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Spiegelbilder

Makato x Taro
von

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O wie Orientierung

Hallo!
 

Nach einer Urlaubspause, in der ich leider keinen PC hatte, geht es pünktlich weiter. Ich hoffe, euch gefällt das Kapitel!
 

LG Zyra
 

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O wie Orientierung
 

„Hach ja, ich liebe Anfang Mai“, seufze ich zufrieden und lehne mich auf meinem Lieblingsplatz in der Bar zurück.
 

„Unauffälliger wäre es gewesen zu sagen: ‚Ich liebe den Frühling‘!“, wirft Taro grinsend ein. Sein Ton ist tadelnd, aber sein Gesichtsausdruck straft ihn Lügen. „Du solltest lieber inne halten und der Verfassung gedenken, anstatt in einer Kneipe zu sitzen.“
 

„Ja, du hast vollkommen Recht“, stimme ich mit ein. „Und die Natur ist wirklich etwas Tolles und Kinder … na ja, ein notwendiges Übel zum Fortbestehen der Nation.“
 

„Absolut“, pflichtet Taro mir bei. Sowie eigentlich jeder Schüler und viele Arbeitnehmer sich freut. Drei Feiertage hintereinander sind schon ein Traum, besonders wenn sie auch noch ein verlängertes Wochenende bilden. Das ist dieses Jahr zwar nicht der Fall, aber bei drei freien Tagen kommt man nicht so schnell auf die Idee, sich zu beklagen.
 

„Und Flensburger Frühlingsbock“, füge ich breit grinsend hinzu, als ich sehe, wie ein Kellner die Getränketafeln ergänzt. Wieder einmal wird mir deutlich vor Augen geführt, warum dies meine Lieblingsbar ist. Die Auswahl ist einfach gigantisch.
 

„Du hast hoffentlich nicht vor dich zu betrinken“, warnt Taro mich, nachdem er meinem Blick gefolgt ist. „Denk an das Schmerzmittel. Eigentlich solltest du gar keinen Alkohol trinken.“
 

„Ja“, gebe ich gedehnt zurück. Ich bemühe mich, nicht allzu genervt zu wirken. Aber er lässt wirklich kaum eine Gelegenheit aus, mich an meinen kaputten Fuß zu erinnern. Es stört, obwohl ich im Grunde froh darüber sein sollte, dass er es tut. Denn seitdem das Schmerzmittel wirkt, neige ich dazu die Verletzung auszublenden. „Aber dieses eine Bier – und ja ich weiß, dass es ein starkes ist – werde ich mir gönnen. Was ist mit dir, Tata? Bleibst du mir zu Liebe auch nüchtern?“
 

Die Fragen sind Teil meines Plans. Für mich steht jetzt endgültig fest, dass ich im Kleinen wie im Großen mehr über Taro herausfinden will. Was empfindet er für mich, ist die große Frage und um das herauszubekommen, will ich die Fragen klären: Was kann ich mir erlauben? Was tut er für mich? Wie reagiert er auf mich?
 

„Okay, meinetwegen. Als einziger nüchtern zu sein, ist echt beknackt. Aber ein Bier werde ich mir dann auch erlauben“, stimmt er zu. Er hat zwar noch nie zu den Leuten gehört, dessen Ziel ist, sich zu betrinken, angetrunken ist er allerdings schon das ein oder andere Mal.
 

„Danke!“, sage ich und lächele strahlend. „Hey, wir können uns über die anderen lustig machen. Außerdem lade ich dich zum Essen ein.“
 

Ein gewagter Vorschlag. Normalerweise stößt man damit bei Taro auf taube Ohren. Er hasst es, wenn ich ihm „grundlos“ etwas ausgeben will. Jedoch möchte ich heute die Grenzen dessen austesten.
 

„Jetzt übertreib mal nicht“, meint er sogleich.
 

„Ach komm schon. Weil ich es bin“, versuche ich ihn zu erweichen. Es ist eine ganz andere Strategie, als die, die ich sonst wähle. Üblicherweise argumentiere ich über Logik und Vernunft, indem ich versuche Dinge zu finden, die dafür sprechen. Dieses Mal mache ich es anders und verlagere das Thema auf die persönliche Ebene.
 

