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Gegen den Strom des eigenen Blutes

von

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Das Bild im Portmonee…

Kapitel 7.

Das Bild im Portmonee…
 

…natürlich! Wieso war ihm das nicht gleich eingefallen?
 

Seit gut einer Stunde kämpften sie sich jetzt auf Händen und Knien durch jedes Regal, Buch, Album… Dean saß gerade vor einem CD Regal und begutachtete einige der selbst gemachten CD’s, deren Hüllen mit reichlich Fotos und Aufklebern verziert waren. Geschenke von Freunden eben, lieb gewonnene Erinnerungen, kombiniert mit den drei Minuten Glücksgefühl eines heiß geliebten Songs. Sentimentalität der Menschen eben.

Da kam Dean die Idee.

Menschen waren Sentimental, Engel nicht. Menschen verbanden Bilder oft mit anderen Erinnerungen oder Dingen. Oft kombinierte man einen Alltagsgegenstand mit ein wenig Persönlichkeit. Das waren typische Verhaltensweisen von Menschen. Nie würde ein Engel darauf kommen, dass Menschen aus Sentimentalität Bilder in ihrem Portmonee aufbewahrten und nicht nur ihr Geld.

Von dieser fixen Idee gepackt, sprang der Jäger auf und stürmte polternd – sein linkes Bein war eingeschlafen - auf den Gang hinaus.
 

Cass welcher im Nebenzimmer jeden Gegenstand begutachtete, hörte die aufgebrachten Schritte. Sah jedoch nicht auf.

Für ihn war das ganze hier eigentlich sehr interessant. Was Menschen nicht so alles besaßen, aufhoben und sammelten.

Im Bücherregal waren viele Romane mit sehr interessanten Titeln. In einigen der Bücher ging es sogar um Engel. Cass hätte sich gern das ein oder andere Buch mitgenommen und einen Blick auf die fiktive Geschichte geworfen. Rein aus Recherche Gründen versteht sich und nicht aus blanker Neugierde.

Was dachten die Menschen wohl über Engel? Wie stellten sie sich einen seiner Art vor? War er ein Engel so wie man ihn erwartete? Wohl kaum, denn Dean hatte ihm nicht auf Anhieb geglaubt. Aber war Dean wirklich eine Messlatte für normales, menschliches Denken? Wohl kaum, dafür hatte er einfach schon zu viel Übernatürliches gesehen.
 

Aber auf anraten des Menschen hatte er nach Einmerkern und Gegenständen zwischen den Buchseiten gesucht – und welche gefunden – was ihn nicht minder verwirrt hatte. Warum lagerte Menschen etwas in Büchern? Das gab doch überhaupt keinen Sinn! Ein Lesezeichen, das hätte er verstanden aber nicht die bunte Vielfalt welche sich ihm beim Suchen bot.
 

In einem Buch lag ein fünf Dollar Schein, in dem anderen steckte eine Einkaufsquittung, dort mal ein Stück Papier mit handschriftlichen Notizen und hier die Visitenkarte eines Damenfriseurs. In wieder einem anderen war ein herausgerissner Artikel über Hautcreme im Test. Tatsächlich war in einem auch ein Foto, jedoch zeigte es etwas, was wohl eine Katze sein sollte, weiß mit Kleidchen und Schliefe. Hinten war ein Geburtstagsgruß und auch der faszinierte den Engel. Zwischen aufgeklebten Herzen waren in schön geschwungener Handschrift liebe Wünsche und Grüße verteilt. Viele Worte schienen Abgekürzt oder gaben gar keinen Sinn. War er hier auf eine art Geheimschrift gestoßen oder verstand ein Mensch wirklich etwas unter dem Begriff hdgdl?

Er fand noch ein getrocknetes Kleeblatt mit vier Blättern - eine durchaus seltenere Anomalie - und viele kleine Zettel mit Namen, Nummern und einem immer wieder auftauchendem Phänomen – ein kleines a in einer Art Halbkreis.
 

So forschte Castiel wie ein Kulturanthropologe und erkundete eine Welt die ihm fremder war als gedacht. Oft waren es Äußerungen von Dean gewesen, die ihm gezeigt hatten, wie fern und fremd er dem Denken und Verstehen der menschlichen Kultur doch war und dieses Haus belegte es. Er verstand kaum einen Aspekt vom Leben dieser Frau. Die groben Züge hatte er natürlich erkannt und er wusste um die lebensnotwendigen Dinge. Aber all die Kleinigkeiten hier, das war alles fremd und aufregend!
 

