby ihre linke Brust hinhielt. Der Kleine begann sofort gierig zu saugen und streckte die winzigen Händchen nach dem Busen der Mutter aus. „Er wird noch ganz verzogen, weil du immer sofort zur Stelle bist, wenn er plärrt.“

„Soll ich ihn etwa schreien lassen?“ fragte sie verblüfft, und Tabari gluckste.

„Nimm nicht alles so ernst, was ich sage, Hübsche.“ Er raufte sich ein paar Mal die Haare und setzte sich schließlich dicht neben sie auf das Bett, um mit einer Hand durch ihre Haare zu streicheln und dabei lächelnd auf seinen kleinen Sohn zu blicken, der glücklich trank und sich nicht stören ließ. Dann hob Tabari seine andere Hand und strich dem Kind über das Köpfchen und die dunklen Haare. Als es satt war, gab es ein zufriedenes Schmatzen von sich und löste sich von Nalanis Brust. Sie nahm den Kleinen hoch und legte ihn dann unerwartet in Tabaris Arme.

„Halt ihn mal,“ verlangte sie, „Er ist ganz leicht.“

„Nein, jetzt sicher noch zwei Tonnen schwerer, weil sein Bauch jetzt voller Milch ist,“ lachte Tabari, nahm sein Söhnchen aber liebevoll auf die Arme und sah in das hübsche kleine Gesicht. Das Kind hatte die grünen Augen vor Staunen weit aufgerissen, als sehe es seinen Vater zum ersten Mal. „Na? Hast du mich schon vergessen, Puran? Ich bin dein Vater!“ Er hielt ihm seine Hand vor die Nase und stutzte, als der Kleine mit dem Händchen nach Tabaris Finger griff. Nalani hatte sich erhob und begonnen, ihre Frisur zu lösen, als sie zu ihrem Mann und dem Baby sah und lächeln musste. Tabari war ganz entzückt, weil der Kleine sich an seinen Finger klammerte. „S-sieh ihn dir an, Nalani… sieh, wie er sich festhält…“ Sie senkte immer noch gerührt lächelnd den Kopf.

„Ja, als wolle er sagen… Geh nicht fort, Vatilein, bleib bei mir! ...“
 

Als der Kleine müde war, legte Nalani ihn in seine Wiege und sich selbst dann mit ihrem Mann ins Bett. Er rollte sich sofort auf sie und begann, sie zu küssen, während sie die Arme um seinen Nacken schlang und ihn zu sich herunter zog.

„Ich hab dich vermisst, als ich in Yiara war,“ murmelte Tabari dann, als sie den innigen Kuss beendeten und sie seufzend begann, sein Hemd nach oben zu streifen. Seine Hände fuhren sanft unter ihr Nachthemd und sie sog scharf die Luft ein, als seine Finger ihre Brüste erreichten und sie sanft streichelten. Oh ja, sie hatte ihn irgendwie auch vermisst. Sie würde es sich nie eingestehen und es ihm auch niemals sagen, aber er wusste es auch ohne dass sie es sagte. „Ich habe dich… jede Nacht vermisst, meine Hübsche… meine Nalani…“ seufzte er dann weiter und begann zärtlich, ihren Hals hinab zu küssen, während er ihr Nachthemd ganz hoch schob und somit ihre nackten Brüste entblößte, die er jetzt sanft erfasste. „Die Politik langweilt mich, ich würde lieber den ganzen Tag mit dir und unserem Baby verbringen…“

Nalani schob sein Gesicht murrend von ihrem Hals weg und sah ihn mit einem Blick an, der an sich keiner weiteren Worte bedurfte – und sie sprach doch:

„Ich rede erst wieder mit dir, wenn du nackt bist! Also beweg dich, Tabari!“
 

Er war artig und gehorchte. Nalani wurde sehr ungestüm und grantig, wenn sie länger getrennt gewesen waren, was Tabari beim ersten Mal vollkommen entsetzt hatte – war das die Frau, die ihm Jahrelang den Rücken gekehrt hatte? Und als sie zum ersten Mal so eine Laune gehabt hatte, hatte sie ihm in ihrem Eifer beinahe die Arme gebrochen und zudem seinen Oberkörper in ein Schlachtfeld aus Kratzern verwandelt, seitdem hütete er sich, sie herauszufordern, obwohl es ihn irgendwie erregte, wenn sie so hitzköpfig war, seine sonst so kaltblütige, selbstbeherrschte Frau.

Als er sich ausgezogen hatte und sich erneut auf sie legte, zerrte sie ihn unruhig an sich heran und zog ihn in einen tiefen, verlangenden Kuss. Während sie einander fest umschlangen und sich gegenseitig die Zungen in de Hals schoben, stieß Nalani ihn um und rollte sich über ihn, ehe sie sich keuchend von ihm löste und sich rasch aufsetzte. Tabari stöhnte.

„Du willst mich wohl um jeden Preis untergraben, was…?“

„Hör auf, zu quatschen, du Idiot, und tu, was du tu sollst!“ Sie nahm seine Hände und legte sie ungeduldig auf ihre Hüften, während sie den Kopf zurücklehnte und die Augen schloss.

Jetzt spürte sie das Feuer… das Feuer, das sie damals zwischen Salihah und Zoras Chimalis gesehen hatte, von dem sie geglaubt hatte, es niemals besitzen zu können. Und irgendwie ärgerte es sie noch immer ein wenig, sich selbst eingestehen zu müssen, dass Tabari sie glücklich machte im Bett; mehr als nur das. Sie war zu stolz, um ihm das jemals zu zeigen und tat so, als würde es sie nicht weiter scheren, aber ihr Mann beschwerte sich nie, e grinste dann nur wissend und sie wusste, dass er genau in ihr Herz sah und genau wusste, was sie empfand. Sie mussten nicht reden, um einander zu verstehen.

Erst als sie fertig waren und zufrieden beieinander lagen fragte Nalani ihren Mann nach den Ereignissen in Yiara.

„Mein Vater tut zumindest nichts, was er nicht tun sollte, ich frage mich auch, was er vorhat,“ berichtete Tabari, „Es ist so still im Land…“

„Zu still,“ meinte Nalani und strich dabei gedankenverloren über seine verschwitzte Brust, „Ich befürchte, dass es nur die Ruhe vor einem gewaltigen Sturm sein wird.“

„Hattest du unruhige Träume?“ wunderte er sich, und sie hielt kurz inne.

„Nein. Das ist es, was mich beunruhigt.“

„Ich habe auch nichts gesehen, die Geister schweigen mich an. Die Stille kommt daher, dass es keine Aufstände mehr gibt. Das Land kniet vor dem Monster und es wagt kein Mensch, sich aufzulehnen. Seine Angstmacherei scheint durchaus zu ziehen.“

„Das ist beunruhigend,“ war Nalanis Kommentar, und sie schmuste sich an seinen Körper und begann, ihn etwas intensiver zu streicheln, worauf er sich zu ihr auf die Seite rollte. „Wir müssen in jedem Fall die Augen offen halten, ich rede mit Kiuk, dass er Bescheid weiß.“

„Und wir sollten Vater auf keinen Fall nerven…“ murmelte Tabari und küsste sanft ihre Brust, worauf sie leise seufzte. „Ich meine, wenn er sich bedroht fühlt, greift er an wie ein eingeengtes Tier, das könnte schlimm enden. Wir müssen ihn in Ruhe beobachten und einen Punkt finden, an dem wir ihn… eines Tages festnageln können.“ Dann küsste er seine Frau, die ihn sanft wieder an sich zog. Er wollte sich gerade wieder über sie rollen, da unterbrach sie mitten im schönsten Moment das Wimmern des Babys.

Nalani schob ihren Mann sehr pflichtbewusst von sich, obwohl es ihr etwas leid tat.

„Weine nicht, mein kleiner Liebling. Muttilein kommt ja,“ flüsterte sie und lächelte, während Tabari sich seufzend wieder auf den Rücken legte und sich ein wenig enttäuscht durch die Haare fuhr.

So war das eben, wenn man ein Kind hatte. Er freute sich schon darauf, wenn sein Söhnchen älter war und nicht mehr jede Nacht irgendwann weinte.

Nalani kam mit dem quengelnden Puran zurück ins Bett und legte ihn zärtlich an ihre nackte Brust. Dabei summte sie leise und strich beruhigend über die wuschigen Haare des kleinen Babys. Offenbar vererbten sich Tabaris Wuschelhaare, denn die seines Sohnes standen auch in alle Richtungen ab. Das Kind begann sofort hungrig zu saugen und Tabari musste lächeln bei dem Bild seiner stillenden Frau; so konnte er dem Kleinen wirklich nicht böse sein. Er rutschte etwas dichter an die beiden heran und küsste Nalanis Ohr.

„Dieses Kind hat aber auch einen Appetit,“ grinste er, und Nalani lachte leise.

„Ja, aber er muss ja auch noch viel wachsen.“ Dann summte sie ruhig weiter ihr Lied für das Baby, während das Kind eifrig trank und Tabari müde den Kopf auf ihrer Schulter ablegte.

„Er ist das schönste Kind der Welt,“ murmelte er und betrachtete stolz seinen hübschen Sohn. Puran war wirklich ein sehr niedliches Baby, sehr wohlgeformt, nur ein kleines bisschen kleiner als ein durchschnittlicher Junge seines Alters. Aber daran störte sich niemand… das Kind wurde von allen Familienmitgliedern geliebt und verhätschelt.
 

