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Incomplete - Bis(s) in den Tod

The Bella & Edward Story geht in die dritte Runde!
von

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Unkontrollierte Gefühle

DANKE FÜR DIE VIELEN TOLLEN KOMMIS IMMER!!!!
 

Musiktipps:

Livingston – Broken http://www.youtube.com/watch?v=Ut2mIaPvS_o

No Sound but the Wind – Editors http://www.youtube.com/watch?v=_kU0HsXY3wk

Hm... also was ich am zweiten lied so mag ist, dass ich finde, dass es sich so ein bisschen wie die "ruhe vor dem sturm" anhört... und das würde perfekt passen :):):)

Das Kap ist auch etwas länger geworden, also viel spaß
 

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Das Erste was ich tat, als ich aufwachte, war niesen. Noch mit geschlossenen Augen fuhr ich mit der Hand in meinem Gesicht herum. Irgendwas-

„Huch“, entfuhr es mir.

Vor meinen Augen erblickte ich gelb. Viel gelb. Ich glitt mit dem Kopf zurück. Eine Sonnenblume. Und dahinter noch eine, ganz viele.

„Was-“

Ich hob meinen Oberkörper, mit abgestützten Armen, etwas an und riss die Augen auf. Das ganze Zimmer war über und über mit Sonnenblumen bedeckt. Lediglich auf dem Bett lagen nur vereinzelt welche.

„Gefällt’s dir?“

Ich wand den Kopf nach rechts, wo ich Edwards Stimme vernommen hatte. Er kam mit seinem schelmischen Lächeln aus dem Babyzimmer. Ich wusste gar nicht, was ich sagen sollte. Das hatte er alles für mich getan? Es war wunderschön. Dieses Mal war ich vorgewarnt und blinzelte ganz schnell, damit ich nicht wieder zu weinen begann.

„Ja, das ist-“

„Pschht, warte“, sagte Edward geheimnisvoll und legte kurz den Finger auf seine Lippen, ehe er wieder in Babyzimmer verschwand.

Er war so toll. Womit in aller Welt verdiente ich so einen Mann? Ich mochte mir gar nicht ausdenken, was für ein Aufwand er betrieben hatte-

Ich war fassungslos, noch mehr als vor zehn Sekunden sowieso schon: Die Babyzimmertür hatte sich wieder geöffnet – und war offen geblieben, denn hunderte, aberhunderte Schmetterlinge flatterten in den Raum.

„Edward- Edward das- das-“ Mir stockte der Atem. Die vielen bunten, großen und kleinen Schmetterlinge setzten sich auf die Blüten. Ich konnte mich nicht satt sehen. Ich war überwältigt. Von allem. Von dem was hier geschah und von dem Bewusstsein, dass Edward das alles für mich initiiert hatte. Ich fühlte mich wie ein neuer Mensch. Ganz anderes als vor dem Einschlafen. Die Trübe war verpufft.

„Mich mögen sie nicht sonderlich, aber bei dir scheinen sie keine Hemmungen zu haben“, sagte Edward, der im Eingang zum Babyzimmer stehen blieb, als sich mehrere Schmetterlinge auf den spärlichen Sonnenblumen um mich herum niederließen. Sie setzten sich auf meine Finger, Arme, Schultern. Die Flügel kitzelten am Gesicht. Ich war so gerührt.

„Du brauchst dir auch keine Sorgen zu machen. Einer von uns wird sie nachher zurückbringen und die Sonnenblumen sind komplett ungezieferfrei“, thronte Edward.

„Das ist- das ist wundervoll, Edward“, brachte ich soeben hervor und tat alles um nicht weinen zu müssen, obgleich meine Augen schon feucht waren. Die Schmetterlinge ließen sich seicht auf meinem Bauch herab. Es kribbelte in mir – vor Freude.

Ich schob mich höher. Edward war sofort neben mir und stützte mich, sodass ich saß. Die Schmetterlinge waren augenblicklich auseinander gestoben. Edward wollte zurückweichen, damit sie wieder kamen, doch ich griff ihm an den Hemdskragen und zog ihn zu mir. Er schenkte mir einen sanften Kuss.

„Wenn ich hier bleibe“, sagte er, als ich ihn zu mir aufs Bett zerrte, „hast du nicht viel von den Schmetterlingen.“ Unsere Lippen verzogen sich im Kusse zu einem Grinsen.

Ich schüttelte den Kopf. „Einer ist noch hier – und bleibt auch vorerst.“

Ich griff nach seiner Hand, umschloss sie und legte selbige auf meinen Bauch.

„Unser eigener kleiner Schmetterling“, flüsterte er.

„Ja“, hauchte ich.

Ich frimmelte geübt sein Hemd auf und berührte mit den Händen seine geschmeidige Haut.

„Du weißt doch Bella-“, begann Edward, bevor ich weiterführte: „-keinen Sex, ich weiß. Aber alles andere ist doch drin oder?“

„Alles andere… jaah…“, lachte Edward hüstelnd.
 

Ich genoss die Atmosphäre, das Prickeln, das Abenteuer. Und vor allem: Ich konnte vergessen. Ich konnte sogar dem Schmerz zwischendurch keine so große Bedeutung beimessen, als dass er mich störte.

Ich fand mich später in der Badewanne wieder, während der Frühling aus unserem Schlafzimmer entfernt wurde, wie Edward mir mitgeteilt hatte. Er hatte mich vorsichtig rüber getragen, so vorsichtig, dass ich kaum eine Bewegung wahrnahm, und meine Kleidung abgelegt. Er ließ mich ins sehr warme, fast heiße aber angenehme, Wasser sinken. Sobald ich lag, forderte ich seine Aufmerksamkeit und zog sein Gesicht zu meinem. Er neigte sich über den Badewannenrand zu mir herab.

„Ah!“, entfuhr es mir unkontrolliert, als mit aller Kraft etwas in meinem Bauch gegeneinander prallte – so fühlte es sich zumindest an. Ich biss mir reflexartig auf die Zunge und kniff die Augen fest zusammen, bis es vorbei war.

„Alles okay“, brachte ich hervor, als ich sah, wie Edward Anstalten machte, etwas zu sagen. Ich atmete zweimal tief durch und verlangte dann wieder seine Lippen. In jedem Blick, jedem Kuss, in jeder Berührung bemerkte ich sein Leid, Angst, Mitgefühl, Sorge. Ich wand den Kopf innerlich seufzend von ihm ab. Dafür hasste ich die Schmerzen und in erster Linie auch mich. Warum konnte ich mich nicht so sehr zusammenreißen, dass er es nicht mitbekam? Sie machten alles kaputt. Auch dieser Szene hatten sie Romantik genommen und die Stimmung zerstört. Edward verstand, auch er merkte es. Er setzte sich auf den Rand und strich mir die Haare hinters Ohr.

