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110 HP-OS - Impossible?

von

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Frühling

Scorpius lag im Gras und genoss die Sonnenstrahlen, die auf ihn hinab schienen. Endlich war Frühling und die Kälte ebbte ab. Er hatte zwar nichts gegen Kälte, aber deswegen war sie ihm trotzdem nicht lieb. Viel zu oft war er bereits in den Kerkern der Kälte ausgeliefert.

Plötzlich ergoss sich eiskaltes Wasser über ihm und er riss entsetzt die Augen auf. Da entdeckte er Rose Weasley.

Er setzte sich auf und blickte an sich herunter. Alles an ihm war nass. Und zwar pitschnass. Sein weißes Hemd war sogar schon durchsichtig geworden. Diese verfluchte Weasley! Wie er sie doch hasste. Warum konnte sie ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Immerzu musste sie ihm irgendwelche Streiche spielen. Das war wahrscheinlich der schlechte Einfluss ihrer Familie.

Er rümpfte die Nase, zog sich das Hemd über den Kopf aus und blickte sich dann nach Rose um. Weit konnte sie ja nicht sein. Das würde Rache geben, so wahr er hier stand.

In seiner Nähe hörte er ein Kichern. Er drehte sich um und sah ihr rotes Haar im Wind flattern. Sie hatte sich hinter einem Baum versteckt, aber der Wind hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht – und natürlich auch ihre Lautstärke.

Langsam näherte er sich dem Baum. Als er kurz davor stand und die Chancen gut waren, dass er sie noch fangen konnte, wenn sie weglief, rief er: „Nettes Versteck, Rose. Darf ich mich denn nicht einmal bei dir für die Dusche bedanken? Wirklich schade.“

Rose kicherte wieder und rannte dann los. Allerding beging sie den taktischen Fehler zu versuchen an ihm vorbeizulaufen. Scorpius holte sie nach wenigen Schritten ein und nahm sie in die Mangel.

„Na, Rose? Wollen wir vielleicht ein wenig schwimmen gehen?“, flüsterte er ihr süffisant ins Ohr. Dafür, dass sie verdammt gute Noten schrieb, schien sich ihre Intelligenz sonst in Grenzen zu halten. Wieso sollte jemand wie sie anderen sonst solche lächerlichen Streiche spielen? Scorpius verstand es einfach nicht. Aber Rose hatte sich über die sechs Jahre, in denen sie nun gemeinsam Hogwarts besuchten, nicht geändert. Sie schien wirklich Spaß daran zu haben ihn zu ärgern. Er seinerseits rächte sich gerne, aber ließ sich nicht zu solch Kindereien hinab wie sie.

„Nein, Scorpius, lass mich!“, lachte die Rothaarige und versuchte um sich zu schlagen, damit er sie losließ, aber er hatte sie fest im Griff. Das war auch sein Glück, denn er wusste, dass Rose sehr gut zuschlagen konnte, wenn sie denn wollte.

„Ach, komm schon, es ist doch bereits Frühling. Das Wasser ist bestimmt schön warm.“ Er versuchte sie nach Möglichkeit irgendwie hochzuheben, was ihm schwer fiel, da sie fast entkommen wäre, aber irgendwie schaffte er es dann doch sie in Richtung See zu bugsieren.

„Scorpius, lass mich. Das ist nicht lustig!“, schrie das Mädchen verzweifelt, aber er kannte kein Erbarmen. Wenn sie austeilen konnte, musste sie auch einstecken können. Und er wusste, dass sie kein Jammerlappen war. Ein bisschen kaltes Wasser hatte noch nie geschadet.

„Noch nicht gegen kaltes Wasser abgehärtet? Bist wohl ein Warmduscher? Dann sollten wir vielleicht schon einmal üben“, grinste Scorpius. Es machte Spaß sie zu ärgern. Ihre wechselnden Launen waren einfach unbezahlbar komisch.