Sogar der Großvater Kelar. Das einzige, was ihn ärgerte, war der Name des Kindes, und er hatte Tabari und Nalani noch nicht verziehen, dass sie seine Vorfahren dermaßen entehrt hatten und ihrem Sohn einen ehrwürdigen Namen verehrt hatten. Jetzt war der jüngste Erbe des Clans ein namloser Schatten, wie unwürdig. Aber der Herr der Geister schluckte seinen Zorn tapfer hinunter und schaffte es tatsächlich, ab und zu als sorgsamer Großvater aufzukreuzen, was Nalani nur skeptisch beobachtete. Sie würde ihr Baby niemals mit Kelar allein lassen; ihr war schon klar, dass er in ihm nur einen Erben sah, ein Objekt, nicht mehr. Und sie bezweifelte, dass sein Auftreten als netter Großvater ernst zu nehmen war. Aber er brachte aus Yiara die schönsten und wertvollsten Dinge für den Kleinen mit, sei es Kleidung, Babyspielzeug, oder irgendetwas anderes, aber alles vom Feinsten. Nalani beschwerte sich nicht darüber, auch wenn es ihr nicht richtig vorkam, von dem Monster Geschenke anzunehmen; aber das Baby hatte es dadurch gut, wieso sollte sie ihm schöne Sachen verwehren? Dabei versuchte sie manchmal, aus Kelar seine wahren Absichten heraus zu kitzeln.

„Natürlich muss der kleinste Erbe deines tollen Clans die besten, teuersten und schönsten Sachen bekommen,“ sagte sie in aller Höflichkeit, aber mit einem kaum verborgenen sarkastischen Unterton zu ihrem Schwiegervater, als er eines Tages wieder aus Yiara kam und neues Bettzeug für die Wiege mitgebracht hatte. Es war sehr fein und gut verarbeitet und aus der besten Seide des Landes.

„Ach was, Erbe,“ schnaubte Kelar, „Du solltest dankbar sein, Wachtel, statt mir Dinge zu unterstellen! Dieser Junge ist mein Enkel, darf ein Großvater ihm keine liebevollen Geschenke machen?“

„Liebevoll? Du und liebevoll?“ schnarrte die Schwarzhaarige und erhob sich, um sich vor dem größeren Mann aufzubäumen. Kelar lächelte bloß und drehte den Kopf von ihr weg, als ihre blauen Augen ihn förmlich durchbohrten. Das Baby lag in einem seiner feinen Strampelanzüge auf dem Sofa und bewegte ab und zu etwas träge sein Beinchen.

„Glaubst du mir nicht?“ machte der Großvater, „Tss, törichte Frau, und undankbar obendrein. Du denkst wohl, dein Söhnchen hätte die schönen Sachen nicht verdient?“

„Sicherlich nicht,“ Nalani lachte kalt, „Aber du wirst mir mein Kind nicht abkaufen, verlass dich drauf. Und wenn du ihm ganze Länder oder Welten aus purem Gold zu Füßen lägest, ich schwöre es dir, Kelar.“

„Sei nicht garstig, ich habe dich nicht angegriffen und es auch nicht vor,“ zischte der Mann nur, „Du bist eine paranoide Missgeburt, Nalani. Menschen ändern sich durch Kinder, zumindest oft.“ Er dachte schon, er hätte es ihr gegeben, weil sie erst nichts sagte, und zufrieden wollte er gehen, dann sprach sie doch und lächelte dabei.

„Armer Kelar. Ja, Menschen tun das vielleicht… aber du bist ein Monster…“
 

Der erste Winter, den der kleine Puran erlebte, war im Gegensatz zum letzten mild und kurz. Der Frühling war bereits im Frühlingsmond da, was für Dokahsan selten war. Die ganze Familie – ausgenommen Kelar, der mal wieder beschäftigt damit war, sein Reich zu regieren – fuhr nach Tuhuli, dem den Chimalis‘ mal wieder einen Besuch abzustatten. Nalani schämte sich, weil sie seit Purans Geburt nur einmal dort gewesen war, und das eigentlich auch nur, um Keisha einmal das Kind untersuchen zu lassen, ob es gesund war. Umso mehr freute sie sich auf ein Wiedersehen mit der Familie, die sie so lieb gewonnen hatte während ihres Lehrjahres. Selbst Sukutai kam mit.
 

Meoran und Enola waren zutiefst beleidigt über Nalani seltene Besuche in den letzten Monden und die junge Frau ließ ein kurzes Geschimpfe über sich ergehen, als sie angekommen waren; aber dann waren die beiden jüngsten Sprösslinge des Chimalis-Clans auch wieder guter Dinge, sobald sie einen Blick auf Nalanis Baby erhascht hatten, das sie in einer Tragebinde vor ihrem Bauch trug.

„Er ist so ein hübsches und süßes Baby!“ seufzte Enola immer wieder entzückt, „Bitte, Nalani, lass ihn mich mal auf den Arm nehmen…“

„Hey, ich zuerst, ich bin ein Mann und habe das Vorrecht,“ maulte Meoran unglücklich, und seine blonde Cousine schnaubte.

„Aber Babys sind Frauensache, du Torfkopf.“

„Wenn ihr streitet, dürft ihr ihn gar nicht halten,“ bestimmte Nalani und kam sich vor, als müsste sie sich schlagende Kleinkinder auseinander reißen. Sofort waren die beiden vor ihr ganz artig und strahlten sie an, sodass sie lachend das Kind aus der Tragebinde hob und es Enola in die Arme legte – sie hatte zuerst gefragt.

Während sie alle in der Stube saßen und das Hausmädchen allen Tee einschenkte (außer Zoras, der hatte seinen Kaffee), wandte Keisha sich an Nalani:

„Du musst Enola verzeihen, sie ist momentan etwas anstrengend. Sie wird dieses Jahr dreizehn, ein Mädchen in diesem Alter ist meistens anstrengend. Oh, nein, eine Frau, entschuldige; ich vergesse immer noch, dass Enola kein Kind mehr ist…“ Beide Frauen sahen zu Enola, die das Baby in ihren Armen wiegte und überglücklich war, während Meoran beleidigt neben ihr saß und sie drängte, ihm auch mal das Baby zu geben. Tatsächlich, langsam reifte Zoras‘ Tochter auch äußerlich zur Frau heran, sie hatte schon kleine Brüste.

„Das freut mich,“ machte Nalani, „Sie sieht mit Puran auf dem Arm schon aus wie eine echte Mutter!“ Keisha seufzte.

„Sag so etwas bitte nicht!“ jammerte sie und die Schwarzhaarige wunderte sich über den bedrückten Tonfall der Heilerin, „Enola findet es, sagen wir… ziemlich lustig, eine Frau zu sein, wenn du verstehst, was ich meine. Sie rennt oft in die Stadt und tut Dinge mit jungen Männern, die sie nicht tun sollte als wohlerzogenes Mädchen…“ Sie sprach das ganz leise aus, damit Enola es nicht mitbekam, „Zoras und Tehya sind wahnsinnig wütend auf ihre Spielereien, sie solle sich etwas Ernstes suchen und die Liebe sei kein Kinderkram, außerdem sei ihr Verhalten absolut unangemessen und so weiter. Jetzt hatte das Kind Hausaarest und deswegen war sie unausstehlich…“

„So ein Chaos,“ machte Nalani, und die Heilerin seufzte.

„Es geht ja noch weiter. Tehya ist seit vielen Tagen krank und liegt im Bett, und weil Zoras damit beschäftigt war, sie zu versorgen, hat Enola ihre Chance genutzt und ist ausgebüchst, du glaubst nicht, was das für einen Ärger gegeben hat, und mit ihren Eltern redet sie momentan gar nicht mehr, es ist zum Heulen.“ Jetzt machte Nalani ein besorgtes Gesicht. Das klang ja so gar nicht nach der sonst so unbeschwerten Familie. Dafür, dass so viel los war, schienen sie sich aber sehr zusammenzureißen, vor allem Enola schien doch glücklich. Ihr Vater dagegen brachte nicht so ganz eindeutig herüber, dass er so tat, als wäre alles in Ordnung. Mit verbiestertem Gesicht saß er am Teetisch und trank unruhig seinen Kaffee.

„Habt ihr unseren besten Freund Kelar gar nicht mitgebracht?“ scherzte Nomboh da und riss so alle Aufmerksamkeit auf sich.

„War der eingeladen?“ machte Kiuk verständnislos, der mit Sukutai auf einem Sofa saß. Nomboh grinste.

„Du hast uns zumindest offiziell noch nicht deine Begleitung vorgestellt, Kiuk… wer ist die schöne Frau neben dir?“ gluckste Nomboh weiter und Kiuk errötete, Sukutai verneigte sich sehr höflich und strahlte.

„Oh, wie überaus freundlich, aber ich bin wirklich vollkommen hässlich, Herr! Bitte sagt nicht so nette Sachen zu mir, das kommt mir dann übertrieben vor und das ist…“ Kiuk stieß sie an, als sie wieder anfing, ohne Punkt und Komma zu reden, und sie verbeugte sich noch tiefer. „mein Name ist Sukutai Dotai, ich bin Tochter des Ratsoberhauptes des Seelenmagier-Ordens aus Tasdyna.“

„Sie ist sowas wie Kiuk So-gut-wie-Verlobte,“ kommentierte Tabari und Kiuk flammte erneut rot auf und schnaubte.

„W-wie bitte, seit wann entscheidest du denn sowas?! Sag nicht so peinliche Sachen, Tabari!“ Die anderen kicherten amüsiert. Enola gab Meoran das Baby.

