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Die Chroniken von Khad-Arza - Die Herrscher der Geisterwinde

von

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Geister des Schicksals

Puran sah Meoran eine sehr lange Zeit nicht, deswegen entfiel es ihm, seinen Meister nach dem Kind zu fragen, das zufällig Zoras hieß; eigentlich war das aber nicht der Hauptgrund dafür, wieso er die Sache in den hintersten Winkel seines Kopfes verschob. Ein triftigerer Grund dafür war vermutlich Zoras’ Vater, Ram Derran, Purans ewiger bester Freund. Da ihre Söhne in dieselbe Schulklasse gingen, ließ es sich nicht vermeiden, dass die beiden Männer sich über kurz oder lang begegneten, und der Senator beschloss prompt, von der Familie die Finger zu lassen; egal, was Zoras’ Name oder seine erstaunliche Begabung bedeuten mochte, er würde sich hüten, sich in Rams Familie einzumischen oder mehr Zeit mit ihr zu verbringen als zum Überleben notwendig war. Davon abgesehen, dass Leyya auf Simus Bericht, sein Vater wäre in der Schule einer alten Freundin namens Pakuna begegnet, nicht sonderlich erbaut schien; da half auch Purans hundertfache Beteuerung nichts, dass er mit Pakuna nicht einmal im entferntesten Sinne irgendetwas Sexuelles gehabt hätte. Das letzte Mal, dass er sie gesehen hatte, war sie sieben gewesen, Himmel…
 

„Um Himmels Willen, Karana!“ So wurde der Erbe des Lyra-Clans jedes Mal begrüßt, wenn er nach der Schule heim kehrte mit weiteren Blessuren, die er Schlägereien in der Schule zu verdanken hatte. Meistens mit besagtem Kind von Ram Derran, wie sein Vater ergrimmt feststellte – was war das denn, vererbte sich so eine Feindschaft etwa auch? Das Dumme war nur, dass es bei Karana und Zoras schlimmer war als bei Ram und ihm selbst früher; denn im Gegensatz zu Ram konnte Zoras zaubern. Und sobald Karana auch endlich die untere Magie gemeistert hatte, standen den magischen Schlägereien keine Hindernisse mehr im Weg. Puran konnte seinem Sohn tausendmal verbieten, die Magie zu solchem Schwachsinn einzusetzen, solange Karana damit nichts in die Luft jagte oder ernsthaft Menschen verletzte, würde ihn jeder andere auslachen, weil er so pingelig damit war, wenn es darum ging, wie sein Kind die untere Magie einsetzte.

„Alle anderen Schamanenkinder üben auch in der Pause zaubern.“, meckerte Karana dann jedes Mal, „Warum soll ich der einzige Depp sein, der es nicht darf? Du bist ein Spielverderber, Vati!“

Spielverderber, na, das sah der Senator etwas anders. Er sparte es sich aber, weiter darauf herum zu reiten – in der Schule konnte er Karana nicht kontrollieren. Der Junge würde auch mit Verbot trotzdem zaubern und versuchen, Zoras Derran darin zu besiegen… was brachte es also?

Die immer kleiner werdende Kontrolle über seinen Sohn wurmte den Mann extrem. Und es wurde schlimmer, je älter Karana wurde. Je älter und größer der Junge wurde, desto sturer und mächtiger wurde der Geist in seinem Inneren; desto größer wurde auch Purans Panik, er wäre irgendwie auf eine abstruse Weise beeinflusst von dem Geist seines Großvaters. Wie oft fragte er die Geister um Rat, was er tun sollte, sollte es tatsächlich eine Verbindung zwischen Karana und Kelar geben? Und wie oft weigerten sich die bockigen, sadistischen Mistkerle, ihm eine Antwort zu geben?
 

Puran sah sich vor einer blutigen Sonne stehen, die sich aus der Finsternis erhob wie eine bösartige, todbringende Kugel aus Feuer. Die Schatten lachten ihn auf verzerrte und böswillige Weise an.

„Das Ende der Welt wird kommen, Lyra… und Schatten wird sich über die Welt legen, die du kennst.“, sprachen die Himmelsgeister, und der Herr der Geister schnappte in der brennenden Hitze der rot glühenden Sonne vor ihm nach Luft. Statt Luft atmete er aber nur brennenden Himmel ein, und die ätzende Hitze des Feuers breitete sich in seinem Körper aus und drohte, seine Lungen zu zerfetzen.

„Was für Schatten?“, fragte er barsch, „Antwortet mir!“ Die Geister kicherten, während die Hitze schlimmer wurde, bis das Licht der Sonne plötzlich explodierte in einem gleißenden Blitz, der alles Leben um sich herum zu vernichten schien – dem folgte eine fürchterliche, tiefe Schwärze, ein finsteres Loch aus Verdammnis und Verzweiflung, in das Puran jetzt kopfüber stürzte; die brennende Hitze in ihm wich jetzt einer eisigen Kälte, die seine Kehle zu schnürte. Die Antwort der Geister hatte er schon einmal gehört; und sie sprachen mit der kehligen Stimme seines Großvaters, dessen spitze Zähne in der Dunkelheit auftauchten.

„Mit Feuer und Schatten… wird das Bündnis der drei Welten zerbrechen. Mit Donner und Finsternis… kommt das Ende der Welt, Lyra.“
 

„In Wahrheit werdet ihr alle von den Launen des Schicksals beherrscht… auch du, Herr der Geister, wirst am Ende knien.“
 

Er keuchte, als er aus dem unwirklichen Traum hochfuhr, dabei schlug er aus Versehen Leyyas Hand weg, die nach seinem Gesicht gefasst hatte. Erschrocken fuhr seine Frau zurück.

„D-diese Wahnsinnigen!“, stöhnte Puran, setzte sich benommen auf und fuhr sich mit den Händen über das schweißnasse Gesicht. Er wusste nicht, ob er wegen der Hitze schwitzte oder vor Panik… aber das Gefühl, das die Geister in ihm hinterließen, war furchtbar und verstörte ihn nur noch mehr. Sein Kopf schmerzte und in ihm zog sich alles schmerzhaft zusammen, als Leyya sich neben ihm im Bett ebenfalls aufsetzte und vorsichtig von hinten nach seinem Rücken fasste.

„Liebling…?“, wisperte sie besorgt, und er fuhr zu ihr herum und stierte sie aus schmalen Augenschlitzen an, in denen noch der Wahnsinn der Visionen stehen musste, wie er an ihrer Reaktion sah; die kleine Heilerin fuhr zurück und schnappte hysterisch nach Luft.

„Rühr mich nicht an!“, zischte er heiser und betete innerlich, dass sie es ihm nicht krumm nähme; er wollte sie nicht verletzen. Aber jede Berührung jagte einen brennenden Schauer durch seinen Körper, als sträubten sich sämtliche Lebensgeister in ihm, wenn sie ihn berührte. „Nicht… dass das Feuer und der Schatten meiner Träume auf dich übergehen…“ stöhnte er dann, um seine harsche Reaktion zu rechtfertigen, und Leyya machte ein bestürztes Gesicht.

„Soll ich dir Wasser bringen?“

„Nein… ist schon gut. Vergib mir, habe ich dich geweckt?“ Langsam flaute das schlechte Gefühl in ihm wieder ab, und er fuhr sich erneut über das Gesicht.

„Du hast plötzlich so gezuckt und komische Geräusche gemacht, da hatte ich Sorge…“ seufzte seine Frau leise, „Geht es dir wirklich gut?“

Sie wusste, wie sehr ihm die Visionen zu schaffen machen konnten; auf Dauer konnte das doch nicht gesund sein. Sie erinnerte sich an Erzählungen von Purans Großmutter, die durch ihre extreme Sehensgabe wahnsinnig geworden war… hoffentlich war Puran standhafter als seine Großmutter.

Die kleine Frau näherte sich ihrem Mann wieder und umarmte ihn zärtlich, beugte sich herüber und küsste zärtlich seinen Mundwinkel.

„Sprich mit mir, Liebster.“, flüsterte sie, „Was… beunruhigt dich so sehr?“ Puran seufzte und ließ zu, dass sie sich zärtlich an ihn schmiegte, ihre Hände sanft über seine Brust streichelten und ihre Lippen flüchtig seinen Hals liebkosten.

„Das Ende der Welt… mit jedem Tag entgleitet mir mehr die Kontrolle über das, was ich halten sollte. Ich komme mir… irgendwie unnütz vor. Wieso bin ich Herr der Geister, wenn die Geister mir nicht gehorchen?“

„Du bist nervös, das ist alles.“, sagte sie zuversichtlich, und er stellte erstaunt fest, dass sie noch immer die wundersame Fähigkeit hatte, ihn mit ihrer bloßen Anwesenheit zu beruhigen. Wenn sie bei ihm war, verblassten die Schatten…

„Nein, ich fürchte, ich werde alt.“, stöhnte ihr Mann, „Wird Zeit, dass sich etwas ändert…“

Und der Schatten verschwindet, der meinen Geist belagert…
 

Die Zeiten änderten sich tatsächlich, allerdings waren zu dem Zeitpunkt zwei Jahre vergangen, seit Karana zum ersten Mal auf seinen ominösen Mitschüler Zoras Derran getroffen war.

Der Krieg war endgültig vorbei.

Der zuyyanische Kaiser, der auf den unglaublich klangvollen Namen Igrajyo Zhunkan hörte – sämtliche Schreiber der Königs hatten den Namen zunächst zehnmal falsch geschrieben – kapitulierte im Sommermond des Jahres 993 und unterschrieb persönlich den eigens dafür angefertigten Friedensvertrag in der Reichshauptstadt Vialla. Das war ein Grund zu Jubel und Freude auf ganz Tharr, vor allem aber in Kisara, wo die Verwüstung durch die Zuyyaner über die vielen Jahre hinweg am schlimmsten ausgefallen war. Die Unterzeichnung dieses Vertrags in Vialla war fast schon etwas Heiliges, hatte Puran das Gefühl, als er in den Reihen der anderen Senatoren, Vertreter aller Provinzen, seiner Kollegen des Geisterjägerrates und einiger Vertreter der anderen Schamanenräte im Thronsaal des mächtigen Palastes in Vialla stand und zusah, wie der komische Kaiser vor einer ganzen Reihe von Königen über einen Tisch gebeugt den Vertrag unterzeichnete. Quasi Alle Könige des Zentralreiches waren gekommen: der aus Janami, der aus Senjo, der aus Intario, der aus Kuyala und der aus Westfann. Die Reiche Dhimorien und Tejal gehörten rein politisch gesehen zwar auch zum Zentrum Tharrs, aber beide Länder waren eigentlich nicht tangiert von dem Krieg mit Zuyya, weil sie geografisch gesehen schon im Ostreich lagen.

Puran war dem neuen zuyyanischen Kaiser, der seit Karanas Geburtsjahr das Imperium regierte, noch nie begegnet. Er war ein alter Mann, er wirkte viel älter als sämtliche Könige von Tharr, die mit im Saal waren, seine Haare waren weiß, waren aber unter einem pompös verzierten Kopfschmuck versteckt, sodass man sie kaum sehen konnte. Die aufwendigen Gewänder, die der Mann trug, ließen ihn um einiges protziger wirken als alle Monarchen zusammen – dabei hatten sich auch die Könige deutlich herausgeputzt für den wichtigen Termin, ebenso wie alle anderen Anwesenden. Der Senator selbst hatte den halben Tag damit zugebracht, seine Haare platt zu bekommen, dafür war wohl eine halbe Tonne Haarwachs draufgegangen, so fühlte es sich auf seinem Kopf zumindest an… na, wenigstens war er nicht so pompös angezogen wie der zuyyanische Kaiser, und wer wusste, was der mit einen Haaren unter dem Hut machte. Der Mann war flankiert von zwei unbewaffneten Wachmännern in Uniform, hinter ihm stand noch eine kurze Reihe von seriös gekleideten Politikern und eine unwahrscheinlich junge Frau mit hellblauen Haaren, die, wie Puran bereits wusste, des Kaisers höchste Beraterin war und damit so etwas wie die mächtigste Frau des Imperiums. Der Kaiser hatte keine Gemahlin, so hieß es, und selbst, wenn er eine hätte, so hätte diese Frau vermutlich dennoch mehr Macht inne als jede Kaiserin. Der Rat der Geisterjäger war der extrem jungen Beraterin bereits vor zehn Jahren hier im Palast begegnet – dank ihrer Verhandlungen war es damals zu einem immerhin kurzzeitigen Waffenstillstand gekommen. Puran faszinierte die Tatsache, dass sie nur wenig älter als Leyya sein konnte – jedenfalls sah sie aus, als wäre sie irgendwo in den Mittzwanzigern – und dennoch eine dermaßen hohe Position in einem so mächtigen Reich inne hatte. Und das als Frau, wohlgemerkt; so etwas war auf Tharr absolut ausgeschlossen.

„Na, sieh an, das Beratermädel vom Kaiser hat sich ja gemausert.“, gluckste Neron gerade neben ihm und ließ Puran kurz zusammenzucken.

„Was? Ja, definitiv, ich bin auch ganz verblüfft.“ Sein Kollege kicherte.

„Also, wenn ich etwas jünger und unverheiratet wäre, Himmel… wobei ihre gelben Augen mich schon vor zehn Jahren echt abgeschreckt hätten…“

„Sie ist zu jung für dich, Neron.“, fiel Meoran hinter ihnen ein, der gemeinsam mit seiner Tochter da war, „Sie ist dreiundzwanzig, Junge. Du bist sechsunddreißig, das sind über zehn Jahre.“

„Was?!“, japste Neron, „Dreiundzwanzig?! Sie ist erst dreiundzwanzig?! Wie jetzt, ich dachte, sie wäre mindestens drei Jahre älter… dann ist sie ja noch jünger als Leyya!“

„Dann wäre ich jedenfalls nicht mehr der, den sie pädophil nennen.“, brummte Puran verhalten, und Saidah hinter ihm kicherte verhalten.

„Aber, Alter, dreiundzwanzig – das heißt, sie war mit dreizehn schon die Beraterin?! Alter, schläft sie mit dem alten Tattergreis oder wie ist sie an diesen Posten gekommen?!“ Neron fing sich einen Fußtritt von Meoran, weil ein Schlag auf den Kopf zu viel Aufsehen erregt hätte und sie schließlich stramm in Reih’ und Glied zu stehen hatten, bis die Formalien erledigt waren.

„Halt deinen Rand, du Schwerenöter, das ist ja widerlich.“
 

Knien war keine Sache für die Zuyyaner; Puran erwischte sich dabei, sich mit Genugtuung zu wünschen, dass der überhebliche Imperator vor den Königen des Zentrums im Staub kriechen müsste, um um Vergebung für seinen verdammten Krieg zu bitten, aber leider wurde ihm das erspart. Er schaffte immerhin eine sehr tiefe Verneigung, was ihm sichtlich schwer zu fallen schien, wofür der Senator den aufgeblasenen Kerl jetzt schon verachtete. Er hatte hier kapituliert, da war eine Verneigung ja wohl das Allermindeste, was er zu bieten hatte. Seine Politiker, Wachen und die Beraterin rührten sich die ganze Zeit über keinen Zoll vom Fleck. Als der Vertrag unterzeichnet war, verabschiedete der Imperator sich mit knappen Worten – immerhin in perfekter, einwandfrei gesprochener Dreiweltensprache – und verließ flankiert von den Wachen und gefolgt vom Rest seiner Bagage den Thronsaal, vermutlich, um gleich wieder zurück nach Zuyya zu fliegen. So etwas wie ein Bankett im Palast in Vialla hatte er abgeschlagen, obwohl der König von Kisara ihn dazu eingeladen hatte; auch mehr der Form halber als aus Freundschaft, und eigentlich waren alle froh, dass der Kerl von Zuyya nicht bleiben wollte. So konnten sie in Frieden alleine speisen, das war doch viel ungezwungener. Nachdem die Gruppe der Zuyyaner an der Tür kurz inne gehalten hatte, drehte der Kaiser sich noch einmal um und sprach zu seinen Politikern; als er dann wirklich ging, blieben einer der Männer und auch die Beraterin zurück im Thronsaal und verneigten sich abermals vor den Königen des Zentrums.

„Was ist denn jetzt?“, fragte Neron neugierig, und Puran zog die Schultern hoch. Die Beraterin von Zuyya sprach.

„Der Imperator lässt sein Bedauern über seine nicht vorhandene Zeit ausdrücken, zu Eurem Bankett zu kommen, Eure Majestät. Er hat den Minister von Ahrgul und mich gebeten, ihn bei Eurem Fest zu vertreten, wenn Ihr nichts dagegen habt.“

„Nein, natürlich nicht.“, machte der König von Kisara nickend, „Es ehrt mich, dass er doch nicht so uninteressiert an Kommunikation zu sein scheint.“ Der Unterton in seinen Worten war eindeutig, und Puran war sicher, dass die junge Frau genau wusste, dass es unklug gewesen wäre, wäre tatsächlich keiner der Gruppe geblieben. Eine Einladung des Königs war eigentlich keine Einladung, sondern ein Befehl, zu bleiben – der zuyyanische Kaiser, der aufgegeben hatte, war nicht in der Position, Befehle auszuschlagen. Und es dennoch zu tun suggerierte deutlich ein nicht vorhandenes Interesse des Imperiums an friedlicher Kooperation mit Tharr. Der König von Kisara war da noch nachgiebig, aber der Monarch von Janami zum Beispiel hatte sehr ergrimmt gewirkt, als der Kaiser hatte verlauten lassen, dass er nicht zum Festmahl erscheinen würde. Und Puran wusste aus erster Hand von Meoran, dass das Herrscherhaus von Janami alles andere als humorvoll mit solcher Politik umging.
 

Wie oft hatte der Herr der Geister jetzt an des Königs Tafel gespeist? Öfter als einem normalsterblichen Mann gut täte, dachte er sich manchmal, wenn er von all dem strahlenden Glanz des Reiches umringt war und von Tellern aß, die vermutlich einzeln mehr wert wären als das gesamte Dorf Lorana. Die mannigfachen Speisen, die aufgetragen wurden, waren noch exotischer als sonst, aber immerhin hatten sie jetzt aus jedem Land einen Vertreter, der erzählen konnte, um was es sich handelte. Selbst die beiden zuyyanischen Gäste schienen mehr oder minder beeindruckt von dem, was ihnen geboten wurde. Als das Essen vorüber war und man sich in einen der gigantischen Salons zurückzog, gab das die Möglichkeit, mit diversen Leuten zu reden, die man nicht so oft traf.

Es dauerte nicht lange, bis die junge zuyyanische Beraterin zum halben Geisterjägerrat kam, der auf einem Haufen herum stand und über vergangene Zeiten gelabert hatte.