„Bewegt er sich viel?“, fragte Edward, als er unter Wasser mit den Fingerspitzen über meinen mir riesig vorkommenden Leib glitt.

Ich schüttelte den Kopf. „Nein. Sehr wenig. Aber vielleicht merke ich es auch nicht, wegen-“ Ich verstummte. Edward nickte.

„Schatz, ich-“

„Es muss dir nicht leid tun“, unterbrach ich ihn sogleich, „denn ich habe es mir selbst ausgesucht und das hinter deinem Rücken.“ Ich winkte ab, um ihm zu zeigen, dass ich in diese Diskussion jetzt nicht einsteigen wollte, da er einen entrüsteten Gesichtsausdruck aufsetzte. „Ja, es tut weh, sehr weh, aber es ist doch nicht mehr lange. Acht Schwangerschaftswochen noch, wie lange ist das? Eine Woche, zwei, drei… je nachdem wie eilig er es hat.“ Ich sah sanft auf meinem mit Wasser umgebenen Bauch.

„Bella, ich-“

„Wenn du mir helfen willst, dann schau nicht immer so traurig, ja?“, fuhr ich wieder dazwischen, als er mich gequält ansah. Doch seine Miene änderte sich nicht. Im Gegenteil, er schien nun nur noch nachdenklicher geworden zu sein.

„Bella, ich spiele, nachts wenn du schläfst, alle Szenarien durch die passieren könnten und ich merke jede Nacht, dass so viel geschehen kann und es nur eine einzige Möglichkeit gibt, in der wir beide glücklich sind. Nämlich, wenn du und das Kind die Geburt überlebt. Andererseits wäre ich auch glücklich solange du es bist, aber du sprichst so wenig im Schlaf in letzter Zeit-“

„Edward, ich liebe dich.“ Ich umfasste mit den Händen sein Gesicht. „Ich liebe dich dafür, dass du dich so um mich sorgst, aber vertrau mir, ich sterbe nicht. Ich werde kämpfen. Ich kann doch gar nicht sterben“, sagte ich mit einem beschwichtigenden Lächeln auf den Lippen. „Du und das Baby, ihr braucht mich doch.“

Er nickte mit schmalen Lippen und erwiderte meine Küsse. Es war momentan alles so verkehrt und durcheinander. Meine Empfindungen glitten von einem Extrem ins Andere. Vor dem Einschlafen war ich noch völlig neben mir gewesen, dann war ich der glücklichste Mensch, als Edward und ich auf dem Bett zwischen Blumen und Schmetterlingen gelegen hatten, und nun war ich so frohen Mutes, dass ich Edward aufmunterte. Es überrollte mich einfach entweder apathisch oder aufgeweckt zu sein – nur die anfängliche Euphorie über das Kind war verflogen. Ich wusste nicht warum… ich liebte es, ich wollte es und konnte es nicht abwarten, aber die Vorfreude hatte sich irgendwie aufgelöst.
 

Nach dem Baden half mir Edward noch beim eincremen bzw. einölen meiner momentan überempfindlichen Haut. Die Haut war stellenweise gereizt oder trocken. Ich liebte es, wenn er mit seinen weichen Handflächen über meine Haut glitt und mir die Kälte eine sanfte Gänsehaut zauberte; wenn er meinen Bauch küsste und sich als Papa vorstellte; wenn wir einfach wie ein normales Paar auf unser Kind warteten.

Achtsam trug er mich wieder zurück. Die Haare hatte ich trocken gerubbelt und nachlässig zu einem Dutt gebunden.

„Was ist hier passiert?“, entfuhr es mir, als wir nach Jasper das Zimmer betraten.

Das runde Bett war rechts an die Wand im Zimmer gedrückt worden, Edwards Nachttischchen war nicht mehr da, eine gelb-goldene, nach kurzem nachdenken mir neu erscheinende, Couch stand neben meiner Betthälfte, anstelle zweier vorheriger Stühle. Beide Regale an der Wandseite neben der Tür waren verschwunden und stattdessen stand dort ein mir bislang unbekannter rechteckiger Glastisch. Jasper platzierte gerade den Laptop darauf, während die anderen, mit Ausnahme von Carlisle und Esme, die Möbelstücke weiter herumrückten.

„Mir reichte eine depressive Person im Haus“, fand Alice grinsend vorwurfsvoll in Edwards Richtung, „weshalb ich mir gedacht habe, das Wohnzimmer hier herauf zu bringen. Dann kommt mal wieder etwas Leben ins Haus.“

„Ohne dich ist’s unten echt langweilig, Bella“, stimmte Emmett Alice lachend zu. Ich wusste nicht, was ich auf das Ganze hier sagen sollte und schüttelte einfach nur ungläubig den Kopf, während Edward entschied, mich wieder auf dem Bett abzulegen – bisher hatte er mit mir im Türrahmen verharrt.

„Jasper und ich sind mal eben weg. Wir brauchen einen Fernseher zum hängen… die alte Möhre da geht gar nicht“, Alice deutete auf den kleinen aber funkelnagelneuen Fernseher in der Ecke, „und hier ist einfach zu wenig Platz für den von unten.“ Sie seufzte theatralisch und ohne ein Wort meinerseits waren sie bereits herausgerauscht.

Nela setzte sich strahlend auf die Couch neben dem Bett. Sie saß etwa auf Höhe meiner Hüfte neben mir. Edward und Emmett waren damit beschäftigt Stühle für den Tisch heraufzuholen und hier und da etwas umzustellen.

„Ihr seid… echt unverbesserlich“, kommentierte ich und erwiderte ihr Lächeln.

„Und, wie ist es so? Wie fühlt es sich an?“, fragte Nela und blickte aufmerksam von mir zum Bauch.

Ich zögerte. Sollte ich ihr von etwas vorschwärmen, dass sie niemals empfinden würde? Würde das nicht sehr herablassen rüber kommen?

Nela bemerkte mein hinhalten. „Wenn ich es sowieso nicht erleben kann, kann ich wenigstens miterleben oder?“ Sie lächelte erwartungsvoll.

