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Cruel Nature

von

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Wahrheit

Wahrheit
 

„Das sieht nicht gut aus“, sagt Luna besorgt, als sie sich die Wunde vom Fuchs ansieht.

Sie ist so schnell gekommen, wie sie konnte.

Miho, Keisuke und Yuri stehen mit ihr gemeinsam um das arme Tier herum.

„Ich habe vorgeschlagen, ihn in mein Zimmer zu bringen...“, fängt Miho an, aber Luna sagt sofort: „Nein. In dem Zustand können wir ihn nicht bewegen. Er hat zu viel Blut verloren.“

Beim Hören des Wortes „Blut“ verkrampft sich Keisukes Hand zu einer Faust.

„Aber ihr könnt ihm doch helfen?“, will Yuri wissen.

„Wir tun unser bestes“, versichert Miho ihr; „Aber es ist schon spät. Ruf bitte zu Hause an, damit deine Eltern dich abholen kommen.“

„Nein!“, ruft Yuri sauer; „Ich habe mit Keisuke zusammen diesen Fuchs von einem Wilderer gerettet, ich will jetzt bei ihm bleiben, bis er wieder gesund ist!“

„Das könnte noch was dauern“, sagt Luna, während sie die Wunde desinfiziert.

„Wo ist Shizuka eigentlich hingelaufen?“, fragt Miho Keisuke.

Er hat ihnen bis jetzt verschwiegen, was genau oben passiert ist.

„Ich weiß es nicht...“, flüstert er traurig.

„Was hast du gemacht?“, fragt Miho ernst; „Du hast doch nichts zu ihr gesagt, dass sie verletzt haben könnte?“

Wenn es doch nur sowas wäre, denkt Keisuke.

„Schlimmer“, flüstert er.

„Wie bitte?“, fragt Miho verwirrt.

„Er hat gesagt 'schlimmer'!“, wiederholt Yuri.

Miho sieht ihn fassungslos an:

„Was soll das heißen, Keisuke?“

Eine Weile sagt er gar nichts, und alle starren ihn an, außer Luna, die sich um den Fuchs kümmert.

„Es tut mir leid“, sagt Keisuke und weicht einen Schritt zurück; „Ich habe die Beherrschung verloren und irgendwie versucht... Ihr Blut zu trinken...“

„WAS?!“, ruft Miho empört. Yuri schaut ihn erschrocken an: „Gegen ihren Willen?!“

„Seid mal etwas leiser“, beschwert sich Luna, und alle nehmen Rücksicht auf das Tier.

„Warum hast du das gemacht?“, flüstert Miho kopfschüttelnd; „Ausgerechnet sie!“

„Es tut mir leid, ich wollte das gar nicht! Ich habe die Kontrolle verloren!“, entschuldigt sich Keisuke, aber Mihos Entsetzen steht ihr immer noch ins Gesicht geschrieben.

Schlimm genug, dass er sich wie ein Monster fühlt, jetzt schaut ihn seine eigene Schwester auch noch so an, als wäre er wirklich eines.

So hat sie ihn noch nie angesehen, mit dieser Mischung aus Verachtung, Angst und Enttäuschung.

Yuri schaut nur etwas deprimiert an ihnen allen vorbei, und Luna scheint sich gar nicht um diese ganzen Sachen zu kümmern sondern hat nur Augen für den verletzten Fuchs auf dem Sofa.

„Was soll ich machen? Es tut mir so leid...“

Er sieht seine Schwester hilfesuchend an.