„Und was ist mit dir, Cousin?“ neckte sie ihn, „Willst du nicht auch langsam mal jemanden heiraten und Kinder machen, die ich dann tragen kann?“

„Vergiss es, mach dir deine eigenen Kinder!“ machte Meoran, „Ich bin noch nicht mal fünfzehn, ich will jetzt keine Kinder.“

„Und ich darf keine,“ nörgelte seine Cousine, worauf ihr Vater sie schnaubend ansah.

„Du machst deine Mutter krank mit deinem Gehampel!“ tadelte er sie wütend, „Sieh mich bitte nicht so an, Tochter, du hast immer noch Hausarrest, egal, wie unschuldig du guckst.“ Er trank hastig seinen Kaffee aus und marschierte kurzer Hand aus der Stube.
 

Nalani bedrückte es, dass die Stimmung schlechter als gewöhnlich war in Tuhuli, aber sie beschwerte sich nicht. Nach einer langen Zeit, in der ihr Sohn einmal die Runde gemacht hatte und bei jedem einmal auf dem Schoß gelegen hatte, bekam sie ihn endlich zurück und nahm ihn glücklich auf den Arm. Irgendwie hatte etwas gefehlt ohne das Gewicht des Kindes auf ihr, es beunruhigte und verwirrte sie, ihr Baby für eine Weile nicht bei sich zu haben. Puran hatte das ewige Herumreichen stumm über sich ergehen lassen, aber jetzt, wo er bei seiner Mutter war, wurde er wach und begann sich leicht zu bewegen, als müsste er verkünden, dass er jetzt auch aufgewacht war.

„Jetzt zappelt er,“ grinste Meoran, „Als ich ihn hatte, hat er nur gepennt.“

„Guten Morgen, kleiner Mann,“ grüßte Nomboh ihn ebenfalls glucksend, „Etwas spät zum Aufstehen!“

„Ach, er kommt wohl nach seinem Vater, der kommt auch nicht freiwillig aus den Federn, ehe die Sonne den höchsten Stand erreicht hat,“ machte Nalani, und alle lachten, außer Tabari, der leicht errötete und sich räusperte.

„Hey, schlafen ist gut für die Gesundheit… und wer viel schläft, ist weniger wach und macht weniger Dummheiten.“

„Eine Weisheit von Tabari Lyra,“ addierte Kiuk, „Auf ihn trifft das sicherlich zu.“

„Einige andere sollten sich daran vielleicht auch ein Beispiel nehmen,“ bemerkte Salihah trocken und meinte damit Kelar, was alle wussten, obwohl sie es nicht aussprach.

Plötzlich wurden sie still, als sie Schritte im Flur hörten und kurz darauf Tehya in der Stube erschien. Sie war blass und sah nicht gut aus, aber sie hatte sich hübsch gemacht für den Besuch und strahlte glücklich, so gut sie konnte.

„Entschuldigt, dass ich spät komme,“ sagte sie schwach, „Ich war etwas krank und… aber jetzt bin ich da!“ Keisha sprang auf.

„Du solltest lieber ins Bett gehen!“ sagte sie streng, „Du bist noch nicht gesund genug, um mit uns Tee zu trinken!“ Tehya keuchte und hielt sich zitternd am Türrahmen fest, als auch die anderen sich besorgte Blicke zuwarfen. Wo war Zoras denn geblieben?

„M-mir geht es besser…“ seufzte die Kranke leise, „Ich möchte nicht sinnlos oben herum liegen… entschuldigt, Salihah, Tabari, Nalani und alle anderen… und ich… wollte doch auch das Baby sehen…“ Jetzt lächelte sie wieder und fuhr sich bebend mit den Händen über das weiße Gesicht. Nalani erhob sich mit dem Kind und setzte Puran kurzer Hand auf den Schoß seines Vaters.

„Du siehst grausam aus,“ bemerkte sie an Tehya gewendet, „Keisha hat recht, es ist sicher besser, wenn du dich hinlegst. Bitte sei mir nicht böse, wenn ich dir Puran jetzt nicht gebe, aber… wenn er sich ansteckt, wäre es schlimm, so ein Baby stirbt schnell an einer einfachen Krankheit.“

„Ich verstehe,“ machte Tehya nickend, „Würde ich an deiner Stelle auch machen, dann betrachte ich ihn aus der Ferne!“ Sie lachte. „Ein wunderschöner Junge, den du da hast… du kannst stolz sein, Nalani.“ Nalani sagte nichts. Auch, wenn Tehya nichts sagte, irgendwie spürten sie alle den zaghaften Wunsch in ihrem Hinterkopf, ihrem Mann doch noch einen Sohn zu schenken. Er hatte zwar gesagt, dass er sehr glücklich über seine Tochter Enola war, aber welche Frau wünschte sich nicht, ihrem Mann ein männliches Kind zu gebären? Als die Frau plötzlich taumelte, eilte Keisha an ihre Seite und fing sie gerade noch auf. Tehya keuchte.

„E-es ist nichts, es geht schon… mir war nur kurz schwindelig…“

„Nichts da, ich bringe dich wieder hoch. – Verzeiht uns bitte, Nomboh, lass neuen Tee bringen!“ Sie ging mit der zitternden Tehya zur Stubentür und Nalani folgte ihnen eilig.

„Ich helfe dir, warte,“ meinte sie und half dann, Tehya zu stützen, während Nomboh verwirrt durch den Raum blickte.

„Wollt ihr neuen Tee…?“
 

Tehya fieberte. Keisha gab ihr Fiebersenkende Kräuter zum Kauen und machte ihr Wadenwickel. Zoras‘ kleine Frau machte wirklich keinen guten Eindruck und Nalani besorgte zudem Keishas außergewöhnliche Ernsthaftigkeit.

„Was ist es denn, was sie hat?“ fragte sie die Heilerin murmelnd, während Keisha ihre Schwägerin ordentlich zudeckte und sie dann ratlos ansah.

„Ich weiß es nicht genau… ich…“ Sie brach ab, als sie zur Tür sah, in der plötzlich auch Zoras wieder aufgetaucht war. Er raufte sich unglücklich die Haare.

„Es geht ihr also wieder schlechter?“ murmelte er dumpf, und Keisha senkte den Kopf. Nalani seufzte.

„Sie kam gerade runter zum Tee, aber offenbar ist sie noch nicht ganz gesund. Ist sie schon lange krank?“

„Länger als jede Erkältung dauern würde,“ machte Zoras und er sah Keisha an, „Was ist mit dir? Kannst du immer noch nicht sagen, was sie krank macht?“ Die Heilerin seufzte tief, fühlte noch einmal nach Tehyas Stirn und ging dann zur Tür.

„Kommt mit raus,“ verlangte sie tonlos. Das klang beunruhigend und Nalani sah Zoras vor Entsetzen erbleichen. Sie folgte den beiden eilig und schloss die Schlafzimmertür, um die arme Tehya schlafen zu lassen. Keisha führte sie in die obere Stube und schloss auch hier die Tür, ehe sie begann, ihre Hände zu kneten.

„Was ist?“ fragte Zoras alarmiert, „Dein Verhalten macht mit gerade Todesangst, das weißt du, oder?!“

„Ich kann dir nicht sagen, was sie hat, ich weiß es nicht,“ machte die Frau und sah zu ihm hinauf, „Die Sache ist die, sie…“ Sie holte Luft, senkte den Kopf und hob ihn dann wieder, ehe sie fortfuhr: „Ich möchte nicht, dass ihr das jemandem sagt, auch nicht Tehya selbst. Sie… trägt ein Kind in ihrem Bauch…“ Zoras erstarrte.

„W-was?“ japste er jetzt und musste sich erst mal setzen. Da versuchten sie seit Jahren, noch ein Kind zu bekommen, und jetzt, nach zwölf Jahren, die Enola schon lebte, wurde seine Frau noch einmal schwanger? Was war denn das für eine Veräppelung der Geister? Nalani blinzelte ebenfalls.

„Ich… hör mir zu, Zoras, bitte,“ redete Nombohs Frau da unglücklich eiter, „Es sieht… nicht gut aus für das neue Leben, das ihr gemacht habt. Ich weiß nicht, was los ist, und kann nichts machen, aber ich fürchte, es ist der Embryo, der sie krank macht, der selbst beschädigt ist, wie es scheint-… wenn wir… das Kind in ihrem Bauch… entfernen, wird sie vielleicht wieder gesund… deshalb wollte ich nicht, dass sie es erfährt, wenn sie weiß, dass sie schwanger ist, wird sie doch auf keinen Fall zulassen, das Kind zu verlieren, sie wünscht es sich doch so sehr! Zoras, bitte, sieh mich an… ich habe ein sehr, sehr grauenhaftes Gefühl und es tut mir wahnsinnig leid…“

„Was redest du da?“ murmelte Zoras und sah sie verwirrt an, „W-wie kann denn ein Baby meine Frau umbringen?“

„Das heißt, wenn sie es behält, wird sie… sterben?!“ keuchte Nalani ebenfalls entsetzt. Sie dachte daran, wie sie beinahe einen Tee getrunken hätte, um ihr Baby loszuwerden, das sie jetzt so liebte, und ihr wurde schlecht. Sie setzte sich ebenfalls und Zoras fuhr sich stöhnend mit den Händen über das Gesicht.

