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Prinzessin Rabenhaar

Oder auch: Wie angelt man sich einen Prinzen?
von

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Eifersucht

Als Lore erwachte, fühlte er sich zerschlagen und gähnte laut. Gerade wollte er sich aufrichten und sich strecken, als ihm plötzlich sein kleines Problem wieder in den Sinn kam und er sofort nachunten blickte. Zu seiner Erleichterung war die Beule nicht mehr da und er sank mit einem Seufzen zurück in die Kissen. „Ein Glück!“, sagte er leise und schloss kurz die Augen. Öffnete sie aber wieder, als ihn ein strenger Geruch in die Nase stieg und kurz wusste er nicht, was hier so roch. Doch als er an sich selbst roch, verzog er das Gesicht angwidert. Er roch so widerlich. Lore schüttelte sich und schaute zur Tür, die ans angrenzende Badezimmer führte. Ein Bad würde sicherlich helfen, diesen Gestank loszuwerden. Schnell kletterte er aus dem Bett und griff nach der hölzernen Türklinke. Kaum dass er sie runterdrückte und die Tür aufzog, quoll dicker Dampf aus dem Türspalt und als Lore sie noch weiter aufzog, kam ihm eine Gestalt entgegen, die er zuerst nicht erkannte. Aber dann lichtete sich der Dampf und er sah, dass es Laru war, die da vor ihm stand. Mit nicht mehr bekleidet, als einer groben Stoffdecke, um ihren Körper gewickelt. Ihr Haar hatte sie zu einem Knoten hochgesteckt und mit einigen Klammern fixiert. Einige Strähnen hatten sich jedoch herausgelöst und fielen ihr in Wellen über die Schultern. Ihre Haut schimmerte feucht von dem Wasser, in dem sie gebadet hatte. Ihre Lippen waren gerötet und verliehen ihr einen verlegenen Ausdruck. Aber auch einen verlockenden. Lore schluckte und ließ den Blick weiter über ihren, in der Decke gehüllten, Körper wandern. Sie verdeckte das nötigste, aber ihre Beine…

Ihre nackten Beine, die schmal und endlos lang zusein schienen, stachen besonders hervor, da sie weiss, wie Schnee waren und jedem Mann um den Verstand gebracht hätten. Nicht mal die Hofdamen hatten solch schöen Beine, dachte er. Irgendwann wurde er sich bewusst, dass er zulange auf ihre Beine gestarrt hatte und wandte den Blick ab. „Ich...Tut mir leid, ich… wusste nicht, dass…das Bad besetzt ist!“, brachte er stotternt hervor und war darauf bedacht, nicht ein weiteres Mal auf ihre Beine zuschauen. Dabei kam es sich wie ein Volltrottel vor. Laru lächelte. Lehnte sich laziv an den Türrahmen. „Ich bin sowieso gerade fertig. Ihr könnt als nächstes baden gehen!“, sagte sie und deutete mit einer Kopfbewegung zu dem Zuber, in dem weisse Schaumkronen umherschwammen. „Das Wasser ist noch warm!“

Lore nickte und schob sich an ihr vorbei. Laru trat etwas beseite, streifte ihn jedoch mit ihren Beinen. Ihr war nicht entgangen, wie er ihre Beine angestarrt hatte und hatte in sich hineingelacht. Er ist eben auch nur ein Mann, dachte sie sich und begann sich trockenzureiben und anzuziehen. Lore lag im Wasser, das wirklich noch warm war und wusch sich mit einem Schwamm und einem Stückchen Seife. Die Hitze und der Anblick ihrer nackten Beine sorgten dafür, dass er wieder die absurdesten Gedanken hatte und sich ausmalte, wie es wäre, ihre Beine zu berühren. Sie zu streicheln. Noch bevor seine Fantasien immer mehr Ausmaße erreichen konnten, ermahnte er sich, sich zu beruhigen und nicht weiter darüber nachzudenken. Doch so einfach war es nicht. Immer wieder sah er Laru halb nackt vor sich, wie sie ihn verführerisch anschaute und ihn zu sich ins Bett winkte. Das ließ sein Gesicht förmlich glühen und er schüttelte ihn heftig. „Hör auf, hör. auf hör auf!“, rief er mit erstickter Stimme. „Hör auf, weiter darüber nachzudenken!“

Ein Pochen ließ ihn zusammenzucken. „Ist alles in Ordnung mit Euch?“, fragte Laru von der anderen Seite der Türe und klang besorgt, aber auch etwas belustigt. Hatte sie ihn etwa gehört?

Lore betete, dass es nicht so war. „J-Ja, alles Bestens!“, rief er zurück und versuchte seine Stimme ruhig zu halten. Mit einem Mal war das Wasser nicht mehr so angenehm und er machte, dass er aus dem Zuber kam. Schnell trocknete er sich ab und versuchte dabei nicht weiter an die empfindliche Stelle seines Körpers zu kommen. Er wollte sich nicht vorstellen, was passieren würde, wenn er diese auch nur streifte. „Seid Ihr dann soweit fertig?“, fragte Laru dann. „Jaja!“

Wieder ging es aufs Feld, wo Mare schon wartete und den Prinzen herzlich grüßte. „Na, kein Muskelkater mehr?“, fragte er und Lore nickte. „Ja, Laru hatte…!“, wollte Lore sagen und schaute zu Laru, die ein verschmitztes Lächeln hatte. „...Ein gutes Mittel dagegen!“

Mare hob kurz die Brauen und auch seine Mundwinkel zuckten. Doch er verbiss sich jegliches Kommentar. Sehr zur Erleichterung des Prinzen. „Na. Dann können wir ja weitermachen!“, sagte er und klopfte ihm auf den Rücken. Lore nickte nur wortlos. Versuchte dabei ein Lächeln, doch der feste Klaps, den der etwas kräftigere Mann ihm gegeben hatte, ließ ihn aufkeuchen. „Dann bis heute abend!“, sagte Laru und wollte gehen, doch Mare hielt sie zurück. „Laru warte mal!“, rief er und Laru blieb auf der Stelle stehen. „Ja, was gibt es denn?“

„Heute Abend wollten wir ein wenig feiern. Und ich wollte fragen, ob du und dein Mann mitfeiern möchtet?“, fragte er. Laru war ein wenig überrascht, doch dann nickte sie. „Von mir aus gerne. Möchtest du auch, Lore?“, wandte sie sich an Lore und kurz überlegte der Prinz. Nickte aber dann. Warum nicht. Ein wenig feiern würde sicherlich nicht verkehrt sein. „Ich habe nichts dagegen!"

„Dann heute Abend. Ich werde bescheid geben, dass wir noch etwas mehr Essen und Trinken brauchen!“

„Gut!“, sagte sie und schaute dann die Strasse hinunter, als würde jemand auf sie warten. „Ich muss jetzt los. Wir sehen uns heute Abend!“, verabschiedete sich Laru und ging. „Was feiert Ihr denn?“, fragte Lore, als er und Mare auf dem Feld ihre Sensen schwangen und achtete dabei darauf, dass das Sensenblatt seinen Beinen nicht zu nahe kam. „Ist denn heute ein besonderer Anlass?“

„Nein. Das nicht!“

„Warum feiert Ihr dann?“

„Einfach so!"„Einfach so?“, fragte Lore irritiert. „Das begreife ich nicht. Da wo ich herkomme, feiern wir nur, wenn es etwas Besonderes gibt!“

„So? Wir feiern, wann immer es geht. Es sind die kleinen Freuden, die wir geniessen können, wenn mal nicht der Vogt in der Nähe ist!“, erklärte Mare mit einem Lächeln. Lore nickte. „Verstehe. Das ist auch wirklich ein Sklaventreiber!“, bemerkte er. Mare musste daraufhin lauthals lachen. Und klopfte ihm wieder auf den Rücken. Lore hoffte nur, dass seine Wirbelsäule nicht darunter irgendwann zerbrechen würde. „Ja, aber leider hält der König schützend seine Hand über ihn!“, erklärte er.

"Der König? Du meinst den Vater der Prinzessin? Ich dachte, die Prinzessin würder hier herrschen?“

„Das tut sie auch. Aber der König hat immernoch das sagen. Sie ist sozusagen Herrscherin auf Probe, wenn man es so sagen will!“, eklärte er ihn auf. „Das es sowas gibt!“, murmelte er nachdenklich und fragte sich, was wenn gewesen wäre, wenn sein Vater ihn auf Probe auf den Thron gesetzt hätte. Ob er erkannt hätte, dass er nicht dafür gemacht war?

„Ist sie denn so jemand, der man die Verantwortung, lieber nicht anvertrauen sollte?“ „Prinzessin Rari ist eine von wenigen Prinzessinnen, die dem Volk gut dient. Sie hört die Bitten und Wünsche des Volkes. Und frönnt nicht dem Luxus, wie so manch andere hoher Herrschaften!“, sagte er. Lore schluckte. Er fühlte sich dabei selbst irgendwie angesprochen. Bis vor einiger Zeit war er selbst einer dieser Menschen gewesen, der sich einem guten Leben hingab und den es nicht kümmerte, was mit den anderen war. Nun schämte er sich dafür. „Habt Ihr die Prinzessin denn schon mal gesehen?“, fragte er zaghaft. „Nunja…persönlich nicht. Aber hinundwieder kommt sie vorbeigefahren und grüsst uns!“, sagte Mare. „Und trotzdem wisst Ihr, was für ein Mensch sie ist?“

Manche Menschen muss man nicht leibhaftig sehen, um zuwissen, wie sie sind!“, verriet er. „Es reicht manchmal schon die Art, wie sie einem gegenübertreten und ob sie einen grüßen!“ Das machte Lore nachdenklich. Die Prinzessin schien sehr beliebt zu sein, trotz dass sie kaum einer gesehen hatte. Er konnte sich das nicht wirklich vorstellen. Aber Mare hatte vermutlich Recht und man musste niemanden persönlich sehen, um zuwissen, wer man wirklich ist und wie man ist. Er musste daran denken, wie er sie zum ersten Mal gesehen hatte.

Auch wenn er es nur schwer zugeben musste und auch zuspät: Sie hatte ihm schon irgendwie gefallen. Sie hatte sich nicht von seiner Überlegenheit beeindrucken lassen, von der er glaubte, sie zu haben, geschweige denn von seinem Titel und hatte ihm die Stirn geboten. Ihm sogar Wiederworte gebeben. Etwas was keine andere Frau getan hatte. Sie war wirklich etwas Besonderes. Und er?

Was hat er getan?

Anstatt sie zu seiner Frau zu nehmen, hatte er sie beleidigt und zurückgewiesen. Und dabei war sie eine Frau, die ehrlich war. Wiedermal bereute er, was er getan hatte. Aber andererseits, war es nicht so schlimm wie er gedacht hatte. Denn hatte er Laru getroffen. Jemand, der in ihm Gefühle weckte, die er noch nie hatte. Sein Vater hätte ihn auch mit einem anderen Bettelmädchen vermählen können, dass nicht so beschenkt war, wie sie. Aber sie war wahrlich zur richtigen Zeit, am richtigen Ort. Fast schon war er froh, dass er sie hatte. Dabei war es seltsam, dass er sich so freute. Aber vermutlich lag es an der Zuneigung, die er für sie empfand, dass er so dachte. Lore musste etwas lächeln. So muss es wohl sein, dachte er. „Hey, hör auf zu träumen. Wir müsen noch was schaffen!“, riss ihn Mare aus seinen Gedanken und schlug ihm auf den Rücken. „J-ja!“, keuchte Lore und machte sich an die Arbeit. Der Tag ging schneller zu neige, als Lore es sich bewusst war. Als die Sonne schon den Horizont berührte, merkte er, dass die Arbeit vorrüber war. Er wischte sich den Schweiss von der Stirn und zog sich sein Hemd aus. Einige der Frauen, die auf dem Feld arbeiteten, kicherten und tuschelten miteinander. Lore schenkte diesen nur beiläufig Interesse. Mare stiess ihn mit dem Ellengoen an. „Zieh lieber dein Hemd wieder an, ehe dich die anderen Männer lynchen, weil du deren Weibern den Kopf verdrehst!“, raunte er ihm zu. Lore schaute flüchtig zu den Männern, die umher standen und ihm, für wahr, mehr als nur böse Blicke zuwarfen. Schnell zog er sich das Hemd wieder über. Einige der Frauen seufzten niedergeschlagen, da ihnen der Anblick dieses schönen Männerkörpers nicht mehr vergönnt war. Wandten sich wieder der Arbeit zu. Lore enting nicht, wie traurig sie darüber waren und schaute Mare mit gehobenen Brauen an. Dieser grinste verstohlen von einem Ohr zum anderen. „Was haben die denn? Haben die noch nie einen nackten Männeroberkörper gesehen?“

„Doch, schon. Aber nicht so einen und da du neu hierbist, bist du so etwas wie eine Attraktion!“, sagte er grinstend und Lore verzog das Gesicht. „Schön, sowas zu hören!“, murmelte er. „Ich wusste nicht, dass ich eigentlich in einen Zoo gehören sollte!“

Mare lachte herzhaft auf und schlug ihm wieder auf den Rücken. Wenn er so weitermachte, würde Lores Rücken irgednwann unter den Schlägen brechen. „Sei doch geschmeichelt, dass du soviele Verehrerinnen hast!“

„Mir reicht eine Verehrerin!“, flüsterte er.