Diese zögert eine Sekunde, doch dann seufzt sie nur und sagt:

„Geh sie suchen. Wenn es dir wirklich leid tut, geh sie suchen und entschuldige dich.“

Keisuke nickt. Yuri steht auf und ruft: „Ich komme mit!“

Aber Miho sagt sofort: „Nein, das kann ich nicht erlauben. So spät solltest du nicht mehr nach draußen gehen, und wolltest du nicht bei unserem Patienten bleiben?“

Yuri schaut traurig zu Keisuke, der zu lächeln versucht: „Schon okay, ich gehe alleine. Aber habt ihr vielleicht einen Anhaltspunkt, wo sie sein könnte?“

„Vielleicht in ihrem alten Haus?“, schlägt Luna vor; „Das steht doch seit damals leer?“

„Sie hätte auf jeden Fall einen Schlüssel dafür!“, ergänzt Miho, und dann fällt ihr ein:

„Keisuke, du hast doch auch einen, oder? Nimm ihn mit. Es könnte gut sein, dass sie dort ist.“

Er nickt und rennt so schnell es geht in sein Zimmer, um den Zweitschlüssel für Shizukas Haus aus einer Schublade zu holen.

Sie hat mit Sicherheit jetzt große Angst vor ihm, aber er muss versuchen, es ihr zu erklären.

Unten verabschiedet er sich hastig: „Ich bin weg! Dauert hoffentlich nicht lange...“

Und schon verschwindet er aus dem Haus.

Über die kühlen Straßen geht er schnellen Schrittes zum Haus von Shizukas toten Eltern.

Zum Glück ist es nicht weit, überlegt er.

Als er das große, imposante Haus vor sich erblickt, beeilt er sich, hineinzugehen und Shizuka dort zu suchen. Allerdings kann er sie nirgendwo finden, weder in ihrem Zimmer, noch in der Küche, im Salon oder sonstwo.

Enttäuscht verlässt er das menschenleere Haus wieder.

Er weiß wirklich nicht, wo sie denn noch sein könnte?

In der Schule? Mit Sicherheit nicht. Lilienfeld-Bibliothek? Auch unwahrscheinlich, sie hat nicht viel übrig für Bücher.

Ist es überhaupt klug, sie zu suchen? Vielleicht will sie ja alleine sein.

Auf jeden Fall wird sie Keisuke nicht sehen wollen.

Aber trotzdem, er muss sich einfach bei ihr entschuldigen!

Er geht eine Weile ziellos durch die Nachbarschaft und hält nach ihr Ausschau, aber ohne Erfolg.

Ein paar Minuten später kommt ihm eine alte Frau entgegen.

Keisuke beschließt, sie zu fragen:

„Entschuldigung! Haben Sie ein Mädchen mit schwarzen Haaren und einem weißen Kaputzenpulli hier irgendwo gesehen? Ich suche sie.“

Ratlos schüttelt die Fremde den Kopf und geht einfach weiter.

Um diese Uhrzeit scheinen die Leute auf den Straßen misstrauischer zu werden.

Keisuke geht noch ein Stück weiter und setzt sich schließlich auf eine Holzbank.

Was, wenn sie in der Zwischenzeit schon wieder nach Hause gekommen ist?

Sollte er mal nachschauen?

Aber falls nicht, wäre es blöd, ohne Shizuka zurückzukehren.

Ein bisschen möchte er sie noch suchen.

Er geht die Straße weiter hinunter, an einer Bushaltestelle und einem Kiosk vorbei, bis er sich auf einen kleinen, verlassenen Spielplatz wiederfindet. Naja, nicht ganz verlassen.

Shizuka sitzt nachdenklich mit gesenktem Blick auf der Schaukel.

Endlich hat er sie gefunden.

Hoffentlich läuft sie nicht vor Angst weg, wenn er sich ihr nähert.

Langsam geht er auf sie zu, und ein paar Meter vor ihr sieht sie plötzlich auf und erschreckt sich leicht. Doch scheinbar fängt sie sich schnell wieder, sie begrüßt Keisuke mit einem monotonen:

„Was machst du denn hier?“

Da sie offensichtlich keine Angst mehr hat, setzt er sich auf die Schaukel neben der ihren und antwortet: „Ich habe dich überall gesucht.“

Sie schweigt.

„Ich wollte mich bei dir entschuldigen, für das, was ich in meinem Zimmer gemacht habe...“, sagt er traurig, und hofft, dass sie ihm verzeiht.

„Ich habe mich furchtbar erschreckt...“, flüstert Shizuka; „Ich meine es ernst, ich hatte richtig Angst!“

An diesem Abend ist Keisuke wirklich zum Monster geworden. Am liebsten würde er Shizuka aufmuntern, aber da gerade er selbst es war, der sie so verängstigt hat, hält er dies für keine sonderlich gute Idee.