„Ach, sieh an, die zuyyanische Beraterin gibt sich die Ehre.“, kicherte Neron schon leicht angetrunken und prostete ihr mit seinem Weinglas zu, als sie kam, und er erntete einen Schlag von Tare Kohdar.

„Reiß dich zusammen, oder wir lassen dich sofort heim fahren, du Schussel!“ Neron gluckste nur und prostete ihm ebenfalls zu.

„Komm, trink noch einen mit mir, Tare, altes Haus! Sag mal, du hast ja immer noch keine Frau, langsam wirst du aber alt…“ Tare verdrehte die Augen. Jetzt mischte Nerons Frau sich ein, die ihren Mann anstieß.

„Du kriegst nie wieder Alkohol, du bist so peinlich!“, fauchte sie, ehe sie sich an die Zuyyanerin wandte, „Vergebt ihm, Herrin. Er meint es nicht so.“

„Ist schon gut.“, winkte die Jüngere flüchtig ab, „Ich wollte Euch nicht lange aufhalten. Ich wollte nur schnell kundtun, dass ich mich geehrt fühle, wieder vor Euch stehen zu können. Ich sollte mich in tiefster Demut vor Euren Füßen im Staub suhlen an Stelle des Kaisers, der offenbar den Schuss nicht gehört hat… ich hoffe, er hat die Regierung des Zentrums nicht zu sehr erzürnt.“ Meoran antwortete ihr, indem er ebenfalls lachte.

„Ihr sprecht über ihn, als wäre er ein bockiges Kind, das Ihr zu bändigen versuchtet, Herrin.“

„So in der Art komme ich mir auch vor.“, brummte die blauhaarige Frau und ließ ihre gelben Augen einen Moment auf dem Herrn des Chimalis-Clans ruhen. „Ihr… seid älter geworden, Herr Chimalis. Und Eure Tochter ebenfalls, als ich sie zuletzt sah, war sie erst fünf.“ Sie zeigte ein sehr kurzes, oberflächliches Lächeln, und Meoran räusperte sich. Puran seufzte innerlich bei ihrer Feststellung; ja, Meoran war älter geworden. Das war wohl eine unbeholfene Umschreibung dafür, dass er jedes Mal, dass der Senator seinen Freund sah, schlimmer aussah. Dass Saidah ihn begleitete, hatte seine Gründe; die junge Frau hatte Puran vor der Zeremonie kurz zur Seite genommen und ihm ihre aufrichtige Sorge um ihren Vater ans Herz gelegt.

„Er sagt zwar, es geht ihm gut, und natürlich weigert er sich, von mir zu viel Hilfe anzunehmen, er hat ja seinen Stolz… aber er geht so schrecklich schlecht. Er keucht schon nach einer kurzen Anstrengung, er ist nervös, und dann dieser furchtbare Bluthochdruck… ich habe einfach Angst, ihn alleine gehen zu lassen. Also habe ich ihm weisgemacht, ich wollte unbedingt nach Vialla und dich sehen, Puran, da hat er mich mit gelassen. Es tut mir so schrecklich weh, ihn so leiden zu sehen…“

„Ah, du bist natürlich nicht gekommen, um mich zu sehen? Oh, jetzt bin ich aber gekränkt.“, hatte er prompt erwidert, und sie hatte verlegen gelächelt, sich etwas gestreckt und ihn zärtlich geküsst.

„Idiot. Natürlich bin ich auch deinetwegen gekommen… ich musste nur dringend mit jemandem darüber sprechen… bitte achte auf Vater. Er ist doch alles, was ich noch habe, und… ich fürchte mich so sehr vor dem Tag, an dem er nicht mehr sein wird…“

Und wenn man Meoran so ansah, wirkte er wirklich so, als stünde er bereits mit einem Bein im Grab. Er war blass geworden und ging tatsächlich ziemlich schwerfällig, meistens vermied er es, sich viel zu bewegen. Puran wünschte sich so sehr, dass er einfach durch einen Segen der Geister seine ursprüngliche Gesundheit zurückbekäme; aber offenbar war das nicht machbar. Als würden die Geister jemals auf ihn hören.

„Ja, Saidah ist ziemlich groß geworden.“, stimmte Meoran jetzt der Zuyyanerin zu und grinste stolz, „Nicht, meine Kleine?“ Saidah verdrehte mit einem wohlwollenden Lächeln die Augen, als er ihre Schulter tätschelte, und die Zuyyanerin schenkte der jungen Frau einen langen, durchdringenden Blick – dann war es Henac Emo, der zur Gruppe stieß und die Diskussion unterbrach.

„Na, da hast du ja wenigstens etwas Gutes in deinem Leben zustande gebracht, Meoran, was?“ Alle drehten sich zu dem schwarzhaarigen Mann um, der bis eben noch mit irgendwelchen Generälen des Königs geredet hatte und jetzt mit einem fast leeren Weinglas dazu stieß. Er grinste erst Meoran an, dann Saidah, und das auf eine Art, die weder ihr noch ihrem Vater gefiel.

„Mehr als du, Henac.“, war der bissige Kommentar des Lehrmeisters, und er hob sein Glas, um ihm zuzuprosten. „Auf was sollte ich mit dir anstoßen? Auf deine immerwährende Treue dem Rat und dem Königshaus gegenüber vielleicht… das wäre doch mal lustig.“ Emo grinste süffisant, während die anderen besorgte Blicke austauschten und Puran zu Saidah sah, die sich etwas verärgert über den älteren Mann hinter ihren Vater zurückgezogen hatte. Neron, stockbesoffen, lachte blöd.

„Oh ja, Meoran, du hast immer wieder gute Ideen!“ Saja schlug ihrem Mann ins Genick.

„Königstreue willst du?“, erhob Emo dann wieder aalglatt die Stimme, „Ausgerechnet der, der sein Land verlassen hat und jetzt für den Fürsten von Minh-În den Schoßhund spielt? Was bist du doch treu, Meoran. Du hast wohl schon ´ne Menge Wein intus, du redest echt Scheiße.“

„Wenigstens kann er in der Gegenwart von jungen Damen seine Zunge zügeln, im Gegensatz zu dir.“, mischte Puran sich jetzt ein, als Saidah pikiert wieder vortrat und ihren Vater schon am Arm fasste. „Na, lange nicht mehr den ganzen Tag mit deiner Hure verbracht und dabei verpasst, dass die halbe Stadt brennt?“

„Ihr redet alle Schwachsinn, wenn ihr blau seid.“, bemerkte der Ältere langsam und grinste immer noch, „Senol würde euch schlagen, der ewige Antialkoholiker. So ein Jammer… dass er nicht mehr unter uns weilt.“

Meoran wäre beinahe auf ihn losgegangen. Seine Tochter konnte ihn mit Tares Hilfe gerade noch festhalten, und der Mann spuckte seinem gegenüber ins Gesicht und schnappte gleich darauf keuchend und röchelnd nach Luft, als die Spannung ihm definitiv nicht gut tat.

„Du elender Meuchler, du verfluchter Bastard! Ich kriege dich am Arsch, Emo, eines Tages kriege ich dich am Arsch und du wirst dir wünschen, dich nicht mit mir angelegt zu haben!“ zischte er dabei und keuchte immer heftiger, sodass Saidah verzweifelt wimmerte, weil sie Angst bekam, er könnte ersticken.

„Vater! Himmel, beruhige dich! Komm, wir gehen lieber etwas hinaus-… ich bringe dir Misteltee…“

„Ich bin kein Greis! Lass mich los!“, fauchte Meoran, ließ sich aber gehorsam von seiner Tochter aus dem Salon eskortieren. Im Hintergrund sahen bereits die anderen Gäste zu ihnen herüber. Die zuyyanische Beraterin zog eine Braue hoch.

„Ich werde mich nicht weiter einmischen.“, sagte sie mit einem aufgesetzten, aber gekonnten Lächeln. „Wenn Ihr mich entschuldigen würdet.“ Sie warf zuletzt Emo einen seltsamen Blick zu, der sie nur genauso anzüglich angrinste wie Saidah zuvor, ehe sie den Geisterjägern den Rücken kehrte. Puran zischte und stieß Henac Emo kurz zurück.

„Du hirnloser Affe, was denkst du dir? Solange ich hier Ratsführer bin, hast du nach meiner Pfeife zu tanzen, Emo. Und halt deine gespaltene Zunge fest, Verräter, wenn du unser Vertrauen willst. Besonders schlau bist du nicht, was, Emo?“ Er drängte sich dann an ihm vorbei und verließ den Raum ebenfalls, um Saidah und Meoran wiederzufinden. Er merkte nicht, wie der Schwarzhaarige ihm einen langen, bitteren Blick zuwarf.

Ja… noch tanze ich nach deiner Pfeife, Puran, zumindest so halb. Wenn das Ende der Welt kommt, drehen wir den Spieß um und du wirst es sein, der mir zu Füßen kriechen wird… aus Furcht vor dem Mann, der dich zu Fall bringen wird, du großartiges, geniales Wunderkind.
 

Puran fand seinen Lehrmeister und Saidah nach langer Suche auf dem Innenhof, wo beide auf der steinernen, breiten Treppe saßen, die vom Schloss hinaus führte. Offenbar hatte die junge Frau ihrem Vater wirklich Tee machen lassen, jedenfalls stand die leere Tasse neben Meoran am Boden. Beide sahen auf, als der Herr der Geister zu ihnen kam.

„Darf ich mich zu euch setzen?“, murmelte er betreten, und Meoran schmunzelte.

„Jeder, nur du nicht.“, scherzte er, und Puran ließ sich neben Saidah auf die Stufen sinken und fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht.

„Hör nicht auf Emo, Meister. Er redet Scheiße, das wissen wir alle.“ Der Ältere stöhnte matt.

„Ich weiß. Am besten erwähnst du ihn nicht mehr.“

„Vergib mir, ich… geht es dir besser?“ Die Frage war offenbar auch nicht besser, Meoran warf ihm einen kurzen Blick zu und murrte.

„Mir geht es blendend, ging es mir auch vorher, Puran. Ich komme klar.“

„Vater!“, mischte die Tochter sich ungeahnt scharf ein und fasste seinen Arm, „Lass das. Puran hat es nur gut gemeint, du hast keinen Grund, ihn anzufahren. Du solltest dich beruhigen, soll ich dir noch einen Tee machen?“

„Nein!“, blaffte er sie an und Puran erhob sich rasch, als Meoran sehr schnell für seine Verhältnisse auf die Beine sprang. „Verdammt, Saidah, hör auf, mich wie einen altersschwachen Großvater zu behandeln! So alt bin ich noch nicht, mir geht es gut!“ Er sah die Fassungslosigkeit und den Schmerz im Gesicht seiner schönen Tochter, und das machte es nicht besser. Er wusste doch, dass sie alles für ihn aus Liebe tat… aber verdammt, sollte er zulassen, dass sie ihn beschützen musste? Es sollte andersrum sein… sie war seine Tochter. Sie sollte sich auf ihn verlassen können und nicht andersrum… sie war doch erst fünfzehn. Meoran unterdrückte das Verlangen, an seine plötzlich stechende Brust zu fassen, und er zog schwer keuchend die Luft ein, was unangenehm schmerzte. „Seht ihr, ich kann wunderbar gehen und mir fehlt nichts!“, erklärte er lauter als nötig, um seinen Standpunkt beizubehalten, und er erntete besorgte und bestürzte Gesichter. „Also hört auf, mich zu bemuttern. Ich hole mir jetzt einen starken Schnaps, jawohl. Das macht Müde morgens munter.“ Damit schritt er von dannen, zurück ins Schloss, so schnell er irgendwie konnte, um nicht den Eindruck zu erwecken, er wäre krank.

Was er definitiv war. Und das war er seit vielen Jahren. Das wusste er selbst.

Als er weg war, begann Saidah unverhofft zu weinen. Puran setzte sich wieder zu ihr und nahm sie schweigend in den Arm, worauf sie sich schluchzend an ihn klammerte.

„Ich… weiß einfach nicht, was ich machen soll!“, jammerte sie dabei, „Hilf mir, Puran… bitte… ich verstehe ja, dass er nicht verhätschelt werden will, aber… aber… jeder Blinde sieht, dass es immer schlimmer wird! Kein Heiler kann genau sagen, was ihm fehlt, nur, dass er ein fürchterlich schlechtes Herz hat… oben in den Bergen fühlt er sich auch besser als in dieser Hitze hier… ich habe nur Angst, dass er es nur noch schlimmer macht, wenn er dauernd so tut, als wäre er kerngesund!“

„Ich weiß.“, machte Puran benommen, „Mir ist genauso zum heulen zu Mute wie dir, meine Liebe.“ Saidah ließ ihn schluchzend los und wischte sich vorsichtig über die hübschen Augen.

„Vergib mir.“, wisperte sie, „Dass ich mich dir so… an den Hals werfe, meine ich.“

„Ist schon gut. Ich kenne dich seit du geboren wurdest, das ist doch selbstverständlich.“ Sie senkte den Kopf etwas, er war sich nicht sicher, ob sie errötete, im Dunkeln war es schwer auszumachen. Die Nacht war längst hereingebrochen. Puran entsann sich grübelnd, dass sie ihn vorhin geküsst hatte – rein automatisch ging er immer davon aus, dass alles, was sie tat, rein platonisch war. Immerhin war sie Meorans Tochter. Und in seinen Augen noch immer das kleine Mädchen, dessen Geburt er miterlebt hatte in Iter.

Nein… Saidah war längst kein kleines Mädchen mehr. Sie war jetzt erwachsen. Und sie war genauso bildschön geworden wie ihre Mutter.

„Vater ertrinkt in seinem Schuldbewusstsein.“, sagte die junge Frau da plötzlich und riss ihn aus seinen zweifelhaften Gedanken. „Er gibt sich immer noch die Schuld an Senols Tod und obwohl die Geister die Aktion mit Sora gutgeheißen haben, macht er sich immer Sorgen, er könnte auch sie ins Verderben geschickt haben. Schließlich verraten die Geister uns manchmal… abgesehen davon macht die ewige Einsamkeit ihn wahnsinnig…“ Sie brach hier unschlüssig ab und Puran seufzte erneut.

„Er hat doch dich… und Tanuq. Ich glaube eher, er grämt sich, weil er fürchtet, dich verlieren zu können… oder was aus dir wird, wenn er…“

„Das sicher auch, ja.“, räumte sie leise ein, „Aber ich spreche von meiner Mutter. Es ist schon so viele Jahre her, dass sie gestorben ist, aber er vermisst sie… ich weiß es genau. Er weint so oft im Schlaf und ruft ihren Namen…“ Puran sah sie bestürzt an. So schlimm war es, noch immer? „Manchmal…“ flüsterte Saidah dann, „Manchmal schlafe ich nachts bei ihm im Bett, damit er nicht so alleine ist. Aber ob meine Anwesenheit ihm wirklich hilft-… ich habe eher das Gefühl, wo ich jetzt daran denke, dass es es nur schlimmer macht, wenn ich wie meine Mutter aussehe und neben ihm liege…“

„Hör mir zu.“ Puran nahm ihre Hand in seine und sie sah fragend zu ihm auf, als er sie anblickte. „Ich spreche mal mit ihm. Ich bin sicher, Meoran weiß deine Bemühungen sehr zu schätzen. Dass er so hart reagiert, kommt sicher nur daher, dass er sich Vorwürfe macht, weil er dir so zur Last fällt… gib nicht auf, Saidah. Sei für ihn da, ihr beide habt euch doch nur gegenseitig. Er braucht dich genauso wie du ihn… Meoran will sicher nicht, dass du jetzt weinst.“ Er lächelte und strich ihr zärtlich die Tränen von den Wangen. „Was immer passiert, ich bin für dich da, Saidah. Dein Vater ist der beste Freund, den ich je hatte. Er hat sein Leben lang so viel für mich getan… wenn es irgendetwas gibt, das ich für euch tun kann, dann sprich mit mir.“ Sie sah ihn an, dann senkte sie abermals vermutlich errötend den Blick und drückte seine Hand fester.

„Du bist ein wundervoller Mann.“, murmelte sie dann dumpf. „Darf ich ehrlich sein, Puran?“ Sie sah wieder auf und er zog fragend eine Braue hoch. „Ich beneide Leyya um dich. Ehrlich… das ist vollkommen ernst gemeint.“ Sie beugte sich vor und küsste ihn; er ließ sie gewähren, erwiderte ihren zärtlichen Kuss aber nicht, unfähig, sich zu rühren, als sie ihre Lippen gegen seine drückte. Das hier hatte etwas Verbotenes… wie der einzige Kuss, den er jemals mit Ruja geteilt hatte. Verboten, aber nicht unangenehm.

Als sie sich von ihm löste, erhob sie sich gleich und sah in den Himmel.

„Bitte kümmere dich gut um Karana… damit aus ihm eines Tages auch ein so wundervoller Mensch wird wie du es bist. Ich freue mich schon, ihn eines Tages zu sehen und festzustellen, dass er ein Mann ist. Ich habe ihn noch immer als den kleinen Schreihals im Kopf, der er war, als wir in Yiara waren… seitdem ist er sicher groß geworden.“

Ja, das war er, dachte Puran sich etwas benommen, als er auch aufstand. Groß, aber davon, ein wundervoller Mann zu werden, war er in den Augen seines Vaters noch sehr weit entfernt.
 

In den nächsten Tagen folgten Wolkenbrüche. Vater Himmel schien entweder vor Freude zu weinen, dass der Krieg endlich vorüber war, oder aber er bemitleidete die Zuyyaner, was irgendwie an Hochverrat grenzte.

„Wäre doch irgendwie ironisch, wenn die Himmelsgeister es betrauern, dass die Zuyyaner unsere Welt nicht einnehmen oder zerstören konnten. Da würde ich mich an Purans Stelle jedenfalls fragen, ob sie tatsächlich hinter uns stehen, so wie sie es sollten…“ Henac Emo kicherte dreckig, während er unter einer kleinen, schäbigen Bogenbrücke Schutz vor dem Regen suchte, in seine Manteltasche griff und eine Zigarette hervorzog, die er gemächlich ansteckte. Oben auf der Brücke führte die Südstraße hinauf in Richtung Palast; die großen, guten Straßen liefen immer oberhalb der schäbigeren Viertel von Vialla. Die Gasse, die sich unter der Brücke hindurch schlängelte, war gefüllt von schmutzigem Regen- und vermutlich auch Abwasser, dem Geruch nach zu urteilen jedenfalls, und der Geisterjäger verfluchte die Maden, die hier lebten. Konnten die nicht sauber leben oder machte es denen Spaß, ihren Scheiß auf die Straße zu kippen? Eine bucklige alte Frau torkelte unter der Brücke hindurch an ihm vorbei, wo sie ihm einen schrägen Blick schenkte. Ja, er musste komisch aussehen im Armenviertel mit seinem teuren Umhang und den allgemein viel besseren Kleidern. Emo schenkte der alten Frau ein gehässiges Grinsen.