Laru kam, als es schon Abend war. Einige der Arbeiter waren geblieben, da sie mitfeiern wollten. Ein paar von ihnen hatten Musikinstrumente mitgebracht und andere Wein und etwas Brot und Käse. Mare und Caarza führten Lore, Laru, die ihn an der Hand nahm, und die anderen in den Wald, zu einer kleinen Lichtung, auf der sie ein Lagerfeuer entzündeten und sich darum versammelten. Caarza verteilte den Wein. Füllte ihn in kleine Tonbecher und schnitt jedem etwas Brot ab. Dann setzte sie sich zu Mare. Munte begannen sie sich zu unterhalten und Spässe zumachen. Meistens auf Kosten des Vogts. Lore konnte da nicht wirklich mitreden. So schwieg er und aß. Laru hingegen ließ sich von den Spassvögeln anstecken und sagte, dass der Vogt lieber Mal eine Diät machen sollte, antstatt ständig auf das Geld zu pochen. Daraufhin lachten die Männer und auch die Frauen. Lore musste ebenso grinsen. Dieses Mädchen nimmt wirklich kein Blatt vor dem Mund, dachte er sich. „Wie wäre es mit etwas Musik?“, rief Mare igrendwann und schwenkte den Becher, sodass der Wein darin schwabbte. Die Männer, die die Musikinstrumente mitgebracht hatten verstanden und begannen eine heitere Melodie zuspielen. Einige Männer nahmen sich ihre Frauen und begannen zu tanzen. Tanzten ums Feuer und lachten. Laru wiegte sich im Takt der Musik. Summte mit. Lore schaute hinundwieder verstohlen zu ihr. Fast hätte er sie gefragt, oo sie mit ihm tanzen wollte. Konnte es aber nicht. Etwas hielt ihn zurück. Und zu seiner Schande konnte er nicht sagen, was es genau war. Er konnte es einfach nicht. Also blieb er sitzen und schaute zu, wie die anderen tanzten. Mare und Caarza tanzten ebenso nicht, sondern unterhalten sich und sich hinundwieder geküsst. Lore merkte, wie er ein wenig eifersüchtig wurde. Mare und Caarza machten keinen Hehl daraus, das sie ein richtigtes Paar waren, während, er und Laru nicht mal über einen einfachen Kuss auf die Wange hinweg waren. Kurz blickt er zu ihr, sah das heitere Lächeln auf ihrem Gesicht. Wie sie in die Hände klatschte. So unbeschwert und glücklich. Trotz dass sie arm war und auf das Geld andere angewiesen war. Er selber war es nie gewesen. Immer hatte er gejammert und wenn er glaubte, er sei glücklich, so war das alles nur eine Einbildung. Und er fragte sich nun, ob er überhaupt richtig glückliche sein konnte.

Irgendwann hörten sie auf und setzten sich nach Luft ringend auf ihre Plätze. Tranken etwas Wein. „Laru, würdest du uns die Freude machen und uns ein Lied singen?“, fragte Mare und die anderen baten sie auch. „Ja, sing für uns!“

„Bitte, mach uns die kleine Freude!“

Laru hatte keine Chance, diese Bitte abzuschlagen. Und sie wollte es auch nicht. Mit einem Lächeln stand sie auf, nahm ihren Rock an dem Saum und machte einen Knicks. „Für Euch mein geliebtes Publikum!“, sagte sie und wie auf ein Zeichen, begann die Männer wieder zuspielen und sie zu singen.
 

Es ist nur ein Abglanz, den du von mir siehst

Aber ich weiß, dass es nicht real ist

Unter dem Glitzer und hinter all der Spitze

Kannst du da mein Gesicht sehen?

Ich werde der Spiegel sein, doch es liegen Welten dazwischen

Es ist nicht die Wahrheit, es ist nur ein Traum

Aber ich schätze, wir alle müssen an etwas glauben, an irgendetwas
 

Alle verfielen im andächtigen Schweigen. Einige warfen ihr bewundernde Blicke zu. Lore allerdings verlor sich bei dem Anblick, den sie bot. Das Feuer warf seinen goldenrötlichen Schein auf sie und ließ sie als etwas erscheinen, was nicht wirklich war. So wie sie es sang. Sein Herz krampfte sich zusammen.
 

Liebst du mich? So wie ich bin?

Brauchst du mich? Wirst du es versuchen?

Siehst du in mir alles, was ich sein kann?

Glaubst du?

Glaub an mich
 

Lore wusste, dass dieses Lied an ihn gerichtet war. So wie alle anderen davor. Er fühlte, wie sein Hals trocken wurde und er goss rasch etwas Wein nach.
 

Manchmal muss man verloren gehen,

Um gefunden zu werden

Man muss gehen, um wieder zurück zu kommen

Du musst jemanden freigeben, damit er zurückkehrt

Du lebst und lernst

Laru hatte es bisher vermieden, ihn anzusehen, doch nun drehte sie ihren Kopf etwas zu ihm herum und in ihren Augen las er etwas, was ihm innerlich zum zittern brachte.

Liebst du mich? So wie ich bin?

Brauchst du mich? Wirst du es versuchen?

Siehst du in mir alles, was ich sein kann?

Glaubst du?

Glaub an mich
 

Während sie diese Worte sang, sah ihn ununterbrochen an und Lore göaubte zu fühlen, sie würde diesesmal in seine Seele blicken. In sein Herz, um eine Antwort zu finden. Lore rutschte auf seinenm Platz nervös hinundher. Versuchte sich sein Unbehagen nicht anmerken zulassen. Irgendwann schaute Laru wieder weg. Wofür Lore ihr dankbar war.
 

Ich habe gehört,

Wahre Liebe sei blind

Das ist alles nur ein Gemütszustand

Wer nicht sucht, wird nichts finden und zurückbleiben

Liebst du mich? So wie ich bin?

Brauchst du mich? Wirst du meine Hand ergreifen?

Siehst du mich durch das Mysterium?

Glaubst du?

Liebst du mich? So wie ich bin?

Brauchst du mich? Wirst du es versuchen?

Vielleicht siehst du in mir alles, was ich sein kann

Glaubst du?

Glaub an mich
 

Als Laru fertig war, klatschten alle Anwesenden begeistert Beifall. Nur Lore nicht. Wie gebannt schaute er zu Laru hoch. Noch immer hüllte das Feuer sie in seinen Schein und er fühlte sich schwer wie Stein. Laru verbeugte sich und setzte sich neben ihn. Sah ihn nicht an. Lore dafür aber. Er fragte sich, warum sie stets solche Lieder sang. Wollte sie ihm damit etwas sagen?

Im Geiste ging er noch einmal ihr Lied durch und ganz bestimmte Zeilen hatten sich tief in sein Gedächtniss. „Liebst du mich? So wie ich bin? Brauchst du mich? Wirst du es versuchen? Vielleicht siehst du in mir alles, was ich sein kann!“

Eine kleine leise Stimme hätte am liebsten laut geschrien:„ Ja, ich liebe ich dich! So wie du bist und ich brauche dich!“

Aber Lore brachte sie schnell zum Schweigen. Es war zu früh, um wirklich sagen zu können, dass er sie wirklich liebte. Bis jetzt emfpand er für sie nur Freundschaft. Aber Liebe?

Lore wusste nicht zusagen, ob wirklich mehr dahinter steckte. Daher dachte er nicht weiter nach und versuchte den restlichen Abend zugeniessen. Irgendwann löste sich die Gruppe auf und Laru und Lore schritten über die staubige Strasse in Richtung ihres Zuhauses. Jetzt wo sie allein waren und schwiegen, kamen doch wieder die Gedanken, die er vorher schon gehabt hatte, als sie ihr Lied gesungen hatte, zurück und nagten an ihm. Er wollte sie zur Rede stellen, fand aber nicht die richtigen Worte. Fieberhaft suchte er nach einem Anfang, wie er den Satz richtigen formulieren sollte. Laru merkte es, wie ihn etwas wurmte. Sie seufzte. „Was ist es denn, was Euch so auf der Seele liegt?“, fragte sie und ließ ihn aus seinen Gedanken hochschrecken. Kurz war erstaunen in seinem Gesicht zusehen, aber auch Ratlosigkeit. Mit einem einzigen Blick, hatte sie erkannt, dass ihn etwas beschäftigte. Er fragte sich, wie?

Aber vermutlich kannte sie ihn mittlerweile lange genug, um zusehen, wann ihn etwas bedrückte. Und bei diesem Gedanken wurde er noch nachdenklicher. Sie kannte ihn, er sie nicht. Zumindest nicht so gut, wie er gedacht hatte. Wie beschämend, dachte er und zog den Kopf zwischen die Schultern. Trotz all der ganzen Zeit, weiss ich so gut wie gar nichts über sie, dachte er. Ich bin wirklich ein schlechter Ehemann!

Lore war dabei so sehr in Gedanken vertieft, dass er nicht merkte, wielange Laru ihn ansah und auf seine Antwort wartete. Erst als sie ihm mit ihren Ellenbogen in die Seite stiess. Lore zuckte zusammen und konnte nur schwer mit der Sptache rausrücken. „Wieso… wieso hast du solch ein Lied gesungen?“, fragte er zögernd. Laru schien nicht ganz zu verstehen, warum er solch eine Frage stellte. „Warum? Hat es Euch nicht gefallen?“, entgegnete sie die Frage mit einer Gegenfrage. „Doch, doch. Hat es. Ich hatte nur das Gefühl, du würdest mich damit meinen. Mit den Worten, die im Lied vorkamen!“

„Hattest du das wirklich?“, fragte sie und so etwas wie Hoffnung schwang in ihrer Stimme mit. Sie sah ihn mit einem glücklichen Lächeln an und Lore spürte, wie sich eine verräterische Röte auf seinen Wangen bemerkbar machte. Schnell schaute er weg. „Nunja…ja!“, gestand er kleinlaut. Laru kicherte leise, versuchte es dann, wie ein Husten klingen zu lassen. „Freut mich, dass es Euch gefallen hat!“, sagte sie und ihre Stimme wurde von einigen Glucksern unterbrochen.

Der nächste Tag brach an und Lores Schädel schmerzte. Der Wein, der so köstlich war und von dem er, mehr als nur ein Becher getrunken hatte, zeigte schon letzte Nacht seine Wirkung. Lore hatte geschlafen, wie ein Baby. Als er jedoch nun aufstehen musste, rächte sich dies und sein Kopf begann sich zu drehen. Lore hielt sich diesen und stiess einen klagenden Laut aus. „Mein Schädel!“, jammerte er. Laru, die sich schon gedacht hatte, dass ihr Mann einen Kater haben würde, schenkte ihm etwas kaltes Wasser ein und reichte ihm den Becher. Lore nahm diesen dankend an und trank den Becher in einem Zug aus. Das kalte Wasser war wie ein Schlag ins Gesicht und sorgte dafür, dass er wieder klar im Kopf wurde. Er blieb noch einige Minuten im Bett sitzen und wartete, bis der Kater verschwunden war. Als sich sein Kopf ein wenig leichter anfühlte, stand er auf und zog sich an. Laru war bereits anzogen und hatte sich daran gemacht, das Frühstück zumachen. Schon bald war das Haus vom Geruch von gebratenen Eiern und Speck erfüllt und ließen Lores Magen knurren. Der Kater war schnell vergessen und der Hunger war nun wichtig.

