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Color of Twilight

Time of Death and Rebirth
von

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Wahrheit

Erst spät am Abend kam die Erkundungstruppe am Fuß des Turms an und stieg von den Kamelen, die letzten verbliebenen Reittiere ihrer Welt, ab.

Schon aus der Ferne wirkte der Turm imposant, doch wenn man direkt davorstand und den Kopf in den Nacken legen musste, um hinaufzusehen, schien es, dass der Turm direkt in den Himmel hineinragte.

Wenn es einen Weg gab, den Untergang der Welt zu verhindern, dann musste er hier versteckt sein.

Yoruna löste das Tuch, das sie um ihren Kopf gebunden hatte. „Puh, endlich da. Ich dachte schon, wir kommen nie an.“

Hidaka lächelte ihr zu. „Vielleicht wirst du einfach alt.“

Sie schnitt ihm eine Grimasse, dann ging sie an ihm vorbei auf den Eingang des Turms zu. Die schwarze Öffnung wirkte wie das Tor zur Hölle, etwas im Inneren leuchtete grünlich und schien sie geradezu zu verspotten.

Hidaka und die anderen drei Männer stellten sich zu ihr. Jeder von ihnen starrte hinein, ängstlich, den nächsten Schritt zu tun und einzutreten.

Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bevor Hidaka plötzlich lachte. „Wir sollten endlich reingehen, sonst stehen wir morgen noch hier.“

Sein Lachen lockerte die Stimmung auf, so dass die Gruppe endlich hineingehen konnte. Tiefschwarze Finsternis empfing sie, abgesehen von dem seltsamen Leuchten, das sie schon von draußen gesehen hatten. Doch das grüne Licht tauchte das nähere Umfeld nur in eine unheimliche Farbe, während der Rest umso dunkler erschien.

„Seid vorsichtig“, warnte Hidaka eindringlich. „Nicht, dass ihr euch verletzt.“

Er konnte spüren, wie die anderen nickten.

Während er sich nach einer weiteren möglichen Lichtquelle umsah, trat Yoruna an das grüne Licht heran. Noch niemals in ihrem Leben hatte sie so etwas gesehen. Sie konnte den Ursprung des Leuchtens nicht ausfindig machen, aber vielleicht....

Ohne weiter nachzudenken, drückte sie gegen das Leuchten. Plötzlich flammte ein helles Licht auf. Erschrocken kniff Yoruna die Augen zusammen, sie hörte die überraschten Schreie ihrer Begleiter.

Nur zögernd öffnete sie ihre Augen wieder, als nichts weiter geschah. Verwirrt ließ sie ihren Blick über das seltsam geformte Metall mit den vielen Knöpfen und den undurchsichtigen Glasscheiben schweifen. „W-was ist das denn?“

„So etwas habe ich noch nie gesehen“, stimmte Hidaka ihr zu. „Das muss von Götterhand erschaffen worden sein.“

Ehrfürchtig fuhr er mit seinen Fingern über das Metall, das ihm absolut nicht bekannt vorkam.

„Aber es scheint kein Gott da zu sein“, bemerkte einer ihrer Begleiter. „Und es führt auch kein Weg nach oben. Warum ist dieser Turm nur so groß?“

Die anderen zuckten mit den Schultern, Yoruna war bereits wieder mit den Scheiben beschäftigt. Neugierig klopfte sie dagegen und erwartete eine, wie auch immer geartete, Reaktion.

Doch nichts geschah.

„Man kann sie auch nicht öffnen“, murmelte sie. „Was zeigen die Scheiben?“

„Nur Dunkelheit“, flüsterte Hidaka, der neben ihr stand. „Ich frage mich, warum.“

Wieder ließ er seinen Blick über das Metall schweifen. Nachdem das erste Erstaunen überwunden war, konnte er sich nun auf anderes konzentrieren.

Und tatsächlich fiel ihm etwas Bekanntes ins Auge. Er deutete auf ein hervorstehendes Objekt. „Seht, da steht etwas. Es sieht entfernt aus wie unsere Schrift.“

Die anderen besahen sich das neugierig. Unter dem Objekt stand eindeutig Ein.

