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Trust me

Eternal Chronicles
von

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Mein ganzer Körper fühlte sich seltsam leicht an, als ich am nächsten Morgen erwachte. Da ich mich nicht erinnern konnte, wie ich ins Bett gekommen war, glaubte ich im ersten Moment, die Erlebnisse im Park nur geträumt zu haben und solange ich die Augen geschlossen hielt, blieb der Gedanke auch.

Aber je wacher ich wurde, desto deutlicher wurde auch das Gefühl, dass ich nicht allein war. Jemand war hier bei mir, aber es war eine vertraute Aura, die schon immer bei mir gewesen zu sein schien, weswegen ich keinen Argwohn verspürte, wie es eigentlich angebracht wäre, wenn jemand einen beim Schlafen beobachtet.

Ich öffnete die Augen und entdeckte tatsächlich Isolde im Raum, doch sie sah nicht mich an, sondern blickte scheinbar aufmerksam aus dem Fenster. Selbst in dieser friedlichen Atmosphäre ging eine gewisse Erhabenheit von ihr aus, aber sie umgab auch ein Hauch von Schabernack und ich glaubte, mich daran erinnern zu können, dass ich mich oft über sie geärgert hatte. Aber diese Erinnerungen waren wie aus einem anderen Leben, diffus und neblig, einfach nicht klar zu deuten.

Sie bemerkte offenbar, dass ich sie ansah, denn plötzlich wandte ihre Aufmerksamkeit sich mir zu, sie lächelte wieder ein wenig. „Guten Morgen, Leana.“

„Guten Morgen. Da du hier bist, muss ich wohl gar nicht erst anfangen, das gestrige Ereignis logisch erklären zu wollen.“

„Hattest du das denn vor?“, fragte sie ehrlich verwundert. „Wie hättest du es denn erklären wollen?“

Ich hob die Schultern. „Keine Ahnung.“

Es war wirklich unsinnig, wie erklärte man denn diese seltsamen Funken und die plötzlich erschienene Waffe? Die einzige Möglichkeit wäre Wahnvorstellungen, aber an solchen litt ich mit Sicherheit nicht.

Hastig nahm ich mein Handy wieder an mich, das während ich schlief, neben mir auf dem Futon lag und suchte nach der Nachricht, die ich in der Nacht zuvor bekommen hatte. Natürlich waren es noch immer nur die Worte Trust me, die darin zu lesen waren.

Ich versuchte, die Nummer anzuwählen, von der die Nachricht gekommen war, aber es war nur ein statisches Rauschen zu hören. Als ich Isolde mein Handy entgegenstreckte und ihr überflüssigerweise erklärte, was vor ihrem Erscheinen geschehen war, zuckte sie nur mit den Schultern. „Ich weiß auch nicht mehr darüber. Ich glaube, es hat etwas mit einer Eternal namens Yaga zu tun.“

Bei zwei Wörtern in ihrem Satz hörte ich nicht mehr als ein seltsames Rauschen, so als ob jemand versuchen würde, das Gesagte zu übertönen, damit ich es nicht hören könnte. Ich bekam langsam den Eindruck, dass ich hier in eine Sache hineingeraten war, die viel zu groß für mich war und dass ich eigentlich gar nicht mehr darüber wissen wollte.

„Warum bist du mir nur so vertraut?“, fragte ich stattdessen seufzend, da mich das um einiges mehr interessierte.

Sie schmunzelte leicht. „Vermutlich, weil wir uns noch von früher kennen.“

„Von früher?“, fragte ich verwirrt. „Aus meiner Kindheit?“

„Noch früher“, erwiderte sie, schmunzelte aber, als sie bemerkte, dass ich damit offenbar absolut nichts anfangen konnte. „Ich würde es dir ja erklären, aber ich bin inzwischen zu der Erkenntnis gekommen, dass das nicht funktioniert. Etwas verhindert offenbar, dass ich dir mehr über dein letztes Leben erzählen kann.“

Erneut kam dieses Rauschen und es war mir auch nicht im Mindesten möglich, aus dem Kontext zu schließen, was sie mir sagen wollte... außer eben, dass es um früher ging, aber das war ein recht weit gestreckter Begriff, wie ich fand. Sie konnte damit, meine Kindheit meinen, letzte Woche oder irgendein anderes vergangenes Ereignis, an das ich mich – warum auch immer – nicht erinnern konnte. Oder vielleicht um ein früheres Leben – wenngleich ich das als reichlich abgedreht empfand.