„Sag mir warum, sag mir, warum du das getan hast!“, ruft sie plötzlich und sieht ihn fast zornig an.

„Ich, also, äh...“, fängt er an, aber es dämmert ihn, dass er spätestens jetzt mit der Wahrheit herausrücken sollte:

„Es gibt einen Grund. Du glaubst es mir vielleicht nicht, aber ich bin... ein Vampir.“

Shizuka schaut ihn gekränkt, an, allerdings sieht sie nicht wirklich überrascht aus:

„Das habe ich, wenn ich ehrlich bin, schon die ganze Zeit vermutet. Aber dieser Gedanke war so absurd, so lächerlich! Ich dachte, wenn ich dich darauf anspreche, und ich liege falsch, blamiere ich mich fürchterlich. Ihr haltet mich doch alle für dumm und unterbelichtet!“

Keisuke sagt nichts. Er hätte schon viel früher mit ihr darüber reden sollen.

„Selbst nachdem Miho es mir heute erzählt hat...“

An dieser Stelle unterbricht er sie: „Was?! Miho hat es dir ERZÄHLT?!“

Doch sie ignoriert seinen Einwurf einfach und spricht weiter:

„Auch da dachte ich, dass sie nur einen Witz mit mir treibt. Und wenn ich darauf reinfalle, beweise ich wieder allen, wie blöd ich bin. Deshalb habe ich es nicht geglaubt!“

Wieder weiß er nicht, was er sagen soll. Er weiß, dass es sein Fehler gewesen ist.

„Warum hast du es mir nicht anvertraut?! Was habe ich denn gemacht, dass ich es verdiene, von dir permanent angelogen zu werden?!“ Sie wird immer wütender.

Keisuke flüstert: „Nichts, aber...“

„Kein aber! Richtige Freunde erzählen sich sowas!“, ruft sie und springt auf.

„Warte bitte!“, keucht Keisuke; „Du musst wissen, seitdem ich ein Vampir bin, gerate ich dauernd in gefährliche Situationen! Ich wäre mehrere Male schon fast ums Leben gekommen! Ich wollte dich nicht dadurch in Gefahr bringen, dass du über meine wahre Natur Bescheid weißt!“

„Aber Yuri und Luna sagst du es! Sogar Desmond weiß davon!“, erwidert sie.

„Die... Die haben es aber alle irgendwie zufällig herausgefunden! Das war nicht meine Absicht!“

Sie starrt ihn sehr böse an, diesen Blick hat er von ihr noch nie zu spüren bekommen.

„Bitte verzeih mir“, fleht er; „Ich mache alles! Ich weiß, dass es falsch war...“

Shizuka seufzt: „Dass du mich zu Hause angefallen hast, kann ich dir verzeihen.“

„Ich litt unter Blutmangel und konnte mich nicht mehr kontrollieren“, entschuldigt er sich.

Shizuka nickt: „Wenn du das nicht nochmal machst... Dann ist es okay. Aber dass du mir die ganze Zeit über verschwiegen hast, was du bist, und mir etwas vorgespielt hast, das....“

Keisuke unterbricht sie: „Es hat aber noch einen anderen Grund.“

Sie wird hellhörig. Er fürchtet sich ein bisschen, sie darauf anzusprechen, aber früher oder später wird er es ihr ohnehin sagen müssen:

„Deine Eltern... Sie wurden von einem Vampir umgebracht.“

„Was?!“, ruft Shizuka und hält sich die Hände vor den Mund.

„Ich hatte Angst, du hasst mich vielleicht, wenn ich von der selben Sorte bin wie der.“

„Aber Keisuke...“ In ihren Augen glitzern nun Tränen;

„Du hast doch noch niemanden getötet, auch wenn du ein Vampir bist...“

Verwirrt antwortet er: „Stimmt. Aber woher weißt du das?“

„Weil ich dich kenne. Du bist einfach nicht so eine Person. Dazu wärst du gar nicht imstande. Normalerweise bist du immer sanft und freundlich. Außer heute Abend...“

„Shizuka, ich bin froh, dass du jetzt alles weißt“, sagt Keisuke glücklich.

