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Sommerballnacht

Amu+Ikuto (AU)
von

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Prolog

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Schon vor einigen Stunden war der Abend über die Stadt hereingebrochen. Vollkommene Dunkelheit machte sich in jeder noch so engen Gasse breit, vertrieb auch das letzte bisschen Helligkeit aus ihnen, bis nichts blieb als wabernde Schwärze, die unheilvoll ihre unsichtbaren Finger nach unbedachten Wanderern ausstreckte, die sich vor die Tür ihres schützenden Heimes wagten. Der Mond hing schwer am Himmel, fast vollkommen rund, nur noch ein kleines Stück fehlte ihm zu seiner Vollendung. Nur wenige Tage später würde er seine volle Rundung erhalten, sich in seiner ganzen Pracht der Nacht präsentieren.

Vollmond.

Die Nacht, in der die Verrückten herrschten, wo der Wahnsinn der Realität so nah stand wie niemals sonst. Viele Menschen behaupteten, bei Vollmond nicht gut schlafen zu können, manche Tiere reagierten unruhig, unerklärliche Dinge geschahen, die niemand sich erklären konnte. Der Vollmond brachte Veränderung, bot einen Ausweg aus der eintönigen, langweiligen Realität.

Nachdenklich runzelte Ikuto die Stirn, während er stumm hinauf in den Nachthimmel blickte. Die Arme hatte er hinter seinem Kopf verschränkt, die Beine leicht angewinkelt. In seinen Rücken bohrte sich schmerzhaft die Schindeln des Daches, auf dem er lag, doch das interessierte ihn nicht wirklich. Hier oben herrschte Ruhe, etwas, was er sonst in seinem Alltag nur schwer fand. Deswegen genoss er jede Minute, die er hier oben verbringen konnte, fernab von allen Verpflichtungen, nerviger Verwandtschaft und immer neuen Erwartungen, die an ihn gestellt wurden. Hier oben gab es nur ihn und die Dunkelheit.

Ein kühler Wind vertrieb die Reste der Hitze, die noch immer über der Stadt verweilte, brachte Erleichterung. Obwohl er den Sommer mochte, in letzter Zeit wurde es selbst ihm zu warm. Eine Hitzewelle hielt die gesamte Umgebung fest im Griff, brachte die Menschen zum Stöhnen, machte sie unruhig und aggressiv. Selbst die friedlichsten Seelen gaben auf einmal patzige Antworten, sinnlose Streitereien brachen überall aus, Autofahrer und Fußgänger schrien sich gegenseitig auf der Straße an, hielten nichts von ihrem gegenseitigen Hass zurück.

Ihn machte die Hitze eher lethargisch als aggressiv. Am liebsten würde er auch tagsüber die meiste Zeit auf dem Dach über seiner Wohnung verbringen, doch leider war das nicht möglich. Die Wohnung bezahlte sich schließlich nicht von alleine und da es seinem eigenen Wunsch entsprach, nun alleine hier zu leben, musste er seiner Familie und sich selbst beweisen, dass er dazu in der Lage war. In den letzten Wochen jedoch musste er feststellen, wie sehr sein Leben in einen bestimmten Rhythmus verfallen war. Alles verlief nach einem bestimmten Muster, kein Tag brachte eine nennenswerte Abwechslung. Fast ein Jahr hatte es gedauert, bis er sich dies eingestehen musste. Anscheinend hatte die Veränderung des Ortes keinen nennenswerten Einfluss auf das genommen, was ihn an seinem Leben so störte. Wo blieb die Abwechslung, das Abenteuer, nachdem er sich insgeheim so sehr sehnte? Was brachte es schon, volljährig zu werden, sich ein eigenes Leben aufzubauen, wenn sich dadurch an dem grundliegenden Gefühl grenzenloser Langeweile nichts veränderte?

Am Ende blieb nur die Verbitterung, die Enttäuschung übrig. Wenn nicht bald etwas wirklich spannendes geschah, würde er noch wahnsinnig werden!