„Was ist denn das für ein Grund?“, fragt Taro mich gleich und hebt zweifelnd eine Augenbraue. Ich glaube, Verwunderung in seinen Augen wahrzunehmen. Mit dieser Taktik scheint er nicht gerechnet zu haben.
 

„Weil ich sonst wieder so schief vom Kellner angesehen werde, wenn ich ein Menü für vier Personen für mich allein bestelle. Weil ich sonst weniger Auswahl habe. Weil ich ohne dich nachher sicherlich der einzige Nüchterne wäre. Weil ich dich einfach gern habe“, zähle ich auf, obwohl das in meinen Augen eigentlich gar keine Argumentation ist. Zumindest keine, die für ihn relevant sein sollte. Mit Ausnahme vom letzten Punkt, vielleicht.
 

Taro lacht. Anscheinend amüsiert ihn mein Vorgehen. Ich rechne schon mit einer ablehnenden Bemerkung, aber zu meiner Überraschung antwortet er: „Ich zahle ein Drittel!“
 

Das ist mehr, als ich erwartet hatte, aber ich bin noch nicht ganz zufrieden. „Ein Viertel“, sage ich und als er zweifelnd eine Augenbraue hebt, füge ich hinzu: „Ansonsten passt das Wort „Einladung“ nicht mehr.“
 

Lächelnd schüttelt er den Kopf, aber wohl über mich, denn er erklärt sich mit meinem Angebot einverstanden. Triumphierend winke ich den Kellner herbei und bestelle uns je noch eine Cola sowie das Menü.
 

„Weißt du schon, wann Maemura mit den Renovierungsarbeiten fertig ist?“, frage ich. Die Frage drängt sich nach der „Diskussion“ auf, denn normalerweise hätte ich mit Sicherheit darauf verwiesen, dass Taro im Moment nicht arbeitet und somit wenig Geld zur Verfügung hat.
 

„Irgendwann in den nächsten Wochen“, erwiderte er und ich sehe ihm an, dass ihm die nächste Woche am liebsten wäre. Ich habe schon bemerkt, dass er mit seinem Geld in letzter Zeit extrem sparsam ist. „Ich werd am Freitag mal bei ihm anrufen. Je nach dem wann er wieder öffnet, muss ich noch mit ihm sprechen, dass er mich abends nur in der Küche einsetzt.“
 

„Warum das denn?“, frage ich verwundert. Das, was den Job für ihn so „lukrativ“ macht, ist, dass er an so vielen Stellen arbeiten kann. Halt gerade dort, wo jemand gebraucht wird. Küche, Bar, Service. Dafür dehnte Maemura hier und da auch schon mal eine Regel.
 

„Wegen meiner Rolle“, antwortet Taro sofort. „Der Kneipenteil des Heartbeats wird für Omata sicherlich nicht sooo attraktiv sein, die Disko dafür umso mehr. Es würde nicht passen, selbst wenn ich meine Rolle spielen würde. Aber ganz ehrlich, als Barkeeper oder Kellner hab ich darauf überhaupt keinen Bock!“
 

„Hm“, stimme ich ihm nachdenklich zu. Ich versuche mir Taro seine Rolle spielend als Barkeeper oder Kellner vorzustellen. Es will mir nicht recht gelingen. Selbst wenn er das Verstellen aufrecht halten könnte, würde es ihm sicherlich nur Ärger einbringen.
 

Mit unserem Essen trudeln langsam auch unsere Freunde ein.
 


 

***

„Also, Tata“, meint Vivi später am Abend. „Was schuldest du Nono noch für einen Wetteinsatz?“
 

Unwillkürlich horche ich auf, obwohl ich gerade in eine Diskussion über Sport mit Caca vertieft bin. Und Diskussionen mit Caca sind im Normalfall so fordernd und amüsant, dass ich sie nicht so schnell unterbreche. Aber wenn es um Küsse von Taro geht … immer wieder gern.
 

