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Cruel Nature

von

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Tod

Tod
 

Während Shizuka immer mal wieder auf das Navigationsgerät schaut, um auch bloß den schnellsten Weg nach Hause zu finden, versucht Keisuke neben ihr im Hause der Valleys anzurufen, jedoch erfolglos.

„So ein Mist, irgendeine blöde Tussi sagt mir ständig, die Nummer sei gerade nicht verfügbar“, schimpft er und legt gestresst auf.

Shizuka würde gerne ihre Hand auf sein Knie legen, um ihm ihren Beistand zu vermitteln, aber sie traut sich seit eben noch nicht, für mehr als eine Sekunde die Hände vom Lenkrad zu nehmen.
 

„Ja, es ist dort vorne“, dirigiert Emily den unsichtbaren Fahrer der Limousine; „Ja, das Haus, das vorne etwas moosbedeckt ist. Herrje, ich kenne keinen anständigen Vampir, der freiwillig in so einer Bruchbude lebt...“

Der Wagen hält vor dem Haus und Emily steigt ohne zu zögern aus.

„Mama, warte!“, ruft Sense plötzlich, woraufhin sie ihm einen fragenden Blick zuwirft.

„In diesem Haus... Da ist kein Vampir drin“, flüstert er schüchtern.

„Bist du sicher?“, hakt Emily überrascht nach.

Sense nickt: „Ich kann schwach vampirische Aura fühlen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass hier in der Nähe niemand von uns ist.“

Sie hält ihm ihre Hand hin, nach der er greift um auch auszusteigen.

„Wir sind sofort wieder da“, spricht Emily in den Wagen hinein und wirft die Tür zu.

Jetzt ist Yuri alleine mit jemandem, den sie nicht sehen kann.

Aber es ist jetzt nicht an der Zeit, Angst zu haben. Immerhin hat sie die gesamte Fahrt gut überstanden.

Weil sie gefesselt ist, kann sie gerade nichts anderes tun, als die Augen zu schließen und auf ihren

verbesserten Hörsinn zu vertrauen. Er würde ihr verraten, was Emily und Sense draußen tun.

„Irgendwo hier in der Nähe?“, flüstert Emily.

Vermutlich spricht sie in normaler Lautstärke, aber Yuri vernimmt die Stimme nur schwach.

„Schauen wir mal da hinten...“, antwortet Sense. Danach sind schnelle Schritte zu hören, die immer leiser werden.

Ungefähr drei Minuten hört sie nichts mehr von ihnen, wie sehr sie sich auch anstrengt.

Doch dann kommen die beiden zurück zu der Limousine und die Tür wird von Emily aufgerissen.

Sie packt Yuri bevor diese verstehen kann, was passiert, und schreit: „DU!!!“

Was will sie jetzt plötzlich von mir, denkt das Fuchsmädchen.

Emilys Gesicht ist rot vor Zorn. Sie befreit schnell Yuris Mund von dem Klebeband und herrscht sie an: „Wer von euch kleinen Maden hat Cyst auf dem Gewissen?! Wer war alles hier, zu dem Zeitpunkt, an dem ihr unser Hauptquartier angegriffen habt?!“

Cyst ist wohl einer der Curser, nimmt Yuri an. Ihr Herz schlägt schnell.

Wer hätte es mit dem Vampir aufnehmen können? Im Haus waren Miho, Frau Lilienfeld und Shizuka, da ist Yuri sicher. Aber sie würde es so schnell keinen von ihnen zutrauen, einen Curser zu erledigen. Wobei, wenn die drei zusammengearbeitet haben...

„Rede endlich!“, fordert Emily sie auf und rüttelt sie.

„Ich denke noch nach!“, faucht Yuri zurück, und fängt sich damit eine Ohrfeige ein.

„Miststück...“, flüstert das Fuchsmädchen mit Tränen in den Augen.

„Mir reichts, ich werde dich jetzt töten, du Drecksbalg!“, fährt Emily sie an, aber eine Stimme von vorne gebietet Einhalt: „Madame, der Herr wünscht nicht, dass in seinem Wagen ein Blutbad angerichtet wird. Habt dafür bitte Verständnis.“

Sie wirft Yuri einen hasserfüllten Blick zu und kassiert auch einen zurück.