„D-das kann ich nicht entscheiden!“ seufzte er dann, „Das… ich möchte das nicht hinter Tehyas Rücken tun, Keisha…“

„Wenn du es ihr sagst, wird sie eher sterben als das Kind loszuwerden!“ jammerte Keisha, „Willst du das? Wenn wir es loswerden, schafft sie es vielleicht – ich, ich weiß es ja nicht, ich weiß doch nicht mal sicher, ob es an dem Kind liegt…“

„Und dann willst du, dass… ich es los werde?!“

Alle drei fuhren auf, als die Tür plötzlich aufflog und Tehya keuchend wieder aufgestanden war und jetzt empört in die Runde sah. Zoras erhob sich und taumelte.

„Tehya, geh ins Bett, du bist krank!“ schnappte er. Sie klammerte sich an die Tür und fing an, zu weinen.

„Du hast mir verschwiegen, das ich ein Baby trage?!“ tadelte sie Keisha, die erbleichte, „D-du willst nur, dass ich keine Chance habe, einen Sohn zu bekommen, der dann vor Meoran der rechtmäßige Erbe des Clans wäre, d-du Besenstiel!“ Keisha quiekte vor Entsetzen über diese Anschuldigung und Zoras schnaubte und hielt seine kranke Frau energisch an den Armen fest.

„Jetzt spinnst du, du hast Fieber,“ sagte er kalt, „Du weißt genauso gut wie ich, dass Keisha das niemals tun würde! Und wieso lauschst du Gesprächen, zu denen du nicht zugelassen bist?!“ Sie schniefte.

„I-ich hab deine Stimme vorhin gehört und ich hab dich vermisst… ich… ich habe wirklich ein Baby in meinem Bauch?“ Er seufzte nur schweigend und Nalani sah zu der jetzt ebenfalls blassen Keisha. Die Situation schien sich zu beruhigen und die Heilerin fuhr sich zitternd über das Gesicht.

„Es ist noch relativ klein und deswegen kaum als Baby erwähnenswert-… Tehya, d-du unterstellst mir ernsthaft, ich würde das alles nur wegen der Erbschaft tun…?!“

„Lass sie, Keisha, sie spricht im Fieber und weiß selbst ganz genau, dass das Humbug ist,“ erwiderte Zoras da, Keisha in Schutz nehmend, und er schob seine immer noch wimmernde Frau langsam zurück zum Schlafzimmer. „Du legst dich hin, so wirst du nicht gesund, indem du hier herum rennst! Und ich werde Keisha tun lassen, was das Wichtigste für dein Leben ist, dein Leben ist mir nämlich tausendmal wichtiger als alle Babys, die du mir jemals gebären könntest! Wenn sie also sagt, wenn wir es nicht entfernen, bringt es dich um, steht meine Entscheidung fest. Und mein Wort als Mann zählt zweimal so viel wie deins, Weib.“ Nalani zog eine Braue hoch. Es war ungewohnt, dass er so hart mit ihr sprach und eigentlich war er kein großer Verfechter der Unterbutterung der Frauen, er behandelte sowohl seine eigene Frau als auch andere mit Respekt; aber sie verstand, dass Tehya auf die sanfte Tour nicht mitmachen würde… sie fragte sich, was sie an Tehyas Stelle tun würde.

Die Frau jedenfalls war sehr energisch und sie schnaubte aufgelöst, als sie ins Bett geschoben wurde.

„Und ich werde nicht zulassen, dass ihr es umbringt, ihr könnt machen, was ihr wollt, und sagen, was ihr wollte, Liebster! Hältst du mich… für so schwach, dass ich mich von einem Baby töten ließe…?“

Zoras senkte den Kopf und sah sie dann aus verengten Augen an.

„Nein…“

„Solange Keisha nicht beweisen kann, dass das Leben in meinem Bauch Schuld an meiner Krankheit ist, lasse ich niemanden an meinen Unterleib,“ schwor Tehya grimmig, „Und ich verlange, dass jeder Tee oder alles an Mahlzeiten vor meinen Augen zubereitet wird, nicht, dass ihr mir Kräuter unterschmuggelt!“ Zoras sah verzweifelt zu Keisha, die nur entsetzt die Augen weitete, während Nalani nur seufzen konnte.

Der Frieden im Land täuschte offenbar.
 

Als die drei zurück in die Stube kehrten und Tehya mit neuen Wadenwickeln schlafen ließen, herrschte unten reges Treiben. Tabari war dabei, wichtigtuerisch zu erklären, worauf man achten musste, wenn man ein Kind hatte, sein aufmerksames Publikum bestand aus Meoran und Enola, die vor ihm am Boden saßen und gespannt zu ihm aufsahen. Er hatte Puran auf dem Arm und das Baby riss mit großem Vergnügen und offenbar hellwach an den blonden Haarsträhnen seines Vaters, die ihm wild ins Gesicht hingen.

„Und jede Nacht schreit so ein Baby und möchte gefüttert werden, ich sage euch, das ist eine Plage! Ihr solltet euch das gut überlegen, echt jetzt – aua, verdammt!“ Enola musste kichern, als der Geisterjäger sich unterbrach, weil das Kin schon wieder an seinen Haaren zog. Er sah sein Söhnchen vorwurfsvoll an. „Sei artig, Knirps, so etwas macht man nicht!“ Er versuchte, einen ernsthaften, tadelnden Tonfall aufzusetzen, was ihm gehörig missglückte. Das Kind sah ihn aus riesig geweiteten grünen Augen unschuldig an und schließlich drehte Tabari resigniert seufzend das Gesicht ab. „Na gut, du hast gewonnen, wenn du weiter so niedlich bist, muss ich weinen… i-ich kann nicht böse auf ihn sein, Mutter, tu doch was!“ Salihah grinste nur und lehnte sich zurück.

„Freut mich zu sehen, dass du anders bist als dein Vater; wobei er als du so klein warst ab und zu sogar gelächelt hat, und ich meine nicht das Hurra-ich-habe-einen-Erben-Lächeln.“ Sie sah zur Tür, weil Zoras, Nalani und Keisha zurückgekehrt waren. Augenblicklich verstummten alle und sahen zu den Neuankömmlingen.

„Wie geht es ihr?“ fragte Nomboh dumpf und Zoras schnappte ratlos nach Luft. Und noch mal. Und noch einmal, dann raufte er sich verzweifelt die Haare.

„Schlecht… die Zeiten sind übel geworden und ich habe kein gutes Gefühl, was die Zukunft angeht. Der Schatten… ist zurück und dieses Mal… scheint er über unserem Haus Urlaub machen zu wollen.“
 

Als sie zurück zum Lyra-Schloss fuhren, schwiegen sie. Schlechte Zeichen beunruhigten alle und noch mehr, dass niemand eindeutig sagen konnte, was denn schlecht war. Es war genau wie bei Tehyas Krankheit; alle wussten, dass sie krank war, aber nicht, wieso.

„Die Geister heißen Kelars Tyrannei nicht so gut, wie er glaubt,“ war Salihahs Kommentar, als sie beinahe angekommen waren, und die anderen Insaßen der Kutsche sahen sie schweigend an. Das Bab schlief in Nalanis Armen.

„Ach, Geister,“ schnaubte Kiuk und lehnte sich zurück, „Vater hält sich selbst für den Willen der Geister, wer würde das gut heißen? Soll das heißen, die Welt geht jetzt unter, weil Vater ein Idiot ist und das Land ins Chaos wirtschaftet?“

„Ganz Dokahsan wirft sich vor ihm auf den Boden,“ erwiderte die Mutter und strich sich langsam durch die schwarzen Haare. „Abgesehen von einer Handvoll Leute, die die Augen offen halten, so wie wir oder Chimalis‘, meine ich. Meine Augen sind schlecht geworden… ich vermag in der Ferne keine Zukunft mehr zu sehen. Ich sehe nur Schleier aus Schatten und das sind schlechte Zeichen. Die Geister schweigen und verschwören sich gegen die Menschen, wie wir es verdienen für unsere Torheit.“

„Unsere Torheit?!“ schnappte Nalani, „Kelars Torheit! All das Übel ist seine Schuld, vielleicht sogar die bösen Krankheitsgeister in Tehyas Körper! Wenn wir diesem Schlamassel nicht bald ein Ende setzen, wird es nicht nur Dokahsan oder Kisara, sondern ganz Tharr zerstören, da bin ich sicher!“

„Das Problem ist, dass wir blind und taub sind und keinen Schimmer haben, was Kelar tut!“ machte Salihah kalt, „Ich kann ihn nicht mehr sehen in meinen Träumen und er spricht nicht mit mir. Auf der anderen Seite wird er sehr gut über das ganze Land Bescheid wissen. Er hat Denmor Emo, die Emos können sich quasi unsichtbar machen und unbemerkt alles Mögliche tun, ich wette, er benutzt Denmor als Spion.“

„Dann nehmen wir eben Minar,“ machte Tabari verblüfft, „Der ist das Oberhaupt der Emos, der wird das ja wohl noch besser können als sein Neffe Denmor! Ich meine, Denmor ist kein Geisterjäger!“

„Denmor ist wie ein Hund,“ belehrte Kiuk alle und hob theatralisch den Zeigefinger. „Ich habe mir sagen lassen, im Süden von Tharr gibt es Menschen, die Hunde zähmen können und das tun sie, indem sie sie mit Knochen und Fleisch locken. Wer dem Hund den größten Knochen und das leckerste Fleisch bietet, dem wird das Tier folgen, es ist ganz einfach.“

