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Geteiltes Leid

Seto und Mokuba
von

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Ein unerwarteter Besuch

Die Zeit verging wie im Fluge und ehe ich mich versah, rückte Mokubas Geburtstag heran. Nur drei Nächte mussten verstreichen bis er wieder ein ganzes Jahr älter sein würde. Ich hatte lange gegrübelt, was ich ihm schenken könnte, bis ich mich letztlich dazu entschieden hatte, ihm auch etwas zu basteln. Der Werkunterricht in der Schule kam mir dabei zugute. So schnitzte ich aus Holz einen kleinen, spanischen Soldaten in salutierender Haltung, der ein Gewehr über den Rücken geschultert hatte. Mokuba sammelte Holzfiguren. Meistens spielte ich mit ihm gemeinsam und wir dachten uns die wildesten Geschichten aus über Cowboys, die den Indianern gegen die spanische Eroberung zu Hilfe eilten, über die Gefahren der Prärie und bösen Gaunern, die ihren Reichtum vermehren wollten und dabei nicht vor den übelsten Tricks zurückschreckten. Ein spanischer Soldat fehlte ihm noch in seiner Sammlung (was wäre denn auch ein Gefecht der Indianer ohne Spanier?). Und eine selbst geschnitzte Holzfigur war etwas persönliches und viel mehr wert, als irgendetwas Gekauftes. Er würde sich bestimmt darüber freuen.

Drei Tage vor Mokubas Geburtstag saßen wir in der Küche und warteten auf Papa. Dieser hatte uns von Arbeit aus angerufen und bescheid gesagt, dass es später werden würde, er sich aber bemühte, rechtzeitig zum Abendbrot zuhause zu sein. Da hatte ich die Idee gehabt, Papa zu überraschen und Mokuba vorgeschlagen, dass wir schon mal das Abendessen vorbereiten könnten. Der kleine war sofort Feuer und Flamme gewesen und gemeinsam hatten wir Eierkuchenteigteig angerührt, denn das war das einzige Rezept, was ich auswendig konnte und zu dem genügend Zutaten im Hause waren. Wir hatten beide unseren Spaß gehabt, uns gegenseitig mit Milch zu bespritzen oder wahlweise mit Mehl vollzustauben.

Nun war es jedoch bereits nach acht. Wir saßen beide in der Küche an dem großen Holztisch. Betrübt starrte ich den großen Zeiger der Küchenuhr an, der mit jeder verstreichenden Sekunde, den Abend näher zu seinem Ende führte und die bevorstehende Nacht ankündigte. Auf einem abgedeckten Teller lagen die mittlerweile kalt gewordenen Eierkuchen.

„Ich hab Hunger.“, murrte Mokuba und stützte verdrießlich den Kopf auf seine Hände.

„Papa, kommt doch bestimmt gleich.“

„Aber ich hab jetzt Hunger.“

„Ich weiß, Mokuba, aber wir wollten doch zusammen essen.“

Mein Bruder brummte nur zu Antwort und blickte mürrisch auf seinen leeren Teller vor ihm. Ich konnte ihn verstehen. Auch ich war sehr hungrig und konnte es kaum erwarten, unsere selbst gemachte Kreation Eierkuchen endlich zu probieren.

„Pass auf, Mokuba.“, sagte ich zu ihm. „Ich habe einen Vorschlag: Wir warten noch fünf Minuten und wenn Papa dann immer noch nicht da ist, fangen wir an zu essen.“

„Wirklich?“, fragte Mokuba und sein Gesicht hellte sich allmählich auf.

„Ja, ich denke, dann haben wir lange genug gewartet.“

Keine zwei Sekunden, nachdem ich meinen Satz beendet hatte, klingelte es auch schon an der Tür. Na, endlich! Das wurde aber auch Zeit. Mokuba und ich sprangen auf und rannten in den Flur. Ich war schneller und konnte deshalb eher den Türknauf erreichen. Ich drehte ihn, öffnete einen Spalt und wollte gerade zu einer freudigen Begrüßung ansetzen, als mein Blick auf einen hoch gewachsenen Mann in grüner Uniform fiel. Ich stutzte. Das war nicht Papa.

„Seto, wer…?“, flüsterte mein Bruder, der mittlerweile neben mir zum Stehen gekommen war. Seine Hand ergriff unwillkürlich die meinige. Mokuba war ein wenig ängstlich gegenüber Menschen, die er nicht kannte, vor allem, wenn sie einem – wie dieser fremde Mann – derart ernst und Unheil verkündend anblickten.

„Das ist ein Polizist.“, antwortete ich ihm und wurde allmählich unruhig. Was tat ein Polizist in unserem Haus?

Der fremde Mann in Uniform wollte etwas sagen, klappte seinen Mund aber nach ein paar Sekunden wieder zu. Er schien sehr erstaunt zu sein und murmelte ein leises „Oh, mein Gott.“ in seinen Bart.

Anscheinend hatte er nicht erwartet, zwei Kinder vorzufinden.

Schließlich fragte er: „Nakamura? Ist euer Name Nakamura.“

„Ja, so heißen wir. Ich bin Seto und das ist Mokuba Nakamura.“, antwortete ich ihm und deutete auf meinen Bruder.

„Und ist eure Mutter zu Hause?“

„Nein, sie…ist schon vor langer Zeit gestorben.“

Wieder fuhr der Polizist ein leises „Oh, mein Gott.“ von den Lippen. Dann nahm er sich die Mütze vom Kopf, um sich erstmal mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn abzuwischen. Er schien fieberhaft zu überlegen und nach den richtigen Worten zu suchen.

„Darf ich reinkommen?“, fragte er schließlich, als ihm bewusst wurde, dass er noch immer im Türrahmen stand.

„Unser Vater hat uns verboten, fremde Leute einzulassen.“, sagte ich zu ihm. Bei dem Wort Vater zuckte der Polizist leicht zusammen. Ich wunderte mich, warum.

Der Polizist schien mit sich zu ringen. „Nun…in dieser Angelegenheit denke ich…Nun…ähm…es betrifft euren Vater.“

Erstaunt blickte ich auf. „Papa? Was ist mit Papa?“

„Vielleicht sollten wir uns in euer Wohnzimmer setzen.“, meinte der Polizist, „Dann kann ich euch in Ruhe erklären, was vorgefallen ist.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  usagi_san
2012-01-28T16:16:31+00:00 28.01.2012 17:16
ui das ist meist nichts gutes wenn die polizei vor der tür steht. jetzt kommt bestimmt die nachricht, das dem vater irgendwas passiert ist.. :(

mal sehn, was du daraus "basteln" wirst.

LG usagi^^/))


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