Lore sich an den Tisch setzte, war das Frühstück bereits fertig und Laru tat ihm etwas auf den Teller. Mit großem Appetit ass er das Frühstück auf und goss kräftig mit Wasser nach. Gemeinsam verließen sie dann das Haus. Laru hatte vorher noch etwas für den heutigen Tag eingepackt. Brot, Käse, Wurst und zwei Wasserschläuche. Lore war etwas erstaunt, da sie das Doppelte einpackte. Als er sie fragte, lächelte sie. „Habt Ihr es vergessen? Heute muss ich die Ziegen hüten und Ihr sollt mir dabei helfen!“

Natürlich, die Ziegen. Das hatte er ganz vergessen. „Weiss Mare denn schon bescheid?“, fragte er, da er nicht wollte, dass Laru Ärger vom Vogt bekamen, wenn er nicht zur Arbeit erschien. Laru grinste verstohlen. „Ja, weiss er und es ist in Ordnung!“

„Dann bin ich ja beruhigt!“, sagte er und sie machten sich auf den Weg. Der Besitzer der Ziegen war ein Bauer, der seinen Hof zwei Stunden entfernt von ihrem Haus hatte. Er war ein älterer Mann, ungefähr so wie sein Vater und hatte dennoch einen gutgebauten Körper. Seine Haut war durch die Sonne gebräunt und sein Haar, was mal dunkel gewesen war, hatte einige grauweisse Strähnen. Kaum das Laru und Lore in Sicht kamen, winkte er ihnen schon zu und rief quer über den Hof:„ Seid gegrüßt, Goldkehlchen!“

Kaum hatte er das gerufen, schon wurde die Tür zum Haus aufgerissen und eine Frau, in dem gleichen Alter, wohl seine Frau, und ihre zwei Kinder kamen heraus. Beides Mädchen. Als sie die beiden sahen, ganz besonders Lore, steckten sie die Köpfe zusammen und tuschelten. Lore merkte, wie er rot wurde. „Bitte erspare mir die Peinlichkeit, zu sagen, dass ich dein Mann bin!“, bat er sie leise. Laru lachte. „Warum? Ihr seid doch mein Mann?“

„Ja, aber jedesmal, wenn du das sagst, sehen mich die Leute an, als sei ich ein…ein Tier, was eigentlich in den Zoo gehört!“

Daraufhin musste Laru wieder lachen. Drückte dann seine Hand. „Ihr werdet es überstehen!“ Lore war sich da nicht so sicher, ging aber trotzdem weiter und als sie bei dem Bauern ankamen, waren die Blicke aller seiner gewiss. Besonders die der Mädchen. Verstohlen blickten sie ihn an und kicherten hinter vorgehaltenem Mund. Die Mutter wies diese sofort zurecht. „Hört auf, wie die kleinen Kinder zu kichern. Ihr bringt den armen Kerl ja noch in Verlegenheit!“

Die Mädchen konnten sich nur schwer zurückhalten und machten sich deswegen davon. Flüchteten förmlich in ein anderes Gebäude, aus dem die Geräusche von Kühen und Pferden zu hören waren. Die Mutter schüttelte den Kopf. „Also sowas!“, murmelte sie, und wandte sich wieder an Lore und Laru. „Und ihr wollt unsere Ziegen auf die große Wiese bringen?“, fragte sie mit einem Lächeln. Laru nickte. „Na, dann hole ich mal die Biester her. Bewegung und frische Luft schadet denen nicht!“, sagte die Frau herzlichst und ging vom Hof. Nun waren Laru und Lore mit dem Bauer allein. „Wann sollen die Ziegen wieder zurück sein, Jospa?“, fragte Laru. „So gegen Abend. Sie müssen sehr viel grasen, sonst haben wir nicht genug Milch um Käse zumachen!“, gab Jospa zu bedenken. Laru nickte. „Geht in Ordnung. Verlass dich auf mich!“

Lore hatte sich bis jetzt zurückgehalten und nur zugehört. Fragte sich, was sie nun erwarten würde. Ob es leicht sein würde, die Ziegen zu hüten?

Lore hoffte es.

Lautes Glockenläuten erklang und wurde lauter. Eine Herde von Ziegen, schwarz, weiss, gefleckt kam heran gelaufen. Sie mähten in freudiger Erwartung und tummelten sich um Laru und Lore herum. Stiessen mit ihren Köpfen sacht gegen ihre Beine. Wollten sie so zum Gehen bewegen. Laru kicherte und beruhigte sie. Lore wurde hingegen mumilig zumute. Es würde bestimmt nicht leicht werden, auf diese Biester achtzugeben. „Ähm…reicht es wirklich, wenn nur wir auf die Ziegen achtgeben?“, fragte er und schaute auf die Herde, die es kaum erwarten konnte, auf die Wiese zugehen. Sie kamen ihm wie eine Horde kleiner Kinder vor, die, wenn man nicht immer ein wachsames Auge auf sie hatte, sich davon stahlen und Gott weiss sonst wohin verstecken würde, nur damit man sie suchte. Jospa ahnte natürlich, was er mit dieser Frage meinte und stiess einen schrillen Pfiff aus. Augenblicklich kamen zwei große schwarze Hunde angerannt und bellten laut. Lore wich zurück. Sie erinnerten ihn an die Jagdhunde, die ihn stets auf seinen Jagden begleitet hatten und ihn zu so manch hervorragendem Fang verholfen hatten. Doch wo er bei seinen Jagdhunden das Gefühl hatten, dass sie ihm respektierten und ihm niemals was tun würden, so war er sich bei diesen Hunden nicht so sicher. Wachsam schauten sie sich ihn an und legten etwas die Ohren an. Lore machte einen Schritt zurück und stellte sich hinter Laru. Jospa musste ein Lachen unterdrücken. „Keine Sorge. Die beissen nicht!“, versichterte er ihm. Irgendwie konnte er ihm das nicht nicht so recht glauben.

Jospa beachtete den skeptischen Blick des jungen Mannes nicht. Er reichte stattdessen Laru einen langen Stab, an dessen Ende kleine Glöckchen festgebunden waren. Sie klingelten, als sie den Stab nahm und ihn sich in die Armbeuge legte. „Einfach pfeifen und mit den Glöckchen klingeln. Dann hören sie schon auf dich!“, erklärte Jospa. „Verlass dich auf mich!“, sagte Laru und pfiff einmal herzhaft und schwang den Stab, so dass die Glöckchen laut klingelten. Die Ziegen mähten umso lauter und kaum das Laru einen Schritt voran gemacht hatte, folgten sie ihr. Die Hunde flankierten die kleine Herde. Bellten hinundwieder mal und sorgten dafür, dass die Ziegen ja nicht aus der Reihe tanzten. Lore hatte Mühe neben Laru herzulaufen und dabei nicht über die Tiere zustolpern. Mehr als einmal liefen sie vor seinen Füssen her oder zwischen seine Beine und brachten ihn so aus seinem Gleichgewicht. Zuergn hätte er ihnen einenTritt versetzt. Hielt sich aber zurück. Nicht das Jospa ihm später die Hunde auf den Hals hetzte.

Sie entfernten sich immer mehr von dem Bauernhof und bogen dann um eine Kurve, hinter dieser dann vollends verschwand. „Wo ist denn diese große Wiese?“, fragte Lore neugierig und bahnte sich seinen Weg durch die Ziegenherde. „Etwa eine Stunde von hier entfernt, nördlich, wo die Berge sind!“, erklärte Laru und deutete in eine vage Richtung. „Ist hier immer alles soweit weg?“, grummelte Lore vor sich hin. Laru lachte. „Hier ist alles ein wenig weiter entfernt. Das meiste von dem Königreich besteht aus Wäldern und Feldern. Bergen und Wiesen. Es gibt wenige Strassen. Nur die Hauptstrasse, die in die Stadt führt!“, erklärte sie. Das war Lore schon vorher aufgefallen. Nie hatte er eine andere häufigbenutzte Strasse gesehen, als die Hauptstrasse. Ein wenig depremierend, wenn er daran dachte, dass das Reich seines Vaters mehr Strassen hatte, als dieses. Strassen, die belebt waren und die vorallem sicher waren. Hier war nichts, was daraud deutete, dass Soldaten oder einige Wachmänner hier patrouillierten. Er konnte sich gut vorstellen, dass es in der Nacht hier von Räubern und Banditen nur so wimmelten. Doch daran wollte er nicht weiter denken.

Der Weg führte sie über eine Brück, die aus stablien Holz erbaut war, und sich über einen schnell dahinströmenden Fluss spannte. Ein Mann, mit einer Angel saß auf dem Rand und schien ganz in seiner eigenen Welt versunken zusein. Dann, als er das Klingeln der Glöckchen hörte, drehte er sich um und grüßte die beiden. „Gott zum Gruße, ihr Lieben!“

„Gott auch zum Gruße dir!“, erwiederte Laru freundlich und ging weiter. Wie Laru gesagt hatte, dauerte es eine Stunde, ehe sie sie die große Wiese erreichten und Laru den Ziegen erlaubte zugrasen und herumzuspringen. Diese hatten nur darauf gewartet und stoben auseinander, wie freigelassene Tauben. Lore war verblüfft. Die große Wiese schien wahrlich groß zusein. Selbst mit dem blossen Auge ließ sich nicht sagen, wo sie endete. Sie hob und senkte sich in sanften Hügeln und war gesprenkelt mit den unterschiedlichsten wilden Blumen, die Lore je gesehen hatte. In der Ferne konnte er die Berge, als dunkelblaue gezackte Schatten sehen. Wolken türmten sich hinter diesen auf und hätten für einen Künstler das perfekte Model abgegeben. Einige Bäume, mit großenausladenen Kronen standen verteilt auf der Wiese und spendeteten für den Hirten genug Schatten, um sich darin auszuruhen und die Ziegen zubeobachten. Laru und Lore setzten sich unter einen von diesen. „Möchtet Ihr was essen?“, fragte sie und holte den Korb hervor. Schlug die Tücher auseinander. „Vielleicht eine Kleinigkeit!“, sagte er und schaute zu den Tieren, wie sie umher liefen und grasten. Die Hunde liefen mit aufgestellten Ohren umher und hatten immer ein Auge auf die Ziegen.

Laru reichte ihm ein Stück Brot und etwas Käse. „Hier bitte!“Wortlos nahm er es und biss hinein. Laru aß ebenfalls etwas und schenkte sich etwas von dem Quellwasser ein. Lehnte sich dann gegen den Baum und streckte die Füsse von sich. Den Hirtenstab hatte sie neben sich hingelegt. Lore fragte sich in diesem Moment, warum sie nicht mit den Hunden aufundab ging, wie es ein Hirte tat?

Hatte sie keine Angst, dass ihr eines der Tiere verloren gehen konnte?

„Wäre es nicht besser in der Nähe der Ziegen zubleiben?“, fragte er und zeigte zu der versprengten Herde, die einige Meter weiter von ihnen weg war.

„Was wenn eine von ihnen sich davonstiehlt?“

Laru schien seine Frage nicht wirklich zuverstehen, aber dann ahnte sie, was er ihr damit sagen wollte und lächelte beruhigend. „Kein Sorge. Die Hunde sind hervorragend ausgebildet dafür. Sie machen eigentlich die meiste Arbeit. Sollte dennoch etwas sein, so werde ich einschreiten!“, versicherte sie ihm. Lore sagte darauf erstmal nichts, sondern blickte zu den Hunden, die sich gesetzt hatten und hinundwieder einen bellenden Laut von sich gaben, sobald eine der Ziegen die Herde verließ. Offensichtlich waren das wirklich gute Hunde. Nicht einmal ließen sie die Ziegen aus den Augen. Lore fragte sich, ob das auch wunderbare Jagdhunde wären. So schnell und aufmerksam wie sie waren, würde es ihn nicht wundern.