Ein was?“, fragte Hidaka verwirrt.

Yoruna schüttelte mit dem Kopf. „Ich glaube, es bedeutet etwas anderes.“

Von Neugier geleitet, drückte sie auf das Objekt, das unter ihrem Finger tatsächlich nachgab.

Erschrocken sprang sie zurück und versteckte sich hinter ihrem Mann.

Doch es schien lediglich Leben in die Glasscheiben zu kommen. Seltsame Zahlen- und Buchstabenfolgen erschienen auf allen Scheiben gleichzeitig.

Irritiert starrten alle Anwesenden darauf, doch keiner von ihnen wurde wirklich schlau aus dem, was sie da zu sehen bekamen.

Ein lautes Geräusch hinter ihnen ließ alle gleichzeitig herumfahren.

In der Mitte des runden Raumes war ein Gebilde erschienen, das vollständig aus grünem Licht zu bestehen schien.

Es war ein Baum, der auf einer Plattform stand, von der Wasser herabfloss. Die Krone war so dicht, dass er keiner von ihnen durch die Äste sehen konnte.

„W-was ist das?“, fragte Hidaka.

Yorunas Gesicht hellte sich auf. „Vielleicht gibt es noch Hoffnung und das ist ein Hinweis darauf, wie wir unser Mana zurückbekommen.“

Einer der Männer rollte mit den Augen. „Mana, klar.“

Sie warf ihm einen bösen Blick zu, bevor sie interessiert wieder auf den Baum sah. Plötzlich entstanden Pfeile, die auf bestimmte Äste des Baumes zeigten, am anderen Ende der Pfeile waren seltsame Kombinationen aus Buchstaben und Zahlen zu sehen.

„Was ist das?“, fragte Yoruna.

„Das sind Koordinaten“, antwortete Hidaka. „Mein Urgroßvater war ein Kartograph und hat oft mit solchen gearbeitet. Aber wieso braucht ein Baum Koordinaten?“

Ein seltsames Gefühl breitete sich in seinem Inneren aus, eine Vorahnung, die ihm sagte, dass er nicht wissen wollte, was diese Koordinaten zu bedeuten hatten. Doch er würde nicht zurückweichen, jetzt, wo er endlich hier war. Viel zu lange war es genau diese Vorahnung gewesen, die dafür gesorgt hatte, dass sie den Turm nicht schon früher erkundeten.

Nun wollte er sich diesem Gefühl stellen und herausfinden, worauf es beruhte, er konnte also nicht einfach weglaufen.

Zu den Koordinaten gesellten sich Bilder, die ihnen nicht nur Wälder oder große Städte, sondern auch furchteinflößende lärmende Monster zeigen, in denen sich Menschen mit seltsamer Kleidung befanden.

Zuletzt sahen sie ihre eigene Welt, doch dieses Bild löste sich bereits auf. Ob es ein Zeichen dafür war, dass ihre Welt im Sterben lag?

Das Gebilde kehrte wieder in seinen Ursprungszustand zurück, doch diesmal waren Buchstaben zu sehen, die den Namen verkündeten: Zeitbaum.

„Was ist ein Zeitbaum?“, fragte Yoruna.

Die anderen konnten nur mit den Schultern zucken.

Plötzlich erschienen noch mehr Buchstaben statt dem Gebilde. Yoruna räusperte sich und begann zu lesen: „Der Zeitbaum Et Ca Rephas und sämtliche Welten darin stehen unter Verwaltung der Götter Etle, Edega und Salbar, die im Idealen Stamm heimisch sind. Das Mana im Inneren des Baumes ist begrenzt, für jede neue Welt muss eine alte sterben. Ob, wann und welche Welt stirbt, ist den... verwaltenden Göttern überlassen...“

Die Schrift verschwand wieder.

Die Anwesenden sahen sich verwirrt an. Jeder von ihnen versuchte, sich seine eigenen Schlüsse aus dem Ganzen zu ziehen. Doch schon bald wich die Verwirrung bei zwei von ihnen einer Erkenntnis.

