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„Das ist dein Tier-Partner?“
Colonello schaute mit offensichtlicher Missbilligung auf den riesigen Oktopus, der in Skulls Pool herumplanschte. „Der ist doch viel zu groß für dich! Hast du vergessen, dass wir uns in Babies verwandeln werden? Eine falsche Bewegung und du bist Skull-Crêpes. Nicht, dass es mir was ausmachen würde, aber da ist ja immer noch Balance der Welten und der ganze Scheiß, für den du mitverantwortlich bist. Das solltest du bei der Auswahl deines Haustiers vielleicht nochmal überdenken.“
„Verde hat ein Krokodil!“, warf Skull ein und legte eine beschützende Hand auf eines von Oodakos roten Tentakeln.
„… das etwa so groß ist wie ein Meerschweinchen“, erwiderte Colonello, was Skull nur die Augen verdrehen ließ, wie der rebellische Teenager, der er war.
„Sorry dass ich kein verrückter Wissenschaftler bin, der seine Theorien an unschuldigen exotischen Raubtieren ausprobiert. Ich würde meinem Oodako niemals ein Haar krümmen!“
„Das wäre auch schwierig anzustellen, denn so wie ich das sehe, hat er gar keine Haare“, meinte Colonello, während Skull gerade von einer Welle aus dem Pool erschlagen wurde. Ein riesiges Tentakel stellte ihn augenblicklich wieder auf die Beine, nur um ihn nach einigem Zögern erneut umzustupsen. Der Riesen-Oktopus gab ein Geräusch von sich, das arg nach einem Kichern klang.
„Und er ist verspielt wie ein junges Kätzchen“, verteidigte Skull sein Haustier.
Colonello schaute nur wortlos zu, während Skull an einem Bein in die Luft gehoben und von einem Tentakel zum nächsten geworfen wurde. Wobei er auch noch kunstvolle Drehungen vollführte. Skull mochte ja Recht haben, aber dieses Kätzchen war fünf Meter groß und besaß acht schleimige, tödliche Tentakel, die allem Anschein nach gerne lebendige Dinge in der Luft herumschleuderten.
„Tja, sieht aus, als wärst du damit beschäftigt, eine quiekende Plastik-Maus zu sein. War schön dich gekannt zu haben. Ich geh dann mal wieder.“
Das Kreischen, welches gleich darauf durch die Nachbarschaft hallte, hätte eigentlich ein verzweifelter Rettungsaufruf sein sollen, den auszustoßen Skull vollkommen vergaß, während er dem Himmel entgegenflog. Einen Augenblick lang blieb er in der Luft stehen und sah sein glorreiches bisheriges Leben bereits wie einen Film vor seinen Augen vorbeiziehen. Dann erschien eine dunkle Gestalt in seinem Augenwinkel und rammte ihm schmerzvoll seinen spitzen Schnabel in die Seite.
Skull streckte Colonellos Falke eine wütende Faust entgegen, die der Vogel nur mit einem Krächzen kommentierte, bevor er davonflog, um sich auf dem Arm seines breit grinsenden Herrchens niederzulassen. Skull fiel währenddessen mit dem sicheren Tod vor Augen dem Boden entgegen.
Okay, vielleicht überdramatisierte er das Ganze ein wenig. Skull war immerhin unsterblich. Aber es schmerzte trotzdem wie Sau, aus hundert Meter Höhe auf harten Steinboden aufzuschlagen.
Mit jeder Faser seines Körpers die Welle von Schmerz erwartend, die ihn gleich erfassen würde, merkte Skull erst nach einigen Sekunden Windstille, dass er bereits gelandet war. Weich gelandet, und zwar mitten auf dem riesigen, schleimigen Kopf seines Haustiers, welcher jetzt eine Skull-große Delle aufwies.