„Mach ruhig“, sage ich zu Taro. „Mir ist es egal, wann du ihn einlöst.“
 

„Uhu“, gibt Vivi gedehnt von sich. „Toto hat etwas damit zu tun. Das kann ja lustig werden.“
 

„Nicht für dich, Vivi“, mischt Nono sich feixend ein. „Schließlich hast du keine Kamera dabei.“
 

„Hä?“, erwidert Vivi. Sie ist schon etwas angetrunken und dementsprechend langsam mit dem Kombinieren. „Oh, wie sieht es eigentlich mit der Scheinbeziehung aus? Macht ihr das nun? Meiner Meinung nach interpretiert Omata so etwas schon in euer Spiel hinein.“
 

„Das läuft an“, bestätigt Taro und fährt sich nachdenklich durch die Haare. „Wir sind schon am überlegen und planen.“
 

„Jetzt kannst du ja schon mal etwas üben“, wirft Caca ein, die anscheinend über die Wette informiert ist. Aber wen wundert’s? Sie ist die beste Freundin von Nono, und die ist ja maßgeblich an der Wette beteiligt.
 

Ich zucke mit den Schultern, als Taro mich fragend ansieht. Soll heißen: Mach ruhig, mir ist es recht. In Wahrheit ist es mir mehr als recht, wenn alle denken, es hätte was mit der Scheinbeziehung zu tun. Nen kleinen „Fehltritt“ kann ich mir in dem Fall nämlich leisten.
 

„Tja dann“, meint Taro und ehe ich mich versehe, sitz er auf meinem Schoss. Seine Arme schlingt er um meinen Hals.
 

„Cathrin, Ryo, haltet mal seine Arme fest. Nicht, dass er am Ende so verzückt ist, dass er mich nicht mehr loslassen will“, feixt er. Die anderen lachen und ich sehe, dass die beiden wirklich nach meinen Armen langen. Ich entgehe ihrem Griff und lege sie provokant um Taros Taille.
 

„Da wirst du dich aber ganz schön anstrengen müssen“, gebe ich zurück, was eine glatte Lüge ist, denn im Grunde will ich ihn schon jetzt nicht mehr loslassen.
 

Taro lächelt neckisch und ich sehe ihm an, dass er die Herausforderung annimmt. Na prima. Schon wieder stecke ich in meinem in letzter Zeit typisch gewordenen Zwiespalt. „Angenehm“ versus „Gefährlich“. Die Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie ich mich verhalten soll, bekomme ich nicht. Taros Hände vergraben sich in meinen Haaren und zwingen mich mit sanfter Gewalt, meinen Kopf in den Nacken zu legen. Gleich darauf beginnt er mein Gesicht zu küssen.
 

Automatisch schließe ich die Augen und genieße die sanften Bewegungen seiner Lippen. Sie wandern über meine Schläfen, meine Stirn, meine Augen, meine Wangen, meine Nase, mein Kinn bis sie schließlich auf meinen Lippen zum Liegen kommen.
 

Ich lasse ihm machen, genieße einfach nur. Er gibt sich wirklich Mühe, seine Worte wahr werden zu lassen. Ich handele intuitiv und versuche nicht zu verbergen, wie sehr mir seine Berührungen gefallen. In dieser Situation kann ich es mir erlauben. Dafür achte ich darauf, dass meine Arme entspannt um Taros Taille liegen. Wenn ich sie fest um ihn schlänge, wäre das ein Zeichen dafür, dass er recht hat. Solange ich das nicht tue, wird sein Ehrgeiz ihn noch ein bisschen weitertreiben. So schnell gibt Taro nicht auf.
 

Seine Lippen bewegen sich fordernd. Seine Zunge streicht bittend über meine Lippen. Er knappert neckisch an meiner Unterlippe. Langsam aber sicher bricht er meinen Widerstand. Eigentlich wollte ich ja nicht darauf eingehen. Irgendwann öffne ich dann doch meinen Mund und gewähre ihm Einlass. Er nutzt die Gelegenheit sofort und erkundet spielerisch meinen Mund. Immer wieder stupst seine Zunge die meine an, bis ich schließlich darauf eingehe. Der Kuss wird immer fordernder, bleibt aber zärtlich.
 