„Was bedeutet das?“, fragte einer der anderen.

Yoruna schluckte schwer. „D-das bedeutet... unsere Welt ist nur eine von vielen.“

Inzwischen erschienen wieder die Koordinaten und die Bilder, so dass sie darauf zeigte. „Wir leben unwissentlich in diesem Baum, der viele Welten beherbergt und diese mit dem lebensnotwendigen Mana versorgt.“

Selbst der Zweifler von vorhin schien plötzlich daran zu glauben. Verunsichert sah er zwischen Yoruna und dem sich stetig wandelnden Lichtgebilde hin und her.

„Und was bedeutet das für uns?“, fragte Hidaka.

Er selbst hatte seine Antwort bereits gefunden, doch er wollte sie lieber von Yoruna hören. Mit der letzten Faser seines Seins klammerte er sich an die geringe Hoffnung, dass er vielleicht doch den falschen Schluss gezogen hatte und Yoruna einen ganz anderen.

Sie schluckte. „Das bedeutet, dass unsere Welt sterben muss, weil eine neue erschaffen wurde, die von unserem Mana nährt. Aber... es bedeutet auch, dass es kein Schicksal ist, dass unsere Welt zugrunde geht. Nein, es bedeutet, dass ein Gott bestimmt hat, dass wir sterben müssen.“

Erschrocken sahen die anderen sie an, lediglich Hidaka senkte den Blick. Also war sein Schluss doch nicht falsch gewesen, obwohl er sich wünschte, es wäre so.

„Aber das kann nicht sein“, meinte einer der anderen. „Das würde bedeuten, dass Gott gelogen hat.“

„Uh-uh-uh, so würde ich das nicht sagen.“

Die plötzliche, unbekannte Stimme ließ alle zusammenzucken. Das Lichtgebilde verschwand, dafür erschien eine Frau in der Mitte des Raumes. Alles an ihr war vollkommen weiß, angefangen von den Haaren, die über ihre Schultern fielen, über ihre makellose Haut bis zu ihrem langen Kleid, sie war umgeben von einem hellen Glanz, der keinerlei Ursprung zu haben schien.

Sie verkörperte die absolute Reinheit, die Vollkommenheit, diese Person MUSSTE ein Gott – oder zumindest ein Engel – sein.

„Wer bist du?“, fragte Hidaka.

Schützend stellte er sich vor Yoruna.

Die fremde Frau lächelte. „Ich bin Gott. Aber vielleicht sollte ich mich vorstellen: Mein Name ist Isbel, dies ist meine Heimat. Findet ihr es nicht auch unangemessen, einfach so hereinzuplatzen und alles anzutatschen?“

„Sag uns lieber, was du damit meintest“, erwiderte Hidaka, ohne auf ihre Frage einzugehen.

„Oh ja, genau~ Also, ich habe nie behauptet, dass es etwas mit Schicksal zu tun hat, dass eure Welt untergeht. Das habt ihr euch ganz allein ausgedacht. Ich wurde bislang ja nicht gefragt, weswegen es gerade eure Welt erwischt.“

„Dann frage ich das jetzt“, sagte Yoruna. „Warum gerade diese Welt? Was haben wir getan, um dieses Schicksal zu verdienen?“

Isbel hob ihre Schultern. „Ihr habt gar nichts getan. Es war nur eine Laune der Götter.“

Geschockt über diese Worte sahen die anderen sie an.

„Das kann nicht sein...“, murmelte Yoruna. „Unser Untergang ist nur eine Laune?“

Isbel hob eine Hand. „Genau genommen ist schon eure Existenz nur eine Laune. Damit gleicht sich alles aus, nicht wahr? Das ist doch nett, oder?“

Einer der Männer zog blitzschnell ein Messer und warf es auf Isbel. Die Klinge blieb in ihrer Schulter stecken, die anderen hielten die Luft an.

Welch Frevel!, ging es Hidaka durch den Kopf.