„Ich warne dich! Dafür würdest du bezahlen! Lass mich los, Scorpius.“ Aber Rose‘ Schreie interessierten ihn nicht. Sollte sie doch Schreien. Rache war bekanntlich süß.

Allerdings achtete er darauf, dass ihre Hände nicht an ihren Zauberstab gelangten. Denn dann würde ihre Rache an ihm eher bitter aussehen – und sie hatte noch nicht einmal das Recht sich zu rächen. Er hatte ihr noch nichts getan. Er war von ihr durchweicht worden. Nicht sie von ihm. Er war pitschnass und fror tatsächlich ein wenig, aber das ließ er sich selbstverständlich nicht anmerken. Er war ein Malfoy und kein Weichei.

Sie hatte sich dasselbe verdient. Das war nur logisch. „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu“, lautete ein Sprichwort. Er wusste nicht, woher es kam, hatte es Rose aber schon einmal sagen hören. Wahrscheinlich war es ein Muggelsprichwort, aber ob es das nun war oder nicht konnte ihm auch egal sein.

„Bitte, Scorpius! Das Wasser ist so kalt“, wimmerte Rose und vergrub ihre Hände an seinem Hals – sehr fest, denn er spürte ihre Fingernägel, die an seinem Nack entlang schabten.

„Hör auf damit“, blaffte er sie an, als er endlich direkt vor dem See zum Stehen kam und warf ihr einen missbilligenden Blick zu. Musste sie es ihm denn so schwer machen? Der Frühling hatte gerade erst begonnen, aber es war schon sehr warm. Das Wasser konnte daher nicht allzu kalt sein. Sie sollte sich nicht so anstellen. So verwöhnt war sie eigentlich nicht, dass sie jetzt ein Theater veranstalten durfte. Rose und Hugo Weasley waren wie alle Weasleys nicht mit dem Reichtum aufgewachsen, den er hatte. Sie mochten von berühmten Zauberern abstammen, aber das machte sie noch lange nicht so erhaben wie ihn. So sagte es sein Vater immer.

„Scorpius, bitte“, flüsterte sie nun nur noch immer wieder, nachdem sie die Fingernägelfolter beendete.

„Zum Merlin, Rose, nerv mich nicht. Es ist doch bloß Wasser. Kalt, aber immer noch nur Wasser. Du wirst schon nicht erfrieren. Dann holen wir uns eben beide eine Erkältung“, zischte er, watete ein Stück ins Wasser und versuchte sie dann möglichst weit reinzuwerfen. Er schaffte es wenigstens bis zu den tiefer gelegenen Stellen. Zufrieden entfernte er sich wieder aus dem Wasser und sah Rose zu wie sie mit all ihren Gliedmaßen strampelte.

Das ging noch einige Sekunden so, dann verschwand sie plötzlich unter Wasser. Das war der Moment, in dem es in Scorpius‘ Kopf Klick machte. Sie hatte ihn nicht direkt wegen des kalten Wassers angebettelt. Ob Frühling oder Sommer war, sie hätte unter keinen Umständen schwimmen wollen.

Er erinnerte sich zurück an die letzten Jahre und erinnerte sich nie daran Rose im See schwimmen gesehen zu haben. Vielleicht Hugo, James, Albus, Lily und ihre anderen Verwandten, aber niemals Rose.

Er stand wie versteinert da. Rose konnte nicht schwimmen! Eine andere Erklärung gab es nicht. Er bezweifelte, dass dies nur ein Trick war. So tückisch war selbst sie nicht. Ganz sicher nicht.

Ohne lange darüber nachzudenken, watete er wieder ins Wasser und sprang dann hinein, als es etwas tiefer wurde. Dann tauchte er. Seine Augen nahmen nur Umrisse war, aber er musste ja auch nur ihr rotes Haar erkennen. Er tauchte immer tiefer bis er die fast schon bewusstlose Rose entdeckte.

