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Gaias Lilie

von

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Kapitel 20

Sayuri hatte schlecht geschlafen und sah daher blasser aus als sonst beim Frühstück. Amaya sorgte sich ein wenig um sie.

„Geht’s dir denn nicht besser? Möchtest du dich wieder hinlegen. Dann lassen wir dir was bringen.“
 

„Nein nein. Geht schon.“ Lächelte die Blasse tapfer. Doch die Wahrheit war, dass sie liebend gerne zurück ins Bett wollte. Die Nacht war viel zu schnell wieder um gewesen. Sie war spät ins Bett gegangen, doch Seijitsu musste bewegt werden, wenn sie keine unliebsamen Überraschungsgeschenke in ihrem Bett vorfinden wollte. Sie hatte ihm diesmal eine improvisierte Leine umgelegt. Schließlich hatte sie ja erlebt, dass sie kaum Chancen hatte, wenn er ihr entwischte. Und auf eine erneute Verfolgungsjagd hatte sie um ehrlich zu sein keine Lust. Nun lümmelte er neben ihrem Stuhl und schlang gierig sein Futter hinunter, während Sayuri lustlos in ihrem Tee herumrührte.
 

Ein aufmerksames gelbes Augenpaar beobachtete sie dabei.
 

„Ich glaube ich lege mich doch noch einmal ein bisschen hin.“
 

„Brauchst du etwas?“ wollte sie Amaya schon begleiten.
 

„Neinnein… schon alles in Ordnung. Ich hatte heute Nacht einfach nur schlecht geträumt. Und Sei hat mich etwas zu früh geweckt.“
 

„Ich schau nachher trotzdem mal rein, wenn das in Ordnung für dich ist.“
 

„Natürlich. Bis nachher.“ Langsam tappste Sayuri zurück in Richtung Zimmer. Ihre Gedanken kreisten noch immer um Ryota. Es ließ ihr einfach keine Ruhe, sosehr sie sich auch anstrengte. Einerseits sagte ihr eine Stimme, lass es – er ist ein Idiot. Aber andererseits wollte sie unbedingt verstehen, was mit ihm nur los war. Es musste etwas mit seiner Vergangenheit zu tun haben. Zumindest ließen das die wenigen Gerüchte so vermuten. Amaya sprach fast gar nicht darüber. Sie versuchte das alles wegzulächeln und hoffte, dass es sich schon wieder einrenken würde. Und mit wem anderen konnte sie auch nicht darüber sprechen. Der Prinz war einfach ein Tabuthema. Und wenn sie selbst mit ihm sprach? Die kalten Augen blitzen vor ihr auf und sie zuckte zusammen. Nein – er würde sie nur wieder zurückweisen im besten Falle. Im Schlimmsten….
 

„Verdammt.“ Fluchte sie leise vor sich hin.
 

„Nana – hübsche Mädchen sollte nicht fluchen.“ Sayuri fuhr erschrocken herum. Shirou stand plötzlich neben ihr.
 

„Oh. Ich habe dich gar nicht gehört.“
 

„Warst wohl sehr in Gedanken?“
 

„Ja…“
 

„Darf ich raten?“ grinste der Kater wissend. „Ryota?“
 

„Woher?...“
 

„Wenn jemand so ein Gesicht macht ist es immer Ryota.“ Das hatte sie doch schon mal von jemanden gehört.
 

„Ja – du hast recht. Ich versuche ihn zu verstehen und kann es nicht.“
 

„Das kann hier irgendwie keiner so recht.“
 

„Aber… er war gestern so anders. Als wir unterwegs waren. Und dann später im Stall….“ Sie biss sich auf die Lippe. Sollte sie wirklich etwas davon sagen. „ Ich habe mitbekommen wie er und Van sich fürchterlich gestritten haben. Und er war so… ausgewechselt. So vollkommen anders. Richtig verletzend.“
 

„Verstehe.“ Die gelben Augen blitzten auf. „Komm. Lass uns mal ein paar Schritte gehen. Ich würde dir gerne ein wenig was erzählen.“
 

Sayuri horchte auf und folgte ihm aber schweigend.
 

„Ich kenne ihn nun schon sehr lang. Ich kannte ihn auch schon zu der Zeit, als seine Mutter noch lebte. Damals waren Merle und ich gerade zusammengekommen. Ryota war schon immer in sich verschlossen gewesen. Er war noch nie gut darin, Menschen in sein Leben zu lassen und sich und seine Gefühle einfach so mitzuteilen. Die Einzige, die es wirklich geschafft hatte zu ihm durchzudringen und zu verstehen war seine Mutter. Sie war eine sehr wichtige Person in seinem Leben. Bis heute wohl die Wichtigste. Ähm - Ryota hat von klein auf schon immer großes Talent gehabt in allem was er tat. Das und die Tatsache, dass auch Van schon sehr früh erwachsen sein musste führten dazu, dass Van sehr hohe Erwartungen in seinen Sohn setzte. Zu hoch teilweise, wie sich herausstellte. Schließlich war er noch ein Kind und wollte auch eines sein. Doch einfach so draußen im Dreck spielen wie andere Kinder, ging eben nicht. Vom Königshaus wird eben viel erwartet. Was die Beziehung zwischen Vater und Sohn nicht gerade dienlich war, wie du vielleicht nachvollziehen kannst. Damals schon. Zwei Sturköpfe, wenn man das so sagen kann. Doch Nozomi war die gute Seele der Familie. Sie war ihre Vermittlerin.Sie erinnerte Van regelmäßig daran, dass es auch noch etwas anderes gab als die Pflichten. Und verschaffte den Beiden Rückhalt und Ryota und auch Amaya ihren kindlichen Freiraum. “ Sayuri verstand, was er damit sagen wollte. Shirou blieb stehen. „Weißt du eigentlich, wie sie gestorben ist?“
 