Immer noch lächelnd wandte Isbel sich dem Mann zu. „Ein Gotteslästerer, hm?“

Eine knappe Handbewegung – und plötzlich lag der Mann fein säuberlich in zwei Hälften geteilt auf dem Boden. Doch noch bevor die anderen realisieren konnten, was geschehen war, löste er sich in goldene Funken auf.

„Ich kann so etwas gar nicht leiden“, begleitete Isbel diesen Vorgang.

Das Messer in ihrer Schulter schmolz.

Wieder lächelnd wandte sie sich an die Verbliebenen, die allesamt versuchten, ihr Zittern zu unterdrücken. „Keine Sorge, ich werde euch nicht töten. Sehr lange werdet ihr ohnehin nicht mehr zu leben haben.“

„Gibt es denn keinen Weg, diesen Vorgang aufzuhalten?“, fragte Yoruna.

Isbel schüttelte den Kopf. „Absolut gar keinen. Euch bleibt nichts anderes übrig als euch brav zu fügen, meine Lieben.“

Lächelnd verschwand sie wieder, bevor die anderen noch weitere Fragen stellen konnten.

Für einen Moment herrschte Stille im Turm. Das eben Gehörte musste erst einmal verarbeitet und wirklich realisiert werden.

Yoruna drängte sich dichter an Hidaka. „Was sollen wir nun tun?“

Er wollte ihr eine beruhigende Antwort geben, doch jedes Wort blieb ihm im Hals stecken. Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte.

Der Untergang seiner Welt war schon immer eine Tragödie gewesen und sie hatten diesen Turm nur aufgesucht, um einen Weg zu finden, diesem Schicksal zu entgehen, doch zu erfahren, dass der Tod einer gesamten Welt, einer Zivilisation, nur der Laune eines Gottes entsprang, ließ alles einbrechen, woran er zuvor geglaubt hatte.

Noch bevor er reagieren konnte, rannten ihre beiden Begleiter hinaus. Yoruna rief ihnen hinterher, dass sie warten sollten, doch keiner von ihnen blieb stehen.

Sie haben Angst, durchfuhr es Hidaka. Natürlich bleiben sie nicht hier. Aber... sie werden auch den anderen davon erzählen.

Er war überzeugt davon, dass sie es nicht für sich behalten würden. Er war sich nicht einmal sicher, ob er das gekonnt hätte. Es war zwar eine grausame Wahrheit, aber es war besser, diese zu wissen als sich weiterhin einzureden, dass es nur Schicksal war.

„Wir sollten auch zurück“, meinte Hidaka. „Wir wissen nicht, wie die anderen reagieren werden. Ich mache mir Sorgen um Zetsu.“

Yoruna nickte zustimmend. „Ich auch. Lass uns gehen.“

Gemeinsam verließen sie den unheilvollen Turm, von ihren verbliebenen Begleitern waren nur noch Umrisse am Horizont zu erkennen.

Die verbliebenen drei Kamele standen unbeteiligt noch vor dem Turm und sahen Yoruna und Hidaka so neutral wie immer an.

Hastig half er seiner Frau hinauf, bevor er die Zügel des dritten Kamels nahm und sich dann auf sein eigenes begab.

Die Sonne ging bereits wieder auf, als sie losritten.

Hidaka schickte ein Stoßgebet an den Himmel, dass die Menschen genug Verstand besaßen, um nicht so zu reagieren wie er es befürchtete – doch die düstere Vorahnung in seinem Inneren erstickte jede Hoffnung im Keim.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  LeanaCole
2009-12-02T13:14:19+00:00 02.12.2009 14:14
Ich mag Isbel nicht. Die ist doof -.-
Aber ich mag Zetsus Eltern nun noch mehr :D

War ja klar. Wenn Zetsu schon nicht vorkommt, dann muss er zumindest erwähnr werden *lach*
Zetsu ist allmächtig *grins*

Man, ich finde die Götter voll doof. Waren wirklich alle so? Pfui, pfui! Aus einer Laune heraus ne Welt kaputt machen. Sehr schön -.-


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