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Eternal Mind

Lass mich nie mehr los
von

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Wieder zu Hause?

Einige Zeit bevor Ruputna und Jatzieta an der Stelle eintreffen sollten, war Landis dort gerade damit beschäftigt, wieder zu Atem zu kommen. Der Aufprall hatte ihm sämtliche Luft aus den Lungen gepresst, sein Rücken fühlte sich an, als wäre er gerade durch eine Mangel gedreht worden. Aber während er sich vor Schmerzen wand und dabei immer wieder hustete, stellte er fest, dass er nicht ernsthaft verletzt zu sein schien – aber vor allem, dass er noch lebte.

Vorsichtig öffnete er die Augen und hoffte dabei, dass er nicht in den Schlund eines Monsters sehen würde – oder gar in mehrere.

Sein verschwommener Blick wurde nur langsam schärfer, während gleichzeitig die Schmerzen nachließen und ihm wieder erlaubten, sich noch mehr zu bewegen. Als er allerdings wieder etwas sehen konnte, stand ihm gar nicht mehr der Sinn danach, sich zu bewegen. Stattdessen starrte er ungläubig den Himmel an. Auf dem blauen Grund bewegten sich einige Wolken, was an und für sich nichts Besonderes war – wenn man davon absah, dass sie zu glühen schienen. Sie waren nicht einfach weiß, es war, als ob sie von innen heraus beleuchtet werden würden.

Es war ein wundervoller und gleichzeitig angsteinflößender Anblick. Doch bei ihm löste es keines der beiden Gefühle aus. Er kannte es bereits sein ganzes Leben, doch hätte er nie geglaubt, es je wiedersehen zu können. Es nun doch zu tun war gleichermaßen unwirklich als auch erfüllend. Wie ein Traum, über den man nach dem Erwachen noch nachdachte.

Langsam setzte er sich auf, um den protestierenden Knochen nicht zu viel Anlass dafür zu geben. Er betrachtete den Untergrund auf dem er saß. Es war eine jener Pflanzen, die so sehr mit Wasser angefüllt waren, dass sie äußerst nachgiebig waren – oder so ähnlich. Im Biologie-Unterricht hatte er nie sonderlich aufgepasst. Da war jemand gewesen, der ihn auch immer wieder darin bestätigt hatte, dass es nicht notwendig war. Wer war das nur gewesen?

Bislang jedenfalls war er dieser Pflanze nur in seiner Heimatwelt begegnet, noch nie irgendwo anders. In Verbindung mit den Wolken würde das bedeuten...

So schnell wie möglich krabbelte er zum Rand der Pflanze und sprang auf den Boden hinunter. Der Schmerz fuhr in sein Bein und ließ ihn leise aufstöhnen. Möglicherweise waren seine Knochen doch mehr mitgenommen, als er bislang gedacht hatte. Besser wäre es, wenn Jatzieta sich das mal ansehen würde.

Von einem plötzlichen Gedanken beseelt, sah er sich hastig um. Nur wenige Meter entfernt konnte er den riesigen Monobe erkennen, der einen Großteil des Waldes unter sich begraben hatte. Er legte den Kopf in den Nacken, um hinaufzusehen. Ihm wurde schwindelig, als ihm auffiel, wie weit entfernt die Schule war und ihm klar wurde, wie tief er gefallen war. Es war wirklich ein Glücksfall gewesen, dass sich die Pflanze genau an dieser Stelle befand. Dass es mehr als nur Glück sein könnte, darauf kam er in dem Moment gar nicht.

Nun stand er vor einer Entscheidung: Er könnte versuchen, wieder hinaufzukommen oder sich weiter umsehen, nur um sicherzugehen, dass er wirklich dort war, wo er sich selbst vermutete.

Allerdings würde Ruputna sich doch sicher Sorgen um ihn machen. Aber wenn er nicht zu weit laufen würde... er würde ja gar nicht lange wegbleiben...

Die Neugier gewann schließlich die Oberhand und trotz den Schmerzen in seinem Fuß lief er los. Ein Pfad zeigte ihm den Weg, den er nehmen musste, um zu einer Stadt oder zumindest einer Siedlung zu kommen.

Nach wenigen Schritten blieb er an einem Ast hängen, doch ohne groß nachzudenken riss er sich los und lief weiter – ohne darauf zu achten, dass er dabei seinen Schal verlor.

Rastlos ging er weiter.

„Wo willst du hin?“, hörte er plötzlich sein Shinjuu Eneko in seinem Inneren fragen.

Ich will mich nur ein wenig umsehen.

„Die anderen machen sich Sorgen um dich“, gab sie zu bedenken.

Als Nekomata, die mit Geistern in Kontakt treten konnte, wusste sie so etwas natürlich, aber dafür hatte er nun keine Zeit.

Ich haue ja nicht ab, ich will mich nur umsehen.