„Glotz mich nicht so neidisch an, du hast es doch eh’ bald hinter dir, alte Schrulle.“ Die Frau fuhr zusammen und machte, dass sie weg kam, und er lachte amüsiert über ihren Missmut. Die sollte sich nicht so anstellen…

Als er seinen Blick nach links wendete, fiel ihm ins Auge, wonach er eigentlich gesucht hatte, und seine dunklen Augen verengten sich grübelnd, als er zwei Männer die Gasse herauf zur Brücke kommen sah. Beide waren in einfaches Ölzeug gehüllt gegen den heftigen Regen, sie mochten etwas jünger als der Geisterjäger sein, aber sicher immer noch älter als Baby-Senator Puran. Ihre Gesichter waren wettergegerbt und ließen eine einfache, niedere Herkunft erkennen; dem größeren der beiden fehlte ein Ohr. Die beiden Rüpel hatten ihn offenbar auch bemerkt und kamen jetzt zügiger zur Brücke; dort angekommen nahmen sie ihre Kapuzen ab und musterten den Älteren knapp.

„Du bist Emo?“, fragte einer in sehr schlecht gesprochener Hochsprache, und der Geisterjäger pustete den Rauch seiner Kippe den Männern ins Gesicht.

Du schon mal gar nicht. Für euch bin ich Plural, hat euer Herr euch das nicht gesagt?“

„Vielleicht hält er dich nicht mehr für wertvoll genug, um uns zu sagen, wir sollten dir Respekt zeigen.“, konterte der zweite Mann grinsend und entblößte dabei eine hässliche Zahnlücke.

„Vorsicht, Kerl, pass auf, mit wem du sprichst, ich könnte dir mit einer Handbewegung die Zunge abschneiden. Oder viel Wertvolleres, wenn ich gerade gute Laune habe.“ Er sah zu seiner Zufriedenheit, wie die Gesichtszüge der Männer entgleisten, und er reckte seinen Kopf etwas höher. „Das hat der Herr wohl auch vergessen zu erwähnen.“

„Wir wissen, dass du – ähm, Ihr… dass Ihr Geisterjäger seid.“, murmelte der erste Mann wieder, und Emo verzog das Gesicht.

„Euer Akzent ist ja grauslich. Habt ihr jemals wirklich Tharranisch gelernt?! Oder sprecht ihr nur Ghianisch?“

„Wir haben so viel gelernt, wie nötig war, um nicht groß aufzufallen während der Forschungen hier.“

„Ja, so viel wie nötig, das sehe ich, und kein Wort mehr. Versager. Was habt ihr jetzt zu berichten? Ich habe eure Nachricht bekommen, gibt es etwas Spannendes?“

„Wir haben die Spur des Kita-Mädchens wiedergefunden.“

Das war in der Tat spannend. Henac Emo zog eine Braue hoch, kramte großzügig in seiner Tasche und bot den beiden Schergen von Ghia jedem eine Kippe an. Mit Vaira zündete er ihnen netterweise auch die Zigaretten an, ehe er sprach.

„Dann heißt das, sie lebt tatsächlich noch? – Und das erzählt ihr mir zwei Jahre später? Seid ihr noch zu retten?“

„Der Meister hat uns gesagt, wir sollten nach Tharr gehen, ursprünglich hatten wir einen anderen Auftrag – aber als Ihr die Kitas getötet habt, und der Tod des Mädchens nur anzunehmen war, aber nicht bewiesen, hat er gesagt, wir sollten versuchen, herauszufinden, ob sie nicht doch entkommen konnte. Und offenbar sieht es so aus.“

„Hmm.“, machte der Ältere, „Ist das von Bedeutung? Ich meine, sie ist bloß ein kleines Mädchen. Sie ist nicht mal eine Zeugin.“

„Karana Lyra ist auch bloß ein kleiner Junge. Und trotzdem sagt der Meister, er müsse sterben.“

„Ja… das ist mir bewusst.“ Der Schwarzhaarige drehte brummend den Kopf, als er an seine unheilvolle Aufgabe dachte, die ihm definitiv noch bevorstand. Ulan Manha war ein kluger Kerl. Aber er war auch definitiv gnadenlos mit Leuten, die versagten…
 

„Die Bratzen der Geisterjäger sind mir genauso ein Dorn im Auge wie ihre Väter, Emo!“, zischte der Mann und fixierte ihn mit seinen grünen Augen eine Weile grimmig, indem er in seinem Arbeitszimmer auf und ab ging. „Denn aus ihnen werden mit viel Pech auch eines Tages Geisterjäger werden, und das passt mir nicht so. Und sie werden schlimmer als ihre Väter, weil sie mit dem Wissen aufwachsen, dass ich böse bin, und mehr Zeit haben, sich dafür zu wappnen.“

„Das klingt logisch, aber irgendwie auch paranoid, denkt Ihr nicht?“, seufzte der Ältere und fuhr sich durch die schwarzen Haare, „Worauf wollt Ihr hinaus?“

„Dass du deine Kollegen nicht einfach so abmurksen kannst, sehe ich ein. Aber mit ihren Gören solltest du ja wohl wenige Probleme haben. Ganz besonders meine ich… Purans Gör. Karana heißt der Junge, habe ich recht? Ich hatte Angst, er würde seinen Sohn nach seinem Vater benennen. Mit einem Tabari hätte ich größere Schwierigkeiten, fürchte ich, als mit einem Karana. Wie auch immer – der Fratz vor allem. Genau genommen ist er mein, äh, Halbneffe zweiten Grades, irre ich mich?“ Emo war kein Kenner von Verwandtschaftsgraden und so zog er nur irritiert eine Braue hoch.

„Vermutlich. Die Sache hat aber einen gemeinen Widerhaken, den Ihr zu übersehen scheint in Eurer Großartigkeit. Natürlich ist es einfach, ein Kind zu töten – schwer wird nur sein, an es heranzukommen. Wir sprechen hier über Purans Sohn. Und Puran hat von allen die größte Paranoia, er wird den Knirps niemals unbeaufsichtigt lassen. Wobei er im Gegensatz zu Meoran wenigstens keine Späher in Vogelform hat, die mir die Tour vermasseln könnten.“

„Ich sagte nicht, dass es Zuckerschlecken wird, du Horst!“, fauchte der Lianerkönig und wirbelte zornig herum, „Und wage nicht, an meiner Genialität zu zweifeln, oder ich lasse sie dich spüren, und zwar am eigenen Leib!“

„Glaubt mir, ich freue mich darauf.“ Der Jüngere fluchte und warf mit einem kleinen Feuerzauber nach seinem Untergebenen, den der Geisterjäger breit grinsend mit einer Hand in Schatten auflöste.

„Du nimmst dir zu viel heraus, du Köter!“, empörte Scharan sich grantig, „Knie, Emo! Los, jetzt!“ Er stampfte zu ihm herüber durch den Raum, und der Schwarzhaarige verdrehte die Augen.

„Können wir nicht erst mal klären, was es zu klären gibt, und danach zum delikaten Teil der Konversation übergehen?“

„Vergiss nicht, wer von uns beiden hier die Oberhand hat.“, warnte der Mann ihn bloß und stierte auf ihn herunter, jetzt direkt vor ihm stehend, während der Ältere auf seinem Sessel saß und ein Bein über das andere geschlagen hatte. Emo grinste ihn nur an und sagte nichts weiter, also fuhr er nach grimmiger Pause fort. „Die Sache mit Kitas war brenzlig. Verhindere gefälligst, dass sie dich verdächtigen, Idiot. Wenn du morgen zurück nach Tharr kehrst, hast du eine Aufgabe zu erfüllen. Mir egal wie, mir egal wann. Aber töte Purans Sohn. Und wenn du ganz Thalurien in die Luft jagen musst. Alles andere ist zweitrangig; um Meorans bezaubernde Tochter kümmern wir uns später und was die Bälger von Shais angeht, ich kann schwer einschätzen, was die draufhaben, die sterben irgendwann anders. Gerade weil Puran so ein paranoider Schisser ist… hast du nur einen einzigen Versuch. Wenn er daneben geht, können wir es fürs erste vergessen. Hast du das verstanden, du Superspion? Der Knirps darf nicht zum Mann heranwachsen. Sorge dafür!“ Emo schenkte dem Sklaventreiber einen langen, unschlüssigen Blick, ehe er nickte und dann doch noch Einwand erhob.

„Warum Karana Lyra? Nur so zur Vorsicht, weil sein Vater vermutlich der mächtigste Gegner ist, den Ihr jemals haben werdet, und Ihr fürchtet, der Zwerg könnte auch zu so einem werden?“

„Nein… was Karana werden wird, ist etwas anderes. Und es besorgt mich viel mehr als sein hypertalentierter Vater. Der Junge ist gefährlicher als sein Vater. Ich hatte eine Vision… und die hat mir nicht gefallen. Frag nicht weiter sondern mach deine Arbeit, du Schnüffler. Wenn du versagst, wirst du die nächste Zeit nichts mehr zu grinsen haben…“
 

„Verstehe.“, brummte der Geisterjäger dann und sah wieder die beiden schrägen Vögel an, die Sklaven von Scharan waren. Sie waren Menschen, die waren im Gegensatz zu Lianern nicht auffällig. Dass sie die Einheitssprache von Tharr nur wenig konnte, machte sie nicht automatisch als Ghianer erkennbar. Ihre sonnengebräunte Haut könnte sie auch aus Kuyala oder Fann stammen lassen, Ländern, in denen eigene Volkssprachen noch viel verbreiteter waren als in den hochkultivierten Ländern wie Kisara oder Janami. Solche Männer als Spione zu benutzen war wesentlich ungefährlicher, das war den beiden Verschwörern ziemlich schnell klar geworden… „Wenn das Mädel noch lebt, haben wir eine potentielle Geisterjägerin mehr, die beseitigt werden sollte. Weiß Manha das?“

„Nein, noch nicht – er gab uns Anweisung, als Erstes Euch zu kontaktieren, wenn wir irgendetwas fänden.“

„Wo?“, fragte der Ältere nur grob, und der zweite der Männer nickte nach hinten.

„Soweit wir erfahren haben, und das war nicht leicht, ist sie in der Nähe des Hauses von einem Mann in Uniform verschleppt worden.“ Emo zog eine zweite Braue hoch und wartete. Als nichts kam, pflaumte er die Trottel an:

„Ja, und weiter?! Soll ich euch alles aus der Nase ziehen?! Wohin?!“

„Wir haben die Spur in Richtung Osten wiedergefunden, mit großer Wahrscheinlichkeit sind sie nach Janami geflohen. Wir sind recht sicher, dass es nach Minh-În ging.“

„Minh-În?“, fragte der Schwarzhaarige verblüfft. Dann verengte er die Augen zu schmalen Schlitzen. „Soso, Minh-În… na, so ein Zufall… ein Mann in Uniform, habt ihr gesagt? Dunkelblau?“

„Ja, soweit wir gehört haben.“

„Ihr habt nicht zufällig auch gehört, ob der Mann in Uniform rein zufällig auf dem linken Auge nach außen geschielt hat?“

„Nein, also, davon wurde nichts berichtet.“ Der Geisterjäger kratzte sich am schlecht rasierten Kinn und grübelte.

„Hm, na ja, Meoran wird wohl auch nicht so dermaßen dumm sein, da persönlich hinzulatschen und das Gör zu verschleppen. Dann war es vermutlich eher einer seiner Kampfhunde aus der Truppe… verdammte Scheiße, ich hätte wissen müssen, dass dieser Arsch da mit drin hängt!“ Die beiden Kerle sahen sich doof an, während der Geisterjäger eher mit sich selbst sprach. Ein dämonisches Grinsen stahl sich auf sein Gesicht, aber es war kein erfreutes. „Scheiße, und Puran hat das ganz genau gewusst. Diese heuchlerischen Ärsche… na wartet, dafür werdet ihr büßen.“ Er zischte, dann fuhr er wieder herum zu den Schergen und zeigte auf sie. „Ich bin Manhas erster Mann in allen Dingen, ich habe freie Verfügung über euch, sage ich jetzt mal. Das heißt, wir setzen alles auf eine Karte und ihr bekommt von mir einen neuen Auftrag.“ Die Männer sagten wieder nichts und er brummte. „Ihr fahrt nach Minh-În. Mir egal wie, klaut euch ´nen Wagen oder so. Aber erregt auf dem Weg möglichst kein Aufsehen.“

„Minh-În, Herr?“, fragte einer der Typen, „Um dort weiter Kitas Göre zu suchen?“

„Nein – also, ja, wenn ihr die zufällig da seht, macht sie kalt. Mir geht es aber mehr um Chimalis. Ich habe meine eigene Aufgabe… und während ich nach Thalurien reise, macht ihr für mich Chimalis’ fertig. Alle beide.“ Emo erntete eisernes Schweigen. „Was ist?!“

„Ist Meoran Chimalis nicht ebenfalls Geisterjäger? Glaubt Ihr, wir als Nichtmagier haben eine Chance, ihn zu töten?“ So etwas hatte der Ältere geahnt, deswegen grinste er süffisant und reckte das Kinn.

„Schnappt euch seine Tochter. Dann frisst er euch aus der Hand… Meoran würde sterben für seine schöne Saidah, da bin ich mir… absolut sicher.“
 

Der Sommer hatte seinen höchsten, heißesten Punkt überschritten. Der Sommermond war vorüber und der Mond des vielen Fleisches war angebrochen, als die Himmelsgeister den Regen aufhielten und stattdessen wieder gnadenlose, knallende Sonne nach Thalurien schickten. Puran fluchte über die Hitze, weil er schon gehofft hatte, dieses Jahr nur einen kurzen Sommer erleiden zu müssen; die Kinder freuten sich aber über das bessere Wetter, und sobald das Dorf halbwegs getrocknet war, spielten sie ausgelassen auf den Straßen. Als Puran kurz vor Sonnenuntergang aus Taiduhr zurück nach Lorana kehrte, fand er seine drei Kinder vor Dasan Sagals Anwesen auf der Straße; die kleine Neisa spielte mit Niarih vor der Tür des Anwesens mit Stoffpuppen, während Simu auf der Stufe vor dem Eingang hockte und Karana zusammen mit Tilan und Azan offenbar zaubern übte.

Der Junge konnte inzwischen mit seinen zehneinhalb Jahren natürlich längst die Grundzauber. Mit Vaira hatte er sich tatsächlich speziell etwas schwer getan, aber seinen Vater hatte es wenig bis nicht überrascht, dass seine größte Stärke genau wie bei all seinen Ahnen väterlicherseits der Windzauber Katura war.

Die Sagal-Jungen waren sehr geeignete Partner zum Üben von Zaubern. Sie waren Telepathen und daher auf Teleport und Barrieren spezialisiert – also auf Ausweichen und Defensive. Und so war es praktisch, wenn Karana versuchte, die Freunde mit Magie zu erwischen und die sich Mühe gaben, sich nicht treffen zu lassen. Und jetzt, als Puran aus der Ferne das Treiben der Kinder beobachtete, merkte er verblüfft, dass sein Sohn sein Talent für die Grundzauber extrem rasch ausgefeilt hatte, sobald es dann endlich da gewesen war. Azan war der Ältere der Sagal-Jungen und über zwei Jahre älter als Karana, der war schon geschickt genug mit seinen Barrieren, um unbeschadet den Tag zu überstehen; aber sein kleiner Bruder Tilan war nur ein paar Monde älter als Karana und wesentlich malträtierter. Der Senator fragte sich besorgt, wie lange die da schon übten… der arme Tilan sah aus, als hätte man ihn durch einen Dornenbusch gezerrt und anschließend angezündet…

„Demora!“, hörte er Karana da rufen und er zog eine Braue hoch, als aus den Händen seines Sohnes ein beachtlicher Blitzzauber entsprang, der auf sein Gegenüber geschleudert wurde. Tilan riss keuchend die Hände hoch, um gerade noch rechtzeitig eine flimmernde Barriere aus purer Magie zu errichten, die wie ein Schutzschild wirkte und an der Karanas Blitz abprallte. Der Jüngere zischte, sprang zurück und wollte noch einen Zauber auf Tilan werfen, aber jetzt war der Telepath schneller und schubste seinen Freund mit einer Handbewegung und einem Schlag Telekinese zurück und zu Boden.

„Schönes Ding, haha.“, gluckste Azan, der sich als Ältester der Jungs wohl als eine Art Trainer machte. Er lehnte an der Wand des Hauses gegenüber und verschränkte jetzt wichtigtuerisch die Arme. „Los, Karana, steh' auf, oder bist du müde?“

„Pah, Tilan ist viel müder als ich!“, feixte der Junge und rappelte sich hustend auf, „Der sieht aus wie überfahren!“

„Du bist zu schnell für mich, das ist totaler Wahnsinn.“, stöhnte Tilan und fuhr sich durch die Haare, „Ich glaube, ich brauche eine Pause…“

„Ah.“, machte Azan, ehe Karana antworten konnte, „Das hat sich erledigt, wir machen Schluss für heute. Karanas Vater kommt.“ Puran war jetzt dicht genug, um die letzten Worte genau gehört zu haben, und er bedachte Dasan Sagals Enkel mit einem schrägen Blick.

„Moment, was hat das denn zu heißen, tut ihr Dinge, die ich nicht mitbekommen sollte, Azan?“

„Vati!“, johlte Neisa auf der Veranda und winkte, während Simu sich erhob. Azan Sagal lächelte wohlerzogen und neigte höflich den Kopf.

„Nicht doch, Herr. Ich dachte nur, wo Ihr gerade des Weges kommt, wollt Ihr Eure Kinder sicher mitnehmen – abgesehen davon hielt ich es für eine passende Gelegenheit, meinen Bruder vor weiteren Blessuren zu bewahren. Gut, dass Tante Chitra ihn gleich heilen kann.“ Tilan maulte etwas von wegen, er bräuchte keine Heilung, und Puran musste glucksen.

„Mein lieber Schwan, so, wie du redest, könnte man denken, du wärst bei piekfeinen Aristokraten aufgewachsen, dabei sind wir hier doch so ein kleines Dorf…“

„Ich kann auch wie ein ungewaschener Penner sprechen, wenn es sein muss, Herr.“, sagte Azan und zuckte mit den Achseln, „Das kommt darauf an, wo, mit wem und warum ich arbeite und was für Informationen ich will.“ Der Senator weitete kurz die Augen.