Ich fuhr mit den Zähnen über meine Unterlippe und nickte. „Es fühlte sich großartig an. Es ist einfach faszinierend einen kleines Leben in sich zu tragen, der in diesem Augenblick nur dir allein gehört und dich spürt. Und… es mag kitschig klingen, aber es ist ein lebender Beweis für deinen Vater und mich. Es ist genauso ich wie er. Das klingt wirklich kitschig“, wand ich ein und wir mussten beide schmunzeln.

„Ich bin gespannt wie er so wird. Ich meine, was er von dir oder Papa hat und so… Darf ich?“ Sie war auf die Kante des Sofas gerutscht und hielt die Hand über meinem Bauch.

„Klar, nur zu“, bot ich selbstverständlich an. Sie senkte ganz bedächtig und langsam die Hand. Doch weit bevor sie diese auf meinen Bauch herablegte, fuhr ich jäh zusammen und senkte das von der Qual getriezte Gesicht auf die Brust. Nela war sofort zurück gezuckt und sah mich erschrocken an.

„Nein, alles gut. Du warst das nicht“, pressten meine Lippen hervor, ehe der Schmerz verebbte. Ich hatte ihr entschuldigendes Gesicht bereits gesehen. Ich atmete auf und schluckte. „So…“, machte ich und blickte mit einem gekünstelten Lächeln zu Nela auf. „Alles okay, du wolltest doch-“

„Kann Carlisle nichts machen?“, fragte sie mit verzerrtem Gesicht dazwischen.

Ich zuckte mit den Schultern. „Nichts, was nicht noch mehr Schaden anrichten würde und letztlich dem Baby nicht gut tut.“ Schmerzmittel kamen absolut nicht in Frage.

Nela legte nun die Hand auf meinen Bauch. Nachdenklich verfolgte sie mit den Augen ihre Handbewegung.

„Ich bin heilfroh, dass ich wegen meiner Fähigkeit dem Baby nichts tun kann. Also ich meine nicht in dieser Hinsicht“, schränkte sie ein.

„Ich mach mir da keine Sorgen“, sagte ich leichthin. „Schließlich warst du auch ein verlockendes Angebot damals“, wir grinsten, „und niemand hat dir etwas getan. Und da du auch nicht so tollpatschig bezüglich Verletzungen warst wie ich, kam auch keiner in Versuchung.“

„Wie er sich bewegt…“, murmelte Nela hingerissen.

„Hmmm, das macht er aber in letzter Zeit nicht oft. Glaube er ist ganz schön faul geworden, seit ich Bettruhe halte“, sagte ich munter.

„So finde ich dich schon viel besser.“ Nela sah mich mit leuchtenden Augen an. „Nicht so betrübt wie die letzten Tage, oder wie Papa.“

Ich ließ kurz den Blick durch den Raum schweifen und bemerkte, dass wir schon seit geraumer Zeit alleine waren. Ich lächelte innerlich. Mutter-Tochter-Gespräch…

„Es war eben nicht leicht… der Start und das Ende jetzt. Also fast das Ende, die Geburt kommt ja noch. Na ja, ich hab ja auch nicht unwesentlich zu der Kompliziertheit beigetragen.“

Nela nickte und sah wie hypnotisiert auf ihre Hand über meiner Bauchdecke. „Wenn ich mir vorstelle, dass ich darin auch mal rumgekrabbelt bin…“

Wir grinsten uns beide an. Ich richtete mich etwas in ihre Richtung auf und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

„Ich hab dich lieb, mein Schatz“, sagte ich überwältigt von den warm in mir aufkeimenden Gefühlen. Nela und ich waren uns so nah, so nah wie ich es nie für möglich gehalten hatte, nach allem was passiert war.

„Ich dich auch, Mama“, sie sah mich an und dann zu ihrem potentiellen Bruder, „und dich natürlich auch.“

Wir saßen noch eine Weile, größtenteils nichts sagend, einfach so da und genossen das Beisammensein, bevor Alice und Jasper mit dem neuen Fernseher rein kamen, welchen sie direkt an der Wand anbrachten. Emmett und Edward kamen auch dazu. Emmett setzte sich neben Nela und legte den Arm um sie, während Edward mir eine Schale Obst reichte, die ich geordert hatte (ich fand, dass etwas gesündere Ernährung in der Endphase nicht das Schlechteste wäre), sich auf die freie Betthälfte setzte und an die Wand anlehnte.

„Und was machen wir jetzt?“, erkundigte sich Emmett und gähnte gespielt. „Sonst ist mehr Action bei Bella.“

Ich streckte ihm grinsend die Zunge raus. „Etwas mehr Ruhe ab und zu kann auch nicht schaden.“

„Wenn Esme gleich wiederkommt, backen wir hier ein paar Waffeln“, informierte Nela und wand sich zu mir: „Sie hat die Flattermänner weggebracht.“

„Dann stinkt es hier ewig“, grummelte Emmett grinsend.

„Gewöhn’ dich schon mal an schlechte Gerüche. Babywindel ist auch nicht besser vermute ich“, neckte Nela und küsste seinen Mundwinkel.

Mich lenkten diese kleinen Gesten und Zärtlichkeiten zwischen den beiden immer wieder ab. Sie waren ungewohnt – ungewohnt selbstverständlich und vertraut. Ich fragte mich dann immer wieder, wo der Unterschied zu einem echten Paar bestand. Nela und Emmett beteuerten zwar, und das glaubte ich auch, dass sie einander nicht liebten, aber irgendwie beschlich mich das Gefühl, dass da mehr war als Trostsuche. Keine romantische Liebe vielleicht… aber irgendetwas anderes. Als rein körperlich oder lediglich freundschaftlich konnte man es auch nicht bezeichnen, fand ich.
 

Am Abend telefonierte ich mit Gabriel – seit langem wieder. Ich überlegte klamm heimlich, ob mein Sohn vielleicht etwas von Gabriel haben würde.

Natürlich war die Verwandtschaft bzw. Genetik nicht allzu nah, aber ich würde vieles was Gabriel hatte begrüßen: Mut, Durchhaltevermögen, Fröhlichkeit, Liebreiz, Tapferkeit. Er wollte ähnliches von mir wissen wie Nela, was ich kindgerecht verpackt an ihn weiter gab.

Noch an diesem Tag war das Schlafzimmer komplett in ein zweites Wohnzimmer bzw. den Hauptaufenthaltsbereich verwandelt. Carlisle begutachtete vor dem Schlafen gehen meinerseits noch unser Kind und konnte glücklicherweise nichts Neues berichten. Alles beim Alten, alles normal. Eine Prognose hinsichtlich des Geburtstermins gab er nicht ab. Er behauptete lachend, er würde in Teufels Küche kommen, wenn es dann nicht stimmte.

Alles rückte näher. Alles kam näher, alles ging schneller, hatte ich den Eindruck. Mein Bauch bekam noch mal einen Schub (jetzt war ich mir endgültig sicher, dass ich nicht mehr dicker werden konnte) und allzu lange konnte es nicht mehr dauern. Und etwas anderes bekam auch noch einen Schub: Die Vorfreude. Meine, Edward, die aller. Die Anspannung wuchs. Mir entging nicht, dass Edward zwischenzeitlich einen leeren Blick aus dem Fenster warf und still wurde, doch ich wollte gar nicht auf ihn einreden. Das würde nur das Gegenteil bewirken, so glaubte ich.

„Wir müssen uns Gedanken wegen Weihnachten machen“, sprach Alice wenige Tage vor dem fünfundzwanzigsten an, die gerade ins Zimmer hereinkam. „Vielleicht müssen wir noch größer feiern, wenn wir gleichzeitig auch einen Geburtstag feiern.“ Alice zwinkerte mir zu.

„Abwarten, Carlisle glaubt, dass es eher später ist“, wog ich ab. Ich war in der 38. Woche und die Schwierigkeit würde sich für mich stellen, herauszufinden welcher Schmerz der alltägliche, vermutlich von den Organen herrührende, war und welches Wehen.

„Au ja, wir planen was Tolles und schmücken, ne?“ Nela war aufgesprungen und enthusiastisch zu Alice an den Tisch gelaufen.

„Na macht ihr mal“, sagte ich grinsend und verdrehte die Augen.

„Könntet ihr das unten machen?“, ertönte Edwards Stimme, der mit Carlisle im Schlepptau hereinkam. Ich sah schon an Edwards Miene, dass es um etwas Ernstes ging. Auch Nela und Alice erkannten dies und waren bereits aus dem Zimmer gehuscht. Ich nahm Edwards Hand und streichelte seinen Handrücken. Es tat mir leid, dass ich ihm immer Anlässe gab, so ein Gesicht zu ziehen. Das stand ihm ganz und gar nicht.

Carlisle begann: „Wie ich dir heute morgen gesagt habe, dauert es nicht mehr lange, maximal eine Woche, und wir müssen uns nun Gedanken um die Geburt machen.“

Ich nickte leicht und schwenkte den Blick zu Edward, welcher versunken auf unsere Hände sah.

„Bei einem normalen Kaiserschnitt wird der errechnete Geburtstermin genommen, den wir ja nicht haben, bzw. es werden ersten Eingangswehen abgewartet-“

„Dann machen wir das auch so. Wenn ich die ersten Wehen hab, bereitest du alles vor“, sprach ich rasch dazwischen. Ich hatte das Gefühl, dass ein „aber“ kommen könnte.

„Ich denke es wäre besser, wenn wir einen Termin ausmachen, bevor du Wehen hast“, murmelte Edward mit noch gesenktem Blick.

„Es wäre gesünder für dich, wenn du gar nicht erst Wehen bekommst. Wir können zum Beispiel sagen, dass wir das Kind übermorgen holen“, schlug Carlisle vor.

„Der Schmerz ist wohl kaum schlimmer als der jetzige… und dann ist der Zeitpunkt wenigstens richtig und an denen einer natürlichen Geburt angepasst. Außerdem wird dann ja sowieso alles schnell gehen und ich werde nicht viele Wehen mitbekommen“, sagte ich zu Edward und überhörte Carlisle geflissentlich. Ich hatte noch eine ganz andere Idee, aber ich traute mich nicht sie vor Edward auszusprechen. Er würde rasend werden, dessen war ich mir sicher.

„Wenn du meinst“, sagte Edward nur. Ich runzelte die Stirn. Es war nicht seine Art aufzugeben. Ich drückte seine Hand.

Carlisle warf Edward einen kurzen Blick von der Seite zu und wandte sich dann zu mir: „Möchtest du einen Kaiserschnitt unter Vollnarkose wie letztes mal oder mittels örtlicher Betäubung?“

„Örtliche Betäubung, also dass ich wach bin“, antwortete ich eilig. Ich wollte auf keinen Fall die Geburt „verschlafen“. Es gab keinen Grund zur Furcht, wie bei Nelas Geburt.

Carlisle sah Edward wieder kurz an, welcher weiterhin regungslos neben mir saß. „Bist du damit einverstanden, dass Edward mir wieder assistiert?“

„Ja, natürlich.“ Mir behagte Edwards Verhalten nicht. Er wirkte fremd und fern. Er hatte sich doch die letzten Tage auch so sehr gefreut…

„Esme hat mich gebeten in diesem Zuge dir anzubieten, dass sie bei dir bleibt, während wir die OP durchführen.“

Hatte er wieder Angst, dass ich starb? Eine Angst, die ich gar nicht hegte und er umso mehr? Wie könnte ich ihn nur davon überzeugen, dass alles gut werden würde… vermutlich gar nicht. Ich musste ihm am Tag der Geburt einfach das Gegenteil beweisen.

„Bella?“, erinnerte mich Carlisle an seine Frage.

„Ähm ja“, antwortete ich. Ich hatte Esmes Angebot sehr wohl verstanden. „Das wäre sehr schön.“

Carlisle nickte. „Hast du sonst noch eine Frage?“

„Nein, danke Carlisle“, sagte ich leicht abwesend bzw. ablenkt von Edwards sonderbaren Verhalten.

Carlisle lächelte milde, strich mir kurz mit der Hand an der Wange und verließ den Raum. Edward sah nun auf. „Ich würde kurz mit Jasper und Emmett jagen gehen. Ist das okay für dich?“

„Wenn du mir vorher sagst, was du hast, schon“, forderte ich missgestimmt. Seine Geheimniskrämerei ging mir auf den Keks. Nicht böswillig, aber es tat weh ihn immer wieder so mitzuerleben.

„Kannst du dir das nicht denken?“ Seine Augen wirkten glasig und es lag nur Leid in seinem Gesicht. „Doch scheinbar interessiert es dich gar nicht, dass du vielleicht stirbst und mich hier allein lässt.“

Ich könnte nicht mal meine Entrüstung Preis geben, denn er war bereits verschwunden. Ich legte das Gesicht in die Hände und weinte aus heiterem Himmel. Es würde alles gut werden, alles würde gut verlaufen und wir würden wieder Eltern werden und er, er-

„Carlisle?“, nuschelte ich schluchzend, ehe Nela und Alice wieder hochkommen würden. Warum mussten wir uns ausgerechnet jetzt streiten? Vor einem der schönsten Augenblicke meines Lebens… seines Lebens… unseres gemeinsamen Lebens?

