Zum Inhalt der Seite

Der Zweifel stirbt zuletzt...

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ein falsches Spiel

Gin drückte seine Zigarette langsam im Aschenbecher vor sich aus und beobachtete mit scharfen, grünen Augen, wie die Rauchschwaden langsam gen Himmel wuchsen. Interessant.

„Was sinnierst du so vor dich hin?“ Vermouth, einen durchsichtigen Cocktail in der Hand, setzte sich neben ihn und lächelte spöttisch, während ihr Blick dem seinen neugierig folgte.

„Ach, ich verstehe.“ In ihrem Spott schwang eine Spur Grausamkeit mit, wie ein bitterer Nachgeschmack, der sich auf die Zunge legt. „Du beobachtest deinen kleinen Augenstern.“

Gin antwortete nicht. Sollte Vermouth doch reden. Stattdessen richtete er seinen Blick wieder auf die beiden jungen Frauen, die am anderen Ende des Lokals saßen und nach ihrer anfangs etwas holprig wirkenden Unterhaltung immer freudiger redeten und lachten. Zwei Schwester, glücklich vereint, mir kommen die Tränen, dachte er, als er sich eine neue Zigarette ansteckte und einen tiefen Zug nahm.

„Verrückt, sie sehen sich nicht einmal ähnlich.“ Vermouth lachte und schnappte sich ohne vorher zu fragen, eine Zigarette aus seiner Schachtel. Gin verkniff sich einen Kommentar. „Ihre Schwester wirkt viel asiatischer, außerdem sieht sie viel zu brav aus.“ Sie zwinkerte ihm zu. „Die ist wahrscheinlich noch verklemmter als dein Zuckerstück.“ Sie trank einen Schluck von ihrem Drink und lehnte sich entspannt zurück, während der Qualm aus ihrer glühenden Zigarette einen unbekannten Tanz zum Besten gab. „Was meinst du?“

Irritiert blickte er sie an. „Was?“

„Wird sie zugrunde gehen oder durchhalten, jetzt, wo sie eine von uns ist?“

Gin hätte am liebsten laut gelacht, besann sich aber eines besseren, da er nicht vor hatte, von Shiho und ihrer Schwester, wie sie auch immer heißen mochte, bemerkt zu werden. Stattdessen trank er einen Schluck von seinem Scotch.

„Sie ist keine von uns. Leute wie sie stehen ganz unten in der Nahrungskette, kleine Fische, die von Haien wie uns zum Frühstück verspeist werden.“ Er seufzte theatralisch. „Außerdem ist die Göre nur aus Geschwisterliebe hier, die wird abgeknallt, bevor sie bis drei Zählen kann.“ Vermouth lächelte geheimnisvoll und schwieg einen Moment, wie um das Gesagte sacken zu lassen, bevor sie antwortete.

„Ich glaube, in der kleinen steckt einiges an Potential. Ich meine, sieh sie dir doch mal an. Fällt dir etwas auf?“ Gin schüttelte entnervt den Kopf. Er hatte keine Lust auf Vermouths Spielchen. „Denk doch mal nach. Die kleine Schwester ist ein Genie, hochbegabt in allen Bereichen, wunderschön, geheimnisvoll und sie ist…? Kein Mensch ist vor Gefühlen wie Neid und Eifersucht sicher, wenn diese einmal geweckt sind, lässt sich in diesem Engelchen sicher auch ein Teufel finden, den wir für unsere Zwecke nutzen können.“ Er musterte sie nachdenklich. Also wirklich wieder eines ihrer Spiele.

„Und wie willst du das anstellen?“

„Indem ich Zweifel säe.“
 

„Du weißt, was du zu tun hast, oder?“ Die Stimme des etwas älteren Mannes klang gestresst, vermutlich musste er wieder einmal Überstunden machen.

„Natürlich. Ich habe alles Wichtige in die Wege geleitet, allerdings…“ Er seufzte. „…scheinen sie mir noch nicht so recht zu trauen. Eigentlich haben wir meine neue Identität perfekt gefälscht, aber sie nehmen es mit Neulingen wohl tatsächlich so genau, wie wir befürchtet hatten. Ich denke, ich brauche noch etwas Zeit, bis ich sie erfolgreich infiltrieren kann.“ Obwohl er seinen Gesprächspartner nicht sehen konnte, wusste er in diesem Moment, dass er vermutlich mit seinem typischen nachdenklichen Nicken da saß und fieberhaft überlegte, wie er ihn unterstützen konnte – was natürlich schwierig war, wenn man auf einem anderen Kontinent saß. Schließlich räusperte er sich.

„Sei vorsichtig. Ich möchte, dass du mit allen Mitteln kämpfst, die uns zur Verfügung stehen, um diese Organisation zu stoppen, aber bitte, versprich mir, dass du aufhörst, bevor es um Leben und Tod geht, das hier ist kein Spiel.“

Er lachte trocken. „Ich weiß und genau deshalb, darf ich nicht aufhören.“

Mit einem klickenden Geräusch beendete er das Gespräch und ließ seinen Blick über den durch die Reflexion der Stadtlichter sternenlosen Himmel schweifen.

Wie kann ich nur zu ihnen durchdringen?

Noch ahnte er nicht, wie nahe er der perfekten Gelegenheit tatsächlich bereits war.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück