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Von Sonnenblumen und Rosen

Masumi Sera X Shiho Miyano
von

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Traum oder Wirklichkeit?

Ich liege im Bett und lausche meinen eigenen, regelmäßigen Atemzügen. Alles ist so still und friedlich und ich lasse meine Gedanken einfach kreisen. Irgendetwas in mir ist anders und ich kann es nicht richtig zuordnen, geschweige denn verstehen. 

Ich muss an Masumi denken und wieder ist da dieses merkwürdige Ziehen in meiner Brust. Wie sie mich heute im Laden angesehen hat, so ganz anders als sonst. Und ihre Berührungen, die sich so außergewöhnlich und auf eine skurrile Art und Weise schön angefühlt haben.

Ich schüttel entschieden den Kopf und versuche, diese Gedanken zu vertreiben, doch es will mir nicht so recht gelingen. 

Meine Mundwinkel ziehen sich unwillkürlich nach oben und mit einem Lächeln auf den Lippen versinke ich in das Land der Träume, als einzigen Beobachter den Mond, der wie eine gleißende Sichel den dunklen Nachthimmel zerschneidet. 
 

Ein lautes Klingeln. Irgendwo ganz weit weg von mir. Was ist das? Ich drehe mich mit einem Knurren auf die andere Seite, doch das Geräusch hört einfach nicht auf.

Moment mal, das kommt aus Richtung Tür; da klingelt jemand Sturm! Mit zusammengekniffenen Augen werfe ich einen Blick auf die Uhr neben meinem Bett. 9 Uhr morgens. Am Freitag, dem einzigen Tag der Woche, an dem ich ausschlafen kann. Wer ist denn bitte so grausam? 

Einen tiefen Seufzer ausstoßend erhebe ich mich und schlurfe im Schlafanzug zur Tür. „Wie siehst du denn aus?“, schallt es mir entgegen, als ich öffne. 

„Masumi? Was zur Hölle machst du hier?“, fahre ich sie mit deutlich gereiztem Unterton an, als mir schlagartig mein Aufzug bewusst wird. Ich laufe knallrot an und fahre nervös in meinen ungekämmten Haaren herum. Wie peinlich. 

Sie scheint das nicht großartig zu stören und bevor ich sie aufhalten kann, ist sie schon an mir vorbei und hat es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht. „Ach weißt du, da ich heute spontan frei bekommen habe, wollte ich mal schauen, was du so treibst. Ich hab dir auch was Schönes mitgebracht“, sagt sie mit einem verschwörerischen Grinsen. 

„Darf ich mich noch schnell in einen Menschen verwandeln?“, knurre ich miesmutig und verschwinde in Richtung Badezimmer. Sie ruft mir hinterher: „Du siehst doch immer bezaubernd aus!“ und ich will eine hämische Antwort geben, doch dann überlege ich es mir anders. Auf ihre Albernheiten werde ich mich bestimmt nicht einlassen. 
 

„Du hast doch nicht etwa... Nein! Wie konntest du nur?“, rufe ich entgeistert aus und starre fassungslos auf den Karton in meinen Händen. Darin befindet sich das schwarze Goth-Loli Kleid, das Masumi und ich gestern zusammen anprobiert haben.

„Aber das ist doch viel zu teuer. Das kann ich einfach nicht annehmen.“ - „Klar kannst du. Musst du sogar. Ich kann es nämlich nicht mehr zurückgeben, hab den Kassenzettel verschmissen“, sie lächelt verschmitzt und sieht mich mit leuchtenden Augen an. 

Ich möchte vehement widersprechen, doch ich schätze, das ist zwecklos; wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht sie das auch durch. Statt eine Szene zu machen, falle ich ihr um den Hals und es scheint mir, als hätte sie die ganze Zeit nur darauf gewartet.

Ich drücke sie einen Moment länger als nötig und reiße mich schließlich mit einem schiefen Lächeln auf den Lippen von ihr los. Sie schaut mir tief in die Augen und ich habe das Gefühl, sie möchte mir etwas mitteilen. Doch sie schweigt, dreht sich abrupt weg und schlendert Richtung Fenster. 

Auf einmal klingelt ihr Handy. „Ja. Ja. Natürlich, ich komme sofort." Mit sichtlich verärgerter Miene dreht sie sich zu mir um. "Tut mir echt leid, Shiho, aber ich muss leider weg. Wir müssen zu einer Sonderübung antanzen.“ 

Ich bin mächtig enttäuscht und das Ziehen in meiner Brust wird stärker, zeige es aber nicht, sondern lächle ihr stattdessen aufmunternd zu. „Na dann auf geht‘s. Nicht, dass du noch einen schlechten Eindruck machst. Von hier ist es ja zum Glück nicht so weit zum Polizeipräsidium.“

In ihren Augen lese ich so etwas wie Du willst mich ja plötzlich erstaunlich schnell loswerden, doch ich reagiere nicht darauf. Was hätte ich auch antworten sollen? „Das Letzte, was ich gerade möchte ist, dass du gehst“? Wohl kaum. Ich kann ein verächtliches Lachen gerade so unterdrücken. 

Sie legt ihre Arme um mich und ich erwarte die standardmäßige, freundschaftliche Umarmung zum Abschied. Auf einmal merke ich, wie sich ihr Mund meinem Gesicht nähert. Was hat sie vor? Überrascht drehe ich meinen Kopf zur Seite und in diesem Moment treffen ihre Lippen auf meine. Sie fühlen sich so weich und zart an und ich bin auf einmal wie elektrisiert.

Ich spüre wie meine Knie weich werden und mein Herz anfängt, wie wild zu schlagen. Was passiert hier gerade? Ich ziehe meinen Kopf ruckartig zurück und schaue sie völlig entgeistert an. 