„Noch nicht alles. Wovon ernährst du dich eigentlich?“

„Blutkonserven“, antwortet er beschämt, aber sie fängt fast an zu lachen, obwohl die Tränen immer noch in ihren Augen stehen.

„Das hätte ich mir ja denken können... Ähm, erzähl mir bitte alles, was du über den bösen Vampir, der Mama und Papa getötet hat, weißt...“

Keisuke seufzt, er hat die ganze Zeit gehofft, darauf würde sie ihn nicht ansprechen:

„Er heißt Samuel und ziemlich arrogant. Ähm, er ist aber keiner der Cursers...“

„Und was sind Cursers?“, fragt Shizuka.

Ach richtig, das weiß sie ja auch nicht. Keisuke nimmt sich kurz Zeit, um Shizuka von den Cursers und ihren Zielen zu erzählen. Er erzählt ihr auch alles über Emily, die Königin, über die besonderen Kräfte der Vampire und dass sie ihm seine genommen hat.

„Also das klingt schon extrem verrückt!“, staunt Shizuka; „Ich hätte nicht gedacht, dass hinter meinem Rücken sowas abläuft.“

Keisuke entschuldigt sich nochmals bei ihr, aber sie winkt ab: „Schon gut. Aber daran liegt es auch, dass du so anders aussiehst als früher, oder?“

„Stimmt“, sagt er; „Meine braunen Haare sind silbern geworden, meine Augen rot, und meine Haut noch blasser, als sie sowieso schon war...“

Sie klopft ihm lächelnd auf die Schulter:

„Aber ich finde, dass du besser aussiehst, als vorher.“

Er merkt, wie nett Shizuka eigentlich ist. Eben hat sie ihm noch Vorwürfe gemacht, und jetzt ist sie schon wieder ganz die Alte. Erleichtert atmet Keisuke aus.

„Wollen wir nach Hause gehen?“, fragt er.

Sie stimmt zu, denn es ist spät und morgen werden sie schon wieder zur Schule gehen müssen.

Unterwegs sagt er noch einmal: „Ich bin echt froh, dass du es jetzt weißt.“

Sie nickt, aber ihr Lächeln erstirbt.

„Keisuke... Ich... Ich habe auch etwas, was ich dir erzählen möchte, wirklich gerne...“

Er blickt sie fragend an, aber sie schaut auf den Boden vor sich:

„Ja, was denn?“

„Ähm... Das ist nicht sehr einfach... Um genau zu sein ist es total schwierig.“

Keisuke seufzt. Er kann gut nachvollziehen, wie sie sich fühlt.

Darum rät er: „Dann sprich es nur aus, wenn du wirklich willst, dass ich es weiß. Und wenn du denkst, dass dies der richtige Zeitpunkt ist.“

„Ich...“ Shizuka stottert: „Ich kann es nicht sagen... Aber ich muss... Wenn ich es nicht tue, bin ich doch keine gute Freundin...“

Keisuke schüttelt den Kopf: „Es gibt einen Unterschied zwischen Dingen, die du deinen Freunden erzählen musst, und Dingen, die du ihnen nicht erzählen musst. Das ich ein Vampir bin, hättest du sofort erfahren müssen, aber wenn du Probleme hast, über etwas zu sprechen, dann lass es ruhig oder mach es später.“

„Danke“, lächelt Shizuka; „Dass du sowas sagen kannst, nachdem, wie ich dich angefahren habe...“

Er sagt nichts weiter darauf. Gewiss ist er interessiert darin, was sie ihm denn wichtiges zu sagen hat, aber er möchte sie keineswegs belasten.