Carlisle kam ruhig herein geschritten und setzte sich auf Edwards Platz. Natürlich hatte er alles mitbekommen. Er streichelte mir übers Haar, während ich leicht nach vorne gebeugt saß und weinte.

„Was ist denn im Moment nur los? Ich habe das Gefühl, er versteht mich gar nicht mehr, er- er-“

„Bella, beruhige dich“, beschwichtigte Carlisle leise. „Wie würde es dir gehen, wenn es im Bereich des Möglichen ist, dass er in absehbarer Zeit sterben könnte?“

Ich sah auf und spürte sofort wie alles in mir rebellierte, allein nur bei dem Gedanken daran. Ich schüttelte den Kopf. „Aber das wird nicht passieren, ich sterbe nicht! Carlisle sag ihm das doch, sag ihm bitte, dass ich nicht sterben werde!“ Meine Stimme klang kreischend.

„Das kann ich nicht Bella, weil es eine Lüge wäre und Edward würde es sofort wissen. Ich kann nicht absehen was passiert.“ Er streichelte mir über den Rücken.

„Warum hab ich das nur gemacht?“, wisperte ich leise. Dieser Gedanke war mir seit langem verborgen geblieben. Die Reue ihn hintergangen zu haben und ein weiteres Kind zu bekommen, hatte ich vor lauter Freude kaum mehr gehegt. Ich wusste, dass ich das Kind so oder so gewollt hätte, doch in solchen Momenten wie diesen kamen mir Zweifel, ob es Edward gegenüber nicht viel zu selbstsüchtig war. Es war uns doch einst so gut ergangen…

„Jasper und Emmett werden ihn aufmuntern, da bin ich mir sicher“, sagte Carlisle noch und dann wurde es still. Carlisle tröstete mich stumm und meine Tränen versiegten langsam.

„Du möchtest doch noch etwas fragen oder? Wegen der Geburt“, sagte Carlisle wissend.

„Ich…“ Jetzt war der ungünstigste Moment für meinen Impuls von eben, den ich mich nicht getraut hatte anzusprechen. Andererseits war der Moment, angesichts dessen, dass Edward nicht in Hörweite war, wiederum auch besonders erschwinglich…

„Frag. Du warst vorhin viel zu passiv und still.“ Er tippte mir auf die Nase.

Wenn Carlisle nur wüsste, was ich fragen würde, würde er nicht darauf pochen, dachte ich. „Ja… ich, also, ich-“ Edward würde es in seinen Gedanken hören, schoss es mir durch den Kopf. Er würde es erfahren. Sollte ich es wirklich ansprechen…? War es das Wert? Ich schluckte. Es war zu verlockend… „Du hast doch gesagt“, begann ich, „dass meiner Form der Plazenta praevia die Platzenta nicht den Muttermund verdeckt, richtig? Weder teilweise noch komplett oder?“

„Das stimmt“, sagte Carlisle ruhig.

„Okay, dann- dann ist-“ Ich keuchte auf und krallte mich reflexartig in die Bettwäsche, als der Schmerz mich übermannte. Ich japste heftig atmend und wand mich wieder „’tschuldigung“ murmelnd Carlisle zu. Ich räusperte mich. „Also. Wenn das so ist, dann ist es doch möglich, dass ich das Kind normal bekomme oder? Ohne Kaiserschnitt“, setzte ich nachdrücklich hinzu.

„Das ist richtig. Unter normalen Umständen wäre das im Rahmen des möglichen“, stimmte Carlisle mir nüchtern zu.

Ich musste es einfach fragen. Ich musste einfach. Ich würde mir später Vorwürfe machen, es nicht getan zu haben. „Und bei mir?“ Ich sah ihm drängelnd in die Augen. „Kann ich- kann ich es normal kriegen? Bitte?“, fügte ich fast flüsternd an.

Ich wollte nichts auslassen. Ich wollte nichts verpassen. Ich wollte von Anfang an, alles, was mit meinem Kind zu tun hatte, mitbekommen.

„Bella, das ist völlig ausgeschlossen. Das werde ich niemals tun. Eine natürliche Geburt verkraftest du in keinem Fall. Schlag dir das bitte aus dem Kopf“, sagte er sanft, aber bestimmt.

Ich nickte. Das wusste ich, aber ich hatte es ansprechen müssen. Ich bereute es schlagartig, da Edward es nun mitbekam. Aber ich hatte nicht anders gekonnt. Wieder mal konnte ich nicht widerstehen… standhalten…

Carlisle lächelte milde. „Bella, es ist auch für das Kind besser, wenn du überlebst, findest du nicht?“

Ich sah wortlos auf die Bettdecke. Natürlich. Ein Kind brauchte Mutter und Vater. Aber ich wollte doch alles richtig machen und von Anfang an nichts mit meinem Kind versäumen…

Er strich mir über den Arm und stand auf, „Ich hole Alice und Nela. Sie planen scheinbar die Weihnachtsfeier des Jahrhunderts…“

Carlisle lehnte die Tür hinter sich an.

Nach feiern war mir gar nicht zumute. Ich wollte Edward sehen, ihm sagen wie leid es mir tut, dass er immer zurückstecken muss und mich dann mit ihm versöhnen – wenn er das noch mal konnte.

Alice und Nela kamen herein. Alice platzierte sich im Schneidersitz und einem, zwangsläufig dekorativen, Schreibblock, neben mir aufs Bett. Nela hockte sich auf die Couch.

„Wir haben überlegt-“

„Sollen wir das später besprechen?“, fiel Alice Nela ins Wort. Nela sah verdutzt von Alice zu mir, wie ich im Augenwinkel wahrnahm. Ich hob den Kopf und versuchte den leeren, trüben Blick aus meinem Gesicht zu wischen.

„Nein, nein ist schon okay.“ Ich zwang mich zu einem Lächeln. Vielleicht hob das meine Stimmung. „Was habt ihr euch überlegt?“ Ich schaute zu Nela.

„Äh, also…“ Sie warf einen verwirrten Blick zu Alice, die jedoch nichts entgegnete. „Wir dachten, dass wir ein kleines, ganz schnelles Frühstück machen und dann erst Bescherung. Wir glaubten nicht, dass ihr zwei das gänzlich ohne Frühstück durchhaltet“, erklärte Nela grinsend. „Alice und ich dekorieren alles. Baum, Lichter- na ja alles eben.