Da schlug einer der Hunde Alarm und bellte laut in eine unbestimmte Richtung. Die Ziegen drängten sich automatisch ängstlich aneinander und mähten nverös. „Was ist da los?“, fragte Lore. Laru schaute hin und runzelte die Stirn. „Keine Ahnung. Ich gehe mal nachsehen. Warte hier!“, sagte sie und stand auf. Nahm sich den Stab und lief zu den Ziegen. Lore lehnte sich zurück und sah ihr nach. Vorhin hatten sie noch darüber gesprochen, dass Laru nur einschreiten musste, wenn es wirklich notwendig war. Nun schien so ein Fall eingetreten zusein. Lore beobachtete, wie Laru auf die nervösen Tiere einredete und die Hunde beruhigte. Ging dann einige Schritt um etwas zusehen. Lore schloss kurz die Augen. Als er sie wieder öffnete, war Laru wieder da und hatte sich neben ihn gesetzt. „Und was war?“, fragte und gähnte. „Ach, nichts Besonderes. Ein Tier muss sie aufgescheucht haben!“, erklärte Laru. Lore nickte nur. Dann gähnte er und wollte sich hinlegen. Dabei war er eigentlich nicht müde. Aber er fühlte sich seltsamerweise ermattet und legte sich ins Gras. Es war weich und roch frisch. Lore lächelte etwas und verschränkte die Hände auf dem Bauch. Ließ den Wind über sich hinwegwehen, der die kühle Luft der Berge zu ihnen brachte und die Blätter über ihm zum Rascheln brachte. Das Gebimmel der Ziegenglocken und deren Geblöke schien ganz weit weg zu sein und Lore merkte, wie er einschlief. Wachte aber dann auf, als er plötzlich spürte, wie Laru ihm über die Stirn strich. Dabei bemerkte er, wie nahe sie sich zu ihm hinuntergebeugt hatte. Sein Herz schlug aufeinmal ganz schnell und sein Mund wurde trocken. „Laru…was…?“, wollte er sagen, doch da hatte Laru ihm schon den Finger auf die Lippen geleckt und flüsterte mit einem verschwörischem Grinsen:„ Haltet den Mund küss mich!“

Und noch bevor er etwas sagen konnte, drückte sie ihm sanft ihre Lippen auf seinen. Lore Herz schien nun beinahe zu explodieren. Ihr Kuss raubte ihm förmlich den Atem. Nie hätte er damit gerechnet. Und er musste zugeben, dass es ihm gefiel. Er hatte sich insgeheim immerschon gefragt, wie es wäre ein Mädchen zu küssen und ganz besonders sie. Nun wusste er es und es fühlte sich gut an. Ihre Lippen weich und süß, wie Nektar. Dabei war sie wie er ein wenig schüchtern. Knabberte zaghaft an seiner Unterlippe. Lore erging es nicht anders. Vorsichtig um sie nicht zu erschrecken, legte er die Hände auf ihre Schultern. Drückte sie etwas. Laru seufzte dabei auf und vertiefte den Kuss. Wurde etwas mutiger. Lore auch. Zog sie auf sich drauf, sodass sie auf ihm lag und umarmte sie. Sie küssten sich eine Ewigkeit und Lore verlor sich darin. „Laru!“, keuchte er zwischen dem Kuss auf und ließ seine Hände tiefer wandern. Bis zu ihren Hüften, wo er sie ruhen ließ. „Lore!“, erwiederte sie im selben leisen Ton. „Lore? Lore!“, rief sie plötzlich außer sich. Lore war verwirrt.

War er doch zu weit gegangen?

Er öffnete die Augen. Er hatte nicht bemerkt, dass er sie geschlossen hatte. Aber das spielte auch keine Rolle, denn es war nicht Laru, die er küsste. Sondern eine der Ziegen. „Lore, was machst du da mit Jitta?“, rief sie panisch. Lore blickte in das Gesicht der Ziege und sein Entsetzen war in blanke Wut umgeschlagen. Dieses Mistvieh, fluchte er und sprang auf die Füsse. Jagte der Ziege hinterher. „Bleib stehen, du blödes Vieh!“, schimpfte er wütend. Doch die Ziege dachte nicht daran. Wie als machte es ihr Spass ihn zu ärgern und ihn hinter sich her rennen zulassen, lief sie schnellen Zickzack und wich ihm so aus, sobald er nahe genug an sie heran war, um sie zupacken. Auch blieb sie plötzlich stehen, drehte sich um und lief in die entgegengesetzte Richtung, was Lore mehr als einmal das Gleichgewicht verlieren und ihn stolpern ließ. Jedoch konnte er sich noch rechtzeitig abfangen und jagte der Ziege wieder nach.

Laru saß da und musste sich ein Lachen verkneifen. Vergessen war ihre Verblüffung darüber, dass sie den Prinzen dabei erwischt hatte, wie er die Ziege küsste. Es sah einfach zu komisch aus, wie der Prinz der Ziege hinterherjagte und sie ihm immer wieder entwischte. Tiere waren in mancher Hinsicht wirklich schlauer, als Menschen, dachte sie.

Irgendwann schaffte es die Ziege, ihn vollends zum Stolpern und zum fallen zu bringen, sodass er mit dem Gesicht im Gras landete und die Ziege, stolz darauf ihren Jäger überlistet zuhaben, kletterte auf seinen Rücken und mähte vorwitzig. Lore schaute mit griessgrämmiger Miene zu dem Tier hoch und wünschte sich, diesem Vieh den Hals umdrehen zudürfen. Auch wenn Jospa ihm danach die Hunde auf den Hals hetzte. Lore musste sich wirklich nicht alles bieten lassen. Besonders nicht von einer Ziege. „Geh runter von mir, du Vieh. Sonst mache ich aus dir einen Braten!“, knurrte er gefährlich. Die Ziege schien ihn zuverstehen. Mit einem Satz sprang sie von ihm runter und tänzelte davon. „Blödes Vieh!“, schimpfte Lore und stand auf. Klopfte sich das Gras und den Dreck von den Kleidern und ging zu Laru, die sich nun nicht mehr vor Lachen halten konnte und sich auf dem Boden kugelte. „Schön, dass du dich über mich so amüsierst!“, schnappte er beleidigt. Ließ sich ins Gras fallen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ihr müsst zugeben, dass das wirklich ziemlich komisch aussah!“, versuchte Laru die Situation zuretten. Der Prinz jedoch, verletzt in seinem Stolz, war für diese Worte taub. Beleidigt wie ein kleines Kind drehte er den Kopf weg und schmollte noch mehr. Laru sah, dass es keinen Sinn hatte und seufzte. Lehnte sich dann zurück an den Baum und schaute zu den Ziegen, die weiter zufrieden grasten. Irgendwann gähnte der Prinz und spürte, wie er wieder schläfrig wurde. Oh nein, diesesmal nicht, dachte er sich und kämpfte dagegen an, ein weiteres Mal die Augen zuschließen. Nicht noch einmal würde er einschlafen und es riskieren, wieder von einer Ziege geküsst zuwerden. Doch es war schwer, wach zu bleiben. Ein weiteres Gähnen kam aus ihm heraus und er schüttelte sich. Laru merkte dies. „Legt Euch ruhig etwas hin und ruht Euch aus!“, bot sie ihm an, doch Lore schüttelte den Kopf. Laru wusste, dass er nicht die Augen für einen Moment schließen würde. Also streckte sie die Beine aus, richtete ihren Rock und klopfte darauf. „Legt Euch hier hin!“, sagte sie in einem ruhigen freundlichen Ton.

Lores Augen wurden groß, als er das hörte. Blickte auf ihren Schoss und fragte sich, ob er schon wieder träumte. Ohne dass sie es sehen wollte, kniff er sich in die Hand und zuckte zusammen, als es schmerzte. Nein, er träumte nicht. Laru bot ihm tatsächlich an, seinen Kopf auf ihren Schoss zulegen und etwas in ihm jubelte. Dennoch war er ein wenig skeptisch. „Sicher?“, fragte er nach. Laru lächelte. „Ganz sicher!“

Lore blickte noch einige Minuten länger zu ihr, überlegte, ob er wirklich diesen Schritt machen sollte, sgate sich dann aber:„ Ach, was solls!“, und legte seinen Kopf auf den Schoss. Zu seiner Überraschung musste er feststellen, dass ihre Beine weich waren und er sogleich die Augen schloss. Laru summte eine Melodie, während sie durch sein schwarzes Haar strich und er vergass seinen Ärger. Lauschte ihrem Summen. Er erkannte die Melodie sofort.
 

Sie sagen, dass es immer am Dunkelsten kurz vor der Dämmerung ist

Sie sagen, dass ich stark sein muss um weiterzukommen

Doch sie wissen nicht, dass ich mein ganzes Leben lang warten würde

Denn du weißt, mein Liebling, dass ich nur auf dich warten würde...

Da standest du, erstaunlich strahlend für die ganze Welt zu sehen

Und ich wusste, es wurde ein Engel gesandt um über mich zu wachen...

So werde ich hier warten, hoffen, träumen, dich lieben

Denn ich weiß, mein Liebling, dass du mich auch liebst.
 

Lore schauderte, als er sich die Worte im Geiste selber vorsang und merkte, wie er immermehr vor sich hindämmerte. Bis er einschlief. Diesesmal träumte er nicht. Sondern lauschte ihrem Summen. Ein wunderbares Gefühl der Geborgenheit und des Friedens erfüllte ihn. So hatte er sich noch nie gefühlt. Nicht mal bei seiner Mutter, die ihn, als er ein kleiner Junge gewesen war, ihn getröstet hatte, wenn er einen schlimmen Traum gehabt hatte. Was er ein wenig beschämt einsehen musste. Doch er wollte nicht länger daran denken, sondern sich lieber von Larus Nähe tragen lassen und ihrem Summen lauschen. Ein friedliches Lächlen legte sich um seine Lippen. Laru musste ebenso lächeln, als sie sah, wie schnell der Prinz seinen Ärger vergessen hatte und nun in ihrem Schoss friedlich schlief, wie ein Baby. Sie hätte nicht damit gerechnet. War ein wenig erstaunt darüber, dass der Prinz ihr Angebot angenommen hatte. Aber es freute sie und strich ihm weiterhin durch das Haar.

Irgendwann weckte sie ihn aber. Sanft rüttelte sie an seiner Schulter. „Lore, wach auf. Wir müssen zurück!“, sagte sie sanft und Lore öffnete nur ungern die Augen. Er hatte geschlafen, wie ein Murmeltier. Hatte nicht bemerkt, wie die Zeit vorrangeschritten war. Jetzt aber, als er die Augen öffnete, sah er, dass es später nachmittag war. Mit einem Ächzen erhob er sich und streckte sich. „Ich hätte noch stundenlang schlafen können!“, sagte er gähnend. Laru kicherte. „Das glaube ich dir aufs Wort!“, bemerkte sie. „Aber leider müssen wir jetzt zurück. Die Ziegen müssen nachhause!“, sagte sie und pfiff einmal schrill. Wedelte mit dem Hirtenstab, sodass die Glöckchen wieder klingelten und die Ziegen eilten zu ihnen. Die Hunde trotteten an ihre Seite und sie machten sich auf den Rückweg.

Sie überquerten die Brücke, als sich eine Gruppe von Reitern von der anderen Seite näherten und zügig vorankamen. Lore dachte sich nichts dabei. Als sie allerdings näherkamen, erkannte er, dass es sich bei den Reitern um Edelmänner handelte. Einem von ihnen, er ritt an forderster Spitze, fiel er besonders ins Auge. Er war hochgewachsen und hatte blondes, gewelltes Haar. Ein schwarzer Samtumhang hing über seine Schultern. Zeigte damit, dass er Vermögen hatte. Lore erkannte ihn, als er näher kam. Es war Fürst Roska. Ein wohlhabender,

gutaussender aber auch arroganter Mann, der sich seine Zeit damit vertrieb, das Geld, welches sein Vater ihm anvertraute, für Weiber und Wein auszugeben. Auch wenn Lore auch nicht gerade ein Musterbeispiel war, so war Roska weitaus schlimmer. Er kannte ihn von einigen Empfängen seines Vaters und auch wenn er und Roska fast ebenbürtig waren, konnte er ihn dennoch nicht leiden. Die Art wie er prahlte. Mit dem Geld und den Frauen, denen er schon das Herz gebrochen hatte. Er war ihm einfach unsympathisch. Und nun wo er ihm gegenüberstand, verspürte Lore wieder seine Abneigung diesem Mann gegenüber. Aber auch Furcht.

Was wenn er ihn erkannte?