Zuhause angekommen, werden sie erst einmal von der besorgten Miho im Wohnzimmer begrüßt:

„Shizuka, Keisuke! Da seid ihr ja. Wir haben schon Mitternacht vorbei, ich bin froh, dass ihr wieder da seid...“

Keisuke schaut sich überrascht um: „Wo ist Yuri? Und Luna? Und der Fuchs?“

Miho seufzt: „Der Fuchs ist erstmal außer Lebensgefahr. Luna hat ihn mit zu sich nach Hause genommen, damit sie ihn die nächsten Tage pflegen kann. Und Yuri wurde von ihrer Mutter abgeholt.“

Miho geht auf Shizuka zu: „Geht es dir gut?“

Sie nickt, sagt dann aber ziemlich schnell: „Ich bin müde, wir sehen uns morgen, ja?“

Und sie spurtet die Treppe hoch, um offenbar schlafen zu gehen.

„Hat sie dir verziehen?“, fragt Miho Keisuke ernst.

„Ja, ich glaube schon. Sie weiß jetzt, dass ich ein Vampir bin. Keine Geheimniskrämerei mehr.“

Seine große Schwester lächelt erleichtert: „Gut, das freut mich.“

Er möchte ihr jetzt keinen Vorwurf dafür machen, dass sie Shizuka schon ohne seine Zustimmung von seiner wahren Natur erzählt hat, aber für die Zukunft wird er sich merken, dass Miho keine gute Lügnerin ist. Das ist wahrscheinlich auch besser so.

„Lügen bringen nichts als Ärger...“, murmelt er, und Miho fragt:

„Was? Naja egal, ich werde mich morgen auch bei ihr entschuldigen, immerhin habe ich bei diesem ganzen Spektakel mitgespielt, obwohl ich wusste, dass es falsch ist.“

Keisuke stimmt ihr zu und geht ins Badezimmer, um sich noch schnell die Zähne zu putzen, ehe er auch schlafen geht.

Nachdem er sich in sein Bett eingekuschelt hat, schläft er recht schnell ein.

Aber er wacht auch recht schnell wieder auf: Shizuka ist reingekommen und hat das Licht angemacht.

„Hey!“, ruft Keisuke vorwurfsvoll.

Es kann doch nicht schon morgen sein? Er fühlt sich, als hätte er sich gerade erst hingelegt.

„Wie spät ist es...?“, nuschelt er.

„Viertel nach zwei, nachts“, antwortet Shizuka munter und setzt sich zu ihm aufs Bett, was Keisuke leicht unangenehm ist, weil er nur Unterwäsche trägt.

Er hält die Decke so vor sich, dass man nur seinen Kopf und einen Teil seines Halses sehen kann.

„Ich habe über das nachgedacht, was du mir heute gesagt hast. Und ich will nicht länger warten. Ich muss dir unbedingt etwas sagen.“

Keisuke reibt sich die Augen: „Moment, lass mich erstmal richtig wach werden...“

„Als mein bester Freund sollst du es erfahren. Erinnerst du dich noch an die Sommerferien letztes Jahr? Meine Eltern sind mit mir in einen gigantischen Vergnügungspark gefahren.“

Er erinnert sich dunkel daran:

„War das nicht da, wo ich auch mitkommen wollte, aber das ging nicht weil ich eine Sommergrippe hatte?“

„Genau“, sagt sie; „An diesem Tag bin ich fast auf jeder Attraktion mit meinen Eltern gewesen. Auf Achterbahnen, dem Riesenrad und so weiter! Nur da war eine Attraktion...“ Sie hält plötzlich inne.

Keisuke schaut sie fragend an: „Ja?“

Shizuka seufzt: „Kennst du diese Liebestunnel, durch die man mit einem Schwanenboot durchfährt? Eigentlich sind die für junge Pärchen gemacht, aber meine Eltern wollten unbedingt da rein, und weil es nur zwei Sitzplätze gab, habe ich draußen gewartet und Zuckerwatte gegessen.“

„Shizuka, ich verstehe nicht ganz, worauf du hinaus willst?“, fragt Keisuke verwirrt.