„Ach, so ist das – dein Vater bildet dich wohl jetzt zum Spion der nächsten Sagal-Generation aus? Mensch, ihr seid aber auch echt ein festes Netz. Keine Chance für Eindringlinge.“

„Nicht mein Vater, mein Großvater.“, meinte der Junge glatt, „Großvater ist ein besserer Lehrer.“

„Aah, Himmel.“, machte der Senator und lachte, „Da muss ich dann jetzt ja echt aufpassen, über wen ich in deiner Gegenwart lästere, wenn das alles sofort zu deinem werten Großvater sickert! Du machst deine Sache bestimmt gut, Azan. – Karana, Simu, Neisa, wie ist es, wollt ihr mit heim kommen? Vielleicht sollten wir uns langsam auf den Weg machen.“

Die Kinder folgten ohne groß zu meckern, und als sie gingen und der Straße hinauf folgten, sah Azan Sagal ihnen eine Weile nach, ehe er seinen Bruder und seine Cousine ins Haus schickte.

Der Himmel war klar, der Sonnenuntergang verlieh dem sonst grünlichen Himmel auf Tharr eine gefährliche, gelbe Färbung, die ihn wie brennend aussehen ließ. Puran wusste nicht genau, was es war, das ihn plötzlich besorgte, aber es war ein schlechtes Gefühl, das ihn überkam.

„Du hast den armen Tilan ganz schön zugerichtet, Karana…“ murmelte er nebenbei, während er in den Himmel sah und nicht wusste, woher das verdammte Pochen in seinem Schädel kam. „Du solltest es nicht so hart angehen, immerhin soll er hinterher noch leben, oder?“

„Ja… ist nicht so einfach, Vati. Wenn ich Kurzhöschen haue, kann ich mich auch nicht einfach zurückhalten, sonst grillt der mich!“

„Wen haust du?!“

„Na, Kurzhöschen. Zoras, von mir aus auch.“

„Wieso heißt er Kurzhöschen?“, wunderte Puran sich verstört, und Simu seufzte.

„Weil er Hemden ohne Ärmel trägt…“ Puran gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.

„Na, das hab ich genau gehört!“ Er ließ es auf sich beruhen, dass Zoras offenbar den klangvollen Spitznamen Kurzhöschen erhalten hatte, und wandte sich wieder Karana zu. „Dass du übst, ist wundervoll, aber diese brutalen Schlägereien heiße ich noch immer nicht gut, ist dir das klar, Karana? Weder mit diesem Spinner Loron Zinca noch mit Ram Derrans Gör! Warum, verdammt, musst du immer andere schlagen?! Wieso bist du nicht so wohlerzogen wie Simu?“

„Das liegt an den Genen.“, grübelte der blonde Adoptivsohn feixend, wurde dieses Mal zu seinem Glück aber überhört. Karana blieb stehen und brummte.

„Fällt dir denn eine effektivere Art ein, mit der ich meinen Clan würdevoll vertreten kann?“, fragte er bissig und jetzt blieb Puran auch stehen. Als Karana seinen Blick fing, wusste er sofort, dass er jetzt ins Fettnäpfchen getreten war, und instinktiv keuchte er und trat zurück, als der Blick des Vaters sehr grantig wurde. „I-ich meine-…!“, setzte er sofort planlos hinterher, doch sein Vater stierte ihn schon wütend an.

„So, mein lieber Junge, jetzt hörst du mir mal gut zu! Erstens ist das noch mein Clan, sofern du nicht vorhast, mich heute Nacht zu erdolchen und mich so vom Platz des Clanführers zu schmeißen. Zweitens ist andere schlagen und unterwerfen weder effektiv noch würdevoll! Drittens sorgt dein abartiger Ton gerade dafür, dass mir wirklich die Galle hochkommt, und ich habe wirklich die Nase voll von deinen Spielchen, Sohn!“ Karana keuchte abermals und versuchte vergeblich, dem bohrenden Blick des Vaters standzuhalten, bis er schließlich wütend zischte und reflexartig seine spitzen Zähne entblößte wie ein in die Enge getriebenes Raubtier. Was er dann sagte, hatte er niemals sagen wollen – eigentlich nicht einmal denken. Und er hatte keine Ahnung, wieso es plötzlich in seinem Kopf oder auf seiner Zunge war – und wieso es dann herauskam.

„Die Macht der Geister gehört mir! Und es wird der Tag kommen, da werden Vater Himmel und Mutter Erde vor mir knien und mich anflehen, mir dienen zu dürfen! Und du wirst daneben stehen und dich daran erinnern, mir einst gesagt zu haben, das wäre nicht effektiv, du Hurensohn!“
 

Puran wusste nicht, wofür er ihn in erster Linie ohrfeigte. Er vermutete, dass es nicht der Hurensohn war, sondern viel mehr die Worte davor – Worte, von denen der Herr der Geister in grauer Vorzeit schon einmal gehört hatte.

Worte, die ein ganz bestimmter Vorfahre von ihm einst gesagt hatte… einer, der dieselben Eckzähne gehabt hatte wie Karana.

Die Ohrfeige kam aus blinder Panik und absolutem Entsetzen heraus und war viel zu kräftig für einen zehn Jahre alten Jungen. Karana japste und stürzte rückwärts zu Boden, Neisa quietschte vor Schreck und versteckte sich hinter Simu. Letzterer erbleichte und drängte seine Schwester geistesgegenwärtig zurück, als er den grauenhaften, ungebändigten Zorn in des Vaters Gesicht sah – er hatte ihn nie so dermaßen zornig und fassungslos erlebt.

„V-Vati?! Karana, w-was zum-…?!“, stammelte er, leicht aus der Bahn geworfen, und Puran schnappte bebend vor Zorn nach Luft, als Karana sich erbleichend aufrappelte und nach seiner aufgeplatzten Lippe fasste. Der Kleine brachte kein Wort heraus und sah seinen Vater so verletzt, entgeistert und panisch an, dass Puran sich fragte, was ihn geritten hatte – verdammt, wie hatte er seinen eigenen Sohn so hart schlagen können? Der Junge, dem er jetzt fuchsteufelswild ins Gesicht stierte, war garantiert nicht der, der seinen eigenen Vater gerade auf offener Straße Hurensohn genannt hatte…

Die Geister trieben bösartige Spielchen.

Ohne ein Wort zu sagen rannte Karana davon, die Straße hinab und hinaus aus dem Dorf. Niemand hielt ihn auf, nur Neisa fing vor Schreck an zu weinen und klammerte sich an Simu. Puran konnte nur da stehen und seinem Kind sprachlos nachsehen, wie es davon rannte.

„Du bist sein Vater. Du musst dafür sorgen, dass er auf dem richtigen Weg bleibt.“, hatte Alona einst zu ihm gesagt. Traumatisiert von dem Erlebnis eben musste Puran sich eingestehen, dass er als Vater versagt hatte.

Und dieses Eingeständnis tat so weh, dass er plötzlich weinen wollte.
 

Karana rannte, so schnell er konnte. Er hatte Lorana längst hinter sich gelassen und stolperte jetzt japsend und keuchend über die hoch gewachsenen Wiesen der Umgebung in Richtung Osten. Er hatte keine Ahnung, wo er hin wollte… Hauptsache nicht zurück nach Hause. Nicht zurück zu seinem Vater, der ihn so voller Abscheu und Zorn angesehen hatte… Karana hatte seinen Vater oft wütend erlebt, aber niemals war es so heftig gewesen. Und das Beste war, er wusste nicht einmal genau, was eigentlich passiert war.

Er hatte Dinge gesagt, die er nicht gedacht hatte, die er gar nicht hatte sagen wollen. Er wusste nicht mal, wieso diese Worte plötzlich in seinem Geist gewesen waren… vielleicht wusste sein Vater es besser… vielleicht wusste er, was da passiert war, und war deswegen wütend? Der Junge zog durch die Nase hoch und kämpfte gegen die Tränen an, die ihm schmerzhaft empor stiegen. Er war wütend, verzweifelt und verletzt durch des Vaters unglaublich bösartigen Blick.

„Ich wollte doch nicht, dass du sauer wirst, Vati…“ wimmerte das Kind unglücklich und rannte wieder schneller, über das Grasland hinweg, bis er plötzlich stolperte, kurz aufschrie und dann zu Boden stürzt. Fluchend rappelte er sich auf, bis er saß, schluchzte und rieb sich das schmerzende Knie, das er sich aufgeschürft hatte. „Ach, verdammt!“, heulte er, „Was soll denn das, Geister?! Ich… ich bin doch der Sohn des Herr der Geister, i-ihr… ihr solltet vor mir Respekt haben!“ Die Geister antworteten ihm nicht, als er verbiestert in den Himmel starrte, und vor Wut heulte er erneut auf, weil niemand zu ihm sprach. Vielleicht hatte er die Geister vergrault… mit dem, was er zu seinem Vater gesagt hatte. Kein Sohn sollte so mit seinem Vater sprechen, Karana wusste das – und er hatte es nicht gewollt…

Du Hurensohn.

Er hatte seinen eigenen Vater einen Hurensohn genannt – was, verdammt, war denn in ihn gefahren? Er fand nicht, dass sein Vater ein Hurensohn war. Er verehrte ihn doch eigentlich, um alles in der Welt wollte er so werden wie er… war es dann nicht extrem dumm, die Person, der man nacheifern wollte, dermaßen zu erzürnen, dass sie einen verabscheute? Vermutlich tat der Herr der Geister das jetzt…

Karana schluchzte herzergreifend und wollte sich selbst bemitleiden. Sein Vater hasste ihn – und wenn er es der Mutter erzählte, würde die ihn auch hassen, denn seine Mutter würde immer zum Vater halten. Vielleicht würden sie verhindern, dass er jemals wieder heim kehrte – wo sollte er denn jetzt wohnen? Etwa draußen? In einer Höhle? Bei den wilden Tieren? Der Junge fluchte, heulte und jammerte vor Verzweiflung – bis er plötzlich in seiner Nähe ein weiteres Wimmern vernahm und aufhorchte.

„Hallo?“, wisperte er verwirrt, „W-wer ist da?“ Plötzlich ergriff ihn Furcht – und nicht an erster Stelle, weil jemand ihm etwas antun könnte, sondern mehr deshalb, weil jemand vielleicht gehört hatte, wie erbärmlich er hier am Boden mitten in der Pampa saß und flennte wie ein Mädchen. Der Junge wischte sich hastig über das Gesicht und die geröteten Augen, während er verlegen rot wurde und sich halb im hohen Gras erhob, um sich umzusehen. Da war das Wimmern wieder – aber er konnte niemanden sehen. Um ihn herum war nur Wiese, in der Ferne war ein kleines Wäldchen. Irgendjemand war noch hier im Gras und wimmerte… „Hallo?! Antworte, du Heulboje!“, rief Karana etwas fester und stand jetzt auf, sich abermals mit dem Handrücken über die Nase fahrend; er hoffte mal, dass man ihm nicht ansah, dass er selber eben noch geheult hatte. Er horchte noch einmal, als das Wimmern ertönte, und runzelte die Stirn. Es klang an sich überhaupt nicht menschlich, fiel ihm jetzt auf – es klang mehr wie ein verwundetes Tier. Neugierig wagte er sich in die Richtung, in der er das Wimmern geortet hatte, und teilte das Gras vor sich, um etwas mühsam voran zu tapsen. Sein Knie brannte wie Feuer, es musste Dreck in die Wunde gekommen sein… das Wimmern war verstummt und der Junge hielt inne. „Hallo?“, machte er wieder, aber es kam keine Antwort. Instinktiv wandte er sich etwas nach links und schob sich weiter durch die Pampa, deren Gras so hoch ragte, dass es ihm teilweise bis zur Stirn reichte. Dann, als er die nächsten Halme zur Seite bog, fand er plötzlich unverhofft die Quelle des Wimmerns, und er blieb abrupt stehen und weitete die Augen.

Wie er geahnt hatte, war es kein Mensch. Es war ein schwarzes Fellknäuel, das am Boden lag, das sich bei näherem Hinsehen als Wolfshund entpuppte. Von denen gab es manchmal welche in der Gegend, aber eigentlich kamen sie mehr aus dem Hochland, soweit Karana wusste. Dieser hier war jedenfalls noch sehr jung, fast noch ein Baby, so klein wie er war. Das kleine Tier starrte erschrocken in das Gesicht des Jungen, so wie der Junge erschrocken auf ihn herab sah, und Karanas grüne Augen trafen auf die blauen des Hundes. Kurz verharrten sie beide so und starrten einander an – dann hockte der Junge sich vorsichtig hin, um dem Tier näher zu kommen. Alarmiert fletschte der Welpe die Zähne, wirkte aber absolut nicht bedrohlich. Sein schwarzes Fell sträubte sich ängstlich und Karana fragte sich, wieso er nicht weglief – ein weiterer Blick auf den Kleinen ließ ihn feststellen, dass er am Hinterbein verletzt war.

„Oh nein… du armer Kerl.“, machte der Junge mitleidig und blieb, wo er war, um das Tier nicht unnötig zu verschrecken. „Du bist ja verwundet… wo ist denn deine Mutti? Die wird dich doch nicht hier liegen gelassen haben?“ Das war überhaupt ein Problem – mit einem Welpen wurde Karana fertig, aber wenn die Mutter zurückkehrte, wäre er schneller zerfleischt, als er schreien könnte… vielleicht sollte er einfach gehen…

Das Tier winselte herzerweichend und Karana seufzte. Nein, er konnte nicht gehen. Er hatte das Gefühl, hier richtig zu sein – die Geister hatten ihn doch nicht verlassen.

„Ganz ruhig.“, flüsterte der Junge leise und setzte sich ganz auf den sandigen Boden, ehe er vorsichtig und ganz, ganz langsam die Hände in Richtung des Welpen schob. Auch, wenn es nur ein Baby war, so ein Biss konnte sehr schmerzen. Doch zu Karanas Verblüffung beruhigte sich das Tier sofort, als er es abermals eindringlich ansah. Das Winseln verstummte und völlig ruhig ließ es zu, dass der Junge es berührte. Karana kam etwas näher und fixierte kurz mit dem Blick das verletzte Hinterbein des Welpen, ehe er die Hand danach ausstreckte. Er könnte es mit Lira versuchen… den einfachen Heilzauber konnte jeder Depp lernen, auch als Schwarzmagier oder Telepath – nur waren die Heiler natürlich von Natur aus viel begabter damit. Der kleine Hund jaulte, als er das verletzte Bein mit der Hand umfasste und versuchte, die Energie für den Heilzauber in seine Finger zu lenken. Jetzt versuchte er doch, abzuhauen, aber Karana legte sachte die andere Hand auf den Kopf des Tieres.

„Ruhig, bleib hier. Ich tue dir nichts, ich will dich doch nur heilen! Halt still, Hund!“ Das Tier schien seine Stimme tatsächlich als beruhigend zu empfinden, jedenfalls hörte es zu jaulen auf und der Junge beobachtete verblüfft, wie es ganz ruhig da lag und wartete, bis Karana den Zauber beendete. Er hob seine Hand von dem Bein und seufzte frustriert. Die Wunde war zwar geschlossen, aber irgendwie sah es noch immer nicht richtig heil aus… „Steh auf, lauf!“, befahl er dem Tier und tatsächlich versuchte es, seinem Befehl zu folgen – allerdings erfolglos. Karana seufzte besorgt und zog die Brauen hoch. „Oh nein, das war wohl noch nicht richtig so… verdammt, ich bin kein Heiler… aber ich kann dich doch hier nicht verrecken lassen, du armer Kerl!“ Er erwartete nicht wirklich eine Antwort, als er frustriert in das trauriges Gesicht des Tieres blickte. „Ich bin übrigens Karana.“, erklärte er dann mit einem dumpfen Lächeln, „Mir geht’s wie dir, ich glaube, meine Familie will mich auch nicht mehr haben… und mein Bein ist auch kaputt, schau…“ Er deutete auf sein aufgeschürftes Knie und der Hund winselte, als hätte er wirklich Mitleid. Karana keuchte fasziniert, als ihm ein Gedanke kam. „Moment – du verstehst, was ich sage, oder? Du verstehst mich, Hund! Vielleicht übersetzen die Geister ja netterweise für dich…?“ Der Hund sah ihn nur an, aber Karana hatte das Gefühl, dass er nicht bekloppt wurde – das Tier verstand ihn tatsächlich, er war sicher. Die Idee beeindruckte ihn enorm, und sein eigenes Dilemma ganz vergessend begann er, aufgeregt auf den kleinen Hund einzureden.
 

Der kleine Wald südlich der Pampa spendete etwas Schatten. Dank des Sonnenuntergangs sahen die Schatten bizarr aus und waren extrem dunkel.

Henac Emo war Realist; dass sein Instinkt ihn an diesem Tag, einige Wochen nach seinem Treffen mit den ominösen Männern unter der Brücke, gerade hier in diesen Wald geführt hatte und er tatsächlich wie zufällig Karana Lyra antraf – und das mutterseelenallein – erschien ihm doch etwas zu schön um wahr zu sein. Der Junge hockte im Gras und redete offenbar mit sich selbst, und es würde den Geisterjäger nur einen Schwenk mit der Hand kosten, um Purans Sohn zu töten. Das erschien ihm doch etwas sehr einfach… die Geister waren gerne sadistisch, aber nur, weil sie sich bei Kitas Tod zufällig auf seine Seite geschlagen und Puran verschwiegen hatten, dass er, Emo, da mit drin hing, hieß das nicht, dass sie es dieses Mal wieder tun würden.

Und sein Verdacht wurde bestätigt, in dem Moment, als er gerade seine Hand hob und mit sich rang, ob er es wirklich wagen sollte – er wusste noch bevor er das Geräusch hinter sich hörte, dass er beobachtet wurde, und ließ die Hand sinken, um mit einem dämonischen Grinsen den Kopf zu drehen. Er war wenig überrascht beim Anblick seines Gegenübers, das einen Arm halb erhoben hatte, bereit, ihn jeder Zeit mit einem Zauber zu enthaupten.

„Das würde ich an deiner Stelle lassen, Henac Emo… es sei denn, du bist dir sicher, du kannst mit mir fertig werden, nachdem du die wahrlich heldenhafte Tat vollbracht hast, ein unbewaffnetes Kind zu ermorden.“

„Ah…“ machte der Geisterjäger, sich der Tatsache bewusst, dass der Junge drüben in der Pampa sie nicht hören konnte, weil der Wind ihnen entgegen blies, „Ja, ich habe gewusst, es ist zu einfach. Ich hätte Euch erwarten sollen, Sagal, nicht wahr?“

Dasan Sagal erwiderte das Grinsen nicht. Er blieb, wo er war, mit einer Hand stützte er sich auf seinen Gehstock, die andere hielt er noch immer in Emos Richtung.

„In der Tat… du hast wirklich auch nur einen Moment lang geglaubt, mein Netz in Thalurien würde eine Lücke für dich lassen? Du kannst hier keinen Schritt gehen, ohne dass ich genau weiß, wo du bist. Und dein Liebling Manha ebenso wenig.“ Der Schwarzhaarige wusste, wann es Zeit war, mit dem Grinsen aufzuhören. Er räusperte sich und nickte in Karanas Richtung. Das hohe Gras verdeckte den Jungen völlig, nur die Bewegungen in den Halmen verrieten ihn.