„Das gibt’s doch nicht“, meint Taro, nachdem er den Kuss beendet hat. Meine Arme liegen immer noch locker um seine Taille.
 

„Anscheinend doch“, murmele ich triumphierend und grinse ihn von unten herauf an. Mit einer Hand streiche ich seinen Rücken hinauf und kraule durch die weichen Locken. „Aber für einen naiven, schüchternen, süßen Jungen war das ganz schön beeindruckend.“
 

„Ich weiß“, gibt Taro selbstbewusst zurück. Als er sich erheben will, halte ich ihn zurück. Fragend hebt er eine Augenbraue.
 

„Du willst doch jetzt wohl noch nicht gehen, Sweety“, hauche ich ihm entgegen und es fällt mir überhaupt nicht schwer, verführerisch zu klingen. Unsere Freunde, die bis jetzt still gewesen sind, brechen in schallendes Gelächter aus. Anscheinend habe ich den typischen Omata-Ton getroffen.
 

„Was kann ich denn sonst noch für dich tun, Honey“, antwortet Taro lasziv. Wir schauen uns einen Moment in die Augen und werden danach vom Lachen unserer Freunde angesteckt. Als Taro wieder neben mich auf die Bank rutscht, sehe ich, dass sie teilweise schon Tränen in den Augen haben und auf den Tisch klopfen.
 


 

***

„Hey, Schlafmütze, aufwachen!“, vernehme ich Taros eindringliche, aber amüsierte Stimme.
 

„Was ist denn los?“, frage ich verschlafen und blinzele.
 

„Om hat uns über das verlängerte Wochenende zu sich aufs Land eingeladen“, erklärt Taro und ehe ich reagieren kann, ist meine Decke futsch.
 

„Welches verlängere Wochenende?“, frage ich schwerfällig. Am Freitag müssen wir ja zur Schule.
 

„Das verlängerte Wochenende, das sie uns verschafft hat, indem sie mit Yamaguchi gesprochen hat“, erwiderte Taro und ich sehe ihm an, wie zufrieden er ist.
 

„Cool“, gähne ich, womit ich das Wort ziemlich in die Länge ziehe. „Reicht es nicht, wenn wir heute Nachmittag da sind? Wie viel Uhr ist es überhaupt?“
 

Als ich nach meiner Decke lange, ist Taro darauf vorbereitet. Er kennt mich sehr genau. Dass mein Ausspruch für mich bedeutet, dass es meiner Meinung nach definitiv reicht am Nachmittag anzukommen, ist ihm anscheinend klar gewesen.
 

„Es ist viertel vor neun. Das Wetter ist wunderbar und ich will den Tag im Grünen genießen. Du weißt schon, Tag der Natur“, meint er gutgelaunt. Und ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass dieser Ton für mich nichts Gutes verheißt. Lange zu schlafen, kann ich abschreiben.
 

„Ja, ja“, brumme ich wenig begeistert. Ein paar Minuten kann ich vielleicht noch herausschlagen.
 

„N bisschen mehr Begeisterung, wenn ich bitten darf“, verlangt Taro mit einem übertriebenem Grinsen im Gesicht. Toll. Jetzt macht er sich auf noch über mich lustig. Na, wenigstens bin ich so wach, dass ich es bemerke. „Na los, Dornröschen. Aufstehen!“
 

„Mmm“, murre ich widerwillig und murmele in Erinnerung an das Märchen: „Dornröschen musste erst wach geküsst werden. Und das auch erst nach 100 Jahren. Du bist also viiieeel zu früh.“
 

Ich habe gerade die Augen geschlossen und mich bequem auf die Seite gerollt, als ich Taro Lippen auf meinen spüre. Genießerisch seufze ich auf. Der Junge kann vielleicht gut küssen. Ich gebe mich dem Gefühl hin und merke nur am Rande, dass er mich auf den Arm nimmt und wir uns bewegen. Auch das Rauschen des Wassers ignoriere ich.
 

„Jetzt wach?“, fragt Taro nach einem Moment keck.
 