Schließlich seufzt sie und sagt: „Du bist nach alldem immer noch ein Gentleman, Meadow.“

Dann packt sie Yuri am Handgelenk und zieht sie daran nach draußen.

„Ich werde sie im Haus umbringen“, beschließt Emily und zwingt Yuri durch die Haustür der Valleys, Sense folgt den beiden still.

Yuri fällt sofort der Geruch von Rauch und Asche auf, der auf einen Brand zurückschließen lässt.

„Ich werde einfach jeden töten, der hier ist!“, knurrt sie und schubst das Fuchsmädchen auf das Sofa, bevor sie anfängt sich in den teilweise zerstörten Räumen das Hauses umzusehen.

Nach ungefähr fünf Minuten kehrt sie ins Wohnzimmer zurück:

„Das darf doch nicht wahr sein! Niemand ist hier!“
 

Etwas unsicher betritt Miho die Polizeidienststelle. Überrascht stellt sie fest, dass die Tür des Haupteingangs offen ist, gerade zu so einer Uhrzeit hat sie nicht damit gerechnet. Nervös schreitet sie den leeren Gang entlang. Sie ist unsicher, ob es eine gute Idee war, herzukommen, aber nachdem sie daheim Alexa nicht mehr gefunden hat, konnte sie es nicht mehr alleine aushalten und ist sofort losgefahren, mit Sakitos altem Fahrrad.

Als sie an einer Fensterscheibe vorbeigeht, hält sie inne, um geschockt ihr Spiegelbild zu betrachten: Ihre geröteten Augen, ihre Blässe und ihr zerstrubbeltes Haar lassen sie aussehen, wie eine Drogensüchtige! Dazu kommt noch ihr verletzter Oberarm sowie diverse Blutspritzer auf ihrer Kleidung, die von Cyst stammen.

Ein paar Sekunden schaut sie sich nur an, wobei innere Verzweiflung in ihr hochsteigt.

Doch dann fasst sie sich. „Tja, Miho... Das war es wohl mit dem guten Eindruck, hm?“, sagt sie leise zu sich selbst und versucht, zu lächeln.

Daraufhin sieht sie sich weiter im Gebäude um. Es ist seltsam, das Licht ist zwar überall eingeschaltet, aber trotzdem ist kein Polizeibeamter aufzufinden.

Sicher ist Miho bewusst, dass es schon sehr spät ist, aber normalerweise sind immer zumindest eine handvoll Leute anwesend, da ist sie sich eigentlich ziemlich sicher.

Zu Hause war es ihr nicht möglich, die Polizei telefonisch zu benachrichtigen, also zögerte sie nicht länger und kam direkt her, aber auch hier findet sie in keinem der Räume einen Polizisten.

Schließlich kommt sie in ein kleines Büro mit grünem Teppich, das nicht gerade ordentlich ist.

Auf dem Schreibtisch entdeckt sie ein schwarzes, schnurloses Telefon, das sie, ohne weiter darüber nachzudenken, in die Hand nimmt und sich an das rechte Ohr hält.

Kein Freizeichen. Zitternd legt Miho das Gerät zurück an seinen Platz.

Sie weiß, es kann nur eines bedeuten: Jemand war hier und hat die Leitungen durchtrennt.

Genau wie bei ihr zu Hause, nur dass da sie ziemlich sicher ist, dass dafür Cyst verantwortlich war.

„Dann... sind die Beamten vermutlich auch alle tot...“, haucht Miho und lässt sich auf den dunklen Bürostuhl hinter dem Schreibtisch fallen, wo sie wie in Trance ein paar Minuten verweilt.

Eins ist jetzt ganz sicher. Sobald Keisuke und Sakito wieder zu Hause sind, packen sie ihre Koffer und fahren weg. Miho will nur noch raus aus Logaly, dieser kranken Großstadt, in der Vampire systematisch die Bevölkerung auslöschen.

Es ist ganz still.

Am liebsten würde sie für alle Ewigkeit auf diesem Stuhl sitzenbleiben, aber ein Notizzettel auf dem Schreibtisch weckt ihre Aufmerksamkeit: „Verhör Shou Cassel, morgen, 11:00 Uhr“

Offensichtlich ist Miho im Büro des Polizisten gelandet, der den Mordfall um Desmond Corin untersucht, jenen, der angeblich von seiner Freundin Shou verübt worden war.