„Cass? Ich glaub mit ist da was eingefallen! Wenn tatsächlich der Engel die Bilder hat verschwinden lassen, dann glaub ich gibt es einen Ort wo er nicht nachgesehen haben könnte!“
 


 

Die Handtasche hatte Dean bei seinem ersten Blick in die Küche auf der Arbeitsplatte, neben dem Kühlschrank stehen sehn. Mit Cass auf den Fersen eilte er die Stufen hinunter und in die geräumige, moderne Küche.

Eine leere Tüte zeugte vom Ablauf der letzten Momente im Leben dieser jungen Frau. Sie war vom Einkaufen nach Hause gekommen, hatte ihre Tasche abgestellt, die Einkäufe in den Kühlschrank gepackt und war dann ihrem Mörder begegnet…
 

Die längliche, schwarze Brieftasche mit ihrem Markenlogo fühlte sich in den Händen des Jägers nach Sieg an. Cass war neben den Menschen getreten und sah ihm neugierig zu wie er jedes Fach einer kurzen Musterung unterzog.

Mit einem triumphierenden Lächeln zog Dean eine kleine Ansammlung Fotos aus dem Portmonee. Alle nicht viel größer als ein Passbild, aber dennoch groß genug um das erste Geheimnis zu enthüllen. Rasch warf er die Börse zurück in die Tasche und sie betrachteten Foto für Foto.
 

„Ein Kind?“ fragte Cass verwirrt. Nicht ganz das, was er erwartet hatte. „Vielleicht eine Verwandte?“ spekulierte er.

„Nein“, Dean betrachtete ein Foto genauer, welches Nina mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm zeigte. „Da sind von jedem Lebensabschnitt Fotos. Das hier ist eine kleine Dokumentation des bisherigen Kinderlebens. So etwas würde man wohl nur für sein eigenes Kind anlegen und bedenke, sie hatte diese Fotos immer dabei. Überall wo sie war sollten sie diese Bilder begeleiten. Nein, ich denke es ist ihr eigenes Kind.“

„Aber wenn es wirklich ihr Kind ist, wo ist dann das Kinderzimmer? Nicht mal ein Bettchen für…“
 

Ein Geräusch unterbrach sie. Es war nicht sonderlich laut, aber in der leblosen Stille des Hauses wirkte es wie ein Getöse. Sie lauschten angestrengt und das Geräusch wiederholte sich. Doch dieses Mal schien es näher gekommen zu sein.

Cass sah Dean an, dieser nickte wissend und steckte die Kinderfotos in die Tasche. Jemand oder besser gesagt etwas war im Haus und sie glaubte diesbezüglich nicht an einen Zufall oder etwas Harmloses.

Leise um ja kein unbedachtes Geräusch zu machen, schlich Dean voran zur Küchen hinaus auf den hellen Flur. Wäre nicht dieses erdrückende Gefühl gewesen, welches das Haus einnebelte, dann hätte sich Dean in seinen schwachen Momenten hier gut ein Leben vorstellen können.
 

Ein weiteres Geräusch drang aus dem Wohnzimmer und der lange Jahre bestens ausgebildete Jäger in Dean reagierte automatisch. Das Messer welches sie einst von Ruby bekommen hatten glitt wie von selbst in seine Hand und als der Eindringling zum Angriff ansetzte, Konterte Dean sogleich.
 

Sein Angreifer war ein kleiner, jedoch sehr stämmiger Mann in Arbeitsklamotten. Der verdreckte Blaumann, die Stiefel mit Stahlkappen, alles in allem ein einfacher Arbeiter.

Da niemand einen Arbeiter an einen Tatort bestellte und kein Polizist jemals solch eine Verkleidung tragen würde, kam nur noch ein besessener - ein Dämon - in Frage. Dean konnte zwar die Augen seines Gegners nicht so recht erkennen, aber als dieser mit unglaublicher Kraft ausholte und ihn durch den Gang und gegen die Haustür schleuderte, hatte er Gewissheit.
 