„Da brauchst du dir auch gar keine Gedanken machen“, wand Alice ein, „wir-“

Ich wurde abgelenkt, als Emmett hereinkam. So rasch? Waren sie wieder da? Er setzte sich zu Nela auf die Couch, legte gespielt genüsslich die Füße aufs Bett und den Arm um Nela.

Alice hatte ihren Redefluss längst beendet, während ich Emmett beobachtet hatte. Emmett sah, irritiert von der plötzlichen Stille, kurz zu Nela und fing dann meinen starren Blick auf.

„Ist er wieder da?“, fragte ich mit trockenem Hals.

„Nein“, erwiderte Emmett langsam. „Das soll Jasper regeln, ich halte mich da raus. Mit so einem Stinkstiefel macht das keinen Spaß.“

Er grinste Nela an, dann mich.

„Du hast aber nicht viel getrunken oder?“ Nela strich ihm mit den Fingern ums Auge.

„Man sieht den doofen Rotstich immer noch, ich weiß“, grummelte er. „Wird gar nicht so einfach sich deinem Braten zu entziehen.“

Ich verstand nicht, als er mich breit grinsend ansah. Er half mir auf die Sprünge und nickte zu meinem Bauch.

„Du- also- ich-“, stotterte ich einen Hauch ängstlich.

„War ein Scherz, Bella.“ Emmett verdrehte die Augen. „Ich kann mich beherrschen. Man fängt nicht von vorne an, wenn man einmal rückfällig“, er räusperte sich, „geworden ist. Aber man setzt an einem anderen Level an.“

„Bist du fertig?“, fuhr Alice genervt dazwischen. „Können wir weiter besprechen?“

Ich wand mich Alice zu, sodass sie fortfuhr: „Super. Na dann, also… nach der Bescherung gibt es ein gemeinsames Mittagessen-“

„Wie-“, fiel Emmett Alice mit aufgerissenen Augen ins Wort und sah dann noch entgeisterter aus, als er ihr freches Grinsen deutete. „Oh nein- nein Alice- das-“

„Oh doch. Es ist Weihnachten, Emmett. Glaubst du, wir lassen Bella alleine am großen Tisch sitzen und wir schauen zu?“

Jetzt fiel der Groschen auch bei mir. „Das ist nicht nötig Alice-“

„Papperlapapp.“ Alice winkte mit der Hand ab.

„Das ist wirklich nicht nötig“, griff Emmett meine Wortwahl auf. „Damals bei Bella im Haus-“, er schüttelte sich, „das war der Horror. Nichts für Ungut Bella“, sagte Emmett zu mir.

„Das ist schon beschlossene Sache Emmett“, entgegnete Alice strikt und notierte etwas unnötigerweise auf ihrem Block.

„Aber-“ Emmett brach ohne – mir zumindest – ersichtlichen Grund ab.

„Papa ist wieder da“, offenbarte Nela mir ehrlich.

Ich atmete nickend tief durch. „Ich würde gerne mit ihm reden“, sagte ich nur – als Appell für die drei zu gehen und als Mitteilung an Edward.

Doch kaum hatte ich den Satz beendet, war Edward bereits durch die Tür geschritten. Dort blieb er auch stehen. Er hielt Alice, Emmett und Nela die Tür auf und schloss diese, nachdem sie hindurchgehuscht waren.

Ich hatte keine Zeit mehr mich großartig zu sammeln oder irgendwie auf ein Gespräch bzw. die erhoffte Versöhnung vorzubereiten. Es machte mir Angst, dass Edwards Gesicht hart und undurchdringlich war. Er kam zu mir herüber und setzte sich steif auf das Sofa.

„Warum tust du mir das an?“, war das erste, was seine Lippen verließ. Herz zerreißend, leise, flehend. Ich schluckte innerlich.

„Wie kannst du nur an so etwas ernsthaft denken?“

Mir wurde klar, dass er nur die natürliche Geburt meinen konnte. Ich hatte, sobald ich es Carlisle gegenüber ausgesprochen hatte, gewusst, dass es ein Fehler war zu fragen – und jetzt bekam ich die Quittung.

„Ich- ich wollte nur- es war nur eine Frage-“, verhaspelte ich mich nervös.

„Bella, du verstehst gar nichts!“, wurde er laut, sodass ich zusammen zuckte. „Du verstehst nicht, worum es hier geht oder? Weißt du wie das alles auf mich wirkt?“ Er pausierte, sah mich mit einem durchdringend besorgten, aber strengem Gesicht an und fuhr leiser fort: „Als würdest du das absichtlich machen. Als würdest du um alles in der Welt dieses Kind gesund zur Welt bringen wollen, ganz gleich, was mit dir geschieht.“

„Das stimmt doch nicht-“ Stimmte es?, fragte ich mich gleichzeitig.

„Doch tut es! Von Anfang an wusstest du, dass das lebensgefährlich ist und von Anfang an, haben nur Carlisle und ich uns darüber Gedanken gemacht-“

„NEIN!“, schrie ich dazwischen, um mir Luft zu verschaffen, ehe er sich immer weiter verstrickte. „Du verstehst gar nichts! Glaubst du wirklich, ich versuche mich absichtlich umzubringen?! Und dir damit weh zu tun?!“, wurde mir klar. Ich entging dem kreischenden Unterton nicht.

„So wirkt es Bella! Genauso! Ich tue die Nächte nichts anderes, als im Kopf durchzugehen, wie ich dich verdammt noch mal retten kann, wenn- wenn-“

Ich konnte die Tränen nicht zurückhalten. Ich blieb einfach halbsitzend liegen und legte die Hände vors Gesicht.

„Du freust dich gar nicht über das Kind“, nuschelte ich unter vorgehaltener Hand. „Du hast nur aus Mitleid eingewilligt. Es ging dir niemals um unser Kind. Du wolltest nur, dass ich Ruhe gebe…“, warf ich ihm haltlos vor.

„Du spinnst doch“, murmelte er außer sich, stand auf und schritt zur Tür.

Die Tränen quollen unaufhaltsam hervor. Wie konnte es nur so eskalieren-? Ich schluchzte laut und verschluckte mich. Bald wird unser Kind geboren, meins wie seins. Und ich dachte wir hatten uns, nach allem was ich getan hatte, letztlich gemeinsam dafür entschieden. Ein Trugschluss.

Ich sah über meine Hände auf, als ich bemerkte, dass Edward noch nicht aus dem Zimmer gegangen war. Er stand mit gesenktem Kopf vor der Tür und hatte die Hand an der Türklinke. Ich beobachte ihn nahezu stumm. Er ließ die Hand sinken. Sein Haupt immer noch geneigt. In selbiger Haltung kam er zurück und setzte sich dorthin, wo er auch gerade Platz genommen hatte – allerdings rutschte er näher ans Bett, an mich, heran.