„Warte...“ Ihr Atem wird plötzlich schwerer:

„Als ich da saß kam ein Typ vorbei, der als rosa Hase verkleidet war. Als ich ihm zugewunken habe, ist er vor mir weggelaufen...“

Keisuke ist unbeeindruckt: „Na und?“

„Ich... Ich weiß nicht... Ich fand das damals halt irgendwie... irgendwie mega-niedlich, also bin ich aufgestanden und ihn hinterhergelaufen. Ich habe versucht, ihn zu fangen. Aber dann...“

Sie atmet tief aus: „Ich bin ihn bis hinter die größte Achterbahn gefolgt. Das war ein Platz an der Seite, wo ganz viel Müll lag und keine Menschenseele war. Der Mann hat das Hasenkostüm ausgezogen und mich gefragt, ob ich es haben will. Und weil ich es so süß fand habe ich 'ja' gesagt, da ist er auf mich zugekommen und ich dachte, er würde es mir geben, aber stattdessen... Er hat mich gepackt, auf den Boden geworfen und über mich geklettert!“

Keisuke bekommt fast einen Schock, diese Situation kommt ihn bekannt vor:

„Sag bloß, es war ein Vampir, der dich ausgesaugt hat?!“

„Schlimmer“, jammert sie; „Viel schlimmer... Es war kein Vampir, aber er hat mich... einfach...“

Langsam fällt der Groschen bei Keisuke, und keine Sekunde zu früh, denn Shizuka ist schon wieder am Weinen. Er rutscht ein bisschen nach vorne und streichelt ihr den Kopf, aber sie reagiert nicht.

„Ich habe es... bis heute keinem erzählt! Nicht mal meinen Eltern! Nur Miho...“

„Miho wusste davon?“, fragt Keisuke erstaunt.

Shizuka nickt: „Sie hat mich weinen sehen, und ich musste es einfach jemandem sagen. Sie hat versprochen, es für sich zu behalten. Aber ich wollte auch, dass du es weißt.“

Er merkt, wie wütend er wird, dass jemand es gewagt hat, Shizuka so etwas anzutun!

Und dieser jemand wurde nicht einmal dafür belangt, er läuft wahrscheinlich immer noch frei draußen rum und fällt über wehrlose Mädchen her!

„Du musst zur Polizei gehen!“, ruft Keisuke.

„Ich kann nicht... Ich glaube nicht, dass ich nochmal darüber reden kann...“

Er versteht das, ist aber dennoch der Meinung, dass man so etwas der Polizei nicht vorenthalten dürfe.

„Weißt du Keisuke, als du mich heute... eigentlich gestern... zu Boden geworfen hast, da hat es mich an dieses Ereignis vor einem Jahr erinnert... Auch noch gerade, nachdem ich es Miho erzählt habe.“

Keisuke hat jetzt auch Tränen in den Augen stehen, denn jetzt wird ihm das Ausmaß seines Fehlers erst richtig bewusst.

Er zögert kurz, umarmt Shizuka dann aber doch leicht.

Auch wenn es ihr nicht hilft, es ist schmerzhaft für ihn, sie so oft weinen zu sehen.

Aber er ist ihr dankbar dafür, dass sie es geschafft hat, ihm so etwas Schreckliches anzuvertrauen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
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Von: abgemeldet
2013-01-01T14:54:55+00:00 01.01.2013 15:54
24stes Türchen
*endlich*
Okay... Das Kapitel ist noch immer so interessant wie damals, als ich es zum ersten Mal gelesen habe.
Shizuka tut mir noch immer fürchterlich leid und ich bin froh, dass sie es bewerkstelligt hat, sich Keisuke anzuvertrauen. Das war mit Sicherheit kein leichter Schritt für sie und ich bin froh, dass du sie trotzdem IC halten konntest :)
Alles in allem war es ein gutes, aufschlussreiches Kapitel.
Ava
Von:  LittleLuna
2010-02-24T14:36:02+00:00 24.02.2010 15:36
Na ENDLICH! Hat aber auch lange genug gedauert, bis er ihr endlich mal die Wahrheit sagt -.-
Aber Shizuka tut mir voll leid *sniff*
Dabei ist sie so süß :3
Super Kappi, kriegts wieder nen Keks *Keks geb*
LG Luna :3


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