Aber Miho weiß es besser! Wie von Geisterhand geführt erhebt sie sich.

Es war nicht Shou, die Desmond umgebracht hat, sondern Cyst, der ihre Gestalt angenommen hat.

Ob es hier wohl so eine Art Gebäude für die Untersuchungshaft gibt?

Selbst wenn die Beamten alle tot sind, vielleicht lebt Shou ja noch.

Miho läuft etwas planlos im Gebäude herum, bis sie einen Durchgang im Erdgeschoss entdeckt, der wohl in den Keller führt. Sie hastet die Keramikstufen der Treppe hinunter und stolpert dabei fast, bis sie unten einen simplen Gang findet, an dessen Seiten jeweils vier Türen sind.

Nervös geht sie hindurch und versucht dabei, jede Tür zu öffnen, doch sie sind ohne Ausnahme abgeschlossen. Am Ende des Ganges findet sie dafür ein paar Haken, an denen Schlüssel hängen.

Es kostet Miho gut zehn Minuten, die verschiedenen Schlüssel an den Türen auszuprobieren, und sie will schon fast aufgeben, da öffnet sich die erste Tür und gibt einen kleinen Raum frei, mit Bett und einigen anderen obligatorischen Möbeln, auch ein kleiner Raum für die Toilette und ein Waschbecken sind dabei. Alles wirkt sehr sauber, doch keine Person ist hier.

Sie sieht sich eine Weile um und macht mit dem nächsten Raum weiter, wieder Fehlanzeige.

Als sie jedoch die Tür zur dritten Zelle öffnet, blickt eine junge Frau mit dunkelrotem Haar sie mit offenem Mund an: „Miho?!“
 

„Das ist wirklich schade“, sagt Emily kopfschüttelnd; „Cyst ist tot, also war es zwecklos, herzukommen. Und dann ist nicht mal jemand zu Hause, an dem ich meinen Durst stillen könnte. Nicht ganz, zumindest“, fügt sie mit einem Blick auf die gefesselte Yuri hinzu, die auf dem Sofa sitzt und sie gehässig anstarrt: „Böse Vampire wie du bekommen mein Blut nicht!“

Emily fletscht die Zähne und geht knurrend auf Yuri zu, doch noch ehe sie sie erreicht, ruft eine Stimme aus dem Hintergrund: „Warte, Mama!“

Verwirrt dreht Emily sich um. Sense, der hinter ihr stand, geht geradeaus an Emily vorbei zu Yuri und fragt: „Warum sagst du 'böse Vampire'? Gibt es Vampire, denen du dein Blut geben würdest?“

„Wen interessiert denn das?!“, faucht Emily, aber Sense hält seinen Blick auf Yuri gerichtet.

„Ähm, ja...“, antwortet das Fuchsmädchen leicht irritiert; „Ich habe Keisuke von meinem Blut trinken lassen, und für Raito und Samuel würde ich es auch opfern... denke ich...“

„Mit anderen Worten, unseren Feinden!“, schnaubt Emily und ihre roten Augen verengen sich zu Schlitzen.

„Aber... du hast es ganz freiwillig geteilt, oder? Du wurdest nicht bedrängt oder angegriffen?“, hakt Sense weiter nach, doch da wird es Emily genug: „Sense, es reicht jetzt! Dieses Mädchen ist ein Mensch, selbst wenn sie ein paar Merkmale hat, die sie eher als Tier erscheinen lassen! Du kannst Menschen nicht trauen, sie sind böse!“

Traurig dreht der Kleine sich zu Emily: „Aber Mama...“

„Ich will nichts mehr hören! Geh bitte nach oben und warte in einem der Zimmer. Ich hole dich, wenn ich fertig bin.“

Fertig womit?

Und warum schickt sie Sense nach oben, und nicht in das Auto zurück?

Ihm liegen diese Fragen scheinbar auch auf der Zunge, zumindest öffnet er den Mund um etwas zu sagen, bringt aber keinen Ton heraus und geht deprimiert aus dem Wohnzimmer.

„Du bist wirklich manipulativ“, flüstert Yuri abschätzig, während Emily einen der Schränke öffnet und sich gelassen den Inhalt ansieht.

