Kapitel 1
Alles fing an einem ganz normalen Tag an, die Vögel zwitscherten, die Sonne schien und ein leichtes Lüftchen erfrischte den Nachmittag. Ein Blatt wurde von einer Brise zum Ende der Straße vor eine große, weiße Villa geweht und zerfiel sofort zu Staub.
Die Fenster der Villa waren abgedunkelt und aus einem Fenster, das leicht geöffnet war, kam dunkler Rauch. Auf einem Fetzen Stoff, der an der Außenwand hing, stand in Großbuchstaben geschrieben: „D’espairsRay“.
Auf der anderen Straßenseite kamen gerade ein paar Leute in schwarz angelaufen. Eine fing an zu frösteln, als sie der Villa näherkamen und meinte: „Sollen wir DA wirklich rein?“
Die anderen nickten nur stumm, doch sie sahen nicht gerade begeistert aus, als sie vor der Tür standen und den Türklopfer verwirrt ansahen. Dieser war nämlich nicht irgendein beliebiger Türklopfer, sondern eine verzerrte Fratze mit einem Piercing in der heraushängenden Zunge.
Vorsichtig nahm der Vorderste, ein ca. 1,78 großer Mann mit Dreadlocks, den ‘Piercing‘ und klopfte gegen die Tür.
Dumpfes Grollen hörte man von Innen und knapp 6 Minuten später stand ein verschlafener Zero, mit Marmelade-Toast im Mundwinkel und einer Tasse Kaffee in der linken Hand, in der Tür und schaute verwirrt auf die Besucher.
„Was gibts?“ murmelte er so gut es ging und hob eine Augenbraue.
„Äh, wir sind das Interview-Team von Rockoon! und ich bin die Leiterin.“ meinte eine kleine, dickliche Frau, die etwas weiter hinten stand und sich nun nach vorne drängelte. Der Rest der Meute nickte nur eifrig.
Ein genervtes „Aha“ kam seitens des Bassisten, ehe er wieder in der Villa verschwand. Zurück blieb ein 6-köpfiges Rockoon!-Interview-Team, das total verstört in den leeren, dunklen Gang schaute, in dem Zero gerade verschwunden war.
In der Villa herrschte vollkommenes Chaos. Hier und da lagen Klamotten verstreut auf dem Boden, alte Pizza-Reste, leere CD-Hüllen, McDonalds-Strohhalme, Zeug von der Weihnachts-Deko, in der Ecke lag eine Ratte, die friedlich vor sich hinschlief und oben in der Ecke hing eine fette Vogelspinne, die genüsslich eine Fliege aussaugte.
Zero schlurfte ins Wohnzimmer, schob ein paar Kartons auf die Seite und ging zu Hizumi und Tsukasa, die auf dem einzig sauberen Platz am Boden saßen und konzentriert PSP spielten. Im Nebenraum hörte man durch die Türe gedämpftes Stöhnen und hin und wieder ein freudiges „Uii“ von Karyu, der sich gerade begeistert einen Porno ansah.
Der Bassist tippte Hizumi auf die Schulter und wartete einen Augenblick – keine Reaktion. Er tippte dem Kleinen noch ein paar Mal auf die Schulter, allerdings ohne Erfolg.
Genervt nahm er den Toast aus seinem Mundwinkel und blies Hizumi ins Ohr. Der fuhr erschrocken hoch und lies auch noch seine PSP fallen, die direkt in einem angeschimmelten Salatblatt landete.
„Alter, geht’s noch??? Ich hatte den fast tot!! Das ist der Endgegner, Mann!! Den hab ich bis jetzt noch nie geschafft!!“ schrie Hizumi Zero böse an, der gleichgültig von seinem Toast abbiss und einen Schluck von seinem, inzwischen kalten, Kaffee nahm.
„Da draußen ist dein alter Grundschullehrer. Der will dir deinen Ball wieder geben, den du mal in der 3. Klasse aufs Dach geschossen hast.“ sagte Zero, ohne auf das Kommentar von Hizumi einzugehen.
„Hä?“
„Na in der 3. Klasse, als du unbedingt Stürmer sein wolltest und den Fußball aufs Schuldach geschossen hast. Damals als du noch bunt warst.“
„Hab ich verdrängt…“ sagte der Kleine leicht verstört und starrte auf eine mutierte Kellerassel, die versuchte in seine PSP zu beißen.
„Ja egal, damals halt. Jetzt hat man den Namen entziffern können, der da drauf gekritzelt war und das ist eindeutig deiner. Der steht draußen vor der Tür.“ erklärte Zero, während er ein paar verkokelte Blätter vom Sofa wischte und sich daraufsetzte.
Hilfesuchend schaute der Sänger zu Tsukasa, der nur auf seine eigene PSP starrte und gerade den Endgegner ohne Probleme besiegte.
Schmollend schlürfte Hizumi zur Tür, vor der immer noch das verwirrte Interview-Team stand. Ein kurzer, fragender Blick genügte und die kleine Team-Leiterin begann erneut mit ihrer Rede.
„Also nochmal, wir sind-“
„Jaja, ist okay. Wo ist jetzt mein Lehrer?“
Suchend schaute der Kleine sich um, während der Leiterin fast ein Äderchen auf der Stirn platze.
„Also, ich muss doch schon bitten! Würden Sie uns jetzt endlich reinlassen?“ rief die Leiterin empört.
„Was wollt ihr eigentlich hier?“ fragte Hizumi einen, der weiter am Rand stand und sich nicht vom Gezeter seiner Chefin aus der Ruhe bringen lies.
„Wir sollen mit euch ein Interview machen, weil ihr doch jetzt irgendwie ein neues Album rausgebracht habt.“
„Ah.. Okay…“ Hizumi ging zurück ins Haus und ließ alle ins Wohnzimmer.
Das erste was dem Interview-Team auffiel, war der Gestank von 5 Wochen alter Pizza und ungewaschenen Socken. Einige des Teams verzogen leicht das Gesicht, andere hielten den Atem an, doch schließlich gelang es allen einen halbwegs sauberen Platz zu finden.
Nach und nach kamen alle Despas angelaufen. Zero hatte seinen Kaffee auf die Seite gestellt und auch Karyu konnte sich von seinem Porno trennen.