„Oodako!“, hauchte Skull und merkte gar nicht, dass er wie die Heldin aus einem romantischen Drama klang. Komplett mit Tränen-verschmierter Schminke. „Ich wusste, du würdest mich nicht umbringen! Ha! Colonello soll doch sagen, was er will – ich werde dich trotzdem nie gegen ein anderes Haustier eintauscheeeeeeeeeeeee-“
Der riesige Oktopus hatte eines seiner Tentakel erhoben, um sich die schmerzhafte Stelle an seinem Kopf zu reiben, was bewirkte, dass Skull schreiend in den Pool hinunterpurzelte und anfing, wie wild Wasser zu spucken. Dank seines sich mit Wasser vollsaugenden Motorradanzugs war es außerdem kein Leichtes, sich an der Oberfläche zu halten und Skull musste fürchten, nachdem er gerade eben knapp dem Tod entgangen war, als Wasserleiche zu enden.
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Oodako besah das kleine Wesen neugierig. Irgendwie sah es ganz lustig aus, mit seinem farbigen Kopf und den vier krüppligen Auswüchsen aus seinem Körper. Schade, dass es kein hübsches Tintenfischweibchen war, denn diese ganzen Zuckungen, die es gerade neben ihm im Wasser verübte, sahen ein bisschen aus wie ein Balz-Tanz.
Aber… was passierte jetzt? Das kleine nicht-Tintenfischweibchen begann sich zu häuten! War das etwa… verwandelte es sich etwa gerade? Wurde es jetzt auch zu einem Tintenfisch?
Und tatsächlich! Es war zwar noch klein und etwas kümmerlich, aber wenn Oodako seine Augen anstrengte, konnte er tatsächlich ein kleines Tentakel erkennen, welches unter der Haut zum Vorschein kam. Vielleicht war es ja doch ein Tintenfischweibchen. Noch ein ganz junges, das aber unverkennbar Interesse an ihm zeigte.
Oodako streckte einen seiner eigenen Arme aus, um das Weibchen sanft hochzuheben und benutzte einen anderen dazu, das kleine Tentakel zu inspizieren. Plötzlich gab das Weibchen hohe Quietschtöne von sich und wand sich hin und her, wobei sein Köpfchen ganz rot wurde. Eine hübsche Farbe, fand Oodako – wahrscheinlich versuchte sie, ihn zu imitieren, um ihm besser zu gefallen. Irgendwie süß! Und wenn es ihr so gut gefiel, dann ließ er dem hübschen kleinen Tentakel natürlich gerne seine Aufmerksamkeit zukommen…
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Skull wusste nicht so recht, wie ihm geschah. Er hatte doch nur seinen Motorradanzug ausziehen wollen, um dem Ertrinken zu entkommen. Wie das dazu geführt hatte, dass er gerade von seinem Haustier vergewaltigt wurde, das konnte er wirklich nicht ganz verstehen. Es war zwar keinesfalls unangenehm – weitaus angenehmer, als von dem Vieh verspeist zu werden – doch das Gefühl von Falschheit nagte an ihm wie ein Bieber an einer besonders fetten Birke. Wobei das Triumphgefühl Colonello gegenüber die Situation wieder ein bisschen auswog.
„Oooodako! Hör auf damit, das ist… böse! Böser Oodako! Aaah!“
Dann brachte er es nicht mehr übers Herz, sein Haustier auszuschimpfen und fügte sich seinem Schicksal, wie der tapfere Held, der er nun einmal war. Er konnte Oodako schließlich nicht böse dafür sein, dass sogar er als Tintenfisch ihn unwiderstehlich fand. Skull hatte nun mal diesen Effekt auf seine Mit-Lebewesen. Manchmal war es halt hart, so unglaublich sexy zu sein.
Wobei Skull seinen Tintenfisch immerhin noch gewissen anderen Leuten, wie Colonello und Reborn, vorzog.
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„Hey Skully! Du lebst ja noch!“, grinste Colonello, als er das nächste Mal kam, um den genialen Stuntman mit seiner Anwesenheit zu belästigen.
„Hat dein Tintenfisch dich noch immer nicht vernascht?“
…
„Warum wirst du rot?“