„Sollen wir jetzt Vater seinen Spion abkaufen?“ Tabari lachte laut auf, „Da kommt er sich sicher veräppelt vor und wird wütend.“

„Davon abgesehen, dass wir keinen größeren Knochen zu bieten haben als er,“ machte Salihah, „Wenn er von Kelar einen großen Preis versprochen bekommen hat und deshalb sogar seinen eigenen Clan verrät, ist er ohnehin gewissenlos und hat kein Rückgrat. Statt mit einem Hund solltet ihr ihn lieber mit einem Regenwurm vergleichen, der hat nämlich auch keine Wirbelsäule.“

„Ja,“ machte Nalani grimmig und sah aus dem Fenster der Kutsche, während das Baby sich im Schlaf gegen ihre Brust kuschelte. „Und er windet sich hierhin und dorthin, wo immer es Regen gibt und es ihm gefällt.“
 

Aber Denmor war zurzeit nicht das größte Problem, deswegen wurde Kelars Handlanger vorerst ignoriert. Als der Sommer kam, blühte das Land auf. Im Vergleich zum Vorjahr war die Bevölkerung auch wieder gestiegen, den milden Winter hatten offenbar alle überlebt. Salihah wunderte sich darüber, dass lange kein Dorf mehr zu Hackfleisch gemacht worden war; es war, wie sie gesagt hatte, das ganze Land kniete und lag auf dem Boden. Kelar verstand es durchaus, die Menschen für sich zu gewinnen und musste gar nicht viel tun. Wer hörig war und Verräter anprangerte, wurde belohnt, die Verräter wurden inzwischen in aller Stille fein säuberlich entfernt.

„Ich will nicht wissen, wie viele Leichen er unter dem Fundament des Senatsgebäudes vergraben hat,“ schnaubte Nalani manchmal schnippisch, die damit beschäftigt war, sich um ihren Sohn zu kümmern, der schon über ein halbes Jahr alt war; aber so viel sie ihr Baby auch liebte und sich kümmerte, hielt sie dennoch immer die Augen offen für das, was um sie herum geschah.

„Und irgendwer manipuliert die Zahlen,“ grübelte Tabari, „Es verschwinden in manchen Dörfern Menschen spurlos und dennoch verändern sich die Zahlen der Bevölkerung nicht. Etwas ist definitiv komisch und nicht so, wie es sein soll.“

„Es wird schlimmeres kommen als verschollene Bauern,“ schnarrte Nalani und sah auf ihr Kind, das auf einem Fell am Boden der Stube lag und mit einem Beißring herumspielte. „Und ich fürchte mich jeden Tag davor… weil unser Sohn einmal dieses grausame Land erben wird, wenn es nach deinem Vater geht…“ Tabari seufzte und strich seiner Frau zärtlich über den Kopf.

„Ja… schlimmer werden wird es… solange Vater lebt, wird es schlimmer werden. Erst danach gibt es vielleicht Ruhe.“
 

Und es wurde schlimmer. In der Vollmondnacht des Regenmondes wurde Tehyas Krankheit plötzlich schlimmer. Sie weckte ihren Mann neben sich und wimmerte, während sie nach ihrem inzwischen sogar ein wenig gerundeten Bauch fasste.

„E-es tut so weh, mein Bauch tut so weh, i-ich weiß nicht, was m-mit mir passiert…!“ schluchzte sie und Zoras fuhr alarmiert auf, als sie plötzlich neben ihm im Bett zusammensank, sich auf die Seite rollte und sich mit einem keuchen auf den Boden übergab.

„Verdammt, ich habe gesagt, du hättest auf Keisha und mich hören sollen, du-… verdammt, Tehya…“ Er erstarrte, als sie sich zitternd wieder auf den Rücken drehte und die Decke von ihrem Körper rutschte. Zwischen ihren Beinen floss Blut hervor. Sie japste und fasste immer noch nach ihrem Bauch, als ein weiterer, übler Schmerz sie durchfuhr.

„E-es tut weh!“ wimmerte sie, „M-mein Baby, was wird mit meinem Baby?! D-das können doch keine Wehen sein, es ist noch viel zu klein und… ich glaube, d-das ist schlecht!“

„Scheiße…“ war alles, was er hervor brachte, ehe er aus dem Bett hastete und sie plötzlich laut aufschrie vor Schmerzen. Er erstarrte erneut und sah sie fassungslos an, als sie sich krümmte und wieder in Tränen ausbrach. In diesem Moment flog die Tür auf und Enola kam hereingestürzt, sie schrie auch.

„Was ist mit Mutter?!“ heulte das Mädchen aufgelöst, „W-wieso schreit sie?! W-wieso, o-oh mein Himmel, ist das Blut?!“

„Enola, rasch!“ fuhr Zoras sie plötzlich an und schob sie hinaus, „Geh und hol Keisha, sofort! Ich kümmere mich um Mutter, geh schon!“ Dass das Kind dieses Drama miterlebte und das Blut im Bett sah war sicherlich nicht gut, es war besser, sie hinaus zu jagen. Enola gehorchte zum Glück und rannte wieder hinaus, während in der Nähe noch eine Tür aufging und Meoran ebenfalls herauskam.

„W-was ist denn hier los mitten in der Nacht?“ machte er entsetzt. Tehya schrie und Enola, die an ihrem Cousin vorbei rannte, schrie auch:

„I-ich weiß es doch nicht! Meine Mutter schreit!“ Sie rannte weiter, stieß die Tür zum nächsten Schlafzimmer auf und rief völlig panisch nach Keisha.

„Tante, komm schnell! Meine Mutter stirbt!“
 

Keisha war sofort auf den Beinen und Nomboh richtete sich verpennt auf.

„W-was zum-…?“

„Oh nein, verdammt!“ rief die Heilerin und zog sich schnell etwas an, ehe sie der Nichte hinaus und zum Schlafzimmer folgte. Kaum bei der Tür angekommen, wurde Enola von Zoras wieder hinaus geschoben.

„W-was soll dass, Vater, i-ich habe Angst! Ich will wissen, was sie hat!“ schrie das Mädchen und fing an zu weinen, und Zoras schob sie energisch weiter.

„Meoran, pass auf sie auf!“ befahl er seinem Neffen grob, der leichenblass im Flur stand, „Das ist nichts für dich, Enola! Wir werden Mutter schon helfen können, Tante Keisha weiß Bescheid! Geht in die Stube und lasst euch Tee machen, alle beide.“

„A-aber…!“ heulte Enola, aber Meoran war sehr gewissenhaft und gehorchte seinem Onkel, indem er sie am Arm hinter sich her zur Stube zog. Und er ließ sie nicht los, obwohl sie zappelte und zu schreien anfing. Plötzlich drehte er sich zu ihr um und sah sie grimmig an.

„Hör mal auf, hier Panik zu schieben, Enola!“ tadelte er sie, „Niemand sagt, dass deine Mutter sterben muss, meine Mutter kriegt sie wieder hin! Wir sollten lieber die Geister bitten, gnädig zu sein, statt kopflos herum zu flennen! Die Erwachsenen tun doch dasselbe, dummes Mädchen. Also beruhige dich.“ Sie schniefte und klammerte sich dann an ihn.

„A-aber…woher wollen wir das wissen…?“

„Hab Vertrauen, kleine Cousine.“ Er nahm sie tröstend in die Arme und sie drückte sich wieder gegen ihn und begann erneut zu weinen.
 

Tehya ging es schlecht. Während Zoras Nomboh zu den Kindern geschickt und die Tür geschlossen hatte, saß Keisha bei ihrer Schwägerin am Bett und kühlte ihre glühende Stirn mit dem Eiszauber Yira. Mit der freien Hand, mit der sie nicht Tehyas Stirn kühlte, untersuchte sie zitternd den für das Stadium der Schwangerschaft ungewöhnlich gespannten Bauch.

„E-es ist schwer, ich weiß überhaupt nicht, was-… verdammt, Zoras, komm und übernimm den Yira-Part, ich brauche beide Hände!“ Tehya schrie wieder und warf sich im Bett hin und her, als die Schmerzen stärker wurden.

„Bitte, Keisha!“ weinte sie und klammerte sie an den Arm der Heilerin, als Zoras auch wieder ins Bett kam und jetzt ihre Stirn zu kühlen begann. „Bitte, egal, was du tust… b-bitte beschütze das Kind in meinem Bauch! Ich möchte nicht, dass es stirbt!“

„Aber mit dem Kind stimmt etwas nicht, es ist kaputt, es ist krank und macht auch deinen Körper krank!“ rief Keisha verzweifelt, die jetzt sorgsam den Bauch untersuchte. „Es wird dich umbringen, es bringt dir Schmerzen! Wir können es nicht schützen, ich als Heilerin bin verpflichtet, die schon Lebenden den Ungeborenen vorzuziehen! Du kannst doch neue Kinder bekommen, Tehya, ich bitte dich!“

„Wenn du es umbringst… dann hasse ich dich…“ stöhnte die Jüngere kraftlos und Keisha und Zoras erstarrten. Der Schwarzhaarige zischte.

„Tehya, reiß dich zusammen, das erlaube ich nicht!“ machte er verärgert und Keisha sah ihn verblüfft an. Als sein Blick ihren traf, erkannte sie darin zu ihrem Erstaunen aber keinen Ärgern, sondern nur panische Angst.

Tehya würde sterben, wenn sie nicht endlich dieses Unheil aus ihrem Bauch entfernten. Entweder der Embryo oder beide.