„Woher habt Ihr denn gewusst, dass er hier sein würde?“

„Mein Enkel hat mir gesagt, dass Karana das Dorf verlassen hat. Weil ich in den letzten Tagen ein ungutes Gefühl betreffend den Kleinen hatte, habe ich Azan auf ihn angesetzt, und als er mir berichtete, Karana wäre weggelaufen, bin ich ihm gefolgt.“

„Ah, clever.“, machte der Geisterjäger grimmig, „Ihr seid aber auch ein Aufschneider, Ihr benutzt Eure kleinen Enkelsöhne als Spione?“

„Azan ist kein Kind mehr, und als Mitglied der Sagal ist es ohnehin seine Bestimmung, einmal Spion zu werden. Er macht seine Sache gut und freut sich über sein zusätzliches Taschengeld. – Jetzt gebe ich dir einen Moment Zeit, um zu verschwinden, andernfalls reiße ich dich in Fetzen, Verräter.“ Henac Emo sagte erst mal nichts, dann kehrte sein Grinsen zurück.

„Ihr denkt also, ich würde einfach den Schwanz einziehen und weglaufen? Das… stellt Ihr Euch reichlich einfach vor, Sagal.“

„In der Tat. Ich sitze hier definitiv am längeren Hebel, das ist dir ja wohl klar. Das hier ist mein Territorium.“ Als der Jüngere nicht antwortete, hob der Telepath den Kopf etwas und verengte die Augen zu schmalen Schlitzen. „Und du willst doch nicht übersehen, wer hier die Oberhand hat, was?“ Emo senkte die Brauen.

„Vorsicht, Sagal. Ihr seid vielleicht gar nicht so im Vorteil, wie Ihr denkt…“ Er musste sich genau überlegen, was er jetzt zu sagen hatte – Emo war kein Dummkopf. Er hatte die Möglichkeit mit einkalkuliert – als schlimmsten Fall – dass ihm der Kopf des Sagal-Clans begegnen könnte. Obwohl er so ein Krüppel war, war er ein gefährlicher Gegner, der Geisterjäger wusste das. Aber als Spion war er nicht weniger talentiert als die überall verteilten Sagals. Er hatte zwar nicht in jede, noch so kleinen Dorf einen Finger, aber an Wissen, das er eigentlich nicht haben dürfte, kam er auch so. So reckte der Mann den Kopf ebenfalls hoch und grinste wieder. „Oder wollt Ihr, dass ich die Identität des Vaters Eurer… Enkelin publik mache?“

Das saß. Dasan Sagal bewegte sich keinen Zoll, aber Emo spürte genau, wie der Herzschlag des Mannes einen winzigen Moment lang aussetzte. Die Überlegenheit fühlte sich gut an… obwohl es an sich keine war. Der Telepath senkte ebenfalls die Brauen.

„Interessiert das irgendjemanden?“, fragte er barsch, und Emo gluckste.

„Das fragt Ihr noch? Dann schert es Euch wohl wenig, wenn ich Eure widerliche Blutschande überall herum erzähle… na ja, vielleicht ist es hier in Thalurien ja Sitte, dass verkrüppelte Männer mit ihren Töchtern-…“ Der Telepath fiel ihm ins Wort.

„Halt deine Schnauze oder ich ziehe andere Saiten auf.“

„Aah, dann interessiert es Euch also doch…?“ Der Schwarzhaarige grinste und trat einen Schritt zur Seite, lässig die Hände in den Taschen vergrabend. „Was machen wir also? Ihr habt einen Ruf zu verlieren, Herr von Thalurien… es kostet mich kaum mehr als einen Atemzug, um der ganzen Welt mitzuteilen, wer… das scheußliche Inzestkind gezeugt hat. – Seht mich nicht so an, ich kann es ja irgendwie nachvollziehen. So jahrelang alleine mit der hübschen Tochter zu leben, da muss es einen ja irgendwann überkommen… war sicher ´ne tolle Nummer. Ihr seid echt weicher als ich dachte, wenn Ihr zu feige wart, den Embryo zu töten, der Euch Eure ganze Stellung kosten kann… mal ganz abgesehen von der Schande, die dem Kind angetan wird… wirklich. Wobei mir solche bösen Jungs ja normalerweise gefallen.“

„Ich teile mir mein Bett im Gegensatz zu dir nicht mit Männern. Erst recht nicht mit Bestien wie Manha.“

„Ja, Ihr habt völlig recht, ich würde auch lieber meine Tochter nageln als einen Kerl.“

„Mir ist gerade nicht nach scherzen zu Mute, Emo. Verschwindet aus Thalurien oder ich überlege es mir anders und ziehe Euch die Haut ab, um einen Bettvorleger draus zu machen. Ich weiß, mit wem du unter einer Decke steckst, sei also vorsichtig mit dem, was du sagst. Es gilt mein Wort gegen deines, Emo… und wem wird man wohl mehr zuhören?“ Der Geisterjäger sah sein Gegenüber scheel an und zischte schließlich. Er wusste, dass er die einzige Chance vertan hatte, Karana zu töten – Manha würde ihn dafür häuten… es galt, zu retten, was zu retten war. Und es hatte auch etwas Gutes, dass er hier entdeckt worden war, fiel ihm ein – sofern der andere Teil seines Plans klappen würde.

„Gut, wir sind quitt, Sagal. Euren Ruf für meinen – ich bin so gütig, Eure Enkelin nicht als Eure Tochter zu entlarven und Ihr haltet den Mund bezüglich Manha.“

„Das kommt auf meine Laune an.“, erwiderte Sagal grimmig, „Ihr seid ein Hochstapler, das wisst Ihr, denke ich. Sagen wir, solange du dich mit deinen widerlichen Angelegenheiten von Thalurien fern hältst, soll es mir egal sein. Was auf Ghia passiert, ist mir gleich. Aber merk dir meine Worte, Verräter, und mach endlich, dass du verschwindest, bevor ich mir meine Großzügigkeit anders überlege.“

„Ob es da viel zu überlegen gibt?“, grinste Emo, ging aber brav an Sagal vorbei und machte sich daran, aufzubrechen. „Wenn ich Euren Ruf ruiniere, habt Ihr hier gar keinen Einfluss mehr… und wer beschützt dann Thalurien?“
 

Saidah schloss die Fenster in der Küche und erntete ein Maulen von ihrem eigentlich nicht mehr benötigten Kindermädchen.

„Wieso machst du sie zu? Jetzt wird die Luft doch schön draußen!“

„Ja, aber es ist dunkel, weil hier Licht brennt, kommen dann die Motten.“, erwiderte die junge Frau kopfschüttelnd, „Solange wir hier sitzen und Licht haben, sollten wir die Fenster zu haben.“ Der junge Mann seufzte und stützte den Kopf auf die Hände, während er Saidah dabei zusah, wie sie die Teetassen vom Tisch räumte. Ihr Vater grinste verhalten.

„Siehst du, von ihr kannst du noch was lernen, Junge. Sei artig und höre auf sie.“

„Ach, und dabei dachte ich, ich sei das Kindermädchen. Irgendwie finde ich es diskriminierend, dass es keine männliche Form davon gibt, genau genommen bin ich ein Kinderjunge.“

„Ach, stell dich nicht an, hinsichtlich deiner Vorlieben passt Kindermädchen wunderbar.“

„Oh, ich weiß Euren Humor wirklich zu schätzen, Herr.“, sagte Tanuq, und Meoran erwiderte den scheelen Blick mit einem Grinsen.

„Ich wollte dir immer mal eine Rüschenschürze schenken, aber ich habe nie eine in deiner Größe gefunden, also vergib mir…“

„Oh, Vater, jetzt hör aber mal auf, Witze auf seine Kosten zu machen, das ist nicht sehr höflich.“, fiel Saidah ein und spielte empört, während die beiden Männer glucksten. Sie wussten alle, dass Meoran seine Sprüche nicht ernst meinte… in den ansonsten eher düsteren Zeiten war es angenehm, mal Spaß machen zu können.

„Ach!“, machte ihr Vater da, „Ich bin ein Krüppel mit nur einem normalen Auge, ich darf das.“ Die Tochter gluckste und tätschelte ihm den Kopf.

„Soll ich noch Tee kochen? Oder wollt ihr schon ins Bett?“

„Nein, mach ruhig noch einen.“, entgegnete Meoran und fuhr sich gähnend mit den Händen über das Gesicht, „Einen letzten noch, dann gehe ich wirklich schlafen… ich bin völlig erschossen.“

Saidah konnte ihrem Vater das kaum verübeln. Mit einem leisen Seufzen verließ sie das Haus, um neues Feuerholz für den Ofen zu holen. Ihr gingen die Misteln aus; sie müsste demnächst hinunter in die Stadt, um neue zu kaufen. Der Misteltee war gut, er regulierte den gestörten Blutdruck ihres Vaters einigermaßen; die junge Frau bekam ein schlechtes Gewissen, wenn sie jetzt daran dachte, dass der Tee aber auf Dauer nichts bessern würde. Sie war keine Heilerin… sie war nur Schwarzmagierin. Sie konnte ihrem Vater nicht helfen, wenn er ernsthaft krank würde – das war er schon, aber immerhin konnte er noch arbeiten und sich bewegen. Sie verdrängte den Gedanken daran, dass Meoran eines Tages sterben und sie alleine lassen würde, immer wieder… zu grauenvoll war es, es tat zu sehr weh, daran zu denken. Sie blendete die Zukunft aus ihrem Geist aus, als sie das Haus verließ. Die Luft war kühl geworden, jetzt mit der einkehrenden Dunkelheit. Im Gebirge gab es natürlich keine Straßenlaternen, deswegen war es schnell zappenduster, wenn die Sonne erst einmal untergegangen war. Abgesehen von ihnen, die hier wohnten, kam auch keiner abends hier herauf, wozu hätte man da Laternen gebraucht? Saidah konnte gut im Dunkeln sehen und brauchte auch keine Kerze mitzunehmen, als sie die paar Fuß über den kleinen Hof schritt zum kleinen Verschlag, in dem das Feuerholz aufbewahrt wurde. Sie hatte gerade einen Scheit ergriffen, als sie plötzlich ein Knacken in unmittelbarer Nähe vernahm. Das alleine hätte sie nicht weiter beunruhigt – es war ihr Instinkt, der sie warnte, dass etwas nicht in Ordnung war. Ohne ein Wort zu sagen und versuchend, sich nicht anmerken zu lassen, dass sie nicht so ahnungslos war, wie vielleicht erhofft wurde, hob sie einen weiteren Holzscheit auf und überlegte dabei, aus welcher Richtung die Gefahr kam.

Gebt mir Licht im Dunkeln, Geister… nur ein wenig.

Im nächsten Moment, in dem sie einen Schritt zurück in Richtung Haus tat, wurde sie plötzlich von hinten brutal gepackt und zurückgezerrt. Reflexartig fuhr sie herum, so gut sie konnte, und warf demjenigen, der sie packte, einen Holzscheit gegen den Kopf, worauf ein unschönes Fluchen auf einer Sprache folgte, die Saidah nicht kannte. Der Typ – die Stimme war unverkennbar männlich – ließ sie augenblicklich los und Saidah stolperte vorwärts, ehe sie ganz herum fuhr und ihren Angreifer mit einem Schwung ihrer rechten Hand und einem lauten Donnern aus dem Himmel zurück gegen den Verschlag schleuderte. Dann schrie sie, so laut sie konnte:

„Bilde dir ja nicht ein, es wäre einfach, du Hurensohn, und jetzt mach, dass du weg kommst, ehe ich dir die Kehle zerfetze!“

Sie hörte drinnen das Geräusch von über den Boden geschobenen Stühlen – zweifelsohne hatten Tanuq und ihr Vater sie schreien gehört und kamen jetzt heraus. Doch ehe sie sich noch darüber freuen konnte, machten die Himmelsgeister ihr einen Strich durch die Rechnung, und sie sah gerade noch vor ihren inneren Augen, wie ein zweiter Kerl plötzlich aus dem Schatten auf sie zu gestürzt kam. Wieder fuhr sie herum und warf den zweiten Holzscheit, verfehlte den Angreifer aber. Der zweite Kerl rappelte sich wieder auf und fluchte erneut auf seiner komischen Sprache, während der andere ihm etwas zurief, was Saidah nicht verstand.

„Verdammt, was seid ihr denn für Typen?!“, empörte sie sich noch und spürte, wie in ihr ein ungutes Gefühl der Angst empor stieg. Normale Räuber würden nicht so hoch hinauf ins Gebirge klettern, in der Stadt war es doch viel einfacher, eine gute Gelegenheit zum Stehlen zu finden. Diese Kerle waren nicht zufällig vorbei gekommen und hatten sich gedacht, sie könnten ja mal gucken, ob es hier etwas zu holen gab… diese Kerle waren speziell wegen dieses Hauses hier.

Oh nein… dann sind sie Attentäter…?!

Sie sah ihren Vater die Haustür aufreißen und nutzte den Moment, in dem der vordere Angreifer blitzschnell herumfuhr, um ihrerseits die Hände hoch zu reißen und einen Schwall Flammen aus ihren Händen auf den Kerl zu schleudern. Doch die Kerle waren klüger, als sie angenommen hatte, denn der eine wich fluchend aus und sprang zurück, während der zweite schon zuvor nach vorne gehechtet war und jetzt nach Saidahs Arm schnappte. Sie riss sich japsend von ihm los und schlug nach dem Kerl, er versuchte, sie an den Haaren zurück zu reißen.

„Schert euch von meiner Tochter, ihr Wahnsinnigen!“, brüllte ihr Vater wutentbrannt quer über den Hof, und der Himmel grollte bereits vor Zorn, als Meoran und Tanuq das Haus verließen und ebenfalls über den Hof rannten. Der eine Fremde rief seinem Kumpanen erneut etwas zu, dann fuhr die junge Frau erneut herum und duckte sich gerade noch unter einem Messer hinweg, das plötzlich auf sie geschleudert wurde. Als sie so auswich, hätte der zweite Typ sie beinahe gepackt, und sie sprang rückwärts und rannte dann davon, von blinder Panik ergriffen.

Sie hörte Tanuq ihren Namen schreien. Der Himmel donnerte laut über ihrem Kopf und sie schrie ebenfalls, aber ob der Hysterie, die sie mit einem Mal ergriff, als sie merkte, dass einer der Typen sie verfolgte. Seine Schritte klangen schwer, aber schnell auf den Steinen, als Saidah den Weg herab rannte, ahnungslos, wohin sie wollte. Runter. Im selben Moment spürte sie die Gewissensbisse, weil sie daran dachte, dass sie ihren kranken Vater und Tanuq einfach zurück ließ. Die Panik pochte in ihrer Brust; Panik, ermordet zu werden, Panik, was man ihrem Vater oder Tanuq antun könnte. Sie dachte an die kleine Sora, die sie nach Fann geschickt hatten… an ihre Eltern, die einen brutalen Tod im Feuer gestorben waren.

Wenn das dieselben Leute sind, die dafür gesorgt haben, dass Kitas sterben…?

Sie zögerte nur einen kurzen Moment, angehalten von der Mischung aus der wahnsinnigen Panik in ihrem Inneren und dem schlechten gewissen, die anderen einfach zurückzulassen. Dieser eine, flüchtige Moment war es, der ihr Schicksal besiegeln sollte.

Der Kerl, der sie verfolgt hatte, packte ihren Arm, und reflexartig schrie sie auf, wirbelte herum und entriss sich mit dem Schwung dem Griff. Dabei stolperte sie rückwärts, und als sie merkte, dass sie an die Kante des Serpentinenweges gelangte, war es schon zu spät. In dem Moment, in dem sie das Gleichgewicht verlor, starrte sie mit weit aufgerissenen Augen ihrem Gegenüber ins Gesicht, das ebenso fassungslos zurückstarrte. In den Augen war reiner Pragmatismus.

Verdammt, wenn sie krepiert, was wird aus meinem Auftrag?

Das war alles, was Saidah in dem fremden Gesicht las, ehe sie rückwärts den steilen Abhang hinab stürzte, den Blick in den pechschwarzen Himmel, der sie auszulachen schien-
 

Leyya öffnete die Haustür und keuchte vor Erleichterung, als sie Herrn Sagal zusammen mit Karana vorfand.

„Um Himmels Willen… Karana, dir geht es gut!“ Sie war erleichtert, ihren Sohn lebend zu sehen; sein Verschwinden und der vorangegangene Streit mit Puran hatten der ganzen Familie gründlich den Abend versaut. Es war jetzt beinahe ganz dunkel.

„Ich fand ihn draußen auf der Wiese und habe ihn hergebracht.“, sagte Sagal ernst und klopfte Karana dabei auf die Schulter, der bedrückt und beschämt zur Seite blickte, nicht fähig, seine Mutter anzusehen. Leyya merkte erst jetzt, dass er etwas Schwarzes, Wuscheliges auf dem Arm hatte. „Ich habe ihn nicht überzeugen können, das Tier da zu lassen… ich hoffe, das geht in Ordnung.“ Leyya blinzelte. Tier?

„W-was hast du denn da, Karana?“, fragte sie schon, da ertönte lautes Trampeln hinter ihr, weil Neisa und Simu die Treppe herab kamen.

„Karana ist wieder da!“, jubelte die kleine Schwester glücklich, als sie neben ihre Mutter trat, und Simu neigte höflich vor dem Telepathen den Kopf.

„Guten Abend, Herr.“

„Passt gut… auf Karana auf.“, murmelte Sagal nur, indem er sich abwandte und dem Braunhaarigen Jungen einen letzten Blick schenkte. Dann sah er noch einmal intensiv auf Leyya. „Da draußen ist es gefährlich. Er sollte nicht alleine dort herum laufen… gerade, wenn man bedenkt, von wem er abstammt.“ Mit einer Verneigung und einem Wort des Abschieds ging der Mann, und jetzt zogen die Kinder Leyyas Aufmerksamkeit zurück auf Karanas Mitbringsel.

„Schau nur, Mutti, Karana hat einen Babyhund!“, schrie Neisa gerade aufgeregt und mit vor Entzücken strahlenden Augen, „Wie niedlich, schau doch!“

„Shht, schrie doch nicht so, du erschreckst ihn!“, sagte Karana dumpf und trat nervös von einem Fuß auf den anderen, ehe er es wagte, seine Mutter anzusehen. „I-ich – ich habe ihn draußen gefunden, er war ganz alleine und verwundet, ich… habe versucht, ihn mit Lira zu heilen, aber Herr Sagal hat gesagt, sein Bein ist vielleicht gebrochen… bitte, bitte hilf dem armen Kerl, Mutti! Er ist doch noch ein Baby…“

„Mir kommen keine Viecher ins Haus!“, machte Leyya sofort streng, „Weißt du, was das ist? Das ist ein Raubtier, Karana, das ist nicht zum Spielen da!“

„Aber Mutti!“, machte Karana unzufrieden, „Ich – er redet mit mir!“ Kurz herrschte Schweigen. Simu zog skeptisch eine Braue hoch und betrachtete den kleinen Hund, der auf Karanas Armen ganz still lag.

