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Cruel Nature

von

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Segen der Unwissenheit

Segen der Unwissenheit
 

Keisuke fragt sich, wann er wohl das nächste mal ein ruhiges Wochenende verbringen könnte. Er ist noch etwas mitgenommen von der Sache am Samstag, und in einigen Tagen würde es erst richtig los gehen.

Obgleich er sich vorgenommen hat, jeden Tag mit dem Dolch zu üben, könnte er jetzt einschlafen.

„Keisuke, est-ce que tu paies attention?“, fragt Frau Ophis streng.

„Oui...“, antwortet Keisuke verzögert.

Die Französischstunde, mit der jeder Montag eingeläutet wurde, kann man echt in die Tonne treten.

Shizuka neben ihm gähnt einmal lautstark, und dafür kassiert sie ebenfalls einen bösen Blick der Lehrerin, die versucht, die Hausaufgaben zu besprechen, wobei die Klasse sich noch im Halbschlaf befindet.

„Es fehlen heute echt viele...“, bemerkt Keisuke, und Shizuka nickt.

Von insgesamt 24 Schülern, die die Klasse hat, sind am heutigen Tage neun nicht anwesend.

Frau Ophis sagte, dass es sich lediglich um eine Grippewelle handle, und sowas würde alle paar Monate mal vorkommen und nichts zu bedeuten haben.

Keisuke zweifelt ein bisschen daran.

Während die Lehrerin sich zur Tafel dreht, nutzt Yuri die Gelegenheit und fragt ihre Freunde:

„Glaubt ihr das mit der Grippe-Epidemie?“

„Ich weiß nicht...“, entgegnet Keisuke nachdenklich.

„Meinst du, da stecken Vampire hinter?“, fragt Shizuka ängstlich nach.

Das Fuchsmädchen nickt.

„Wir müssen vorsichtig sein“, flüstert Keisuke; „Anscheinend stirbt gerade Logalys Bevölkerung aus. Hier haben sie mit ihren Plan begonnen, den sie bald auf die ganze Welt ausweiten wollen...“

„Nicht, wenn wir sie vorher aufhalten!“, wirft Yuri zuversichtlich ein, und Shizuka ergänzt:

„Außerdem kann Keisuke ja alle Menschen, die wegen den Cursers gestorben sind, wieder zum Leben erwecken, wenn er seine Kraft zurück hat, oder?“

Keisuke und Yuri schauen sich an.

Beim besten Willen kann sich keiner von den beiden vorstellen, dass es so einfach ist.

Alle Menschen wiederbeleben? Das sind doch mittlerweile bestimmt mehr als tausend...

Wie soll er das denn anstellen?

„Übrigens, Shizuka, Shya ist wieder da“, erzählt Keisuke leise um sich und seine Freunde auf andere Gedanken zu bringen.

„Zum Glück, ich hab mir solche Sorgen gemacht!“, ruft Shizuka glücklich, so laut, dass ein paar Klassenkameraden sie verwundert ansehen und Frau Ophis sich erbost räuspert.

Doch auch Yuri wirkt erleichtert.

Eigentlich kann Keisuke glücklich sein. Shya ist wieder da, Verena wird bald wieder leben, seine Schwester ist glücklich mit Stephan, er hat viele neue Freunde gefunden und bald wird auch bei ihm etwas Ruhe einkehren.
 

Früher Nachmittag; Keisuke und Shizuka kommen erschöpft nach Hause.

„Erst einmal etwas Blut trinken!“, stöhnt er, nachdem er die Haustür aufgeschlossen hat.

„Hoffentlich hat Miho was leckeres gekocht“, sagt Shizuka.

Etwas skeptisch denkt Keisuke an den gestrigen Abend. Seine Schwester ist gar nicht mehr nach Hause gekommen, zumindest nicht, ehe er im Bett war.

Was sie woll bei Desmond so lange gemacht hat? Ob sie mittlerweile zurück ist?

Sie gehen ins Wohnzimmer, und siehe da: Miho sitzt am Tisch und liest.

Als die Jugendlichen hereinkommen, sieht sie auf: „Hallo. Wie war es in der Schule?“

„Langweilig“, antworten sie wie aus einem Mund und legen ihre Taschen ab.

„Essen steht in der Küche“, sagt Miho zu Shizuka, die daraufhin hungrig in die Küche stürmt.

Keisuke kommt näher, und schaut sich das Buch seiner großen Schwester an:

„Was liest du da?“

„Shakespear“, lächelt Miho, sieht ihren Bruder aber nicht an.

„Romeo und Julia?“

„Nein, Hamlet“, erwidert sie.

Keisuke setzt sich ihr gegenüber an den Tisch und fragt:

„Ähm, Miho, hat sich Desmond heute hier gemeldet? Er möchte mich nach der Schule abholen, damit wir meinen Körper untersuchen. So findet er vielleicht einen Weg, Verena zum Menschen zu machen.“

Miho seufzt, und legt ihr Buch beiseite. Sie sieht plötzlich bedrückt aus, stellt ihr Bruder fest.

„Du warst mit Desmond verabredet? Ich glaube nicht, dass er in den nächsten Tagen zu uns nach Hause kommen wird. Gestern sind einige Dinge passiert...“

„Erzählst du es mir?“, fragt er neugierig, aber bevor sie zum Antworten kommt, betritt Shizuka mit einem gefüllten Teller in der Hand das Wohnzimmer und setzt sich zu den Geschwistern.

„Das riecht gut...“, fällt Keisuke auf.

Miho nickt: „Das ist Maccaronigratin. Möchtest du auch etwas?“

Keisuke schüttelt mit den Kopf.

Auch wenn es einen sehr leckeren Geruch hat, sollte er sich auf Blutkonserven beschränken.

Essen wie das, von dem sich Miho und Shizuka ernähren, braucht er in dem Sinne nicht.

„Also, Miho, was wolltest du sagen?“, fragt der Vampir, um zum eigentlichen Thema zurückzukommen, aber sie winkt ab.

Scheinbar möchte sie darüber nicht sprechen, wenn Shizuka dabei ist, also lässt er es erstmal ruhen und setzt sich vor dem Fernseher auf das Sofa.

Als er versucht, ihn mit der Fernbedienung einzuschalten, blitzt das Bild kurz auf, es folgen ein paar knackende Geräusche vom Gerät und direkt danach wird das Bild schwarz.

„Oh nein!“, klagt Miho und kommt sofort angerannt:

„Jetzt ist er schon wieder kaputt gegangen!“

„Warum, ich hab ihn doch nur angemacht?“, beschwert sich Keisuke über den Fernseher, den er vom jetzigen Moment an nur noch als Altschrott betrachtet.

Als was auch sonst, wenn er alle paar Tage kaputt geht.

„Wir brauchen einen neuen“, stellt Miho kopfschüttelnd fest, aber ihr Bruder sieht das nicht ein:

„Brauchen wir nicht! Das ist doch viel zu teuer, und wer von uns schaut schon fern?“

„Ich“, sagt Shizuka und errötet leicht.

Miho lehnt sich nachdenklich an das Sofa.

Dann wendet sie sich an Shizuka, die immer noch am Essen ist:

„Ist es schlimm für dich, erstmal ein paar Wochen ohne Fernseher auszukommen? Keisuke hat nicht ganz unrecht, er und ich schauen so gut wie nie fern und Sakito ist fast nie da.“

Das schwarzhaarige Mädchen sieht Miho enttäuscht an, ehe sie nickt:

„Ist schon gut, ich will ja nicht, dass ihr euch zu viele Umstände wegen mir macht.“

Wahrscheinlich findet sie es überhaupt nicht toll, dass sie jetzt lange Zeit nicht mehr fernsehen kann, wo sie es vorher doch beinahe jeden Tag getan hat.

Aber sie möchte den Valleys nicht zur Last fallen, und nur wegen ihr alleine einen neuen Fernseher zu kaufen, ist definitiv zu viel verlangt. Besonders, wenn sie bedenkt, dass die Familie nicht gerade reich ist, da Mihos Job ihnen auch fast nichts einbringt. Jedenfalls ziemlich wenig.

Miho sieht Shizuka traurig an: „Ich gehe dafür ganz oft mit dir shoppen, ja?“

Nun bildet sich wieder ein Lächeln in Shizukas Gesicht.

Die Leidenschaft, in der Innenstadt von Logaly shoppen zu gehen, haben die beiden Damen gemeinsam, das weiß Keisuke.

Der Unterschied liegt darin, dass Shizuka ihr Geld für alles mögliche unnütze Zeug verschwendet, während Miho äußerst sparsam vorgeht, sich Zeit nimmt, alle Preise in der Stadt für ein Produkt zu vergleichen und schließlich nur das Minimum zu bezahlen.

Er muss zugeben, mit dem wenigen Geld, was sie haben, kann Miho sehr gut umgehen.
 

Ein paar Stunden vergehen, Keisuke übt in seinem Zimmer wieder mit seinem Dolch.

Ihm wird eigentlich sogut wie nie langweilig, fällt ihm auf, denn wenn er wirklich nicht weiß, was er tun soll oder auf nichts Lust hat, kann er sich immer noch schlafen legen.

Es klopft an der Tür und Shizuka kommt mit ein paar Heften ins Zimmer.

Bevor Keisuke etwas sagen kann, klatscht sie sie auf sein Bett:

„Hier, die Hausaufgaben für morgen. Kannst du abschreiben.“

Erleichtert legt er die Waffe weg und setzt sich aufs Bett: „Danke.“

Weil sie in der selben Klasse sind, erledigen sie ab und zu die Hausaufgaben für den anderen und lassen einander abschreiben. Dieses Mal hat er sie allerdings nicht darum gebeten, trotzdem freut es ihn, denn auf Hausaufgaben hat er nie Lust.

Sie setzt sich auch aufs Bett und mustert Keisukes schwitzenden Körper.

„Trainierst du jetzt jeden Tag?“, will sie wissen.

„Ja“, antwortet er verlegen; „Ich will mit den anderen kämpfen, nicht nur im Weg sein. Und ich muss mich wehren können.“

„Keisuke...“ Shizuka sieht besorgt aus.

Was wohl mit ihr los ist?

„Glaubst du... Glaubst du, ich sollte auch kämpfen üben? Ich bin doch sonst total nutzlos...“

„Ähm... Also du bist nicht nutzlos...“, entgegnet er nachdenklich.

„Das ist wirklich blöd. Ich bin gar kein Vorteil für euch, und trotzdem soll ich mitkommen und mitkämpfen“, sagt sie, und Keisuke bemerkt eine Spur Angst in ihrer Stimme.

„Du musst nicht mitkämpfen!“, ruft er; „Das ist eine ganz freiwillige Sache, und niemand kann dich dazu zwingen. Ganz sicher kannst du auch hierbleiben und warten, bis wir zurück sind.“

„Ja?“ Ihre Augen werden größer: „Ist das wirklich in Ordnung?“

„Klar“, antwortet er zuversichtlich.

Ihm ist es ehrlich gesagt sogar lieber, wenn sie nicht mitkommen würde, denn das wäre definitiv zu gefährlich . Raito, Luna, Epheral und Desmond können sich alle ganz gut wehren, aber Shizuka?

Es ist absolut nicht von Nöten, dass sie da mit hineingezogen wird.

Ein weiteres Mal klopft es und Miho steckt kurz ihren Kopf in den Raum:

„Ich bin dann arbeiten, bis heute Abend“, verabschiedet sie sich und verschwindet wieder.

„Tschüss!“, rufen Keisuke und Shizuka ihr noch hinterher, können aber nicht mit Sicherheit sagen, ob sie es noch gehört hat.

„Okay“, seufzt er und nimmt sich wahllos eines der Hefte: „Erdkunde. Ich kümmere mich dann mal um die Hausaufgaben, dann kannst du deine gleich wieder einpacken.“

„Danke“, sagt Shizuka und verlässt das Zimmer. Keisuke ist leicht verwirrt.

Sie lässt ihn doch abschreiben, also sollte er sich nicht eher bei ihr bedanken?
 

Miho betritt die Tierarzt-Praxis, in der sie arbeitet, und beinahe stößt Luna mit ihr zusammen.

„Oh, hallo Luna“, begrüßt sie ihre Freundin; „Gehst du nach Hause?“

„Ich bin für heute fertig“, erklärt die kleine, rothaarige Frau; „Aber ich gehe nicht nach Hause.“

„Dann wahrscheinlich zur Universität“, vermutet Miho und legt ihre Handtasche auf dem Tresen ab. Außer den beiden Frauen ist zurzeit niemand im Wartezimmer, keine Menschen mit erkrankten Tieren oder ähnliches.

„Nein, nicht zur Uni“, antwortet Luna und streift ihre Jacke glatt; „Ich bin verabredet.“

Für eine Sekunde stockt Miho der Atem: „Mit... einem Jungen?!“

„Quatsch, mit einem Rhinozeros.“

Miho sieht sie erstaunt an.

„Das war Ironie“, sagt Luna schulterzuckend, aber Miho überhört es:

„Verzeih mir bitte meine Reaktion, nur ich hatte immer das Gefühl, dass du nicht so viel Interesse an Männern hast. Besonders, nachdem mein Bruder Sakito dich immer wieder angemacht hat.“

„Es ist doch nur freundschaftlich“, erläutert Luna und sieht auf die Uhr:

„Ich sollte langsam gehen. Miho, heute ist sehr wenig los, du könntest die Akten sortieren, aber wahrscheinlich wirst du heute nur wenig Arbeit haben.“

„Ähm, gut“, lächelt Miho und zieht sich die Jacke aus: „Ich mache mir dann erstmal einen Kaffee.“

Luna nickt und macht sich auf den Weg.

Etwas später steht sie vor Schneiders Tierhandlung und sieht sich verwirrt um.

So etwas seltsames, überlegt sie, ich sollte doch hier vor der Tierhandlung warten. Ist er vielleicht hineingegangen? Vielleicht gehe ich besser mal rein...

Bevor sie ihre Gedanken in die Tat umsetzen kann, ruft eine männliche Stimme ihren Namen: „Luna!“ Sie dreht sich um und hinter ihr steht ein gut gebauter, junger Mann mit schwarzen Haaren. Er trägt eine dunkelgrüne, dünne Jacke die farblich gut zu Lunas Camouflage-Jacke passt.

„Hallo Epheral“, sagt Luna und muss dabei ein bisschen nach oben schauen, weil Epheral wahrscheinlich mehr als zwanzig Zentimeter größer ist als sie und direkt vor ihr steht.

„Bist du auch gerade erst gekommen? Gut, dann habe ich mich ja nicht verspätet“, grinst er, und Luna erklärt ihm, dass Miho sie aufgehalten hat.

Als sie ihn fragt, warum er sich ausgerechnet vor der Tierhandlung mit ihr treffen wollte, nimmt er sie an der Hand und zieht sie ein paar Meter weiter davon weg, bis sie vor einem kleinen Café stehen.

„Café 'Lexy'?“ Luna schaut verwirrt auf das Ladenschild.

„Hier wollen wir eigentlich hin“, sagt Epheral.

Das versteht sie jetzt nicht:

„Warum hast du dann 'Schneiders Tierhandlung' gesagt anstatt 'Café Lexy'?“

„Weil dieses Café leider ziemlich unbekannt ist. Die Tierhandlung ist die bekannteste der Stadt, und ich wusste, dass eine Tierliebhaberin wie du auf jeden Fall weiß, wo sie ist.“

Die beiden gehen näher bis zur Eingangstür, und Luna fragt neugierig:

„Was ist das eigentlich für ein Café?“ Ihr fällt auf, dass er immer noch ihre Hand festhält.

„Ein nettes“, lächelt ihr Begleiter und macht die Tür auf; „Tagsüber sitzen meistens irgendwelche alten Frauen hier, die permanent über den neusten Klatsch und Tratsch labern.“

Luna sieht ihn ein bisschen verständnislos an. Was ist daran bitte nett?