Ein lautes Klingeln riss Ikuto aus seinen Gedanken. Überrascht öffnete er die Augen, von denen er gar nicht gemerkt hatte, sie geschlossen zu haben, blinzelte, um der aufgestiegenen Müdigkeit Herr zu werden und lauschte in die Dunkelheit. Das Geräusch kam aus seinem Schlafzimmer, dröhnte durch das offene Fenster hindurch. Schnell stellte es sich heraus, dass es sich lediglich um sein Telefon handelte. Nur wenige Leute kannten seine Nummer und von ihnen rief nur eine einzige Person regelmäßig an. Meistens ignorierte er die Anrufe und auch in dieser Nacht hatte er keine Lust, sich mit ihr auseinander zu setzen. Ein leises Klicken verriet, dass sich der Anrufbeantworter einschaltete. Kurze Zeit später tönte die bekannte, melodische Stimme der Person, die er im Moment am Wenigsten hören wollte, zu ihm hinaus in die Nacht.

„Ikuto, ich weiß, dass du da bist. Du bist, wie ich, ein Nachtmensch und schläfst um die Zeit noch nicht. Vermutlich hast du einfach nur keine Lust, mit mir zu reden, auch wenn ich nicht verstehe, was ich dir getan habe.“ Ikuto starrte mit leerem Blick in den Himmel, ballte unbewusst die Hände zu Fäusten. Verdrängung war eine Kunst, die seine Schwester perfekt beherrschte. „Jedenfalls“, fuhr sie fort, unbeachtet des Tumults, der mit einem Mal in ihm tobte, „hast du mir etwas versprochen und ich erwarte, dass du dich daran hältst. Die Einladung findest du morgen in der Post, wenn alles gut geht. Übermorgen ist die Feier. Wenn du nicht kommst, dann...“ Ihre Stimme stockte kurz, als ob sie ihre eigenen Tränen nur mühsam zurückhalten konnte. Insgeheim fragte er sich, wie viel davon Show war und was ihren wirklichen Gefühlen entsprach. „Ich vermisse dich.“ Ihre Stimme war nur noch ein leises Flüstern. „Und ich meine es ernst mit dem, was ich vor einem Jahr zu dir gesagt habe.“ Dann lauter, selbstsicherer: „Wir sehen uns in zwei Tagen. Ich kann es kaum noch erwarten.“

Klick.

Die Ansage endete, genau in dem Moment, als die dreißig Sekunden Sprechzeit abliefen. Genau abgepasst, doch dafür besaß sie seit jeher ein Talent. Sie verstand es, Geschehnisse so zu inszenieren, wie es ihr gerade passte. Kaum jemand hatte eine Chance gegen Utau, wenn sie sich erst einmal etwas in den Kopf setzte. Doch selbst er, wo er sich insgeheim dafür lobte, ihren Klauen immer wieder zu entrinnen, musste sich in diesem Fall seine Niederlage eingestehen.

„In zwei Tagen also.“ Seine Stimme verlor sich in der Dunkelheit, als er die Augen schloss und sich mental auf ein weiteres ermüdendes Gefecht einstellte, in dem jeder Umstehende, der nicht aufpasste, ebenso verletzt werden konnte wie die eigentlichen Teilnehmen. Wenn Utau Hoshina austeilte, blieben am Ende meistens nur noch Trümmer übrig. Ein unbedarfter Beobachter mochte vielleicht anmerken, was schon schlimmes bei einem Schulabschlussball geschehen konnte, aber jeder, der dieses Mädchen kannte, würde bei dieser Aussage nur niedergeschlagen den Kopf schütteln.

Wieder einmal blieb es an Ikuto hängen, den Kausalitäten soweit einzuschränken, wie nur möglich. Und nach diesem Abend würde ihn kein Versprechen mehr an seine Schwester binden. Dann konnte er sich weiter mit der quälenden Frage beschäftigen, was er mit seiner neu gewonnenen Freiheit eigentlich anfangen wollte.
 

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2012-02-21T14:18:29+00:00 21.02.2012 15:18
ich finds immer schade das shugo charas fanfic so wenig kommis kriegen ^-^
das kapitel war wirklich toll, freu mich auf das nächste ;)
ich mag die art wie du schreibst (:


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