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Cod3s

von

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Wiedersehen macht Freude

Nach der anfänglichen- und für mich vollkommen verständlichen- Wut, machte sich langsam die Verzweiflung in mir breit, dicht gefolgt von einer Hoffnungslosigkeit, die in Trauer überging, erneut von Wut abgelöst wurde und schlussendlich in dem gefährlichsten Zustand endete, den man in meiner Situation einnehmen konnte: leicht reizbare Langeweile mit einem Hauch Ungeduld…

Und da ja ein Hinweis auf Langeweile nun das sinnlose Rumsitzen und Nichts- tun war, beschäftigte ich mich damit, jeden Menschen zu verfluchen, der an meiner jetzigen Lage Schuld war- ich wünschte also in einer Endlosschleife Ares und Zeus die Beulenpest an den Hals.

Diese Ablenkung hielt für genau 10 Minuten, danach fielen mir keine Krankheiten mit tödlichem Ausgang mehr ein und ich saß wieder und immer noch dumm herum. Gelangweilt saß ich auf dem kleinen Hocker, stützte meine Ellenbogen auf meinen Oberschenkeln ab, hielt meinen Kopf in den Handflächen, blies mir Haarstränen aus dem Gesicht und studierte das heruntergelassene Rollo einen knappen Meter vor mir.

Vielleicht sollte ich Ares bei passender Gelegenheit mal hier reinstecken…

Ich war so vertieft in meine Rachepläne, dass ich schrecklich erschrak, als in diesem Moment das Rollo ratternd aufging.

Verwirrt blinzelte ich. Sollten sie etwa schon wieder da sein? Voller Erwartung und mit einem glücklichem Lächeln stand ich auf und ging näher an die Scheibe- wo mir im nächsten Augenblick ein ebenso breites Lächeln entgegen geworfen wurde, das in dem hässlichsten Gesicht platziert war, das ich bis zu diesem Zeitpunkt je gesehen hatte. Sofort gefror meine Miene, verzog sich kurz zu einer angewiderten Grimasse, bevor die Enttäuschung eintrat und meine Mundwinkel augenblicklich drei Stockwerke tiefer zog.

Der schlaksige junge Mann, der sichtbar unter Akne gelitten hat und immer noch litt, glotzte zu mir hoch, als habe er gerade das ersehnte Weihnachtsgeschenk geöffnet. Sein Blick entglitt allmählich ins lüsterne über und auf einmal war ich froh darüber, hier drinnen zu sein.

Missmutig, wie ich nun schon ganze 10 Minuten und 50 Sekunden war- die 10 Sekunden unnötige Euphorie mal abgezogen- ließ ich mich wieder auf den Stuhl zurückfallen und schmollte ungeachtet dessen, was vor mir stand, weiter- nur leider sah das, was vor mir stand, das etwas anders.

„Ey, was soll das?“, hörte ich ihn gedämpft durch die Scheibe meckern.

„Bin nicht im Dienst.“, brummte ich zurück und stütze wieder die Arme auf. Warum sollte ich die Zeit damit verschwenden, diesem Deppen zu erklären, warum ich wirklich hier saß? Er würde mir eh nicht glauben, genauso wenig, wie ich mir selber glauben würde...

„Das kann doch nicht dein Ernst sein?!“

„Doch, mein voller.“, antwortete ich etwas gereizter als vorher und deutete nach rechts. „Versuch` s nebenan…“

Völlig perplex starrte mich der Mann einige Sekunden an, dann trat auch in sein Gesicht eine Spur von Wut. „Hallo?! Ich hab `nen Zwanziger bei dir rein geworfen, jetzt will ich auch was sehn!“

Bei den Worten begann meine rechte Augenbraue gefährlich an zu zucken. Soweit hatte mich selbst Ares nicht gebracht. Ruckartig stand ich auf und ballte meine reche Hand zur Faust.

„Bist du taub und blind? Ich sagte, es gibt hier nichts zu sehen und jetzt verpiss dich oder ich werfe gleich was bei dir rein!“, schrie ich ihn an und deutete noch einmal wütend nach rechts. Endlich zeigte der Typ die passende Reaktion und ging einige Schritte rückwärts, drehte sich dann vollends um und verschwand- jedoch nicht ohne mir einen giftigen Blick zuzuwerfen und etwas zu murmeln, was ich allerdings nicht mehr verstand.

Schnaubend setzte ich mich wieder hin und schaute dem Rollo dabei zu, wie es langsam wieder automatisch runterfuhr.

Wie ich solche Leute hasste…

Prompt wurde meiner Verwünschungsliste ein weiteres Mitglied hinzugeführt und da durch diesen Zwischenfall die „Zustands- Spirale“ wieder von neuem gestartet wurde, begann ich also wieder damit, von oben genannter Liste gebrauch zu machen- doch diesmal kam ich nicht allzu weit…

Mein Monolog wurde nach kurzer Zeit erneut von dem knatternden Geräusch der Rollladen unterbrochen, was nicht dazu beitrug, meine Laune anzuheben.