„Uhm, nee“, gebe ich zurück. Zum einen, weil es wirklich stimmt und zum anderen in der Hoffnung auf noch so einen Kuss.
 

„Tja dann“, erwidert er und seine Stimme lässt böses ahnen. Bevor ich überhaupt die Augen öffnen kann, läuft mir eiskaltes Wasser übers Gesicht.
 

„Arg verdammt“, fluche ich und reiße die Augen auf. Ein nasser Waschlappen schwebt über mir, der mir im nächsten Moment ins Gesicht klatscht. „Arsch“, murre ich, aber Taro setzt mich nur schnell auf der Toilette ab und verlässt lachend das Bad.
 

„Deine Märchenkenntnis war auch schon mal besser, Litaro Tarimo“, rufe ich ihm hinterher, nachdem ich den Waschlappen ins Waschbecken gepfeffert habe, aber das Lachen erlischt nicht.
 

Seufzend ergebe ich mich meinem Schicksal.
 


 

***

„Hier ist es“, sagt Taro, als wir auf eine Lichtung hinaustreten.
 

„Na endlich!“, murre ich und laufe den leichten kurzen Abhang herunter, um die Picknickdecke auf gerader Fläche auszubreiten.
 

Dieser Tag ist echt nicht mein Glückstag. Kaum waren wir im Landhaus meiner Oma angekommen, teilte uns ihr Hausverwalter mit, dass sie noch Einkaufen gefahren sei, weil sie vor dem Nachmittag nicht mit uns gerechnet habe. Kurzerhand hat Taro vorgeschlagen ein Picknick zu machen. Beim ersten Hören klang das echt toll. Picknicken bedeutet Essen und essen tue ich immer gerne. Was ich da noch nicht wusste, ist, dass Taro sich eine bestimmte Wiese ausgeguckt hatte, die bestimmt nen Kilometer entfernt liegt. Normalerweise nicht soo das Problem, wenn man aber dank einer Bänderdehnung verdammt vorsichtig beim Laufen sein muss und es auch noch quer durchs Gelände geht, sieht die Sache schon ganz anders aus.
 

Ich werfe meine Schuhe neben mir ins Gras, strecke mich auf der Decke aus und lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen. Eine leichte Brise streicht mir kühlend übers Gesicht. Blätter rascheln im Wind und im ganzen Wald ist Vogelgezwitscher zu hören. Und wenn ich die Augen wieder öffnen würde, sähe ich eine saftig grüne Wiese mit vielen bunten Blumen … von denen ich gerade sicherlich einige platt gemacht habe. Im Moment ist das mein befriedigendster Gedanke.
 

„Es ist wirklich schön hier“, verkündet Taro und ich höre regelrecht, dass er lächelt.
 

„Hm“, brumme ich nur. Unter anderen Bedingungen würde ich ihm vielleicht sogar zustimmen. Aber ich spüre einen leichten Schmerz in meinem Knöchel, weil ich gerade einen Kilometer über Stock und Stein gelaufen bin. So viel schöner, als die Wiese hinter Oms Haus kann diese gar nicht sein, dass ich halbwegs gute Laune haben könnte.
 

„Hier Muffelli“, meint Taro seufzend und legt etwas auf meiner Brust ab. Als ich die Augen öffne und den Kopf hebe, erkenne ich mehrere Reisbällchen auf einem Pappteller.
 

„Danke“, murmele ich, schnappe mir eins und beiße herzhaft hinein. Von Taro gemacht, signalisieren mir meine Geschmacksnerven sofort. „Die sind gut.“
 

„Freut mich“, bedankt er sich und macht es sich neben mir auf der Decke bequem. Eine Weile essen wir still, obwohl von Stille eigentlich nicht die Rede sein kann, bei dem ganzen Trara, das die Tiere im Wald veranstalten.
 

„Du schuldest mir noch eine Erklärung“, sage ich irgendwann spontan. Neben mir dreht sich Taro auf die Seite, stützt seinen Kopf auf einem Arm ab und sieht auf mich herab.
 

„Stimmt“, bestätigt er, „das ist aber mehr eine Theorie.“
 

„Dann erklär mir deine Theorie“, antworte ich nur.
 