„Alles klar.“, machte der Blonde, „Das ist ein Hund, Karana, der kann nicht sprechen.“

„Natürlich nicht wirklich, aber im Geist!“, schnaufte sein Bruder, „Tut er wirklich, er hatte gar keine Angst vor mir!“

„Das kommt daher, weil er nicht weglaufen kann.“, erwiderte Leyya, und Simu addierte:

„Vor dir hätte ich auch keine Angst, vermutlich macht er sich innerlich über dich lustig, weil du denkst, er könnte reden.“

„Haha, sehr witzig!“, murrte der Ältere, „Bitte, Mutti… er kann doch nichts dafür, dass er ein Hund ist! Ich verspreche dir, er wird keinen Unsinn anstellen! Er darf auch in meinem Zimmer bleiben!“

„Das würde dir so passen!“, jammerte die Mutter, während der Welpe auf Karanas Armen herzergreifend winselte. Sie hatte Mitleid mit dem Tier… aber Tiere gehörten nicht in Häuser. Zumindest nicht in Kisara, in anderen Ländern war es, so hatte sie gehört, sogar üblich, Hunde als Haustiere zu halten.

„Aber ich kann ihn doch nicht einfach da draußen aussetzen!“, schmollte ihr Sohn weiter, „Er würde sterben, wenn er nicht laufen kann, er ist noch zu klein, um alleine zu jagen! Bitte heil sein Bein…“ Er machte ein so wehleidiges Gesicht, dass die Mutter seufzte und dann nachgab. So halb, denn als Karana schon triumphierend grinste, wurde ihr Blick streng.

„Ich verlange, dass du dich bei deinem Vater für das entschuldigst, was vorhin passiert ist. Wenn Vati es erlaubt, heile ich den Hund. Ansonsten, so leid es mir tut, musst du ihn wieder aussetzen. Verstanden?“ So streng war sie selten; aber es musste sein, das wusste die Frau. Karana wusste es offenbar auch, denn er nickte, wenn auch etwas zögerlich. Die Heilerin trat zur Seite und machte die Haustür frei. „Lass das Tier hier unten vor der Tür. Dein Vater ist im Schlafzimmer. Ich hoffe für dich und den armen Kleinen hier, dass er bereit ist, mit dir zu sprechen.“

Puran schlief nicht. Er brummte, als Karana zaghaft an die Tür klopfte; sein Instinkt verriet ihm, wer kam, bevor die Tür aufging und ein zutiefst bedrückter und verlegener Karana sich ins Zimmer schob. Der Vater lag voll angezogen auf dem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Er versuchte, sich keinerlei Erleichterung über Karanas Wohlbefinden anmerken zu lassen, was schwer war… am liebsten hätte er seinen Sohn sofort in die Arme genommen und ihm ewige Liebe und Zuneigung geschworen. Es war sein Kind… er liebte Karana doch. Aber erziehungstechnisch wäre es unklug, sofort nachzugeben…

„Du bist also wieder da.“, sagte er deshalb kalt, „Schön, dass du den Weg allein gefunden hast.“

„Ich bin schon zehn!“, maulte Karana, „Außerdem hat Herr Sagal mich gebracht…“

„Ah.“, machte der Vater desinteressiert und setzte sich im Bett auf. „Nun? Warum kommst du zu mir?“ Karana sagte lange nichts, er scharrte nur verlegen mit dem Fuß auf dem Boden herum. Dann räusperte er sich kleinlaut und murmelte:

„Tut mir leid.“

„Was tut dir leid?“, fragte Puran ihn hart, und der Kleine schrumpfte immer mehr zusammen.

„Dass ich… diese Dinge gesagt habe. Vorhin. Tut mir leid, Vati.“

„Was genau hast du denn gesagt, weißt du das überhaupt?“, schnarrte der Senator und schielte ihn kurz an, „Ist dir klar, was du zu mir gesagt hast?“

„Ich… hab dich Hurensohn genannt.“

„In der Tat. Eigentlich gehört dir dafür der Hintern versohlt, mindestens. Du hast deine Großmutter, meine Mutter, nicht einmal gekannt, wie kannst du es also wagen, auch nur zu denken, sie wäre eine Hure gewesen? Dir ist ja wohl die Härte dieses Schimpfwortes klar, oder? Es ist ein abscheuliches Wort, das du generell zu keinem sagen solltest – aber zu mir, deinem eigenen Vater, Hurensohn zu sagen, ist schlichtweg eine Lästerung der Lebensgeister – deinen verdammten Lebensgeist verdankst du nämlich zur Hälfte mir, weil ich dich gezeugt habe! Ist das angekommen?“ Karana nickte beklommen und senkte sein Gesicht tief.

„E-es tut mir leid. Ich… ich weiß nicht, warum ich das gesagt habe! Es ist mir rausgerutscht… ich wollte so etwas nicht sagen, ehrlich!“ Der Vater runzelte die Stirn und seufzte.

„Gut, so viel zum Hurensohn. Aber was du sonst noch gesagt hast, hat mich eigentlich sogar noch mehr erbost. Weißt du noch, was du gesagt hast, Karana?“ Der Junge schüttelte den Kopf. „Ich helfe deinem Gedächtnis auf die Sprünge, mein Sohn. Du hast gesagt, Vater Himmel und Mutter Erde sollten vor dir knien. Das waren Worte von purer Bosheit, von purer Abscheulichkeit, es ist widerwärtig, so etwas auch nur zu denken. Vater Himmel ist unser aller Vater, Mutter Erde ist unser aller Mutter. Gemeinsam haben sie diese Welt geschaffen, in der wir leben – wie kannst du verlangen, sie sollten knien? Sie knien nicht vor uns Sterblichen. Merke dir das, Karana!“ Der Junge nickte hastig.

„Vergib mir, Vati.“, sagte er abermals, „I-ich… ich weiß nicht mal, wieso ich das gesagt habe… ich wollte dich nicht wütend machen… ich hatte… hatte Angst, du würdest mich jetzt verstoßen…“ Der Vater seufzte tief. Die Worte jetzt mit der nötigen Kälte herauszubringen war schwerer, als er gedacht hatte, während er sich erhob.

„Wenn du so etwas noch einmal sagst, Karana, werde ich das auch tun. Verlass dich darauf… also halt deine Zunge in Zukunft fest… und deine Gedanken besser auch, weil ich dir bis in deinen verdammten Geist sehen kann… Karana.“ Beinahe hätte er Kelar gesagt, fiel ihm auf, und er schalt sich einen Narren. Er ging zur Tür, um ins Bad zu gehen, aber sein Sohn hielt ihn noch einmal auf, druckste etwas herum und sprach dann.

„Vati… ich habe eine ganz große Bitte an dich… wenn ich verspreche, sowas nie wieder zu sagen…“
 

Leyya hatte noch nie versucht, ein Tier zu heilen – aber da die Knochen eines Hundewelpen an sich nicht anders waren als die eines Menschen, war es kein weiteres Problem für sie, das gebrochene Bein zu richten, sodass der kleine Hund wieder laufen konnte. Das schwerere Problem folgte eigentlich erst danach, stellte die Heilerin fest, als sie zu eigentlich längst nachtschlafender Zeit durch die Hintertür auf die kleine Terrasse kam und die Kinder sah, die mit dem Welpen spielten. Die Mutter nicht bemerkend kicherten die Kinder und streichelten abwechselnd das zutrauliche Tier, das mit dem Schwanz wedelte und aber vor allem Karana seine Zuneigung entgegen zu bringen schien. Die Heilerin grübelte gerade, ob der Hund wohl wirklich über Gedanken mit Karana kommunizierte, da trat Puran hinter sie und räusperte sich.

„Neisa, du solltest längst im Bett sein! Und ihr Jungs eigentlich auch, es ist gleich Mitternacht! Was wird das hier mit dem Hund? Er ist jetzt geheilt, du solltest ihn frei lassen, Karana.“ Der Junge starrte seinen Vater entsetzt an.

„Was? Ihn – ihn frei lassen? Aber Vati, ich… ich möchte ihn behalten!“

„Du kannst ihn nicht behalten. Das ist ein wildes Tier, es gehört in die freie Natur und nicht zu den Menschen. Der Hund würde sich hier nicht wohlfühlen.“

„Aber er hat doch niemanden, der für ihn sorgt!“, machte Neisa auch, „Bitte, Vati, lass ihn uns behalten!“

Mich.“, korrigierte Karana, und Puran zeigte ins Haus.

„Abmarsch, Neisa, auf der Stelle, du gehst ins Bett! Jetzt.“ Sein Ton duldete keine Widerrede und die Kleine erhob sich grummelnd, ehe sie dem Befehl folgte uns ins Haus ging. Simu stand auch auf und putzte sich den Staub vom Hosenboden, während Karana demonstrativ sitzen blieb. Der Hund vor ihm saß genauso steif am Boden und beide sahen zu Puran auf, mit demselben Blick. Der Senator brummte. „Du kannst auch nicht für ihn sorgen, Karana. Er ist und bleibt ein wildes Tier, ein Raubtier. Noch ist er klein, aber sobald er größer wird, wird er dich als Mittagessen ansehen.“

„Quatsch.“, behauptete der Sohn, „Er wird mich nie angreifen, weil ich es war, der ihn gerettet hat!“

„Genau genommen war das deine Mutter.“, widersprach sein Vater streng, „Keine Widerrede, wir gehen jetzt zum Tor und bringen den Köter weg.“

„Sein Name ist Aar.“

„Wie bitte?“

„Aar, so heißt er. Ich habe ihn so genannt.“ Karana tätschelte dem Welpen liebevoll den Kopf und der bellte. Oder machte so etwas Ähnliches. Puran schnaubte.

„Du kannst einem Tier nicht einfach einen Namen geben. Und wieso ausgerechnet Aar? Das ist doch kein Name, das klingt mehr wie Lautmalerei.“

„Hör dir an, wie er bellt, es klingt wie Aar.“, lachte Karana, „Deshalb heißt er so.“

„Wie überaus kreativ.“, sagte sein Vater zickig, „Wenn alle so denken würden, würdest du heute Rabääh heißen.“ Simu musste bei den Worten lachen, Karana schmollte.

„Neisa wollte ihn Hundileinchen nennen, ja? Ist das etwa besser?“ Der Vater verdrehte die Augen.

„Wie auch immer – wir bringen ihn jetzt gemeinsam weg. Simu, ab ins Bett.“ Er wandte sich zum Gehen und blickte Karana über die Schulter an, der mit finsterem Gesicht aufstand. „Du kannst ihn nicht behalten, Karana. Der Hund braucht seine Freiheit, er will nicht hier eingesperrt sein.“

„Wetten?“, machte der Kleine, und der Herr der Geister fühlte sich unwillkürlich an seinen Lehrmeister erinnert, der früher auch so gerne gewettet hatte. Er blieb wieder stehen und ließ zu, dass Simu sich brav an ihm vorbei ins Haus drängelte, um ins Bett zu gehen. Leyya zog die Brauen hoch, als Karana grinste. „Wetten, er möchte bleiben? Wenn er wegläuft, darf er gehen. Aber wenn er bleibt, darf ich ihn behalten. Abgemacht, Vati?“
 

Am Tor war es dunkel. Puran hatte seine Frau gebeten, schon mal ins Bett zu gehen und auf ihn zu warten, während er mit Karana und dem Hund, Aar, hinaus durch das Dorf ging. Kein Mensch war mehr auf den Straßen. Karana war nicht nervös, als sie das Tor erreichten; auf dem Weg hierher war der Welpe dem Jungen brav gefolgt und nicht von seiner Seite gewichen. Jetzt, da sie angekommen waren, seufzte der Junge und zeigte auf Aar.

„In Ordnung, ich stelle dir frei, zu gehen, Aar. Möchtest du da raus? Dann geh, ich möchte dich nicht gefangen halten!“ Puran seufzte.

„Du scheinst dir ja sehr sicher zu sein, dass er bleibt.“

„Bin ich auch, sieh.“ Karana verschränkte die Arme und sah auf Aar – der kleine Hund setzte sich neben Karana auf die Erde, sah auf und rührte sich nicht vom Fleck. Der Senator fuhr sich müde durch die Haare. Jetzt ging er ohnehin gleich zu Bett, da war es egal, wenn seine Frisur versaut war…

„Ist gut… offenbar hat der Hund vor, dir treudoof zu folgen. Glück gehabt… aber du alleine sorgst für das Tier. Ich mache keinen Finger krumm und wenn ich dich erwische, wie du diese Arbeit auf Mutti oder deine Geschwister abschiebst, erlebst du aber was. Verstanden?“ Der Junge strahlte und nickte.

„Ja, Vati. Versprochen! Bruder Hund wird euch keinen Ärger machen!“
 

Ein dumpfer Schlag auf den Kopf brachte den Kerl zu Fall und raubte ihm prompt das Bewusstsein. Wie ein nasser Sack stürzte der Fremde auf dem Hof zu Boden, während Tanuq kurz triumphierte.

„Der hat gesessen, Herr.“, erklärte er stolz und wedelte dabei mit seiner Bratpfanne. Meoran zischte und fuhr herum, er hatte keine Zeit für den Triumph.

„Fessele und knebele den Bastard, der zweite ist Saidah nachgerannt, bevor ich den nicht habe, werde ich hier sicherlich nicht vor Freude tanzen.“ Tanuq verstand das und tat wie ihm geheißen, als Meoran den Weg hinab hastete in die Richtung, in der seine Tochter und der zweite Kerl in der Finsternis verschwunden waren. Er hatte sie schreien gehört… oh, wenn ihr auch nur ein Haar gekrümmt worden war, würde er diesen Typen in Stücke reißen… es reichte ja einer von ihnen lebend, um herauszufinden, wer sie waren und was zum Geier sie hier verloren hatten. „Saidah!“, japste der Mann panisch, als er weiter unten am Weg bereits eine Gestalt ausmachen konnte – er stellte wenig später verblüfft fest, dass es nicht seine Tochter sein konnte, dafür war die Gestalt zu breit. Aber sie war alleine am Wegrand und bewegte sich gar nicht, als Meoran näher kam – als er dicht genug dran war, registrierte der Mann, dass der Fremde fassungslos den Hang hinab starrte und keinerlei Anstalten zu machen schien, ihn anzugreifen.

Moment. Warum starrte er da hinunter?

„Sag, dass das ein böser Scherz ist!“, keuchte Meoran, rannte schneller und ignorierte das böse Stechen in seiner Brust dabei; die Panik, die seine Kehle zuschnürte, war im Moment viel präsenter. In dem Moment erreichte er den fremden Kerl, packte ihn wutentbrannt am Kragen und schleuderte ihn zurück auf den Weg. „WO IST SIE, DU HURENSOHN?!“

„D-da – s-sie ist gefallen!“, japste der Fremde, offenbar war er selbst völlig erschrocken von der Wendung der Dinge. Meoran hielt für einen Moment inne, um zum Wegrand zu starren – der eine Moment reichte für den Feind, um sich zu fassen, kurz darauf warnten den Geisterjäger seine Instinkte gerade noch, sodass er dem gezückten Messer nur knapp entkam, mit dem der Kerl nach ihm zu schlagen versuchte. Er war verblüfft darüber, dass er überhaupt reagierte – alles, was in seinem Kopf war, war das Schicksal seiner einzigen, geliebten Tochter.

Sie ist gefallen.

„Du Bastard… du elender, verfluchter… du dreckiger Hurensohn!“, brüllte Meoran außer sich ob des Schwalls an Emotionen, der ihn jetzt überkam – es war eine Mischung aus Panik, Zorn, Entsetzen und einem fürchterlichen Schmerz. Er packte den Kerl mit einer Hand wieder am Kragen und stieß ihn wütend gegen die Felswand auf der anderen Seite des Weges, während er mit der freien Hand eine schwarze Feder aus seiner Tasche zückte und sie wie ein Schwert an die Kehle des Mistkerls presste. Der Typ japste panisch.

„Ich habe nichts getan! Sie ist von selbst gestürzt!“

„LÜG MICH NICHT AN!“, schrie der Ältere und presste die Feder fester gegen seine Kehle, sodass tatsächlich ein blutiger Schnitt entstand. „Ich zerreiße dich in Stücke und verfüttere dich an die Schweine, du widerlicher, abscheulicher…! Du hast mir mein Kind genommen! Du hast sie verdammt noch mal umgebracht!“ Der Fremde weitete in blankem Entsetzen die Augen unter den hysterischen Schreien des Magiers, der ihn zurück gegen die Wand stieß und ihn losließ, um die Feder mit einem Schwung gen Himmel zu erheben. Der Blick aus den komischen Augen des Geisterjägers war wahnsinnig und verzerrt von den übelsten Schmerzen der Welt – der Typ von Ghia hatte keine Chance mehr, sich zu bewegen, bevor mit einem lauten Krachen aus dem Himmel ein Blitz herab fuhr und den Kerl direkt erwischte. Er war sofort tot, als die Macht der Geisterwinde ihn in tausende Fetzen zerriss, wie Meoran angekündigt hatte.

Meoran hatte keine Zeit, groß nachzudenken. Er bat die Lebensgeister zerknirscht um Verzeihung für den brutalen Mord, den er an sich aber nicht bereute, als er herum fuhr und zum Rand des Weges stürzte, um herab zu spähen.

„Saidah!“, schrie er in der verzweifelten Hoffnung, sie könnte vielleicht nicht so tief gestürzt und noch lebendig sein. „Saidah, mein Mädchen… s-sag doch was… bitte…“ Seine letzten Worte verloren sich in bitteren Schluchzern, ehe er nicht mehr als ein schmerzerfülltes Heulen aus seiner Kehle brachte. Niemand antwortete ihm… die Finsternis umschloss ihn in dem einen Moment, da ihm klar wurde, dass er jetzt auch den letzten Menschen für immer verloren hatte, den er je geliebt hatte. Wie sollte er so, wenn er starb, seiner Frau ins Gesicht sehen können, sobald er sie wieder traf? Er hatte ihr gemeinsames, einziges Kind nicht beschützen können… „Ruja… m-meine… geliebte Ruja, wie sollst du nur… j-jemals Frieden finden so…? Und Saidah…“ Er brach heulend am Wegrand in sich zusammen und missachtete die Schritte, die auf ihn zu gerannt kamen. Erst, als er Tanuqs Stimme neben sich vernahm und spürte, wie der Jüngere ihn sanft rüttelte, versuchte er wieder, sich zu artikulieren.