Sayuri schüttelte den Kopf. „Nur, dass es ein Unfall war.“
 

„Ja. Ein Zugtier muss wohl durchgegangen sein und hatte sie erfasst. Ich kann dir allerdings nicht genau sagen, was in allen Einzelheiten passiert war, da ich selbst nicht zugegen war. Doch Ryota war dabei.“
 

Nun horchte Sayuri auf. Das war nun wirklich etwas Neues für sie.
 

„Wir wussten nichts von der Tragödie, bis Ryota zurückgebracht wurde. Zwar war er, wie ich schon erwähnte, noch nie gut gewesen, Gefühle zu zeigen - aber ein Blick in das Gesicht des Jungen und man wusste, sofort, dass etwas Schreckliches passiert sein musste. Van kam ein wenig später nach.“
 

„Ryota kam alleine zurück?“
 

„Ja. Das ganze musste ziemlich übel gewesen sein. Nichts was man seinem Kind zumuten möchte, wie du dir denken kannst.“
 

„Ja – kann ich verstehen.“
 

„Nunja. Auf jeden Fall – wir waren alle sehr bestürzt. So wie der Junge aussah brachten wir ihn erst einmal in das Krankenzimmer. Er war so blass und sprach kein einziges Wort. Wir waren sehr beunruhigt. Und als Van dann später zu ihm kam – ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll - in dem Moment hat sich Ryota verändert. Er stieß seinen Vater von sich weg, die Tränen versiegten und seine Augen wurden hart. Richtig hart, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe. Ich weiß nicht, ob du verstehst, was ich meine.“
 

Natürlich wusste Sayuri wovon er sprach. Diese tiefdunklen Augen, die sie bis ins Mark hatten erzittern lassen. Wie er sie damals gepackt hatte… nie könnte sie das jemals vergessen.
 

„Er sprach immer noch kein Wort… und dann wandte er sich einfach von Van ab. Er versuchte noch mit ihm zu reden. Ryota schlug seine Hand regelrecht von sich fort. Ab da war dann alles anders.“
 

Beide schwiegen für eine Weile. „Weißt du – davor war er wenigstens noch einigermaßen zugänglich gewesen. Und selbst nach der Beerdigung konnte man Ryota noch einigermaßen unter Kontrolle halten. Da hatten wir noch die Hoffnung, dass es sich schon wieder legen würde. Dass es einfach der Schock ist. Aber wurde älter und ließ sich immer weniger sagen. Wie gesagt, war er schon immer irgendwie ein Eigenbrödler, aber noch nicht einmal annähernd so schlimm wie es jetzt ist. Er tut was er will und Van ist inzwischen machtlos dagegen.“

„Was ist eigentlich mit Amaya. Wo war sie denn als das passiert ist?“
 

„Maya lag mit Pocken zu der Zeit krank im Bett. Sie hatte so furchtbar geweint, dass sie nicht mit in die Stadt durfte. Sie mussten ihr versprechen ein Geschenk mitzubringen.“ Shirou lächelte bei der Erinnerung daran.
 

„Verstehe…“
 

„Ja – unser kleiner Sonnenschein. Sie hat es auch nicht einfach gehabt. Aber ich bewundere sie sehr, wie sie mit all dem hier umgeht. Sie ist auch noch eine der wenigen, mit der Ryota noch auskommt. Für die er etwas tut. Wahrscheinlich ist sie auch einer der wenigen Gründe, warum er überhaupt noch hier ist.
 

„Wie meinst du das – noch hier ist?“ Sayuri erschien ein wenig alamiert.
 

„Ich kann mir vorstellen, wie der Streit zwischen Van Ryota gestern wohl abgelaufen sein muss. Wir erleben das hier bei Gott nicht das erste Mal. Es stand schon mehr als einmal kurz vor der Eskalation. Versteh mich nicht falsch. Ich bin durchaus der Meinung, dass Ryota seinen Vater liebt – aber wie ich schon sagte, wird es immer schlimmer zwischen Van und ihm. Und die Stricke die den Jungen hier im Palast halten, scheinen immer weniger zu werden.“ Shirou hielt an. „Van kann nicht mehr soviel schlucken. Merle versucht zwar was sie kann, um ihn auch ruhig zu halten Aber Ryota treibt es auch immer wieder zum Äußersten. Und ich befürchte, irgendwann wird der große Knall kommen. Und ich befürchte, dass die Familienbande dann vollends zerstört sein werden. Und dann ist Ryota weg.



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