Er packte sie um den Brustkorb und versuchte mit ihr nach oben zu schwimmen. Sie war nicht allzu schwer, das wusste er, aber ihre und seine Kleider sogen an ihnen und so bereitete es ihm viel mehr Mühen bis sie endlich wieder an der Oberfläche waren. Schnell zog er sie ins seichte Gewässer, wo sie wieder stehen konnten. Doch Rose schien nicht mehr bei sich zu sein. Er zog sie bis ans Ufer und kniete sich dann neben sie.

„Rose, wach auf! Bitte, wach doch auf!“, rief er panisch und blickte sich um, ob irgendwo eine Menschenseele war, doch scheinbar hielt es keiner für nötig an so einem wunderschönen Tag das Schloss zu verlassen. Idioten waren sie alle.

Unter normalen Umständen hätte er sich gefreut, dass er ganz allein auf der Wiese liegen konnte und es kein kindisches Geschrei gab, niemand ihn stören konnte, aber in dieser Situation wünschte er sich das ganze Schloss wäre hier versammelt.

Er überlegte, was er tun konnte. Hatten sie nicht einmal einen Erste-Hilfe-Kurs in der 1. Klasse gehabt? Für diesen Fall war sicher auch eine Hilfestellung möglich.

Es schien ihm eine Ewigkeit zu dauern bis er sich an die Mund-zu-Mundbeatmung erinnern konnte und er konnte sich auch sehr gut vorstellen, weshalb. Aber er durfte jetzt nicht zimperlich sein.

Er drückte auf ihren Brustkorb und legte dann seinen Mund auf den ihren, um sie zu beatmen. Das ging längere Zeit so bis Rose zu husten begann und die Augen aufschlug. Schnell entfernte er sich von ihr und versuchte seine Verlegenheit zu überspielen.

„Geht es dir gut?“, fragte er schnell, bevor sie irgendetwas zu dieser Lebensrettung sagen konnte. Sie hatte ihm bereits ein schlechtes Gewissen bereitet. Er fühlte sich schrecklich schuldig dafür, dass sie wegen ihm fast ertrunken wäre.

Und dennoch ärgerte er sich auch darüber, dass sie nicht schwimmen konnte. Wie konnte jemand wie sie denn nicht schwimmen? Sie war Rose Weasley! Sie musste einfach schwimmen können. Es passte nicht wirklich zu ihr, dass sie es nicht konnte. Und es machte ihn so wütend. Hätte sie es gelernt, hätte er sie nicht retten müssen. Und er wusste, dass sie ihm trotz seiner Hilfe nichts schuldig war. Denn er hatte sie überhaupt erst in diese Lage befördert. Weasleys machten nur Ärger!

„Es geht“, keuchte Rose und hustete mehrmals. Dann sprach sie weiter – furchtbar erzürnt: „Tu das nie wieder! Ich hoffe, du weißt, dass du damit fast einen Schulverweis riskiert hättest?“

Er blickte sie verdutzt an. Sie dachte daran, dass er der Schule verwiesen worden wäre, wenn sie gestorben wäre? Wie edelmütig von ihr. Kein Wunder, dass sie eine Gryffindor war, aber dennoch beunruhigte es ihn. War das normaler Heldenmut oder steckte da mehr dahinter? Er konnte es nicht wirklich einschätzen. Das war immerhin Rose, die er da vor sich hatte. Sie war Genie und Wahnsinn vereint.

„Starr mich nicht so an, Scorpius! Du hättest es wenigstens darauf beruhen lassen können. Wozu gibt es denn Zaubersprüche? Wozu sind wir auf Hogwarts, wenn nicht um sie zu lernen?“ Mit diesen Worten suchte sie nach ihrem Zauberstab, zog ihn heraus und murmelte etwas. Dann waren sie beide wieder trocken.

Es war wie ein Schlag ins Gesicht. Warum hatte eine Hexe, die zu einem Viertel Muggel war, ausgerechnet ihn darauf aufmerksam machen müssen, dass er zaubern konnte? Und wie hatte er das nur vergessen können? Naja, es hätte ihm auch nichts gebracht sich zu trocknen, wenn er sie ohnehin ins Wasser schleppen wollte. Und er konnte nicht wissen, dass sie nicht schwimmen konnte! Das sagte er ihr dann auch.