Cass hatte sich bisher dezent im Hintergrund gehalten. Noch immer stand er in der Küche, verborgen hinter der Wand und als er Dean gegen die Tür schlagen sah, spannte er sich zum Sprung an. Wie eine Katze, ein Raubtier…nur das Castiel als Soldat darauf geschult war und nicht bloßen Instinkten vertrauen musste. Er hatte die dämonische Aura gespürt und da der Mann jetzt an ihm vorbei auf Dean zuging, konnte er die Dunkelheit sehen, welche die Seele des Mannes übernommen hatte.

Mit einer fließenden Handbewegung und einer Spur Magie, lag das kurze, silberne Engelsschwert in der Hand des himmlischen Soldaten und ohne ein Geräusch zu verursachen, streckte ein tödlicher Schlag den Dämonen nieder. Sein letzter, röchelnder Schrei, bevor er auf dem Teppich zusammenbrach und sich nicht mehr bewegte, schien von den Wänden wiederzuhallen. Als wären sie in einer Gruft, mit hohen, steinernen Wänden. Es schien als käme dieser entsetzliche letzte Schrei von überall, wie eine Woge die sich aufbäumte, nur um dann zusammen zu brechen und alles unter sich zu begraben.
 

Dean rappelte sich auf. Ihm schwirrte der Kopf und das nicht nur davon, dass er unsanft gegen die Wand geprallt war. Das seltsame Gefühl welches ihm dieses Haus bescherte, wurde immer stärker. Als würde es ihn erdrücken, die Luft zum atmen rauben! Als würden dieses Haus selbst gegen weiteres Blutvergießen rebellieren! Wie ein lebendes, atmendes Bewusstsein, welches endgültig genug von dem Grauen hatte, das Einzug in sein einst friedliches Leben gehalten hatte.

Dennoch bemüht auf seinen wackeligen Beinen einen sicheren Stand zu finden, hielt er sich an der Wand fest.

Aber er bekam keine Atempause. Oben im Haus ging geräuschvoll ein Fenster kaputt und mehrere schwere Schritte kündigten neue Angreifer an.

Cass wirbelte herum, sein Trenchcoat umflatterte ihn als er in die Hocke ging, um einen neuerlichen Angriff auszuweichen. Der Dämon schwang ein Messer, verfehlte den geduckten Engel und dieser schlug mit einem Aufwärtshaken genau in die Magengrube des Gegners. Dämonen nahmen solche Schläge zwar ohne große Schmerzen hin, doch Cass Angriff hatte ihm zeitweilig das Gleichgewicht geraubt. Er strauchelte, versuchte Halt zu finden aber der Engel war schneller.

Mit erneut wehendem Beige fuhr er hoch, schlug zu und beförderte den hageren Mann im Anzug auf den Boden. Dort glitt er mit dem Teppich und dem Schwung von Cass Schlag bis zur Treppe.
 

Der nächste Angreifer lief bereits die Stufen hinunter und ihm folgten weitere Schritte und hektisches Getrampel auf den Holzstufen.

Dean welcher immer noch um die komplette Kontrolle seines Körpers kämpfte, knickte unter seinem eigenen Körpergewicht immer wieder ein. Er war Cass also keine große Hilfe.

Dieser befürchtete eher, der Mensch könnte für ihn in seinem jetzigen Zustand ein Hindernis sein. Er würde niemals zulassen, das Dean etwas geschah. Alles würde er tun nur um den Menschen zu beschützen, der gerade geschwächt auf seine Knie gesunken war.

Wussten die Dämonen ebenfalls das Cass sich um den Jäger sorgte? Im Grunde war es nicht schwer zu erkennen, denn er stand genau zwischen den Angreifern und dem Verletzten.

Die Feinde waren in der Überzahl und Dean konnte sich gerade nicht selbst verteidigen.

Dem Engel war klar, wenn er den Kampf verlieren würde, dann hätten die Dämonen Dean und die Fotos.

Wussten die Angreifer um die Sympathie so würden sie alles daran setzen diese Auszunutzen. Vielleicht wussten sie sogar, wie man einen Engel zurück in den Himmel schickte.

Cass Sorge wuchs mit jeder verstreichenden Sekunde. Die Dämonen hätten zwar möglicherweise interessante Antworten für sie gehabt, aber das Risiko das Dean dabei etwas zustieß war zu hoch.