„Ich nehme das mal als Kompliment“, sagt sie, ohne das Mädchen anzusehen.

Im nächsten Moment fliegt eine Flasche Rotwein auf Yuri zu, und sie schafft es in letzter Sekunde, sich nach vorne zu kippen und auf dem Fußboden zu landen, sodass die Flasche mit einem lauten Klirren durch die Fensterscheibe hinter ihr fliegt.

„Du hast ja Reflexe wie ein Veteran“, lächelt Emily höhnisch und geht langsamen Schrittes auf sie zu.

„Nein, ich... habe nur eine bessere Wahrnehmung als andere Menschen...“, antwortet Yuri.

Sie hört sich selbst gar nicht richtig zu, als sie das sagt, aber gepackt von Angst würde sie alles tun, um mehr Zeit zu gewinnen.

„Mag sein... An uns Vampire kommst du trotzdem nicht heran“, lacht Emily.

Sie steht jetzt direkt vor Yuri, was dazu führt, dass diese nur Emilys freie Beine sehen kann.

Der untere Teil ihres Abendkleids scheint weggebrannt zu sein.

Doch dann sieht sie etwas unter ihren Beinen hindurch, nur ein paar Meter hinter Emily.

„Shya!“, ruft Yuri heiser.

Als Emily sich umdreht, rennt das braune Kätzchen sofort aus dem Wohnzimmer in den Flur.

„Interessant, dann hat diese Familie also ein Haustier... Mir kommt eine Idee...“

Sie wendet sich von Yuri ab und geht ebenfalls in den Flur.

„Nein! Lass Shya in Ruhe!!!“, schreit die am Boden liegende aufgebracht, findet aber kein Gehör.

Yuri verliert ein paar Tränen: Das darf doch nicht wahr sein...

Miho und Keisuke lieben diese Katze so sehr, Emily darf sie nicht einfach töten!

„Verdammt!“, flucht Yuri; „Verdammt, verdammt, verdammt! Was kann sie denn dafür?!“

Emily verfolgt die Katze die Treppe hoch.

Eigentlich hat sie nichts gegen Tiere, aber sie würde ihren Feinden jede seelische Grausamkeit zufügen, die ihr in den Sinn kommt, ehe sie sie umbringt.

Die Katze hat eben Pech.

Emily sieht, wie sie in ein Schlafzimmer läuft, und folgt ihr hinein.

Ein simples Bett, ein Computer auf einem Schreibtisch, ein Schrank...

Vermutlich ist dies Keisukes Zimmer.

„Mama... Kann ich mal mit dir reden?“, fragt Sense, der gerade hereingekommen ist.

Er hat sie wohl in Flur in den Raum gehen sehen.

„Schätzchen, es ist gerade schlecht. Wir reden später über all diese schlimmen Dinge.“

„Nein, Mama, es ist mir wichtig.“

Der Junge setzt sich auf das Bett, aber Emily bleibt im Türrahmen stehen.

„Ich bin mir nicht mehr sicher, ob wir wirklich das richtige tun...“, sagt er leise.

„Ich habe dir schon so oft gesagt: Du darfst nicht auf diese bösen Menschen hören!“, entgegnet Emily scharf. Sense sieht sie nicht an.

„Aber der Vampir in meinem Schlafzimmer... Keisuke heißt er, glaube ich...“

„Das ist ein Verräter! Er steht auf der Seite dieser dreckigen Menschen! Ich habe ihm die Chance gegeben, sich uns anzuschließen, aber er wollte ja nicht...“

Mit einem Mal hört Emily auf, zu reden; Sense sieht ihr direkt in die Augen.

„Ja, genau“, sagt er tonlos; „Er wollte sich uns nicht anschließen, weil er keine Menschen töten will. Und deswegen hat er es deiner Meinung nach verdient, zu sterben!“

Emily starrt ihn entsetzt an: „Sense...“

„Seine Familie besteht aus Menschen!“, ruft er nun sauer; „Er möchte seine Familie nicht verlieren! Warum habe ich das nicht verstehen können? Mir geht es ja genauso! Und was ist mit dir, Mama? Du willst doch auch deine Familie beschützen? Du sagtest doch, die Organisation sei wie eine Familie für dich, oder? Das hast du gesagt!“

Von Emilys liebevollen, mütterlichen Blick ist keine Spur mehr zu sehen. Sie blickt den Jungen vollkommen ohne Emotionen an.