Sicherlich würde Roska es sich nicht nehmen lassen, dies im ganzen Lande herumzuerzählen und ihn damit zum Gespött zu machen. Er konnte nur hoffen, dass er ihn nicht erkannte. Um sicher zu gehen, stellte er sich hinter Laru. Als die Reiter und die Ziegen sich in der Mitte trafen, hielten die Reiter. Roska ritt weiter, bis sein Pferd beinahe mit den Ziegen zusammenstiess. Zog dann an den Zügeln und hielt sein Pferd an. Als er die Herdentiere sah, die von dem Paar vorangetrieben wurde, verzog er missbilligend das Gesicht. „Schafft die Ziegen weg und geht mir aus dem Weg!“, bellte er und machte eine wegwischende Handbewegung. „Die Brücke ist breit genug. Ihr könnt mit Euren Pferden ohne Probleme vorbeireiten!“, sagte Laru und deutete auf den Weg hinter ihnen. „Ich werde mein wertvolles Pferd doch nicht an diese stinkenden Biester vorbeiführen!“, schrie Roska. Laru verzog daraufhin das Gesicht. Stellte den Stab senkrecht auf den Boden und stemmte die andere Hand in die Hüfte. Machte so deutlich, dass sie sich die Worte des Fürsten nicht an sich heran ließ. „Euer wertvolles Pferd wird schon keinen Schaden erleiden, wenn es an den Ziegen vorbeigeht!“, sagte sie gelassen und Lore bewunderte sie, dass sie so kühl blieb und sich nicht von dem Fürsten beeindrucken ließ. Mochte er noch so viel Geld haben oder gutaussehend sein. Laru blieb dabei unberührt. „Pass auf, was du da sagst, du schmutziges Ding. Sonst bekommst du meine Gerte zu spüren!“, drohte er und griff zur besagten Gerte. Laru machte kurz einen Schritt zurück und hielt den Stab nun schützend vor sich. „Rührt mich an und Ihr werdet es bereuen!"

Der Fürst lachte daraufhin schallend und seine Freunde hinter ihm fielen im Lachen ein. „Als ob du mir etwas anhaben kannst!“, sagte er und drehte sich zu den anderen Reitern. „Dieses Mädchen bildet sich wirklich ein, dass ich vor ihm Angst haben könnte!“

Das Lachen wurde lauter und Lore spürte, wie er wütend wurde.

Wie konnte es dieser Mistkerl wagen, sich über sie lustig zu machen? Sie zuverspotten und sie zu unterschätzen?

Zugerne hätte Lore ihn dafür herausgefordert. Hielt sich aber zurück. Roska lachte noch einige Minuten, dann hob er die Hand und das Lachen erstarb. „Verschwende nicht meine Zeit und gehe mir mit deinen Viechern aus dem Weg, sonst werde ich wirklich ungemütlich!“, knurrte er und trieb sein Pferd vorran. Laru stellte sich ihm mutig entgegen. „Wie ich bereits sagte: Die Brücke ist breit genug!“, wiederholte sie. Lore konnte deutlich in Fürst Roskas Gesicht sehen, dass die Sturheit des Mädchens ihm langsam den letzten Nerv raubte und dass seine Geduld am Ende war. „Und ich sagte: Geh mir aus dem Weg!“, schrie er und trat seinem Pferd in die Flanken. Das Tier machte einen Satz nachvorne, wieherte auf und stieg auf die Hinterläufe. Schlug mit seinen Vorderhufen, die bedrohlich nahe über ihrem Kopf schwebten und sie fast getroffen hätten, wenn Lore nicht reagiert und sie zur Seite gestossen hätte. Dabei strauchelte sie, verlor dabei das Gleichgewicht und stürzte von der Brücke in den Bach. Die Männer und der Fürst lachten schallend auf, als das Mädchen hinunterfiel und Lore ihr daraufhin zur Hilfe kam, um sie aus dem Wasser zu holen. „Laru, tut…tut mir leid. Ich wollte nicht…!“, sagte er und half ihr hoch. Die Männer auf der Brücke lachten noch lauter. Schienen sich daran zuerfreuen, dass die beiden bis auf die Knochen durchnässt waren. Zumindest Laru. Und da platzte Lore der Kragen. „Was fällt Euch an, Euer Pferd anzustacheln und sie beinahe zu verletzen. Wenn Ihr ein Edelmann wärt, würdet Ihr ihr helfen!“, schrie er und es war ihm egal, ob der Fürst ihn erkannte. „Sei ja still, sonst landest du auch im Wasser, wie dein Weibchen!“, lachte der Fürst kalt und trieb sein Pferd vorran. Die Ziegen wichen aus. Zerstoben. Lore sah dem Fürsten und seinem Gefolge nach, während sie an ihnen vorbeiritten und sich immer noch köstlich amüsierten. „Verflucht sollt Ihr sein. Hoffentlich stürzt Ihr von Eurem hohen Ross!“, schrie er ihnen hinterher und half ihr die Böschung hoch. „Geht es?“, fragte er. „Ich wollte das nicht. Aber ich hatte Angst, dass sein Pferd dich trifft!"

„Schon gut!“, sagte sie und lächelte ihn sanft an. „Danke, dass du mich gerettet hast!“

Lore lächelte auch und merkte, wie er rot wurde. Zum ersten Mal hatte er etwas für sie getan, wofür sie ihm dankbar war und es fühlte sich gut an. Doch das Lächeln verschwand und Lore schaute wieder zu der Strasse hoch, auf der der die Reiter entlanggeritten war. „Trotzdem. Dieser Mistkerl. Selbst einer wie, sollte auf Menschen achten, die nicht so reich sind wie er!“, sagte er. „Wie sehr ich ihn dafür hasse!“

„Das klingt so, als würdest du ihn kennen?“, fragte sie. Lore biss sich auf die Unterlippe. „Flüchtig. Ich hatte schon mal das Vergnügen!“, sagte er und seine Worte waren reinste Ironie. „Ein wirklich widerlicher Kerl!“, bemerkte Laru naserümpfend. „Und was für einer!“, gab Lore ihr Recht und musste dann lachen. „Aber ich fand es mutig, wie du ihm die Stirn geboten hast!“

Laru lächelte breit. „Ich habe ja auch Übung darin, dickköpfigen Männern die Meinung zusagen!“, sagte sie mit einem verschmitzten Zwinkern und Lores Gesicht glühte. Wie als wenn sie seine Verlegenheit gespürt hatte, sagte sie dann:„ Lass uns die Ziegen zusammentrommeln. Sonst kommen wir nie Heim!“

Es vergingen Stunden und die Sonne ging immer weiter unter. Zugleich wurde es auch kälter und Laru spürte einen kalten Luftzug. Er machte sich keine Sorgen, dass er krank wurde, immerhin war er nicht klitschnass. Aber Laru. Immer wieder blickte er besorgt zu ihr und sah, wie sie zitterte. Hoffentlich würden sie es noch rechtzeitig schaffen, bevor sie sich den Tod holte.

Es war schon abend, als sie den Bauernhof erreichten. Als die Frau des Bauern sie sah, schlug sie entsetzt die Hände vor den Mund und eilte zu Laru. „Aber Kind, was ist denn mit dir passiert!“, sagte sie und fasste sie an den Oberarmen. Laru zitterte mittlerweile noch mehr, als wenn sie unter einem starken Fieber litt. „I-Ich bin…in den…B-Bach gefallen!“, bibberte sie und schlang die Arme um sich. „Wie ist das denn passiert?“, platzte es aus der Frau entsetzt und schaute Lore an. Er wandte den Blick ab und sagte beschämt:„ Das war ich!“

Fuhr dann aber schnell fort, um es richtig zustellen. „Aber wenn ich sie nicht weggestossen hätte, wäre sie von den Hufen eines Pferdes getroffen worden!“

„Verstehe!“, sagte Jospa. „Von wessen Pferd wäre sie getroffen worden!“

„Von Fürst Roska!“, spie Lore verächtlich aus und das Gesicht des Bauern verzog sich. „Fürst Roska!“, schnaubte er. „Dieser faule Nichtsnutz ist wirklich eine Schande, für jeden Edelmann!“

„Da sagst du was!“, murmelte Lore. „Ihr könnt Euch später darüber ärgern. Jetzt sollte Laru erstmal ins Warme kommen, sonst wird sie noch krank!“, schritt die Frau ein und schob Laru in Richtung Haus. Doch Laru stemmte sich dagegen und schüttelte den Kopf. „Nicht nötig. Wenn wir zügig vorrangehen, schaffen wir es schon rechtzeitig nachhause!“, sagte sie mit einem Lächeln. Lore wollte schon darauf etwas sagen, doch da ergriff sie seinen Arm und zog ihn mit sich.

„Willst du dich nicht vorher wärmen?“, fragte er besorgt, als er bemerkte, wie ihre Hände zitterten. „Nein…nein das ist nicht nötig. So schnell werde ich schon nicht krank!“, meinte sie nur. Doch Lore konnte ihr nicht wirklich glauben. Immerhin wurde es immer kälter und ihre Hände zitterten immer mehr. Umso erleichterter war er, als sie schon bald am Haus ankamen und hinein gingen. Kaum dass sie drin waren, gegriff er ihre Bluse und zerrte daran. „Was machst du da?“, fragte sie und musste etwas schelmisch grinsen. „Willst du mir etwa die Kleider vom Leibe reissen, weil du wissen willst, wie ich ohne aussehe?“

Lore wurde rot und ließ ihre Bluse los. „Red keinen Unsinn. Ich will, dass du die nassen Klamotten loswirst!“, schnauzte er, peinlich berührt, weil sie glaubte, er hätte etwas unsittliches im Kopf. „Achso. Sag das doch gleich!“, scherzte sie und ging ins Bad. Lore schüttelte über erneute Unverblümtheit des Mächens den Kopf. Sowas hätten sich die anderen Damen nie getraut zusagen, aber irgendwie gefiel es ihm, dass sie sagte, was sie dachte.

Als Laru aus dem Bad kam, hatte sie ihre nassen Kleider ausgezogen und sich ihr Nachthemd übergestreift. Lore war schon ins Bett geklettert und als sie sich neben ihn legte, erschauerte er. Ihre Haut war eiskalt. „Was hast du?“, fragte sie verwirrt. „Nichts, aber du bist eiskalt!“, sagte er. Noch bevor Laru dazu etwas sagen konnte, schob Lore seinen Arm unter sie und zog sie an sich heran. Den anderen Arm legte er um sie. Dabei beachtete er nicht die Kälte, die von ihrem Körper ausging und konzentierte sich darauf, sie zu wärmen, damit sie sich nicht erkältete. „Geht es so für dich?“, fragte er, weil er dachte, es sei ihr unangenehm. Laru aber lächelte verlegen, kuschelte sich enger an ihn. Es berührte sie in ihrem Herzen, dass er nun versuchte, sie zu wärmen. „Ja, danke!“, murmelte sie und schloss die Augen. Lore blieb noch einige Zeit wach, blickte sie an. Hinundwieder erzitterte sie und rückte näher an ihn heran. Bis sie mit ihrem Rücken ganz dicht an seinem Bauch war und er ihre Atemzüge spüren konnte. Lore passte seine Atemzüge die ihren an. Sie waren ruhig, entspannt, als gäbe es nichts, was sie aus dieser Ruhe reissen konnte. Und diese Ruhe ließ seine Augen zufallen und einschlafen.
 