„Normalerweise kann ich meinen Körper relativ gut einschätzen, wenn ich allerdings Medikamente nehme, dann verzerrt sich mein Einschätzungsvermögen, weil zum Beispiel bei Schmerzmitteln eine Betäubung einsetzt. Bei dir kann ich das logischerweise nicht so gut und da ich mir halt Sorgen um dich mache, schicke ich dich eher zum Arzt, damit sich dein Leiden jemand ansieht, der mehr Ahnung hat als ich.“
 

„Klingt logisch“, stimme ich zu, schränke aber sofort ein: „Das erklärt aber immer noch nicht, warum du selbst dann nicht zum Arzt gehen willst, wenn es dir wirklich schlecht geht.“
 

„Mhm“, gibt er erst nur von sich und ich sehe, wie sich seine Augen verdunkeln. Es ist so, als würde er in die Vergangenheit blicken. Und ich sehe Schmerz und Trauer. „Wenn ich krank bin, schwach bin, fühle ich mich oft an die Zeit erinnern, kurz nachdem ich meine Mutter verloren habe. Dieses Gefühl der Hilflosigkeit, das geradezu Übelkeit erregend ist. Du bist der wichtigste Mensch für mich, viel wichtiger, als meine Mutter damals für mich war, und um nichts in der Welt will ich dich verlieren. Ich bezweifele, dass ich den Verlust verkraften würde. Du weißt, wie es mir in der Zeit ging, in der ich dachte, du seist tot. Wenn ich nur an das Gefühl denke … Da ich mich halt besser einschätzen kann, wenn ich keine Medikamente nehme, gehe ich solange wie möglich nicht zum Arzt. Es ist nichts Rationales. Es ist mehr eine Angst, was passieren könnte, wenn ich mich und meine Umgebung nicht richtig einschätzen kann.“
 

Jetzt verstehe ich, was Taro damals mit „Es resultiert aus einem Gefühl“ gemeint hat. Und ich kann auch seinen extremen Beschützerinstink mir gegenüber nachvollziehen. Ich lächele ihn an. „Versprichst du mir etwas?“, frage ich.
 

„Kommt drauf an“, erwidert er.
 

„Geht ab jetzt zum Arzt, wenn es dir nicht gut geht. Gutes Selbsteinschätzungsvermögen hin oder her. Bestimmte Krankheiten und Verletzungen kann nun mal nur ein Arzt feststellen. Ich verlange nicht, dass du irgendwelche Medikamente nimmst, wenn es nicht notwendig ist. Aber ich will dich nicht verlieren, weil irgendeine Krankheit aufgrund deines Beschützerinstinkts nicht entdeckt wurde. Ich würd nämlich auch ziemlich am Rad drehen, wenn ich dich verliere!“
 

„Okay, darauf können wir uns einigen“, stimmt er zu und schmiegt sich an meine Brust. „Ich darf doch?“
 

„Ja klar. Das gehört doch immer dazu“, sage ich in Gedanken an unsere Scheinbeziehung. Natürlich kann ich mir denken, dass er in diesem Moment wohl nur meine Nähe spüren will. Aber das muss ich ihm nicht auf die Nase binden. Ich habe keine Ahnung, wie er darauf reagieren würde.
 

„Mhm“, meint er nur und legt eine Hand neben seinem Kopf ab. Ich schlinge einen Arm um seinen Rücken und plötzlich kommt mir eine Idee, wie ich ihn zum Lachen bringen kann. Ich schiebe eine Hand unter sein T-Shirt und suche nach der Stelle, die der Auslöser dafür war, dass wir beschlossen haben, dass wir die Nähe des anderen absolut gewöhnt sein sollte und wir den Körper des anderen halbwegs kennen sollten.
 

Während ich einen Finger über Taros Seite kreisen lasse, was er mit einem zufriedenen Seufzen quittiert, muss ich unweigerlich an die Situation zurückdenken. Wir probten damals gerade für unsere erste Scheinbeziehung. Ich hielt ihn eng umschlungen, strich mit meinen Finger leicht über seine Seite und plötzlich fing er anzulachen. Genau wie in diesem Moment auch. Nur dass er es jetzt versucht, es zu unterdrücken.
 