„Hör nicht auf Tehya,“ war also Zoras‘ Bemerkung zu Keisha, worauf Tehya wieder aufschrie und wild zu zappeln begann, dass er sie festhalten musste. „Hol es raus, dann kann meine Frau leben!“

„Ich fürchte, diese Entscheidung fällen wir ohnehin zu spät…“ murmelte Keisha und senkte keuchend den Kopf, als plötzlich noch ein Schwall Blut zwischen den Beinen der jüngeren Frau hervor kam und die Heilerin die Hände fester auf den Bauch presste. „Ich… kann den Lebensgeist des Babys nicht mehr spüren… e-es…“

„Was?“ japste Tehya und erstarrte, Zoras keuchte.

„Du meinst, es ist…?“

„Es tut… mir so leid… Tehya…“
 

Tehya schrie nur noch einmal, dann war sie stumm, während der blutige Rest ihrer Fehlgeburt zwischen ihren Schenkeln hervor kam und das Bett besudelte. Zoras sah das seelenlose tote Fleisch nicht an und drehte demonstrativ den Kopf weg, damit das Unheil, das in dem Ding wohnte, nicht auf ihn überging, während Keisha ohne viel hinzusehen ein Tuch nahm und die Reste rasch entsorgte. Ihre Schwägerin stöhnte kraftlos und ließ sich zitternd und keuchend ins Kopfkissen sinken.

„Es ist tot… nicht wahr… Liebster…?“ wisperte sie, und Zoras drehte langsam und schweigend den Kopf zu ihrem Gesicht. Sie war aschfahl und sah mehr tot als lebendig aus, als sie seinen Blick aus leeren Augen erwiderte. „Es ist… tot, oder…? Unser Baby…“ Es schmerzte ihn, sie anzusehen, und er seufzte tief und nahm ihre Hand.

„Du wirst noch eins bekommen,“ sagte er heiser, „I-ich verspreche es dir, Tehya! E-es wäre kein gutes Kind gewesen, es war ein böser Geist und er hat dich krank gemacht…“

„Aber es wäre… unser Baby gewesen…“ wisperte sie und drückte sanft seine Hand. Ihre Finger waren kalt und sie zitterte, sodass er provisorisch die Decke über sie legte. Er senkte den Kopf.

„Denk nicht mehr daran, es… ist der Wille der Geister, darauf haben wir keinen Einfluss. Wie fühlst du dich, Liebes…?“ Tehya sah ihn an und ihre Augen waren trübe. Ihre Hand ließ seine langsam los, bevor sie sprach.

„Leer…“
 

Die Nacht wurde schlimm.

Das Fieber sank nicht, stattdessen stieg es und Tehyas Zustand wurde zunehmend schlechter. Keisha und Zoras wuschen sie zusammen, zogen sie um und brachten sie dann erst mal in ein Gästezimmer, weil das Bett voller Blut war, darin konnte sie nicht liegen. Sie wurde fest mit zwei Decken zugedeckt und zitterte dennoch, obwohl ihre Stirn glühte. Die Blutung hatte aufgehört, aber obwohl das kranke, seelenlose Kind nicht mehr in ihrem Leib war, hatte Tehya starke Schmerzen und sie wurden schlimmer, je länger sie da lag und grausam vor sich hin fieberte. Zoras saß wie ein Stein an ihrem Bett und kühlte verbohrt ihre Stirn, er redete nicht und ließ sich auch nicht ablösen, obwohl Nomboh, Keisha und selbst Meoran desöfteren anboten, eine Weile zu übernehmen, denn die ganze Zeit mit der Hand ausgestreckt dort zu sitzen und dabei auch noch dauernd zu zaubern war nicht leicht, auch, wenn Yira ein einfacher Grundzauber war, kostete es Energie.

„Ich lasse meine Frau nicht sterben!“ fauchte das Oberhaupt dann irgendwann doch und die anderen fuhren zurück, selbst Enola, die in der Tür stand und von Keisha an den Schultern festgehalten wurde. Das Mädchen weinte vor Angst.

„W-wird Mutter wieder gesund, Tante Keisha?!“ fiepte sie tonlos und Keisha schnappte unwillkürlich nach Luft.

„Das wird sie!“ schnaubte Zoras, ehe sie antworten konnte, „Verdammt, ich bin Oberhaupt des Chimalis-Clans! Ich trage die Paktfeder, ich diene den Todesvögeln und sie dienen mir, ich werde nicht zulassen, dass sie mir Tehya wegnehmen!“

„Aber das Fieber steigt immer weiter, obwohl das unheilvolle tote Kind weg ist!“ machte Nomboh perplex, „W-was sollen wir tun, Keisha? Keisha, so sag doch was, du bist doch die Heilerin!“

Plötzlich fing seine Frau auch an zu weinen und Enola in ihrem Griff erschauderte.

„I-ich kann doch nicht!“ heulte Keisha und schnappte nach Luft, „Ich weiß doch nicht, was ich tun soll! Ich habe alles getan, was ich konnte, ich habe ihr Tees und Kräuter gegeben, ich habe den Fieber senkenden Zauber angewendet, aber selbst der hilft nur für eine Weile, dann steigt es wieder!“

„Dann mach es noch mal, mach es öfter hintereinander!“ machte Zoras und keuchte, als ihm plötzlich schwindelig wurde. Verdammt, wie lange saß er schon hier und machte Yira über Tehyas Stirn. Sie murmelte im Fieberwahn vor sich hin und ihre Lider zuckten ab und zu, ansonsten rührte sich seine kranke Frau nicht. „VERFLUCHT, TU WAS, KEISHA! Ich bitte dich, ich flehe dich an!“

„Ich habe nicht so viel Kraft wie du!“ schrie die Frau und erzitterte, als sie von ihren Tränen durchgeschüttelt wurde. „Ich kann nicht… die ganze Nacht hier sitzen und diesen Zauber anwenden…“

„Heißt das, meine Mutter wird sterben?“ fragte Enola zitternd und klammerte sich an Keisha.

„Niemals!“ fauchte ihr Vater energisch, ehe er herumfuhr und den Yira-Zauber verstärkte, um Tehyas Stirn mehr zu kühlen. Die Heilerin schob Enola in Nombohs Obhut, ehe sie sich wieder ans Bett hockte und erneut tapfer versuchte, das Fieber mit ihrem Zauber zu senken. Als es wie erwartet etwas sank, öffnete Tehya müde die Augen.

„Alle sind da…“ murmelte sie und sah in die Runde. Enola heulte und Zoras sah sie unglücklich an. Als sie lächelte, hellte sein Gesicht sich auf. „Mir ist… nicht mehr so kalt…“

„Dir geht es besser?“ fragte Zoras sie, und sie hob sogar eine Hand und strich ihm über den Arm.

„Das Baby…“ wisperte sie, und er starrte sie fassungslos an, als sie das Gesicht langsam zu ihm drehte. Sie lächelte, aber in ihren Augen stand das Fieber. „Wo ist es, Liebster? Hast du es… zu Bett gebracht? Ich habe geträumt, es wäre gestorben bei der Geburt…“

Den anderen blieb beinahe das Herz stehen. Enola bekam Angst und sie vergrub weinend das Gesicht in Nombohs Arm, an dem sie sich klammerte, während Meoran abermals erbleichte und Keisha zitternd inne hielt. Zoras schnappte nach Luft und er senkte das Gesicht.

„Ja…“ murmelte er dann, „Es geht… dem Baby gut, Tehya. Ruh dich aus… schlaf. Morgen wirst du wieder gesünder sein!“ Er wollte seinen Arm bewegen, aber sie hielt ihn fest und wimmerte plötzlich, ehe sie heftig ein und aus zu atmen begann.

„Bitte geh nicht fort…“ machte sie, „Es ist dunkel hier drinnen… und ich fürchte mich doch vor Schatten…“ Zoras erzitterte. Er sagte nichts und sie blinzelte kurz. „Kannst du unser Baby holen? Ich möchte es halten und… ich möchte es hier haben…“

„Das… geht nicht…“ brachte er gepresst hervor, „Es… es schläft. Ich möchte es… nicht wecken, Tehya. Komm, ruh dich aus. Du bist immer noch krank… morgen wird es besser… sicher!“ Seine Stimme brach am Ende seiner Rede und er keuchte heftig, die anderen tauschten einen bestürzten Blick. Enola wollte nichts sehen und hören, sie klammerte sich nur heulend an Nombohs Arm.

„Morgen…“ wisperte Tehya und ihre Augen weiteten sich für einen Moment, als Zoras den Kopf weiter senkte und Keisha verzweifelt ein weiteres Mal ihren Zauber versuchte.

„Geister des Himmels,“ keuchte Nomboh im Hintergrund, „Und Geister der Mutter Erde! Ich bitte euch…“ Er strich dabei seiner Nichte über die blonden Haare, als sie sich fester an ihn drückte und erneut aufheulte.

„Ja, morgen… vielleicht geht es mir morgen so gut, dass ich mich selbst um mein Kind kümmern kann… mir ist… plötzlich wieder kalt, Liebster… ist das Fenster zu?“

„Es ist zu, ja…“

Tehya drehte apathisch den Kopf und sah ihn aus leeren Augen an, ehe sie leise einatmete.