Der köstliche Geruch von Eiern und gebratenem Speck ließ ihn aufwachen. Es war ein neuer Tag angebrochen und Laru schien schon auf den Beinen gewesen zuein. Lore wollte sich nocheinmal umdrehen und vor sich hindösen, doch da knurrte sein Magen und trieb ihn so aus dem Bett. Schnell zog er sich um und ging in den Essraum. Laru stand, wie er es erwartet hatte, am Herd und bereitete das Frühstück vor. „Guten Morgen, Laru!“, grüßte er sie. „Wie hast du…?“, wollte er weiterfragen, doch da sah er, wie ihre Hände zitterten. „Laru, geht’s dir nicht gut?“, fragte er und eilte zu ihr. Laru drehte sich um und verbarg zugleich ihre zitterne Hand. „Doch doch, mir geht’s gut!“, sagte sie und lächelte. Versuchte ihn so zuberuhigen. „Mach dir keine Sorgen um mich!“

Aber Lore hatte so Zweifel. Er hatte ehrlich Angst, dass ihr etwas passieren würde, wenn er auf das Feld ginge und arbeitete. „Bist du sicher. Soll ich nicht doch lieber hierbleiben?“ „Lore, es wird mir schon nichts passieren. Geh ruhig. Immerhin brauchen wir das Geld, wenn wir hierbleiben wollen!“, sagte sie und war gerührt, dass er sich Sorgen um sie machte. „Das Geld ist mir egal. Nur du bist mir wichtig!“, wollte er sagen, brachte es jedoch nicht über sich. „Also gut, aber wenn etwas sein sollte…!“, sagte er, woraufhin Laru ihn unterbrach:„ Werde ich jemanden schicken. Versprochen!“

Mit gemischten Gefühlen ging er zum Feld, wo schon Mare auf ihn wartete. „Na, du Ziegenhirte!“, grüßte er ihn. Lore lächelte nur und hob die Hand. „Hallo, Mare!“

„Und wie war es gestern?“, fragte Mare freundlich. „Naja, eigentlich nicht schlecht, bis wir in den Bach gefallen sind!“, meinte er und Mare sah ihn verwundert an. „In den Bach gefallen? Wie ist das denn passiert?“

Lore winkte ab. „Nicht so wichtig. Ich mache mir jetzt nur Sorgen, dass ihr etwas passieren könnte!“, räumte er ehrlich ein. „Was soll ihr schon passieren?“, sagte Mare, der merkte, dass Lore wirklich in Sorge war und versuchte ihn zuberuhigen. Zugleich freute es ihn, dass er in seine Rolle als Ehemann hineinwuchs. „Ich weiss auch nicht. Ich mache mir eben Sorgen um sie!“

"Komm. Arbeite ein wenig. Das lenkt dich ab!“, schlug Mare vor und Lore konnte sich nur schwer dazu überwinden. Seine Gedanken waren immernur bei Laru und er fragte sich, wie es ihr ging. Die schlimmsten Bilder kamen ihm dabei in den Kopf und versuchte nicht weiter daran zudenken. Drängte sie tapfer zurück. Der Tag ging schnell vorbei, sehr zu Lores Erleichterung, denn er hielt es nicht mehr vor lauter Sorge aus und er beeilte sich, nachhause zukommen. Schnell öffnete er die Tür. Die Sorge um sie hatte in ihm die schlimmsten Ahnungen heraufbeschworen und er fürchtete sich einwenig vor dem, was er sehen würde, sobald er hineintrat. Doch all seine Furcht war wie weggeblasen, als er sie vor der Feuerstelle stehen sah und eine warme Suppe kochte. Sie drehte sich zu ihm um, als sie hörte, wie die Tür zufiel und lächelte. „Hattest du einen schönen Tag?“, fragte sie ihn. „Ja, es…ein war ein Tag wie jeder andere auch!“, sagte er und legte die Sense in die Ecke. „Das freut mich!“

Lore wollte etwas sagen, hielt aber inne. Er konnte es nicht genau sagen, aber etwas an ihr stimmte nicht. Ihr Gesicht war zublass, als das man es gesund nennen konnte. Versuchte sich aber zusagen, dass alles in Ordnung war. „Ich habe mir Sorgen um dich gemacht!“, gestand er dennoch. „Das musst du nicht. Mir geht’s gut!“, beruhigte sie ihn. „Geh dich waschen. Das Essen ist gleich fertig!“

Lore nickte und ging ins Nebenzimmer. Er zog sich seine schmutzigen Kleider aus und wusch sich mit Wasser und dem Schwamm. Als er fertig war, zog er sich frische Kleider an, die ihn Laru in weiser Vorraussicht zurechtgelegt hatte und ging zurück in die Küche. Und da fuhr ihm der Schrecken in alle Glieder. Laru lag ohnmächtig auf den Brettern und rührte sich nicht. „Laru!“, schrie er entsetzt und eilte zu ihr. Drehte sie auf den Rücken. Ihre Augen waren geschlossen, ihr Atem ging flach. „Laru…Laru!“, rief er und schlug ihr auf die Wangen, um sie wachzubekommen. Doch Laru öffnete nicht die Augen. Panik stieg in ihm hoch. Was wenn sie…?

Daran wollte er nicht denken. Sondern machte weiter. Igrendwann, es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, öffnete sie endlich die Augen und blinzelte benommen. Lore atmete erleichtert auf und half ihr auf. „Gott sei dank. Ich dachte, du bist…!“, sagte er und seine Stimme brach. Laru lächelte sanft. „Du brauchst keine Angst zuhaben!“, tröstete sie ihn. „Hör auf, mir zusagen, dass ich mich nicht zusorgen brauche oder keine Angst haben soll. Du bist eben zusammengebrochen. Ich will mir nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn ich nicht dagewesen wäre!“, platzte es aus ihm heraus und gab so seiner Panik Ausdruck. Laru sah ihn einen Moment mit großen Augen an. Sie hatte nicht erwartet, dass Lore so außer sich war vor Sorge. Aber anscheinend war sie ihm wirklich wichtig und das sorgte wieder für ein warmes Gefühl in ihr. „Tut mir leid. Ich wusste das nicht!“, flüsterte sie und senkte den Kopf. Konnte ihm nicht in die Augen sehen. Sie schämte sich einwenig, weil sie sich in ihn gettäuscht hatte und lehnte ihren Kopf gegen seine Brust. Durch den Stoff konnte er fühlen, wie ihre Stirn glühte. Er legte die Hand auf ihr Haar, das nass von Schweiss war. „Warum hast du nichts gesagt?“, fragte er leise. Es sollte eigentlich kein Vorwurf sein, aber er konnte auch nicht leugnen, dass er wütend darüber war, dass sie es runtergespielt und ihm nichts gesagt hatte. „Ich dachte, es sei nichts Schlimmes. Aber im Laufe des Tages merkte ich, wie mein Kopf dröhnte und mir schwindelig wurde. Ich habe es bisher gut im Griff gehabt, aber plötzlich wurde mir schwarz vor Augen!“, erklärte sie und nun sah Lore auch die Schweissperlen auf ihrer Stirn. Sie musste hohes Fieber haben. „Ich schaffe dich erstmal ins Bett!“, sagte er und noch bevor Laru dagegen protestieren konnte, schog er seine Arme untere ihre Beine und Achseln und hob sie hoch. „Das ist nicht nötig. Ich habe noch genug Kraft um selber zugehen!“, sagte sie. „Nichts da. Bei deinem Zustand…!“, sagte Lore hartnäckig und beendete nicht den Satz, weil beide wussten, was er sagen wollte. Vorsichtig legte er sie in ihr Ehebett und deckte sie zu. „Das ist nicht nötig!“, sagte sie und wollte aus dem Bett steigen. Doch Lore hielt sie zurück. Legte ihr die Hände auf die Schultern und drückte sie in die Kissen zurück. „Doch ist es!“, sagte er bestimmend, wie ein Vater zu seinem Kind, wenn es nicht horchen will. „Du bist krank und musst dich schonen!“

Laru öffnete die Lippen, wollte etwas sagen, doch Lore hob mahnend den Finger und sie schloss den Mund wieder. „Ich bringe dir die Suppe. Die hast du mehr nötiger, als ich!“, sagte er und ging hinaus. Nach einigen Minuten kam er mit einer Schüssel zurück, in der Suppe dampfte. Vorsichtig setzte er sich auf den Stuhl neben sie und tauchte den Löffel in die warme Brühe. Langsam hob er diesen hoch und führte ihn zu Larus Mund. Wie ein gehorsames Mädchen öffnete sie ihn und nahm den ersten Schluck. Als sie die Suppe fertig gegessen hatte, stellte Lore die Schüssel auf die Kommode. Mittlerweile war es dunkel draußen. Er schaute nach draußen und fragte sich, wie weit es bis zum Bauernhof oder zu jemand anderen, der ihnen helfen konnte. „Diese Anra. Wo lebt sie eigentlich?“, fragte er, den Blick immernoch zum Fenster. „In der Stadt. Warum?“, antwortete Laru und nahm ihm damit seine Hoffnung. „Ich dachte, ich könne zu ihr gehen und um Hilfe bitten!“, sagte er und seufzte schwer. „Aber anscheinend muss ich bis morgen warten!“ „Ob eine Nacht oder mehr, schadet nun auch nicht mehr!“, sagte sie mit einem matten Lächeln. Lore verzog daraufhin das Gesicht. Er verstand nicht, wie sie das so verharmlosen konnte. Eine Krankheit sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen. „Das du so ruhig bleiben kannst!“, murmelte er. Laru lächelte daraufhin und klopfte auf die Seite neben ihr. „Sicher wird es mir besser gehen, wenn du mich wärmst!“, witzelte sie. Lore war nicht zum Lachen zumute. Doch er legte sich zu ihr und legte wieder seine Arme um sie, wie in der letzten Nacht. Laru küsste sanft seinen Handrücken und schmiegte ihre Wange daran. Sofort wurde es dem Prinzen wärmer und er entspannte sich ein wenig. Dennoch achtete er nun um so mehr auf ihre Atemzüge. Er fürchtete umso mehr, dass sie mitten in der Nacht aufhören könnte zu atmen. Und so blieb er solange wach, lauschte ihrem Atmen und spürte wie sich ihr Rücken hob und senkte, bis auch ihm die Augen zu fielen.

Lore machte sich schon in den frühen Morgenstunden auf den Weg in die Stadt, um einige Kräuter zuholen, die Larus Erkrankung heilen konnten. Nicht ohne jedoch vorher auf das Feld zugehen und Caarza zubitten, bei ihr zublieben, solange er weg war. Diese erklärte sich gerne dazubereit und hielt an Larus Bett wache. So machte er sich auf den Weg und hoffte, dass er nicht solange brauchen würde. Er folgte der Strasse, die zur Stadt führte. Das Geld, welches Laru ihm gegeben hatte, klimperte in seinem Beutel und er schaute nocheinmal auf den Zettel, den Laru ihm ebenso gegeben hatte. Darauf stand alles, was er brauchte.

So gegen frühen Mittag kam er in der Stadt an und ging sogleich auf den Markt, wo er sicherlich die Kräuterfrau finden würde. Sie war an ihrem Platz und verkaufte lautrufend ihre Waren. Als er zu ihr kam, wurde ihr Gesicht hart. „Was wollt Ihr von mir?“, fragte schroff und machte sich daran, ihre Kräuter zu sortieren. „Ich brauche einige Kräuter, gegen eine Erkältung!“, erklärte er und reichte ihr den Zettel. Erst als er die Erkältung erwähnte, nahm sie ihn wahr und ihre Miene wurde noch härter. „Was ist mit Goldkehlchen?“, fragte sie in zischender Stimme. „Sie ist erkältet und ich möchte ihr helfen!“, erklärte er schnell und streckte den Zettel näher zu ihr hin. „Bitte!“

Die Frau sah ihn noch einige Minuten an, dann riss sie ihm barsch den Zettel aus der Hand und suchte alle Kräuter zusammen, die auf der Liste standen. Und eine Antleitung, was er mit den Kräutern machen sollte. Sie reichte ihm einen Sack damit. „Das macht zehn gold Stücke!“, war ihre Forderung und Lore gab ihr, was sie verlangte. Zum Glück reichte es. Er bedankte sich höflich und ging.

Caarza schüttelte das Kissen von Laru auf, als er zurückkam. Es dämmerte bereits. Er hatte den ganzen Tag gebraucht um in die Stadt und zurück zukommen. Und er hoffte, dass er nicht zuspät kam. Schnell ging er ins Schlafzimmer. „Wie geht es ihr?“, fragte er leise, da Laru die Augen geschlossen hatte und wohl versuchte zuschlafen. „Naja, den Umständen entsprechend. Ihre Stirn glüht noch immer und ist ziemlich stur, wenn es darum geht, im Bett liegen zubleiben!“, sagte sie mit einem verschwörerischem Grinsen und machte eine Kopfbewegung zu ihr. „Das sieht ihr ähnlich!“, sagte er und sah sie an. Täuschte er sich, oder grinste Laru frech. „Du brauchst nicht so zugrinsen. Du bleibst im Bett liegen. Selbst wenn ich dich ans Bett fesseln muss!“, rief er laut und Caarza musste kichern. Ein Auge öffnete sich und das freche Grinsen wurde breiter. Als wollte sie ihm damit sagen, dass sie es wirklich darauf anlegte. „Fordere es nicht heraus!“, knurrte er und beugte sich gefährlich zu ihr hinüber. Caarza konnte nun nicht anders und musste laut lachen. „Lore, anstatt zu drohen, solltest du lieber die Suppe kochen. Komm ich helf dir!“, sagte sie und schob den jungen Prinzen aus dem Schlafzimmer. Während Caarza Wasser kochte, schnitt Lore die Kräuter klein und zerstampfte sie in dem Mörser. Ein würzig-scharfer Geruch machte sich im Haus breit, als Lore die Kräuterbrühe in das Wasser goss und umrührte. Die Brühe wurde dick, beinahe breiig und Lore schöpfte etwas davon in eine Schale. Holte einen Löffel und reichte seiner Frau die Schale. Laru schnupperte, rümpfte etwas die Nase. „Was ist das?“, fragte sie angewidert. „Etwas gegen deine Erkältung!“, meinte er nur. „Sicher? Sieht für

mich aus, wie Gift!“

„Sei nicht albern. Die alte Frau gab mir diese Kräuter!“, sagte er. Laru war nicht überzeugt. Sie kannte zwar die Alte vom Markt, aber sie hatte so ihre Bedenken, wenn sie sich diese Brühe ansah, die blubberte und Blasen warf. „Es wird schon kein Gift sein!“, sagte Lore, da er Zweifel hatte, dass die Kräuterfrau ihr etwas Böses wollte. Eher würde sie ihn vergiften wollen. Auch wenn er nicht wusste, was er getan hatte, um sich ihren Zorn auf sich zu ziehen. „Dann probier du zuerst. Wenn du nicht totumfällst, glaube ich es dir!“, sagte sie. Lore schluckte. Schaute mit gemischten Gefühlen auf die Brühe vor ihm und hätte sich am liebsten geweigert. Aber dann würde Laru sicherlich nichts von der heilenden Brühe essen, also nahm er den Löffel und steckte ihn sich in den Mund. Die Brühe schmeckte entsetzlich. Bitter und zäh wie Honig, klebte sie an seinem Gaumen und nur mit Mühe konnte er den Brei runterschlucken. Der bittere Geschmack blieb noch lange in seinem Mund. Als Laru sein verzogenes Geischt sah, hob sie wissend die Brauen. „Und?“