„Du denkst, du bist wieder zu Hause?“

Er antwortete nicht, aber alles deutete darauf hin. Die Wolken, die Pflanze, das allgemeine Gefühl – es war alles so, als wäre er wieder daheim, auch wenn das nicht möglich sein dürfte. Oder?

Als er seine Welt verlassen hatte, war sie kurz vor dem Untergang gestanden, aber ob sie dann wirklich zerstört worden war? Das konnte er nicht wissen.

Vielleicht hatte sie sich wieder erholt und seitdem wunderten sich alle, wo er geblieben war.

Dann würde er bald alle wiedersehen, die er kannte, auch seine Mutter und...

Ein Anflug von schlechtem Gewissen überkam ihn. Allerdings war er sich nicht ganz sicher, wem dieses galt. Ruputna oder der Person, die er in den letzten Monaten verdrängt hatte. Wenn sie auch noch leben würde, wie sollte er ihr dann unter die Augen treten?

Aber zuerst einmal musste er herausfinden, ob seine Vermutung überhaupt der Realität entsprach.

Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, als er endlich aus dem Wald hinaustrat. Von seiner Position aus konnte er jede Menge bewachsene Hügel überblicken. Er kannte diese Aussicht, früher hatte er sie oft bestaunt, wenngleich vielleicht auch von einem anderen Punkt aus. Aber sie sah von beinahe überall gleich aus, kam es ihm vor.

In einiger Entfernung entdeckte er eine kleine Stadt, die der aus seiner Erinnerung äußerst ähnlich sah, nein, er war sich sogar todsicher, dass es sich um ein- und dieselbe handelte. Die vielen kleinen Häuser tummelten sich um ein großes Anwesen, das wieder an einen Wald grenzte. Es war alles genau wie in seiner Heimat.

Da kam ihm ein anderer Gedanke: Vielleicht befand er sich nicht in seiner Welt, sondern einer, die seiner nur unheimlich ähnlich sah. Laut Salles entstanden oft Welten, die sich aneinander ähnelten und sich nur durch Kleinigkeiten voneinander unterschieden.

Aber im Moment war ihm das egal, solange er alles wiedersehen konnte, was er bislang so vermisst hatte.

Aufgeregt lief er auf die Stadt zu. Auf der breiten Hauptstraße herrschte lebhaftes Treiben, während Händler gerade damit beschäftigt waren, ihre Stände abzubauen. Dabei unterhielten sie sich lachend, nicht über die Arbeit, sondern über ihre Familien und was man nun nach Feierabend noch machen wollte. Offenbar war der Markt für diesen Tag bereits vorbei.

„He, Landis!“

Er hielt inne, als er seinen Namen hörte und wandte sich der Person zu. Den gutmütigen bärtigen Mann, der als Fleischer fungierte, erkannte er sofort. „Herr Cammas~“

Der Mann lachte amüsiert. „Du tust ja so als ob wir uns seit Wochen nicht mehr gesehen hätten, dabei ist es gerade mal drei Tage her.“

War er etwa doch in einer Welt gelandet, die seiner nur ähnlich war? Oder war hier weniger Zeit vergangen als für ihn? Das war immerhin auch möglich.

„Mir kommt es wie Monate vor“, gestand Landis.

Cammas lachte noch einmal. „Deine Mutter war schon ganz besorgt um dich, du solltest dich beeilen. Wo rennst du auch immer herum?“

Landis lächelte verlegen. Was sollte er auch sagen? Dass irgendjemand, dessen Identität er nicht kannte, ihn woanders hinverfrachtet hatte und er seitdem mit anderen Wildfremden durch die Gegend zog, um einen Kerl namens Rogus zu suchen? Nein, das hätte nur zu noch mehr Fragen geführt.

Cammas schien allerdings keine Antwort zu erwarten, denn er fuhr bereits fort: „Wir dachten schon, du wärst wieder mal mit Brant unterwegs, aber der war ja im Gegensatz zu dir zu Hause.“

Brant~

Wie hatte er ihn nur vergessen können? Womöglich war es mehr ein Verdrängungsmechanismus gewesen, aber dennoch... seinen besten Freund zu vergessen war nicht unbedingt die feinste Art.

„Aber deine Mutter wird sich freuen, dich wiederzusehen. Beeil dich lieber.“

Landis nickte. „Ja, gute Idee~“

Er winkte dem Mann noch einmal zu, dann lief er weiter. Seine Füße trugen ihn automatisch die Straße entlang in Richtung seines alten Zuhauses. Es gab also die Möglichkeit, dass es wirklich seine Welt war – oder der Landis dieser Welt war einfach nicht hier, was auch ganz praktisch gewesen wäre, denn so könnte er dessen Platz einnehmen. Zumindest für eine Weile, nur so lange, bis die anderen Shinkenträger ihn abholen würden. Das würde ihm doch gegönnt sein, oder?

Nur ein paar Stunden.