Zähneknirschend erhob ich mich und diesmal würde ich der Person keine Zeit geben, auch nur ein Widerwort zu geben, sondern ihn von Anfang an deutlich machen, dass er hier ganz sicher nichts zu sehen bekam.

Das mit dem „deutlich machen“ sollte sich jedoch als problematisch herausstellen:

Statt in eine weitere pickelige Fratze zu schauen, tauchten zwei in Schwarz gekleidete Gestalten auf, beide die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Das konnten nicht Ares und Nero sein und selbst für Äneas war keine der Personen breit und groß genug. Erstarrt verharrte ich in der halb angriffslustigen Position, die ich eingenommen hatte und starrte die beiden an. Der Linke schob seine Kapuze zurück und gab den Blick auf ein Gesicht frei, das mir gänzlich unbekannt war, jedoch hätte ich auch ohne den schwarzen Mantel diesen etwa 40- jährigen Mann Olymp zugeordnet- er hatte denselben kalten Schimmer in seinen ausdruckslosen braunen Augen, wie Ares und Äneas…

Sein pechschwarzes Haar bewegte sich in dem aufkommenden Wind und wehte ihm ins Gesicht, was ihn jedoch nicht davon abhielt, mich zu fixieren, sodass ich das Gefühl bekam, ihm niemals entkommen zu können.

„Ist sie das…?“, hörte ich ihn sagen und ich erwachte aus meiner Starre. Vorsichtig ging ich einen Schritt rückwärts. Wer war dieser Mann? Wem war er treu? War er ein weiterer Verräter, der Zeus diente und der mich jetzt zurückbringen sollte?

Der Wind wurde stärker und zupfte nun auch an der Kapuze des Zweiten, sodass ich erst ein breites Grinsen erspähte, dann zwei aufblitzende Augen und zum Schluss sein Gesicht im Ganzen, das eingerahmt von feuerrot gefärbten Haaren war.

Keuchend riss ich die Augen auf und presste mich an die Wand in meinem Rücken. Das konnte nicht wahr sein…

Apollons Grinsen wurde noch breiter. „Ja, so ein Gör würde mir immer im Gedächtnis bleiben…“, antwortete er und fuhr sich mit dem Lauf der Pistole, die er in seiner Rechten hielt über den Hinterkopf. „So sieht man sich wieder…“

Ich wartete keine Sekunde länger, riss mich vollkommen aus meinem Schockzustand und schmiss mich erneut gegen die Tür, in der Hoffnung, dass das Adrenalin, das mein wild pochendes Herz nun durch meinen Körper jagte, ausreichen würde, um mich zu befreien- vergebens. Die Tür rührte sich immer noch nicht.

Wütend schrie ich auf und einmal mehr wünschte ich mir mehr Kraft zu haben.

Aus den Augenwinkeln sah ich plötzlich Apollons Lauf aufblitzen und keinen Lidschlag später durchschnitten knallende Pistolenschüsse die Nachtluft. Die Glasfront meines Gefängnisses zerbarst ohrenbetäubend wenige Zentimeter neben mir und Kugeln bohrten sich in die Rückwand, an der ich noch vor Sekunden gelehnt hatte.

Reflexartig kauerte ich mich mit einem Aufschrei auf den Boden und schlug die Arme über meinem Kopf zusammen. Ich spürte die Glassplitter auf mich nieder regnen und einige schnitten mir die nackten Arme auf.

Bevor ich wieder richtig Luft holen konnte, wurde die Metalltür von außen aufgerissen, zwei kräftige Hände packten mich an den Oberarmen und zerrten mich ins Freie. Kaum war ich dort, umklammerte mich eine der beiden Hände an meinem rechten Handgelenk, der andere Arm schlang sich um meinen Hals und zog mich nach oben, sodass ich nun auf Zehenspitzen stehen musste, um nicht zu ersticken. Würgend krallte ich meine freie Hand in D` s Oberarm, als lächerlichen Versuch, mich aus dieser Schlinge zu befreien.

Die Waffe in seiner Hand drehend, kam Apollon langsam auf mich zugeschlendert, sichtliche Freude daran habend, seine Beute leiden zu sehen.

„Man begegnet sich immer zweimal im Leben, daran solltest du denken, bevor du jemanden niederschlägst, Kleine.“, säuselte er zuckersüß, wiegte die Pistole wie einen ausgestreckten Zeigefinger tadelnd hin und her und kam dabei immer näher, bis er direkt vor mir stand.