„Es schmeckt scheußlich!“, würgte er und räusperte sich, als er merkte, wie die Brühe auch seine Stimmbänder angriff. „Aber wenn es hilft…!“

Er reichte Laru die Schüssel. Diese nahm sie, als würde sie fürchten, sich daran zuverbrennen. Zögernd nahm sie den Löffel, tat sich etwas von der Brühe und steckte ihn sich in den Mund. Ihr erging es nicht anders, als dem Prinzen. Sie verzog ebenso das Gesicht und schüttelte sich. „Scheußlich!“, stimmte sie zu. Löffelte aber tapfer weiter. Bis nichts mehr übrig war. Lore nahm ihr die Schale ab und brachte sie in die Küche. Caarza half ihm, die Reste abzuwaschen und verabschiedete sich dann. Versprach aber, sie morgen zu besuchen. Lore wusch sich und legte sich dann zu Laru ins Bett. Ihr Körper war warm, beinahe kochend und er fragte sich, ob es wirklich eine gute Idee wäre, wenn er sie an sich heran zog. Laru nahm ihm diese Entscheidung ab. Sie nahm seinen Arm und legte ihn sich um den Oberkörper. „Laru…!“, wollte Lore sagen. „Es ist in Ordnung. Keine Angst!“, versprach sie ihm sogleich mit einem Lächeln in der Stimme. „Sicher?“, fragte er noch. „Ja!“, sagte sie und kuschelte sich näher an

ihm. Schloss die Augen und schlief ein. Laru schaute sie eine Weile noch an, so wie vorherige Nacht. Beobachtete ihren Schlaf und lauschte ihrem Atmen. Dann schlief auch er ein.

Da Caarza nun auf Laru achtgab und sich um sie kümmerte, brauchte sich Lore keine Sorgen mehr um sie zumachen und konnte weiterarbeiten. Wenn er fertig war und nach hause kam, kochte er für Laru die bitterschmeckende Brühe und gab sie ihr. Legte ihr zusätzlich kühle und feuchte Lappen auf die Stirn, um das Fieber weiter runter zukämpfen. Mit der Zeit ging es ihr mal zumal besser. Zwar bestanden er und Caarza darauf, dass sie weiterhin die meiste Zeit im Bett blieb und sich weiter auskurierte. Aber immerhin durfte sie sich ein wenig die Beine vertreten. Natürlich unter der wachsamen Aufsicht ihres Mannes. So gingen sie eines Tages ein wenig spazieren. Lore bestand darauf, dass sich Laru bei ihm unterhakte und ihm bescheid sagte, wenn sie sich etwas schwach auf den Beinen fühlte. Laru musste über soviel Sorge lächeln. Es zeigt ihr, dass er es wirklich ernst meinte und sie nicht belasten wollte. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Es geht mir gut!“, versichterte sie ihm und strich ihm sanft über den Arm. „Trotzdem. Ich will nicht, dass du einen Rückfall hast!“, sagte Lore inbrünstig. „Schon schlimm genug, dass du wegen mir so krank wurdest!“

„Hör auf dir deswegen immerwieder Vorwürfe zumachen!“, bat sie und küsste ihn sanft auf die Wange. Lore seufzte. „Das ist leichter gesagt als getan!“, murmelte er. Laru drückte seinen Arm. „Dann streng dich ein bisschen besser an!“, sagte sie und als Lore ihr einen grimmigen Blick zuwarf, lächelte sie ihn an. Dieses steckte ihn an und so hoben sich auch seine Mundwinkel etwas. „Kannst du aufhören so bezaubernt zulächeln. Dann kann ich einfach nicht mehr schmollen!“, sagte er mit einem unterdrücktem Lachen. Laru lächelte umso mehr und legte den Kopf schief. „Möchtest du denn weiter schmollen?“

„Nein!“, sagte er und Laru schmiegte sich an ihn. „Wusste ich es doch!“

Sie gingen weiter. Im angenehmen Schweigen. Doch dieses Schweigen wurde schon bald unterbrochen, als jemand nach ihnen rief. Eine aufgebrachte Frauenstimme. „Laru…Laru!“, rief sie. Laru und ihr Mann drehten sich um und sahen Arna. „Oje!“, murmelte Laru und zog an Lores Hand. „Komm, Lore. Gehen wir weiter!“

„Wieso?“, fragte er verwirrt. „Willst du, dass sie uns anmeckert?“, konterte Laru zurück. Zog fester an seiner Hand. Schelifte ihn regelrecht mit. „Was macht dich denn da so sicher?“, borhte Lore weiter, er begriff nicht, warum sie so erpicht darauf war, ihr davon zulaufen. „Weil ich sie kenne. So bald sie uns einholt, wird sie damit anfangen!“, prophezeite Laru und begann von zehn rückwärts zuzählen. Sie kam bei eins an, als es Arna es schaffte sie einzuholen. Und natürlich behielt Laru recht und Arna begann sie auszuschimpfen. „Ich habe von Caarza erfahren, was passiert ist. Waas machst du hier draußen anstatt das Bett zuhüten und dich auszuruhen?“, rief sie empört und wandte sich an Lore. „Und du? Du solltest dich schämen. Als ihr Mann solltest du sie nicht solch einer Gefahr aussetzen!“, zetterte sie. „Aber er setzt mich doch keiner Gefahr aus. Mir geht’s gut!“, verteidigte Laru ihn sogleich. „Das glaube ich dir nicht. So wie du aussiehst!“, schnappte sie, griff sich Larus Arm und zerrte sie mit sich. Lore folgte ihr.

Als sie in Larus Haus war, schleifte Arna sie ins Schlafzimmer und Lore wollte ihnen nach, doch Arna zischte ihn an:„ Du wartest hier!“

Dann warf sie die Tür vor seine Nase zu. Von der anderen Seite hörte er, wie Laru versuchte die aufgebrachte Frau zuberuhigen. Doch dies wollte nicht glücken, da Arna immer wieder ihre Ausflüchte mit wütenden Empörungen kommentierte. „So was von unvernünftig!“, schnaupte sie mehr als einmal. Lore hatte Mitleid mit ihr. Diese Arna war wirklich ein Drache, wenn es um das Wohlergehen von Laru ging. Es dauerte lange, ehe die Tür wieder aufging und Arna rauskam. „Jetzt darfst du reinkommen!“, murrte sie und sah Laru, die im Bett saß, warnend an. Lore schob sich an Arna vorbei und mied es dabei, sie anzusehen. Innerlich dachte er nur:„ Drache!“

Als er ins Schlafzimmer trat, ließ Arna die Türe nur einen Spalt breit auf. Wahrscheinlich um darauf zuachten, dass Laru auch ja im Bett blieb. Lore konnte bei soviel Misstrauen und Strenge nur den Kopf schütteln. „Drache!“, murmelte er dann und setzte sich zu Laru. Sie seufzte. „Ich habe dir ja gesagt, dass sie sich aufregen wird!“, flüsterte sie. „Aber gleich so heftig? Da waren meine Ammen ja noch nett!“, gab er zurück. Laru kicherte. „Sie ist ja auch soetwas, wie meine…Amme. Seit ich alleine bin kümmert sie sich um mich!“, sagte sie dann und ihr Gesicht nahm einen seltsamen Ausdruck an. Als schien sie mit den Gedanken ganz weit weg zu sein. Lore sah es und ahnte irgendwie, dass sie sich an ihre Eltern erinnerte, die sie schon so früh verloren haben musste. Er ergriff ihre Hand un drückte sie. „Immerhin hast du einen Menschen!“, sagte er leise. Laru lächelte sanft, legte ihre Hand auf seine und schüttelte den Kopf. „Nein, ich habe zwei Menschen!“

Lore errötete und zog etwas zögernd die Hand zurück. Das war ein wenig zuviel des Guten. Dennoch freute es ihn, dass sie ihn als einen Teil ihres Lebens betrachtete. Wenn er doch den Mut haben könnte, um dasselbe von sich zu behaupten. „Laru, ich…!“, wollte er sagen, doch Laru legte ihm den Finger auf den Mund, wollte ihm so zeigen, dass er nichts sagen musste. Da kam Arna wieder rein, mit einem Tablett auf dem eine dampfende Schüssel mit Suppe, ein Laib Brot und ein Becher mit Wasser darauf. „So, damit du wieder gesund wirst, eine gute warme Hühnerbrühe!“, sagte sie und stellte das Taplett auf dem kleinem Nachttisch ab. „Arna, das ist nicht nötig. Mir geht’s gut!“, sagte Laru. Ein letzter verzweifelter Versuch, die aufgebrachte Frau zuberuhigen. Doch diese dachte nicht daran. „Nichts da. Damit sollte man nicht spaßen. Man kann leicht wieder einen Rückfall bekommen!“, sagte sie und tunkte den Löffel in die Brühe und reichte ihn ihr, wie eine Mutter, ihrem kranken Kind. Laru verzog daraufhin angesäuert das Gesicht. Ihr war das mehr als nur peinlich. Lore konnte ihr deutlich an ihrem Gesicht ansehen, dass sie am liebsten tot umgefallen wäre. Lore schenkte ihr einen mitleidigen Blick.

Arna besuchte die beiden nun jeden Tag und kümmerte sich um Laru. Als Caarza sie besuchte um und ihr ihre Hilfe anbot, hatte Arna nur gemeint, dass sie allein klarkommen würde und sie wieder höflichst weggeschickt. Für Laru und ihrem Mann war das eine mehr als ertragbare Zeit, da Arna sie nicht ein einziges Mal aus den Augen ließ und immer dazwischenfunkte, sobald sie sich mal näher kamen. Erst als die Abenddämmerung anbrach, ging sie und Laru und Lore hatten Ruhe von ihr. Erschöpft fiel Lore ins Bett und stöhnte. „Meine Güte, ich dachte, die geht nie mehr!“, sagte er und griff sich an die Stirn. Laru ließ sich neben ihn fallen. „Wenn Arna eines ist, dann ist es hartnäckig!“, bemerkte sie trocken.