Sie lachte verbittert auf. „In diesem Fall kann ich dich wahrscheinlich wirklich nicht anprangern. Aber du hättest ja auf mich hören können. Ganz so weinerlich bin ich normalerweise nicht. Ich…hasse tiefes Wasser.“

Sie sagte es mit einem so merkwürdigen Unterton, dass er sich fragte, weshalb ausgerechnet so ein Mädchen Angst vor Wasser haben konnte. Aber das war viel zu privat. Es ging ihn nichts an. Er würde es einfach dabei belassen.

„Es tut mir auch wirklich leid, Rose, aber ich hatte ja nicht die leiseste Ahnung. Es wäre nur ein schöner Start in den Frühling gewesen. Es ist so schönes Wetter. Niemand ist hier draußen. Ich wollte es genießen. Und ich wollte dir nichts Böses. Es sollte witzig sein.“ Er versuchte sich an einem Lächeln, das aber sehr gequält aussah.

„Ich fürchte, ich habe dir den Tag ruiniert und du beinahe mein Leben. Kein wirklich schöner Frühlingsanfang“, seufzte sie und setzte sich etwas auf. „Aber trotzdem danke. Besonders…wegen dieser…du weißt schon.“ Sie errötete und blickte weg.

Und er wusste überhaupt nicht, wovon sie sprach. „Wegen was, Rose?“, fragte er vorsichtig und musterte den Teil ihres Gesichts, den sie nicht ganz abgewandt hatte, um irgendetwas aus ihrer Miene ablesen zu können. Aber sie schien nur furchtbar verlegen.

„Erste Hilfe“, flüsterte sie leise und Scorpius biss sich auf die Unterlippe. Das meinte sie. Er fühlte wie auch er errötete, aber das war ihm im Moment egal. Er war erschöpft, verlegen, erleichtert, geschockt und verwirrt. Und da war noch etwas. Ein Kribbeln in seinem Bauch. Konnten Bäuche einschlafen?

Ohne zu überlegen stellte er die Frage laut. Doch Rose blickte ihn nur verdutzt an. „Bitte was? Wieso denn?“

„Mein Bauch kribbelt komisch“, erklärte er. Er hatte das Gefühl irgendetwas falsch zu machen, aber er wusste einfach nicht was. Und dann fing Rose zu kichern an, allerdings schien ihr Kopf noch röter angelaufen zu sein. Wie merkwürdig!

„Was daran ist so lustig?“, beschwerte er sich und verschränkte beleidigt die Arme. „Darf man heutzutage keine Fragen mehr stellen? Ich dachte du bist so neunmalklug!“

Sie wurde wieder ernst und blickte ihn böse an. „Ich weiß, was das ist. Aber es würde dir nicht gefallen und außerdem werde ich es dir auch nicht sagen, wenn du dich so benimmst! Ich lass mir auch nicht alles gefallen. Wenn du es wissen willst, solltest du lieber nett zu mir sein. Es ist ohnehin in diesem Fall besser für dich.“ Sie streckte ihm die Zunge raus.

„Sag es mir doch einfach. Wenn es mir eh nicht gefallen wird, dann ist das doch ohnehin gut für dich“, entgegnete Scorpius und schüttelte verständnislos den Kopf. Dieses Mädchen war ihm wirklich ein Rätsel.

Sie murmelte etwas, das er nicht verstand. „Was?“, fragte er nach.

„Ich will aber, dass es dir gefällt“, meinte sie nun ein bisschen lauter – aber trotzdem hatte Scorpius seine Ohren spitzen müssen, um sie zu verstehen. Was hatte sie bloß? Er konnte sich ihr Verhalten gar nicht erklären.