„Zoras… i-ich kann dich nicht sehen… ich kann… dich nicht mehr sehen, wo bist du?“

„Ich bin direkt neben dir!“ machte er und drückte ihre Hand, ehe er aufhörte, ihre Stirn zu kühlen, weil seine Kraft jetzt am Ende angelangt war. Er wollte nicht hier sein, er wollte weg… er wollte das nicht…

„Das Fieber sinkt nicht mehr… i-ich kann… nichts mehr machen!“ jammerte Keisha da und sie schlug wimmernd die Hände vor ihr Gesicht. „D-das ist alles Kelars Schuld, er hat sie verflucht, er hat uns alle verflucht, er hat dieses ganze, verdammte Land getötet! D-dieser Wahnsinnige, dieser verdammte, grausame-…!“ Zoras starrte sie aus geweiteten Augen an.

„Er hat was…?!“ Er kam nicht dazu, weiter daran zu denken, weil er spürte, wie Tehyas Hand aus seiner glitt, und er starrte sie fassungslos wieder an. Sie atmete heftig und ungleichmäßig, als sie bebend die Augen schloss und am ganzen Körper erzitterte.

„Mir ist… so kalt… Liebling…“ flüsterte sie schwach, „D-die Krankheitsgeister sind stark, oder…?“

„Du bist stärker, verdammt, Tehya, sieh mich an!“ schrie er auf, sprang hoch und packte fest ihre eiskalten Hände. Sie versuchte krampfhaft, die Augen zu öffnen, und keuchte schwer. „D-du wirst wieder gesund, du schaffst das! Reiß dich zusammen…“

„Ich möchte…“ wisperte seine Frau kraftlos, und er erstarrte, als ihr Atmen wieder ruhiger wurde. „Ich möchte doch… so gerne… noch einmal mein Baby auf dem Arm halten… ist es… ein Junge, Zoras, Liebster…?“ Er keuchte abermals und war erst unfähig, zu sprechen. Als er es dann tat, war es kaum mehr als ein heiseres Wispern, das aus seiner Kehle kam.

„Ja… ein Sohn, genau… wie du es dir gewünscht hast… meine geliebte Frau.“ Sie lächelte warm und schaffte es ganz kurz, die Augen zu öffnen. Als sie ihm ins Gesicht sah, fand er in ihren Augen trotz ihrer Schmerzen Freude und Stolz.
 

„Hmm…“ machte sie leise und schloss die Augen lächelnd wieder. „Dann bin ich glücklich…“
 

Das waren Tehyas letzte Worte.
 

Nalani saß mit dem Kind auf dem Arm in der Stube auf dem Sofa und starrte hinaus in das trübe Wetter des nächsten Nachmittags.

„Es wird Regen geben,“ orakelte sie. Tabari stand hinter dem Sofa am anderen Fenster und sah ebenfalls hinaus.

„Ja,“ meinte er, „Ich habe ein schlechtes Gefühl. Ich weiß nicht, wieso, aber etwas Schlechtes geht vor sich. Die Geister sind unruhig, seit Vater wieder aus dem Haus ist.“

„Vielleicht findet der scheinbare Frieden ein jähes Ende,“ machte seine schwarzhaarige Frau dumpf. Das Baby begann zu quengeln und sie schnürte ihre Bluse etwas auseinander, um ihr Söhnchen an ihre Brust zu legen. In dem Moment ging die Tür auf und eines der Dienstmädchen kam herein.

„Junger Herr, Nomboh Chimalis ist gekommen und möchte Euch unverzüglich sprechen.“ Tabari sah verblüfft auf. Nomboh? Nalani verengte die Augen und erhob sich samt Baby.

„Es muss was Schlimmes passiert sein,“ ahnte sie es und hastete aus der Stube, Tabari folgte ihr sofort mit einem gemurmelten Danke an das Dienstmädchen.

In der Halle stand Nomboh seelenruhig, aber todernst, als die zwei ankamen. Von oben kamen auch Kiuk und Salihah herunter, die dabei gewesen waren, alte Dokumente und Stammbäume der Familie zu sortieren.

„Was ist denn hier los?“ machte Kiuk verwirrt und Salihah schenkte Nomboh einen nichts sagenden Blick. „Schickst du nicht sonst Federn, Nomboh, wenn etwas Wichtiges ist?“

„Es erschien mir unangemessen, das mit einer Feder zu verbreiten,“ sagte er, „Ich wollte früher kommen, aber ich war den Morgen über damit beschäftigt, meinen Bruder zur Ruhe zu bringen,“ Er erntete ungläubige Blicke und senkte dann betreten den Kopf.

„Wieso zur Ruhe bringen?“ wollte Tabari wissen, „Was ist passiert, Nomboh?“ Der Mann seufzte erneut.

„Tehya… ist heute Nacht gestorben.“
 

Diese Neuigkeit war niederschmetternd. Nalani war so fassungslos, dass sie beinahe ihr Baby fallen gelassen hätte, sie erinnerte sich zum Glück rechtzeitig daran, dass sie den Kleinen immer noch trug. Während Nomboh alles berichtete, was geschehen war, wurde er von den Augen der vier vor sich nur so durchbohrt mit Blicken voller Entsetzen und Unglauben.

Vor kurzem hatte sie doch noch gelebt… und so plötzlich nicht mehr?

Das war absurd.

„Das tut mir schrecklich leid,“ machte Tabari dann bedrückt, „Können… wir irgendetwas tun für euch?“

„Ich weiß nicht,“ entgegnete Nomboh dumpf, „Enola weint schon seit der Nacht, Keisha gibt sich selbst die Schuld und hält sich für unfähig und Zoras, ach, ich weiß auch nicht… heute morgen war er zornig und hat die halbe Welt verflucht, jetzt hat er sich beruhigt, ist aber jetzt aus dem Anwesen abgehauen und ich habe keine Ahnung, wohin er ist.“

„Er wird zurück kommen,“ meinte Salihah zuversichtlich, „Er ist ein pflichtbewusster Mensch und er hat noch seine Tochter, um die er sich jetzt kümmern muss. Zur Bestattung wird er wieder da sein, spätestens.“ Nomboh seufzte unglücklich.

„Wenn ihr es wünscht, könnt ihr gern kommen und euch von Tehya verabschieden. Mein Bruder ist sicher dankbar, wenn ihr da seid… du vor allem,“ Er sah kurz zu Salihah, die den Kopf senkte.

„Das werden wir, wenn ihr es so wollt. Es tut mir aufrichtig leid… ich weiß, dass dein Bruder das von mir nicht hören will, sag es ihm also nicht. Er weiß auch so, dass es mir leid tut…“
 

Als sie zwei Tage später die Bestattung abhielten, war Zoras natürlich wieder da. Abgesehen von Kelar natürlich, den auch niemand da haben wollte, waren alle Lyras gekommen. Nalani erinnerte sich schaudernd an die Bestattung ihrer Mutter vor vielen Jahren. Genau wie sie hatten sie Tehya fein angezogen und ihre liebsten Gegenstände mit auf den Scheiterhaufen gelegt. Enola hatte Hortensien gepflückt und ihrer Mutter in die Hände gedrückt.

Sie hatten den Kreis sehr klein gehalten, abgesehen von der Lyra-Schar war niemand gekommen.

„Ich werde hier keinen Hokuspokus anzetteln wegen des Todes meiner Frau,“ erklärte Zoras kalt, der vor der Trauergemeinschaft stand, in seinen schwarzen Geisterjägerumhang gehüllt, „Das hätte Tehya sich nicht gewünscht. Ich möchte an dieser Stelle klar stellen, dass… meine Tochter und ich von niemandem Mitleid wollen. Dass ihr heute hier seid, zeigt mir kein Mitleid, sondern, dass ihr Tehya noch eine letzte Ehre erweisen wollt. Dafür bin ich jedem hier sehr, sehr dankbar…“ Damit verneigte er sich vor seiner eigenen Familie und den anderen. Puran fing auf Nalanis Armen an zu jammern, die anderen sahen nur bedrückt auf die Erde. Es wehte kein Wind. Das Oberhaupt des Chimalis-Clans kehrte den anderen den Rücken zu, ehe er mit einer schlichten Handbewegung den Scheiterhaufen mit seiner toten Frau in Flammen aufgehen ließ.

„Und der Schatten wird so lange bleiben… bis dieses Chaos im Land vorüber ist…“ murmelte Nalani apathisch, die wiegend ihr Baby beruhigte, das sich wimmernd an sie klammerte. Sie schlug das Wolltuch, in das sie ihren Sohn gewickelt hatte, leicht über sein Gesicht, weil ihm der Rauch des Feuers in Nase und Augen biss. Das Holz war vom vergangenen Regen der letzten Tage noch feucht und deswegen qualmte es stark, Nalani selbst stiegen ebenfalls vor Brennen die Tränen in die Augen. Sie drehte das Gesicht weg und sah zu Enola, die vor Keisha stand und schniefte, während ihre Tante sie festhielt und ihr tröstend durch die Haare strich, obwohl Keisha selbst leichenblass war und zitterte. Als Zoras wieder sprach, lenkte er wieder alle Aufmerksamkeit auf sich.

„Ihr Himmelsgeister!“ rief er laut und riss die Arme in die Luft, den Kopf zurück werfend, „Hört mich an und nehmt die Seele von dieser Frau Tehya in euer Reich auf! Das Feuer wird ihren Geist von ihrem Körper trennen und ihn zu euch bringen.“ Der Himmel grollte und die Flammen auf dem Scheiterhaufen schlugen für einen Moment höher aus, bevor sie die tote Frau ganz verhüllten und die anderen nichts mehr als Feuer sehen konnten. Als Zoras die Arme sinken ließ und sich zu den anderen in die Reihe stellte, stand er zwischen Keisha und Salihah. Salihah sagte nichts und sah auch nicht auf, und er tat es ihr gleich.

