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Lost

Vom Himmel, durch die Welt, zur Hölle
von

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3

„Dürfte nicht so einfach zu finden sein.“

Simons näselnde Stimme klang entschuldigend. Fast so, als wäre er sich der Sache bewusst, dass er Susanna unter Umständen ganz umsonst raus in das Vakuum geschickt hatte.

„Die Messgeräte haben nur eine minimale Druckanomalie und eine Temperaturdifferenz im Vergleich zum Rest der Außenhülle festgestellt. Kann also sein, dass du dem Baby nur ein Pflaster draufkleben musst und alles ist wieder in Ordnung.“

Mit „Baby“ meinte er in hundert Prozent aller Fälle die STS-185 Columbia, unter anderem auch „Schätzchen“, „Engel“ oder „Prachtstück“ genannt. Simon J. Glentis wusste, dass er keinen Erfolg bei Frauen hatte und wäre er schwul gewesen, wohl auch keinen bei Männern. Aber er wusste, dass er ein verdammtes Genie war. Er besaß eine nahezu unheimliche Fülle an technischem Know-how, ein komplexes Kombinationsvermögen und weit reichende Kenntnisse auf den Gebieten der Synergetik und Thermodynamik, welche sein Mitwirken in verschiedenen Forschungsmissionen der NASA garantiert hatten.

Susanna hatte sich schon oft ausgemalt wie gelegen ihr eine Mischung aus Simons großem Geist und Eastwicks attraktiver Statur kommen würde. Sie wäre in Null Komma Nichts eine verheiratete, überglückliche Frau. Aber im Moment teilte sie mit dem schlaksigen, unscheinbaren Simon lediglich ihre Ideen und Theorien und mit dem muskulösen Hinterwäldler Eastwick das Bett. Versuchte sie es sich andersherum vorzustellen, verhielt es sich genauso wie bei dem berüchtigten Fall des Perpetuum Mobile. Es war unmöglich.

Ihr eigener ruhiger Atem begleitete sie, während sie zeitlupengleich durch den Orbit schwebte. Sie genoss die Ruhe, die zeitlos schöne Bedrohung des allumfassenden Nichts, welches zerstörte und erbaute lange bevor es Zeit und Raum aus sich erschuf. Ein leichtes Kribbeln der Erkenntnis breitete sich in ihren Organen aus und lies sie das vollkommene Glück spüren, welches alles bisher Dagewesene in den Schatten stellte: Die Geburt ihrer zwei Geschwister Sarah und Ian, die Nachricht, dass ihr wirklicher Vater noch am Leben war, der Tag an dem sie in die NASA aufgenommen wurde und die erste Nacht mit Kevin. All das war nahezu lächerlich geworden im Angesicht dieses Ereignisses.

Sie lächelte, schloss die Augen und atmete tief ein, so als ob es das Vakuum war, was sie roch und nicht die Luft in ihrem Helm. Es ging also noch bergauf.

„Noch ein paar Meter. Von dort aus müsstest du es bereits sehen, Su.“

Widerwillig öffnete sie ihre Augen wieder, um die Außenhülle zu ihrer linken abzusuchen.

„Ist ziemlich klein, oder? Von hier aus sehe ich nichts. Ich versuch es weiter vorne, zur Unterseite hin.“

Vorsichtig tastet sie sich am Shuttle entlang, um die Orientierung nicht zu verlieren und auch den kleinsten Schaden erkennen zu können.

„So … Simon?! Ich glaub ich hab’s gefunden. Ist wirklich nicht sehr groß.“

„Hm ... Flick es provisorisch! Ich sag dir ob es gereicht hat.“

Susanna löste gerade alles Nötige aus den Klettverschlüssen der Werkzeugtasche, als Simon sich erneut über Funk meldete.

„Äh, Susanna. Hast du gerade was verloren? Hinter dir fliegt irgendetwas durch den Raum. Circa zwanzig Zentimeter lang. Könntest du dich bitte schnell darum kümmern, damit es kein weiteres Loch in die Hülle reißt?“

„Oh entschuldige. Moment.“, gab sie halbherzig zurück, „Was – ist denn das?“

Das Objekt was langsam auf sie zuschwebte, kannte sie nicht. Langsam schlossen sich ihre Hände um ein kleines hölzernes Viereck.

„Was ist was? Su, alles in Ordnung? Was ist es denn?“ Simon klang nicht wirklich besorgt. Sie antwortete trotzdem:

„Es ist ein Holzkästchen. Mit einem kleinen Verschluss dran. Sieht alt aus, Simon. Ich glaube ich bekomme es auf.“

Der Schnappverschluss knickte weg und setzte seinen Weg durch das Weltall allein fort. Susanna gab sich Mühe das Kästchen vorsichtig zu öffnen.

„Pass ja auf! Es ist nie ratsam umher fliegenden Schrott aufzuheben. Hier kommt meistens der Mist hin, der zu schädlich ist, um unten zu bleiben.“

Doch Susanna Hayden hatte nicht das Gefühl, als ob der Inhalt gefährlich wäre. Zudem zwang sie ihre Neugier die zwei Hälften aufzudrücken und einen Blick hinein zu werfen. Plötzlich war der Raum um sie herum gefüllt mit kleinen weißen Papierfetzen, die aus dem Holzkasten regelrecht heraus explodiert waren und nun in alle Richtungen davon schwebten.

Sie keuchte erschrocken.

„Papier … Ist nur Papier, Simon. Moment mal, da steht überall etwas drauf …“

„Wa … Ich ver … ganz schlecht … hast du gesagt? … Irgendwa … stimmt mit der Verbindung nicht … Su …“

Der Kontakt brach stockend ab. Gelegentliches Knistern deutete darauf hin, dass Simon am anderen Ende versuchte zu ihr durchzudringen, aber keinen Erfolg hatte. Susanna beunruhigte die plötzliche Stille nicht. Ihre Augen ruhten auf den Papierschnipseln, die sie zwischen den Fingern hielt. Ihr war, als wäre sie schlagartig an Autismus erkrankt, so fern schien ihr ihre Umgebung zu werden. Wie wenn man mit einem Fotoapparat zu schnell aus einem Ausschnitt heraus zoomte. Apathisch las sie die Zeichen auf den Zetteln. Immer und immer wieder, bis ihre Lippen automatisch die Worte formten:

4 8 15 16 23 42

Die Zahlenfolge war überall, auf jedem gottverdammten Stück. Als sie das Papier drehte, entdeckte sie ein einzelnes Wort

Mit einem Mal schien das Universum auf die Größe des Blattes zusammen zu schrumpfen. Susanna Haydens Stirn legte sich in Falten. Dort stand mit schwarzer Tinte geschrieben:

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Vanilla_Coffee
2011-01-07T18:54:05+00:00 07.01.2011 19:54
Oh mann jetzt gibts die bösen Zahlen auch noch im Weltall O.O
Naja bin ja mal gespannt wie das weiter geht^^

LG Amalia
Von:  Papenstiehl
2009-04-25T10:19:15+00:00 25.04.2009 12:19
Ohh, die fiesen Nummern im Weltall ^^ da kommt LOST-Feeling auf :)


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