Epheral fügt hinzu: „Abends ist es dafür sehr angenehm, weil weniger los ist. Gerade sind offensichtlich auch keine anderen Kunden hier.“

Sie treten ein und Luna sagt leise: „In der Praxis ist es dasselbe, es kommen viel weniger Leute vorbei als vorher. Und obwohl es noch nicht so spät ist, sind kaum Menschen auf den Straßen.“

Epheral runzelt die Stirn, dann führt er Luna zu einem Tisch in der hinteren Ecke des Raumes.

Sie nehmen nebeneinander Platz und schauen sich zusammen die Speisekarte an. Sie müssen sie sich teilen, weil auf dem Tisch nur eine liegt, doch als sie sie sich gleichzeitig durchlesen, stoßen unabsichtlich ihre Gesichter leicht aneinander.

„Ups!“, bringt Epheral hervor und fängt an, zu lachen, während Luna sich entschuldigt: „Sorry, ich bin manchmal ein bisschen tollpatschig.“

„Kein Problem“, grinst er.

„Aha, wen haben wir denn da?“, fragt Yuri, die gerade um die Ecke gebogen ist.

Sie trägt eine hellrosafarbene Schürze und hat einen Notizblock in der rechten Hand.

„Du bist doch Yuri“, ruft Luna überrascht.

Ein komischer Zufall, ihr hier zu begegnen.

„Achja, ich hab ganz vergessen, dir zu sagen, dass ihren Eltern das Café gehört“, meint Epheral beiläufig, und Luna sagt nicht weniger beiläufig: „Achso, schon okay.“

„Sei gefälligst ein bisschen mehr erstaunt!“, verlangt das Fuchsmädchen und klatscht ihren Notizblock auf den Tisch. Dann zückt sie einen Kugelschreiber und fragt, was sie bringen kann.

Epheral bestellt einen Apfel-Pfannkuchen und eine Dose Bier, während Luna es bei einer Tasse Milchkaffee belässt.

„Hat sich Mama also doch nicht getäuscht, als sie meinte, dass da Kunden gekommen sind“, sagt Yuri zufrieden und steckt den Notizblock wieder ein: „Ihr seid heute die ersten Kunden.“

„Die ersten?“ Damit hätte Luna nicht gerechnet. Nach einem Blick auf ihre Armbanduhr sagt sie: „Wir haben schon sechs Uhr durch. Wann öffnet das Café denn?“

„Um zehn Uhr morgens“, antwortet Yuri; „Das ist wirklich unfassbar, oder?“

„Ja, irgendwie schon. Epheral hat zwar schon gesagt, dass das Café sehr unbekannt ist, aber dass ihr so wenig Kundschaft kriegt hätte ich jetzt auch nicht gedacht.“

Yuri schaut Epheral sauer an: „Unser Café ist gar nicht unbekannt! Erzähl doch nicht so einen Blödsinn!“

Er schnaubt nur: „Willst du nicht langsam mal unsere Bestellung abgeben?“

„Was denn, du willst mich loswerden?“, wirft sie ihm vor;

„Oder liegt das etwa daran, dass...“ Sie hört mitten im Satz auf.

Luna schaut sie fragend an: „Dass was?“

Abwechselnd schaut Yuri einige Male zu Epheral und zu Luna, dann kann sie sich ein Kichern nicht verkneifen.

„Was denn?“, fragt Luna nun leicht genervt.

„Ich wusste ja nicht, dass das hier ein Date ist. Ich störe mal nicht weiter.“

Epheral rollt mit den Augen, und Luna ruft ein bisschen verzweifelt: „Was?! Yuri, nein, warte, so ist das nicht, wir sind Freunde! Das ist kein Date.“

Aber Lunas Meinung ist für Yuri offensichtlich nicht weiter interessant, denn diese stolziert amüsiert davon, und als sie um die Ecke biegt, zwinkert sie den beiden mit einem Auge zu.

Luna wird leicht rot.

„Ist nicht eigentlich egal, was sie von uns denkt?“, gähnt Epheral, während er mit den Zahnstochern, die auf dem Tisch stehen, herumspielt.

„Eigentlich nicht“, gibt Luna zurück; „Wenn sie es Keisuke erzählt, kann er es Miho erzählen. Und die hat eben schon gedacht, dass ich auf ein Rendezvous gehe.“

Plötzlich sieht Epheral leicht verstimmt aus.