„Das war ziemlich ungezogen von dir.“

Ohne Vorwarnung holte er aus und im nächsten Augenblick schlug der Pistolenlauf gegen meinen rechten Wangenknochen, sodass ich erstickt aufschrie und mir kurz schwarz vor Augen wurde. Pulsierend breitete sich der Schmerz aus und trieb mir die Tränen in die Augen. Alles um mich herum begann zu verschwimmen und meine Beine knickten kraftlos ein.

„Glaub mir, damit sind wir noch lange nicht quitt, Miststück!“, zischte Apollon und wieder war alle Wärme, sei sie auch nur gespielt gewesen, aus seiner Stimme verschwunden.

„Das reicht jetzt, Apollon.“, brummte der Mann, den ich schlussfolgernd als D bezeichnet hatte. „Wir sollten sie zu Hades bringen. Er wird bald eintreffen, wir müssen uns also beeilen.“

Verbittert kniff ich die Augen zusammen, um wieder klar sehen zu können, was bei einer schmerzenden Gesichtshälfte gar nicht so einfach war.

Verdammt! Ich war tatsächlich Hades` Hetzhunden in die Hände gefallen und nun brachten sie mich auch noch zu ihm…

Verdammt, verdammt, verdammt!

Der Schraubstock um meinen Hals löste sich, dafür legte sich dieser erneut um meinen Oberarm und im nächsten Moment wurde ich hinter D hergezogen. Mir fehlte nun endgültig die Kraft, mich zu wehren, also musste ich benommen folgen. Apollon blieb erst stehen, setzte sich dann auch in Bewegung und ging neben mir her, die Pistole immer noch in der mir zugewandten, rechten Hand haltend.

„Wir sind noch nicht fertig, Schlampe…“, raunte er, den Blick nach vorn gerichtet.

Ich zog es vor, zu schweigen und so beendete D Apollons Selbstgespräch vorzeitig, indem er mich unsanft zu sich heranzog und seinen Gang beschleunigte. Seitdem war ich damit beschäftigt gewesen, darauf zu achten nicht zu stolpern oder ganz hinzufallen. Traurig senkte ich die Augen und neue Tränen rannen mir über die schmerzenden Wangen.

Ares hatte recht gehabt- ich war nur eine Last und jetzt sollte ich den Preis dafür bezahlen.

Es war aus…

Ich nahm kaum noch etwas wahr, lediglich meinen schmerzenden Körper, sonst war da nichts. Inzwischen hatten wir das Parkdeck im Erdgeschoss mit der kaputten Notbeleuchtung durchschritten und standen nun vor einer Treppe, die nach oben führte. Auf einmal drang helles Licht aus einer der oberen Etagen.

D blieb kurz stehen und zog ebenfalls einen Kleinkaliber unter seinem Mantel hervor.

Dann stiegen wir die Treppe hinauf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  blacksun2
2012-06-04T14:33:18+00:00 04.06.2012 16:33
Wiedersehen macht Freude? Was für eine spöttische Überschrift ^^
Wir sollten Finja fragen, was sie dazu sagt
Aber vorher hab ich das Wort und darf sagen, was ich über das Kapitel denke

Ich zitiere gerne andere Leute und deswegen nutze ich jetzt die passenden Worte von Culcha Candela „Das ist hammer“
Uhh, Pickelface hatte bei ihr nichts zu lachen
Und sie nicht bei ihren nächsten Besuchern
Ob das ausgleichende Gerechtigkeit ist : P

Hihi, der Anfang war schon witztig, ganz schön boshaft, und spitzzünging,
und immerhin 10 Minuten mit üblen Verwünschungen rumgebracht, ich würde nach 4 Minuten versagen

dein Schreibstil ist nach wie vor klasse, genial und meiner Meinung nach Bestseller-würdig
und wenn das auf deinem Schreibtisch verrottet und nie den Weg in ein Buch findet, dann wäre das eine unausprechliche Schande

glg

Von:  Thuja
2011-11-08T08:42:07+00:00 08.11.2011 09:42
AAAAAAREEESS!!!
NEEEEERROOO!
KOOORE!
ÄENEAS!!!!!
*verzweifelt nach ihnen schrei*
Fin braucht dringend ihre Hilfe
Was für ein schockierendes Kapitel
Ich habe mir gedacht, dass sie es wieder raus schafft, aber nicht so, nicht dadurch, das sie direkt in die Hände ihrer Feinde fällt
Damit hat sich die Spannung noch einmal um ein Vielfaches erhöht und das ist sehr fies. Weil ich es doch so schon kaum aushalte
Ein durch und durch geniales Kapitel, dass ich mal wieder aus purem Genuss zweimal gelesen habe
Gerade der Anfang war herrlich. Wunderbar ironisch geschrieben.
Und dann liebe ich immer wieder an deinem Schreibstil., dass man sich das Ganze einfach nur toll vorstellen kann. Du hast diese Sprache, die Bilder formt, einen spannenden Film aus den Worten werden lässt



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