Doch als mir dieser Gedanke kam, folgte sofort der nächste und dieser verriet mir, dass es kaum abgedrehter sein konnte als das, was ich in der letzten Nacht beobachtet hatte.

„W-was war das letzte Nacht?“, fragte ich mit wachsender Verwirrung. „Und warum hat diese Frau mich angegriffen?“

Isolde verschränkte die Arme vor der Brust und neigte den Kopf ein wenig, doch sie dachte nur einen kurzen Moment darüber nach, was sie mir erzählen sollte, offenbar war ihr diese Erklärung bereits in Fleisch und Blut übergegangen. Ihre Stimme änderte sich um eine Nuance, plötzlich erklang sie wesentlich ernster als noch zuvor. „Diese Frau war ein Lakai, ein aus reinem Mana geschaffenes Wesen, das nur dazu dient, ein Shinken zu führen und andere Shinkenträger zu töten.“

„Ein... Shinken?“

Ich kannte dieses Wort nicht, auch wenn ich glaubte, dass es irgendetwas tief in meinem Inneren ansprach, aber zumindest im Moment wusste ich nicht, womit es in Verbindung gebracht werden sollte. Glücklicherweise reagierte Isolde sofort und erklärte es mir: „Ein Eien Shinken ist ein Ewiges Götterschwert und es... oh, es ist reichlich anstrengend zu erklären, deswegen die Kurzform: Vor langer Zeit gab es nur ein einziges, ein Ursprungsshinken, durch dessen Kraft das Universum und all seine Welten entstand. Doch das Shinken zersplitterte und seine Bruchstücke fielen auf die verschiedenen Welten, wo sie sich an Menschen banden und mit ihnen Pakte schlossen, um ihren Willen zu erfüllen. Lakaien wiederum sind künstlich geschaffene Formen, die instinktiv versuchen diese Bruchstücke einzusammeln.“

„Warte, Moment!“, rief ich hastig dazwischen, als sie bereits wieder Luft holte, um die Erklärung fortzusetzen. „Was meinst du mit um ihren Willen zu erfüllen? Haben diese... Shinken etwa einen eigenen Willen?“

Isolde nickte. „Shugo Shinjuu, so wie ich, sind die Verkörperung des Willens. Wir unterstützen unseren Meister und beschützen ihn, damit er seinen Teil des Vertrags erfüllen kann.“

„Aber ich habe keinen Vertrag abgeschlossen!“, erwiderte ich, diesmal mit deutlich spürbarem Widerwillen in der Stimme. „Was soll das also!?“

Sie störte sich nicht im Mindesten daran, sondern blieb vollkommen ruhig. „Senke besser deine Stimme, wenn du nicht willst, dass jemand von deinen Mitbewohnern mitkriegt, dass du hier mit überirdischen Wesen sprichst.“

Das sagte mir auch, dass andere Menschen sie wohl nicht sehen könnten, sofern sie das nicht wollte und da mir nicht sonderlich viel daran lag, dass ich von den anderen als irre wahrgenommen werden könnte, senkte ich gehorsam meine Stimme, als ich meinen Widerspruch wiederholte: „Ich habe keinen Vertrag mit dir oder sonst irgendjemandem abgeschlossen, also warum bist du hier?“

„Das ist richtig, du warst es nicht, es war Vartanian, eine frühere Inkarnation von dir.“

Ich hob erstaunt die Augenbrauen, sie lachte leise. „Ja, es ist derselbe Name wie dein Nachname, ich war auch erstaunt.“

Ich hatte nie an Dinge wie Inkarnationen oder frühere Leben geglaubt, weswegen es mir schwerfiel, zu begreifen, dass es einmal jemanden gegeben hatte, der ich gewesen war – und wegen dem ich jetzt an dieses Shinken und Isolde gebunden war.

„Was für einen Vertrag ist Vartanian eingegangen?“

Der plötzlich einsetzende abweisende Gesichtsausdruck von Isolde, versetzte mir einen Stich in die Brust. Sie sah mich an als hätte ich gerade ein Thema angesprochen, von dem ich eigentlich wissen müsste, dass ich es nicht berühren durfte.