„Vielleicht tut es das ja doch“, bemerkte er. Er wollte endlich wissen, was sie ihm verschwieg. Er fühlte sich komisch und er wusste überhaupt nicht, weshalb. Sein Bauch kribbelte total. Aber wenn er die Hand darauf legte, fühlte es sich nicht an als wäre er eingeschlafen. Es war ein angenehmes Kribbeln und er spürte die Hand immer noch, nicht so wie wenn zum Beispiel sein Fuß einschlief. Das war alles zu merkwürdig. Hatte sie ihn irgendwie verhext?

„Bezweifle ich, Scorpius“, seufzte sie und stand auf. Sie ging einfach los in Richtung Schloss und ließ ihn stehen. Was zum Merlin sollte das!?

„Hey! Rose! Bleib stehen! Rose!“ Er rannte ihr hinterher, sammelte unterwegs sein Hemd auf, das er schnell mit seinem Zauberstab trocknete, zog es sich über und holte sie dann endlich ein. Er versperrte ihr den Weg. „So, Rose, und jetzt sagst du mir, was los ist.“

„Ich denk gar nicht daran. Es wäre viel besser, wenn du es selber merkst. Es wird dir sicher nicht gefallen, Scorpius. Das ist zwar nicht wirklich befriedigend für mich, aber man kann nicht alles haben. Und wenigstens ärgerst du dich dann selbst. Ich würde jedenfalls gerne dein Gesicht sehen, wenn du es herausfindest.“ Sie lächelte bösartig und machte keine Anstalten an ihm vorbei zu gehen. Das war auch gut so, denn er würde sie um keinen Preis gehen lassen.

„Wenn du es mir jetzt sagst, wirst du mein Gesicht dabei sehen. Ist das nicht ein Angebot?“, fragte er und tippelte nervös mit einem seiner Füße auf den Boden. Was war so schlimm, dass sie es ihm nicht sagen wollte? Die Sache ärgerte ihn ungemein. Es war wirklich zum Haare ausreißen. Aber natürlich würde er sich seine Haare nicht ausreißen – er mochte sie viel zu sehr.

„Scorpius, glaub mir. Du willst es nicht wissen. Dein guter Frühlingsanfang ist dir aber gelungen, wenn auch nicht so wie du es vielleicht gewollt hast. Aber von anderen Leuten würde es als schön empfunden werden. Von dir eher weniger.“ In ihrem Blick lag Ungeduld, aber das war ihm egal.

„Ich glaube nicht, dass es mir gefällt, wenn du etwas gegen mich in der Hand hast, Rose“, zischte er. „Sag es mir!“

Sie blickte ihn mit einem unergründlichen Blick an. „Ich hab nichts gegen dich in der Hand.“

„Das glaube ich dir erst, wenn du mir sagst, was du weißt.“ Er tastete nach seinem Zauberstab.

Doch noch bevor er ihn ziehen konnte, schritt sie auf ihn zu, legte ihre Arme um seinen Hals und ihre Lippen auf seine. Völlig überrumpelt ließ er den Kuss über sich ergehen.

Bevor er endlich den Gedanken fassen konnte sie wegzustoßen, wich sie selbst zurück und warf ihm einen ängstlichen Blick zu. „Weißt du nun, was ich meine?“

Er dachte nach. Während sie ihn geküsst hatte, war das Gefühl dieses Kribbelns immer stärker geworden – und er begriff langsam.

„Nein“, hauchte er und weitete geschockt die Augen. Denn ihm hatte der Kuss gefallen. Und zu seinem Entsetzen wollte er noch mehr.

„Nein“, wiederholte er als könne er seine Gefühle damit zunichtemachen. Es durfte einfach nicht wahr sein. Er konnte nicht. Er konnte nicht in Rose Weasley verliebt sein. Es war völlig absurd.

„Ich hab es dir ja gesagt. Kann ich jetzt bitte gehen?“, fragte sie und klang nun ziemlich fies. Ohne eine Erlaubnis zu erhalten ging sie an ihm vorbei, doch hatte sie nicht damit gerechnet, dass Scorpius ihr Handgelenk ergreifen würde.