Vor seinem ehemaligen Haus blieb er wieder stehen. Genau wie alles andere sah es exakt so aus wie er es in Erinnerung hatte. Langsam lief er auf die Eingangstür zu. Fast fürchtete er, dass das Haus einfach verschwinden würde, je näher er ihm käme. Doch es blieb selbst, als er den Türknauf berührte, was ein gutes Zeichen war.

Er öffnete die Tür und trat in den halbdunklen Raum. Die Fensterläden waren geschlossen, so dass nur wenig Licht ins Haus fiel, er kannte es gar nicht anders und eigentlich gefiel es ihm so auch. Das Licht wirkte so um einiges eindrucksvoller als wenn es die Reize überflutete.

Der Geruch, der ihn erfüllte war so vertraut, dass ihm Tränen in die Augen traten. Hastig fuhr er sich mit dem Arm darüber.

Die Bodenbretter knarrten unter seinen Füßen und erweckten so manche Erinnerung, die allerdings unvollständig blieb. Ein wichtiger Teil fehlte bei all diesen Augenblicken und konnte durch nichts wiederhergestellt werden.

Salles hatte einmal gesagt, dass eine Erinnerung, die einmal auf diese Art und Weise verändert war, nie wieder zu dem wurde, was sie davor gewesen war. Landis befürchtete, dass der Brigadeführer auch dieses Mal recht behielt, auch wenn ihm das gar nicht gefiel. Warum konnte er sich nie irren, wenn es mal darauf ankam?

Langsam durchschritt er den Raum, bis er ein leises Schluchzen hören konnte. Es war ihm vertraut, es konnte nur einer Person gehören.

Er ging auf den Durchgang zu, der in einen anderen Raum führte. Es gab keine Tür, aber für den Wohnbereich war das auch nicht nötig, seine Familie hatte nichts voreinander zu verstecken gehabt.

Eine Frau mit rotblondem Haar saß am Tisch. Sie schluchzte leise, während sie sich immer wieder über die Augen fuhr, um die Tränen wegzuwischen.

Der Anblick zog seine Brust zusammen. Vergessen waren Ruputna und die anderen Shinkenträger, die Zeit, die er in anderen Welten verbracht hatte. Nun zählte nur noch diese Frau, die sich hier vor seinen Augen ihren Kummer von der Seele weinte.

Als sie ihn bemerkte, hielt sie inne und hob den Blick, um ihn anzusehen. Er brach den Augenkontakt nicht ab, legte aber eine Hand auf sein Herz, während sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht auszubreiten begann.

Er sagte nur einen Satz, aber dieser genügte, um ihre Augen wieder zum Strahlen zu bringen: „Mama, ich bin zurück.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  LeanaCole
2010-04-02T13:12:04+00:00 02.04.2010 15:12
Ich muss ja sagen, dass es so typisch Landis ist, dass er nicht merkt, dass er seinen Schal verloren hat XD
Und Helle ist er ja auch nicht. Er merkt selber, dass er eine scheinbar wichtige Person vergessen hat. Aber wieso kommt er nicht auf die Idee, dass es sich um einen Eternal handeln könnte und sich deswegen nicht erinnern kann? Denn nur eine Person zu vergessen, aber alles andere zu wissen, ist doch nichts Normales XD

Während des Lesens hat sich mir eine Frage aufgetan. Wieso reist Landis überhaupt mit der Gruppe? Er hat ja eigentlich nichts mit ihr gemein und wurde gewissermaßen in den Kampf gegen Sarosh gedrängt, ohne das er wirklich dazugehörte XD
Sicher liebt er Rupu, aber wieso bleibt sie bei der Gruppe? Und wieso hat Landis sie nicht gefragt, ob sie nicht woanders hin wollen? Ist Landis auch hier nicht Mann genug, um sich gegen Rupu zu stellen?
Nur mal ne Anmerkung am Rande. Vielleicht ist es meine Schuld, weil ich Landis in die Gruppe gezogen habe XD
Aber damals lebte ja noch Sharivar und Landis wollte Rache für seine zerstörte Welt. Ich hatte mir aber nie überlegt, ob er am Ende wirklich bei der Gruppe bleibt oder nicht... die Entscheidung hast du mir ja abgenommen XD
Gut, es liegt doch an mir XD

Salles hatte einmal gesagt, dass eine Erinnerung, die einmal auf diese Art und Weise verändert war, nie wieder zu dem wurde, was sie davor gewesen war.
Also das verstehe ich absolut nicht. Liegt aber wohl an meiner Doofheit XD
Jetzt nicht von der Satzstellung, sondern der Sinn des Satzes. Auf welche Art und Weise verändert wurde? Was meint Salles damit? XD

Na ja. Sonst habe ich nichts zu sagen, denke ich. War hübsch mal ein reines Landis-Kapi zu lesen. Ist auf jeden Fall mal was Neues :3


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