„Herr! Herr, um Himmels Willen, w-was ist mit Saidah…?“, fragte das Kindermädchen keuchend, und als Meoran bebend und immer noch heulend den Kopf hob, sah er den Lichtschein, der von der Laterne ausging, die Tanuq mitgebracht hatte. „Herr, so sprecht doch…“

„S-sie ist… hinab gefallen-… d-dieser scheußliche Bastard, dieser Hurensohn, ich habe ihn in Stücke gerissen!“, schrie Meoran lauter als nötig und in seinem einen Auge funkelte blanker Wahnsinn, was Tanuq zurück schrecken ließ. „Mein Kind, m-mein einziges Kind ist tot, verdammt! Meine arme Saidah…!“ Er heulte weiter und der Jüngere beugte sich vor, die Laterne hebend, um den Abhang verunsichert zu erleuchten. Dann fuhr er zurück und japste.

„Herr! – I-ich glaube, ich habe sie gesehen! Sie ist gar nicht so tief gefallen, sie hängt im Gestrüpp…“ Meoran hob keuchend den Kopf, in dem Moment ertönte von unten ein leises Stöhnen.

„Vater…?“

„Das war sie!“, japste Meoran und kam strauchelnd auf die Beine. Sein Herz klopfte wild in seiner Brust, als er die Stimme seiner Tochter hörte. „S-sie ist noch am Leben?!“

„Rasch!“, rief Tanuq, der mit dem Licht voraus eilte, und Meoran entzündete über seiner Handfläche den Feuerzauber Vaira, um selbst Licht zu haben, bevor sie zu zweit den Weg herunter hasteten zu der Stelle, wo Tanuq die junge Frau gefunden hatte. Sie hing tatsächlich in einem aus den Felsen wuchernden, festen Geäst, und hob keuchend den Kopf, als sie merkte, dass Hilfe kam.

„Vater… d-du bist… g-ge-…kommen-…“

„Um Himmels Willen, du lebst!“, japste ihr Vater erleichtert und Tanuq hob die Laterne.

„Das Gestrüpp hat dich gefangen und vor einem schwereren Sturz bewahrt? So ein Glück.“, seufzte er noch, „Kannst du da runter? Bist du verletzt?“

„D-der Ast…“, stöhnte Saidah kraftlos und eine Hand griff zitternd nach ihrem Bauch, „D-der… Ast hat… m-meinen Bauch durchbohrt-… e-es tut so fürchterlich weh… hilf mir, Vater…“

So schnell, wie die Erleichterung gekommen war, verschwand sie wieder. Meorans Gesichtszüge entgleisten und Saidah weinte, als sie die Hand nach ihm ausstreckte, noch immer in dem Gebüsch hängend.

„Bitte, Vater… h-hilf mir… ich bin genau… a-auf diesen… Ast gefallen und er… hat mich wie ein Schwert… durchbohrt…“

„Du Scheiße!“, schrie Tanuq sofort, stellte die Laterne auf den Weg und kroch ein Stück näher an das Gebüsch, um zu sehen, wie sie die junge Frau am besten da heraus bekämen. Saidah schrie, als er die Stelle ertastete, wo der Ast ihren Körper durchbohrte, und das Kindermädchen blickte zu ihrem Vater. „Herr! Könnt Ihr den Ast vom Busch abschneiden mit Magie? Ich halte sie fest, damit sie nicht runter fällt… wir kriegen sie nicht anders hier weg, den Ast rauszuziehen könnte alles noch schlimmer machen!“ Das war wahr, und Meoran zwang sich, einen kühlen Kopf zu bewahren – vielleicht konnte ein Heiler Saidah noch retten… noch war nichts verloren.

Das wird schon. Das hätte sein verstorbener Freund Tabari an seiner Stelle gesagt… er hoffte, er könnte auch einmal so zuverlässig auf diesen einfachen Spruch vertrauen… indem er die Geister inständig um alle Hilfe bat, die sie bieten konnten, durchtrennte er mit dem Schneidezauber Sura den Ast unterhalb von Saidahs Bauch, sodass Tanuq die arme samt Ast im Bauch aus dem Gebüsch heben konnte, wobei sie vor Schmerzen wimmerte.

„Gib sie mir, rasch, Tanuq.“, befahl der Ältere und ließ sich seine keuchende, wimmernde Tochter in die Arme legen, „Ich bringe sie rauf. Du rennst nach Minh-În und suchst einen Heiler. Jetzt sofort, schnell!“ Der junge Mann nickte heftig und rannte davon, ohne den Befehl noch einmal in Frage zu stellen. Es ging um Saidahs Leben – zu spät kommende Hilfe könnte jetzt sinnlos sein… hoffentlich fand er in der großen Stadt schnell jemanden…
 

Der Morgen graute und dunstige Schleier bedeckten die Gegend um Lorana, während die Sonne sich ganz langsam über den Horizont im Osten schob. Leyya kicherte, während sie nackt auf dem Bauch in ihrem Bett lag und ihr Mann mit den Fingern durch ihre offenen Haare fuhr, dabei kitzelte er hin und wieder ihren Nacken. Nach dem Drama am vergangenen Abend war die Nacht doch sehr erholsam gewesen. Die Heilerin drehte den Kopf zu Puran, der auf der Seite neben ihr lag und sie jetzt angrinste.

„Das macht Spaß, dich zu kitzeln, wenn du dabei so niedlich kicherst.“, behauptete er, und sie kicherte abermals, als sie seine Finger in ihrem Nacken spürte.

„Spielkind!“, tadelte sie ihn, rollte sich dichter zu ihm und ließ sich auf die Wange und das Ohr küssen. „Ach… ich bin so erleichtert, dass du deinen Streit mit Karanachen gleich geregelt bekommen hast… gestern Abend war das ja furchtbar.“

„Ja, das ist wahr. Und was heißt geregelt… ich hoffe, sowas passiert nicht wieder. Mich besorgt jetzt erst mal viel mehr der Köter, den Karana behalten wollte. Was machen wir mit dem?“

„Ganz einfach, Karana bekommt die Chance, zu beweisen, dass er dafür die Verantwortung tragen kann – und wenn nicht, kommt der Hund eben wieder weg. Der Junge ist alt genug, um das zu verstehen… ein lebendes Tier zu behalten ist nicht wie eine Puppe, mit der man spielt und die man dann in die Ecke wirft, wenn man keine Lust mehr auf sie hat…“ Da konnte er ihr nur nickend zustimmen, ehe er sie fester in seine Arme zog und ihren Nacken zu küssen begann, seine Hände dabei über ihren Bauch hinauf zu ihren Brüsten gleiten lassend.

„Wo wir gerade bei Lust sind, Liebes…“, nuschelte er dabei, und Leyya feixte, ehe sie sich aus seinem Griff befreite und sich kokett aufsetzte. Mit einer flinken Bewegung hatte sie ihn hinunter ins Bett gepinnt und sich auf seinen Unterleib gesetzt, wo sie wieder kicherte und die Hände über seine Brust wandern ließ.

„Oh, du bist so ein schlimmer Junge, Puran.“, sagte sie verschwörerisch, „Du bist besessen, nicht wahr?“

„Allerdings. Von der bezauberndsten Frau der Welt.“, grinste er, und sie schnaubte gespielt empört und kniff seine Brustwarze, worauf er zusammenfuhr und japste. „Aua, verdammt!“

„Schleim dich nicht so ein…“, wisperte sie mit einem breiten Lächeln, bevor sie sich über ihn beugte und kurz vor seinen Lippen inne hielt. „Sag mir, was willst du, Puran?“ Er wollte sie küssen, doch sie zog ihr Gesicht zur Seite und küsste statt seinen Lippen seinen Hals. Er stöhnte und hob die Hände, um damit ihre Hüften zu ergreifen und ihre zarte Haut zu streicheln.

„Ich will dich, Leyya…“, murmelte er, und sie kicherte erneut, indem sie ihren Unterkörper gegen seinen presste, worauf er zischend die Luft einzog.

„Genauer, Liebling… was willst du?“

„D-dass… du dich auf mich setzt… und zwar jetzt gleich…“ Sie wollte wieder kichern, aber jetzt wurde er ungeduldig, packte ihr Kinn und zerrte ihr Gesicht zu seinem, um sie verlangend zu küssen. Leyya erwiderte seinen Kuss mit derselben Leidenschaft, während sie sich leicht über ihm bewegte und er ihre Hitze über sich spüren konnte; das Feuer brannte in seinen Lenden und er musste sich wirklich zusammenreißen, um seine Frau nicht einfach herum zu schubsen und sich zwischen ihre Beine zu legen –

Mitten im schönsten Zungenspiel unterbrach sie ein energisches, wüstes Klopfen an der Haustür unten. Es war so laut und energisch, dass sie es sogar durch die geschlossene Schlafzimmertür hörten, und beide fuhren erschrocken aus den zerwühlten Laken empor.

„Himmel, wer kommt denn jetzt?!“, zischte Leyya, sichtlich verärgert über die Störung, und Puran seufzte, ehe er rasch seine Hosen schnappte und aus dem Bett krabbelte, sich anziehend.

„Um diese Uhrzeit und mit dieser Intensität muss es was Dringendes sein…“

„Sicher nicht so dringend wie ich dich jetzt in mir brauche.“, meckerte Leyya, aber sie zog sich gehorsam auch etwas über, während ihr Mann sich räusperte und aus dem Zimmer eilte.

„Glaub mir, ich würde jetzt auch lieber weitermachen…“ Er rannte die Treppe herab zur Tür, während er sich wunderte, dass die Geister ihn nicht vorwarnten – etwas Schlimmes konnte es dann ja nicht sein…?

Er fiel aus allen Wolken, als er die Tür öffnete und verblüffender Weise Meoran davor stand.

„M-Meister…?!“, keuchte Puran und vergaß augenblicklich sein Liebesspiel – dass Meoran im Morgengrauen hier war, konnte nur Schlimmes bedeuten. Und dafür sprach auch seine grausame Gesichtsfarbe, die einem in Mehl gewälzten Schnitzel ähnelte.

„Ich will Leyya!“, japste der Mann vor der Tür hysterisch, „Sofort!“ Puran klappte die Kinnlade herunter und Leyya rief von oben:

„Was?! Also, Meoran, das hätte ich nicht von dir gedacht – ein Dreier, oder was? Na, wenn ihr unbedingt wollt…?“

„Verdammt, bitte hilf mir!“, heulte Meoran panisch vor der Tür, und Puran erbleichte, während auch Leyya halbwegs angezogen herab kam und jetzt mit sehr großer Sicherheit wusste, dass etwas Schlimmes passiert war. Puran fragte sich, warum die Geister ihn verrieten und ihn nicht warnten. „Saidah liegt im Sterben… du bist die Einzige, die mir einfiel, die mir noch helfen könnte, Leyya… ich weiß nicht mehr, was ich machen soll…“ Er zitterte am ganzen Körper und fing verzweifelt zu weinen an, während Puran und Leyya einander fassungslos anstarrten.

„Was sagst du da?! W-was ist mit Saidah?!“, keuchte ersterer entsetzt, doch Leyya schnitt ihm das Wort ab.

„Um Himmels Willen, das klären wir auf dem Weg! Natürlich kommen wir, Meoran! – Puran, rasch, lauf zu Ansos und bitte sie, auf die Kinder aufzupassen, ich suche schnell meine Sachen zusammen an Medizin. Schnell!“ Ihr Mann gehorchte ihr aufs Wort und verließ nur mit seinen Hosen bekleidet das Haus; die Frau selbst kümmerte sich nicht darum, dass sie nur ein Nachthemd trug. Jeder Moment zählte. „Meoran, was ist geschehen?“

„Ein Ast… ein Ast hat sie durchbohrt, durch den Bauch.“, stammelte der Ältere und schleppte sich kraftlos auf die Treppe, um sich hinzusetzen und sich wimmernd durch die Haare zu fahren. „Tanuq hat zuerst Heiler aus Minh-În gebracht, aber was sie getan haben, hat nicht gereicht… ich bin im Morgengrauen hinunter und habe einen Telepathen bezahlt, damit er mich her bringt… d-der Mann wartet draußen und kann uns alle nach Minh-În bringen.“ Die Heilerin nickte geistesgegenwärtig, so gut sie konnte, während sie aus der Kommode alles Mögliche an Kräutern, Salben und Medikamenten schnappte und in ihren Beutel stopfte, der immer neben der Haustür hing.

„Um Himmels Willen… ich werde tun, was in meiner Macht steht.“, versprach sie und eilte zurück zur Tür, ehe sie inne hielt und zu Meoran sah, der noch immer wimmernd auf der Treppe hockte. Unglücklich hockte Leyya sich zu ihm herunter und umarmte ihn dann spontan. „Meoran… es tut mir so wahnsinnig leid. Sei tapfer, bitte… Saidah wird es schaffen, wir müssen einfach… daran glauben.“

„Ich versuche das seit der Nacht.“, murmelte der Mann verzweifelt, „Meine Hoffnung schwindet mit jedem Moment mehr… ich… ich ertrage das nicht, wenn sie wirklich stirbt, Leyya. Ich… ertrage diesen Verlust nicht, nicht, nachdem ich schon Ruja verloren habe. Kein Vater sollte sein Kind zu Grabe tragen müssen… wenn Saidah das nicht überlebt, weiß… ich nicht, wie lange ich das noch… aushalte.“ Die Worte stimmten Leyya noch bedrückter als ohnehin schon, und tapfer unterdrückte sie die ihr aufkommenden Tränen. Sie musste mit ganzem Geist bei der Sache sein, wenn sie Saidah heilen wollte… Tränen verhinderten nur die Sicht.
 

Es sah schlecht aus. Saidahs Zimmer war von mehreren Laternen und Talglampen erhellt, damit Leyya genug Licht hatte, während sie die schwere Wunde zu heilen versuchte. Die Heiler aus Minh-În hatten den Ast schon entfernt und die Blutung gestoppt, aber die inneren Blutungen aufzuhalten war eine schwerere Aufgabe, die mehr Macht erforderte; und Leyya war eine großartige Heilerin, Mitglied des Heilerrates, dem nur die Besten angehörten. Meoran schalt sich einen Idioten – er hätte zu allererst Leyya holen sollen. Das hätte die halbe Nacht gespart und vielleicht würde es dann um seine Tochter jetzt nicht so schlimm stehen.

„Meoran… setz dich hin, bitte.“, murmelte Puran dumpf, während er mit seinem Freund und Lehrmeister auf dem Flur hockte – besser, er hockte, Meoran ging auf und ab und keuchte dabei bereits vor Anstrengung. Der Jüngere sorgte sich wirklich… Tanuq war herunter gegangen, um Misteltee zu kochen, aber der arme Meoran war so fertig mit den Nerven, dass vermutlich nicht mal der Tee helfen würde, um seinen Blutdruck zu regulieren. Die Männer hatten den Raum besser verlassen, damit Leyya ihre Ruhe hatte – niemand von ihnen wäre eine Hilfe beim Heilen.

„Sitzen? Ich kann nicht sitzen, verdammt, ich habe Angst!“, jammerte Meoran und fuhr sich durch die Haare, „Ich komme mir vor wie ein Vater bei der Geburt seines erstes Kindes… wie ironisch, dass ich jetzt nicht auf die Geburt, sondern auf den Tod warte…“

„Papperlapapp.“, schnaufte sein Freund, „Niemand sagt, dass sie echt stirbt, vertraust du Leyya so wenig? Dann hättest du sie nicht zu rufen brauchen.“

„Das ist es nicht, aber verdammt, ich habe blinde Panik, ja?! Ich sterbe vor Angst um mein einziges Kind, sag mir nicht, dass es dir an meiner Stelle anders gehen würde, Puran Lyra!“ Meoran zeigte zornig und verzweifelt mit dem Finger auf ihn. „Du bist zeitlebens immer die größere Heulsuse von uns beiden gewesen, vergiss das nicht!“ Puran seufzte und nickte ergeben.

„Ja, das stimmt… ich verstehe deine Panik doch, mein Freund. Aber du machst mir auch Angst, du weißt genau, dass du krank bist. Diese Aufregung wird dich umbringen.“

„Dann bin ich wenigstens vereint mit meiner Frau und meiner Tochter.“ Puran erhob sich und spuckte seinem Freund vor die Füße.

„Verflucht, Meoran! Sieh dich an, was wird aus dir?! Du lästerst über die Lebensgeister und verschmähst sie, willst lieber sterben?! Das ist abscheulich! Du weißt noch gar nicht, ob Saidah nicht vielleicht überleben wird, also reiß dich bitte so lange zusammen, bis du schlauer bist, Meister! Verdammt, von allen Menschen dieser Welt verehre und respektiere ich niemanden mehr als dich! Und es würde mich wirklich beschämen, wenn ich erfahren müsste, dass mein Lehrmeister ein suizidgefährdeter Feigling ist! Oder denkst du, Ruja würde das gutheißen?!“ Meoran starrte ihn fassungslos an und eine Weile herrschte Stille auf dem Flur. Tanuq kehrte mit dem Tee zurück, als Meoran sich endlich auf den zweiten Stuhl fallen ließ, der neben Saidahs Zimmer stand, und sitzen blieb. Er erzitterte vor Gram und der Senator seufzte, ehe er herüber trat und seinen Freund umarmte. „Vergib mir, alter Freund… das war hart von mir… ich… mache mir doch auch nur Sorgen.“

„Nein – nein, du hast recht.“, keuchte Meoran, „Ruja würde… nicht gutheißen, wenn ich aufgebe… Ruja hat immer… gehofft.“ Der Mann erwiderte traurig die Umarmung und nahm dann dankend den Tee seines Haushälters an, den dieser gebracht hatte.
 

Als Leyya zu ihnen auf den Flur kam, war es bereits später Vormittag. Die Frau seufzte ergeben und ermüdet, während sie sich mit der Hand über die Stirn fuhr. Die drei Männer auf dem Flur erhoben sich, Tanuq hob dabei die leere Teetasse auf.

„Und?“, fragte Puran, weil Meoran keinen Ton heraus brachte, und auf das Gesicht der Heilerin schlich ein dumpfes, müdes Lächeln.

„Sie wird es überleben, keine Angst. Ich habe die Wunde heilen können.“ Sie erntete auf diese Aussage erleichtertes Jauchzen von allen Seiten und Meoran sah aus, als wäre er am liebsten ohnmächtig umgefallen ob des Felsens, der ihm vom Herzen fiel.

„Um Himmels Willen, Leyya… d-du weißt gar nicht, wie dankbar ich dir bin. Ich stehe den Rest meines kümmerlichen Lebens in deiner Schuld…“, murmelte er dabei und lächelte leicht. „Kann ich zu ihr?“ Die Frau schüttelte den Kopf.