„Warte“, sagte er leise und drehte sich zu ihr um. Er dachte über die letzten Minuten nach. Über alles, was sie zu ihm gesagt hatte. „Du sagtest, es würde dir gefallen, wenn mir die Sache gefällt.“

Sie blickte ihm nicht in die Augen, sondern irgendwo hinter ihn. Vielleicht war das schon Antwort genug für ihn – vielleicht hatte er auch keine gebraucht – aber dennoch musste er sich sicher sein. „Heißt das, du empfindest das auch für mich?“

Ihr Blick suchte endlich den seinen und sie kaute nervös auf ihrer Lippe herum. Es sah irgendwie süß aus, aber Scorpius schob den Gedanken sogleich wieder beiseite. So etwas durfte er nicht denken!

„Ich denke schon“, flüsterte sie nach einiger Zeit und versuchte ihr Handgelenk aus seinem Griff zu befreien. Aber er ließ sie nicht los. Warum sollte er sie ausgerechnet jetzt gehen lassen?

Er bemerkte wie sich ein Glücksgefühl in ihm ausbreitete und musste sich ein Grinsen verkneifen. Es gefiel ihm, dass Rose auch in ihn verliebt war, aber es gefiel ihm nicht, dass er in Rose verliebt war – oder doch? Er wusste es nicht. Aber es war nicht wirklich schlimm für ihn. Denn sie war ja auch in ihn verliebt und es gefiel ihr wahrscheinlich ebenso wenig. Es hätte ihr wohl gefallen, wenn es ihm gefallen hätte. Aber er wusste nicht, ob er ihr den Gefallen tun konnte. Etwas in ihm wollte es ihr Recht machen, aber er versuchte sich dagegen zu wehren. Das war Rose Weasley. Was würde sein Vater sagen, wenn er eine Weasley anschleppte?

Nein, soweit durfte er nicht denken. Es war ja nicht so, dass er und Rose eine langfristige Beziehung haben würden, nicht einmal eine kurze. Das wollte er nicht. Was würden sie nur alle sagen? Sie würden ihn alle auslachen, weil er ausgerechnet eine Weasley auserkoren hatte.

Aber was scherte es ihn überhaupt, was die anderen dachten? War es nicht besser, wenn er selbst glücklich war? Ja, so war es. Er sollte lieber an sich selbst denken.

„Ich denke, es ist in Ordnung für mich“, sagte er nach einiger Zeit und lächelte nun ehrlich.

Allerdings lächelte Rose nicht. „Was heißt das?“

Kapierte sie denn nicht? Er versuchte ihr gerade zu sagen, dass er eine Beziehung mit ihr wollte und sie begriff es nicht? Es war erschütternd. Sonst war sie doch auch so klug.

„Wenn du es nicht verstehst, ist es nicht mein Problem“, murrte er und ließ sie los. „Dann halt nicht.“ Er würde nicht vor ihr herumkriechen. So eine Blöße gab sich ein Malfoy nicht. Niemals.

„So einfach ist das, ja?“, schrie sie ihn nun an, als er an ihr vorbeiging. „Wenn etwas nicht nach deiner Nase läuft, gibst du anderen die Schuld und läufst weg!? Du bist so ein Feigling, Scorpius! Muss wohl in der Familie liegen.“

Er drehte sich blitzartig um. „Du kannst mich beleidigen, Rose, aber lass meine Familie aus dem Spiel.“

„Wieso denn? War dein Vater kein Feigling? Also…meine Eltern haben mir da etwas ganz anderes erzählt“, höhnte sie.

„Was wissen deine Eltern denn schon, hm? Beleidige ich sie? Glaub mir, ich weiß auch genug negative Dinge über deine Eltern“, entgegnete Scorpius ihr und ließ sie dann stehen.