„Darüber darf ich dir nichts sagen“, antwortete sie schließlich. „Aber sei versichert, dass ich dir in keiner Weise schaden werde. Du kannst mir im Moment nicht vertrauen, deswegen sage ich dir, dass dein Tod auch schlecht für mich und 'Shoubi', der Name deines Shinken, wäre.“

Unwillkürlich blickte ich wieder auf das Handy hinab. Trust me... von wem auch immer diese Worte gekommen waren, im Moment wollte ich glauben, dass sie eine Aufforderung von ihr waren, eine Bitte, weil sie darauf angewiesen war, dass ich ihr vertraute – und nach der letzten Nacht wusste ich, dass es umgekehrt genauso war. Wenn diese Lakaien mich angriffen, weil sie mich vernichten wollten, dann brauchte ich Hilfe, wenn ich nicht sterben wollte und ich hing doch eindeutig sehr an meinem Leben.

„Aber diese Lakaien“, begann ich erneut, „warum tun sie das? Wer gibt ihnen die Anweisungen dazu?“

Wenn sie künstlich geschaffene Wesen waren, musste es jemanden geben, der sie erschuf, ihnen Shinken und eine Aufgabe gab, selbst wenn sie dann instinktiv kämpften.

„Es ist meist der Akt eines Gottes – oder eben eines Eternals.“

Wieder das Rauschen. Was war das nur für eine Entität, die sogar in der Lage war, zu verhindern, dass jemand ihre Existenz erwähnte?

„Dieses Wesen hat diese Welt in ihrer Gewalt“, erklärte Isolde mir. „Und sie hat etwas gegen sämtliche Shinkenträger, scheint mir. Allerdings weiß ich auch nicht viel mehr als das über sie.“

„Mehr muss ich auch nicht wissen.“

Als sprachliche Vorbereitung auf meinen Aufenthalt in Japan hatte ich so manchen japanischen Anime angesehen, weswegen mir direkt klar war, dass es der übliche Plotaufbau war, dass die Helden am Anfang wenig wussten und die Wahrheit erst im Laufe der Handlung ans Licht kam, mit ausreichend klischeehaften oder unvorhersehbaren Plotwendungen. Irgendwie mussten sie ja alle einmal auf diese Idee gekommen sein und was wäre eine bessere Inspirationsquelle als das wahre Leben?

Isolde lachte amüsiert, als ich das sagte. „Genau wie früher.“

Statt etwas zu sagen, stand ich auf und ging an den Schrank, um mir meine Kleidung für den heutigen Tag herauszusuchen. Allerdings fiel mir da noch etwas ein.

„Muss ich auf irgendetwas achten?“, fragte ich, ohne sie anzusehen.

Sie schüttelte mit dem Kopf. „Wie du dir denken kannst, können andere Menschen mich nicht sehen, solange ich das nicht will. Du musst auch nicht laut sprechen, falls du mir etwas zu sagen hast, wir können mittels Gedanken miteinander kommunizieren.“

Das weckte in mir die Frage, weswegen ich dann überhaupt eine verbale Unterhaltung mit ihr führte, aber es erschien mir richtig, so als hätten wir das schon oft getan und vielleicht stimmte das auch in gewisser Weise.

„Werden mich noch mehr Lakaien angreifen?“

„Die Wahrscheinlichkeit ist hoch“, bestätigte Isolde, „besonders da du das Shinken nun auch beschwören kannst, aber dein Schwert ist stärker als das eines Lakaien, genau wie dein Wille – und dann gibt es da natürlich auch noch mich. Ich werde nicht zulassen, dass sie dir schaden.“

Genau wie ich es mir gedacht hatte, ab sofort würde ich mich in Acht nehmen müssen – und ich dürfte nicht einmal jemandem etwas hiervon erzählen, weil es mir ohnehin niemand glauben würde.

Ein wenig hoffte ich immer noch, dass ich gleich aufwachen und feststellen würde, das alles nur geträumt zu haben oder einfach nur verrückt zu werden. Ja, in diesem Moment wäre es mir wirklich lieber gewesen, wenn einfach nur mein Geisteszustand am Ende gewesen wäre.

Aber ich wusste, dass nichts von alledem der Fall sein würde, alles fühlte sich viel zu real an, also blieb mir nur die Möglichkeit zu überleben – sowohl das Auslandsjahr als auch die Kämpfe mit Lakaien.



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