„Hey, lass das“, bringt er stockend hervor.
 

„Wieso? Ich muss doch wissen, ob du hier“ Ich lasse meinen Finger provokant über der Stelle kreisen. „immer noch so kitzelig bist.“
 

„Das weißt du ja jetzt“, meint er und kichert unterdrückt. Recht hat er, aber das hab ich von Anfang an geahnt. Es macht Spaß, ihn auf diese Art zu reizen. Und sein Lachen ist einfach himmlisch. Warum sollte ich also damit aufhören?
 

Ich schlinge meinen zweiten Arm um ihn, und versuche ihn ruhig zu halten. Es entsteht eine kleine Rauferei, bei der wir lachend über die Wiese kullern. Dummerweise habe ich in dem Moment, als ich das angefangen habe, vergessen, dass Taro den Spieß gerne umdreht und noch dazu stärker ist als ich. So ist es nicht verwunderlich, dass ich mich irgendwann unter ihm wiederfinde.
 

Mit einer Hand drückt er meine Arme über meinem Kopf ins Gras. Er sitzt auf meiner Hüfte und hält meinen Körper mit seinem Gewicht am Boden. Ich spüre ihn zu deutlich, während ich mich unter ihm winde, um vielleicht doch noch eine Möglichkeit zu finden, mich zu befreien.
 

„Dann wollen wir mal sehen, wo du besonders empfindlich bist“, verkündet Taro breit grinsend und seine andere Hand schlüpft unter mein Hemd. Überrascht keuche ich auf, als ich seine Hand sanft über meinen Oberkörper streichen spüre. Auf diese Art und Weise hat er mich noch nie berührt.
 

Während ich wenig später doch noch in schallendes Gelächter ausbreche, weil er mich kitzelt, komme ich nicht umhin, zu bemerken, dass mein Plan zur Orientierung bestens funktioniert. Es sieht ganz danach aus, als ob ich so mehr in Erfahrung bringen kann. Vielleicht auch das, was ich wirklich wissen will.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Yeliz
2011-06-19T04:02:57+00:00 19.06.2011 06:02
Haaah und das Dritte kommt auch noch angeflogen (:
Ich konnte einfach nicht widerstehen weiterzulesen, schrecklich x'D

Taktiken um Taktiken.. soviel nachdenken tu meistens nur ich in meinem Umfeld. ;D
Makato ist wohl oder übel einfach bezaubernd (:

Wette war top und wie du das beschrieben hast.. unfassbar, ich bin unglaublich entzückt 'thaha' !
Ausschlafen, oh jaaa.. da sind Toto und ich einer Meinung ! (; Aber so eine morgendlich Begrüßung ist doch recht lustig 'grins'
'thihi.. die Wiesenszene ist wunderschön und gott, das ist wahrhaftig unfair, wenn jemand dieses Spiel umdreht ><' Schrecklich wenn man so kitzlig ist.

Ich bin mal wieder mehr als zufrieden mit diesem Kapitel und ich hoffe das ich dein Nächstes sofort schaffe zu lesen und zu kommentieren. (:
Danke'schön für so eine Versüszung zum Start des Tages. ;D
Ganz fettes Lob für dich (:
Ganz liebe Grüsze
Träumerin ;D
Von:  Inan
2011-06-14T14:15:45+00:00 14.06.2011 16:15
Natürlich muss die Probe auf Dornröschens Exempel auch gemacht werden xD
Wirklich süß, wie gut die Beiden harmonieren, letztendlich fehlt da nicht mehr viel ;)
Tolles Kapitel~ x3
Von:  tenshi_90
2011-06-14T06:30:44+00:00 14.06.2011 08:30
Hey!

Also das Kapitel war wieder echt klasse... ich find es so niedlich, wie die beiden miteinander umgehen =)

Dafür, dass sie eigentlich ne Scheinbeziehung führen, kommen sie sich privat doch sehr nahe ^^

Freu mich aufs nächste Kapitel

LG


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