„Ich will nicht mehr... Ich will das alles nicht mehr!!!“, schreit Sense plötzlich und springt auf:

„Immer musste ich für dich die Vampire aufspüren, die irgendwas falsch gemacht haben, damit du sie dann umbringen lässt! Oder die feindlichen Vampire, die meine Freunde töten! Lure, Raid! Ich will das nicht mehr! Denn du...“

Ihm strömen Tränen über die Wangen: „Weil du eine ganz böse Lügnerin bist!!!“

„Was?!“

„Du behauptest, alle Menschen wären schlecht, aber das stimmt nicht! Meine Eltern waren auch Menschen! Als sie noch gelebt haben, waren sie gute Menschen, das weiß ich! Und ich war auch ein Mensch! Ich habe nie was böses gemacht!“

Senses Hand ballt sich zu einer Faust: „Und wehe du sagst jetzt etwas schlechtes über meine Eltern... Mama und Papa waren die nettesten Menschen auf der ganzen Welt...“

„ICH bin deine Mama, du ungezogener Bengel!“, schimpft sie, aber Sense schüttelt sofort den Kopf: „Mit jemandem wie dir will ich gar nicht verwandt sein!“

„Sense, hör jetzt endlich auf. Wenn ich dich an Vigor erinnern darf...“

„Den ich euch ans Messer geliefert habe...“ Er schnieft; „Das tut mir so leid... Er war gar nicht böse, aber das wusste ich nicht... Warum tötest du alle, die nicht böse sind...?“

„Als hättest du dummes Kind von irgendetwas eine Ahnung!“, faucht sie so laut, dass Sense zusammenzuckt und Shya, die vorher unter dem Bett gewartet hat, schnell zum Schreibtisch läuft, um sich dahinter zu verstecken.

Emily sieht das und hebt die Hand: „Ich zeige dir jetzt, was ich mit denen mache, die es wagen, mich zu verraten. Dann wirst du deine Meinung schnell ändern, mein Kind.“

Sense, der erahnt, was sie vorhat, springt auf Emily zu und schubst sie zur Seite, sodass ihre vampirische Attacke nur Keisukes Computer zum Explodieren bringt.

Shya stürmt fauchend unter dem Schreibtisch hervor und rast aus dem Zimmer.

Emily drückt Sense wütend von sich weg: „Das war zu viel!“

Er geht ein paar Schritte zurück, denn er weiß, was ihm jetzt bevorsteht. Er schluchzt.

Wenigstens versteht er nun, dass es Emily ist, die anderen ihre Familie wegnimmt. Raito hat doch recht gehabt. Sogar gerade hätte sie nicht gezögert, ein unschuldiges Tier zu töten.

„Das ist also deine wahre Gestalt“, flüstert er unruhig, als sie mit leuchtend roten Augen auf ihn zukommt, die Fangzähne gebleckt und mit einem Blumentopf aus Ton, den Shizuka einst für Keisuke gemacht hat.

Sense schluckt. Doch dann nimmt er etwas wahr, die Aura eines Vampirs, der sich nähert.

Er sieht sich um und spürt, dass er oder sie noch sehr viele Meter entfernt sein muss.

Aber wer ist es...?

Dann ist es, als würde ihm ein Licht aufgehen:

„Keisuke...!“, keucht Sense.

Eine Sekunde später wird er von Emily mit dem Blumentopf niedergeschlagen.
 

„Ist alles okay...?“, fragt Shizuka mit einem Seitenblick auf Keisuke, dessen Kopf an die Fensterscheibe gelehnt ist. Ihr ist sein abwesender Blick aufgefallen, der es so wirken lässt, als würde er mit offenen Augen schlafen.

„Es geht so...“, sagt er und richtet seinen Kopf aufrecht; „Ich bin nur froh, wenn wir zu Hause sind... Ich habe solchen Durst...“

„Hast du nicht etwas Blut getrunken, bevor wir losgefahren sind?“

„Schon, aber ich bin nach alldem schon ziemlich erschöpft...“

Shizuka sieht ihn verständnisvoll an: „Ich auch. Ich hätte nie gedacht, dass ich das mit dem Auto hier gebacken kriege...“

Er grinst.