Sie lacht nur laut auf und meint: „Ich wollte dir eigentlich einen Kuss auf die Wange geben. Was musst du dich auch auf einmal bewegen. Aber so war es doch auch ganz schön, oder?“ Mit einem Augenzwinkern verschwindet sie durch die Tür und lässt mich ziemlich verdattert in der Eingangshalle zurück.

Ihre Bemerkung war ironisch gemeint, da bin ich mir sicher. Allerdings muss ich ehrlicherweise zugeben, dass ich den Moment, in dem sich unsere Lippen berührten, tatsächlich schön fand. Sehr verwirrend.
 

„Ai, ähm, Shiho“, höre ich Professor Agasas Stimme aus der Küche. Er kann sich an meinen ursprünglichen Namen einfach nicht gewöhnen, obwohl ich jetzt schon eine ganze Weile meinen richtigen Körper wiederhabe.

Ich reiße mich aus meiner Starre und erwidere: „Ja, was denn?“, während ich versuche meine Gedanken zu ordnen. „Könntest du heute bitte einkaufen gehen? Im Kühlschrank herrscht gähnende Leere“, der Professor streckt seinen Kopf durch die Tür und wirft mir einen flehenden Blick zu. „Ich weiß, heute ist dein unifreier Tag, aber ich habe wirklich noch total viel zu erledigen und ... sag mal, hörst du mir überhaupt zu?“ 

Ich murmle etwas Unverständliches, nicke bestimmt und setze dabei einen missbilligenden Gesichtsausdruck auf. Mit einem Stirnrunzeln verschwindet er wieder in der Küche und ich erwische mich dabei, wie ich gedankenverloren an meinen Haarspitzen herumspiele.

Was ist das denn jetzt? Ich benehme mich schon wie ein unreifer Teenager und das entspricht wohl nicht ganz meiner eigentlichen Art. Ich schreibe schnell eine Einkaufsliste, schnappe mir einen großen Rucksack und mache mich auf den Weg. Das Wetter ist schön, es weht ein lauer Sommerwind und ich entscheide mich, zu Fuß zu gehen. 

Obwohl ich letztes Jahr meinen Führerschein gemacht habe, ist mir selber Autofahren irgendwie etwas unheimlich. Vermutlich habe ich einfach Angst, dass auf einmal ein schwarzer Porsche im Rückspiegel auftauchen könnte.

Ein Kälteschauer überkommt mich und ich versuche, diese Gedanken mit Gewalt zu verscheuchen. „Gin ist tot. Ich habe verdammt nochmal mit eigenen Augen gesehen, wie Kir ihn erschossen hat!“, rufe ich mit lauter, ärgerlicher Stimme, sodass ein Kätzchen am Straßenrand verschreckt das Weite sucht. Obwohl ich natürlich die richtigen Namen kenne, kann ich es einfach nicht lassen, die alkoholischen Decknamen zu verwenden. Sie haben sich zu sehr in mein Gedächtnis eingebrannt, als dass ich jemals in der Lage wäre, sie zu vergessen oder auch nur zu verdrängen. 

Ich seufze und versuche mein Bewusstsein in eine schönere Richtung zu lenken. Den Kuss mit Masumi meinst du?, tönt die nervige Stimme aus meinem Unterbewusstsein und ich schüttel den Kopf, um sie zum Schweigen zu bringen. „Mach dich nicht lächerlich!“, murmle ich verächtlich und erhöhe mein Schritttempo.

Auf einmal höre ich, wie eine bekannte Stimme hinter mir laut meinen Namen ruft und ich drehe mich schwungvoll um. „Oh, hallo Frau Sato. Ähm, ich meinte Frau Takagi. Wie geht‘s Ihnen?“ Ich sehe die sportliche Frau mit den strahlenden Augen lächelnd an, in der Hoffnung, dass sie meine geistige Verwirrung nicht bemerkt.

Sie hat mir schon mehrmals angeboten, sie Miwako zu nennen, aber da ich sie als kleine Grundschülerin Ai kennen gelernt habe, kann ich mich einfach nicht umgewöhnen. Wir plaudern über Dies und Das, während wir in Richtung Supermarkt schlendern. Der Wind weht ein bisschen stärker und ich merke, wie ich fröstel. Es wird wohl bald Herbst werden, schade eigentlich. Ich mag den Sommer. 

Plötzlich sieht mich die Polizistin direkt an und meint: „Sag mal, irgendwie bist du heute anders als sonst. Wenn ich jetzt raten müsste, würde ich behaupten, du bist verliebt. Wer ist denn der Glückliche?“

Oder die Glückliche, meldet sich eine wohlbekannte Stimme zu Wort und ich merke, wie meine Wangen rot anlaufen. Seit wann bin ich denn ein schüchternes Mädchen, das bei so einer Frage sofort errötet? Wie albern. Ich schüttel bestimmt den Kopf und erwidere: „Ich und verliebt? Laut Sonoko habe ich ein Herz aus Eis und kann mich gar nicht verlieben. Da muss wohl etwas dran sein!“

Mein sarkastisches Lachen klingt selbst in meinen Ohren ein wenig zu schrill und hysterisch und ich frage mich, was die Frau mit den ehrlichen Augen jetzt wohl denkt. 

Sie sieht mich zweifelnd an, sagt aber weiter nichts und ich bin erleichtert. Unsere Wege trennen sich und während ich die Straße entlanggehe, spüre ich ihren Blick im Rücken, wie als könnte sie direkt durch mich hindurch in meine Seele blicken.

Dieser Gedanke erschreckt mich; ich beschleunige meine Schritte und sehe mich nicht mehr um, bis ich den Supermarkt erreiche. 



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