„Scorpius, ich bitte dich! Scorpius!“, rief sie ihm nach, aber er stellte sich einfach taub. Sollte sie ihn doch so oft rufen wie sie wollte. Er würde nicht nachgeben. Er war ein Malfoy. Sie hatte seine Ehre und die seiner Familie beleidigt und außerdem seinen Tag ruiniert. Vielleicht war der Frühling doch kein so schöner Monat. An diesem Tag war in weniger als einer Stunde so viel passiert und er wünschte sich einfach er wäre im Bett geblieben. Oder vielleicht hätte er sie auch einfach ertrinken lassen sollen. Nein, das war wirklich fies. Das hätte er nicht getan, egal wie wenig er sie mochte.

Jetzt hatte er nur ein Problem. Er musste seine Gefühle für sie abtöten. Er konnte es sich nicht leisten in sie verliebt zu sein. Sie mochte manchmal mehr als in Ordnung sein, aber gerade eben war einer dieser Momente gewesen, in denen das nicht der Fall war.

Von seinen Gedanken völlig gefesselt, merkte er erst nicht wie sich jemand heftig um ihn klammerte. Bevor er jedoch um sich blickte, wusste er bereits, dass es Rose war. Wer auch sonst? „Lass mich los“, knurrte er. Er wollte sie nicht unnötig verletzen, deswegen wehrte er sich auch nicht, aber wenn sie ihm keine Wahl ließ, würde er es ohne zu zögern tun.

„Nein, Scorpius“, meinte sie mit fester Stimme und umklammerte ihn ebenso fester. „Ich wollte hören, was genau du meintest. Stolz gibt es in der Liebe nicht. Sag mir doch einfach, was du willst.“

„Nichts! Ich will rein gar nichts. Außer dass du mich in Ruhe lässt.“ Es war fies, aber er musste das tun. Sie hatte ihn verletzt und er würde nicht zulassen, dass sie das noch einmal konnte.

„Das stimmt doch gar nicht“, sagte Rose leise und er spürte, dass sie leicht zitterte.

„Woher willst du das wissen?“

„Du bist in mich verliebt, Scorpius.“

„Oh, das hätte ich fast vergessen. Stimmt ja“, spottete ich. „Aber das spielt ja ohnehin keine Rolle für dich.“

„Doch das tut es.“ Sie ließ ihn los und trat vor ihn hin. „Das tut es wirklich. Ich wollte dich nicht beleidigen. Das tut mir wirklich leid. Aber Angriff ist die beste Verteidigung, nicht wahr?“ Sie lächelte unsicher.

Scorpius glaubte zu verstehen, was sie ihm sagen wollte. Daher fragte er gar nicht erst nach. Also hatte er sie damit verletzt und sie hatte ihren Stolz auch nicht begraben wollen. „Ich dachte Stolz gibt es in der Liebe nicht?“

„Das sollte es auch nicht. Wir verstehen uns doch oftmals so gut. Können wir es nicht einfach probieren?“ Würde sie ihm überhaupt eine Wahl lassen, ob es ihm gefiel oder nicht?

„Was soll das heißen?“, entgegnete er und biss sich auf die Zunge. Ein Déjà-vu.

„Das soll heißen, dass ich eine Beziehung mit dir möchte, insoweit du deine Gefühle wirklich für „in Ordnung“ hältst.“ Sie hielt sich viel wackerer als er, allerdings glaubte er, dass sie ohne die vorherige Szene nicht anders reagiert hatte.

„Und du meinst, das klappt?“, hakte er nach und runzelte die Stirn.

„Wenn wir nicht immer so stur sind, ja“, grinste sie nun und er musste auch grinsen.

„Eine Beziehung also?“

„Was willst du denn sonst? Weißt du, ich fühl mich noch nicht ganz bereit dich zu heiraten, Scorpius. Morgen vielleicht.“ Sie streckte ihm die Zunge raus.

„Eine Beziehung also“, bestätigte er sich selber und schüttelte grinsend über ihre Antwort den Kopf. Typisch Rose. „Vielleicht ist der Tag doch nicht ruiniert.“

„Ich finde, das ist ein schöner Frühlingsanfang“, meinte Rose und umarmte Scorpius.

„Das denke ich auch.“



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