Natürlich ist ihm klar, dass die Nacht noch nicht vorbei ist.

Emily wird ihn kaum in seine Küche gehen lassen, damit er da in Ruhe etwas trinken kann.

Was will sie überhaupt bei ihm zu Hause?

„Wir sind jetzt da“, bemerkt Shizuka und Keisuke nickt.

Sie fährt vorsichtig rechts ran an den Bordstein, zieht den Schlüssel aus dem Zündschloss und seufzt: „Ich hasse Einparken...“

„Hast du doch gut gemacht“, lächelt Keisuke.

Sein Herz schlägt sehr schnell.

Dank seinen Vampiraugen kann er sein Haus einige Meter entfernt sehen, und er weiß, dass Emily dort auf ihn wartet. Ihm ist auch klar, dass Raito, der Keisuke bis jetzt noch jedes Mal gerettet hat, viel zu weit entfernt ist, um ihm jetzt zu helfen.

Auf jeden Fall ist es jetzt zu spät, um noch einen Rückzieher zu machen.

Immerhin hat Emily Yuri in ihrer Gewalt und Miho ist womöglich auch in Gefahr.

Er atmet einmal tief durch und öffnet die Tür. Zögerlich steigt er aus, dann beugt er sich leicht in das Innere des Wagens und fragt: „Du möchtest hierbleiben, oder?“

Shizuka sieht ihn kurz verträumt an, ohne etwas zu sagen.

Ist sie mit ihren Gedanken woanders? Plötzlich bildet sich ein Lächeln auf ihren Lippen:

„Nein, ich komme mit.“

Dankbar lässt Keisuke sie aussteigen. Ihm ist zwar bewusst, dass Shizuka ihm im Ernstfall keine große Hilfe sein kann, dennoch tut es gut zu wissen, dass er nicht alleine gehen muss.

Die beiden gehen den Bordstein entlang bis zu dem Haus der Valleys, als plötzlich Shya ihnen entgegenkommt.

„Shya!“, ruft Shizuka erschrocken, und Keisuke bemerkt: „Die Haustür steht offen!“

Die kleine Katze verschwindet miauend in einer Seitengasse ein paar Häuser weiter.

Besorgt schauen die beiden Jugendlichen sich an: Das kann nichts Gutes bedeuten.

„Da steht eine Limousine vor eurer Haustür“, sagt Shizuka in einem komischen Tonfall und Keisuke ergänzt: „Die gehört bestimmt Emily. Sieh mal dort!“

Er zeigt mit seinem Finger auf die schattenhafte Eule, die seelenruhig über dem Wagen auf der Stelle fliegt. Shizuka scheint sie nicht erkennen zu können, aber das überrascht ihn nicht wirklich.

Immerhin ist sie ein Mensch und es ist schon dunkel.

Keisuke zückt vorsichtshalber schon mal seinen Dolch und schleicht sich zum Wagen, nur um festzustellen, dass er leer ist: „Niemand ist drin!“

Unruhig schreitet er zur Haustür, seinen Dolch in der rechten Hand.

Shizuka klammert sich ängstlich dicht hinter ihm an seiner Schulter fest.

Er fühlt sich selbst nahe einer Panikattacke, aber er weiß, dass er jetzt stark sein muss.

Zögerlich betreten sie das Haus, und zuallererst klappen ihnen die Kinnladen herunter.

„Oh Gott!“, quietscht Shizuka.

„Nein, das ist unmöglich!“, hustet Keisuke; „Was ist hier nur passiert?“

Der ganze Flur ist verwüstet, die Fensterscheiben zerstört, in den teilweise geschwärzten Wänden finden sich große Risse.

Jetzt kann man nicht mehr abstreiten, das hier etwas vorgefallen ist.

„Shi-Shizuka?! Bist du das?!“, stöhnt eine Stimme aus dem Wohnzimmer.

Sie folgen der Stimme und finden Yuri alleine auf dem Fußboden vor dem Sofa. Ihre Arme und Beine sind gefesselt, und sie schaut ihre Freunde mit einem erleichterten Blick an.