Als sie alle schweigend vor dem flammenden Haufen standen, bekamen sie unerwarteten Besuch.

„Die ganze Familie fährt weg und mir sagt keiner Bescheid, dass jemand gestorben ist? Wie dramatisch…“

Alle fuhren erschrocken über die plötzliche Stimme herum und Salihah erstarrte.

„Kelar!“

Kelar Lyra stand da in seinem Umhang und machte ein konfuses Gesicht. Die anderen tauschten einen entsetzten Blick; dass der hier auftauchte, war sicherlich nicht Tehyas Wunsch; und Zoras‘ schon gar nicht. Der Geisterjäger schnaubte.

„Verschwinde von meinem Grundstück und aus Tuhuli, und zwar ganz schnell, Kelar!“ fuhr er ihn an, „Wie kannst du es wagen, hier aufzukreuzen, ohne eingeladen zu sein, und die Bestattungszeremonie meiner Frau zu entehren?!“

„Ach, Tehya ist tot?“ machte Kelar und ein süffisantes Grinsen schlich auf sein Gesicht. Nalani schnaubte auch, während Nomboh seinen Bruder am Kragen packte, weil der aussah, als würde er gleich vor Zorn explodieren.

„Als ob du das nicht wüsstest!“ schnappte die Schwarzhaarige und drückte ihr Kind an sich, „Du hast doch deinen Superspion, der alles für dich erfährt, oder was?“

„So viel Undankbarkeit, habe ich euch kürzlich irgendwas angetan?“ machte Kelar grinsend, „Wieso bist du denn so hasserfüllt, Chimalis…? Für Tehya ist es vielleicht besser so, da muss sie die Schmach nicht länger ertragen, dass du sie betrügst…“

„Was?“ machte Tabari verdutzt, der keine Ahnung hatte, aber niemand ging darauf ein, weil es jetzt Keisha war, die losschrie:

„Du Ungeheuer hast sie umgebracht, ich weiß es! Als sie dich von unserem Anwesen vertrieben hat, hast du uns alle grausam verflucht und die Geister haben deinem Willen wohl gehorcht, ihr das anzutun! Du bist eine grausame, abscheuliche Bestie, Kelar, wenn ich nicht um das Leben meines Sohnes fürchten müsste, würde ich dir die Augen auskratzen oder dir sonst wie wehtun, du Bastard!“

„Keisha!“ brüllte Nomboh dazwischen, und Zoras versuchte wutentbrannt, sich loszureißen.

„Lass mich los, Nomboh! ICH BRINGE DICH UM, DU AASGEIER, Kelar! Du verdammter, verfluchter… ich koche dich nicht nur in Öl, sondern in Salzsäure, du Schweinehund!“

„Ich habe Tehya nichts angetan, verdammt, kriegt euch wieder ein,“ machte der Herr der Geister und sein Blick verfinsterte sich bedrohlich, als er in Zoras‘ Richtung sah. „Und was entehrt deine dumme Frau daran, wenn ich komme und euch mein Beileid ausspreche…? Undankbares Gesindel, Chimalis, tss… und die Geister haben wohl recht daran getan, sie zu töten, es war ihre eigene Entscheidung… so, wie sich jeder für sein eigenes Schicksal entscheiden kann.“

„SCHER DICH WEG, bevor ich dich in Stücke reiße!“ bellte Zoras ihn an, „Scher dich weg von hier, ich warne dich, Kelar! Und ich bin noch nicht fertig mit dir, das schwöre ich dir! Ich werde dich zu Fall bringen, egal, was es kostet, ich werde dich mit bloßen Füßen zum Himmelsdonner treten, wenn es sein muss, aber du wirst blutend am Boden liegen und dir wünschen, es nicht getan zu haben! – Verdammt, Nomboh, lass mich los, ich bringe ihn um, diesen verfluchten Bastard, der es wagt, meine Frau erst umzubringen und dann noch zu entehren!“

„Dann forderst du mich offen heraus, Chimalis?!“ Kelar Lyra verengte die Augen zu schmalen, gefährlichen Schlitzen und er packte unruhig seinen goldenen Speer, als Zoras zischte und ebenfalls die Augen verengte. Dann spuckte er Kelar vor die Füße und riss sich mit aller Macht von Nomboh los; aber statt sich jetzt auf den älteren Mann zu stürzen rückte er seinen Kragen zurecht und blieb vor Zorn bebend stehen, Kelar einen Blick voller Hass und Abscheu schenkend.

„Sicherlich nicht auf dem direkten Weg,“ sagte er dann kalt, „So, wie du Tehya nicht auf dem direkten Weg getötet hast! Aber ich schwöre es dir… ich reiße dich in Stücke, Kelar, in tausende Stücke!“ Die anderen hielten die Luft an und Enola schlug bleich und keuchend die Hände vor das Gesicht. Dann fungierte Salihah wie so oft als Streitschlichterin:

„Beherrscht euch, wenn ihr hier Morddrohungen ausruft, entehrt das die arme Tehya nur noch mehr! Geh nach Hause, Kelar, ich denke nicht, dass Tehya dich hier gern gesehen hätte, und das weißt du selbst. Und was Zoras angeht, du hast ihn ja gehört.“

„Gut…“ sagte der Herr der Geister und hob herrisch den Kopf, schenkte seiner verhassten und dennoch immer noch begehrten Frau einen mordenden Blick und wandte sich dann wieder an Zoras. „Ich merke mir das, Chimalis… wir werden ja sehen, wer zuerst in tausende Stücke zerrissen wird. Mach, was du willst… du kannst mich nicht töten, Chimalis.“

„Das können nur die Geister,“ bestätigte Zoras Chimalis kalt und schnaubte erneut, „Und sie werden dir nicht auf ewig zu Füßen liegen, großer Herrscher! Eines Tages werden sie dir genau wie wir alle den Rücken kehren! Dann… wird der Schatten fallen und du wirst sterben.“

Kelar lachte nur amüsiert, ohne noch etwas zu sagen. Dann ging er mit wehendem Umhang davon.
 


 

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Random! XD Alle lieben baby-Puran und die arme Tehya ist tot, haha XD hey, aber es war egal wann sie stirbt, weil... sie war nicht wiklich wichtig oô... auch wenn sie mir leid tut, aber so einen Drama-Tod hatte die gar nicht verdient oô''

Und ein getötetes Baby für die Sammlung <3



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Kommentare zu diesem Kapitel (5)

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Von:  Enyxis
2012-07-14T14:42:41+00:00 14.07.2012 16:42
So erst mal:
Hallöchen, nach tausend Jahren bin ich endlich mal wieder zum Lesen gekommen ^^;
Muss mich erst mal wieder zurechtfinden xD
Öhm... Zoras hat glaub ich alles gesagt, was die meisten Kelar ins Gesicht äh... werfen würden...

Yay, Drama-Tode xD Nebencharaktere sterben lassen... Muss ja auch sein. Können ja nicht alle überleben, ne?

Das Kapi war lang, aber toll *Q* Ich mag deinen Schreibstil voll, aber das hab ich, glaub ich, schon so um die tausend Mal erwähnt. ^^

Und zum Schluss noch:

"Und ein getötetes Baby für die Sammlung <3"

O____O <-- meine Reaktion ^^; ( TT--TT Yuusuke, Yusaku, Naoya ....)

X__X Ich hab noch viel vor mir, wenn ich mir alle deine Teile um Khad-Arza ansehe o__o
Von:  Decken-Diebin
2009-06-15T16:15:44+00:00 15.06.2009 18:15
So, da ich gestern nicht mehr zu Ende lesen konnte...
Puranchen ist süß. Jaah, da ist er. Merkwürdig, aber wahr, später ist er doch so ein richtiger Mann. XD
Und Tehya tut mir irgendwie so leid. Schade, dass Zoras sie in ihren letzten Momenten angelogen hat, aber sie war glücklich ._____. ...
Kelar macht natürlich alles noch schlimmer, was muss der auch da aufkreuzen. Idiot. Wann stirbt der endlich?
Warum überhaupt insgesamt sechs? Yuusuke, Yusaku, Izumis Kind, Naoya, und diese Fehlgeburt (oh man, das ist das frühste 'ermordete' Kind...). Sind fünf. Welches vergesse ich gerade?
LG, Hina
Von:  Kimiko93
2009-06-14T18:26:02+00:00 14.06.2009 20:26
Pffh, drei Worte kommen eine Minute vor mir? IZZY, ICH hasse DICH! XDDD
Von:  Kimiko93
2009-06-14T18:25:38+00:00 14.06.2009 20:25
Du doofe Kuh hast es echt schon wieder getan, verdammt ôo' Das ist schon... Onscreen Nummer... 4... Insgesamt 6... Und wenn man bedenkt, dass Pakuan ne Menge LoronArlonSonstNochWer-Kinder abgetrieben hat...Che ôo'

Egal. Baby-Puran ist cool. Ernsthaft. Aber so richtig. Haach... Und Schlampen!Enola hat auch was, auch wenn sie ja ebenfalls ein eher kurzes Dasein fristen wird... Tabari erfährt indirekt, was sein Mütterchen hinterrücks alles so treibt, wobei er da ja auch der letzte ist, Kelar ist natürlich an allem Schuld, und pass auf deine Buchstaben auf, die rennen dir wiederholt weg oo'''
Von:  -Izumi-
2009-06-14T18:24:05+00:00 14.06.2009 20:24
Ich hasse dich. ....


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