„Es tut mir leid, Bella. Ich wollte dich nicht aufregen, nicht- nicht jetzt.“ Er sah mit gequältem Gesicht auf. „Ich verlange, dass du dich schützt und werfe dir so etwas an den Kopf, sodass du weinen musst.“ Nachdem er von der Couch geglitten und sich neben das Bett gekniet hatte, nahm seine Hand meine Hände vom Gesicht weg und küsste jede Fingerspitze. „Du trägst auch mein Kind, unter diesen Umständen, aus, dafür sollte ich dir dankbar sein und dir keine Vorwürfe machen.“

Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, ohne Gefahr zu laufen, etwas Falsches zu sagen und versuchte stattdessen meinen zitternden Atem unter Kontrolle zu bekommen.

„Ich will mich nicht mit dir streiten“, gestand er. „Jetzt schon gar nicht, bald kommt unser Sohn zur Welt.“ Ganz langsam hoben sich seine Mundwinkel.

Ich konnte ihn verstehen. Doch wirklich, ich kannte diesen inneren Druck, den zwei konträre Gefühle verursachten. Es tat weh und ließ einen die Beherrschung verlieren. Umso mehr war er zu bewundern, dass er sich so schnell wieder gefasst hatte.

„Ich will mich auch nicht mit dir streiten“, krächzte meine bröckelnde Stimme.

Ganz zärtlich berührten sich kurz unsere Lippen, als er sich zu mir beugte.

„Ich verspreche dir etwas“, er krempelte die Bettdecke ein Stück herunter und küsste meinen prallen Bauch, „und dir auch. Ich werde mich auf die Geburt freuen, denn das tue ich wirklich, und ich werde es dir zeigen, und dir keine Vorwürfe machen. Ich werde dir Glauben schenken, dass alles gut wird-“

„Das schaffst du nicht“, sagte ich schmunzelnd und streichelte sein Gesicht herauf, bis ich durch sein Haar fuhr. „Und dafür liebe ich dich.“

„Ich werde es versuchen“, flüsterte er mit einem schiefen Grinsen und seine Lippen näherten sich meinen. Ich hielt ihn zurück. Er sah mich wartend und interessiert an.

„Und ich werde vorsichtig sein, mir keine Dummheiten überlegen und dir keinen Grund mehr geben, zu glauben, dass ich sterben könnte.“

Er lächelte nickend, doch ich erkannte den Schmerz und die lodernde Angst in seinen Augen. Ich wusste, dass ich ihm niemals die Sorge nehmen konnte und darum schätze ich das, was er hier tat, so sehr. Er versuchte mich zu beruhigen, obgleich er selbst es längst nicht war.

Ich zog ihn am Hinterkopf näher zu mir heran, er würde es niemals gutheißen, wenn ich mich hochschieben würde und somit fing ich direkt mit meinem Versprechen an, und berührte seine Lippen. Das war der schönste Kuss den es auf der Welt gab: Ein Versöhnungskuss. Die wohl innigsten, sanftesten, begehrtesten.

„Gehst dir gut, so kurz davor?“, wollte er wissen, als er seine Lippen von meinen hob. Er legte die Hand, über die meinige, auf meine Kugel, die mir das Gefühl gab Rand voll zu sein und fast zu platzen.

„Sehr gut. Er macht es mir leicht und ist ganz still. Als wartet er auch einfach nur“, sagte ich.

Edward erwiderte mein sanftes Lächeln und schob mein Oberteil hoch, sodass seine Lippen – ganz vorsichtig und mit Stolz in den Augen – meine Bauchdecke berührten und tausend Küsse sie benetzten. Er hielt auf einmal ruckartig inne und machte große Augen. Er rührte sich keinen Millimeter. Sein Gesicht verharrte Zentimeter über meinen Bauch; den Blick geradeaus.

Ich hob den Kopf und sah Edward erschrocken an. Was- was war-

„Edward?“, formten meine trockenen Lippen. War etwas mit dem Kind? Hatte er irgendwas gehört? Oder war irgendetwas im Haus?

„Ich- ich-“ Edwards Blick schien weit weg zu sein.

Ich hob die Augenbrauen. Stottern sah ihm ganz und gar nicht ähnlich. „Edward?“, forderte ich ihn wieder zum sprechen auf. Nun jedoch mit festerer Stimme.

Er wandte den Kopf zu mir, doch sein Ausdruck wirkte nicht angsterfüllt. „Bella- ich, ich kann ihn hören.“ Er deutete mit den Augen auf meinen Bauch.

„Du- du meinst-“

„Ja, seine Gedanken.“ Edward wand den Kopf ehrfürchtig meinem Bauch zu.

„Und? Sagt er was? Ich meine- was sagt er?“, drängelte ich. Er konnte seine Gedanken hören? Obwohl er das bei Nela nicht konnte? Wie bei mir auch?

„Er- es ist schwierig… ich höre keine Worte…“ Er kniff angestrengt die Augenbrauen zusammen. „Es ist mehr die Stimmung, wie ein Surren, Gefühle, Affekte…“

Er schloss kurz konzentriert die Augen. „Er-“ Er grinste plötzlich breit.

„Was? Sprich bitte“, forderte ich.

Er schüttelte abgehakt den Kopf. „Nela ist ganz aufgeregt und möchte unbedingt dazukommen und die anderen halten sie ab, weil sie uns den Moment gönnen wollen“, erklärte er.

Ich grinste auch und streichelte ihm über den Kopf. „Lassen wir sie dazu kommen“, beschloss ich und hob die Stimme, da Edward nicht protestierte: „Ne-“

Mir nichts dir nichts, hockte sie links neben mir auf der anderen Seite meines Bauches. Erwartungsvoll biss sie sich auf die Unterlippe und ließ den Blick zwischen Edward und mir hin und her schweifen.

„Es ist schließlich auch dein Brüderchen, nicht wahr?“, murmelte ich zur ihr. Nela erwiderte mit einem Kuss auf meine Wange.

„Was hörst du?“, drängelte sie, nachdem sie mir noch einen warmherzigen Blick, voller Vorfreude, zugeworfen hatte.

„Jetzt geht es ihm besser“, übersetzte Edward. „Er war gerade sehr bedrückt, als du geweint hast, aber jetzt ist ihm wohler. Er kuschelt sich an dich.“

Ich legte die Hand unterhalb meines Bauches und streichelte ihn. Dir soll es gut gehen, immer, dafür werde ich sorgen, flüsterte ich in Gedanken.