Ernst fragt er sie: „Ist das echt so schlimm, wenn man das denkt? Was ist denn dabei?“

„Eigentlich nichts“, sagt Luna, dann bemerkt sie, dass Epheral ihr direkt in die Augen sieht. Sie schaut ihn für eine Sekunde nur stumm an, dann antwortet sie lächelnd: „Nichts.“
 

Keisuke liegt im Wohnzimmer auf dem Sofa und faulenzt.

Es ist schon Abend, und obwohl er den ganzen Tag zu Hause verbracht hat, ist Desmond weder gekommen, um ihn abzuholen, noch hat er sich auf irgendeine andere Weise bei ihm gemeldet.

Was soll das? Hatte er nicht vor, ihn heute mit ins Labor zu nehmen?

Keisuke kann zwar absolut nicht von sich behaupten, dass er scharf darauf ist, unzählige unangenehme und eventuell auch schmerzhafte Untersuchungen über sich ergehen zu lassen, aber wie soll er sonst Verena ins Leben zurückholen?

Es ist eben seine einzige Möglichkeit.

Wenn er sich morgen wieder nicht meldet, wird er mal bei ihm zu Hause anrufen, denn selbst wenn Miho irgendwelche Probleme mit den beiden hatte, ist Keisuke ja nicht davon betroffen. Oder?

Shizuka hüpft die Treppe runter und spaziert zu ihm hin. Ihren Kopf beugt sie so über das Sofa, dass ihre schwarzen, langen Haare in Keisukes Gesicht fallen.

„Müde?“

Er richtet sich auf: „Nein, das nicht. Hab nur ein bisschen nachgedacht.“

Sie verschränkt lächelnd die Arme: „Schon wieder? Ich habe das Gefühl, dass du viel zu viel und zu oft nachdenkst. Du solltest dich mal gehen lassen.“

„Findest du?“

Ihr Ratschlag kommt ihm zwar komisch vor, ist aber durchaus gut gemeint.

Er macht sich wirklich zu viele Sorgen um die ganzen Dinge, die in seiner Umgebung passieren.

Aber vielleicht ist das ja gut so?

„Ich bestelle uns Pizza!“, schlägt sie plötzlich vor und geht zum Telefon.

„Für mich musst du keine bestellen“, sagt Keisuke; „Du weißt ja, ich brauche sowas nicht zu essen. Auch wenn ich schon total lange keine Pizza mehr hatte...“

„Ist schon okay“, antwortet sie, während sie konzentriert die Nummer vom Pizzaservice aus dem Telefonbuch sucht.

„Ich will dein Budget echt nicht belasten.“

Shizuka seufzt und sieht ihn an: „Habe ich dir nicht gesagt, dass du nicht soviel nachdenken sollst? Ich bestelle uns beiden Pizza und fertig. Du magst Salami am liebsten, stimmt's?“

Er nickt.

„Okay, ich nehme eine Pizza Hawaii...“
 

Schon eine halbe Stunde später sitzen die beiden auf dem Sofa und essen.

„War doch gar nicht so teuer“, stellt Shizuka fest und beißt tief in ihr Stück Pizza hinein.

Er lächelt und nimmt einen herzhaften Bissen.

Mal wieder Pizza essen, das vermisst er schon seit langem.

Endlich hat er mal wieder einen normalen Tag gehabt, so wie früher.

Da war sein Leben zwar um einiges langweiliger, aber trotzdem ist es einfach nur schön, mal wieder mit Shizuka gemeinsam auf dem Sofa zu sitzen, sich mit ungesundem Zeug vollzustopfen und über irgendetwas zu quatschen.

„Wie zum Beispiel über unsere Lehrer!“, lacht er, und Shizuka schaut ihn fragend an.

„Hasst du Frau Ophis auch so sehr wie ich?“, fragt er, und sie nickt.