Shizuka hockt sich sofort zu ihr hin und fragt: „Ist alles in Ordnung mit dir? Bist du verletzt?“

„Eigentlich nicht... Aber mir tut alles weh...“, jammert sie, während Shizuka versucht, sie aus den Seilen zu befreien. Hilfesuchend wendet sie sich an Keisuke: „Ich kriege sie nicht ab!“

Er zeigt seinen Dolch und gesellt sich neben sie: „Damit sollte es gehen.“

Nach ungefähr einer Minute haben sie es geschafft, Yuri zu entfesseln.

„Endlich!“, lächelt sie und bewegt prüfend ihre Handgelenke.

Dann wird sie plötzlich bleich: „Oh, nein, Shya!“

„Was ist mit ihr?“, fragt Keisuke bestürzt.

„Emily will sie umbringen!“

„WAS?!“, rufen Shizuka und Keisuke gleichzeitig.

Plötzlich taucht hinter ihnen jemand auf und flüstert: „So so... Was macht ihr denn hier?“

Emily steht hinter ihnen und sieht die Jugendlichen selbstsicher an.

Sofort weichen alle drei ein paar Schritte zurück.

Keisuke fragt mit zitternder Stimme: „Wa-was hast du... mit Shy-Shya gemacht?“

„Wer soll das sein?“, fragt Emily glaubwürdig.

Dann fällt ihm ein, dass die Katze ihm und Shizuka erst vorhin entgegengekommen ist. Also hat sie es geschafft, Emily zu entwischen.

Das ist zwar eine Erleichterung, hilft den Dreien in dieser Situation aber trotzdem nicht.

„Bitte tu uns nichts!“, fleht Shizuka; „Lass uns einfach in Frieden! Geh bitte!“

Ihr steht die Angst ins Gesicht geschrieben.

Emily seufzt: „Ich habe es langsam satt. Ich denke, ich werde vom Töten eine Pause machen. Auf Dauer ist es doch irgendwie anstrengend. Ich muss mich ausruhen.“

Erleichtert atmen Keisuke, Shizuka und Yuri aus.

„Aber...“, fügt Emily hinzu; „davor werde ich noch euch drei umbringen...“

Sie hebt die Hand, und plötzlich fällt ein Schuss, der ihre Hand nur um einen Zentimeter verfehlt und die Wand trifft.

Erschrocken drehen sich alle Richtung Flur: Shou steht breitbeinig im zerstörten Türrahmen, mit einer Pistole, die sie in beiden Händen hält. Miho steht mit ernstem Blick hinter ihr.

„Aha“, grinst Emily; „Wer bist du denn?“

„Du Schlampe...“, flüstert Shou zornig; „Es ist wegen DIR! Wegen DIR musste Desmond sterben! Den Mann, den ich mehr als alles auf der Welt geliebt habe! Wegen DIR!!!“

Emily dreht sich nun ganz zu den beiden Frauen und setzt ein süffisantes Lächeln auf:

„Wer soll das sein, Desmond?“

„DU KENNST ALSO NICHT MAL UNSERE NAMEN!!!“, schreit Shou;

„Du kennst uns nicht, und trotzdem zerstörst du unser Leben! Ich hasse dich! Schlampe! Du bist so eine verdammte Schlampe, ICH BRINGE DICH UM!!!“

„Dann schieß doch“, kichert Emily unbeeindruckt.

„Nein, warte!“, ruft Miho plötzlich und reißt Shou zu Boden, als diese mehrmals den Abzug drückt. Die Kugeln prallen an Emily ab als hätte sie ein unsichtbares Schild um sich und werden in andere Richtungen gelenkt. Eine von ihnen verfehlt Shou haarscharf.

„Du... hast mich gerettet...“, keucht sie leise und schaut Miho an; „Woher wusstest du das?“

„Das war doch klar“, gibt Miho schnell zurück; „Wenn sie schon sagt, dass du schießen kannst.“

Keisuke ist nicht so überzeugt davon, es hätte ja auch ein Bluff sein können.

Er, Yuri und Shizuka gehen schnell hinter dem Sofa in Deckung.

„Verdammt...“, flucht Shou, als sie und Miho, die leicht überfordert „Was machen wir denn jetzt?“, fragt, wieder aufstehen.

Die Rothaarige sieht sie ernst an: „Habt ihr noch Weihwasser?“

Mit bedauernder Miene schüttelt Miho den Kopf.