So drehte sich Castiel um, packte Dean recht unsanft am Arm und zog ihn auf seine Beine. Gestützt auf die Schulter des Engels überbrückten sie die letzen Meter bis zur Haustür.
 

Hinter ihnen wurden wütende Rufe laut, doch Cass drehte sich nicht um. Er zog den Menschen hinter sich her und wenn er sich nicht sicher gewesen wäre das Dean ihn dafür körperliche Schmerzen angedroht hätte, dann hätte er ihn getragen.

Als die sengende Mittagshitze sie im Freien willkommen hieß, drehte sich der Engel nun doch zu dem Haus um. In seiner freien Hand konzentrierte er seine Magie, schlug damit die Tür zu und verbarrikadierte sie mit unsichtbarer Gewalt. Das würde die Dämonen nicht gänzlich aufhalten, aber immerhin verlangsamen.
 

„Zum Wagen“, hörte er Deans Stimme. Dieser erholte sich jetzt, da er dieses grässliche Haus endlich hatte verlassen können, recht schnell wieder. Er schob die helfende Hand des Engels von seiner Schulter und eilte zu seinem Auto.

„Halt!“ rief Cass und packte ihn erneut unsanft am Arm. Riss ihn zurück nach hinten, so das er mit dem Rücken gegen die Brust des Engels stieß. Bevor Dean auch nur Atem für eine Beschwerde holen konnte, erkannte er die Gestalt welche neben dem Impala stand.

Ein Mann mit asiatischen Gesichtszügen und einem perfekt sitzenden, schwarzen Anzug. Viel zu warm für diese Jahreszeit wirkte die Person irgendwie vertraut und trotzdem deplaziert. Oder war es genau das, was ihm so vertraut vorkam?

„Noch ein Dämon?“ fragte Dean und blickte über seine Schulter zurück zum Haus. Das Treten und Trommeln von Füßen und Fäusten gegen das Holz der Tür war deutlich zu hören. Lange würden sie hier Draußen nicht mehr zwei zu eins in der Überzahl sein.

Dean zückte bereits das Messer.

„Nein“, Cass hielt ihn immer noch am Arm fest. „Nein das ist kein Dämon. Das ist etwas Schlimmeres“.

„Was?“ kam es verwirrt von Dean. Dessen Aufmerksamkeit richtete sich von der Tür wieder auf den ominösen Mann, welcher nun in großen Schritten auf sie zukam.

„Der Mann ist ein Engel!“
 

Dean spürte wie Cass Griff um seinen Oberarm noch stärker wurde. Das nächste was er empfand war Schwindel und Orientierungslosigkeit. Ein Strudel von ineinander verschwommenen Farben ging in schwärze über. Das Gefühl den Boden unter den Füßen zu verlieren mischte sich in das flaue Gefühl von Übelkeit. Er glaubte zu fallen und spürte doch den festen Griff von Cass an seinem Arm. Angst Cass könnte ihn los lassen und er wäre allein in diesem schrecklichen Moment gefangen, verschwand der Strudel, entließ ihn in die Wirklichkeit und er viel hart zu Boden.
 

„Dean? Geht es dir gut?“

Mit der flachen Hand drückte er auf seinen flatternden Magen und blinzelte verwirrt den alten, verfilzten Teppichboden an. Das Schwindelgefühl hatte nachgelassen und alles um ihn herum war wieder deutlich zu erkennen. Und die Umgebung hatte sich doch sehr verändert!

„Wir sind wieder im Motel?“ Es war mehr eine Feststellung denn eine Frage, Cass bejahte jedoch trotzdem.

„Alter, mach das nie wieder!“ schimpfte Dean und stand mühsam auf.

„Wir mussten fliehen. Das Haus war voller Dämonen und mein Bruder hätte diesen Umstand sicher ausgenützt. Nur deshalb hab ich dich auf diesem Weg hier her gebracht.“

„Danke, aber hast du auch nur eine Sekunde daran gedacht, dass du dort was vergessen hast?“ hielt ihm Dean mit gereizter Stimme vor. Die unterdrückte Wut war deutlich in seinem Gesicht abzulesen.
 

Man sollte dem Engel zugute halte, dass er über diese Frage wirklich und ausführlich nachdachte, bevor er das verneinte. „Wir sind beide hier, die Fotos sind in deiner Tasche, was sollte ich dort vergessen haben?“

„Alter! Mein Auto, verdammt!“



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