Edward richtete sich irritiert auf. „Jetzt ist es weg. Ich höre nichts mehr, wie bei Nela und dir. Stille.“ Er machte ein angestrengtes Gesicht. „Nichts.“

Ich zog die Augenbrauen zusammen. „Nichts…? Einfach… gar nichts, auf einmal?“

„Ja“, er grinste, „wenn das so ein Willenskind ist, so ein vom Willen gesteuertes Kind wie du, dann sollte es lieber bleiben wo es ist“, lachte er und Nela und ich stimmten mit ein.

„Du meinst er könnte es- es war sein Wille- er wollte, dass du nichts hörst- er-“, stammelte ich. „Die Verwandlung- wenn das wie bei mir ist- wie wir uns das bei Nela gedacht hatten-“

Mir wurde schlecht. Innerlich, geistig. Hieß das- nein das durfte nicht heißen, dass ich mein Kind nicht sehen durfte. Nein- Mein Atem schnellte automatisch.

„Schhh“, machte Edward und fuhr mit den Fingern über meine Wange. Natürlich bemerkte er meine Aufregung. „Das ist, wie wir seit den Volturi wissen“, Nela und ich zuckten merklich zusammen, obgleich es so lang her erschien, „eine Entwicklungssache und hat nichts damit zutun. Obwohl deine Rückverwandlung zu einem unsterblichen Menschen auch etwas ist, dass nur durch den Willen vollbracht wurde…“, überlegte er.

Ich sah ihn mit aufgerissenen, beinahe tränenden Augen an. Ich sollte wieder- mein Kind- das durfte nicht- niemals- bitte-

„Andererseits kann es in diesem Stadium niemals so willentlich denken und handeln und seine Gefühle vor mir vereiteln wollen. Das ist ausgeschlossen. Ihr tut das ja auch nicht willentlich…“ Edward warf mir einen besorgten Blick zu, als ich mich kaum beruhigte. „Entschuldige, vergiss was ich gesagt habe. Ich wollte dich nicht ängstigen.“

Ich nickte zwar, doch schlang Besitz ergreifend die Arme um meinen Unterleib. Dich gebe ich niemals her, niemals. Das konnte ich nicht. Ich wagte gar nicht darüber nachzudenken, was wäre, wenn ich auch ihn knapp zwei Jahrzehnte nicht sehen dürfte, wenn es seinem Schutz dienen würde-

„Bella, es wird nichts passieren. Keine Sorge, du musst dich nicht von dem Kind trennen, wie wir wissen. Wir warten einfach ab, hm?“, sagte Edward zur Güte und gab mir einen Kuss auf die Wange.

Warten… ja, allzu lange war es nicht mehr…
 

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Würde mich über kommis wie immer freuen :):):)



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Kommentare zu diesem Kapitel (11)
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Von:  jennalynn
2011-10-20T08:05:07+00:00 20.10.2011 10:05
Sie ist vollkommen IRRE
Eine normale Geburt, JA KLAR warum nicht.
Ist sie Lebensmüde, oder will sie alle mit Absicht Sorgen machen.
Sie kann kaum eine Stunde ohne Schmerzen erleben und will ne normale Geburt.
Kein Wunder das Edward der Kragen platzt.
Von:  Laina_23
2010-04-02T18:06:44+00:00 02.04.2010 20:06
Die letzten drei Kapitel waren wieder echt super...

Freue mich schon auf das nächste...

LG Laina_23
Von: abgemeldet
2010-04-01T21:48:26+00:00 01.04.2010 23:48
Ok, das muss ich jetzt erst einmal alles verarbeiten.
Warum will Bella eine normal Geburt?!? - ist sie irre!! Bei den ganzen Aufregungen in den letzten Wochen kann sie das doch nicht ernst gemeint haben! Nee, Nee, Nee... ;)
Dass Edward mal der Kragen platzt, war vielleicht gar nicht so schlecht. Ich bewundere seine Stärke eh schon die ganze Zeit. Er macht sich ja wirklich riesige Sorgen um Bella. Was wenn sie bei der Geburt stirbt? Das wäre das Schlimmste, was passieren kann.
Aber, das wirst Du in keinem Fall zulassen!!! WARNUNG an Dich! Lass Bella nix passieren - ich wäre unheimlich traurig.
Bin echt gespannt auf das nächste Kapitel - da müsste ja die Geburt kommen...Oh, oh...
LG
Von: abgemeldet
2010-03-29T14:12:09+00:00 29.03.2010 16:12
*kreischend auf und ab hüpf*
toll toll toll und wieder nicht toll. bella will eine normale Geburt und das wo es ihr eh schon nicht gut geht? krass.
und das mit dem sohn erst. vielleicht kann er ja auch steuern, ob edward seinen gedanken hören kann oder nicht. das ist so spannend.
bitte schreib schnel weiter.
Von: abgemeldet
2010-03-29T09:48:38+00:00 29.03.2010 11:48
echt super kapi
freu mich schon sehr aufs nächste
Von: abgemeldet
2010-03-28T22:28:00+00:00 29.03.2010 00:28
Schönes Kapitel.
Mach weiter so.
Liebe Grüße
Von:  Yuki_Salvatore
2010-03-28T22:26:35+00:00 29.03.2010 00:26
ich denke auch das es total beschissen wäre wenn sie ihren sohn auch nicht sehen darf <,< dann wäre ja das alles echt fürn arsch gewesen was alle mitmachen mussten v.v

hach die szene wo ed seinen sohn hören kann *feuchte augen bekommz* sowas mag ich ja total XD

bin echt mal gespannt wie das alles über die bühne gehen wird und obs probleme bei der geburt gibt...was ich nicht hoffe v,v
Von:  sabbs
2010-03-28T20:47:12+00:00 28.03.2010 22:47
bin voll gespannt wie es weiter geht *spannend* =)
Von: abgemeldet
2010-03-28T18:09:16+00:00 28.03.2010 20:09
typisch bella das kann ja nur ihr einfallen, eine normale geburt?!? sie hat sie doch nicht mehr alle!!!!
war ja klar das edward das nicht gut findet und ihr die meinung sagt.
und es freut mich das edward den kleinen hören konnte wie es ihm geht hoffentlich geht die geburt gut über die bühne.....

war wieder ein super kapi lg kleine
Von: abgemeldet
2010-03-28T17:29:18+00:00 28.03.2010 19:29
omg bella hatt eindutig einen lattenschuss !!!
lG Bella_Edward_


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