„Seht es ein!“, gähnt Emily und stützt ihren Kopf selbstsicher auf ihrem Handrücken:

„Ihr seid zu fünft und ich bin alleine. Ihr könnt mich trotzdem nicht besiegen. Das zeigt doch, wie niederträchtig ihr Menschen seid!“

„Ich bin ein Vampir“, knurrt Keisuke beleidigt, aber so leise, dass sie ihn nicht hört.

Emilys Lächeln verschwindet mit einem Mal.

Mit leuchtend roten Augen schreitet sie auf die beiden Frauen im Türrahmen zu, die vor Panik schreiend zu beiden Seiten weglaufen und so Platz für einen fremden Mann hinter ihnen schaffen.

Abrupt bleibt Emily stehen und schaut ihn leicht geschockt an.

Miho und Shou wirken auch erstaunt.

Der Fremde macht einen sehr eleganten Eindruck, er trägt einen vornehmen schwarzen Anzug über einem makellosen weißen Hemd und einer dünnen, roten Fliege.

Sein dunkelbraunes Haar ist perfekt zur Seite gekämmt, ohne irgendwelche abstehende Strähnen.

Die goldene Brille und die rubinrote Brosche lassen ihn sehr reich und edel wirken.

„Oh, Meadow... Ich hätte dich fast nicht erkannt...“, sagt Emily beruhigt; „Ich muss schon sagen, du hast dich gemacht.“

„Es freut mich, dass es Euch auffällt, Madame“, antwortet Meadow und verneigt sich leicht.

„Ein Vampir!“, ruft Yuri, die hinter dem Sofa hervorlugt; „Schaut euch die roten Augen an!“

Sofort richtet Shou ihre Pistole auf den Mann, den das ziemlich kühl lässt.

„Warum hast du nicht in der Limousine gewartet? Ich bin gleich hier fertig“, schnaubt Emily.

„Nun, ich habe hier ebenfalls noch etwas zu erledigen.“

Er wirft einen Seitenblick auf Shou und winkt Emily daraufhin mit seinem Finger zu sich.

„Schieß noch nicht!“, rät Miho, die sich hinter dem Esstisch versteckt.

„Wenn wir so nah beieinander stehen, wird die Kugel zurückgeworfen, auch wenn du auf Meadow schießen solltest“, sagt Emily tonlos. In der Tat steht sie direkt vor Meadow, sie berühren sich fast.

„Madame, macht Euch darüber keine Sorgen“, ermuntert er Emily und greift in die Innentasche seines Sakkos: „Sie wird nicht schießen.“

Emily grinst: „Was hast du vor, du Schelm?“

Ihr Grinsen erlischt in der nächsten Sekunde, die von Stille erfüllt ist.

Zitternd senkt sie ihren Kopf, um unweigerlich festzustellen, dass ihr ein dünnes Skalpell im Herzen steckt.

„Sie wird nicht schießen, weil ihre Feindin vorher tot sein wird.“ Sein Blick ist kühl, seine Stimme ruhig. Emily sieht ihn entsetzt und verzweifelt an.

Ein paar Sekunden stehen sie nur da, doch schließlich rutscht Emily zu Boden.

Gleichzeitig lässt Shou ihre Pistole sinken, ihr Mund ist leicht geöffnet.

Langsam bildet sich eine Blutlache um Emily herum.

Miho kommt hinter dem Esstisch hervor, während die drei Jugendlichen hinter dem Sofa langsam aufstehen und schweigend die Leiche auf dem Boden betrachten.

„Wenn ich mich selbst vorstellen dürfte, mein Name ist George Meadow“, sagt der Mann unberührt und verneigt sich leicht.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: abgemeldet
2011-12-01T21:00:30+00:00 01.12.2011 22:00
DRAMAQUEEN!
Meadow ist eine DRAMAQUEEN!
Von:  LittleLuna
2010-05-06T16:34:06+00:00 06.05.2010 18:34
o.O häääääääääää?
Der hat Emily umgebracht?!
Der Curser?!
Ich meine, ist ja eigentlich gut...oder?
Nyah, ist aber wie immer ein tolles Kappi
LG Lunalein :3

PS.: dieses Kommi ist eine kleine Belohnung für (zumindest) eine Charakterbeschreibung^^


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