Tage vergingen, ehe sich Arna, sehr zur Erleichterung des jungen Paares, sicher war, das Laru vollständig gesund war. Jedoch versprach sie ihnen hinundwieder vorbeizuschauen und um nach den rechten zusehen. Mare musste sich ein Lachen verkneifen, als ihm Lore erzählte, was sich bei ihnen zuhause abgespielt hatte. „Ohje, du ärmster!“, sagte er und klopfte ihm auf den Rücken. „Jaja, Arna kann ein wirklicher Drache sein!“

„Ach, was du nicht sagst!“, murrte Lore und wollte noch etwas sagen, ließ es aber un mähte weiter das Korn. Sich weiter darüber aufzuregen würde nichts bringen. Außerdem hatte Arna es ja nur gut gemeint. Auch wenn sie manchmal dabei über die Stränge schlug. Aber immerhin ging es Laru wieder besser. Und nur das war für ihn wichtig. Dabei schaute er zu Laru, die mit Caarza die Strohballen zusammenband und sich über die harte Zeit, wo Arna dagewesen war, ausließ. Wild wedelte sie mit der Hand herum, verzog das Gesicht, oder ahmte die schimpfende Stimme Arnas nach. Caarza schüttelte dabei entweder mitleidig den Kopf, tätschelte ihr die Schulter oder lachte. „So wie es aussieht, ist sie wieder ganz gesund, so wie sie sich mit Caarza unterhält!“, sagte Mare, mit einem leisen Lachen in der Stimme. „Ja, sieht ganz so aus!“, bemerkte Lore und musste lächeln. Man sah ihr kaum an, dass sie mal krank gewesen war. Im Gegenteil. Sie war wieder das blühende Leben und lachte. Und er hatte es vermisst. Da hörte er das Rattern von Rädern und das Traben von Pferdehufen. Er schaute die Strasse entlang und sah, dass eine Kutschte herangefahren kam. Eine Gruppe von Reitern begleitete sie. An den Uniformen und an den Säbeln, die sie an den Seiten trugen, erkannte Lore, dass es sich hierbei um Soldaten handelte und dass die Kutsche einem Adeligen gehören musste. Kaum dass die Bauern die Kuschte sahen, ließen sie ihre Arbeit liegen und grüßten sie laut. Jubelten und winkten. Die Vorhänge der Kuschte waren weiss, aus Seide, und zugezogen. Lore verstand den Aufruhr nicht und sah Mare verwirrt an. „Was ist denn los? Warum geraten die anderen so aus dem Häuschen?“, fragte er. „Das weißt du nicht? Diese Kutsche gehört der Prinzessin Rari!“, sagte Mare und Lores Gesicht entgleiste. Mit allem hätte er gerechnet, aber nicht damit. „Prinz-Prinzessin Rari?“, fragte er und schaute zur Kutsche, die gehalten hatte. Tausend Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Einer war, ob sie ihn gesehen, oder wiedererkannt hatte?

Lore hoffte es nicht. Er mochte sich nicht vorstellen, was passieren würde, wenn sie ihn sehen würde. Daher versuchte er nicht zuoft zur Kutsche zuschauen. Neugierig war er dennoch. Trotz all der Angst, entdeckt zu werden. Er ging einige Schritte näher, soweit, wie es die Wächer erlaubten und riskierte einen Blick. Der Vorhang öffnete sich und ein Diener stieg von der Kutsche ab. Lauschte was die Prinzessin ihm sagte und dann eilte der Diener zu ihnen. „Ist hier ein Mädchen nahmes Goldkehlchen?“, fragte er. Sofort waren die Blicke aller auf Laru gerichtete. Diese war es unangenehm, dass alle sie so anstarrten. Dennoch ging sie zur Kutsche und verbeugte sich vor der Prinzessin in der Kutsche.

Lore wurde neugierig. Er fragte sich, woher die Prinzessin Laru kannte. Diese Frage sprach er laut aus:„ Kennen sich die Prinzessin und Laru?“

Mare, der ebenso zu der Kutsche geschaut hatte, sah ihn an und hob die Schultern. „Genaueres weiss ich nicht. Nur das ihre Mutter eine Bedienstete der Königin, also der Mutter der Prinzessin war, und das die beisen sich praktischerweise von Klein auf kannten. Sie sind wie Schwestern aufgewachsen!“

Lores Gesicht nahm einen erstaunten Ausdruck an. Aber solangsam dämmerte es ihn. Daher also diese Vertrautheit, dachte er. Und plötzlich spürte er, wie er unruhig wurde. Was besprachen sie da?

Erzählte Laru der Prinzessin, dass sie mit ihm hier war und dass er ihr Mann war?

Was würde die Prinzessin dazu sagen?

Würde sie nun über ihn lachen?

Ein fetter Kloss bildete sich in seinem Hals und er versuchte nicht länger daran zudenken. Dennoch musste er immer unentwegt zu der Kutsche schauen und zu Laru.

Lange Zeit passierte nichts. Plötzlich nahm Larus Gesicht einen überraschten Ausdruck an und dann hellte es sich auf. Lore fragte sich, was die Prinzessin ihr gesagt haben könnte. Aufgeregt und mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen, verneigte sie sich wieder und eilte zurück. Die Kutsche fuhr weiter. Laru kam zurück und war immer noch außer sich. Caarza war die erste, die sie ansprach und es sprudelte förmlich aus Laru heraus. „Der Admiral kommt übermorgen in den Hafen!“

Caarza und Mare sahen sie mit großen Augen an, während Lore immernoch nichts verstand. Er hatte das Gefühl, als wäre ihm etwas entgangen. „Der Admiral? Welcher Admiral?“, fragte er nach. „Admiral Fira. Er befehligt die Flotte, die unser Land verteidigt!“, erklärte Mare und Lore konnte nur hilflos die Schultern heben. Er hatte noch nie von einem Admiral Fira gehört. Aber bisher hatte er sich auch nicht für das Politische interessiert. „Ah, gut. Aber was hat es mit Laru zutun?“, fragte er und sah sie skeptisch an. Versuchte nicht das Gefühl zubeachten, dass ihn immer ergriff, wenn er sich vorstellte, es gäbe noch einen anderen Mann neben ihr. Aber so wie sie darauf reagiert hatte, musste dieser Admiral für sie etwas wirklich besonderes sein. „Laru ist in den Admiral verliebt!“, platzte es aus Caarza. Lores Gesichtszüge entglitten ihm erneut, als er das hörte und sah sie entsetzt an. Laru wurde rot und schaute beschämt zu Boden. „Ich bin nicht verliebt. Ich…ich mag ihn halt nur sehr!“, versuchte sich herauszureden. „Von wegen! Man muss nur seinen Namen sagen und schon wirst du rot, wie eine Tomate!“, kam ihr Caarza dazwischen. Laru zog daraufhin den Kopf zwischen den Schultern. „Nun hör auf, du siehst doch, wie unangenehm es ihr ist!“, schaltete sich Mare für sie ein. Woraufhin Laru ihm einen dankbaren Blick zuwarf.

Die ausgelassene Stimmung bei Lore war nun weggeweht. Jetzt wo er wusste, dass Laru einen Admiral verehrte. Er fragte sich, wie er wohl war, dieser Admiral. Und wie er aussah. Sicherlich war er nicht gerade hässlich. Und er würde auch so manch andere Verhehrerinnen haben. Er konnte es sich gut vorstellen, wie die Damen ihm zujubelten, und er es genoss. Lores Eifersucht wuchs dabei immer mehr. Warum Laru einem so sehr bewunderte, fragte er sich. Sie sollte doch wissen, dass einer wie, sie nicht beachten wurde. Er wollte sie jetzt nicht beleidigen, aber sie war immerhin eine Bürgerliche und er ein Admiral. Sicherlich war er mit einer Adeligen bereits verlobt, vielleicht sogar vermählt und vertrieb sich die Zeit seines Landgangs mit allerlei Weibergeschichten. Und je mehr Lore darüber nachdachte, desto mürrischer wurde er. Dies hielt an, als sie mit der Arbeit fertig waren und sie sich auf den Weg nachhause gemacht haben. Laru entging es nicht, dass ihr Mann eine miese Laune hatte. Und auch nicht, dass es mit der Ankündung des Admirals zutun hatte. „Lore, was hast du?“, fragte sie mit sanfter Nachsicht. „Ich weiss nicht, was du meinst? Was sollte ich haben?“

„Ich sehe doch, dass du miese Laune hast. Also was ist?“

„Ich habe keine miese Laune. Alles Bestens!"

„Du bist ein schlechter Lügner!“

„Und du eine Nervensäge!“

„Ich möchte doch nur von dir wissen, was los ist. Ich…!“, drängte Laru und wollte weitersprechen, doch solangsam dämmerte es ihr. Ein Ausdruck teilweise Überraschung, teils spitzbübisch. „Momentmal!“

Sie zog das Wort absichtlich in die Länge und stemmte die Arme in die Hüften. Deutlich hörte man den Schalk in ihrer Stimme. „Kann es sein, dass du eifersüchtig bist?“, fragte sie und Lore fühlte sich ertappt. Schlagartig blieb er stehen und sah aus geweiteten Augen an. „W-Wie kommst du denn darauf?“, fragte er. „Man sieht es dir doch an der Nasenspitze an. Diese Sorgenfalten auf deiner Stirn und deine miese Laune, sprechen deutlich dafür!“

„Ach, Unsinn. Ich und eifersüchtig? Lächerlich!“, sagte er trotzig, wie ein kleines Kind und verschränkte die Arme vor der Brust. „Jaja, wenn du meins!“, gab Laru zurück und grinste in sich hinein, während sie weitergingen.

Seine miese Laune hielt noch lange an. Und wurde noch düsterer, als der Tag kam, an dem der Admiral mit seinem Schiff in den Hafen laufen würde. An diesem Tag putzte sich Laru heraus, als würde sie zu einem großen Fest gehen. Zog sich ein grünes Kleid an, welches einst mal mit goldenen Stickereien verziert war. Doch die Zeit hatte die goldene Farbe längst verblassen lassen. Es war enggeschinitten, sodass es ihre Figur wohlbetonte. Ging nahtlos in einen weiten Rock, der fast über den Boden schleifte. Da das Kleid schulterlos war und nur den Oberkrörper bedeckte, trug sie darunter eine blütenweise Bluse, die an den Enden weitausfiel. Feine, grüne Bändchen waren durchgezogen und baumelten hinunter. Ihr schwarzes Haar trug sie offen, hatte aber zu beider Seiten Zöpfe und mit ebenso grünen Bändchen verflochten. Abgerundet wurde das ganze mit einem breiten Ledergürtel, der mit Stickerein verziert war. Zum Abschluss zog sie sich Stiefel aus braunem, weichem Leder an. Lore besah sich das mit wachsendem Missmut. Für mich hat sie sich nicht so rausgeputzt, dachte er grimmig. Laru drehte sich noch einmal in dem Spiegel. Wollte so sehen, dass auch alles da saß, wo es sitzen sollte und sah dabei, wie Lore vor sich schmollte. „Was ist denn? Sehe ich so schlimm aus?“, fragte sie. „Nein!“, kam es bissig von ihrem Mann und wandte den Kopf ab. „Du musst dich auch noch umziehen!“

"Wie bitte?“, fragte Lore und sah sie an, als habe sie einen schlechten Witz gemacht. „Dich umziehen. Oder glaubst du, ich lasse dich so den Admiral gegenüber treten?“, sagte sie tadelnt. Lore wollte schon fast etwas sagen, dass es ihm gleich war, wie er aussah, wenn er dem Admiral gegenüber trat. Behielt es aber für sich. „Wenn es sein muss!“, murrte er nur und ergab sich in seinem Schicksal.

In der Stadt herrschte große Aufregung. Die Ankunft des Admirals hatte sich herumgesprochen, wie ein Lauffeuer und es hatte sich eine große Menschenmege im Hafen versammelt. Männer, Frauen, jeden Alters und kleine Kinder drängten sich aneinander und tuschelten aufgeregt. Laru und Lore kämpften sich durch die Menge. Schoben und zwängten sich hindurch, wobei sie mehrmals böse Blicke ernteten. Laru achtete nicht darauf sondern ging einfach weiter, erkämpfte sich ihren Weg durch die Menschentraube. Lore hingegen murmelte immer wieder Entschuldigungen. Erst als sie am Rand des Hafenbeckens waren, hielt sie inne. Sie hatte sich bis nachvorne durchgekämpft und schaute nun gespannt zum offenen Meer. „Mal ehrlich. Findest du nicht, dass du es übertreibst?“, fragte Lore. Doch Laru antwortete nicht, sondern schaute mit voller Vorfreude zum Meer. Als würde sie schon etwas sehen. Lore fragte sich solangsam, ob ihre Freude nicht doch langsam an das kindiche Schwärmen einer Vierzehnjährigen grenzte. Fast schon wollte er etwas sagen, als Laru ganz laut rief:„ Davorne! Ich sehe das Schiff des Admirals!“

Und als sie das rief, passierten zwei Dinge. Die Menge begann zu jubeln. Nur nicht Lore, er fühlte wie sein Herz in tausend Splitter zersprang.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Pamuya_
2015-10-11T19:28:31+00:00 11.10.2015 21:28
Tja, ganz klar: Lore hat sich verliebt. Würde mich daher nicht wundern, wenn er da wegen den Admiral eifersüchtig wird. Aber da macht sich sein Stolz schon wieder breit. Na hoffentlich endet das nicht in einem Streit zwischen ihm und Laru.
Bin schon auf das nächste Kapitel gespannt. ^^
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
11.10.2015 21:29
Das wird sich zeigen...^^


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