„Sie schläft jetzt, lassen wir sie. Sie wird sich die nächsten Wochen ausruhen müssen… du und Tanuq solltet euch liebevoll um sie kümmern.“

„Um Himmels Willen, natürlich werden wir das!“, keuchte der Geisterjäger, „Sie lebt, d-du hast meiner Tochter das Leben gerettet, Leyya… ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, ich-… eben dachte ich noch, alles, wofür ich lebe, wäre verloren, aber… ach!“ Zu seiner Verblüffung seufzte die kleine Heilerin etwas unsicher, spähte zurück zu Saidahs Zimmer und lehnte dann die Zimmertür an, ehe sie sprach.

„Meoran, bitte lobpreise mich nicht… sie wird leben und gesund werden, ja, aber… es gibt ein Problem, von dem du wissen solltest.“ Jetzt verstummten alle wieder und Puran sah seine Frau alarmiert an.

„Was ist?“ Die kleine Frau schob sich eine wirre Haarsträhne hinter das Ohr und blickte bedrückt zur Seite.

„Der Ast hat… ihren Unterbauch durchbohrt und viel kaputt gemacht. Das meiste konnte ich wieder regenerieren, aber… ihre Gebärmutter ist leider nicht mehr zu retten gewesen. Natürlich wird sie problemlos ohne Gebärmutter leben können… aber das bedeutet, dass sie niemals ein Kind empfangen können wird.“

Hatte sie eben noch in drei erleichtert strahlende Gesichter gesehen, sah sie jetzt die Gesichtszüge erneut entgleisen.

„Sie… kann niemals Kinder bekommen?“, wiederholte Meoran leise, und die Heilerin nickte zögerlich.

„Es… tut mir leid. Ich bin unfähig, ich konnte… nichts mehr tun…“ Der Ältere schnitt ihr das Wort ab, indem er die Hände abwehrend hob.

„Das ist nicht deine Schuld, hör auf. Du hast getan, was du konntest. Und dass sie nur keine Kinder kriegen kann ist ein wahrlich kleines Übel verglichen mit dem, was hätte passieren können. – Gut, wenn sie schlafen sollte, wieso… gehen wir nicht herunter und essen was auf den Schreck der letzten Nacht? Also… jetzt habe selbst ich langsam wieder Hunger. Tanuq, geh doch bitte und koch uns Suppe… das wäre lieb von dir.“ Mit einer höflichen Verneigung in Richtung Leyya ging Meoran voran, schwerfälliger denn je, und Tanuq folgte ihm gehorsam. Puran und seine Frau blieben zurück und tauschten einen bestürzten Blick. Sie beide wussten genau, dass ihr Freund diese schlechte Nachricht herunter spielte und tapferer tat, als er war… dass Saidah unfruchtbar war, war gerade für ihre Familie eine Tragödie. Es bedeutete, dass spätestens mit Saidahs Tod – der hoffentlich noch fern war – der letzte Träger des Blutes der Chimalis’ aus dieser Welt gehen würde. Solange sie ein Kind hätte bekommen können, wäre wenigstens ihr Blut, wenn auch nicht ihr Name, weitergegeben worden, so jedoch starb der alte, ehrwürdige Clan restlos und ohne Spuren aus.

Als sie die Küche erreichten, machte Tanuq bereits Suppe. Meoran hatte eine Weinflasche geholt und vier Gläser, in die er jetzt sehr großzügig einschenkte und seine Verbitterung mit einem wohlwollenden Lächeln zu überspielen versuchte.

„Setzt euch doch – wir haben etwas zu feiern, Saidahchen lebt noch! Das haben wir dir zu verdanken, Leyya… kommt schon, setzt euch. Ich trinke auf dich, meine Teuerste!“ Er grinste ein bizarres Grinsen, als er überschwänglich sein Glas anhob, dabei die Hälfte verschüttete und den Rest des Weins dann in einem Zug austrank. Puran und Leyya setzten sich gehorsam, teilten das Grinsen aber nicht. Nur zögerlich nahm die Heilerin ihr Weinglas auch und zwang sich dann zu einem sehr verzerrten Lächeln.

„Ja, es… es ist schön, dass Saidah lebt. Ich bin heilfroh darüber…“

„Wirklich, es ist so erleichternd… und was diese Sache mit den Kindern angeht, das… spielt keine weitere Rolle, wirklich. Der Name meiner Familie stirbt ohnehin aus, ob nun mit oder ohne Blut, ist doch eigentlich Lachs.“ Er kicherte und setzte sich, um sich ein neues Glas einzuschenken. Puran seufzte, während Leyya auch einen Schluck Wein trank.

„Das… ist nicht egal, Meoran, und ich glaube auch nicht, dass dir das so gleich ist, wie du gerade behauptest… das ist ein großer Unterschied, ob nur der Name eingeht oder auch das Blut. Es tut mir leid…“

„Es ist nur so lächerlich.“, gluckste Meoran und trank sein zweites Glas aus, „Es war dein Großvater, der meine Familie verflucht hat. Es ist wirklich so… als würde sein Fluch hier Hand und Fuß finden. Wie er angedroht hat, hat meine Cousine kein männliches Kind geboren. Wie er angedroht hat, habe auch ich keinen Sohn bekommen. Und meine einzige Tochter wird jetzt ewig kinderlos bleiben… Kelar ist wirklich ein grausamer Mann, wenn er selbst in seinem Tod noch über meine Familie richtet… das beunruhigt mich echt.“ Der Senator senkte nur dumpf den Kopf, ehe er vorsichtig ebenfalls an seinem Glas nippte. Es herrschte eine lange Zeit Stille, bis Meoran plötzlich das Thema wechselte und sich zu Tanuq umdrehte, der am Herd Suppe kochte. „Sag mal, was ist aus dem Gefangenen geworden?“

„Gefangener?“, fragte Leyya.

„Ja, der eine der Kerle, die hier angegriffen haben… einen habe ich auf unsaubere Art zum Himmelsdonner geschickt, den anderen haben wir lebend gefangen und irgendwo gefesselt liegen lassen…“ Die anderen sahen sich an und das Kindermädchen seufzte.

„Zumindest sind sie Ausländer, sie sprechen kaum die Hochsprache. Was das andere ist, was sie sprechen, keine Ahnung. Ich weiß nur mit Sicherheit, dass es kein Fannisch ist. Fannisch hören wir hier natürlich oft…“

„War er denn äußerlich auffällig?“, fragte Puran sich, und Meoran erhob sich.

„Tanuq, wo hast du ihn hin getan?“

„In den Verschlag zum Brennholz.“

„Wundervoll – komm, wir gucken ihn uns an, vielleicht finden wir ja zufällig heraus, wer er ist und was er wollte.“

„Moment, und die Suppe?“, fragte die Heilerin bestürzt, als ihr Mann und sein Freund bereits aus der Küche gingen, doch Tanuq strahlte sie an.

„Das dauert schon noch… keine Sorge.“
 

Puran hatte den Mann noch nie gesehen, der noch gefesselt im Verschlag lag und beim Anblick der beiden Geisterjäger panisch die Augen weitete. Er versuchte, durch seinen Knebel zu sprechen, was natürlich nicht funktionierte, so nahm Meoran ihm gütiger Weise das Tuch aus dem Mund – bevor der Kerl jedoch sprechen konnte, erntete er einen so heftigen Schlag ins Gesicht, dass er fast wieder bewusstlos wurde.

„Du abscheulicher Arschkriecher!“, blaffte Meoran den Mann an, „Deinetwegen wäre meine Tochter beinahe gestorben! So, du hast die Wahl; entweder du antwortest sofort, wer du bist und was du wolltest, und bekommst einen kurzen, schmerzlosen Tod, oder du sagst nichts und wirst lange leiden.“

„Es ist nicht meine Idee gewesen!“, jammerte der Kerl, „Ehrlich nicht, i-ich bin nur ein einfacher Söldner! Ich habe Geld bekommen.“

„Von wem? Was war dein Auftrag?“ Der Mann überlegte einen Moment und Meoran wurde schon ungeduldig, da antwortete er rasch:

„W-wir sollten Euch töten! Euch und das Mädchen.“

„Hab ich mir fast gedacht. Und wer gab dir den Auftrag?“ Darauf schwieg der Mann eisern, offenbar bereit, Todesqualen zu leiden für das Leben seines Auftraggebers. Meoran versuchte es von der anderen Seite. „Woher stammst du, Kerl?“

„Aus Yuron.“ Er fing sich einen neuen Schlag ins Gesicht.

„Du kommst unter Garantie nicht aus Yuron, so, wie du sprichst!“, zischte Puran, während sein Freund nach Luft schnappte und sich die Faust rieb. „Ich war oft genug in Yuron, um zu wissen, dass selbst die erbärmlichsten Penner dort unsere Sprache beherrschen!“ Der Mann japste, als Meoran in die Hocke ging, ihn am Kragen packte und ihn diabolisch anstierte.

„Hör mir mal zu, Alter. Du hast eine neue Wahl. Entweder, du verrätst uns auf der Stelle, woher du stammst und wer dir den Auftrag gab, oder ich schneide dir langsam und auf brutalste Weise erst deinen Schwanz und die Eier ab, dann entferne ich deine Gedärme und zum Schluss steche ich dir mit einem Holzscheit in deinen Arsch. Also, wie entscheidest du dich?“ Der Mann starrte ihn fassungslos an und Meoran zückte seelenruhig eine Feder aus seiner Tasche. „Gut, du schweigst also…? In Ordnung, sag Lebewohl zu deinem Mannknochen. Welches Ei soll ich zuerst abschneiden, das linke oder das rechte?“ Der Mann schrie entsetzt und fing zu zappeln an, als der Geisterjäger mit seiner Feder näher kam, und dann schrie er lauter als nötig:

„Ist ja gut, ist ja gut, i-ich komme aus Haleigha! Das ist auf Ghia, bitte nicht…!“

Das reichte als Antwort und beide Geisterjäger fuhren abrupt zurück, als sie das hörten. Purans Kehle verließ nur ein heiseres Keuchen und sein Lehrmeister erhob sich sofort, ehe er seinen Blick verfinsterte.

„Scharan.“, war alles, was er sagte, ehe er dem Verschlag den Rücken kehrte und mit einer Handbewegung die Feder auf den Kerl schleuderte, die wie ein Messer seinen Kopf ohne Umschweife vom Körper trennte. Mit einem dumpfen Geräusch fiel der Kopf auf den Boden und Blut besudelte das Brennholz. Puran schenkte dem toten Schergen von Ulan Manha einen letzten, bitteren Blick, ehe er seinem Meister zurück ins Haus zu folgen begann. Kurz vor der Haustür blieb der Ältere noch einmal stehen und drehte sich schließlich um.

„Meister?“, fragte Puran verwirrt, und der Mann seufzte tief.

„Da meine Tochter jetzt… unfruchtbar ist… habe ich eine Bitte an dich. Ich weiß, es gehört sich nicht, ein Versprechen zu brechen, aber… ich… kann Saidah Karana nicht zur Frau geben. Er ist dein bisher einziger Sohn… dein einziger Erbe. Er muss Söhne zeugen, damit wenigstens dein Clan überlebt. Ich kann nicht verantworten, dass unsere beiden Familien sterben, indem wir unsere Kinder vermählen. Also bitte ich dich, Puran… gib mir die Hand meiner Tochter wieder, die ich deinem Sohn versprochen hatte… bitte.“ Der Senator seufzte ebenfalls.

„Meister, das… musst du nicht. Ich meine, Karana kann auch eine zweite Frau-…“

„Du willst ihm die Verantwortung für zwei Frauen aufhalsen, von denen eine nutzlos ist, nur, damit ich meine Ehre nicht verliere? Der arme Kerl, nein, das ist nicht gut. Saidah wird keinen Mann haben können so.“

„Aber… ist das nicht schlimm für sie? Sie wird doch einsam sein, wenn sie nie heiratet und…“

„Dann ist es ihr Schicksal. Du kennst sie, Saidah würde sich dir oder Karana unter diesen Umständen nicht aufdrängen, ich bin überzeugt, in ihrem Sinne zu handeln. Sie wird lieber die Einsamkeit wählen als die Demut, die sie erfahren würde als Zweitfrau, wenn sie immerzu sehen muss, wie sie sich ihren Mann teilen muss, wie ihre Feuerschwester im Gegensatz zu ihr Erben gebärt und damit ranghöher wird… glaub mir, die Ehe der beiden ist jetzt um Scheitern verurteilt. Sie kennen sich an sich nicht, keinen von beiden wird es sonderlich brechen, dass wir sie auseinander reißen. Ich denke, Karana weiß nicht mal, dass er eine Verlobte hatte?“

„Ich wollte erst mit ihm darüber sprechen, wenn er alt genug für das Blutritual ist. Wer soll das denn jetzt machen?“

„Ich denke, Saidah wird das problemlos machen können – so, wie ich das verstehe, wird sie ja nur keine Kinder bekommen können, das heißt nicht, dass sie nicht mit einem Mann schlafen kann, oder?“ Puran räusperte sich. „Es tut mir leid… aber ich kann dir Saidahs Hand nicht geben. Oder besser Karana. So, wie Saidah dich ansieht, hätte sie sie dir sicher auch gegeben.“

„Quatsch, das ist jugendliche Schwärmerei… vermutlich so, wie ich einst für deine Frau empfunden habe. Irgendwie hängen unsere Clans wirklich schicksalhaft aneinander.“ Meoran lächelte kurz bescheiden und sie schwiegen etwas. „Meoran… ich kann Karana aber trotzdem zu dir in die Lehre schicken, wenn er vierzehn ist? Ich werde deine Tochter dann fragen, ob sie bereit ist, auch sein Ritual zu übernehmen… falls nicht, findet sich hoffentlich jemand anderes, ich möchte sie ja nicht zwingen.“ Darauf senkte sein Meister langsam den Kopf und zeigte ein weiteres Lächeln, das aber irgendwie nostalgisch wirkte.

„Wie alt ist Karana?“

„Zehneinhalb.“ Der Ältere nickte, dann seufzte er abermals und wandte sich wieder zur Tür.

„Ich sollte bald anfangen, Saidah darin zu unterweisen, eine Lehrmeisterin der Magie zu werden. Es ist unserer Familie in vielen Generationen bestimmt, diese Aufgabe zu übernehmen. Ich habe es getan, wie auch mein Vater, dessen Großvater und viele andere vor ihm. Vermutlich ist diese Aufgabe genauso Wille des Schicksals wie die fatale Verbindung unserer Familien, Puran. Karana… wird seine Lehre hier bekommen, keine Sorge. Das ist das Mindeste, was ich tun kann, um zu entschädigen, dass ich ihm seine versprochene Frau wegnehmen muss…“ Mit diesen Worten ließ er seinen Freund stehen und betrat das Haus. Puran war beunruhigt über die Worte, auch wenn er sich nicht erklären konnte, weshalb. Aber es jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken, so zog er es vor, seinem Freund zu folgen und in die Wärme des Hauses zurückzukehren.
 


 

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yeah - das war das vorletzte kapi, ich denke <3 es sei denn das nächste wir dunerwartet wieder so ätzend lang dass ich es teilen muss <_< Yay, Aar. Und Saidah ist arm dran, haha xD Mein hezr des Kapis geht an den armen Meoran, er ist echt DAS Opfer in ganz Fm... o__O Bis zum nächsten Kapi wird es etwas dauern^^



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Decken-Diebin
2010-07-30T19:59:56+00:00 30.07.2010 21:59
Was für ein trauerkapitel mitunter >___<
Verdammt, jetzt habe ich es nicht in einem Zug gelesen, das verwirrt mich immer. Ja, was war, der Krieg ist endlich vorbei, das ist so schön *___* Und Chenoa kam vor, das stimmt, das fand ich irgendwie toll.
Die Szene mit Aar fand ich so knuffig. Und es war so klar, dass Puran und Leyya gleich nicht freudig aufspringen und Hurra sagen xD Aber so sind Eltern nun mal. Aber sie sind tolle Eltern. Ach ja, Karana hat Hurensohn gesagt. - Mir fällt grad ein, ich hab herausgefunden, dass es eine griechische Insel namens Thira gibt xD - Aber ich dachte mir gleich, dass es nicht seine Absicht und seine eigene Zunge war, die das gesagt hat óo
Niarih ist also wirklich Dasans Tochter xD Und Enkelin... hach xD Dachte ich mir nach Izzys Vorschlägen aber auch schon :3
Ja und zum Schluss Saidah... was muss ich noch sagen... es ist... Antiherz .___.
Von:  -Izumi-
2010-07-22T22:37:40+00:00 23.07.2010 00:37
Ja, das Kappi hab ich ja nicht ganz lesen wollen, nochmal entschuldigung deswegen .__.'
Das, was ich las, gefiel mir aber dafür um so besser <3
Aber immer der Reihe nach; Chenoa kam vor >///< Zwar nur random, aber sie ist SO toll, ich mag sie ^^
Und Meoran... ach ._. Er tut mir so Leid... ich meine, er ist so lieb, ich herze ihn SO doll an óo Und Saidah... awww, sie steht ja so auf Puran, das ist SO süß XDD
Na ja, was kam dann? Öhm... ach ja. Karana. Karana ist ja SO herzallerliebst XD Hurensohn, das hat gesessen XD Er ist definitiv ein kleiner Kelar, zumindest manchmal XDD
Aber er gefällt mir so sehr gut... ebenso der gar nicht so brave Simu auch. Ich meine, der ist voll gar nicht lieb und knuffig, viel mehr sehr sarkastisch? Tut mir Leid, den Unterschied zwischen Ironie, Sarkasmus und... Zynismus? Also den kenne ich nicht, aber dir ist mittlerweile wohl wahrlich bekannt, dass ich eben einfach etwas dümmlich bin.
Ähm, weiter im Text.
Ja, also, dann kommt ja der kleine Aar óò Er ist so süß, er ist... ein Baby >////<
Awww! ABER, dann kam das Beste. Das aller, aller, allerbeste. Das Gespräch zwischen Sagal und Emo. Echt, ich lag auf dem Boden, das ist echt nicht zu glauben.
XDDDDD
Ich hatte es aber geahnt. Ich hatte 2:1 für Sagal selbst als Vater seines Enkels getippt, ich hatte Recht, juhuu XD Dann... ist die Kleine jetzt Telepathin? óo Na ja, aber Sagal war ja auch nicht schlecht... woher auch immer der weiß, was Emo mit Scharan treibt XDDD
Wobei geil fand ich ja auch den Spruch von Emo: Wobei mir solche bösen Jungs ja normalerweise gefallen.“
Das hat mich auch fertig gemacht, das war ja so schwul XDDD Okay, er ist nicht schwul, er nagelt ja auch Nutten (stimme aus dem Off: Emo X Saidahs Kindermädchen, DAS Pairing!) ja, so wie so, aber awww XDDD Wie cool XDDD
Ich... ja, dann kam ja noch das Gespräch von Karana und Puran, das fand ich sehr gut so óo Und als Saidah da angegriffen wurde... aww .__. ...


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