Nachdem sie runtergeschluckt hat, antwortet sie: „Die Frau ist ja echt schlimm. Wie kann man nur so viele Hausaufgaben aufgeben, und dann ist sie nicht mal nett sondern total streng.“

„Genau. Und unser Mathelehrer Herr Umbala ist auch nicht das Gelbe vom Ei.“

Shizuka scheint diese Meinung nicht zu teilen: „Ach, eigentlich ist er ganz nett, aber total schusselig. Ich glaube, du magst ihn nicht, weil er Mathe unterrichtet. Und darin bist du schlecht.“

Sie fängt an zu lachen, und Keisuke bewirft sie als Strafe mit einer Salami.

„Heeeey!“, kreischt sie und wirft mit einer Ananas zurück.

Die Schlacht geht noch ein bisschen weiter, bis beide Pizzen keinen Belag mehr haben und sowohl das Sofa, als auch der Boden um das Sofa herum total versaut sind.

„Und wer macht das jetzt weg?“, fragt Shizuka besorgt.

„Wenn wir Glück haben, kommt Shya und frisst den Belag vom Boden weg“, antwortet er.

„Ähm, wann kommt Miho denn nach Hause?“

Keisuke überlegt kurz: „Ich glaube, die Praxis schließt um acht Uhr, aber ich weiß das selbst nicht so genau... Ist das nicht egal?“

„Das ist nicht egal, wir haben gleich acht. Und vielleicht kommt Sakito ja nach Hause und sieht, was wir hier angerichtet haben.“

„Das glaube ich nicht.“

Shizuka sieht ihn fragend an: „Sakito hat doch keinen Job. Wo ist er überhaupt?“

Keisuke zuckt mit den Schultern: „Keine Ahnung. Vielleicht bei einem seiner Kumpels, oder auf der Piste, vielleicht schleppt er auch irgendein Mädchen ab.“

„Warum benimmt er sich so?“, fragt Shizuka irritiert.

Er schweigt zuerst, doch dann erklärt er: „Das ist seine Art, mit dem Tod unserer Eltern fertig zu werden, er verdrängt es mit Party, Spaß, Alkohol und Frauen. Miho dagegen lenkt sich mit Arbeit ab, das merkst du ja, entweder schmeißt sie hier den Haushalt oder sie arbeitet beim Tierarzt.“

„Und du?“

„Ich... Ich habe mit den Cursers und so soviel um die Ohren, dass ich gar nicht dazu komme, mir viele Gedanken darüber zu machen.“ Sie sieht ihn ungläubig an.

Nun fragt er sie: „Was ist mit dir? Deine Eltern sind doch erst vor kurzem auch gestorben...“

Shizuka sagt nichts, und Keisuke bekommt das Gefühl, dass er das lieber nicht hätte ansprechen sollen. Auf einmal legt sie ihre Hand auf sein Knie, ihr Blick bleibt gesenkt.

„Du und Miho seid wie eine neue Familie für mich. Ich... könnte meine Eltern niemals vergessen, aber ihr tut alles, nur damit es mir gut geht. Ich liebe euch genauso, daran liegt es. Und vielleicht auch daran, dass ich hoffe, dass...“

„Was?“, fragt Keisuke neugierig.

„Ich hoffe irgendwie, dass du sie wieder zum Leben erwecken kannst, wenn der Kampf gewonnen ist.“ Auch wenn er sich nicht sicher ist, ob das klappen wird, spricht für Keisuke nichts dagegen: „Das mache ich. Ich erwecke sie alle wieder zum Leben. Versprochen."



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2013-01-22T16:47:16+00:00 22.01.2013 17:47
Alle daten ... und wo ist RaiXa? Also ehrlich, du hättest die beiden in diesem Kontext wirklich erwähnen können. Luna und Epheral sind natürlich das Kitschpärchen Nummer 1, aber Keisuke und Shizuka lassen sich auch nicht wirklich abhängen :D
Und währenddessen vergammelt Desmonds Körper irgendwo ... seufz...
Von:  LittleLuna
2010-04-06T20:57:00+00:00 06.04.2010 22:57
Ich hab zuerst MaccaroniGRANIT gelesen XD
Ne, aber mal ehrlich, bei zwanzig cm muss ich nicht nur ein bisschen hochschauen (habs nachgemessen o.O)
Schreib fleißig weiter ^^
LG Lunalein :3


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